Ja, ich gebe zu, der Zeitsprung ist ein bisschen verwirrend. Ich hoffe, dass mit diesem Kapitel das Konzept der Geschichte etwas klarer wird.
Was die Personen angeht: Also, spätesten nach dem letzten Kapitel sollte ja klar sein, dass die Geschichte von Patrick erzählt wird. Und über Lilly erfährt man auch noch genug im nächsten Kapitel. Also, nicht in dem jetzt, das ich hier poste, sondern das darauf, da hab ich schon eine große Aufklärung eingeplant.
Baah. Stellt mich ab, ich stusse.
Accident & Emergency
So give me the worst and then again
I'm feeling braver than I've ever been
Die Türklinke war schnell verhext. Einmal mit dem Zauberstab angestupst und die richtige Formel gedacht und das bisschen Metall entwickelte eine bissige Seite. Zufrieden blickte ich mich noch einmal auf dem Gang um, um sicher zu gehen, dass mich auch niemand beobachtet hatte. Doch die passierenden Schüler und Schülerinnen waren mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt und so konnte ich mich unbemerkt wieder unter sie mischen.
Ich ließ mich von dem Strom der Schüler bis zum nächsten Seitengang mitnehmen. Bei dem Gedanken daran, wie die angehexten Zähne der Türfalle von Pecklemeyers Büro sich in dessen Hand vergruben, konnte ich mir das Grinsen nicht verkneifen. Gut gelaunt löste ich mich also aus der Schülermenge und bog in den Seitengang. Ich würde bestimmt nicht ewig warten, aber so ein paar Minuten und vielleicht würde Pecklemeyer ja bald in sein Büro wollen…
"Fangen wir das Schuljahr gut an, Mr Edgley?", fragte mich eine strenge Stimme, allerdings mit einem gewissen milden Unterton. Ich erstarrte und sah mich überrascht Professor McGonnagall gegenüber. Sie musterte mich mit einem skeptischen Blick, aber ich glaubte zu sehen, wie ihre Mundwinkel amüsiert ein Stückchen in die Höhe gezogen waren.
Das Grinsen lag mir immer noch quer im Gesicht und ich gab mir alle Mühe, es wieder unter Kontrolle zu bekommen. "Ja", erwiderte ich dann nach einer kurzen Schreckenssekunde.
Die Schulleiterin bedachte mich mit einem prüfenden Blick. "Wenn Sie nicht in Ihre alten Muster zurück fallen…", in dem offenen Ende ihres Satzes lag eine gewisse Warnung und in meiner Magengegend breitete sich ein ungutes Gefühl aus Trotzdem nickte ich zustimmend und hoffte, dass es überzeugend war. Professor McGonnagall schien es zu genügen, denn sie verabschiedete sich mit einem Kopfnicken und ging an mir vorbei in das Getümmel, das auf dem Hauptgang herrschte.
Erleichtert atmete ich auf und lehnte mich an die Wand. Fast hätte ich ein schlechtes Gewissen bekommen. Aber nur fast. Zugegeben, Professor Mc Gonnagall hatte mir im letzten Jahr oft genug zu geredet, mich nicht ständig in Schwierigkeiten zu bringen und mich mehr auf meine Schulausbildung zu konzentrieren. Wenn ich mir noch mehr zu Schulden kommen lassen würde, so hatte sie mir letzten Mai gesagt, wäre das Maß voll und sie könnte es nicht mehr rechtfertigen, mich auf der Schule zu behalten. Bis zum Ende des letzten Schuljahres hatte ich mir das auch zu Herzen genommen. doch darüber die Ferien war diese Warnung irgendwo in den hinteren Windungen meines Gedächtnisses verschwunden und als ich so in diesem Seitengang lehnte, drang sie trotz McGonnagalls neuer Andeutung nicht wieder zu mir durch.
Was ich dann getan habe, ist schnell beschrieben: Ich schüttelte meine Zweifel ab und machte mich den schmalen Gang entlang auf den Weg zum Gryffindor Gemeinschaftsraum. Am nächsten Tag würde ich mich darüber ärgern, dass mein Streich nicht Pecklemeyer erwischt hatte, sondern irgendein Mädchen aus der sechsten Klasse, doch ich würde nichts daraus lernen und meinen "Krieg" gegen meinen verhassten Lehrer fortführen, bis ich es im kommenden Frühling schließlich eindeutig zu weit treiben würde, was zu meinem Schulverweis kurz vor meinen UTZ Prüfungen führen sollte.
Doch nehmen wir einmal an, ich wäre in diesem scheinbar so unbedeutenden Moment, als ich vor eineinhalb Jahren in diesem Seitengang stand, in die andere Richtung gegangen, ich bin mir sicher, mein Leben hätte eine ganz andere Entwicklung genommen.
Mein Bauchgefühl veranlasste mich entgegen meiner ursprünglichen Pläne dazu, zum "Tatort" zurück zu kehren und den Fluch von der Türklinge zu nehmen, bevor er etwas anrichten konnte.
Die Schülermasse nahm mich wieder auf, ohne sich um mich zu kümmern. Jeder war mit seinen Angelegenheiten beschäftigt und ich schlängelte mich gekonnt durch die Anhäufung von Körpern hindurch.
Ich war relativ gelassen, denn ich erwartete nicht, dass jetzt gerade jemand die Tür zu Pecklemeyers Büro öffnen wollte. Außer ihm selbst und mir kam fast niemand in sein Büro und da Pecklemeyer zwischen den Unterrichtsstunden kaum Zeit haben würde hier her zu kommen, schloss ich jegliche Komplikationen aus. Doch ich lag falsch.
Unauffällig bewegte sich ein Mädchen aus der entgegengesetzten Richtung auf die Bürotür zu. Sie ging an der Wand entlang und verstreute vorsichte Seitenblicke. Es war offensichtlich, dass sie darauf bedacht war, nicht gesehen zu werden, was ihr gut zu gelingen schien. Mir selbst wäre sie auch nicht aufgefallen, wenn sie sich nicht bereits so nahe an der Tür befunden hätte, auf dich ich meinen Blick fixiert hatte.
Panik kam in mir auf und ließ mein Blut schneller fließen. Vielleicht war es nur Einbildung, doch sie schien genau auf die gleiche Tür wie ich zuzuhalten und es sah so aus, als würde sie ihr Ziel vor mir erreichen.
Ich beschleunigte meine Schritte, doch es reichte nicht aus. Noch kurz bevor ich sie erreicht hatte, brach sie in leises Fluchen aus: "Verflucht! So etwas passiert aber auch immer nur mir!" Sie hielt ihre rechte Hand, an der das Blut rot herunter floss, mit ihrer Linken an ihren Körper.
Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte, als ich bei ihr ankam, doch zum Glück war sie zu sehr mit ihrer Wunde beschäftigt, um mich zu bemerken. Während ich ihre roten Haare betrachtete, die ihr ins Gesicht hingen, fragte ich mich, ob ich sie kannte. Von ihrer Uniform zu schließen, war sie allerdings eine Slytherin und somit waren die Chancen ziemlich gering.
"Alles klar?", fragte ich schließlich, obwohl ich es selbst für eine äußerst schwachsinnige Frage hielt, in Anbetracht der Situation.
Sie schenkte mir ihre Aufmerksamkeit und ich wurde von stechendem Grün durchbohrt. "Sieht es etwa so aus?", fuhr sie mich mit ungeahnter Schärfe an. Dabei glitzerten ihre Augen besonders heftig, was mich für einen kurzen Moment in ihren Bann zog.
Unglücklicherweise musste ich über meine eigene Dummheit lachen. "Nein, tut es nicht", gab ich zu.
Sie fand das wohl überhaupt nicht zum lachen, denn sie zischte: "Was ist daran so lustig?" Wenn ich ihren Gesichtsausdruck richtig deutete, dachte sie gerade so etwas wie 'Arroganter Gryffindor!' Diese Vorstellung amüsierte mich noch mehr und ich hatte große Mühe mich zusammen zu reißen.
"Nichts", gab ich schließlich zu, konnte das Grinsen jedoch immer noch nicht ganz aus meinem Gesicht halten.
Sie zog scharf die Luft ein und ich glaubte zu sehen, wie Dampf von ihrem Kopf aufstieg – zumindest konnte ich es mir gut vorstellen. "Sag mal, was wird das eigentlich hier? Bist du nur her gekommen, um mich auszulachen, oder was?", fuhr sie mich an.
Ich suchte nach einer Möglichkeit, ihr den Grund meines Lachens zu erklären, ohne dass sie noch wütender werden würde, doch mein umherschweifender Blick blieb dabei an etwas anderem hängen. Eine Person, die ich augenblicklich als Pecklemeyer identifizieren konnte, kam mit raschen Schritten den Gang entlang. Wenn der mich auch nur in der Nähe seines Büros entdecken würde – vor allem in Anbetracht der Lage – wäre ich geliefert.
"Verdammt", knurrte ich kaum hörbar. Ich packte das Slytherinmädchen ohne groß darüber nachzudenken am Arm und zog sie mit mir in den Seitengang, in dem ich mich zuvor schon aus dem Staub hatte machen wollen. Sie nahm das natürlich nicht ohne Protest hin und versuchte sich loszuzerren, was ihr allerdings nicht gelang.
"Was fällt dir eigentlich ein?!", herrschte mich die Rothaarige an und entriss sich endlich meinem Griff, da ich locker gelassen hatte. Ich ignorierte sie allerdings nur und spähte um die Ecke, um zu sehen, was Pecklemeyer machte. Offensichtlich steuerte er wirklich sein Büro an. Und da ich nicht dazu gekommen war, den Fluch aufzuheben, wollte ich lieber so weit weg wie möglich sein, wenn sich die neu gewachsenen Zähne der Türklinke in seine Hand bohrten.
"Da lang", befahl ich meiner unfreiwilligen Begleiterin und schob sie schon den Gang entlang. Sie schien so empört zu sein, dass ihr sogar die Worte fehlten. Trotzdem musste ich ein bisschen Kraft aufbringen, um sie von der Stelle zu bewegen, da sie sich immer noch sträubte.
Der Gang führte zu einer schmalen Treppe und ich nahm die Stufen nach oben. Erst als ich zwei Stockwerke zwischen uns und Pecklemeyer sowie seiner jetzt sehr bissigen Bürotür gebracht hatte, blieb ich stehen. Wir mussten beide erst einmal schnaufen.
Irgendwann fand die Rothaarige ihre Sprache wieder. "Willst du mich noch irgendwohin mitschleppen, oder war's das dann mal?", fragte sie mich und ich stellte fest, dass der Ärger fast vollkommen aus ihrer Stimme verschwunden war.
"Also, von mir aus war das alles", entgegnete ich leicht lachend. "Es sei denn, du willst noch irgendwo hin gezerrt werden." Ich konnte nicht ganz leugnen, dass sich in meinen scherzhaften Vorschlag ein unanständiges Angebot geschlichen hatte.
Ihr Blick schien plötzlich an einem besonders interessanten Stück Boden hängen geblieben zu sein und ihre Wangen liefen rot an, während ihrer Kehle ein leichtes Räuspern entwich. Die Verlegenheit, die sie offensichtlich aufgrund meiner Aussage ergriff, überraschte mich doch etwas. Zuvor hatte sie mich noch wütend angefahren und jetzt war sie auf einmal schüchtern. Ich konnte diese beiden Eigenschaften noch nicht ganz so gut zusammenbringen, doch es gefiel mir irgendwie.
Dann sah ich, dass von ihrer rechten Hand ja immer noch Blut tropfte. Vorsichtig legte ich meine Finger an ihr Handgelenk und fragte: "Darf ich?" Sie sah auf und ein Ausdruck, der sich nicht ganz zwischen überrascht und verlegen entscheiden konnte, schmückte ihr hübsches Gesicht. Da sie nichts erwiderte, deutete ich das als ein Ja und zog ihre Hand etwas näher, um sie dann mit meinem Zauberstab zu behandeln.
Die Wunde schloss sich mit einem leichten Tippen und auch das verirrte Blut ließ ich mit einem Schlenker meiner Hand verschwinden.
Ein merkwürdiger Moment schloss uns ein, in dem ihre Hand immer noch in meiner lag und wir uns unverwandt ansahen. Doch er zerplatzte plötzlich, als sich dumpfe Schritte näherten. Wie aufgeschreckte Hühner fuhren wir auseinander und ich schaffte es gerade noch rechtzeitig, meinen Zauberstab wieder einzustecken. Unsere Blicke, die nach der Ursache des Geräusches suchten, trafen auf Pecklemeyer, der sich energisch auf uns zu bewegte.
"Ah, Mr Edgley", schmierte er seine Stimme in unsere Ohren, kaum dass er mich erkannt hatte. Er blieb vor uns stehen und wie er so war, fackelte er nicht lange. "Meiner Tür sind heute Zähne gewachsen", begann mein Zauberkunstlehrer direkt, "Sie wissen nicht zufällig etwas davon?"
Ein ungutes Gefühl beschlich mich. Es war nicht überraschend, dass er mich sogleich im Verdacht hatte, das bereitete mir auch nicht sonderlich viele Sorgen. Unwohl war mir bei dem Gedanken, dass ein zwar hübsches mir jedoch eigentlich unbekanntes Mädchen aus Slytherin neben mir stand. Ich befürchtete, dass sie etwas sagen könnte, dass mich irgendwie verraten würde. Gerne hätte ich abgeschätzt, wie sie auf Pecklemeyers Informationen reagierte, doch ich wagte es nicht, einen Blick zu ihr zu werfen.
Stattdessen setzte ich das neutralste Gesicht, das mir zur Verfügung stand, auf und antwortete mit einem klaren "Nein".
Mein Zauberkunstlehrer gab einen nicht definierbaren Laut von sich und wandte sich dann meiner ungewöhnlichen Begleitung zu. "Ich nehme an, dass Sie auch nichts davon mitbekommen haben, Miss Summers?", harkte er nach. Dieses Mal musste ich mich zu ihr drehen, um ihre Reaktion zu sehen. Zu meinem Erstaunen schüttelte sie den Kopf.
Pecklemeyer presste seine Lippen aufeinander und fixierte mich wieder mit seinen Augen. 'Damit kommst du mir nicht davon!', schien er mir mit seinem Blick zu sagen und es überraschte mich überhaupt nicht, dass er nicht so schnell von mir als Hauptverdächtiger abließ.
Schließlich wandte er sich verärgert ab und ging davon. Stumm folgten unsere Blicke ihm, bis er um die Ecke verschwunden war.
Ich bemerkte erst jetzt, dass ich seit einer Weile vergessen hatte auszuatmen und entließ die Luft in einem Stoß aus meinen Lungen.
"Idiot", hörte ich die Slytherin neben mir murmeln und ich sah sie mit einer gewissen Freude an. Also teilten wir schon einmal unsere Abneigung gegen Pecklemeyer.
'Fange ich jetzt etwa an, nach Gemeinsamkeiten zu suchen?', fragte ich mich selbst ungläubig. Manchmal war es wirklich seltsam, was für Gedanken ich hatte.
"Geschieht ihm recht", sagte ich laut, um irgendwie wieder ein Gespräch anzufangen. Ihre grünen Augen warfen mir einen fragenden Blick zu und so ergänzte ich: "Das mit der Türfalle. Ich hoffe, dass sie ihn gebissen hat. Sonst hab ich das Ganze ja umsonst gemacht." Bevor ich es wusste, war mir der letzte Satz schon heraus gerutscht und ich bemerkte es erst, als sich der Gesichtsausdruck des Mädchens neben mir veränderte.
"Du hast die Türfalle verhext?", fragte sie leise. Da ich es sowieso bereits schon angedeutet hatte, hielt ich es für unlogisch, jetzt alles abzustreiten und so nickte ich.
Es folgte ein Toben. "Du Idiot!", herrschte sie mich an und warf aufgebracht ihre Arme in die Höhe. "Nicht nur, dass ich wegen dir gebissen wurde. Du hast auch... du hast auch...", sie war offensichtlich so wütend, dass sie den Satz nicht einmal beenden konnte und stattdessen zu einem aggressiven Ausruf überging.
Wenn ich ihren Ärger auch verstand, so wunderte mich ihr letzter Halbsatz doch ein bisschen. "Was?", fragte ich, doch sie stampfte schon wütend davon und ließ mich stehen.
From the skull down to the feet
All out for blood and sweat and meat
And for Accident and Emergency