Und, Fabi, wenn ich ganz ehrlich bin, schreibe ich die Stellen mit Lucius auch total gerne...

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Eine entsetzliche Plage
„Bella, was ist denn mit dir passiert?“, japste Mariah.
Warum konnte man sich nie darauf verlassen, dass die mal früh einschliefen? „Nur ein Kratzer“, wehrte ich mögliche besorgte Bemerkungen ab. „Alles in Ordnung.“
„Wir haben Lärm gehört“, sagte Janine. „Was war da unten los?“
„Ich hatte eine kleine Meinungsverschiedenheit mit Lucius Malfoy zu klären.“ Mit dem Verräter, dem Lackaffen, dem eingebildeten Mistkerl... Meine Stirn brannte und wütend wischte ich mir Blut aus den Augen.
„Ihr habt euch duelliert?“ Joanne riss entsetzt die Augen auf. „Warum denn das?“
„Er hat angefangen!“, verteidigte ich mich, obwohl ich genau wusste, dass ich wirkte wie ein trotziges, kleines Kind.
„Warte, setz dich erstmal hin“, kam es von Victoria. „Dann guck ich eben nach, was man gegen diesen Schnitt tun kann.“
Der erste vernünftige Vorschlag. Ich ließ mich zwischen Joanne und Janine auf mein Bett fallen und Janine drückte mir ein Taschentuch in die Hand: „Auf die Wunde pressen.“
„Okay, schauen wir mal.“ Victoria zog ein dickes Buch aus ihrem Schrank. „Was für ein Zauber war das überhaupt?“
„Sectumsempra, nehm ich an.“ Dafür, dass er die Zauberformel entworfen hatte, könnte ich Severus Snape – ein erstaunlich schlauer Erstklässler, was Flüche anging – ja erwürgen. Dafür und für seine unnötige Vorliebe für dieses eine Schlammblut aus Gryffindor, Lily Evans.
„Dafür gibt´s keinen Gegenzauber“, meinte Mariah.
Wir alle blickten zu Victoria. Sie war die Einzige, die zwar keinen gescheiten Schockzauber hinbekam, aber dafür eine ausgeprägte Begabung für Heilverfahren ihr Eigen nennen konnte. Sie zuckte mit den Schultern: „Ich kenne jedenfalls keinen, aber wir können es ja versuchen.“
Misstrauisch beobachtete ich, wie sie ihren Zauberstab zog und meine Hand zur Seite zerrte. Dann murmelte sie: „Episkey!“
Der Schmerz verschwand nicht, wurde aber doch gemildert. Aber immerhin spürte ich, wie der Schnitt sich schloss. Zum ersten Mal war ich Victoria richtig dankbar.
Sie war offensichtlich recht zufrieden mit sich. Grinsend steckte sie ihren Zauberstab wieder weg und nahm mir das blutige Taschentuch aus der Hand: „Na also, es geht doch!“
„Danke“, murmelte ich. Bevor Mariah nachfragen konnte, warf ich die Tasche mit dem Tarnumhang schon unter mein Bett – ein hervorragender Aufbewahrungsort – und ließ mich erschöpft nach hinten kippen.
„Du hast rote Striemen am Hals“, stellte Mariah fest.
„Echt?“ Es gab Tage, an denen ich Lucius erwürgen wollte. Und heute hatte er das offensichtlich mit mir versucht.
„Was ist denn jetzt eigentlich passiert?“ Victoria ließ sich zu uns aufs Bett fallen.
„Ich hab mich mit Lucius gestritten, wie immer. Er wollte mich nicht rauslassen-“
„Damit hatte er auch verdammt Recht!“, warf Janine streng ein.
„Egal, jedenfalls hab ich gedroht, Zissy zu verletzen, wenn er mich nicht loslässt. Hätt ich natürlich nie gemacht, aber er ist mal wieder total ausgeflippt. Meinte, ich wäre widerlich und so, das typische Malfoy-Gerede.“
„Und dann?“, bohrte Joanne nach.
„Als ich dann wieder reinkam, haben er und Zissy schon auf mich gewartet.“ Ging ja keinen was an, was ich draußen getrieben hatte. „Ich hab die Kleine ins Bett geschickt – nicht, dass sie gehorcht hätte, aber ich habs versucht. Er hat mich angegriffen.“
„Und dann?“ Mariah war nicht mehr zu bremsen. Wahrscheinlich würde morgen jeder von diesem kleinen Duell wissen.
„Haben wir uns duelliert. Irgendwie hat er es geschafft, mich zu fesseln, und ich hab mich gewehrt, als Slughorn angekündigt wurde. Da sind wir dann halt abgehauen.“ Dass er mich zuvor noch gelähmt hatte, war ja egal.
„Du lieber Himmel! Ist er auch verletzt?“ Jetzt war Victoria wieder die geborene Krankenschwester.
„Ich hab ihn an der Wange erwischt. Wenn es dich so stört, kannst du ihn ja morgen im Unterricht heilen“, schlug ich vor. Sie nickte nur.
„Langsam frag ich mich...“, murmelte Mariah.
„Was denn?“, ging Joanne auf ihren Tonfall ein.
„Ich frage mich, warum Bella und Lucius sich nicht in Ruhe lassen können. Ich meine, seit der ersten Klasse zickt ihr euch andauernd an!“ Fast schon anklagend wandte sie sich an mich.
„Was willst du damit sagen?“ Das war ja wohl nicht ihr Ernst! Ich und Lucius... Nein, auf gar keinen Fall konnte sie das meinen.
„Na ja, was sich neckt, das-“
„Nein!“, schnitt ich ihr das Wort ab. „Ich hasse Lucius!“
„Aber gib´s doch zu, eure Streitereien machen dir doch Spaß“, verteidigte Janine Mariahs abwegige Theorie.
„Ja, schon“, gab ich zu. „Aber Lucius gehört zu Zissy!“
„Na und?“
„Selbst wenn, ich betone, wenn ich etwas für ihn empfinden würde, das über Hass hinausgeht, würde ich doch die Finger von ihm lassen. Ich würde Zissy nie ihren Freund ausspannen!“ Natürlich würde ich das, wenn ihr Freund mich interessieren würde. Aber natürlich sagte ich das nicht.
„Schade“, meinte Mariah. „Ihr passt echt gut zusammen. Geh doch mit ihm zum Weihnachtsball!“
„Nein“, knurrte ich. So tief gesunken war ich noch nicht. Wenn mich keiner fragte, ging ich eben alleine hin, mir doch egal. Aber ganz bestimmt würde ich nicht mit Lucius gehen, niemals! Und wenn ich die Einzige war, die keinen Tanzpartner finden würde, Lucius kam nicht infrage! Er würde doch eh mit Zissy gehen. Und er wurde langsam zu einer echten Landplage, schlimmer als Mariah.
Die starrte mich enttäuscht an.
„Er ist eine entsetzliche Plage“, schimpfte ich, um mich zu rechtfertigen. Den Teil mit Mariah dachte ich lieber nur.
„Na ja, dann nicht“, seufzte Joanne. „Ich dachte, ich könnte vielleicht mit Simon Siler gehen. Ihr wisst schon, dieser große, blonde aus der Siebten.“
Klar kannte ich den. Ein Angeber ohnegleichen. Aber wie schon immer konnte ich mich nicht für das Gesprächsthema der Vier begeistern. Also stand ich auf und wühlte nach meinem Nachthemd. Es wurde Zeit, dass ich mal wieder ausschlief, das konnte niemand bestreiten. Und ich musste noch nach einem Zauber suchen, der das Blut aus meinem Umhang entfernte. Ich konnte ja schlecht mit einem blutbefleckten Umhang in den Unterricht marschieren und erwarten, dass niemand sich fragte, was da passiert war.
Glücklicherweise schlief ich tief und traumlos, und so war ich, als mein Wecker unter meinem Kopfkissen klingelte, halbwegs ausgeschlafen. Gleichzeitig schwor ich mir, nie wieder auf die blöde Idee zu kommen, den Wecker direkt unter meinem Ohr zu platzieren.
Die Große Halle war noch ziemlich lehr, als ich mit Victoria im Schlepptau eintrat. An den Haustischen saßen einige Schüler und stocherten missmutig in ihrem Essen herum. Zu meiner Erleichterung entdeckte ich weder Sirius noch Andromeda noch Zissy, die sicher alle etwas zu meinem Duell gestern zu sagen gehabt hätten. Aber Lucius saß schon am Tisch.
Demonstrativ wollte ich Victoria von ihm wegziehen, aber sie ließ sich einfach auf die Bank fallen, nur wenige Plätze von ihm entfernt. Na toll!
„Victoria, ich will hier nicht sitzen“, flüsterte ich drängend.
„Ach, stell dich nicht so an”, zischte sie zurück. „Der beißt doch nicht!“
„Denkst du!“ Beißen vielleicht nicht, aber er war unberechenbar und abstoßend, und das reichte doch schon.
Ihn einfach ignorierend griff ich nach dem Brötchenkorb und der Marmelade. Vielleicht konnte ich ja einfach so tun, als hätte ich ihn nicht gesehen?
Natürlich, meine Wenigkeit konnte das. Aber Victoria konnte es nicht.
„Lucius, du und Bella habt euch doch gestern duelliert, oder?“, flötete sie. Ich ballte die linke Hand zur Faust.
„Ja, wieso?“ Er wandte sich uns zu und ich konnte mir ein überhebliches Grinsen nicht verkneifen, als ich seine Wange sah. Mein Zauber war also doch recht gut platziert gewesen. Über seine ganze Gesichtshälfte, vom Kinn bis zur Schläfe, zog sich ein tiefer Kratzer. Und der sah netterweise auch noch so aus, als würde er wehtun.
„Du bist verletzt“, stellte Victoria das auch schon fest.
„Was du nicht sagst! Und rate mal, wer daran schuld ist!“, knurrte Lucius und warf mir einen wütenden Blick zu.
„Das ist mir schon klar“, meinte Victoria noch immer in diesem unerträglichen Krankenschwester-Tonfall.
„Was ist mit dir passiert, Bella? Warum trägst du nicht auch ein Andenken im Gesicht spazieren?“, fragte Lucius jetzt mich, statt Victoria zu antworten.
„Weil ich die richtigen Freunde habe“, erwiderte ich überheblich und blickte kurz zu Victoria.
Er folgte meinem Blick. „Vicky? Du kannst so was heilen?“
„Nenn mich nicht Vicky, ich heiße Victoria!“, brauste sie sofort auf. „Und ja, ich kann so was heilen.“
„Ah. Na, dann hat Bella ja nochmal Glück gehabt, dass sie dich hat.“
Ich wusste es! Er war viel zu stolz, um Victoria um Hilfe zu bitten, viel zu stolz! Und da ich wusste, wie dieser Schnitt brennen musste, fand ich das auch gar nicht so schlecht. Sollte er doch leiden!
Victoria war offensichtlich ganz anderer Ansicht, denn sie sagte: „Wenn du willst, kann ich deine Wunde auch heilen.“
„Nein, danke“, erwiderte er eisig und packte schnell seine Sachen zusammen. „Wir sehen uns bei Professor Flitwick! Jedenfalls, wenn Bella ihre Hausaufgaben fertig abgeschrieben hat.“
Und weg war er. Und mir fiel mit Schrecken ein: meine Hausaufgaben!
„Victoria, hast du Zauberkunst dabei?“, flüsterte ich.
Sie seufzte. „Ja, klar. Willst du abschreiben?“
„Bitte!“
„Na gut.“ Unwillig legte sie mir eine Pergamentrolle auf den Tisch. Ich zerrte meine Schreibsachen aus meiner Tasche und begann, meine Hausaufgaben zu machen.