Ja, finde ich auch
Der 24. Dezember
Obwohl es vielleicht angemessen gewesen wäre, gingen sie nicht zu der Feier. Sie blieben eine gefühlte Ewigkeit auf der durchgefrorenen Erde liegen bis sie schließlich, es war schon der nächste Tag angebrochen, aufstanden und in Rons Zimmer gingen. Es war ihre Art ihm die letzte Ehre zu erweisen. Hermine nahm sich ein Kissen, das Ron überall mit sich hingeschleppt hatte, aus welchem Grund auch immer und Harry nahm sich ein Bild, das auf seinem Nachttisch stand. Es war ein magisches Bild von ihm wie er Ron versuchte den Patronus noch einmal zu erklären und Hermine sich krümmte vor lauter Lachen, weil Ron nichts verstand. Das war nun vorbei, aber deswegen musste er die Zeit noch lange nicht aufgeben. Er würde sie nie aufgeben, das schwor er sich.
Als sie endlich Rons Zimmer verließen war es schon mitten in der Früh und sie rannten in Lee Jordan hinein, der nur sehr langsam zu Grinsen begann, als er sie sah. Es war so als müsste er erst versuchen, ob ein Grinsen möglich und angemessen war. Das war es, immerhin schien das Bild gerade sehr eindeutig, auch wenn es äußerst makaber wäre ausgerechnet in Rons Zimmer miteinander rumzumachen. Dann ging er ihnen aus dem Weg und sie machten sich auf den Weg in Charlies Zimmer, um dort zu schlafen.
Der nächste Tag war recht ereignislos, aber die Stimmung war zum ersten Mal seit Rons Tod vor zwei Tagen wieder angenehm gelöst. Beim Frühstück gab es Lärm und sogar Ginny brachte ein Lachen zu Stande und sie sahen zum ersten Mal, wie Bill und Fleur sich küssten. Die Zwillinge experimentierten an irgendetwas herum, was Percy missbilligend beobachtete, weil es vermutlich nicht ganz legal war, während Molly sagt, dass sie damit aus der Küche verschwinden sollte, weil sie kochte. Es war nicht so wie immer, Ron fehlte natürlich, denn es war noch nicht lange her, und außerdem war die dreifache Menge der Leute im Fuchsbau, weil alle in ihrem Alter und einige Ältere nach dem Begräbnis dageblieben waren, aber so etwas wie Normalität oder zumindest Leben war wiedereingekehrt. Es machte Harry Hoffnung, dass diese Familie eines Tages über den Verlust hinwegkommen würde.
Über den Tag hinweg verbrachten sie ihre Zeit alle mit ihren eigenen Pflichten, einige schrieben Briefe an Verwandte, andere nahmen Weihnachtspäckchen entgegen und viele verschwanden sogar noch einmal in die Winkelgasse, um noch etwas zu besorgen. Sie verbrachten ihre Zeit damit sich endlich auch mit den anderen zu unterhalten, nachdem sie so viel Zeit nur zu Zweit verbracht hatten.
Gegen Abend hin fingen sie alle, die Weasleys, Harry und Hermine und die restlichen Freunde und Verwandten, die nach dem Begräbnis dageblieben waren, zusammen an den Fuchsbau zu dekorieren. Lee, Angelina, Alicia, Katie, Dean, Seamus, Neville, Parvati, Padma, Luna, Hannah, Susan, Justin, Ernie und viele Ältere füllten den Raum nicht nur mit Dekor sondern vor allem mit Leben und Freude. Nach ein paar Stunden hing über jeder Tür ein Mistelzweig, ein riesiger Baum, für den die Decke des Fuchsbaus magisch erweitert werden musste, stand in der Mitte des Wohnzimmers und das Haus duftete nach Gewürzen, Tannennadeln und Truthahn.
Am Abend schließlich setzten sie sich alle zusammen an einen Tisch der draußen magisch beheizt wurde und aßen zusammen. Für einen Moment vergaßen sie Ron, hatten einfach nur Spaß und genossen, dass sie alle zusammen waren. Nach dem Dessert, Siruptorte, was Harry zu Hochgefühlen brachte, stand Arthur auf und sah beinahe glücklich in die Menge: „Danke, dass ihr alle hier seid. Ihr seid für uns alle da in einer Zeit, in der ein wenig Leben in diesem Haus gebrauchen können. Ich danke euch allen, frohe Weihnachten“ „Hört, hört“, antworteten alle.
Nachdem die Älteren alle schlafen gegangen waren, was alle die älter als Fleur waren inkludierte, blieben die Jüngeren im Wohnzimmer. Nur Ginny war zu berührt um noch wachzubleiben und ein wenig zu feiern. Irgendwie war der Fuchsbau irrsinnig erweitert worden, damit alle Platz hatten und trotzdem war es für die Unmenge an Leuten noch äußerst eng. Fred kam dann einfach mit einer Flasche Feuerwhiskey daher und meinte dann grinsend: „Ich wollte sie heimlich Ron zustecken, damit Mum ihn zusammenstaucht, aber jetzt füll‘ ich damit lieber Minderjährige ab“ Obwohl gerade Ron erwähnt worden war, mussten alle lachen, einfach weil Fred es so unglaublich lapidar sagte.
„Frohe Weihnachten“, stieß George dann feierlich aus, riss Fred die Flasche aus der Hand und nahm einen großen Schluck. Fred nahm die Flasche sogleich wieder zurück und nahm mit einem ebenso lauten und begeisterten „Frohe Weihnachten“ einen ebenso großen Schluck. Danach nahmen Lee, Alicia und Angelina gleich große Schlucke, offensichtlich waren sie alle schon Einiges gewohnt. Das kam vermutlich mit dem Alter.
Katie war klug genug einen etwas Kleineren zu nehmen, sie war ja auch eine sehr kleine Person. Dean erstickte fast an seinem übergroßen Schluck, offensichtlich sein erster Feuerwhiskey, und heimste damit ziemlich viel Gelächter ein. Seamus nahm aus reiner Solidarität einen gleich großen Schluck, während Neville kaum etwas von der Flüssigkeit trank. Die Zwillinge sippten beide sehr skeptisch daran und Luna blickte erstaunlich tief in die Flasche, zeigte aber keine Reaktion. Die Hufflepuffs schließlich nahmen alle eher gemäßigte Schlucke, bis die Flasche endlich zu Hermine kam.
Diese hob die Flasche, die mittlerweile schon sehr weit geleert war, wiederholte noch einmal „Frohe Weihnachten“ und nahm dann einen tiefen Schluck, nur um dann gleich die Flasche an Harry weiterzugeben. „Ich würde ja sagen, du als Letzter musst exen, Harry, aber ich will nicht, dass du an einer Alkoholvergiftung stirbst“, grinste Fred diabolisch, während Georges Augen freudig aufleuchteten. Harry verdrehte seine Augen, so wie Hermine das im Normalfall tat, und trank dann ohne weiteres Zögern die Flasche aus.
Sein Blick wurde daraufhin verschwommener als er erwartet hatte, denn er hatte unterschätzt wie viel noch in der Flasche war, doch er ließ es sich nicht anmerken, weil er dafür einfach viel zu stolz war. Hermine jedoch rückte trotzdem etwas näher, als Fred irgendwo irgendetwas Anderes zum Trinken herzauberte, was die meisten wohl als Liebesbedürftigkeit deuteten, aber er sehr wohl als Stütze für ihn erkannte. Dümmlich grinsend, es war ihm wohl bewusst, dass er sehr dumm aussah, drehte er sich zu ihr um und legte den Arm um sie.
Während Fred und George zuverlässig jedem einschenkten, was Hermine als Wodka Orange erkannte, wie sie ihm ins Ohr flüsterte, schlugen sie lächelnd vor: „Wie wär’s mit Flaschendrehen?“ Ein kollektives Seufzen war die Antwort, doch der Vorschlag setzte sich trotzdem durch. So kam es zu Flaschendrehen mit Wahrheit oder Pflicht. Es war recht lustig.
„Harry“, schlug sich dann Katie zufrieden in die Hände, als die Flasche auf ihn zeigte. Er zog die Augenbraue hoch und sah sie erwartungsvoll an. „Wahrheit oder Pflicht?“ „Wahrheit“, brummte er und sah sie weiterhin erwartungsvoll an. Ihr Grinsen erinnerte ihn gefährlich an die Zwillinge, vielleicht hatte sie zu viel Zeit mit ihnen verbracht. „Warst du jemals in Hermine verliebt?“, fragte sie dann auch schon und glaubte ihn damit in Verlegenheit zu bringen. Wäre vielleicht auch gar nicht so unwahrscheinlich gewesen, doch er erwiderte ganz einfach: „Natürlich, sie ist atemberaubend. Die letzte Phase hatte ich, glaube ich, in der Dritten?“ Mit einem sich versichernden Blick zur Seite sah er, dass Hermine zustimmend nickte. Er hatte es ihr irgendwann gestanden und dabei festgestellt, dass sie es sowieso wusste.
Somit tippte er selbst die Flasche mit seinem Zauberstab an, wie das bei der magischen Version eben war, während Katie sich schmollend wieder setzte, und das Spiel ging einfach weiter. Schließlich kam Fred dran und die Flasche zeigte diesmal auf Hermine. „Zieh irgendjemandem ein Kleidungsstück deiner Wahl aus, solange es keine Socken sind“, forderte Fred auch schon als sie um eine Pflicht bat. Kurz entschlossen, wenn auch mit etwas mehr Röte als gewöhnlich im Gesicht, drehte sie sich zu Harry um und zog ihm das Hemd langsam, beinahe schon lasziv, aus, damit Fred sich auch wirklich nicht beschweren konnte. Sie überrumpelte ihn damit etwas, was eindeutig bewies, dass sein Verstand nicht auf der Höhe war, doch die Wärme und das Gefühl von Watte in seinem Kopf war angenehm nach den letzten drei Tagen. Weil der Raum mit so vielen Menschen gefüllt war, war es nicht einmal sonderlich kalt.
„Dürfte ich dich fragen, warum du ausgerechnet Harry ausgezogen hast, so sehr wir alle den Anblick auch genießen mögen?“, fragte Parvati kichernd, wobei der zweite Teil ihrer Aussage Harry rot anlaufen ließ. Er hatte nicht gedacht, dass er Parvatis Typ war, aber ihr anerkennender Blick über Harrys nackten Oberkörper ließ das schon vermuten. „Den Anblick kenn ich schon, Harry hat andauernd das Bedürfnis seine Hemden auszuziehen“, stellte Hermine recht cool fest, wobei ihr Griff um seinen Arm einen kurzen Moment fester wurde. Zog er sich wirklich so oft vor ihr aus? Vermutlich ja, aber es war ihm nie so bewusst gewesen. „Ich wusste gar nicht, dass du einen Hang zum Exhibitionismus hast, Harry“, grinste Dean, der eindeutig zu viel Wodka Orange trank, und schwankte schon im Sitzen etwas. „Ich wusste nicht, dass du einen Hang zum Alkohol hast“, gab Harry etwas gehässig grinsend zurück, nahm einen weiteren Schluck von seinem Getränk und versank in die Schwere des starken Alkohols.
Wieder verschwamm das Spiel vor Harry, obwohl es eine sehr amüsante Szene gab, in der Luna erstaunlich dreist von Angelina verlangte sich für die nächsten drei Runden auf den Schoß desjenigen zu setzen, zu dem sie sich am meisten hingezogen fühlte. Daraufhin wurde Angie knallrot und setzte sich dann auf Freds Schoß, der zum ersten Mal in dem Spiel auch sehr rot wurde, was sich fürchterlich mit seinen Haaren biss und sowohl Harry als auch Hermine schmerzhaft an Ron erinnerte, so dass sie beide einen tiefen Schluck nahmen.
Bei den Worten „Küss Harry“ horchte er das nächste Mal auf. Er erwartete, dass es Hermine war, weil alle sie am Kicker hatten, aber nicht sie, sondern eine sehr schüchterne, sehr rote, sehr zögerliche Susan Bones kam auf ihn zu. Sie war nicht gerade hässlich. Ihr sehr rundes Gesicht hatte sich ausgewachsen und war jetzt einfach nur hübsch, weich und rundlich. „Ich beiß dich schon nicht“, wollte er sagen, aber es kam nichts heraus, weil er noch einen Schluck von seinem Getränk im Mund hatte. Er schluckte schnell hinunter, dann hatte Susan auch schon ihre Lippen auf seine gelegt und zog sich dann schnell wieder zurück.
Erst als Susan wieder auf ihrem Platz war, merkte Harry, dass Hermine sich schmerzhaft fest an seinem nackten Arm festhielt, was sicher Striemen hinterlassen würde. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Hatte irgendetwas sie an Ron erinnert? „Leute, ich will ja nicht unterbrechen, aber ich glaube, wenn ich noch einen Moment länger in diesem stickigen Raum sitze geschieht ein Unglück“, rief er deswegen aus. Es beleidigte zwar seinen Stolz, was lächerlich war, weil es hier nur um seine nicht gerade große Trinkfestigkeit ging, aber Hermine war ihm das alle Mal wert.
Tatsächlich kam nur sehr viel zustimmendes Gemurmel von allen, kein Spott, und sie begaben sich nach draußen. Harry zog Hermine, die ihn wieder losgelassen hatte, einfach mit sich hinter den Hühnerstall, obwohl das Gehen schon etwas schwerfiel. „Was war gerade los mit dir?“, fragte er dann besorgt, aus dem einfach Grund, dass er es gewohnt war um Hermine besorgt zu sein. „Keine Ahnung, ich mag Susan einfach nicht sonderlich“, maulte sie und sah zur Seite. „Was hast du denn gegen Susan, sie ist doch sehr niedlich“, gab Harry verwirrt zurück, weil er beim besten Willen nicht verstehen konnte, wieso jetzt Susan das Problem war. Sie hatte doch nichts mit Ron zu tun gehabt? „Dann geh doch zu ihr und nerv sie“, fauchte Hermine dann für sein Verständnis aus dem Nichts.
Deswegen sah er sie auch entgeistert an, wobei sein Mund aufklappte. Hermine wurde rot und sah auf ihre nackten Füße. „Alkohol macht mich sehr reizbar, schätze ich mal“, murmelte sie dann entschuldigend, küsste ihn auf die Wange, wieder einmal so, dass ihre Lippen seine Mundwinkel berührten und verschwand durch den Hintereingang im Haus. Noch verwirrter als zuvor, weil er sich nicht sicher war, ob er noch besorgt sein sollte, begab er sich zurück zu den anderen, die mindestens so erstaunt waren wie er. „Wo ist Hermine?“, fragte Fred. „Ich glaub sie ist schlafen gegangen“, murmelte er, dachte kurz darüber nach und nickte dann bestätigend. „Was hast du da im Mundwinkel?“, erkundigte sich Luna mit ihrer durch den Alkohol noch ätherischeren Stimme. „Lippenstift“, gab er in der gleichen Tonlage wie zuvor zurück. Das Phänomen kannte er ja schon. „Was ist passiert?“, fragte dann Angelina vollkommen verwirrt, was sich vermutlich alle dachten. „Ich habe keinen blassen Schimmer, Angie“, murmelte er und machte sich dann einfach ohne weitere Worte auf den Weg zu Charlies Zimmer.
„Hermine?“, fragte er, als er den Raum betrat. Aber Hermine reagierte nicht, also legte er sich einfach neben sie und schloss die Arme um sie, worauf sie wie immer damit reagierte, dass sie sich an ihn schmiegte. Den Kopf vom Alkohol noch immer schwummrig schlief er ein.