Die Tochter des Kriegers

Hier könnt ihr eure Fanfictions und Gedichte zu Harry und seiner Welt vorstellen.

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Chantal Moody
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Die Tochter des Kriegers

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Die Tochter des Kriegers


Widmung


Diese Niederschrift meiner Erinnerungen widme ich den Menschen, die in dem Krieg gegen Lord Voldemort ihr Leben lassen mussten:

Alastor Moody, meinem geliebten Vater, der für mich da war, als ich einen Menschen brauchte. Der Kampf gegen die Dunklen Mächte war sein Leben, im Kampf fand er den Tod.

Remus Lupin, meinem Cousin und besten Freund, der für mich wie ein großer Bruder war. Ehemann von Nymphadora, Vater von Teddy

Nymphadora Lupin, geborene Tonks, einer guten Kollegin und lieben Freundin. Ehefrau von Remus Lupin, Mutter von Teddy

Severus Snape, einem der tapfersten Männer, die ich je gekannt habe. Er führte ein trauriges Leben und wurde viele Jahre von allen falsch eingeschätzt. Die Wahrheit erfuhren wir viel zu spät.

Fred Weasley, Zwillingsbruder von George, nicht immer ein Musterknabe, doch er hatte das Herz auf dem rechten Fleck.

Colin Creevey, noch Schüler, viel zu jung zu sterben

Hedwig und Dobby, zwei unschuldigen Geschöpfen, die mit dem Krieg der Menschen eigentlich nichts zu schaffen hatten

Und all den vielen nicht genannten Menschen, die in der Schlacht um Hogwarts gefallen sind.
In den Herzen der Lebenden werdet ihr unvergessen sein.


PROLOG

Ein langer Tag im Zaubereiministerium lag hinter mir, als ich nach Hause kam. Wie üblich hatte es für mich wieder viel zu tun gegeben, aber es war ausschließlich Papierkram gewesen, den auch ein Anfänger hätte erledigen können. Nach wie vor war ich beim Zaubereiministerium in Ungnade, nachdem ich Cornelius Fudge meine Meinung gesagt hatte, als der Zeitungsartikel von Rita Kimmkorn im Tagespropheten erschienen war, der das Gerücht aufbrachte, dass mein Vater nicht so sehr wegen seiner Verletzungen in den Ruhestand geschickt worden wäre, sondern weil es Zweifel an seiner geistigen Zurechnungsfähigkeit gäbe. Bei der Auseinandersetzung mit Fudge hatte ich, zum ersten Mal nach so vielen Jahren, meiner Wut freien Lauf gelassen, und es war plötzlich ein dicker Aktenordner durch Fudges Büro geflogen, der Fudges Kopf knapp verfehlt hatte. Zwar war inzwischen, nach den Vorfällen im Ministerium, Fudge selber in Ungnade gefallen, dennoch wurde ich weiterhin mit eher nebensächlichen Aufgaben beschäftigt.

Es gab natürlich Arbeit genug, nicht nur all die Fälle von verschwundenen Personen und Todesfällen, es wurde auch noch immer wegen der Vorfälle in Hogwarts ermittelt. Hier und da gab es zwar Verhaftungen, aber es sah eher so aus, als wären diese Verhaftungen eher durchgeführt worden, um zu zeigen, dass das Zaubereiministerium nicht untätig war. Mehrere der als Todesser bekannten Personen waren noch auf freiem Fuß, und wo sich Lord Voldemort selbst versteckte, hatte man auch noch nicht herausfinden können. Ebenso wenig hatte man herausfinden können, wohin sich Severus Snape, Lehrer an der Hogwarts-Schule und offensichtlich Professor Dumbledores Mörder, hingeflüchtet hatte.

Ich seufzte. Severus. Konnte ich mich so sehr in ihm getäuscht haben? Ich hatte ihn bereits in der Schule kennen gelernt, allerdings waren wir damals alles andere als Freunde. Vielmehr zogen wir es vor, uns aus dem Weg zu gehen, nachdem es einige Streitigkeiten gegeben hatte, an denen aber eher meine Freunde schuld waren. Und nachdem Severus seinen Abschluss gemacht hatte, verloren wir uns für mehrere Jahre aus den Augen. Ein Jahr später machte ich dann ebenfalls meinen Abschluss und anschließend meine Ausbildung an der Aurorenschule. Und später, als wir bereits Mitglieder im Orden des Phoenix waren, trafen wir uns wieder und begannen eine Beziehung.

Meinem Vater war diese Beziehung nie recht gewesen, weil Severus vor seiner Tätigkeit als Lehrer Todesser gewesen war. "Einmal Todesser, immer Todesser", pflegte er zu sagen. Dies war der einzige Punkt, der das gute Verhältnis, das zwischen meinen Vater und mir bestand, immer wieder trübte. Erst am Tag vorher hatte es heftigen Streit gegeben. Er hatte mir vorgeworfen, dass ich trotz allem, was passiert wäre, immer noch Gedanken an Severus verschwenden würde. Es gäbe doch viele nette Zauberer, unter denen ich nur zu wählen brauchte. Ich wiederum hatte zurückgeschimpft, er solle sich aus meinem Privatleben heraushalten. Harte Worte waren hin und her geflogen, und schließlich war ich nach Hause geflogen,ohne dass wir uns versöhnt hätten, und das war vorher noch nie vorgekommen.

Mir war sehr unwohl in meiner Haut. Vieles von dem, was ich gesagt hatte, tat mir inzwischen leid, insbesondere, da es so aussah, als hätte mein Vater recht gehabt. Gerade wollte ich meinen Besen nehmen und zu ihm hinfliegen, als ich plötzlich vom Küchenfenster aus Remus und Bill in meinem Vorgarten apparieren sah. Beide machten sehr ernste Gesichter. Ich lief sofort zu ihnen hinaus.

"Bill, Remus!", rief ich aus. "Was ist passiert? Wo ist Pa?" Remus legte den Arm um mich. "Chantal", begann er. "Es ist etwas Schreckliches passiert. Es ist alles schiefgegangen, als wir Harry vom Ligusterweg abgeholt haben. Anscheinend ist unser Plan verraten worden. Wir wurden von Todessern überfallen. Und dein Vater ist tot. Lord Voldemort hat ihn getötet." Ich glaubte, nicht richtig zu hören. "Pa? Tot?", stammelte ich. "Was ist passiert?" -"Dein Vater hatte bestimmte Vorbereitungen getroffen, um Harry zum Fuchsbau zu bringen", begann Bill zu erzählen. "Vielleicht hat er dir ja davon erzählt. Zunächst wurde im Ministerium verbreitet, dass Harry nicht vor dem 30. Juli abgeholt würde. Und dann wurden zwölf Häuser mit allen möglichen Schutzzaubern versehen, damit niemand herauskriegt, wohin Harry gebracht wird. Ferner sollten sich sechs Personen mit Hilfe von Vielsafttrank in Harry verwandeln, so dass sieben Harrys mit jeweils einem Aufpasser fliegen sollten. Schließlich hätte selbst Lord Voldemort nicht sieben Harrys gleichzeitig folgen können. Harry sollte mit Hagrid im Beiwagen von Sirius´ Motorrad fliegen, die anderen jeweils zu zweit auf einem Besen oder einem Thestral. Dein Vater flog mit Mundungus auf einem Besen. Plötzlich sind dann wie aus dem Nichts ungefähr dreißig Todesser aufgetaucht, und wir wurden alle verfolgt. Auch Lord Voldemort selbst tauchte auf. Er konnte ohne Besen oder Thestral fliegen. Er verfolgte zuerst den Besen, mit dem Mundungus und dein Vater geflogen waren. Mundungus bekam wohl Panik und ist disappariert. Dein Vater war nur für den Bruchteil einer Sekunde abgelenkt, da traf ihn Voldemorts Todesfluch mitten ins Gesicht. Er war schon tot, bevor er vom Besen gefallen ist. Wir konnten nichts, absolut nichts tun."

Fassungslos sah ich Bill und Remus an. Ich konnte es einfach nicht fassen. Mein Vater tot? Das konnte doch nicht sein. In so vielen Kämpfen hatte er sich schon geschlagen, und er war einige Male verletzt worden, aber er hatte doch immer wieder überlebt. "Wo ist er?",fragte ich. "Kann ich ihn noch einmal sehen?" Remus seufzte. "Da haben wir eine weitere schlechte Nachricht für dich", antwortete er. "Bill und ich haben versucht ihn zu finden, bevor ihn die Todesser finden konnten. Es war zu spät. Wir haben ihn nicht gefunden." Ich war so schockiert, dass ich nicht einmal weinen konnte. Remus hielt mich immer noch im Arm. "Können wir irgend etwas für dich tun? Sollen wir noch bei dir bleiben?" ,fragte er leise. "Nein", antwortete ich. "Ich möchte jetzt alleine sein." Remus und Bill zögerten. Offenbar wollten sie mich nicht allein lassen. "Geht schon", sagte ich. "Ich komme schon zurecht." Remus sah mich traurig an. "Wenn du Hilfe brauchst, weißt du, wo du uns findest." "Ich weiß", antwortete ich. Beide umarmten mich noch einmal, dann gingen sie fort.

Kaum war ich alleine, kamen mir die Tränen, die ich bis dahin zurückgehalten hatte. Besonders schmerzte mich die Tatsache, dass es nun zu dem Versöhnungsgespräch, das ich mit meinem Vater führen wollte, nicht mehr kommen würde. In meinen Gedanken zogen die ganzen Jahre vorbei seit jenen Tagen, in denen mein Vater in mein Leben trat und sich mein ganzes Leben plötzlich vollständig geändert hatte.
Zuletzt geändert von Chantal Moody am 17.06.2008 10:35, insgesamt 1-mal geändert.

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Chantal Moody
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Eine neue Welt

Mein Stiefvater war schon mit sehr schlechter Laune von der Arbeit nach Hause gekommen. Er sprach beim Abendessen kaum ein Wort, nur warf er mir immer wieder finstere Blicke zu. Meine Mutter und meine beiden kleinen Halbbrüder wagten kaum ein Wort zu reden. Die beiden Kleinen wirkten ohnehin schon die ganze Zeit so, als wenn sie ein schlechtes Gewissen hätten. Ganz bestimmt hatten sie wieder was angestellt, und ich würde es ausbaden müssen, weil es heißen würde, ich hätte nicht genug auf sie aufgepasst. Schließlich stand mein Stiefvater vom Tisch auf und ging in sein Arbeitszimmer.

Keine Minute später hörte ich seinen Schrei: "Chantal!" Ich erschrak. Langsam stand ich auf und ging zum Arbeitszimmer. Mein Stiefvater stand vor seinem Schreibtisch. Sein Gesicht war knallrot und wutverzerrt. Er zeigte auf einen Stapel Papiere sowie auf ein leeres Tintenfass, das umgekippt war. Die Tinte war über den ganzen Stapel ausgelaufen. "Das warst du wieder, nicht wahr?", schrie er. "Tollpatschig und zu nichts nütze, das bist du. Ein unnützer Esser. Aber was kann man von einem Bastard wie dir schon erwarten. Schlimm genug, dass ich dich auch noch mit durchfüttern muss, und dann auch noch so was. Aber ich werde dir die Flausen und die Träumereien schon austreiben. Stundenlang in deinem Zimmer sitzen und Bücher lesen, das gibt es nicht mehr. Du wirst ab jetzt jeden Tag, solange Ferien sind , bis abends deiner Mutter im Haushalt und im Garten helfen, das wird dich wohl auf andere Gedanken bringen, so dass du besser aufpasst."

Ich hörte seinem Wortschwall ganz erschrocken zu. Ich hatte doch gar nichts getan. Ich öffnete gerade den Mund, um zu erklären, dass ich die Tinte nicht umgestoßen hätte, da redete er auch schon weiter: "Deine Bücher werde ich dir gleich wegnehmen und im Ofen verbrennen." -"Nein!", schrie ich entsetzt. "Was hast du gesagt?", brüllte er mich an. Er war es so gar nicht gewohnt, dass ich ihm widersprach. "Nein!", schrie ich noch einmal. Im gleichen Moment fiel eine Blumenvase von seinem Schreibtisch und zerbrach auf dem Fußboden. Gleichzeitig fielen mehrere Bücher aus dem Bücherregal. Mein Stiefvater kam auf mich zu, mit erhobener Hand, als wollte er mich schlagen. "Was tust du? Was machst du da?", schrie er mich an. "Martine!", rief er dann nach meiner Mutter.

Mama betrat das Arbeitszimmer. Immer mehr Bücher fielen aus den Regalen, mehrere trafen meinen Stiefvater, der immer wütender wurde. Die Papiere, die auf dem Schreibtisch gelegen hatten, flogen in alle Richtungen, als ob ein Windstoß sie herumfegen würde. Die Vorhänge flatterten wie wild, lösten sich schließlich von der Stange und fielen zu Boden.

Meine Mutter und mein Stiefvater sahen entsetzt auf all das Chaos, das um sie herum entstand. Schließlich zerrte meine Mutter mich am Arm aus dem Arbeitszimmer. "Mach, dass du in dein Zimmer kommst, und da bleibst du, bis ich dir sage, dass du rauskommen kannst!", herrschte sie mich an. Ich floh sofort die Treppe hinauf und schloss mich in meinem Zimmer ein. Wenigstens hatte niemand mehr daran gedacht, mir meine Bücher wegzunehmen. Ich las doch so gerne! Ich war selber ganz erschrocken. Was hatte ich da getan? Und wie hatte ich es getan? Es konnte keinen Zweifel geben, dass ich irgendwie dieses Chaos bewirkt hatte, denn es hatte schon viele ähnliche Vorfälle gegeben, jedoch nie so heftig.

Am nächsten Morgen war die Stimmung zu Hause eisig. Mein Stiefvater hatte gar nicht erst gefrühstückt, sondern nur eine Tasse Kaffee getrunken und war dann zur Arbeit gegangen, nicht ohne mir noch einen wütenden Blick zuzuwerfen. Meine Mutter sprach auch nicht mit mir. Statt dessen warf sie mir immer wieder Blicke zu, jedoch nicht wütend, sondern als wenn sie Angst vor mir hätte. Ich selbst wagte überhaupt nicht, den Mund aufzumachen. Wenn doch wenigstens Schule wäre! Dann wäre ich wenigstens einige Stunden am Tag aus dem Haus. Ich lernte sehr gerne und war eine gute Schülerin. Allerdings mochten mich auch die anderen Kinder nicht so recht. Es hatte immer schon Getuschel gegeben, da niemand wusste, wer mein Vater war. Von meiner Mutter hatte ich auf Fragen auch nie eine Antwort bekommen. Und dann: Irgendwie hatte ich auch das Gefühl, dass die anderen Kindern vor mir Angst hätten, seitdem ich zwei anderen Mädchen einmal gezeigt hatte, dass ich kleine Gegenstände zum Schweben bringen kann.

Plötzlich wurde ich aus meinen Gedanken aufgeschreckt, als ich aus der Küche den Schrei meiner Mutter hörte. Ich rannte die Treppe hinunter und sah, wie meine Mutter auf den Küchentisch starrte, auf dem zwei Eulen saßen. Meine Mutter versuchte, die Eulen vom Tisch zu scheuchen. Dies blieben jedoch ganz ruhig sitzen. Als ich genauer hinsah, bemerkte ich, dass jede Eule an einem Bein einen Brief festgebunden hatte. So etwas hatte ich noch nie gesehen, obwohl in den Geschichten, die ich so gerne las, oft die Rede davon war, dass Hexen und Zauberer auf diese Weise ihre Post beförderten. Instinktiv band ich die Briefe ab. Bevor ich sie jedoch lesen konnte, hatte sie mir meine Mutter aus der Hand gerissen und geöffnet.

Plötzlich wurde sie so blass, wie ich sie noch nie gesehen hatte. "Ich habe ja immer gewusst, dass mit dir irgend etwas nicht stimmt! Und hier habe ich den Beweis!", schrie sie. "Was ist denn los?", fragte ich und versuchte, meiner Mutter die Briefe aus der Hand zu nehmen. "Fass mich nicht an!", kreischte sie. "Rühre mich ja nicht an, du....Hexe!" Mit diesen Worten warf sie mir die beiden Briefe ins Gesicht. Ich las sie und konnte es nicht fassen. Die Briefe waren von Schulen, aber von was für seltsamen Schulen! Für Hexerei und Zauberei? So etwas gab es doch nicht, oder doch?

Meine Mutter war noch immer kreideweiß. Sie sagte: "Natürlich wirst du in eines dieser Internate gehen. Vielleicht kannst du ja in einer dieser Schule auch in den Ferien bleiben. In meinem Haus will ich dich jedenfalls nicht mehr haben, oder glaubst du, ich will noch einmal so etwas erleben wie gestern?" Ratlos blickte sie um sich. "Wie kann ich an diese Schulen schreiben und fragen?",fragte sie. "Schau doch mal", antwortete ich. "Die Eulen sitzen immer noch da. Vielleicht nehmen sie auch Briefe mit zurück."

Meine Mutter sah mich nur böse an , holte dann aber ihre Schreibmappe und begann, in aller Eile zu schreiben. Nachdem sie die Briefe geschrieben hatte, fürchtete sie sich jedoch, den Eulen die Briefe an die Beine zu binden. Schließlich musste ich es tun, und es gelang mir, als wenn ich es immer schon getan hätte. Die Eulen flogen dann durch das Küchenfenster davon. Ich ging zum Fenster und sah ihnen noch lange nach.


Sehr viel gibt es über die zwei Tage, die ich noch in der Muggelwelt verbracht habe, nicht zu erzählen. Meine Mutter und mein Stiefvater sprachen kein Wort mit mir und behandelten mich, als wäre ich aussätzig. Sie ließen nicht mal mehr meine Halbbrüder in meine Nähe, obwohl ich vorher häufig auf sie aufpassen musste. Ich bekam wortlos mein Essen hingestellt. Die meiste Zeit verbrachte ich in meinem Zimmer und las. Ich hatte früh lesen gelernt, und vor allem liebte ich Bücher, die von Hexen und Zauberern handelten. Diese Geschichten faszinierten mich. Meiner Mutter war mein Lesen immer ein Dorn im Auge. Sie meinte dann, ich sollte lieber etwas Nützliches tun. Nützliches hieß Hausarbeit oder auf meine kleinen Halbbrüder aufpassen.

Ich hatte viel Zeit nachzudenken, was passiert war. Ich sollte eine Hexe sein? So fremd mir der Gedanke war, irgendwie erklärte es vieles, was um mich herum passierte: Das schmutzige Geschirr, das sich von selbst säuberte, wenn ich es nur anfasste, die Gläser, die zersprangen, die Gegenstände, die durch die Luft flogen, wenn ich wütend war, alle diese Dinge, die meiner Mutter so unheimlich waren.

Am dritten Tag klingelte es an der Tür. Ich saß, wie die letzten Tage fast immer, in meinem Zimmer und beschäftigte mich mit meinen Büchern. Plötzlich hörte ich, dass meine Mutter sich mit einem Mann stritt. Die Stimme dieses Mannes war irgendwie knurrig, wie ich es noch nie gehört hatte. Dann hörte ich Schritte auf der Treppe. Die Tür zu meinem Zimmer ging auf, und der Mann stand in meinem Zimmer. Er war nicht mehr jung, aber er wirkte auf mich irgendwie überlebensgroß. Er musterte mich von Kopf bis Fuß, dass es mir fast unangenehm war. Dann sagte er zu mir: "Chantal, pack deine Sachen. Ich bringe dich zu deiner neuen Schule. Nach Hogwarts. Nimm nur die Sachen mit, die du gerne behalten willst. Für Hogwarts brauchst du andere Sachen, und die wirst du bekommen. " Sein Französisch klang irgendwie unbeholfen. Ich konnte nur fragen: "Wer sind Sie?" Er antwortete: "Ich muss dir etwas sagen. Ich bin dein Vater."

Ich glaubte nicht richtig zu hören. Mein Vater? So oft war ich als kleines Mädchen gehänselt worden, mit Sprüchen: "Du hast ja keinen Vater!" Und nun kam dieser Mann daher und behauptete, mein Vater zu sein? Ich konnte ihn nur anstarren. Er sagte: "Ich erkläre es dir später. Es ist jetzt wichtiger, dass du zusammenpackst, was du mitnehmen willst. Es ist nicht mehr lange bis Schulanfang, und wir haben noch einiges zu tun." Ich fragte: "Was ist Hogwarts für eine Schule?" Seine Antwort: "Die allerbeste. Eine Schule für Hexen und Zauberer. Ich war selber Schüler dort."

Irgendwie glaubte ich jetzt vollkommen zu träumen. Ich packte ein paar Sachen zusammen, etwas Kleidung, meine Bücher und verschiedene Kleinigkeiten, an denen ich hing. Wir gingen hinunter Richtung Haustür. Meine Mutter stand an der Tür. Ich sagte "Auf Wiedersehen", aber meine Mutter würdigte mich keines Blickes. Sie sagte nur: "Alastor, hierher kommt sie nicht mehr zurück." Der Mann, der sich als mein Vater vorgestellt hatte, warf ihr einen verächtlichen Blick zu. Er sagte nur zu ihr: "Ich bin mir sicher, dass sie das auch nicht will. Und das braucht sie auch nicht. " Und damit verließ ich das Haus meiner Mutter endgültig.

Ich war wie vom Donner gerührt. Hatte meine Mutter wirklich gesagt, ich dürfte nie mehr nach Hause kommen? Mein Vater hatte wohl gemerkt, wie mir zumute war. Er sagte zu mir: "Deine Mutter hat gesagt, für eine Hexe sei kein Platz in ihrem Haus. Sie müsste an ihre beiden kleinen Söhne denken, denen du Schaden zufügen könntest." -"Muss ich dann jetzt immer in der Schule bleiben?", fragte ich, immer noch ganz erschrocken. "Während des Schuljahres wirst du in Hogwarts sein", antwortete er. "Und während der Ferien werde ich mich um dich kümmern. Ich heiße übrigens Alastor Moody. In Hogwarts bist du übrigens als Chantal Moody angemeldet. Deinen bisherigen Nachnamen könnte dort kaum jemand aussprechen." Ich wurde immer verwirrter. Nun auch noch ein anderer Name! Und in England würde ich nun zur Schule gehen! Ich hatte zwar auf meiner bisherigen Schule schon etwas Englisch gelernt, aber trotzdem würde es für mich nicht einfach sein.

"Wir müssen leider auf Muggelart reisen", sagte mein Vater. "Fliegen kannst du ja noch nicht." "Fliegen?", fragte ich erstaunt. "Ja, auf Besen", erklärte er mir. "Die üblichste Art und Weise für Zauberer und Hexen, zu reisen." Ich fühlte mich allmählich, als wenn ich in eines der Märchen hineingeraten wäre, die ich immer so gerne gelesen hatte. Wir gingen also zum Bahnhof.

An die lange Reise erinnere ich mich nur noch wie an einen Traum. Er wollte alles darüber wissen, wie es mir in den elf Jahren bei meiner Mutter ergangen war. Besonders interessiert war er, als ich von den vielen kleinen Vorfällen erzählte, die mir immer wieder passierten und dass andere Kinder immer Angst vor mir gehabt hätten. "Mach dir keine Sorge", meinte er. "In Hogwarts wirst du viele Kinder kennen lernen, die genauso sind wie du." Als ich die Geschichte mit dem verwüsteten Arbeitszimmer erzählte, begann er schallend zu lachen. "Das hast du fertiggebracht? Ganz ohne Zauberstab? Alle Achtung! Jetzt kann ich mir vorstellen, dass das für diese Muggel zuviel war." Er selbst erzählte auch von sich. Ich erfuhr, dass er ein Auror sei, dass es seine Aufgabe wäre, dunkle Magier zu jagen. "Davon gibt es viele, und du wirst auch in Hogwarts lernen, dich davor zu schützen. Und einiges werde ich dir auch beibringen. "

Er erzählte mir auch, dass er meine Mutter kennen gelernt hätte, als er sich beruflich in der Nähe meines Heimatorts aufgehalten hätte. Es gäbe auch dort eine Zaubererwelt, ähnlich wie die, in der ich zukünftig leben würde. Von meiner Existenz habe er aber all die Jahre nichts gewusst. Dumbledore, der Schulleiter der Hogwarts-Schule, hätte ihm von dem Schreiben erzählt, das meine Mutter geschickt hätte und von ihrem Wunsch, dass ich auch während der Ferien dort bleiben könnte, was natürlich nicht möglich wäre. Er hätte sich daraufhin auf den Weg zu meiner Mutter gemacht, um mich kennen zu lernen, nur um zu erfahren, dass ich bei ihr nicht mehr erwünscht sei. Sie hatte mich förmlich an ihn abgeschoben. Obwohl ich in den letzten Tagen zu Hause fast nur noch ignoriert worden war, schockierte diese Eröffnung mich doch. "Mach dir keine Sorgen", sagte mein Vater daraufhin. "In der Zaubererwelt bist du besser dran, du wirst es sehen. "


Als wir in London ankamen, schwirrte mir bereits der Kopf von all dem Neuen, was ich erfahren hatte. Mein Vater hatte mir eine Menge über Hogwarts erzählt und dass ich dort Dinge lernen würde wie Fliegen, Verwandlung, Zauberkunst, Herstellung von Zaubertränken und Verteidigung gegen die dunklen Künste. Es wäre sehr wichtig, dass ich dies gut lernen würde, denn es gäbe üble Dinge, die Zauberer einander antun könnten. Obwohl ich wegen der Art und Weise, auf die meine Mutter mich abgeschoben hatte, noch ziemlich verstört war, faszinierte der Gedanke, alle diese Dinge zu lernen, mich immer mehr. Zumindest wusste ich nun, dass ich kein "Monster" war und dass es viele andere Kinder wie mich gab.

Nie werde ich meinen allerersten Besuch in der Winkelgasse vergessen. All diese Geschäfte mit merkwürdigen Sachen, wie ich sie noch nicht gesehen hatte. Ich wusste kaum, wohin ich zuerst schauen sollte. Und all die Menschen, die dort herumliefen! Vor allem viele Kinder sah ich. "Sie kaufen für Hogwarts ein", erklärte mein Vater mir. "Und das werden wir jetzt auch tun." Er kaufte mir eine Menge Dinge: Zauberumhänge, Schulbücher, Federn und Pergament und noch anderes, und ich bekam auch meinen Zauberstab. Dann fragte er mich plötzlich: "Deine Mutter erzählte, du kennst dich mit Eulenpost aus?", und dabei lachte er ein wenig.

Ich begann auch zu lachen, als ich mich an die Angst und den Ekel im Gesicht meiner Mutter erinnerte, als ich die Eulen angefasst hatte. Ich konnte dies selbst nicht nachvollziehen, denn ich fand an den beiden Eulen nichts Schmutziges oder Ekelhaftes. Im Gegenteil, ich fand sie sehr hübsch. "Irgendwie schien es so richtig zu sein, wie ich es gemacht habe", antwortete ich. "Du bekommst eine eigene Eule", sagte er. "Ich möchte, dass du mir regelmäßig schreibst. Ich möchte alles wissen: Wie es dir geht, was du gelernt hast, ob du Freunde gefunden hast, einfach alles. Und ich werde dir auch schreiben." Und so bekam ich ein hübsches Käuzchen, ein Weibchen. Ich nannte sie Jolanda.

Mir fiel auf, dass mein Vater unterwegs sehr häufig angesprochen wurde. Mir wurde sehr schnell klar, dass er ein bekannter Mann sein musste. Auch mich sprachen die Leute immer an und stellten mir viele Fragen. Ich wusste auf Vieles gar nicht, was ich antworten sollte, und mein noch recht holpriges Englisch machte es für mich nicht eben leichter.
Allmählich waren wir ziemlich bepackt und ich war überwältigt. So viele Sachen hatte ich noch nie auf einmal bekommen.

Vor allem konnte ich meinen Blick nicht von Jolanda wenden. "Sie gefällt dir, nicht wahr?", fragte mein Vater. "Und wie", antwortete ich. "Ich wollte immer ein eigenes Tier haben. Aber meine Mutter hat es mir nie erlaubt. Tiere würden Schmutz und Arbeit machen, sagte sie immer." Ich erzählte ihm von zwei Mädchen, die in der Nachbarschaft wohnten und mit denen ich manchmal gespielt hatte, als ich noch jünger war. Sie hatten einen großen schwarzen Hund, und ich konnte nie genug davon bekommen, mit ihm zu spielen. Leider war die Freundschaft mit den beiden Mädchen eines Tages zu Ende, nur weil ich ihnen einmal gezeigt hatte, dass ich kleine Gegenstände zum Schweben bringen konnte. Sie waren nicht nur schreiend davongelaufen, sondern hatten allen anderen Kindern erzählt, was ich getan hatte. Und seitdem wollte niemand mehr mit mir spielen, weil alle Angst vor mir hatten.

Mein Vater konnte sich kaum fassen. "Diese Muggel werde ich nie verstehen lernen. Wegen so einem kleinen Schwebezauber bekommen sie schon Angst. Das lernen die Kinder in Hogwarts bereits in der ersten Klasse. Es wird dir bestimmt Spaß machen, da du ja so gerne Sachen bewegst." Ich wurde ein bisschen verlegen, weil ich an das Arbeitszimmer von meinem Stiefvater denken musste. Denn es stimmte: Irgendwie hatte ich ein gewisses schadenfrohes Vergnügen dabei gespürt.

Wir mussten nun noch einmal eine Eisenbahnfahrt machen, aber nur noch eine kurze. "Wir haben nur noch den heutigen Abend für uns, denn morgen wirst du nach Hogwarts fahren",sagte mein Vater. Es ist eine sehr kurze Zeit, die uns noch bleibt, um uns richtig kennen zu lernen. Deswegen finde ich es wichtig, dass wir uns regelmäßig schreiben. Zwar werde ich auch hin und wieder verreisen müssen, aber deine Eule wird mich überall finden."


Kurze Zeit später waren wir beim Haus meines Vaters angekommen, und ich konnte mir zum ersten Mal ein Bild davon machen, wie Zauberer leben. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, als ich beobachtete, wie mein Vater mit Hilfe seines Zauberstabs Licht machte und den Kamin anzündete. "Alle Dinge wirst du auch lernen und noch mehr. Und morgen wirst du auch zum letzten Mal auf Muggel-Art reisen. Im nächsten Jahr werden wir zusammen fliegen können. Ich bin sicher, dass du es schnell lernen wirst."

Ich war überzeugt, vor lauter Aufregung, in die sich bereits einige Vorfreude mischte, gar nicht schlafen zu können. Dennoch war ich, nachdem ich zu Bett gegangen war, schnell eingeschlafen.
Zuletzt geändert von Chantal Moody am 17.06.2008 10:34, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Chantal Moody »

Mein erstes Jahr in Hogwarts

Am nächsten Morgen brachen wir zeitig auf. Mein Vater hatte mir schon erzählt, dass der Hogwarts-Express, der Schulzug, auf einem Gleis warten würde, der für Muggel nicht sichtbar wäre. „Schau her“, sagte er, „Hier durch die Mauer zwischen Gleis neun und Gleis 10, dahinter ist Gleis 9 ¾, und dort fährt der Hogwarts-Express ab.“ Er nahm meine Hand und gemeinsam gingen wir auf die Mauer zu und fanden uns plötzlich auf einem völlig anderen Bahnsteig wieder.

Ich hielt vor Erstaunen den Atem an. Einen solchen Zug hatte ich noch nie gesehen. Und all die Leute, die dort herumliefen! Viele, besonders die Erwachsenen, waren merkwürdig gekleidet, die Kleidungsstücke schienen nicht zusammenzupassen. Und viele Kinder sah ich, bepackt mit Koffern, Käfigen mit Eulen in allen Größen, teilweise auch mit Körben, die wie Katzenkörbe aussahen, und viele hatten auch Besen dabei. „Du wirst im nächsten Schuljahr auch einen eigenen Besen bekommen“, versprach mein Vater mir. Mir fiel plötzlich auf, dass viele, Erwachsene wie Kinder, zu uns herübersahen. Wir mussten oft stehen bleiben, weil mein Vater immer wieder von anderen begrüßt wurde. Irgendwie wirkten diese Begrüßungen sehr respektvoll.

Mein Vater ging auf ein Paar zu, das mit einem Jungen, der etwa in meinem Alter oder etwas älter sein musste, auf dem Bahnsteig stand. „Das sind die Lupins“, erklärte er mir. „Verwandte von mir und somit auch von dir. Remus geht schon in die zweite Klasse von Hogwarts. Dazu muss ich dir noch was sagen. Es kann immer sein, dass ich während deiner Ferien beruflich auf Reisen bin. Dann wirst du diesen Teil der Ferien bei den Lupins verbringen.“

Remus kam schon auf mich zu. „Du bist also Chantal? Ich bin sicher, Hogwarts wird dir gefallen. Es ist schön dort. Es gibt viele interessante Sachen zu lernen. Aber wir haben auch sehr viel Spaß.“ „Remus, Remus!“ hörte ich im gleichen Moment zwei Jungenstimmen. Zwei Jungen kamen hinzu und begrüßten Remus freudig. „Chantal, das sind James und Sirius, meine besten Freunde. Habt ihr Peter gesehen?“ fragte er die beiden anderen Jungen. „Nein, ich habe ihn noch nicht gesehen. Aber er müsste jeden Augenblick kommen, der Hogwarts-Express fährt ja bald ab“, antwortete der Junge, den Remus mir als Sirius vorgestellt hatte. „Du bist also Alastor Moodys Tochter?“, fragte er mich. „Du musst eine sehr fähige Hexe sein. Und mit Sicherheit wirst du in Verteidigung gegen die dunklen Künste super werden. Dein Vater hat schon viele dunkle Magier nach Askaban gebracht.“

„Askaban?“ fragte ich völlig verständnislos. „Das Gefängnis für Hexen und Zauberer“, erklärte mir Remus und schüttelte sich dabei. „Dort wachen Dementoren über die Gefangenen, schreckliche Wesen, die jedes bisschen Glück aus einem heraussaugen.“ Auch mir gruselte es ein bisschen. So schreckliche Wesen gab es in dieser Welt? Bisher war mir alles so schön erschienen.

„Da kommt Peter!“ rief der Junge, den Remus mir als James vorgestellt hatte. Ein dicker Junge kam zu uns. Er war mir irgendwie unsympathisch. Ich ließ mir jedoch nichts anmerken. „So, dann sind wir jetzt komplett. Kommst du mit in unser Abteil?“ fragte mich Remus. „Sollte sie nicht bei ihren Klassenkameradinnen sitzen?“ meinte James. Auch Sirius und Peter schienen nicht allzu begeistert zu sein. Aber Remus entgegnete: „Lasst sie doch. Sie ist so etwas wie eine Kusine von mir. Meine Eltern meinten, ich soll mich ein bisschen um sie kümmern. „Na, meinetwegen“, meinte James achselzuckend. Mein Vater umarmte mich zum Abschied. „Schreib mir bald. Ich möchte erfahren, wie du dich in Hogwarts eingelebt hast.“ „Ja, das werde ich tun“, versprach ich. Und dann stiegen wir ein.

Die Fahrt im Hogwarts-Express verlief recht kurzweilig. Die Jungen zeigten mir ein Kartenspiel, das sie als Zauberer-Schnipp-Schnapp bezeichneten. Und sie stellten mir viele Fragen. Ich erzählte ihnen von meinem bisherigen Leben mit meiner Mutter, meinem Stiefvater und meinen Halbbrüdern. Als ich zu meinen letzten Tagen in meinem bisherigen Elternhaus kam, wollte ich eigentlich nicht weiter erzählen. Da die Jungen jedoch immer weiter fragten, erzählte ich ihnen, was ich mit dem Arbeitszimmer meines Stiefvaters angestellt hatte. „Wow!“ meinte Sirius. Er schien tatsächlich beeindruckt. „Professor Flitwick wird begeistert von dir sein. Er ist unser Lehrer für Zauberkunst.“

Ich fühlte mich allmählich immer wohler. Früher wurde ich immer als eine Art Monster angesehen, und hier wurde über Zauberei wie über etwas Selbstverständliches geredet. Und ich wurde für die Dinge, die ich getan hatte, sogar noch bewundert! Ich erzählte also weiter, von den Eulen, von den Briefen, die meine Mutter geschrieben hatte, und von dem Tag, als mein Vater mich dort abgeholt hatte. „So ist Onkel Alastor“, sagte Remus darauf. „Eine eigene Familie hat er nie gegründet, das hat er immer mit seiner gefährlichen Arbeit begründet. Aber als er von dir erfahren hat, hätte er niemals abgelehnt, die Verantwortung für dich zu übernehmen. Auf ihn ist immer Verlass.“

Die Jungen erzählten noch viel von den Lehrern und vom Unterricht. „Pass auf, dass du nicht mit Professor McGonagall aneinander gerätst“, sagte James. „Sie ist ziemlich streng. Aber sonst ist sie ganz in Ordnung. Sie unterrichtet Verwandlung und ist die Hauslehrerin von Gryffindor. Also unsere Hauslehrerin.“ „Professor Slughorn ist Hauslehrer der Slytherins“, erklärte Sirius. „Er unterrichtet Zaubertränke. Er ist ein sehr guter Lehrer. Nervig ist allerdings, dass er unter den Schülern Lieblinge hat, meistens Schüler mit bekannten, einflussreichen Eltern, aber auch hier und da Schüler, die besonders begabt sind. Dieses Grüppchen Schüler wird der Slug-Club genannt.“ „Und Professor Flitwick ist so klein, dass er auf einem Stapel Bücher sitzen muss, um über sein Pult schauen zu können“, erzählte Remus. „Aber er ist sehr klug. Wahrscheinlich ist er deshalb Hauslehrer von Ravenclaw. Und Professor Sprout ist Hauslehrerin von Hufflepuff. Sie unterrichtet Kräuterkunde und sieht irgendwie immer aus, als hätte sie gerade in den Gewächshäusern gearbeitet. Aber sie ist in Ordnung.“

Ich wusste bereits von meinem Vater, dass Gryffindor, Slytherin, Ravenclaw und Hufflepuff die Namen der vier Häuser von Hogwarts waren. Bin mal gespannt, in welches Haus du kommst“, meinte Remus. „Vielleicht kommst du ja zu uns nach Gryffindor. Onkel Alastor war auch ein Gryffindor. Und er ist der mutigste und tapferste Mann, den ich kenne.“ Peter redete kaum ein Wort. Ich hatte irgendwie den Eindruck, als wenn es ihm nicht recht wäre, dass er nicht mit seinen Freunden allein war.

Nachdem wir schon eine ganze Weile gefahren waren, sagte James schließlich: „So, wir sind bald da, wir müssen jetzt unsere Zaubererumhänge anziehen und unsere Sachen zusammenpacken!“ wir machten uns also fertig. Peter stieß dabei einen Becher mit Kürbissaft um. Der Saft lief über seinen Sitz. Hektisch suchte Peter nach irgend etwas, womit er die Sauerei aufwischen konnte. „Moment mal“, sagte ich. Ich berührte die bekleckerte Stelle, und die Jungen sahen zu, wie der Fleck immer kleiner wurde und schließlich ganz verschwand. „Wow!“,rief Sirius. “Und sogar ohne Zauberstab. Wo hast du das gelernt?“

„Ich konnte das schon immer“, antwortete ich. „Irgendwie wurde Schmutziges immer sauber, wenn ich es angefasst habe. Meine Mutter bekam jedes Mal Zustände, wenn sie mich dabei beobachtet hat.“ „Du bist wirklich gut“, sagte James. „Ich kenne einige, die das selbst mit einem Zauberstab und dem Putzzauber nicht hinbekommen.“ Mir entging nicht, dass James und Sirius einen Blick miteinander wechselten und dabei zu Peter hinblickten. Peter wurde rot. In dem Moment tat er mir ein bisschen leid, denn ich wusste es nur zu gut, was es heißt, gehänselt zu werden.

Schließlich hielt der Zug an, und alle stiegen aus. Das Erste was ich sah, war ein riesiger Mann mit langen dunklen Haaren und Bart. Er winkte mit einer Laterne und rief: „Die Erstklässler zu mir!“ „Das ist Hagrid, der Wildhüter von Hogwarts“, erklärte mir Remus. „Es ist Tradition , dass die Erstklässler mit Booten über den See fahren. Wir werden uns später in der Großen Halle wiedersehen. Dort wirst du auch erfahren, in welches Haus du kommst.“

Ich ging also zu den anderen Erstklässlern herüber. Alle wirkten aufgeregt und nervös, wie es aussah. Sie unterhielten sich darüber, wie wohl die Aufteilung auf die Häuser stattfinden würde. Dies war das einzige, was mir weder mein Vater noch die Jungen erzählt hatten. Ich war mittlerweile genauso nervös wie die anderen. Gerne hätte ich jetzt neben Remus im Boot gesessen. Ich hatte ihn die ganze Zeit so nett gefunden, während ich James und Sirius das Lästern über Peter doch ein bisschen übel genommen hatte. Über Peter war ich mir nicht sicher. Ich hatte zwar einerseits Mitleid mit ihm, aber irgendwie mochte ich ihn nicht. Er kam mir verschlagen vor.

Und dann erblickte ich zum ersten Mal Hogwarts. Mann, das war ja ein richtiges Schloss! Und so riesig! Bestimmt würde ich mich ständig verlaufen.

Die Bootsfahrt fand ich etwas gruselig, zumal es schon ziemlich dunkel war. Außerdem sah es so aus, als wenn im Wasser irgendwelche komischen Gestalten schwimmen würden. Noch dazu machte Hagrid die ganze Zeit Scherze darüber, was passieren könnte, wenn Schüler ihre Hände ins Wasser halten würde. Ich war mir dabei nicht ganz sicher, ob es wirklich witzig gemeint war. Hagrid dagegen wirkte trotz seiner Größe keineswegs furchteinflößend, sondern nett und lustig.
Schließlich waren wir in Hogwarts angekommen und wurden von Hagrid durch eine große Eingangshalle in einen Raum geführt, in dem uns eine Frau mit strengem Gesichtsausdruck erwartete. Ich wusste, dies musste Professor McGonagall sein. Sie hatte einen Schemel und einen merkwürdig aussehenden Hut in der Hand. Sie erklärte uns, dass wir nun als nächstes auf die Häuser aufgeteilt würden. Wir würden in die Große Halle geführt werden und dann der Reihe nach aufgerufen werden. Dann würden wir einzeln aufgerufen werden, müssten auf dem Schemel Platz nehmen und bekämen dann den Sprechenden Hut aufgesetzt. Und der Hut würde dann entscheiden, welchem Haus wir zugeteilt wurden.

Nach dieser Rede führte Professor McGonagall uns in die Große Halle. Ich blickte mich um und sah vier lange Tische, an denen Schüler saßen, die gespannt zu uns herüberblickten. Ich wusste, das waren die Haustische. An einem davon sah ich James, Peter, Sirius und Remus sitzen. Das musste also der Gryffindor-Tisch sein. Ich sah, dass Remus in meine Richtung blickte und mir zulächelte. Etwas nervös lächelte ich zurück.

Quer zu den Haustischen war ein weiterer Tisch. Ich wusste, dass an diesem Tisch die Lehrer saßen. Ich sah einen alten Mann mit langen weißen Haaren und einem ebenfalls weißen Bart, und ich wusste, das musste Professor Dumbledore sein. Hagrid hatte ebenfalls am Lehrertisch Platz genommen. Ferner sah ich einen älteren, sehr dicken Mann, von dem ich sicher war, dass er Professor Slughorn sein musste, der Zaubertranklehrer. Ferner saß ein sehr kleiner Mann am Tisch, und ich sah, dass er auf einem Bücherstapel saß. Das konnte nur Professor Flitwick sein. Neben ihm saß eine Frau, in deren zerzausten Haaren sich eindeutig Blätter verfangen hatten. Dies musste also Professor Sprout sein, die Kräuterkunde-Lehrerin. Es saßen auch noch andere Lehrer und Lehrerinnen am Tisch, die ich aber noch nicht eindeutig zuordnen konnte.

Wir mussten uns nun vor dem Lehrertisch aufstellen und Professor McGonagall nahm eine Liste in die Hand und rief uns nacheinander auf. „Aberforth, Julie“. Ein Mädchen ging nach vorne, bekam den Hut aufgesetzt, und der Hut rief: „Ravenclaw!“ An einem der Tische klatschten alle, und Julie ging zu ihren Tisch. Nach und nach wurden weitere Schüler aufgerufen. Als die Reihe an „Moody, Chantal“ kam, reagierte ich zunächst nicht, bis mich das Mädchen neben mir anstieß. Natürlich, das war doch ich! So ganz hatte ich mich doch noch nicht daran gewöhnt, nicht mehr Chantal Deveraux, sondern Chantal Moody zu sein. Mit zitternden Beinen ging ich nach vorne und bekam den Sprechenden Hut aufgesetzt. Im gleichen Moment hörte ich eine leise Stimme, bei der ich mir sicher war, dass ich sie nicht mit meinen Ohren, sondern in meinem Kopf hörte. „Bei dir sehe ich sehr viel Mut und Tapferkeit. Aber auch einiges an List, Ehrgeiz und eine Neigung dazu, Regeln zu brechen. Und deshalb schicke ich dich nach SLYTHERIN!“

Irgendwie war es, als wäre es für den Bruchteil einer Sekunde ganz ruhig in der Großen Halle geworden. Dann begannen die Schüler am Slytherin-Tisch zu klatschen. Ich blickte zum Gryffindor-Tisch hinüber und sah, dass James, Sirius und Remus zu mir herüberblickten. Remus sah etwas erschrocken aus. Dann begannen die Jungen wieder damit, sich zu unterhalten. Ich ging zu meinem Tisch und setzte mich zwischen zwei Mädchen, die ebenfalls Erstklässlerinnen waren.

Zufällig sah ich zum Tisch der Lehrer hin. Bildete ich es mir ein, oder sah Professor Dumbledore irgendwie besorgt zu mir herüber? Professor Slughorn dagegen sah eindeutig zufrieden aus und lächelte mich an. Zwischenzeitlich wurden die restlichen Schüler auf ihre Häuser verteilt. Danach erhob sich Professor Dumbledore, um seine Rede zu halten. Er wies darauf hin, dass das Betreten des Waldes für alle Schüler verboten wäre. Hierbei blickte er zum Gryffindor-Tisch hinüber, genau gesagt in die Richtung, wo James, Sirius, Peter und Remus saßen. Ich musste ein wenig lachen, denn ich kannte den Grund. Die vier hatten sich, wie sie mir auf der Fahrt erzählt hatten, im vergangenen Schuljahr mehr als einmal im Verbotenen Wald herumgetrieben.

Ich hörte weiterhin Professor Dumbledores Rede zu. Er stellte uns den neuen Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste vor, Professor Peabody. Eine ältere Schülerin beugte sich zu uns herüber und flüsterte: „Wir haben jedes Jahr einen anderen Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste. Es gibt ein Gerücht, dass dieser Posten irgendwie verhext ist. Mal haben wir wirklich gute Lehrer, mal welche, die uns überhaupt nichts beibringen. Aber egal, wie gut oder schlecht sie sind, sie bleiben einfach nicht. Sie nehmen mittlerweile schon jeden, der sich bewirbt, weil es immer schwerer wird, jemanden für den Posten zu finden.“ Davon hatte mir mein Vater schon erzählt, und er hatte dabei sehr besorgt gewirkt. Ich wusste, dass es ihm wichtig war, dass ich lernte, mich zu schützen.

Danach begann das Essen, und ich konnte nur noch staunen. Tische, die sich selbst deckten, und diese Berge von lauter verschiedenem Essen! In meinem früheren Elternhaus war es zwar nie knapp zugegangen, aber so üppig hatten wir doch nicht gelebt. Es gab alles, was ich gerne mochte, und ich aß mit dem besten Appetit. Zwischendurch unterhielt ich mich mit den beiden Mädchen, zwischen denen ich saß. Beide waren in der Zaubererwelt groß geworden, und sie erzählten vieles von ihrem Leben in Zaubererhaushalten. Beide waren, wie sie erklärten, halbblütig, so wie ich. „Wir haben auch einige Reinblütige hier“, erklärte eines der Mädchen, das sich als Arabella Trent vorgestellt hatte. „Die halten sich aber für was Besseres und tragen die Nasen ziemlich hoch. Lass dich von ihnen nicht ärgern.“

Das andere Mädchen, das sich als Jennifer Wilding vorgestellt hatte, meinte: „Manche von den Reinblütern stehen in dem Ruf, dass ihre Eltern auf die dunkle Seite gewechselt sind. Tatsächlich waren viele dunkle Magier Slytherins. Sie haben das Haus ziemlich in Verruf gebracht, so dass es schon Gerüchte gegeben hat, dass alle Slytherins böse sind. Das ist natürlich Unsinn. Die meisten von uns würden nicht einmal daran denken, auf die dunkle Seite zu wechseln.“ Irgendwie war ich irritiert. Gab es in dieser Welt, die mir so schön vorkam, so viel Böses? Irgendwie konnte ich es mir gar nicht vorstellen. „Frag mal deinen Vater“, sagte Arabella. „Er wird dir viele Geschichten darüber erzählen können.“

Nach dem Essen wurden wir von einem der älteren Mädchen zusammengerufen. Sie stellte sich als Marissa Carter vor und war die Vertrauensschülerin für unser Haus. Wir mussten ihr durch die Eingangshalle zu einer Tür folgen, die zu den Kerkern führte. „Die Räume der Slytherins sind in den Kerkern“, erklärte sie. „dort ist auch der Klassenraum für den Zaubertrank-Unterricht und die Räume von Professor Slughorn. Er ist auch der Hauslehrer von Slytherin.“ Wir kamen schließlich zu einer Tür. „Merkt es euch, das Passwort heißt: Reinblütig“, erklärte Marissa uns. „Ohne Passwort kommt ihr nicht rein.“

Wir betraten den Gemeinschaftsraum der Slytherins. Er wirkte richtig warm und gemütlich, wenn man ihn mit den Kerkergängen verglich, durch die wir vorher gegangen waren. Daraufhin zeigte uns Marissa die Schlafsäle. Ich war zusammen mit vier anderen Mädchen in einem Schlafsaal, unter anderem mit Arabella und Jennifer. Die anderen beiden Mädchen hießen Louella White und Evalina Parkinson. Evalina erklärte, reinblütig zu sein, und tatsächlich wirkte sie ein wenig hochnäsig. Sie sah uns auch nur kurz und verächtlich an und redete den Rest des Abends kaum noch ein Wort mit uns. Da wir alle nach diesem langen Tag müde waren, packten wir nur noch aus und gingen dann zu Bett. Eine Weile flüsterte ich noch mit Arabella und Jennifer, dann schliefen wir jedoch ein.

Die nächsten Tage waren für mich sehr aufregend. Es gab ja so viele interessante Sachen zu lernen! Bei Professor Flitwick fingen wir tatsächlich bei den Schwebezaubern an. Tatsächlich bereitete es mir keinerlei Schwierigkeiten, zuerst eine Feder, dann andere kleine Gegenstände zum schweben zu bringen. Schwieriger war für mich der Verwandlungsunterricht bei Professor McGonagall. Hier musste ich meistens mehrere Versuche machen, bis ich einen Gegenstand verwandeln konnte. Kräuterkunde hatten wir bei Professor Sprout in den Gewächshäusern. Hierbei musste ich die Erfahrung machen, dass einige von den Pflanzen, die wir umtopfen mussten, ausgesprochen bissig waren.

Der Zaubertrank-Unterricht war sehr interessant. Wir lernten bei Professor Slughorn, dass bei der Herstellung von Zaubertränken nicht nur die Zutaten für das Gelingen wichtig war, sondern auch beispielsweise die Art und Weise, wie die Zutaten vorbereitet wurden und der Trank gerührt wurde, wichtig waren. Mir fiel auf, dass Professor Slughorn sich auffallend viel Zeit dafür nahm, mir Dinge, die ich nicht verstanden hatte, auch mehrmals zu erklären. Irgendwie schien er sich für die meisten der anderen Schüler nie soviel Zeit zu nehmen, und manche schien er sogar regelrecht zu ignorieren. Es schien also tatsächlich zu stimmen, was Sirius mir erzählt hatte.

Auch der Flugunterricht bei Madame Hooch machte Spaß. Immerhin schaffte ich es nach ein paar zum Glück glimpflich verlaufenen Abstürzen, meinen Besen recht gut unter Kontrolle zu bekommen. „Sehr gut, Miss Moody“, lobte mich Madame Hooch. „Wer weiß, vielleicht wird noch eine gute Quidditch-Spielerin aus Ihnen.“ Von James hatte ich schon erfahren, dass Quidditch der wichtigste Zauberer-Sport ist. Ich war schon sehr neugierig darauf, mal ein Spiel zu sehen.

In Verteidigung gegen die dunklen Künste hatten wir anfangs nur theoretischen Unterricht. Praktische Übungen sollten erst später erfolgen. Darauf war ich schon sehr gespannt. So gut bei mir die praktischen Übungen in den verschiedenen Fächern verliefen, mit dem ganzen theoretischen Teil hatte ich meine Probleme. Schuld daran, dass ich oft im Unterricht nicht mitkam, waren natürlich meine Sprachschwierigkeiten. So kam es, dass ich zusätzlich zu den normalen Hausaufgaben viele Stunden über den Büchern saß, um alles noch einmal gründlich nachzulesen. Zum Glück habe ich immer gerne gelesen.

Trotz allem Lernens kam aber auch der Spaß nicht zu kurz. Obwohl ich mich mit einigen Mädchen meines eigenen Hauses recht gut verstand, suchte und fand ich immer wieder Gelegenheit, mit Remus, James, Sirius und Peter zusammenzukommen. Peter schien es zwar nicht recht zu sein, aber die anderen hatten mich gerne dabei. Sie erzählten mir , dass es zwischen Gryffindor und Slytherin eine starke Konkurrenz um den Hauspokal und den Quidditch-Pokal gab. Die beiden Häuser waren sich nie richtig grün gewesen. „Aber das braucht uns nicht daran zu hindern, Freunde zu sein“, meinte Remus. Die anderen stimmten zu, obwohl Peter etwas mürrisch blickte. Vermutlich wäre er lieber mit seinen Freunden allein gewesen, und ich als ein Mädchen störte dabei.

Am Tag nach meiner Ankunft in Hogwarts hatte ich auch meinem Vater wie versprochen geschrieben. Er hatte Wort gehalten und mir zurückgeschrieben. „Pass auf dich auf, Chantal“, schrieb er mir. „Es stimmt tatsächlich, dass viele dunkle Magier aus Slytherin stammen und dass viele, die jetzt in Askaban sitzen, ehemalige Slytherins sind. Ich hätte dich auch lieber als Gryffindor-Schülerin gesehen, das gebe ich zu. Um so wichtiger ist es, dass du lernst, dich zu schützen und zu verteidigen. Daher ist es sehr wichtig, dass du dein Bestes gibst, wenn ihr mit den praktischen Übungen in Verteidigung gegen die dunklen Künste anfangt. Leider ist es in Hogwarts ein Problem mit den Lehrern in diesem Fach. Schon seit etlichen Jahren bleibt kein Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste länger als ein Jahr. Das war nicht immer so. Ich selbst hatte während meiner Schulzeit ein und dieselbe Lehrerin, Professor Merrythought. Sie war eine gute Lehrerin, bei der ich eine Menge gelernt habe. Nachdem sie in den Ruhestand gegangen ist, hatte Hogwarts nie wieder einen Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste, der länger als ein Jahr geblieben ist. Daher ist es auch so schwierig, Lehrer für diesen Posten zu finden. Es gehen Gerüchte, dass dieser Posten verhext ist. Und ich sage dir das eine: Es stimmt! Ich kenne die Geschichte, da Professor Dumbledore, der ein guter Freund von mir ist, sie mir erzählt hat. Eines Tages werde ich sie dir erzählen.“

Endlich war es soweit, dass wir unsere erste praktische Unterrichtsstunde in Verteidigung gegen die dunklen Künste haben sollten. Wir waren alle ganz aufgeregt. Was würde uns erwarten? Wir waren überpünktlich in unserem Klassenzimmer. Merkwürdigerweise hörten wir ein Poltern im verschlossenen Klassenschrank.

In diesem Moment betrat Professor Peabody das Klassenzimmer. „Guten Morgen“, sagte er. „Heute wollen wir mal ein bisschen Praxis ausprobieren. Ihr habt sicher gehört, in diesem Schrank ist was drin. Kann mir vielleicht jemand verraten, was das ist? Miss White, Sie vielleicht?“ Evalina sah ratlos aus. „Sonst jemand? Miss Moody?“, fragte Professor Peabody weiter. Da ich darüber erst am Tag vorher darüber etwas gelesen hatte, wusste ich die Antwort: „Das ist ein Irrwicht. Die halten sich gerne in Schränken auf.“ „Richtig. Und weiß jemand, wie ein Irrwicht aussieht?“ war Professor Peabodys nächste Frage. Ich hob wieder die Hand. „Ja, Miss Moody?“ “Das weiß niemand im voraus. Er nimmt immer die Gestalt an von dem, wovor man am meisten Angst hat.“ „Richtig, Miss Moody. Und jetzt werde ich euch beibringen, wie man einen Irrwicht vernichtet. Die beste Methode ist, ihn lächerlich zu machen. Und dafür gibt es einen Zauberspruch: Ridiculus! Hierbei müsst ihr aber in euren Gedanken das, was ihr seht, lächerlich machen. So, stellt euch alle in einer Reihe auf, wir üben das jetzt.“

Wir stellten uns auf. Zuerst ging Evalina nach vorne. Professor Peabody öffnete den Schrank. Aus diesem kam eine riesige Ratte. Evalina wurde kreideweiß. Professor Peabody rief ihr zu: „Na los, Miss White, machen Sie ihn lächerlich.“ Evalina stammelte: „R....r....ridiculus!“ Die Ratte bekam einen Katzenkopf. Als nächstes war Louella an der Reihe. Diesmal war der Irrwicht ein riesiger, aggressiv aussehender Hund. Louella rief „Ridiculus!“ und aus dem Riesenhund wurde ein winziger Schoßhund. Dann war ich dran. Und bei mir verwandelte der Irrwicht sich in meinen Stiefvater, der mich mit wütendem Gesicht ansah, wie so oft, wenn zu Hause irgend etwas schiefgelaufen war und er mir, wie immer, die Schuld daran gab. Ich stellte mir seinen schockierten Gesichtsausdruck vor, als er von den herumfliegenden Büchern getroffen wurde. „Ridiculus!“ rief ich. Im gleichen Moment brach im Klassenzimmer das Chaos aus. Bücher und andere Gegenstände, die auf den Schülerpulten lagen, flogen auf den Irrwicht zu, und dieser machte das selbe entsetzte Gesicht wie seinerzeit mein Stiefvaters. Und im gleichen Moment war er verschwunden.

„Miss Moody!“ rief Professor Peabody. “Es genügt, wenn Sie sich nur vorstellen, dass Sie die Gegenstände werfen, es ist nicht notwendig, dass Sie es auch wirklich tun.“
Den Rest der Stunde mussten wir dazu benutzen, den Klassenraum wieder in Ordnung zu bringen. Ich bekam dabei mit, dass meine Klassenkameraden immer wieder zu mir hinsahen. Hier und da kicherte jemand.

Die Geschichte sprach sich in der Schule herum wie ein Lauffeuer. Immer wieder bekam ich mit, dass andere Schüler in meine Richtung blickten und dass es Geflüster und Gelächter gab. „Ganz was Neues!“ meinten sie. „Bewirft ihre Feinde mit Büchern, das hatten wir auch noch nicht.“
Meine Freunde jedoch lachten und lästerten nicht. „Mach dir nichts draus“, meinte Remus. „Jeder fängt mal an und macht mal Fehler. Und immerhin hast du doch deinen Irrwicht besiegt.“

In der nächsten Unterrichtsstunde lachte dann auch niemand mehr. Ich wusste zwischenzeitlich, dass es nur darauf ankam, nur das Lächerliche der Situation zu sehen und nicht mehr meine alte Wut hochkommen zu lassen. So schaffte ich es diesmal, meinen Irrwicht zu besiegen, ohne ihn mit Schulsachen zu bewerfen.


Nach dem Vorfall mit dem Irrwicht erhielt ich von meinem Vater einen Brief. „Chantal, du musst dringend lernen, dich zu beherrschen und deine Gefühle unter Kontrolle zu behalten. Das ist ganz wichtig. In deinem Fall war dein Gegner nur ein Irrwicht, die sind nicht allzu gefährlich. Aber du könntest auch einmal mit einem gefährlicheren Gegner zu tun bekommen, und dazu sage ich dir eines: Wutausbrüche sind im Kampf fehl am Platz. Sonst machst du Fehler, und in einer solchen Situation kann es dein letzter Fehler sein. Aber es gibt Mittel und Wege, voll die Kontrolle über sich zu bekommen. Wenn du in den Sommerferien nach Hause kommst, werde ich dir dabei helfen. Und bis dahin: Pass auf dich auf und denk dran: Immer wachsam!"

Dieser Brief beunruhigte mich. Sollte es den wirkliche Gefahren geben? Klar, ich hatte einiges gehört, was meine Freunde über dunkle Magier erzählten und dass mein Vater wohl in vielen Fällen daran beteiligt gewesen sein sollte, sie nach Askaban zu bringen, jenes Zauberer-Gefängnis, über das alle nur mit Schaudern redeten. Außerdem wurde darüber getuschelt, dass Verwandte von einigen der Schüler, die zu den Reinblütigen gehörten, ebenfalls in Askaban säßen oder zumindest schon einmal unter dem Verdacht gestanden hatten, zur dunklen Seite übergewechselt zu sein. Und dann fielen mir wieder die Andeutungen meines Vaters ein, dass das Gerücht über den Fluch, der auf dem Posten des Lehrers für Verteidigung gegen die dunklen Künste liegen würde, gar kein Gerücht, sondern Wahrheit sein sollte. Ich wollte gerne mehr darüber erfahren und schrieb deshalb zurück, dass ich gerne mehr über diesen Fluch erfahren würde.

Zwischenzeitlich hatte ich mich in der Schule sehr gut eingelebt. Der Unterricht machte mir Spaß, besonders die vielen praktischen Übungen, die in allen Fächern stattfanden. Besonders gut gefielen mir Verteidigung gegen die dunklen Künste, Zauberkunst, Verwandlung und Zaubertränke, und da ich immer alles in den Büchern nachlas, was im Unterricht besprochen wurde, kam ich inzwischen auch mit der Theorie gut zurecht. Nur in Zaubereigeschichte musste ich es praktisch alles nachlesen, denn ich schaffte es nie, in diesen Stunden bei der Sache zu bleiben. Wie ich jedoch mitbekam, war ich nicht die Einzige, der es so erging. Es lag an Professor Binns, der einzige Geist, der an der Schule Lehrer war, denn durch seinen monotonen Vortrag machte er den eigentlich interessanten Unterrichtsstoff richtig langweilig.

Viel Zeit verbrachte ich in der Bibliothek. Madame Pince, die Bibliothekarin, war recht streng und penibel, wenn es um den Umgang mit Büchern ging. Einmal hatte sie mich ausgescholten, weil ich Bücher mit ungewaschenen Händen angefasst hatte. Tatsächlich war ich gerade vom Kräuterkunde-Unterricht gekommen und da wir mit Professor Sprout im Treibhaus gearbeitet hatten, waren meine Hände natürlich alles andere als sauber gewesen.
Ansonsten kam ich mit Madame Pince gut zurecht, da ich mich gerne mit ihr über Bücher unterhielt. Ein Teil der Bibliothek war abgetrennt, und ich wusste, dass man in diesen Teil nur mit der Erlaubnis eines Lehrers hinein durfte.

Ich bekam heraus, dass alle Schüler vor dem Hausmeister, Mr. Filch Angst hatten. Er regte sich immer schrecklich auf, wenn Schüler Unordnung und Schmutz hinterließen. Ständig beschwerte er sich über die Schüler bei den Hauslehrern, und die Folge war dann, dass es Strafarbeiten gab, die meistens in Putzarbeiten bestanden, bei denen wir keinen Zauberstab benutzen durften. Seltsamerweise bemerkte Mr. Filch nie, dass ich immer auffallend schnell mit meinen Putzarbeiten fertig war. Die Katze, die Mr. Filch gehörte, hieß Mrs. Norris und war die hässlichste Katze, die ich je gesehen hatte. Obwohl ich Katzen eigentlich mochte, war mir diese Katze irgendwie unsympathisch. Sirius und James hatten mir bereits erzählt, dass Mrs. Norris ständig durch die Schule schleichen würde, um Schüler bei Untaten zu erwischen, und dass sie es dann Mr. Filch mitteilen würde.

Professor Slughorn nahm sich im Zaubertrank-Unterricht immer noch auffallend viel Zeit dafür, mir alles zu erklären, wesentlich mehr als für irgendeinen der anderen Schüler. „Ich würde mich nicht wundern, wenn er dich in den Slug-Club aufnehmen würde“, meinte Jennifer, und irgendwie klang es ein bisschen neidisch. „Er nimmt zwar selten Erstklässler auf, aber du bist ja auch etwas Besonderes.“ „Ich bin was Besonderes?“ fragte ich. „Wieso?“

„Das fragst du noch?“ meinte Jennifer. „Du bist die Tochter des berühmtesten Auroren, den es in der Zaubererwelt je gegeben hat. Und außerdem bist du doch recht plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht. Bevor dein Vater dich mitbrachte, wusste ja niemand etwas von dir. Und obendrein, du bist ungefähr die fähigste Erstklässlerin, die wir im Moment haben. Und das lässt sich Slughorn bestimmt nicht entgehen. Er versammelt doch die Berühmten und die Fähigen um sich. Wer weiß, vielleicht wirst du auch einmal eine bekannte Aurorin. Oder eine Quidditch-Spielerin, du fliegst sehr gut. Oder ein hohes Tier im Zauberei-Ministerium. Und das würde sich Slughorn nie entgehen lassen, das kannst du mir glauben.“

Tatsächlich hielt Professor Slughorn mich am nächsten Tag nach der Zaubertrank-Stunde zurück, als ich gerade den Klassenraum verlassen wollte. „Einen Moment, Miss Moody. In meinen Räumen wird es heute Abend eine kleine Party geben, und ich würde mich freuen, wenn Sie kommen könnten.“ „Eine Party?“ fragte ich erstaunt. „Ja, mit ein paar Mitschülern von Ihnen. Sie werden die meisten noch nicht kennen, aus Ihrer Klasse ist sonst niemand dabei. Aber es würde mich freuen, wenn Sie kommen könnten.“ Erstaunt sagte ich zu. Also war doch etwas dran an dem, was Jennifer gesagt hatte.

Als ich nach dem Unterricht meinen Freunden von der Einladung erzählte, erfuhr ich von ihnen, dass Professor Slughorn häufig solche kleinen Parties veranstaltete. Ein Mädchen aus ihrer Klasse, eine Lily Evans, sei schon öfter zu diesen Parties eingeladen gewesen. Dieses Mädchen war wohl wegen besonderer Begabung ausgesucht worden, denn da sie eine „Muggelstämmige“ war, konnte nicht ihre Familie der Grund gewesen sein. Außerdem noch einige andere, die Verwandte hatten, die hohe Posten im Zaubereiministerium hatten. James hatte auch schon einige Male an solchen Parties teilgenommen. „Slughorn liebt gutes Essen“, erzählte er. „Und was es auf seinen Parties zu essen gibt, ist vom Allerfeinsten. Manchmal hat er auch Gäste bei seinen Parties, die ehemalige Schüler von ihm sind. Heute haben sie hohe Posten im Zaubereiministerium oder sind sonst wie bekannt, zum Beispiel als Quidditch-Spieler oder Musiker. Ich vermute, dass ich zu diesen Parties eingeladen werde, weil ich bereits jetzt, als Zweitklässler, Sucher der Gryffindor-Mannschaft bin. Vielleicht denkt er, dass ich eines Tages ein berühmter Quidditch-Spieler sein werde, wer weiß. Heute Abend werden wir uns dann also bei Slughorn sehen.“ Mir fiel auf, dass Peter bei James´ Erzählungen ein finsteres Gesicht zog.

Abends, als die anderen in Richtung Große Halle zum Abendessen gingen, machte ich mich auf den Weg zu Professor Slughorns Räumen. Als ich eintrat, strahlte er und rief sofort: “Miss Moody! Schön, dass Sie vorbeikommen! Kommen Sie, ich will sie gleich den anderen vorstellen.“ Als ich mich umsah, bemerkte ich, dass James schon anwesend war. Neben ihm saß ein rothaariges Mädchen seinem Alter. Sie unterhielten sich flüsternd. Als James mich sah, winkte er mir zu. Das Mädchen neben ihm jedoch beachtete mich gar nicht. „Sie kennen sich schon?“ fragte Professor Slughorn. „James Potter ist ein Naturtalent im Quidditch. Mehrere Mitglieder seiner Familie sind bekannte Quidditch-Spieler geworden, und möglicherweise wird James auch diesen Weg gehen. Und das ist Lily Evans, eine der besten Zaubertrankbrauerinnen, die ich je unterrichtet habe und auch ansonsten eine sehr gute Schülerin. Von ihr können wir auch eine Menge erwarten.

Slughorn stellte mir noch weitere Schüler vor, überwiegend ältere, und redete dabei ständig über deren bekannten Väter, Onkel oder sonstigen Verwandten. Mir war es unmöglich, mir alle diese Namen zu merken. Ich bemerkte jedoch, dass viele der älteren Schüler, als Slughorn mich vorstellte, mir Blicke zuwarfen, die teils neugierig, teils respektvoll waren. Jeder schien meinen Vater zu kennen, und irgendwie schienen alle auch von mir zu erwarten, dass auch ich einmal „etwas Besonderes“ sein würde.

Schließlich setzte ich mich zu James und begann, mich mit ihm leise über Quidditch zu unterhalten. James erzählte mir, dass bald ein Quidditch-Spiel zwischen Gryffindor und Slytherin stattfinden sollte. Mehrmals hatte ich schon beim Training zugesehen und vor allem die Flugkünste von James bewundert. So gut wollte ich auch einmal sein, obwohl ich Quidditch als Sport irgendwie ziemlich brutal fand. Trotzdem freute ich mich darauf, endlich einmal ein Spiel zu sehen.

Im Laufe des Abends bemerkte ich, dass Lily mich wohl irgendwie nicht mochte. Sie sprach mit mir kein Wort, versuchte aber, immer wieder die Aufmerksamkeit von James zu erregen. James gab ihr zwar Antworten, aber eher kurz angebunden.

Das Essen, das uns serviert wurde, war tatsächlich großartig. Professor Slughorn aß auch reichlich, redete jedoch zwischendurch nahezu ununterbrochen. Es ging fast ausschließlich um ehemalige Schüler, die zwischenzeitlich etwas im Leben erreicht hatten und alle noch in irgendeiner Form mit Professor Slughorn in Verbindung standen. Zwischenzeitlich fragte er dann die Schüler immer wieder über ihre Verwandten aus, und auch mich fragte er darüber aus, was ich von meinem Vater hören würde. Es war ja kein Geheimnis, dass Jolanda mir regelmäßig Briefe von meinem Vater brachte.

Er war übrigens der Einzige, der mir schrieb. Von meiner Mutter hatte ich die ganze Zeit nicht einen einzigen Brief bekommen. Ich hatte mich mit Remus, der von meinen Freunden der Ernsthafteste und Verständnisvollste war, einmal darüber unterhalten, und er hatte mir zugehört und mich damit getröstet, dass Zauberer und Hexen den meisten Muggels unheimlich wären. Aber immerhin wäre ich ja nicht allein.

Ich beantwortete Professor Slughorns Fragen so höflich ich konnte, ohne allerdings allzu viel zu verraten, denn irgendwie fand ich diese ganze Fragerei allzu neugierig. Jedenfalls brachte ich meinen ersten Abend im Slug-Club, dem noch viele folgen sollten, irgendwann zu Ende.

Am nächsten Tag brachte mir Jolanda einen Brief von meinem Vater. „Chantal, ich habe dir davon erzählt, dass der Posten des Lehrers für Verteidigung gegen die dunklen Künste verhext ist“, schrieb er. „Und ich habe dir auch gesagt, dass es stimmt. Nachdem du nun danach fragst, werde ich dir alles erzählen, was mir Professor Dumbledore darüber erzählt hat.

Du weißt ja bereits, dass es dunkle Magier gibt, und dass viele davon ihre Schulzeit in Slytherin verbracht haben, und dass dies das Haus in Verruf gebracht hat. Über einen dieser ehemaligen Schüler muss ich dir in diesem Zusammenhang mehr erzählen. Ich habe ihn selbst nicht mehr persönlich als Schüler kennen gelernt. Er kam ein Jahr nach meinem Schulabschluss nach Hogwarts, als ich bereits in der Aurorenschule war. Sein Name war Tom Riddle. Er war der Sohn einer Hexe und eines Muggels. Sein Vater hatte die Mutter verlassen, als sie schwanger war, und seine Mutter starb, kurz nachdem er geboren war. Sie konnte ihm nur noch einen Namen geben. Tom Vorlost Riddle. Riddle wuchs bei den Muggels im Waisenhaus auf, bis er 11 Jahre alt war. Dann überbrachte ihm Professor Dumbledore selbst den Brief, der ihm mitteilte, dass er als Schüler in Hogwarts aufgenommen worden wäre. Professor Dumbledore war damals noch nicht Schulleiter, sondern Lehrer für Verwandlung, Schulleiter war damals noch Professor Dippet. Dumbledore erzählte mir später, er hätte bei diesem Jungen ein sehr schlechtes Gefühl gehabt, und das nicht nur, weil er im Waisenhaus immer wieder den anderen Kindern Sachen gestohlen hätte, sondern auch, weil er im Verdacht gestanden hatte, mehrmals andere Kinder gequält zu haben, man konnte es ihm aber nie nachweisen.

Riddle wurde ein sehr guter Schüler, er war sehr fähig. Bei allen Lehrern war er beliebt, nur Dumbledore hat ihm nie getraut. In der fünften Klasse wurde er Vertrauensschüler von Slytherin. Außerdem erwarb er sich eine Auszeichnung für besondere Verdienste um Hogwarts.. Es hat in diesem Schuljahr einige üble Vorfälle gegeben, und eine Schülerin kam ums Leben. Riddle fand den Schuldigen heraus. Allerdings hatte Dumbledore die ganze Zeit das Gefühl, dass daran was nicht stimmt.

Riddle versammelte einige Schüler von sehr zweifelhaftem Ruf um sich. Während Riddles Schulzeit starben Riddles Vater und seine Großeltern, und zwar durch den Todesfluch. Zwar bezichtigte sich Riddles Onkel, der Bruder von Riddles Mutter, der auch nicht den allerbesten Ruf hatte, dieser Morde und wurde dafür nach Askaban gebracht, aber Dumbledore hatte erhebliche Zweifel an dessen Geständnis.

Riddle wurde in der siebten Klasse Schulsprecher. Er machte seinen Schulabschluss mit Auszeichnung, und er hätte die besten Posten haben können. Professor Slughorn wollte seine Beziehungen spielen lassen, aber Riddle lehnte alles ab. Statt dessen fragte er bei Professor Dippet nach, ob er als Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste in Hogwarts bleiben könnte. Dippet lehnte ab, weil Riddle zu jung sei, stellte ihm aber in Aussicht, er könne sich gerne in ein paar Jahren noch einmal bewerben. Daraufhin arbeitete Riddle eine Zeitlang bei Borgin und Burkes, einem Geschäft mit einem sehr schlechten Ruf in der Nocturngasse, in dem nur schwarzmagische Gegenstände verkauft werden. Dumbledore hat den Verdacht geäußert, dass er etwas mit dem Tod einer alten reichen Hexe und dem Diebstahl von zwei Gegenständen aus deren Besitz zu tun hat, aber es gab auch hier keine Beweise.

Dann war zehn Jahre lang über Riddles Aufenthaltsort nicht viel zu erfahren, anscheinend ist er viel gereist. Immer wieder gab es Gerede über Verbrechen, die er und seine Anhänger verübt hatten, über schwarze Magie der allerübelsten Sorte. Und dann erschien Tom Riddle, der sich zwischenzeitlich Lord Voldemort nannte, eines Tages wieder in Hogwarts und hatte eine Unterhaltung mit Professor Dumbledore, der inzwischen Schulleiter war. Und wieder bewarb Voldemort sich um den Posten als Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste.

Dumbledore verweigerte ihm den Posten natürlich, und Lord Voldemort ging wieder fort. Dabei hat er vermutlich einen ungesagten Fluch benutzt, denn seitdem blieb in Hogwarts nie wieder ein Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste länger als ein Jahr.

Du siehst also, an dem was andere als Gerüchte bezeichnen, ist oft etwas Wahres. Einige, die Lord Voldemort um sich versammelt haben, sind Väter oder Onkel von Schülern, die jetzt in Hogwarts zur Schule gehen, und wer weiß, ob sie nicht irgendwann den gleichen Weg gehen werden. Es gibt auch in dieser Welt eine Menge Böses, deshalb kann ich dir nur immer sagen: Pass auf dich auf!“

Später unterhielt ich mich mit Remus über das, was mein Vater mir geschrieben hatte. Irgendwie war Remus immer derjenige, zu dem ich ging, wenn ich mich ernsthaft unterhalten wollte. James und Sirius waren zwar nette Jungen, mit denen man Spaß haben konnte, aber in manchen Dingen kamen sie mir doch ein bisschen oberflächlich vor. Und Peter schien nach wie vor etwas dagegen zu haben, wenn ich als Fünfte mit dabei war, aber anscheinend wagte er nicht, etwas dagegen zu sagen, weil die anderen mich mochten und dabei haben wollten. Und er machte nicht einmal den Versuch, sich gegen die anderen durchzusetzen. In meinem eigenen Haus hatte ich nach wie vor keine richtigen Freunde, obwohl ich auch nicht offen angefeindet wurde. Es gab immer wieder Geflüster darüber, weil ich die meiste Zeit mit „diesen Gryffindors“ abhing, und das war bei den Slytherins nicht gerne gesehen.

„Onkel Alastor hat recht“, sagte Remus schließlich. „Und du brauchst nicht weit zu suchen. Die Familie von Sirius zum Beispiel ist eine der reinblütigen Familien, und sie bilden sich eine Menge darauf ein. Es gibt Gerüchte darüber, dass viele Blacks mit der dunklen Seite sympathisieren. Aber du kannst dich beruhigen, Sirius ist ganz anders. Er verabscheut dunkle Magie, und im Grunde genommen fühlt er sich in seiner Familie nicht besonders wohl. Das ist auch der Grund, warum er die letzten Ferien lieber bei James verbracht hat, anstatt nach Hause zu fahren. James´ Familie, die Potters, sind zwar ebenfalls reinblütig, aber sie halten überhaupt nichts von diesem Reinblüter-Wahn, und ganz bestimmt haben sie nichts mit den dunklen Künsten zu tun. Sie sind übrigens gute Bekannte von Onkel Alastor.“ „Pa scheint ja alle Welt zu kennen“, antwortete ich. „Das stimmt auch“, erwiderte Remus. „Und er ist hoch angesehen. Aber nicht so sehr durch seinen familiären Hintergrund als aufgrund seiner eigenen Leistungen.“

In diesem Moment kamen die drei anderen hinzu, und das Gespräch drehte sich nur noch um das Quidditch-Spiel, das am nächsten Tag stattfinden sollte. „Du kommst doch auch, Chantal, oder nicht?“ fragte James. „Natürlich“, antwortete ich. „Das lasse ich mir doch nicht entgehen. Ich wünsche, ich könnte auch so super fliegen wie du.“ „Aber du bist doch großartig“, meint James. „Dafür, dass du vorher noch nie geflogen bist. Ich schätze mal, du könntest auch eine gute Quidditch-Spielerin werden. Allerdings nehmen die Slytherins nur sehr selten Mädchen in ihrer Mannschaft auf. Schade eigentlich. Wärest du in Gryffindor, hättest du die besten Chancen, irgendwann in der Mannschaft aufgenommen zu werden.“

„Ich glaube nicht, dass das was für mich wäre“, antwortete ich. „Quidditch ist doch ein ziemlich rauer Sport. Ich sehe ja gerne zu, aber selber spielen möchte ich eher nicht. Aber trotzdem würde ich im Fliegen gerne so toll werden wie du.“ „Ist doch kein Problem“, sagte James. „Wir können gerne ein bisschen üben. Was hältst du davon?“ „Ja, gerne“, antwortete ich.

Am nächsten Tag fand dann das Quidditch-Spiel statt. Ich war ziemlich aufgeregt. Beim Frühstück waren alle an meinem Haustisch sehr aufgeregt, und ebenso, wie ich sah, am Gryffindor-Tisch. James sah zu mir herüber, ich winkte zurück. Prompt erhielt ich unter dem Tisch einen Tritt von einem der älteren Jungen. „Ist schon schlimm genug, dass du ständig mit diesen Gryffindors herumläufst. Willst du deinem Haus jetzt auch noch Schande machen, indem du auch noch beim Quidditch zu denen hältst?“ Ich hielt lieber meinen Mund. Schließlich wusste ich von der starken Konkurrenz, die gerade beim Kampf um den Quidditch-Pokal zwischen Gryffindor und Slytherin herrschte.

Schließlich war es Zeit, dass wir alle zum Quidditch-Platz. Natürlich musste ich während des Spiels bei meinem eigenen Haus bleiben, trotzdem schaute ich kurz zu den Gryffindors rüber zu Remus und Sirius. Allerdings wagte ich diesmal nicht, zu winken, da mir nicht verborgen blieb, dass meine Klassenkameraden mich beobachteten. Gebannt sah ich dann zu, als die beiden Mannschaften auf den Platz kamen. Erstaunt sah ich die Spieler an. Die waren ja alle älter als James! Er musste tatsächlich ziemlich gut sein, dass er schon in der Mannschaft war. Als schließlich das Spiel begann, wurde mir manchmal ausgesprochen mulmig, während ich zusah, wie rücksichtslos die Spieler miteinander umgingen. Besonders die Slytherins wirkten ausgesprochen grob. Nein, das war bestimmt kein Sport, bei dem ich gerne teilnehmen würde. Dennoch sah ich wie gebannt zu, wie geschickt James Gegnern und Klatschern auswich. Das würde mir Spaß machen, so fliegen zu können! Ich freute mich schon sehr darauf, mit James zu üben.

Plötzlich gab es Aufregung. James hatte den Schnatz gesehen, der Sucher von Slytherin flog ihm nach. Es gab ein ziemliches Gerempel, weil der Sucher von Slytherin versuchte, James vom Besen zu stoßen. Schließlich hatte jedoch James den Schnatz gefangen. Die Gryffindors jubelten, und ich jubelte mit. Dann merkte ich, dass die anderen Slytherins mich mit eisigen Blicken musterten. Na toll, jetzt hatte ich es doch tatsächlich mit meinem eigenen Haus verscherzt. Als schließlich alle gingen, schaute ich weder nach links noch nach rechts, um die feindlichen Blicken nicht zu begegnen.

Plötzlich wurde ich von hinten angerempelt. Ein dünner,blasser, ungepflegt wirkenderJunge mit dunklen Haaren, den ich nur vom Ansehen kannte, sah mich wütend an. „Macht dir wohl Spaß, dein eigenes Haus zu verraten?“ schrie er mich an. „Aber bei deinem Umgang ist das ja auch kein Wunder. Bist ja kaum besser als ein Schlammblut, du...“ „Lass sie in Ruhe, Schniefelus“, hörte ich im gleichen Moment die Stimme von Sirius. Der Junge warf Sirius einen finsteren Blick zu, ging aber fort, ohne noch etwas zu sagen. „Vor dem solltest du dich in Acht nehmen“, sagte Sirius leise zu mir. „Das ist Severus Snape, genannt Schniefelus, ein ganz fieser Typ. Ist auch bei uns in der Klasse. Kannte im ersten Schuljahr schon mehr Flüche als mancher Siebtklässler. Und er schwärmt geradezu von den dunklen Künsten. Und komischen Umgang hat er. Lauter Typen, deren Väter schon tief in den dunklen Künsten drin hängen, und er ist auf dem besten Weg, auch so einer zu werden. Pass bloß auf.“

Über eine Woche sprach von den anderen Mädchen in meinem Haus keine auch nur ein Wort mit mir. Dann kehrte allmählich wieder Normalität ein, und ich wurde von den anderen wieder um Hilfe bei den Hausaufgaben und Tips bei den praktischen Übungen gefragt. Besonders Louella schrieb häufig bei mir ab. Mehrmals übte ich mit James Fliegen, und häufig schloss sich Sirius uns an, da er auch gerne in die Quidditch-Mannschaft aufgenommen werden wollte. Ich konnte diesem Sport noch immer nicht viel abgewinnen, obwohl ich inzwischen ebenso geschickt fliegen konnte wie James, allerdings sah ich weiterhin bei den Spielen zu. Allerdings verhielt ich mich vorsichtiger, besonders da ich bemerkte, dass die anderen mich beobachteten. Oft sah ich, dass der Junge, der mich beschimpft hatte, mir böse Blicke zuwarf. Ich ließ mir nichts anmerken und ignorierte ihn einfach.

Die Zeit verging, und schließlich rückten die Prüfungen heran. Zu meiner Überraschung schnitt ich in allen Fächern gut ab, ganz besonders in den praktischen Prüfungen. In Verteidigung gegen die dunklen Künste, Zauberkunst und Zaubertränke erhielt ich ein „Ohnegleichen“, in Verwandlung und Kräuterkunde „Erwartungen übertroffen“. Lediglich in Geschichte der Zauberei erhielt ich ein „annehmbar“. „Wirklich gut“, meinte Remus. „Du hast auch eine ganze Menge gelernt.“ James, Remus und Sirius hatten ebenfalls gute Noten erhalten. Nur Peter sah ziemlich bedrückt aus. Er hatte in allen Fächern wesentlich schlechter abgeschnitten als seine Freunde.

In den letzten Tagen bis zu den Ferien hielten wir uns viel im Freien auf und nutzten das schöne Wetter aus. Dabei wurden Pläne für die Ferien gemacht. Sirius erklärte: „Ich werde wieder den größten Teil der Ferien bei James und seinen Eltern verbringen. Allerdings muss ich leider die ersten drei Wochen nach Hause. Meine Familie erwartet von mir, dass ich bei der Hochzeit meiner jüngsten Kusine Narzissa dabei bin. Sie hat ja ihre Schulzeit jetzt abgeschlossen, und jetzt wird sie diesen Lucius Malfoy heiraten. Ziemlich reiche, reinblütige Familie, genau das, was mein Onkel und meine Tante sich für Narzissa gewünscht haben. Ich kann den Typen nicht ausstehen. War voriges Jahr Schulsprecher hier. Total eingebildet auf seine Abstammung und das Geld seiner Familie. Als Schulsprecher hat er oft seine Macht ausgenutzt und die jüngeren Schüler schikaniert. Allerdings sind ihm bestimmte Schüler von Slytherin auch wie die Schoßhündchen nachgelaufen.

Meine älteste Kusine, Bellatrix, hat auch einen Mann geheiratet, den die Familie für sie ausgesucht hat. Rodolphus Lestrange. Er und sein Bruder Rabastan gelten als Anhänger von diesem Kerl, den sie der dunkle Lord nennen, du hast ja von ihm gehört. Und sie waren nicht die ersten aus dieser Familie. Schon ihr Vater gehörte zu diesem komischen Haufen , mit dem dieser Riddle sich schon in der Schulzeit umgab. Bellatrix ist inzwischen genauso besessen wie ihr Mann.

Ihre Schwester, Andromeda, ist ganz anders, und deshalb ist sie auch meine Lieblingskusine. Sie ist aus der Familie verstoßen worden, weil sie einen Muggelstämmigen geheiratet hat, Ted Tonks. Meine Mutter hat sie sogar als Blutsverräterin, wie sie es nennt, aus dem Familienstammbaum entfernt.“

„Das ist ja schlimm“, sagte ich. „Meine Familie ist so“, antwortete Sirius. „Deswegen bin ich auch lieber bei James. Ich freue mich schon auf den Tag, wenn ich erwachsen bin und nicht mehr zu Hause leben muss.“ „Das kann ich verstehen“, meinte ich.

„Freust du dich schon auf zu Hause, Chantal?“ fragte Remus. Ich hatte Post von meinem Vater erhalten, dass er während meiner Ferien nicht verreisen würde, so dass ich meine Ferien bei ihm verbringen würde. „Dann haben wir endlich Zeit, uns richtig kennen zu lernen“, hatte er geschrieben. „Ich muss zwar tagsüber arbeiten, aber die Abende gehören uns.“ Ich war schon richtig aufgeregt, zumal mein Vater bereits mit den Lupins verabredet hatte, dass Remus uns während der Ferien für ein paar Wochen besuchen würde.

„Super!“ rief Remus aus, als ich es ihm erzählte. „Bei Onkel Alastor bin ich gerne, ich habe ihn früher auch manchmal besucht. Er kann immer so spannend erzählen, und man kann so viel Spaß mit ihm haben.“ „Und was machst du, Peter?“ fragte James. „Ich fahre auch nach Hause“, antwortete er. Irgendwie wirkte er bedrückt. Ich wusste inzwischen, dass Peter mit seiner Mutter allein lebte. Sein Vater war schon lange tot.

Schließlich war der letzte Abend da. Wir trafen uns zum letzten Mal vor den Ferien in der Großen Halle. Sie war komplett grün geschmückt, denn Slytherin hatte den Hauspokal gewonnen. Gryffindor hatte den zweiten Platz gemacht. Es herrschte am Slytherin-Tisch eine fröhliche Stimmung, während die Stimmung besonders am Gryffindor-Tisch etwas gedämpfter war, obwohl Gryffindor in diesem Schuljahr den Quidditch-Pokal geholt hatte.

Am nächsten Tag fuhren wir wieder mit dem Hogwarts-Express. Es herrschte eine recht ausgelassene Stimmung, denn obwohl wir während der Schulzeit viel Spaß hatten, freuten sich die meisten von uns auf die Ferien. Ich saß wieder mit James, Sirius, Peter und Remus in einem Abteil, obwohl Jennifer und Arabella mich gefragt hatten, ob ich nicht mit in ihr Abteil kommen wollte.

Wieder spielten wir Karten und unterhielten uns lebhaft über das vergangene Schuljahr. „Wie hat es dir denn in Hogwarts gefallen, Chantal?“ fragte mich James. „Hogwarts ist doch bestimmt ganz anders als die Schulen der Muggels.“ „Gar kein Vergleich“, antwortete ich. „So etwas wie eine Schule, in der Zaubern unterrichtet wird, hätte ich mir nie träumen lassen. Ich war in Frankreich auf einer ganz normalen Schule, in der Dinge wie Lesen, Schreiben, Rechnen und solche Sachen unterrichtet werden. Ich habe dort gerne gelernt. Aber Hogwarts ist viel schöner. Ich freue mich schon auf unser nächstes Schuljahr.“

„Wir auch“, erwiderte Sirius. „Wir haben zwar in den Ferien viel Spaß, aber in Hogwarts ist es viel schöner. Das Blöde ist ja, dass wir in den Ferien nicht zaubern dürfen. Und in Hogwarts gibt es so viel zu sehen und zu entdecken. Ich wette, dass du dort vieles noch gar nicht gesehen hast. Aber du wirst noch Dinge kennen lernen, von denen du dir nicht einmal vorstellen kannst, dass es sie gibt.“ Dabei tauschte er einen Blick mit James. „Bei mir zu Hause ist es langweilig“, erzählte Peter zu meinem Erstaunen. Sonst redete er die meiste Zeit kaum. „Meine Mutter muss viel arbeiten, um über die Runden zu kommen, und ich bin dann alleine zu Hause. Und Freunde habe ich während der Ferien auch keine.“

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Chantal Moody
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Beitrag von Chantal Moody »

Ferien

Schließlich war es soweit, dass wir uns zum Aussteigen fertig machen mussten. Wir legten unsere Zaubererumhänge ab, Spielkarten und Zauberutensilien wurden weggepackt, und so trafen wir am King´s Cross an. Auf dem Bahnsteig warteten schon viele Eltern. Ich sah meinen Vater zusammen mit den Lupins, einem weiteren Paar und einer merkwürdig gekleideten Frau zusammenstehen.

„Da sind meine Eltern“, rief James. „Und meine auch“, sagte Remus. „Mich holt niemand ab“, murrte Sirius. „Die Mühe macht sich meine Mutter nicht für mich.“ „Und meine hat keine Zeit, sie muss arbeiten“, sagte Peter. „Wer ist denn die Frau in diesem grünen Kleid und diesem komischen Hut?“ fragte ich. „Das ist Mrs. Longbottom“, antwortete James. „Die Mutter von Frank, der geht auch in unsere Klasse. Er hat es mit seiner Mutter auch nicht leicht. Egal, was für gute Noten er heimbringt, sie hat noch was dran auszusetzen. Und immer schimpft sie wegen seiner Schludrigkeit.“

Inzwischen hatten wir die Gruppe erreicht. „Chantal!“ rief mein Vater. Er umarmte mich. „Schön, dass wir diesmal während deiner Ferien zusammen sein können. Sicher hast du viel zu erzählen.“ James unterhielt sich inzwischen lebhaft mit seinen Eltern. Auch Remus stand mit seinen Eltern zusammen. In dem Moment bekam ich mit, wie Mrs. Longbottom zu ihrem Sohn sagte: „Nur ein Annehmbar in Kräuterkunde? Und wie siehst du überhaupt wieder aus? Hättest dich ja wenigstens kämmen können.“ Ich sah zu James, er grinste. Auch ich konnte mich nur mühsam beherrschen, nicht zu lachen. Schließlich ging das allgemeine Abschiednehmen los. Remus versprach mir zu schreiben. „Aber wir sehen uns ja sowieso während der Ferien“, meinte er. Ich bekam mit, wie Mrs. Lupins Gesicht irgendwie besorgt wurde. Mr. Lupin und mein Vater unterhielten sich leise, und ich bekam mit, wie sie zu mir hinsahen.

Zu Hause musste ich meinem Vater zunächst alles von der Schule, von meinen Freunden und von allem erzählen, was ich gelernt hatte. „Gut gemacht“, sagte er zu mir. „Ich wusste gleich, dass du sehr begabt bist. Und mir scheint, das Lernen fällt dir auch leicht. Trotzdem, ich finde es wichtig, dass du auch während der Ferien in Übung bleibst. Wir werden regelmäßig üben.“ „Aber ich darf doch während der Ferien nicht zaubern“, erwiderte ich. „Unsinn“, entgegnete mein Vater. „Auch so ein Blödsinn, den sich das Zaubereiministerium ausgedacht hat. Es gibt für diese Vorschriften einen Grund, das ist richtig. Es ist, damit Muggels keine Zauberei mitbekommen. Aber hier gibt es weit und breit keine Muggel, und wenn wir zusammen sind, kann niemand feststellen, wer von uns beiden gezaubert hat. Und du hast dich gut mit Remus und seinen Freunden verstanden?“

„Ja, sehr gut“, antwortete ich. „Jedenfalls mit Remus, James und Sirius. Peter ist irgendwie komisch. Er schien mich nicht zu mögen, sagte jedoch nie etwas zu den anderen, dass er mich nicht dabei haben wollte.“ „Über Peter Pettigrew weiß ich nicht viel. Irgendwie scheint er nicht zu den anderen zu passen“, meinte mein Vater. „James Potter kenne ich von klein an. Die Potters sind gute Freunde von mir. Sirius habe ich voriges Jahr bei den Potters kennen gelernt. Netter Junge. Aber seine Familie... Immer wieder gab es über die Blacks Gerüchte, dass sie mit dunkler Magie zu tun hätten. Heiraten nur Reinblütige. Und wenn mal jemand anders, normaler, ist, wird er aus der Familie ausgestoßen.“

„Ich weiß“, antwortete ich. „Sirius hat mir von seiner Kusine erzählt. Andromeda wurde ausgestoßen, weil sie einen Muggelstämmigen geheiratet hat.“ „Ja, Ted Tonks“, erwiderte mein Vater. „Netter Mann. Weißt du, es gibt reinblütige Familien, die geradezu versessen darauf sind, ihr Blut rein zu halten. Das geht so weit, dass sie nur untereinander heiraten, so dass sie alle in irgendeiner Weise miteinander verwandt sind. Aber so sind nicht alle. Die Potters zum Beispiel nicht. Und auch die Longbottoms nicht. Du hast Augusta Longbottom heute ja gesehen.“

„Die Mutter von Frank Longbottom?“ fragte ich. Ich musste dabei an die seltsame Kleidung der Frau denken, die ich am Bahnsteig gesehen hatte, und musste mir das Lachen verbeißen. Mein Vater bemerkte es und fing seinerseits an zu lachen. „Über Augusta Longbottom könnte ich dir Geschichten erzählen“, meinte er. „Ist mit mir in die gleiche Klasse gegangen. Und schon damals lief sie unmöglich gekleidet herum. Wir haben uns immer über sie lustig gemacht und ihr Streiche gespielt. Versagte total in Zauberkunst. Brachte nicht mal einen simplen Aufrufezauber zustande. Ihr Sohn hat es mit ihr nicht leicht. Sie beklagt sich ständig über ihn, wie unordentlich und vergesslich er wäre, und nie sind ihr seine Noten gut genug, obwohl er kein schlechter Schüler ist.“

Mein Vater schwieg einen Augenblick. „Aber ich muss dir noch etwas anderes sagen. Es geht um Remus.“ „Um Remus?“ fragte ich. „Mit Remus habe ich mich immer sehr gut verstanden. Er ist wirklich nett. Mit ihm kann man sich gut unterhalten.“ „Ich weiß“, erwiderte mein Vater. „Ich habe eben mit Malcolm und Viola, Remus´ Eltern, gesprochen, und wir kamen zu der Entscheidung, dass du Beischeid wissen musst, speziell im Hinblick darauf, dass Remus einen Teil von euren Ferien hier bei uns verbringen soll. Es ist ein Geheimnis, das außerhalb unserer Familie nur wenige wissen, und ich hoffe, dass du auch nichts weitererzählst. Also, kurz und gut.“ Mein Vater seufzte. „Remus ist ein Werwolf.“

Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen und starrte meinen Vater an. „Ein Werwolf?“ fragte ich. „Remus ein Werwolf? Das ist doch nicht möglich.“ „Leider ist es so“, erwiderte mein Vater. „es war eine furchtbare Geschichte. Remus wurde als kleiner Junge von einem Werwolf gebissen. Und seitdem ist für ihn und seine Eltern nichts mehr, wie es war. Jeden Monat in der Vollmondnacht verwandelt er sich, und dann ist er eine Gefahr für andere, und es gibt keine andere Möglichkeit, als ihr in diesen Nächten einzusperren. Sowohl bei seinen Eltern als auch hier im Haus gibt es einen Kellerraum, in dem Remus dann bleiben muss, wenn es soweit ist. Eine Heilung ist bisher nicht möglich, obwohl ich davon gehört habe, dass es fähige Zaubertrankbrauer versuchen, einen Trank zu erfinden, der solche armen Menschen zumindest ungefährlich machen soll. Aber bisher gibt es noch nichts derartiges.“

„Das ist ja schrecklich! Armer Remus!“ rief ich aus. Vor lauter Mitleid mit Remus hätte ich beinahe angefangen zu weinen. „Aber wieso kann er dann Hogwarts besuchen, ohne eine Gefahr für andere zu sein?“ „Ohne Dumbledores Hilfe wäre es unmöglich gewesen“, antwortete mein Vater. „Schon vor Remus´ Einschulung wurden bestimmte Maßnahmen getroffen, damit keine anderen Schüler in Gefahr geraten sollten. Du hast sicher schon einmal die Peitschende Weide gesehen?“ „Ja, kenne ich“ erwiderte ich, und dabei schüttelte ich mich. „Sie schlägt alles kurz und klein, was in ihre Nähe kommt. Beinahe wäre ich bei einer Flugübung einmal zu nahe herangekommen.“

„Ja, das hat seinen guten Grund, dass dieser Baum dort steht“, erzählte mein Vater. „Unterhalb dieses Baumes ist ein Geheimgang. Er führt nach Hogsmeade. Das ist ein Dorf ganz in der Nähe von Hogwarts, in dem nur Hexen und Zauberer wohnen. Die Schüler ab der dritten Klasse dürfen an den Wochenenden dorthin. Es gibt dort viele interessante Geschäfte, das wirst du noch sehen. Aber es gibt dort auch eine Hütte, und der Geheimgang führt dorthin. Die Hütte wird die Heulende Hütte genannt, und es gibt Gerüchte, dass es dort spukt. Das ist aber Unsinn. Es ist kein Geist, der dort heult, sondern Remus. Madame Pomfrey, die Heilerin an eurer Schule, muss ihn dort jedes Mal hinbringen und einschließen, wenn Vollmond ist.“

„Wie furchtbar!“ sagte ich, und dann begann ich tatsächlich zu weinen. „Chantal, ich weiß, es ist schlimm“, erwiderte mein Vater. „Aber abgesehen von dieser einen Nacht im Monat kann Remus ein normales Leben führen. Deswegen ist es wichtig, dass du nicht darüber redest. Er würde sonst von den anderen Kindern geschnitten, und unter Umständen würden die Eltern der anderen Kinder darauf bestehen, dass Remus Hogwarts verlassen muss. Und ich nehme an, das willst du doch nicht. Seine Freunde wissen übrigens Bescheid und akzeptieren ihn trotzdem.“

„Das tue ich auch“, erwiderte ich. „Remus kann doch nichts dafür, und ich habe ja selbst erlebt, wie es ist, wenn man anders als andere ist.“ Eine kurze bittere Erinnerung stieg in mir auf, als ich an die Worte dachte, die das Letzte gewesen waren, was ich von meiner Mutter gehört hatte.

„Ich weiß“, sagte mein Vater. „Ich wette, deine Mutter hat dir nicht einmal geschrieben.“ „Nie“, antwortete ich. „Ehrlich gesagt, ich habe es nicht anders erwartet, Chantal. Ich habe es schon geahnt, dass Martine Von dir endgültig nichts mehr wissen will. Am liebsten hätte ich dir die ganze Geschichte schon von Anfang an erzählt, aber ich habe gemerkt, in diesem Moment wäre es zuviel für dich gewesen. Du warst ja völlig am Boden zerstört, als ich dich abgeholt habe. Und schreiben wollte ich dir das nicht. Möchtest du jetzt alles hören?“ „Ja“, meinte ich. „Erzähl mir bitte alles. Einmal muss ich es ja erfahren.“

„Dann erzähle ich am besten von dem Tag, an dem ich deine Mutter kennen gelernt habe“, begann mein Vater. „Ich habe dir ja erzählt, dass ich damals beruflich in dem Magierdorf zu tun hatte, das ganz in der Nähe deines Wohnorts liegt. Muggel finden dort nicht hin. Du weißt inzwischen, dass es Plätze gibt, die von Muggeln nicht wahrgenommen werden. Die Winkelgasse zum Beispiel, und Hogwarts. Und dieses Magierdorf ist auch so ein Ort. Andererseits können sich Hexen und Zauberer, wie du weißt, in der Muggelwelt frei bewegen. Sie müssen dann nur darauf achten, nicht aufzufallen. Auroren lernen dies während ihrer Ausbildung in der Aurorenschule, das ist wichtig, denn es kommt hier und da vor, dass wir in die Muggelwelt müssen.

An jenem Tag musste ich auch in deinen Heimatort, denn es hatte Hinweise gegeben, dass dort ein Mann gesehen worden wäre, der von uns als schwarzer Magier gesucht wird. Dieser Hinweis war falsch, und ich wollte eigentlich schon ins Zaubererdorf zurückkehren. Auf dem Weg dorthin kam ich an einem Gasthaus vorbei, und da ich hungrig und durstig war, ging ich hinein. Deine Mutter arbeitete dort. Und ich muss gestehen, an den Rest des Abends erinnere ich mich nur noch dunkel. Die Getränke der Muggel sind stärker als alles, was es in der Zaubererwelt gibt, und es endete damit, dass ich mich im Zimmer deiner Mutter wiedergefunden habe. Und am nächsten Tag bin ich bereits nach England zurückgereist, da meine Aufgabe beendet war.“

Ich verstand nun das Getuschel, das es in dem kleinen Ort, in dem ich aufgewachsen war, viel besser. Meine Mutter hatte keinen guten Ruf gehabt. Immer hatte es Gerüchte gegeben, dass meine Mutter es in jungen Jahren mit Männerbekanntschaften nicht allzu genau genommen hatte. „Und weiter?“ fragte ich. „Wie gesagt, ich habe jahrelang nichts von dir gewusst. Und an Martine habe ich auch keinen Gedanken mehr verschwendet, das gebe ich zu. Und dann kam eines Tages eine Nachricht von Professor Dumbledore. Die Briefe für die Schulanfänger waren gerade herausgegangen, und deine Mutter hatte eine Antwort mitgeschickt. Ich habe den Brief selbst gelesen. Sie schrieb, dass es ihr nur recht wäre, wenn du ins Internat könntest, und wenn möglich sollte nach einem Weg gesucht werden, dass du dort ganzjährig bleiben könntest, sie wolle mit einer Hexentochter nichts zu tun haben. Ihr Geschreibsel wirkte absolut hysterisch. Wie ich von Professor Dumbledore erfahren habe, hat sie einen gleichen Brief auch an Madame Maxime, die Leiterin von Beauxbatons, geschrieben.

Jedenfalls, als ich diesen Brief gelesen hatte, wusste ich gleich, was ich zu tun hatte. Ich habe Professor Dumbledore sofort gebeten, dich offiziell als meine Tochter aufzunehmen. Nach Beauxbaton wollte ich dich nicht gehen lassen, denn dort hättest du niemanden gehabt, und ich wollte dich auf jeden Fall in meiner Nähe haben.

Als ich dann zu deiner Mutter kam, hat sie ein ziemliches Theater aufgeführt. Ich nehme an, du hast das Geschrei gehört, das sie veranstaltet hat. Sie wollte nichts weiter, als dass ich dich so schnell wie möglich mitnehmen sollte. Sie könne es nicht verantworten, weiter mit dir unter einem Dach zu leben. Sie erzählte mir davon, was du mit dem Arbeitszimmer deines Stiefvaters angestellt hast, und darüber, wie du mit den Eulen umgegangen bist, war sie völlig außer sich. Solches Getier wollte sie in ihrem Haus nicht haben, und so weiter, und so fort. Genau aus dem Grund wollte ich auch so schnell wie möglich mit dir weg.“ „Ich weiß“, sagte ich leise.

„Ich glaube, das war jetzt doch ein bisschen viel für dich“, meinte mein Vater schließlich. „Jetzt mal was ganz anderes. Du fliegst sehr gerne, nicht wahr?“ „Oh ja,“, antwortete ich. „Der Flugunterricht bei Madame Hooch hat mir viel Spaß gemacht. Aber noch lieber bin ich mit James geflogen.“ „Das habe ich mir schon gedacht“, sagte mein Vater. „Komm mit in mein Arbeitszimmer. Ich habe etwas für dich.“ Ich folgte ihm in sein Arbeitszimmer. Dieser Raum hatte mich schon bei meinem ersten Besuch fasziniert. All die vielen Bücher! Und diese seltsamen Geräte, die überall herumstanden!

Mein Vater folgte meinem Blick. „Später werde ich dir das alles erklären“, sagte er. „Aber schau mal, was ich hier für dich habe.“ Mit diesen Worten überreichte er mir einen Besen. „Ich habe dir ja versprochen, dass du einen eigenen Besen bekommst“, meinte er. „Das ist ein Nimbus 1500, einer der besten Rennbesen, die es zur Zeit gibt.“ Ich konnte nur staunen. „James fliegt auch so einen“, sagte ich. „Ich weiß“, erwiderte mein Vater. „Und morgen werden wir zusammen fliegen, darauf habe ich mich schon die ganze Zeit gefreut.“ „Ich freue mich auch, Pa“, sagte ich.

Es folgten viele interessante, abwechslungsreiche Tage. Mein Vater musste zwar tagsüber zur Arbeit, so dass ich in der Zeit auf mich alleine gestellt war. Dies machte mir aber nicht viel aus. Schon bald fühlte ich mich in unserem Häuschen rundum wohl. So friedlich war es im Haus meiner Mutter nie zugegangen. Keine Streitereien, und ich wurde auch nicht ständig wegen irgendwelcher Sachen ausgeschimpft.

Ich beschäftigte mich nach wie vor viel mit Lesen. Mein Vater hatte mir auch eine Menge Bücher gekauft, von denen er meinte, dass ich sie unbedingt lesen müsste. „Später kannst du auch die Bücher in meinem Arbeitszimmer lesen“, sagte er. „Vielleicht nicht gerade das, was Schüler so ohne weiteres lesen. Etliches davon steht in Hogwarts in der verbotenen Abteilung, wo ihr die Erlaubnis eines Lehrers braucht. Aber ich finde schon, über bestimmte Sachen solltest du Bescheid wissen. Aber jetzt noch nicht. Hast noch viel Grundlegendes zu lernen, aber das lernst du schon.“

Mein Vater hielt Wort. Wenn er von der Arbeit aus dem Zaubereiministerium kam, gehörte seine Zeit mir. Häufig flogen wir miteinander. Mein Vater flog gut, aber dank des häufigen Übens mit James war ich genauso schnell und geschickt. „Sehr gut!“ lobte er mich. „Und du möchtest wirklich nicht in der Quidditch-Mannschaft spielen?“ „Nein, das ist nichts für mich“, antwortete ich.

Sehr großen Spaß machten mir auch die praktischen Zauber-Übungen, die wir tatsächlich zusammen durchführten. „Du bist wirklich gut“, sagte er zu mir, nachdem ich mit dem Accio-Zauber mehrmals geschafft hatte, Gegenstände herbeizurufen. „Das nimmt Professor Flitwick normalerweise mit den Viertklässlern durch, und manche schaffen das in ihrem ganzen Leben nicht vernünftig. Aber du hast Talent für Zauberkunst.“

Sehr großen Wert legte er auf praktische Übungen in Verteidigung gegen die dunklen Künste. Zunächst musste ich alles zeigen, was ich in Hogwarts gelernt hatte. Mein Vater zeigte sich zufrieden. „Anscheinend hattet ihr in diesem Schuljahr einen fähigen Lehrer“, meinte er. „Aber in manchen Schuljahren ist es nicht der Fall. Ich habe dir ja schon erklärt, weshalb kein Lehrer länger als ein Jahr in Hogwarts bleibt. Viele halten es für Zufall, dass die Lehrer nach einem Schuljahr andere Posten finden oder aus sonstigen Gründen ausscheiden. Sogar zwei Fälle, bei denen Lehrer durch missglückte Zauber als chronische Fälle in St.Mungo´s gelandet sind, wurden noch als Unglücksfälle abgetan. Aber es sind keine Zufälle. Professor Dumbledore hat noch kein Mittel gefunden, den Fluch, der auf dem Posten liegt, zu brechen, und wenn er es nicht kann, kann es niemand. Er ist der fähigste Zauberer, den ich kenne. Und dabei ist es so wichtig, sich schützen zu können. Und deshalb werden wir jetzt noch ein paar Sachen üben.“

Ich musste anschließend defensive Zauber wie den Schildzauber und den Entwaffnungszauber lernen, bis mein Vater der Meinung war, dass ich sie gut genug beherrschte. „Gut gemacht“, sagte er, als es mir gelungen war, ihn zu entwaffnen. „So muss das sein. Immer schneller sein als der Feind, er wartet nicht auf dich. Und immer wachsam!“

Remus und ich schrieben uns regelmäßig. Auch von James und Sirius brachte Jolanda mir gelegentlich Briefe. Sirius hatte tatsächlich einige Zeit bei seiner Familie verbringen müssen, war aber inzwischen bei James und seiner Familie. Inzwischen hatte seine Kusine Narzissa Lucius Malfoy geheiratet. Sirius war gezwungen gewesen, bei dieser Hochzeit dabei zu sein. Er äußerte sich ausgesprochen unmutig über die Hochzeitsfeier, besonders über die Hochzeitsgäste.

„Meine Kusine Bellatrix war mir schon nie besonders sympathisch. Aber seit sie mit diesem Rodolphus Lestrange verheiratet ist, hat sie sich noch viel mehr zu ihrem Nachteil verändert. Ich würde mich nicht wundern, wenn sie auch eine Anhängerin der schwarzen Magie geworden wäre. Die Lestranges waren alle auf der Hochzeit. Und Narzissas Mann, dieser Lucius Malfoy, tuschelte ständig mit ihnen herum. Narzissa wird wohl genauso werden wie Bellatrix. Andromeda wurde von der Familie mit keinem Wort erwähnt, und dabei ist sie die Netteste von den dreien. Allerdings habe ich erfahren, dass Andromeda und Ted ein Baby bekommen. Sie sind sehr glücklich miteinander. Ich habe sie leider noch nicht besuchen können, aber wir schreiben uns regelmäßig.“

Als ich meinem Vater von Sirius´ Brief erzählte, verfinsterte sich seine Miene. „Die Lestranges sind ein ganz finsterer Haufen“, erzählte er. „Der Vater von Rabastan und Rodolphus Lestrange war bereits während seiner Schulzeit ein Anhänger von diesem Voldemort. Wir ermitteln schon seit einer ganzen Weile gegen diese Familie, aber bisher konnten wir ihnen nichts nachweisen. Und da gibt es noch andere. Avery, Dolohow, Mulciber und weitere. Teilweise hat Voldemort sie schon in der Schule kennen gelernt, aber es kommen immer neue dazu. Sie nennen sich Todesser und verbreiten Angst und Schrecken, wo immer sie auftauchen. Und diejenigen die wir festnehmen können, schweigen. Ob aus Angst oder aus Treue diesem Voldemort gegenüber, keiner weiß es genau. Wir können diejenigen dann nur nach Askaban bringen, aber an diesen Voldemort kommen wir nicht heran.“ „So schlimm sieht es aus?“ fragte ich. „Schlimm genug“, seufzte mein Vater. „Unsere größte Befürchtung ist, dass sie uns Spitzel in wichtigen Positionen im Zaubereiministerium einschleusen. Möglichkeiten gibt es da genug. Einige von uns haben mit dem Zaubereiminister bereits über unsere Befürchtungen gesprochen, sind aber nicht ernst genommen worden. Bis es eines Tages zu spät ist.“

Wir wandten uns schließlich anderen Themen zu. Am nächsten Tag sollte Remus zu uns kommen, und es war noch einiges vorzubereiten. Ich hatte bereits das Gästezimmer für Remus gerichtet. Den Kellerraum, in dem Remus während der Vollmondnacht bleiben musste, hatte ich auch bereits gesehen. Wieder stiegen mir die Tränen in die Augen vor Mitleid mit Remus. Mein Vater sah es und sagte: „Ich weiß, was du fühlst, und glaube mir, uns geht es genauso. Aber es gibt keine andere Möglichkeit. Remus ist in den Vollmondnächten nicht er selbst. Ich habe diesen Raum mit einigen Zaubern ausbruchsicher gemacht, und in seinem Elternhaus habe ich das gleiche gemacht. Und denk an eines, und das musst du mir versprechen: Egal, wie sehr in diesen Nächten heulen wird, du darfst ihn auf keinen Fall herauslassen.“

Am nächsten Tag konnte ich es kaum erwarten, dass Remus und seine Eltern zu uns kamen. Immer wieder lief ich vor das Haus, um nach ihnen Ausschau zu halten. Mein Vater hatte an diesem Tag frei. Als er meine Ungeduld bemerkte, rief er mich zu sich in sein Arbeitszimmer. „Komm mal her, Chantal, ich möchte dir etwas zeigen.“ Er zeigte mir ein Gerät, das auf den ersten Augenblick wie ein Spiegel aussah. „Schau mal hier“, erklärte er. „Das hier ist ein Feindglas. Normalerweise benutze ich es, um zu sehen, ob sich Feinde meinem Haus nähern. Damit kann ich auf so große Entfernung jeden sehen, dass ich immer noch Zeit habe, entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Genauso gut kann ich aber auch sehen, wenn sich Besuch nähert. Schau dort, da sind sie schon zu erkennen, aber noch weit weg. Es wird noch ungefähr eine halbe Stunde dauern, bis sie ankommen.“

Schließlich war es soweit. Remus und seine Eltern kamen auf ihren Besen an. Remus´ Mutter umarmte mich sogleich und bat mich, zu ihr Tante Viola und zu ihrem Mann Onkel Malcolm zu sagen. „Schließlich gehörst du jetzt zur Familie“, meinte sie. „Glaube mir, wenn wir früher von dir gewusst hätten, auch wir hätten uns um dich gekümmert. Aber wir konnten es ja selbst kaum fassen, als Alastor uns von dir erzählt hat. Aber jetzt bist du ja hier. Wie hast du dich denn in unserer Welt eingelebt?“ „Sehr gut, Tante Viola“, antwortete ich. „Anfangs war vieles so neu und ungewohnt, aber ich fühle mich sehr wohl hier, sowohl hier zu Hause als auch in Hogwarts.“

„Das kann ich gut verstehen“, erwiderte Tante Viola. „Weißt du, auch ich habe als Kind in der Muggelwelt gelebt. Ich bin nämlich muggelstämmig. Meine Eltern und ich konnten es kaum fassen, als ich meinen Brief bekam. Und dann kam ich nach Hogwarts, und dort war alles so anders. Jedes Mal, wenn ich dann in den Ferien nach Hause gefahren bin, musste ich mich erst mal daran gewöhnen, nicht zaubern zu dürfen und wie andere Menschen zu leben. Jedes Mal sehnte ich mich dann nach Hogwarts zurück. Und nach der Schule habe ich Malcolm geheiratet und bin hier geblieben. Hier und da besuche ich noch meine Eltern, aber jedes Mal freue ich mich darauf, hierher zurückzukehren.“

Ihr Blick wurde ernst. „Du weißt über Remus Bescheid?“ fragte sie. „Ja“, antwortete ich. „Und du ahnst nicht, wie leid er mir tut. Ich finde es so furchtbar.“ „Das ist es auch“, seufzte Tante Viola. „Du ahnst ja nicht, was wir seitdem durchgemacht haben. Dieser Fenrir Greyback ist der schrecklichste Werwolf überhaupt. Er beißt mit Vorliebe Kinder. Und wir tun jetzt alles, um Remus trotzdem ein einigermaßen normales Leben zu ermöglichen. Er ist so begabt, dass es eine Schande wäre, wenn er nicht seinen Fähigkeiten entsprechend unterrichtet würde. Aber ich bin froh, dass er Freunde gefunden hat, die zu ihm halten. Gerade von dir hat er auch so viel erzählt.“ „Ja, ich mag ihn sehr“, antwortete ich. „Er ist mein bester Freund. Ich mag zwar auch James und Sirius, aber Remus eigentlich am liebsten.“ „In deinen nächsten Ferien musst du uns unbedingt besuchen“, meinte Tante Viola. Das versprach ich gerne.

Wir verbrachten viele schöne Tage miteinander. Stundenlang redeten wir über Hogwarts und über alles, was wir dort erlebt hatten. Auch über Bücher konnte ich mit Remus reden, denn er las genauso gerne wie ich. Ich lernte Zauberschach zu spielen, und wir spielten manche Partie gegeneinander, obwohl es mir nur selten gelang, Remus zu schlagen. Remus nahm auch an den Zauber-Übungen teil. Ich musste dabei feststellen, dass er tatsächlich sehr begabt war.

„Es ist so schade“, meinte mein Vater einmal zu mir, als wir allein waren. „Normalerweise könnte Remus mit seinen Talenten hier in der Zaubererwelt alles werden, was er will. Aber es gibt leider ein großes Vorurteil gegen Werwölfe, und das führt dazu, dass sie selten eine gute Stelle finden. Im Zaubereiministerium zum Beispiel würde er nicht eingestellt werden. Dabei wäre er talentiert genug, ein Auror zu werden. Und das Schlimmste ist, dass dieser Greyback alles daran setzt, die Kinder, die er gebissen hat, gegen die Zauberer aufzubringen und auf die Seite von diesem Voldemort zu ziehen. Und er hat leichtes Spiel dabei, denn seine Opfer sind in der Regel in der Zaubererwelt geächtet, da jeder Angst vor ihnen hat. Genau deswegen haben wir schon vor langer Zeit all diese Vorkehrungen für Remus getroffen, um ihm ein solches Schicksal zu ersparen. Aber wie es später weitergehen soll, wenn er erwachsen wird, das weiß niemand.“

„Wie furchtbar!“ rief ich aus. „Armer Remus.“ „Aber tu mir einen Gefallen, Chantal“, bat mich mein Vater. „Sag Remus nichts davon, was ich dir gerade gesagt habe. Wir setzen alles daran, dass er zumindest eine normale Kindheit erleben kann. Damit wäre schon viel gewonnen.“ Natürlich versprach ich das.

Mit der Zeit bemerkte ich, dass es Remus offensichtlich gar nicht gut ging. Von Tag zu Tag wurde er blasser. Auf meine besorgten Fragen hin antwortete er jedoch, dass alles in Ordnung wäre. Als ich einmal mit meinem Vater allein war, sprach ich mit ihm darüber, dass ich mir Sorgen um Remus machte. „Ich weiß, Chantal“, seufzte er. „Kurz vor der Vollmondnacht geht es Remus nie gut. Es nimmt ihn sehr mit. Die Vollmondnacht ist morgen, das heißt, dass ich ihn morgen Abend einsperren muss. Ich habe Vorkehrungen getroffen, dass sein Heulen nicht nach außen dringt, damit niemand, der zufällig vorbeikommt, etwas mitbekommt. Nach so einer Vollmondnacht ist Remus dann immer vollkommen erschöpft und verschläft dann den halben nächsten Tag. Danach geht es ihm wieder besser, bis sich die nächste Vollmondnacht nähert.“ „Schlimm, dass man überhaupt nichts für ihn tun kann“, meinte ich. „Vielleicht wird es irgendwann einmal ein Mittel geben, was solche Menschen zumindest ungefährlich macht“, erwiderte mein Vater.

Am nächsten Tag war Remus noch blasser geworden. Er wirkte niedergeschlagen und nervös. Auch ich fühlte mich nicht viel besser, denn ich wusste ja, was am Abend geschehen würde.
Am frühen Abend verkroch ich mich zeitig in meinem Zimmer, denn ich wollte nicht mit ansehen, wie Remus eingesperrt wurde. Ich versuchte zu lesen, konnte mich aber gar nicht auf mein Buch konzentrieren. Die ganze Zeit musste ich daran denken, was Remus durchmachte. Ich schlief in dieser Nacht sehr schlecht.

Am nächsten Morgen sagte mein Vater zu mir: „Remus ist bereits in seinem Zimmer und schläft. Stör ihn nicht, er hat den Schlaf jetzt sehr nötig. Du siehst übrigens auch nicht danach aus, als wenn du besonders viel Schlaf abbekommen hättest. Aber jetzt ist es ja für diesen Monat ausgestanden.“

Nachdem mein Vater zur Arbeit appariert war, beschäftigte ich mich mit meinen Büchern und war sehr leise, um Remus nicht beim Schlafen zu stören. Erst am späten Nachmittag verließ er sein Zimmer, noch etwas blass, aber schon wieder viel fröhlicher als an den Tagen vorher. Wir verbrachten den Nachmittag mit Kartenspielen, und abends nahm Remus auch wieder an den Zauberübungen mit meinem Vater und mir teil.

Die Ferien näherten sich dem Ende. Remus und ich hatten beide unsere Bücherlisten für das neue Schuljahr bekommen. An diesem Nachmittag wollten wir in die Winkelgasse, um unsere Einkäufe zu erledigen. James und Sirius hatten uns geschrieben, dass sie und James´ Eltern an diesem Nachmittag auch in der Winkelgasse sein würden, wir würden sie alle treffen. Auch Tante Viola würde kommen.

Diesmal reisten wir mit Flohpulver durch den Kamin, was ich persönlich hasste. Vor Flourish und Blotts, der Buchhandlung, warteten bereits die Potters, Sirius und Tante Viola auf uns. Wir erledigten unsere Besorgungen und unterhielten uns fröhlich. Als wir am Süßwarengeschäft vorbeikamen, meinte James: „Der Honigtopf in Hogsmeade soll noch viel besser sein. Ich habe es von einigen älteren Schülern gehört.“ „Und einen tollen Scherzartikelladen haben sie dort“, ergänzte Sirius. „Dieses Jahr werden wir es ja selber sehen.“ „Echt schade, dass du dieses Jahr noch nicht mit darfst“, meinte Remus. Ich bemerkte, wie Sirius begann, auf James einzuflüstern und dass James zuerst etwas skeptisch blickte, schließlich aber nickte. Dabei blickten sie immer wieder in meine Richtung. Was hatten die beiden nur zu bereden?

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Chantal Moody
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Wieder in Hogwarts

Zwei Tage später war es wieder soweit. Wir packten unsere Sachen, um wieder nach Hogwarts zu fahren. Und schließlich machten wir uns wieder auf den weg zu King´s Cross. Diesmal benutzten wir unsere Besen, wobei wir natürlich aufpassen mussten, nicht von Muggels gesehen zu werden. Wie immer war auf Gleis 9 ¾ wieder eine Menge los. Die Potters, Sirius und Remus´ Eltern warteten schon auf uns, und wir alle unterhielten uns lebhaft. Wie schon im Jahr vorher kam Peter erst im letzten Augenblick.

Wieder hatten wir ein Abteil für uns, und wir hatten uns viel über unsere Ferien zu erzählen. Aber auch für das kommende Schuljahr schmiedeten wir schon Pläne. „Ob ich dieses Jahr in die Quidditch-Mannschaft komme?“ meinte Sirius. „Das wäre toll“, antwortete James. „Wir haben ja während der Ferien fleißig geübt.“ „Welche neuen Fächer wollt ihr wählen?“ fragte Remus die anderen. „Ich wollte mich für Alte Runen und Pflege magischer Geschöpfe einschreiben.“ „Auf jeden Fall Pflege magischer Geschöpfe“, meinte James. „Es gibt ja so interessante Wesen rund um Hogwarts“, ergänzte Sirius. „Und was wählst du, Peter?“ „Ich weiß noch nicht“, antwortete Peter. „Werde wohl auch Pflege magischer Geschöpfe nehmen.“

„Dann solltest du aber aufhören, vor Angst zu zittern, wenn nur eine Spinne auf dich zukommt“, meinte Sirius. „Manche Geschöpfe, die in Pflege magischer Geschöpfe durchgenommen werden, sind richtig gefährlich.“ „Hör schon auf“, sagte ich. „Spinnen sind ja auch eklig. Und ich wette, es gibt auch Dinge, vor denen du Angst hast.“ „Ich? Angst?“ fragte Sirius. „Gib mal nicht so schaurig an, Sirius“, entgegnete Remus. „Als wir damals im Verbotenen Wald waren, wärest du am liebsten abgehauen, als da nur ein paar Zweige geknackt haben.“ Eine Eile kabbelten sie sich weiter. Peter versank wieder in Schweigen.

Schließlich meinte Remus: „Nun lasst uns lieber aufhören. Wir wollen doch das Schuljahr nicht mit Streitereien anfangen.“ „Was für einen Lehrer werden wir wohl diesmal in Verteidigung gegen die dunklen Künste bekommen?“ fragte ich. „Professor Peabody kommt ja nicht wieder, er hat eine andere Stelle angetreten.“ „Ja, wirklich schade, dass kein Lehrer lange bleibt“, meinte James. „Das wird nun schon der dritte Lehrer in Verteidigung gegen die dunklen Künste sein, den wir haben werden.“ „Meine Kusine Andromeda hat mir erzählt, sie hätte während ihrer ganzen Schulzeit noch nie in diesem Fach einen Lehrer länger als ein Jahr gehabt“, erzählte Sirius. „Es ging damals sogar ein Gerücht um, der Posten wäre verhext.“ Ich zog es vor, nichts dazu zu sagen.

Schließlich war die Fahrt zu Ende. Wir sahen zu, wie die Erstklässler von Hagrid zu den Booten geführt wurden. Ich sah erstaunt zu den pferdelosen Kutschen hin, mit denen die älteren Schüler nach Hogwarts fuhren. „Sie sind nicht wirklich pferdelos“, flüsterte mir Remus zu. „Sie werden von Thestralen gezogen. Das sind geflügelte Pferde, die aber nur für diejenigen sichtbar sind, die schon einmal einen Menschen sterben gesehen haben. Hagrid hat uns davon erzählt, er hat die Thestrale für Hogwarts gezüchtet und versorgt sie auch.“

„Schau dir das mal an!“ rief James dazwischen. Er zeigte nach vorne. Wir sahen Lily Evans und den Jungen, den James und Sirius immer „Schniefelus“ nannten, zusammen in die Kutsche vor uns steigen. „Die beiden hängen auch ständig miteinander ab. Möchte nur wissen, was sie an dem findet.“ „Und seht mal, wie er wieder aussieht“, lästerte Sirius. „Er hat es noch nicht einmal für nötig gehalten, sich die Haare zu waschen.“ „Ob er wieder ein paar schmutzige Tricks gelernt hat?“ fing James wieder an. „Er macht sich manchmal einen Riesenspaß daraus, andere zu verhexen, wenn sie ihm über den Weg laufen.“

Während der ganzen Fahrt gingen diesen Lästereien weiter. Wir anderen hielten den Mund dazu. Mir war dieser Junge zwar auch seit dem Vorfall am Quidditchplatz nicht besonders sympathisch, aber ich mochte Lästereien über andere generell nicht besonders gerne. Ich sah auch Remus an, dass ihm das Gerede seiner Freunde nicht besonders gefiel. Peter dagegen schien froh zu sein, dass diesmal nicht er die Zielscheibe der Spötteleien war.

Schließlich kamen wir an und gingen in die Große Halle zu unseren Tischen. Ich saß wie im Jahr davor zwischen Jennifer und Arabella. Gespannt verfolgten wir die Auswahl der neuen Schüler. Anschließend hielt ProfessorDumbledore wieder eine Rede und stellte uns unseren neuen Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste vor, Professor Polhorgan, einen noch recht jungen Zauberer. Danach begann wieder das Festessen, und anschließend begaben wir uns in unsere Schlafsäle.

Sehr schnell gewöhnte ich mich wieder an den Schulalltag. Nach wie vor liebte ich den Unterricht in Zauberkunst, Verwandlung und Zaubertränke. Allerdings konnte ich mich diesmal nicht besonders für den Unterricht in Verteidigung gegen die dunklen Künste erwärmen. Professor Polhorgan hielt uns in jeder Stunde nur lange Vorträge und gab uns jede Menge Aufsätze als Hausaufgaben auf. Praktische Übungen dagegen fanden keine statt. Wieviel interessanter war doch der Unterricht im vergangenen Schuljahr verlaufen!

Ansonsten verliefen die Tage wieder so, wie ich es vom vergangenen Schuljahr her schon kannte. Nach wie vor verbrachte ich viel Zeit in der Bibliothek, aber in meiner freien Zeit war ich am liebsten mit meinen Freunden zusammen, obwohl ich von den Mädchen meines eigenen Hauses nach wie vor ein bisschen schief angesehen wurde. Es wagte jedoch niemand mehr, deswegen etwas zu sagen, denn alle wussten, dass ich in diesen Dingen meinen eigenen Kopf hatte. Gerne spazierten wir zu fünft über das Schulgelände, und hin und wieder besuchten wir auch Hagrid in seiner Hütte. Sehr gerne hörte ich zu, wenn er über die verschiedenen Wesen erzählte, die er zu betreuen hatte, so wie die Thestrale, Einhörner und Hippogreife, denn ich liebte Tiere sehr.

Nach wie vor flog ich auch gerne mit James und Sirius. Tatsächlich war Sirius als Jäger in die Quidditch-Mannschaft von Gryffindor aufgenommen worden. Ich selbst konnte mich nach wie vor nicht besonders für Quidditch erwärmen, obwohl ich regelmäßig bei den Spielen zusah. Meine Mitschüler aus meinem eigenen Haus verstanden nicht, dass ich in dieser Hinsicht gar kein Interesse hatte. Oft bekam ich zu hören: „Wenn ich so fliegen könnte wie du, würde ich mich sofort bewerben.“ Aber wenn ich sah, wie rücksichtslos die Spieler oft miteinander umgingen, wusste ich, dass dies nichts für mich war.
Nach wie vor schrieben mein Vater und ich uns regelmäßig. Er äußerte sich sehr besorgt darüber, dass wir in Verteidigung gegen die dunklen Künste überhaupt keine praktischen Übungen machten. „Ja, es ist schlimm, dass gerade in diesem Fach die Lehrer ständig wechseln“, schrieb er. „Du kennst ja jetzt die Gründe. Es ließ sich aber nicht vermeiden, dass Gerüchte aufkamen. Infolgedessen bewerben sich nicht gerade viele auf diesen Posten, und Professor Dumbledore muss halt nehmen wen er bekommen kann. Und oft genug gibt es Leute, die über die dunklen Künste nur theoretisches Wissen aus Büchern haben. Das heißt also, dass wir in deinen nächsten Ferien noch mehr üben müssen.“

Inzwischen näherte sich das erste Wochenende, an dem die Schüler ab der dritten Klasse nach Hogsmeade durften. Meine Freunde waren schon sehr aufgeregt und überboten sich damit, sich auszumalen, was sie sich alles ansehen wollten. Ich war ein wenig traurig darüber, dass ich in diesem Schuljahr noch nicht mit durfte. Wieder bekam ich mit, wie James und Sirius Blicke miteinander tauschten.

Der Samstag kam heran. Ich wollte gerade nach dem Frühstück ein wenig auf das Schulgelände gehen, als James und Sirius auf mich zukamen. Sie taten sehr geheimnisvoll. „Was macht ihr denn noch hier?“ fragte ich. „Ich dachte, ihr wäret schon auf dem Weg nach Hogsmeade?“ „Gleich“, antwortete James. „Jetzt kommst du zuerst einmal mit uns.“

Sie zogen mich in ein leerstehendes Klassenzimmer. James zog etwas aus seiner Tasche. „Was ist das denn?“ fragte ich. „Das ist ein Tarnumhang“, erklärte James. „Vor zwei Jahren habe ich ihn von meinem Vater bekommen. Leg ihn doch einmal um.“ Ich tat, was James mir sagte. Als ich dann an mir heruntersah, bemerkte ich zu meinem Erstaunen, dass ich mich selbst nicht mehr sehen konnte. „Das Teil ist sehr praktisch“, sagte James. „Wir sind damit schon oft hier in der Schule herumgeschlichen und haben uns hier und da ein bisschen umgesehen, wenn alle anderen im Bett waren. Und so schmuggeln wir dich jetzt an Filch vorbei. Du glaubst ja wohl nicht, dass wir dich hier alleine zurücklassen?“ „Wird das denn niemand merken?“ fragte ich, noch ein wenig zaghaft. „Ach was, Filch doch nicht!“ erwiderte Sirius. „Einmal sind wir an ihm vorbeigegangen, so nahe, dass wir ihn fast berührt hätten, und er hat nichts gemerkt. Du darfst nur kein Geräusch machen, bis Filch unsere Erlaubnisbriefe gesehen hat und wir draußen sind, dann ist alles in Ordnung.“
Ich war ganz aufgeregt, denn nun würde ich doch nach Hogsmeade kommen. Tatsächlich kamen wir ohne Probleme an Filch vorbei.

Nachdem wir eine Weile gegangen waren, meinte James: „Jetzt kannst du den Tarnumhang abnehmen, Chantal. In Hogsmeade werden heute so viele Schüler unterwegs sein, dass du garantiert nicht auffällst. Bestimmt willst du doch auch einkaufen gehen. Wir treffen Remus und Peter gleich beim Honigtopf.“ „Wissen die beiden, dass ich dabei bin?“ fragte ich. „Nein“, antwortete Sirius und grinste. „Remus ist so ein braver Junge, der hätte bestimmt nicht ohne weiteres mitgemacht. Aber was will er noch dran ändern, wenn wir dich einfach mitbringen?“ „Und Peter sagt sowieso nichts dazu“, ergänzte James.

Als wir nach Hogsmeade kamen, kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Bereits die Winkelgasse hatte ich faszinierend gefunden, aber Hogsmeade war tatsächlich einzigartig. Überall waren Zauberer und Hexen jeden Alters. Sie schlenderten durch die Straßen oder blieben in kleinen Gruppen stehen und schwatzten. Interessiert schaute ich mir die vielen Geschäfte an. „Komm schon, Chantal!“ rief James. „Da vorne ist der Honigtopf, dort wollten wir uns mit Remus und Peter treffen.“ „Wir schleichen uns von hinten an die beiden heran“, meinte Sirius. „Die werden gleich dumm gucken.“ Wir schlichen zu den beiden hin. James stieß Remus in die Seite. Er fuhr herum. Seine Augen wurden immer größer.
„Chantal!“ rief er aus. „Du weißt doch, dass Zweitklässler noch nicht nach Hogsmeade dürfen. Willst du dich unbedingt in Schwierigkeiten bringen? Wie bist du überhaupt an Filch vorbeigekommen?“ „Na, wie schon“, antwortete James an meiner Stelle. „Sirius und ich haben sie überredet, mitzukommen. Wir wollten deiner kleinen Kusine auch ein bisschen Unterhaltung bieten.“ Remus wirkte zwar etwas besorgt, meinte dann aber: „Na ja, zu ändern ist es jetzt sowieso nicht mehr. Jetzt zieht ihr sie sogar schon in eure Streiche mit rein.“ „Ich habe aber den Eindruck, sie lässt sich gerne mit reinziehen“, erwiderte Sirius und grinste. „Dann müssen wir jetzt aufpassen, dass wir keinem Lehrer über den Weg laufen“, meinte Remus. „Sonst bekommen wir alle Ärger.“

„Dann gehen wir am besten zuerst einmal in den Honigtopf.“ , sagte James. Wir betraten das Geschäft, und ich sah mich um. So viele verschiedene Süßigkeiten hatte ich noch nie auf einem Haufen gesehen. Es war sehr voll im Laden, vor allem viele Schüler kauften ein. James hatte recht, in diesem Gedränge würde ich garantiert nicht auffallen. Wir kauften so viel ein, dass wir die ganzen Sachen kaum zu tragen vermochten. Anschließend gingen wir in ein Geschäft mit dem Namen „Zonko´s“. Dort gab es Scherzartikel jeder Art, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Unter viel Gekicher kauften James und Sirius ein. „Jetzt können wir es Filch heimzahlen“, meinte James unter Lachen. „Vorige Woche erst durften wir beide die Eingangshalle putzen, weil er uns beim Zaubern auf dem Flur erwischt hat. Da könnten wir doch jetzt mal wieder ein paar Stinkbomben in seinem Büro loslassen.“

Ich begann auch zu lachen, denn ich kannte Filchs Art und Weise, Strafarbeiten zu verteilen, aus eigener Erfahrung nur zu gut. Allerdings war mir Filch noch immer nicht dahinter gekommen, dass ich einfachere Putzzauber ohne Zauberstab beherrschte und mich daher weniger anstrengen musste als meine Mitschüler. Remus runzelte zwar die Stirn, sagte aber nichts dazu.

Wir gingen dann in die „Drei Besen“, ein Gasthaus, in dem sich viele Schüler aufhielten. Zum ersten Mal trank ich Butterbier, und ich meinte, noch nie etwas Köstlicheres getrunken zu haben. Als wir schließlich das Lokal verließen, erschrak ich, denn es kam uns niemand anderes entgegen als Severus. Er machte ein Gesicht, in dem sich der blanke Hass spiegelte, als er uns erblickte. „So ein Mist“, flüsterte Remus. „Hoffentlich geht er nicht petzen, er weiß doch ganz genau, dass du erst in der zweiten Klasse bist.“ „Lasst uns lieber zurück gehen“, sagte James. Er und Sirius waren ziemlich kleinlaut geworden. Wir gingen schnellstens zur Schule zurück.

Nach dem Abendessen wurde ich von Professor Slughorn angesprochen. Er sah sehr verärgert aus. „Miss Moody, kommen Sie bitte mit in mein Büro.“ Beklommen folgte ich ihm. Kaum Hatte Slughorn die Tür seines Büros hinter sich geschlossen, polterte er auch schon los: „Miss Moody, Ihnen hätte ich nicht zugetraut, dass Sie in dieser Weise die Regeln brechen würden. Sie sind heute in Hogsmeade gesehen worden. Dabei wissen Sie doch ganz genau, dass Zweitklässlern nicht erlaubt ist, das Schulgelände zu verlassen und dorthin zu gehen. Was haben sie sich eigentlich dabei gedacht?“

„Nichts“, antwortete ich. „Ich wollte einfach auch gerne dorthin.“ „Sie wissen, dass ich Sie für einen so schwerwiegenden Regelverstoß bestrafen muss“, schimpfte er weiter. „Wie sind Sie überhaupt an Mr. Filch vorbeigekommen? Er hat doch alle Schüler kontrolliert, die nach Hogsmeade gegangen sind.“ „Ich weiß auch nicht“, stammelte ich. „Irgendwie muss er mich wohl übersehen haben. Es waren so viele, die gingen.“ „Filch ist ein Idiot“, polterte Slughorn wieder. „Ich werde ihn mir deswegen noch persönlich zur Brust nehmen, damit so etwas nicht noch einmal passiert. Aber mit Ihnen bin ich noch lange nicht fertig. Ab morgen kommen Sie eine Woche lang nach dem Abendessen zu mir zum Nachsitzen. Und Ihrem Vater werde ich auch schreiben, dass Sie sich ohne Erlaubnis außerhalb des Schulgeländes herumtreiben. Schätze mal, von ihm werden Sie auch noch was zu hören bekommen.“ Ziemlich kleinlaut verließ ich Professor Slughorns Büro.

Am nächsten Tag war ich ziemlich niedergeschlagen. Nicht so sehr wegen des Nachsitzens, sondern deswegen, weil Professor Slughorn angekündigt hatte, meinem Vater von meinem Regelverstoß zu schreiben. Was würde Pa dazu sagen? Würde er mich für meinen Ungehorsam bestrafen?

Nach dem Mittagessen suchte ich Remus, weil ich unbedingt mit ihm reden musste. Ich fand ihn auf dem Schulgelände zusammen mit den anderen. „Was hast du denn?“ fragte Remus sofort, als er mich sah. „Severus hat mich bei Professor Slughorn verpetzt“, antwortete ich. „aber keine Sorge, ich habe nicht verraten, wer mir geholfen hat. Ich habe eine Woche nach dem Abendbrot Nachsitzen. Aber das ist noch nicht das Schlimmste. Er will meinem Vater schreiben. Bestimmt wird der sehr böse auf mich sein.“ „Was, dieser Schniefelus ist tatsächlich zu Slughorn petzen gegangen?“ schrie James. „Er ist wohl wild darauf, wieder Prügel zu kriegen.“ „Kann er gerne kriegen“, schimpfte Sirius.

„Hört schon auf!“ sagte ich. „Das macht es jetzt auch nicht besser. Remus, was meinst du, was wird Pa dazu sagen? Wird er sehr wütend auf mich werden?“ „Chantal, beruhige dich“, antwortete Remus und legte einen Arm um mich. „Begeistert wird er nicht sein, und du wirst dir einiges anhören müssen, das ist schon klar. Aber er wird sich auch wieder abregen. Wie ich von meinem Vater gehört habe, soll Onkel Alastor in seiner Schulzeit auch gerne mal was angestellt haben.“

Am Abend ging ich dann zu Professor Slughorn zum Nachsitzen. Er hatte sich als Strafarbeit für mich ausgedacht, dass ich den Lagerraum für die Zaubertrankzutaten aufräumen und alle Schränke und Regale saubermachen sollte. „Das ist schon lange nicht mehr gemacht worden“, erklärte er. „Sie werden also in dieser Woche reichlich Arbeit haben. Und ich warne Sie: Mich können Sie nicht täuschen wie diesen Trottel Filch. Bei mir werden Sie putzen, ohne zu zaubern, und wenn nicht, fangen Sie noch mal von vorne an.“ Ich stöhnte. Das fing ja gut an! Professor Slughorn hatte nicht übertrieben. Viele der Schränke und Regale waren ziemlich verstaubt. Widerwillig machte ich mich an die Arbeit.

Am nächsten Tag kam der Brief von meinem Vater, vor dem ich mich so fürchtete. „Chantal“, schrieb er. „Ich muss sagen, ich bin ein bisschen enttäuscht von dir. Nicht deshalb, weil du einige Schulregeln gebrochen hast. Ich kann dir nur sagen, ich war während meiner Schulzeit auch nicht gerade ein Musterschüler, und ich habe auch so einiges angestellt. Aber wie konntest du so dumm sein, dich dabei auch noch erwischen zu lassen? Wenn du unbedingt meinst, gegen Regeln verstoßen zu müssen, dann fang es demnächst geschickter an. Schließlich bist du schlau genug.“

Aufgrund dieser Worte meines Vaters war ich sehr geknickt. Ich hatte ihn also enttäuscht! Das war für mich schlimmer als die scheußliche Strafarbeit, die ich nach wie vor für Professor Slughorn erledigen musste. Remus versuchte, mich zu trösten. „So hat er das bestimmt nicht gemeint“, sagte er. „Aber du musst im Nachhinein zugeben, es war eine dumme Aktion gewesen. In den „Drei Besen“ verkehren viele Leute. Hier und da auch die Lehrer. Es war heller Wahnsinn, dort hineinzugehen. Du hättest zumindest den Tarnumhang wieder umlegen sollen, dann hätte Severus dich nicht gesehen. Aber es ist natürlich zu spät, jetzt darüber nachzugrübeln.“ „Ja, du hast schon recht“, seufzte ich.
In der nächsten Zeit ereignete sich nichts Besonderes. Ich brachte meine Strafarbeit bei Professor Slughorn irgendwie hinter mich. Die anderen Mädchen aus meinem Schlafsaal fragten des öfteren, wie ich es geschafft hätte, mich an Mr. Filch vorbeizuschleichen. Ich blieb immer bei der Geschichte, die ich auch Professor Slughorn erzählt hatte.

Unangenehm war, dass Mr. Filch in der nächsten Zeit schärfer als sonst darauf aufpasste, mich bei irgendwelchen kleinen Vergehen erwischen zu können, denn tatsächlich hatte Professor Slughorn ihn zusammengestaucht, weil er nicht besser aufgepasst hatte. So kam es also öfter dazu, dass ich von Mr. Filch zu Strafarbeiten verdonnert wurde, weil er behauptete, ich hätte auf den Fluren Schmutz hinterlassen oder zuviel Lärm gemacht, was wieder hier und da Strafarbeiten bedeutete. Außerdem fiel mir auf, dass Severus jedes Mal, wenn er mich zufällig irgendwo auf den Gängen oder draußen sah, mir Blicke von abgrundtiefem Hass nachsandte. Wie Remus mir erzählt hatte, war er von James und Sirius tatsächlich verprügelt worden. Ich hatte deswegen bereits mit den beiden gescholten und zu ihnen gesagt, ich könne mich durchaus selber wehren.

Mein Vater ging in seinen weiteren Briefen nicht weiter auf den Vorfall ein, ermahnte mich aber hier und da, mich nicht alleine herumzutreiben. Allerdings klangen diese Ermahnungen eher besorgt als ärgerlich. Überhaupt wirkten seine Briefe in der letzten Zeit häufig so, als wenn er sich über irgend etwas Sorgen machte, auch wenn er mir keinen Grund dafür nannte.

So verging die Zeit, und bald standen die Jahresabschlussprüfungen bevor. Wieder verbrachte ich viel Zeit über den Büchern, denn ich wollte mein Schuljahr mit guten Noten abschließen. „Bist du eine kleine Streberin geworden?“ zogen James und Sirius mich auf, als wir an einem Nachmittag in der Bibliothek zusammensaßen. „Dich findet man ja nur noch hier drinnen über den Büchern.“ „Lasst sie doch“, verteidigte mich Remus. „Nicht allen fliegt alles so zu wie euch beiden. Ihr braucht euch nicht weiter anzustrengen, während andere für gute Noten mehr arbeiten müssen.“ „Das musst du gerade sagen, als einer der Besten in der Klasse“, meinte James. „Während andere trotz allem Lernens auf keinen grünen Zweig kommen.“ Dabei warf er einen Blick auf Peter, der etwas abseits sah und unglücklich in ein Buch starrte.
„Warum helft ihr ihm denn nicht, wenn er nicht klarkommt?“ fragte ich. „Tun wir doch dauernd“, antwortete James. „Wenn wir es nicht immer wieder täten, wäre er schon lange durchgefallen.“ Dann wandten wir uns wieder unseren Büchern zu.

Endlich waren die Abschlussprüfungen überstanden. Ich selbst konnte mit meinen Noten zufrieden sein. Auch James, Sirius und Remus hatten gut abgeschnitten, während Peter wieder nur gerade so durchgekommen war. Leider brachte mir Jolanda eine Nachricht von meinem Vater, die mich zunächst etwas traurig stimmte. „Ich werde für einige Zeit verreisen müssen“, schrieb er mir. „Wir werden also nicht deine ganzen Ferien zusammen verbringen können. Du wirst also während der Zeit, die ich unterwegs sein werde, bei den Lupins bleiben müssen, ich habe mit ihnen schon alles abgesprochen. Soviel ich weiß, hast du ihnen ohnehin versprochen, sie einmal zu besuchen. Sie freuen sich schon auf dich. Sei nicht allzu traurig, ich werde so schnell wie möglich zurückkommen, damit wir wenigstens noch ein paar Wochen zusammensein können.“

Remus bemerkte meine Niedergeschlagenheit und versuchte gleich, mich aufzuheitern. „Wir werden uns schon eine schöne Zeit machen“, versprach er. „Ja, du hast ja recht“, seufzte ich. „Und ich mag ja deine Eltern. Und wir können zusammensein. Aber ich habe mich schon so darauf gefreut, nach Hause zu Pa zu fahren.“ „Na, zu ändern ist es nicht“, sagte Remus. „Aber wir werden schon das Beste draus machen.“ „Ja, ist schon okay“, antwortete ich. „Er hat mir ja schon früher gesagt, dass er öfter verreisen muss. Und dass ich auch damit rechnen müsste, dass ich während der Ferien auch hin und wieder bei euch sein würde.“

Dennoch lief ich ein paar Tage mit schlechter Laune herum und ließ mich erst allmählich wieder von der allgemeinen Vorfreude auf die Ferien anstecken. Tante Viola hatte mir inzwischen auch geschrieben, wie sehr sie sich darüber freuen würde, mich endlich näher kennen zu lernen. Es gab in der ganzen Schule das übliche Gerenne, weil alle ihre Sachen zusammensuchten. Und schließlich war es soweit, dass wir wieder im Hogwarts-Express saßen. Sirius würde die Ferien wieder bei James verbringen , und er schien froh darüber zu sein.

„Seitdem mein kleiner Bruder in Hogwarts ist, hat meine Mutter sowieso kaum noch Interesse an mir. Kein Wunder, er ist ja auch ein Slytherin geworden. Ganz so, wie es sich für einen aus der reinblütigen Familie Black gehört. Und er hängt auch nur mit denen ab“, erklärte er. Es klang ziemlich bitter. Regulus hatte in diesem Jahr die erste Klasse abgeschlossen. Während der ganzen Schulzeit hatten die Brüder kaum zehnmal miteinander geredet. Laut dem, was Sirius erzählte, lief Regulus ständig hinter einer Gruppe von Jungen her, die nicht gerade den besten Ruf hatten. Es war dieselbe Gruppe, mit der ich auch Severus schon öfter gesehen hatte.

„Mit so einer Familie hast du es nicht leicht“, erwiderte James. „Ich bin froh, dass meine Familie anders ist.“ Als ich das hörte, schämte ich mich. Wie hatte ich mich nur jemals so verhalten können, wie ich es in den letzten Tagen getan hatte? Schließlich hatte ich jetzt wieder eine Familie, die mich liebte und musste nicht zu Menschen, die, so nett sie auch sein mochten, doch genaugenommen Fremde waren. Wie viel schlechter ging es doch anderen! Remus bemerkte, dass ich sehr nachdenklich geworden war und fragte mich nach dem Grund. Ich erzählte ihm, was mir durch den Kopf gegangen war. „Mach dir keine Gedanken deswegen“, antwortete er. „Ich habe dich sehr gut verstanden.“

Wie es aussah, schien es Sirius jedoch wenig auszumachen, was seine Familie von ihm hielt. Er, James und Peter waren bereits wieder mit Kartenspielen beschäftigt. Remus und ich hatten beide keine besondere Lust, mitzuspielen, daher unterhielten wir uns während des Rests der Fahrt. Auch so verging dieZeit.

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Verrat im Zaubereiministerium

Tante Viola erwartete uns schon auf dem Bahnsteig. Sie sagte: „Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich freue, dich einmal bei uns zu haben. Für Remus ist es doch manchmal etwas einsam, ohne seine Freunde.“ „Ich freue mich ja auch, dass wir in den Ferien wieder zusammen sein können“, antwortete ich. „Wir hatten so viel Spaß zusammen.“ „Das ist schön“, meinte Tante Viola. Schließlich flogen wir zum Haus meiner Verwandten. „Malcolm wird erst am Abend nach Hause kommen“, erklärte meine Tante. „Wir sind also zunächst einmal unter uns.“

Wir mussten alles erzählen, was wir während der Schulzeit erlebt hatten. „Ich wünsche auch, ich könnte noch mal Schülerin in Hogwarts sein“, meinte Tante Viola. „Aber seitdem ist so viel geschehen...“ Sie unterbrach sich, und ich wusste, sie dachte an Remus´ Schicksal. „Aber genug davon. Wir müssen damit zurecht kommen, dass es auch hier in der Zaubererwelt Dinge gibt, die gemein und hässlich sind.“ „Ich weiß“, sagte ich. „Pa hat mir so einiges erzählt.“

„Das kann ich mir denken“, meinte Tante Viola. „Dein Vater hat schon viel Böses zu Gesicht bekommen. Auch seine jetzige Reise hat damit zu tun. Sicher hast du schon von, hm, Voldemort“, diesen Namen flüsterte sie „und seinen Anhängern, die sich Todesser nennen, gehört?“ „Ja, Pa hat mir die ganze Geschichte erzählt“, antwortete ich. „Aber warum flüsterst du seinen Namen?“

„Nur wenige wagen es, seinen Namen auszusprechen, weil es Unglück bringen soll“, sagte Tante Viola. „Wir nennen ihn nur noch ihn-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf oder den Unaussprechbaren. Dein Vater ist einer der wenigen, die seinen Namen laut aussprechen. Er hält absolut nichts von dieser Angst vor einem Namen. Jedenfalls, im Zusammenhang mit diesen Todessern gab es in der letzten Zeit wieder Zwischenfälle, dein Vater war sehr besorgt.“ „Was ist denn passiert?“ fragte ich. „Es hat Fälle gegeben, in denen völlig harmlose Zauberer und Hexen aus heiterem Himmel Verbrechen begangen haben“, erzählte Tante Viola. “ Und als man sie dann festgenommen hat, stellte sich heraus, dass sie diese Verbrechen nicht aus eigenem Antrieb begangen haben, sondern unter einem Fluch gestanden haben. Sie waren also für ihre Taten gar nicht verantwortlich.“

„So etwas ist möglich?“ fragte ich entsetzt. Auch Remus sah richtig geschockt aus. „Ja, leider ist das möglich“, antwortete Tante Viola. „Es gibt tatsächlich einen Fluch, der Menschen und andere Lebewesen vollkommen willenlos macht. Mehr weiß ich darüber auch nicht, denn so etwas wird natürlich in Hogwarts nicht gelehrt. Es hat sich herausgestellt, dass für alle diese Fälle ein Todesser namens Mulciber verantwortlich ist. Er ist auf diese Manipulation von Menschen spezialisiert, wie es heißt. Bisher konnte er nach seinen Untaten immer entkommen, aber es gab eine Meldung, dass er und noch ein anderer, Dolohow, in Albanien gesehen worden sind. Dein Vater ist mit einer Gruppe weiterer Auroren dorthin gereist, um diese Verbrecher endlich nach Askaban bringen zu können. Aber er wird dir sicher Näheres schreiben.“ Wir wandten uns anderen Gesprächsthemen zu, denn kurz darauf kam Onkel Malcolm nach Hause, und wir aßen zu Abend.

Am nächsten Tag , als wir gerade mit dem Frühstück fertig waren, kam tatsächlich die Eule meines Vaters mit einem Brief für mich an. „Liebe Chantal“, schrieb er. „Ich hoffe, dass du dich bei den Lupins wohl fühlst. Immerhin kannst du nun noch eine Weile mit Remus zusammen sein, ihr versteht euch ja so gut. Glaube mir, ich würde dich viel lieber während deiner Ferien bei mir haben. Aber diese Reise war unvermeidlich. Ich nehme an, Malcolm und Viola haben dir schon das Wesentliche erzählt. Nicht nur, dass die Gefolgsleute dieses Voldemort selbst viele Verbrechen begehen, sie haben nun auch noch einen Weg gefunden, völlig unschuldige Menschen für ihre Zwecke auszunutzen.

Du weißt noch nicht viel über Flüche, und es würde auch zu weit führen, wenn ich dir das jetzt alles schriftlich erklären würde. Aber nur soviel dazu, es gibt Flüche, die nicht umsonst unverzeihlich genannt werden, denn sie können zu den allerschlimmsten Zwecken missbraucht werden. Und genau dies tun diese Todesser fortwährend. Die Namen der wichtigsten Leute Voldemorts sind bekannt, das Problem ist, dass es uns bisher unmöglich war, sie zu fassen. Von irgendeiner Seite werden sie immer wieder gewarnt, sobald wir ihnen auf der Spur sind.

Ich habe dir ja einmal von meiner Befürchtung erzählt, dass Voldemort Spitzel ins Zaubereiministerium einschleusen könnte, um über jeden unserer Schritte informiert zu sein, und ich bin mir jetzt ziemlich sicher, dass genau das geschehen ist. Aber der Zaubereiminister will von einer solchen Möglichkeit einfach nichts hören, unter dem Prinzip, dass alles, was nicht sein darf, auch nicht ist. Auch jetzt sind sie uns wieder ständig einen Schritt voraus, denn von dort, wo sie gesehen wurden, sind sie bereits wieder verschwunden. Bisher haben wir nur einige der Menschen gefunden, die auf diese üble Weise von ihnen missbraucht worden sind, und die können uns auch nicht viel sagen, da ganz offensichtlich auch ihr Gedächtnis manipuliert worden ist. Im Moment verfolgen wir noch verschiedene Spuren, aber solange wir die Quelle nicht finden, die Voldemort und seine Leute mit Informationen versorgt, wird es wohl einmal mehr vergebliche Liebesmühe sein. Und solange das Ministerium uns weiter Steine in den Weg legt, werden wir den oder die Spione kaum fassen können. Es kann also noch eine Weile dauern, bis ich zurückkomme, aber auf jeden Fall werde ich alles daran setzen, dass wir noch einen Teil deiner Ferien zusammen verbringen können.“

Ich war entsetzt. Sollte es tatsächlich Spione im Zaubereiministerium geben? Und niemand machte sich die Mühe, sie zu finden, aus bloßer Ignoranz?

Ich sah zu Tante Viola hin, die ebenfalls einen Brief von meinem Vater erhalten hatte. Sie war kreideweiß. „ist es nun schon so weit gekommen?“ fragte sie verzweifelt. „Spione im Ministerium? Das ist ja noch viel schlimmer, als wir erwartet haben. Malcolm hat zwar schon öfter angedeutet, dass ihm im Ministerium einige Dinge seltsam vorkommen, aber wirklich darüber zu hören, das macht einem doch Angst.“

Onkel Malcolm arbeitete auch für das Zaubereiministerium, allerdings nicht als Auror, sondern in der Abteilung für magische Unfälle. Mir war am vergangenen Abend, als er von der Arbeit gekommen war, bereits aufgefallen, dass er irgendwie besorgt ausgesehen hatte. „Wir können nur abwarten, dass diese undichte Stelle bald gefunden wird“, erwiderte ich.

Am Abend, als Onkel Malcolm von der Arbeit nach Hause kam, zeigte Tante Viola ihm den Brief. „Malcolm, kann das denn sein?“ fragte sie. „Ich fürchte ja“, antwortete Onkel Malcolm. „Gerüchte dieser Art gibt es schon lange, obwohl bisher noch nicht offen darüber geredet wird. Aber mittlerweile misstraut jeder jedem, obwohl der Zaubereiminister alles versucht, um dieses Gerede im Keim zu ersticken.“

In den nächsten Tagen versuchten wir alles, nicht über die Dinge zu reden und zur Normalität zurückzukehren. Ich lernte von Tante Viola allerlei praktische kleine Haushaltszauber. Ansonsten vertrieben wir uns die Zeit mit Spielen und Lesen, und oft flogen wir auch aus. Aber die ganze Zeit über warteten wir auf weitere Nachrichten.

Endlich erhielt ich einen weiteren Brief von meinem Vater. Diesmal schrieb er: „Liebe Chantal, wieder haben sich meine Befürchtungen bestätigt und die Spitzel von Voldemort sind uns zuvorgekommen. Mulciber und Dolohow wurden ganz offensichtlich gewarnt und sind wieder untergetaucht. Lediglich einige kleine Handlanger konnten wir aufgreifen, die weder über Voldemorts Aufenthalt noch über den der Mitglieder seines inneren Kreises etwas wissen. Natürlich werden wir diese Leute nach Askaban bringen, aber unserem eigentlichen Ziel sind wir damit keinen Schritt näher gekommen. Neue Informationen haben wir auch nicht bekommen. Wir haben daher vom Zaubereiministerium die Anweisung bekommen, den Einsatz abzubrechen. In fünf Tagen werde ich also zurückkommen.“

Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Also war wieder alles umsonst gewesen! So sehr ich mich auf das Wiedersehen mit meinem Vater freute, so sehr konnte ich ihm seine Enttäuschung, die er mit Sicherheit empfand, nachempfinden.

Ich zählte die Tage bis zu Pas Rückkehr. So gerne ich Remus und seine Eltern hatte, ich sehnte mich nach meinem Vater und danach, nach Hause zu kommen.

Als schließlich der Tag da war, für den mein Vater seine Ankunft angekündigt hatte, schaute ich immer wieder zum Fenster hinaus, obwohl ich versuchte, vor Remus und Tante Viola zu verbergen, wie ungeduldig ich war. Endlich sah ich ihn vor der Haustür apparieren. Er wirkte erschöpft, doch als er mich sah, strahlte er.

„Chantal, Kleines!“ rief er. „Freust wenigstens du dich, mich zu sehen?“ „Natürlich freue ich mich“, antwortete ich. „Aber was meinst du mit wenigstens?“ „Ich komme geradewegs aus dem Zaubereiministerium“, knurrte mein Vater. „Und da war man weniger erfreut. Ich habe nämlich dort gerade einen Aufstand gemacht, weil wir dermaßen schlechte Unterstützung erhalten haben. Obwohl es inzwischen auf der Hand liegt, dass es in unseren Reihen mindestens einen Verräter gibt, wurde sich nicht allzu viel Mühe gegeben, nach der undichten Stelle zu suchen. Ich fürchte, ich habe mich im Ministerium gerade sehr unbeliebt gemacht.“

„Hast du eigentlich überhaupt keine Angst, Unannehmlichkeiten zu kriegen?“ fragte Tante Viola erschrocken. „Ich? Angst? Vor dem Zaubereiminister etwa?“ rief mein Vater. „Das wäre noch das Allerletzte!“ Darauf sagte niemand von uns noch etwas.

Wir blieben noch zum Essen, danach flogen wir nach Hause. Kaum waren wir angekommen, da sah er mich an und sagte: „So, und jetzt erzähl mal: Wie hast du das angestellt?“ „Was angestellt? Wie meinst du das?“ Er lachte. „Erzähl mir doch einfach mal, wie du es fertig gebracht hast, an Filch vorbeizukommen und dich nach Hogsmeade zu schleichen. Filch ist zwar nicht gerade schlau, aber seine Augen hat er normalerweise überall.“

Ich antwortete: „Er hat mich jedenfalls nicht gesehen.“ Wieder lachte er. „Und ich kann mir denken, wieso nicht. Glaube mir, ich kenne mich mit Tarnumhängen aus, und ich weiß, dass James den Tarnumhang von seinem Vater bekommen hat, als er nach Hogwarts aufgenommen wurde.“ Ich konnte es kaum fassen. „Du wusstest alles?“ „Aber sicher“, antwortete er, noch immer lachend. „Das war leicht zu erraten. Ich muss bei meiner Arbeit auch hier und da einen Tarnumhang benutzen. Allerdings der von deinem Freund James hat etwas besonderes an sich, was ich mir nicht erklären kann. Die Tarnumhänge, die wir für unsere Arbeit verwenden, verlieren im Lauf der Jahre an Kraft. Der von James dagegen ist schon seit Generationen innerhalb der Familie weitergegeben worden, und er ist noch wie neu. Aber jetzt zu dir: Dicht vor der Nase von Filch, und das am helllichten Tag, das war genial. Daher begreife ich nicht, wie du dann so dumm sein konntest, dich danach offen in die ‚Drei Besen’ zu setzen, wo jeder dich sehen konnte. Allein für so viel Dummheit hast du die Strafarbeiten verdient. Aber ich finde es super von dir, dass du deine Freunde nicht verraten hast.“

Ich seufzte. „Dafür hat Filch mich jetzt auf dem Kieker. So viele Putzarbeiten habe ich noch nie machen müssen.“ „Dafür hast du dich doch noch nie anstrengen müssen“, antwortete mein Vater. „Ach, tut das gut, wieder zu Hause zu sein. Mal was anderes. In diesem Schuljahr ließ bei euch der praktische Unterricht in Verteidigung gegen die dunklen Künste ja sehr zu wünschen übrig. Wir werden also wieder täglich üben. Und jetzt möchte ich zuerst einmal sehen, ob du noch alles kannst, was du bisher gelernt hast.“

Und danach trainierten wir wieder, genau wie an den Abenden während meiner letzten Ferien. Mein Vater war im Großen und Ganzen zufrieden. „Verlernt hast du jedenfalls nichts. Allerdings bist du in deinen Reaktionen langsamer geworden, als ich es bei dir gewöhnt bin. Aber das wird schon wieder, wenn wir jetzt wieder täglich üben.“

Wir fanden schnell zu unserem Alltag zurück. Tagsüber musste mein Vater natürlich zu seiner Arbeit ins Zaubereiministerium. Manchmal wirkte er verärgert, wenn er danach heimkam, an anderen Tagen dagegen wirkte er besorgt.

„Was ist denn?“ fragte ich. „Gibt es wieder Ärger?“ Nicht mehr als sonst“, antwortete er. „Es ist nur so ärgerlich, dass wir einfach nicht weiterkommen. Jeder misstraut jedem, und trotzdem wird nicht ernsthaft versucht, herauszufinden, wer die ganzen Informationen weitergibt. Aber noch mehr mache ich mir Gedanken darüber, dass dieser Missbrauch von unverzeihlichen Flüchen derart überhand nimmt. Vor Voldemort und seinen Todessern gab es nur selten einen Fall, in dem unverzeihliche Flüche eine Rolle gespielt haben, aber diese Leute wenden sie vollkommen skrupellos an.“

„Was sind diese unverzeihlichen Flüche überhaupt?“ fragte ich. „Du hast sie auch in deinem Brief erwähnt.“ „Sie sind nicht grundlos unverzeihlich“, erwiderte mein Vater. „Wer auch nur einen dieser Flüche missbraucht, wird mit lebenslänglich Askaban bestraft. Aber es gibt normalerweise auch nicht allzu viele, die sie überhaupt anwenden können. In Hogwarts zum Beispiel werden sie nicht gelehrt. Hier und da werden sie zwar den Schülern ab der sechsten Klasse vorgeführt, damit sie sehen, wovor man sich in Acht nehmen muss, aber da es diesen ständigen Lehrerwechsel in Verteidigung gegen die dunklen Künste gibt, sind natürlich die Lehrkräfte recht unterschiedlich qualifiziert. Diese Flüche anzuwenden, wird natürlich in der Aurorenschule im Rahmen der Ausbildung gelehrt, da wir sie zu unserer Verteidigung und zur Verteidigung anderer hier und da anwenden müssen. Und wir verwenden sie nur, wenn es unumgänglich ist. Aber diese Todesser verwenden sie nicht zur Verteidigung, sondern dazu, um gezielt Menschen zu unterwerfen, zu foltern und zu töten. Dieser Voldemort hat sie irgendwie erlernt und seine Leute darin ausgebildet.“

„Das ist ja furchtbar!“ rief ich. „Von diesem Imperius-Fluch hast du mir ja in deinem Brief schon erzählt. Das klingt schlimm genug. Und es gibt tatsächlich auch Flüche, mit denen man foltern und töten kann?“ „Oh ja, die gibt es“, antwortete mein Vater, und sein Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran, dass er nicht scherzte. „Der Cruciatus-Fluch fügt demjenigen, der ihn abbekommt, den schlimmsten Schmerz zu, den man sich vorstellen kann. Jemand, der sehr lange und heftig damit gequält wird, kann davon wahnsinnig werden, und das hat es auch schon gegeben. Dieser Dolohow, den ich ja auch schon erwähnt habe, wendet ihn häufig an, um aus seinen Opfern Geheimnisse herauszupressen oder um sie zu irgend etwas zu zwingen. Aber der allerschlimmste Fluch ist der Avada Kedavra, der tödliche Fluch. Jemand, der von diesem Fluch getroffen wird, stirbt sofort, ohne dass man auch nur die Spur von irgendeiner Verletzung sieht. Es gibt keinen Gegenfluch dafür. Und es hat bereits mehrere Fälle gegeben, in denen Voldemort selbst oder seine Todesser mit diesem Fluch getötet haben. Ich habe dir ja damals geschrieben, dass Voldemort wahrscheinlich seinen Vater und seine Großeltern getötet hat. Sie wirkten völlig unverletzt, nur dass sie tot waren.“

„Das ist grauenvoll!“ rief ich. „Das ist es auch“, antwortete mein Vater. „Aber auch der Imperius-Fluch kann, wenn er missbraucht wird, Furchtbares anrichten. Das werde ich dir jetzt mal zeigen.“ Er richtete seinen Zauberstab auf unseren Kater, der friedlich in seinem Korb lag und döste. „Imperio!“ rief er. Ich beobachtete, wie der Kater sich aus seinem Korb erhob, sich aufrichtete und auf den Hinterpfoten zu tanzen begann.

„Siehst du, so würde sich keine Katze normalerweise verhalten“, sagte mein Vater. „Aber unter dem Imperius-Fluch stehende Lebewesen, ob Tiere oder Menschen, tun alles, was ihnen befohlen wird, sie können gar nicht anders.“ „Wirklich alles?“ fragte ich. „Ja, alles“, antwortete er. „Brave biedere Leute begehen unter dem Imperius-Fluch die schrecklichsten Verbrechen. Stell dir ihr Entsetzen vor, wenn sie nicht mehr unter dem Fluch standen und erfahren haben, was sie unter dem Fluch getan haben. Manche waren noch halbe Kinder. Es gab einen Fall, da hat ein Junge von gerade mal 15 Jahren unter dem Imperius-Fluch seine Eltern umgebracht. Diese Leute hatten sich gegen Voldemort und seine Todesser gestellt, und das war die Rache dafür.“

„Oh, nein!“ rief ich. „Und dagegen gibt es keinen Gegenzauber?“ „Einen Gegenzauber im engeren Sinn nicht“, erwiderte er. „Aber man kann gegen den Imperius-Fluch ankämpfen und ihn brechen. Aber das ist sehr schwer.“
„Und wie geht das?“ fragte ich. „Die Fähigkeit, diesen Fluch zu brechen, kann antrainiert werden“, erklärte mein Vater. „Aber nur wenige schaffen das. Es gehört eine enorme Willenskraft dazu, die nicht jeder besitzt.“ „Aber wie funktioniert dieses Training?“ fragte ich neugierig. „Es klingt einfach, wenn ich dir das erkläre“, antwortete mein Vater. „Derjenige, der diese Fähigkeit trainieren will, wird unter den Imperius-Fluch gesetzt und erhält Befehle, und dagegen muss er sich widersetzen. Auf diese Weise kann der Fluch gebrochen werden. Aber glaube mir, das ist nicht so einfach, wie es sich anhört.“

„Ich möchte es gerne lernen“, sagte ich sehr entschlossen. “Mich soll niemand zu seiner Marionette machen, dass ich dann dir oder anderen Schaden zufüge. Kannst du es mir beibringen?“ „Stell dir das nicht zu leicht vor“, antwortete mein Vater. „Normalerweise wird das frühestens den Sechstklässlern beigebracht, wenn überhaupt. Ich habe zwar schon Auszubildende an der Aurorenschule trainiert, aber das sind Erwachsene. Mit deinen dreizehn Jahren bist du reichlich jung , um dich an so etwas Schwerem zu versuchen. Willensstark bist du ja. Wir können es versuchen, aber ob das funktionieren wird, kann ich dir nicht sagen. Und dir ist ja klar, dass das unter uns bleiben muss. Dass wir in den Ferien zaubern, ist schon reichlich verboten, und dies ist noch um einiges verbotener. Aber schwatzhaft bist du ja nicht.“ „Ist das irgendwie gefährlich?“ fragte ich.

„Das eigentlich nicht“, sagte mein Vater. „Ein paar blaue Flecken kannst du dir dabei schon holen, aber ich werde dich natürlich nichts machen lassen, wobei du dich ernsthaft verletzen könntest. Bist du bereit?“ „Ja“, antwortete ich. „Zuerst musst lernen, wie es sich anfühlt, unter dem Imperius-Fluch zu stehen“, erklärte mein Vater. „Schließlich musst du ja wissen, wogegen du ankämpfen musst.“ Er richtete seinen Zauberstab auf mich und murmelte: „Imperio!“

Im gleichen Moment fühlte ich mich sehr eigenartig. Es war ein Gefühl von Leere im Kopf, das jedoch nicht unangenehm war. Gleichzeitig hörte ich die Stimme meines Vaters, wusste jedoch dabei, dass ich sie nicht mit meinen Ohren, sondern in meinem Kopf hörte: „Kriech unter den Tisch!“ Ich wollte schon aufstehen, um diese Aufforderung zu befolgen, da kam mir der Gedanke: Warum eigentlich? Und ich blieb sitzen. Wieder kam der Befehl, unter den Tisch zu kriechen, und ich versuchte, noch einmal, zu widerstehen, aber diesmal funktionierte es nicht, und ich fand mich unter dem Tisch wieder. Einen Augenblick später hörte das leere Gefühl in meinem Kopf auf, und ich sah, dass mein Vater mich erstaunt ansah.

„Das hätte ich nicht für möglich gehalten“, sagte er. „Beim ersten Versuch hast du schon angefangen, dich zu wehren. Das hätte ich bei jemandem, der so jung ist wie du, niemals für möglich gehalten. Und jetzt bin ich mir sicher, dass du es lernen kannst, den Fluch völlig zu brechen. Also, noch ein Versuch: Imperio!“ Insgesamt sieben Mal musste ich es versuchen, bis ich es schaffte, den Fluch vollständig abzuwehren. Hinterher fühlte ich mich wie zerschlagen von der ganzen Rangelei mit mir selbst, aber ich war mehr als stolz auf mich, dass ich es geschafft hatte. „Dich wird so leicht niemand schlagen können“, sagte mein Vater, und er sah sehr zufrieden aus.

In der nächsten Zeit erfuhr ich, dass es auch unter Zauberern ein gewisses gesellschaftliches Leben gibt. Wir machten Besuche und empfingen auch welche. So waren wir einmal bei den Longbottoms eingeladen. Ich hatte Mrs. Longbottom und ihren Sohn Frank bereits ein paar Mal am Bahnsteig vom Hogwarts-Express gesehen. Dabei war sie mir bereits durch ihre unmögliche Kleidung und durch die Art und Weise, wie sie ihren Sohn Frank ständig herunterputzte, aufgefallen. „Mit ihrem Mann springt sie genauso um“, erklärte mein Vater mir. „Er steht vollkommen unter dem Pantoffel.“

Ein anderes Mal hatten wir ein jüngeres Paar, die Weasleys, zu Besuch. Mr. Weasley hatte das röteste Haar, das ich je gesehen hatte. Mrs. Weasley war klein und mollig, und sie redete an einem Stück. Sie hatte dabei alle Hände voll damit zu tun, zwei ganz kleine Jungen, die das rote Haar ihres Vaters hatten, zu bändigen. Ein wenig traurig war ich doch, als ich die beiden Kleinen sah. Sie erinnerten mich ein wenig an meine Halbbrüder. Sie waren auch so niedlich gewesen, als sie klein waren. Ob sie mich schon vergessen hatten?

Sehr lange Zeit blieb mir jedoch nicht, um traurigen Gedanken nachzuhängen, denn Mr. Weasley belegte mich mit allerlei Fragen voll mit Beschlag. Es zeigte sich, dass er auch im Zaubereiministerium arbeitete, und zwar in der Abteilung gegen Missbrauch von Muggelartefakten. Er war ausgesprochen an Muggeln und ihrer Lebensweise interessiert und wollte so viel wie möglich über mein früheres Leben in der Muggelwelt hören. Ich beantwortete alle seine Fragen, so gut ich es konnte. Diese Familie war mir von vorne herein sehr sympathisch.

Was mir jedoch jedes Mal auffiel, wenn wir Besuche machten oder welche bekamen, war, dass die Erwachsenen in Gegenwart von Kindern immer wieder miteinander anfingen zu flüstern und dabei besorgte Gesichter machten. „Sie haben Angst wegen all dieser bösen Dinge, die in der letzten Zeit vor sich gehen“, erklärte mein Vater mir später. „Und sie meinen, das ist nichts für die Ohren von Kindern. Ich halte das für Unsinn. Aber was will man machen?“

Schließlich neigten sich auch diese Ferien wieder dem Ende zu. Wir hatten bereits für das neue Schuljahr eingekauft, und ich war dabei, meine Sachen zu packen. Während ich dabei war, meine Schulbücher einzupacken, kam mein Vater in mein Zimmer. „Ich habe noch was für dich“, sagte er. „Nach Hogsmeade brauchst du nicht mehr heimlich zu schleichen. Ich habe deine Erlaubnis unterschrieben. Aber ich wette, du und deine Freunde schleicht auch sonst gerne herum. In Hogwarts gibt es so vieles zu erkunden, und ich selbst habe mich in meiner Schulzeit auch gerne überall umgesehen. Vielleicht kannst du das hier ja gebrauchen.“ Zu meiner Überraschung gab er mir einen Tarnumhang. „Ist zwar nicht so ein Superteil wie der von deinem Freund James“, meinte er. „sondern einer von der Art, wie ich sie für meine Arbeit benutze. Aber du wirst bestimmt Verwendung dafür haben. Versprich mir nur eines. Schleich nicht alleine herum, sondern mit den anderen. Und pass auf dich auf. Du weißt es ja: Immer wachsam!“

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Chantal Moody
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Mein drittes Schuljahr

So wie jedes Mal freute ich mich, auch wenn ich in den Ferien gerne zu Hause war, doch wieder auf Hogwarts. Natürlich reiste ich mit meinen Freunden zusammen im Abteil, und wir hatten uns viel zu erzählen. Ich zeigte ihnen auch gleich das Geschenk meines Vaters. „Ist ja toll!“ rief Sirius sofort. „Da können wir noch viel besser in der Schule herumschleichen. Wir haben schon eine Menge Entdeckungen gemacht.“ „Und diesmal kannst du mit uns nach Hogsmeade, ohne dich herausmogeln zu müssen“, ergänzte Remus. „Wir gehen dann am besten wieder alle zusammen, das macht am meisten Spaß.“ Unter so fröhlicher Unterhaltung ging die Zeit schnell herum.

Sehr bald ging auch in Hogwarts alles wieder seinen gewohnten Gang. Nach den Ferien machte der Unterricht wieder richtig Spaß. Als neues Fach hatte ich Pflege magischer Geschöpfe gewählt, da mir der Umgang mit Tieren immer schon Spaß gemacht hatte. In Verteidigung gegen die dunklen Künste hatten wir natürlich wieder einen anderen Lehrer. Professor Penhalligan nahm mit uns überwiegend Duellierzauber durch. Dies machte mir besonderen Spaß, da ich das Duellieren bereits zu Hause mit meinem Vater geübt hatte. Natürlich musste ich auch weiterhin an den Slug-Club-Parties bei Professor Slughorn teilnehmen. Er sprach mich auf meinen Regelverstoß nicht mehr an. Statt dessen begann er wieder das alte Spielchen, mich den neuen Mitgliedern des Slug-Clubs vorzustellen und mich nach meinem Vater auszufragen. Auch James und Lily waren bei diesen Parties häufig dabei. Mittlerweile verstand ich mich mit Lily etwas besser, aber wirkliche Freundinnen wurden wir nicht.

Weiterhin bekam ich regelmäßig Briefe von meinem Vater. Nach wie vor waren Voldemort und die Todesser des inneren Kreises auf freiem Fuß. Hier und da war es zwar zu Verhaftungen gekommen, aber diejenigen, die gefasst wurden, schwiegen alle eisern. Natürlich wurden sie nach Askaban gebracht, aber dem Ziel, an Voldemort heranzukommen, kam man nicht näher. Und offenbar gab es auch immer noch undichte Stellen im Zaubereiministerium. Zwar waren inzwischen einige Spione enttarnt worden, aber es gab Anzeichen dafür, dass es noch mindestens einen Spion an höherer Stelle gab.

Zusammen mit meinen Freunden erforschte ich tatsächlich einige Winkel der Schule, die ich noch nicht kannte. Zu meiner Überraschung zeigte mir James eine Karte, die er gemeinsam mit seinen Freunden gezeichnet hatte. Er nannte sie „Die Karte der Herumtreiber“. Es war darauf jeder Winkel der Schule aufgezeichnet. Dies sah man aber nur, wenn man die Karte mit dem Zauberstab antippte und dazu sagte: “Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin.“ Man sah jedoch nicht nur die gesamte Schule, sondern auch jede Person, die sich innerhalb der Schule bewegte. So konnte man genau sehen, ob Filch, Mrs. Norris oder ein Lehrer sich näherte, und auf diese Art und Weise verhindern, erwischt zu werden.

So zeigten meine Freunde mir einmal den Weg zur Küche, den sie bereits in ihrem ersten Schuljahr herausgefunden hatten. Zu meiner Überraschung waren in der Küche viele drollige Wesen. Sie begrüßten meine Freunde sofort mit Namen. James flüsterte mir zu, dass es sich um Hauselfen handelte und dass diese das eigentliche Personal von Hogwarts seien. Inzwischen hatten sie mich gesehen. Einer rief sofort: „Seht mal, wen sie heute dabei haben! Das ist doch Miss Moody! Dass Sie uns auch einmal besuchen kommen!“ Sofort kamen die Elfen von allen Seiten und boten uns Leckereien aller Art an, und wir mussten von allem probieren. Darüber hinaus gaben sie uns noch sehr viel zum Mitnehmen, so dass wir die Küche voll beladen wieder verließen. „Die anderen in unserem Schlafsaal glauben, dass wir das Essen klauen“, kicherte Sirius. „Wir verraten natürlich niemandem, dass die Elfen uns die Sachen freiwillig geben.“ Ich hatte einige Mühe, nicht laut zu lachen.

Auf diese Art und Weise machten wir noch verschiedene nächtliche Ausflüge. So zeigten meine Freunde mir auch einen Geheimgang, der, wie sie mir erklärten, nach Hogsmeade führte. Tatsächlich hatten sie diesen Geheimgang, als sie noch zu jung waren, um eine Erlaubnis für Ausflüge nach Hogsmeade zu bekommen, einige Male benutzt. Er führte in den Keller vom Honigtopf. Bei all diesen nächtlichen Aktionen gab ich jedoch immer auf eines acht: Ich ließ mich tatsächlich nicht mehr erwischen.

Natürlich kam bei allen Vergnügungen auch das Lernen nicht zu kurz. Nach wie vor lernte ich gerne. In den praktischen Übungen war ich meinen Klassenkameraden weit voraus. Mittlerweile hatte es sich eingebürgert, dass ich von den anderen um Rat gefragt wurde, wenn sie mit einem Zauber nicht zurecht kamen oder Schwierigkeiten bei ihren Hausaufgaben hatten, und ich half auch gerne in solchen Fällen. Hier und da auch ging ich auch einmal mit der einen oder anderen meiner Klassenkameradinnen nach Hogsmeade, aber wirklich enge Freundschaften schloss ich mit ihnen nicht. Irgendwie hatten die anderen Mädchen und ich wenig gemeinsam. Einige von ihnen interessierten sich bereits für die Jungen aus den höheren Klassen und benahmen sich dabei auf eine Art und Weise, die ich albern fand. Ich sah mein Ziel einfach nicht darin, wie die anderen Mädchen, mir möglichst schnell nach Abschluss der Schule einen Mann zu angeln und eine Familie zu gründen. Bisher waren Jungen für mich bestenfalls Kameraden.

Ich unterhielt mich darüber mit Remus. „Kann das denn wirklich alles sein, was es für ein Mädchen gibt? All diese Lernerei, nur dafür, eines Tages das Leben einer Hausfrau und Mutter zu führen?“ „Aber nein“, antwortete Remus. „Da machst du dir völlig falsche Vorstellungen. Diese Mädchen, von denen du redest, sind kaum halb so begabt wie du. Mit deinen Fähigkeiten stehen dir alle Wege offen, genau wie Männern. Im Zaubereiministerium zum Beispiel arbeiten viele Frauen. Oder du könntest Lehrerin werden. Oder hast du mal daran gedacht, Aurorin zu werden? Die Möglichkeit haben auch Frauen. Frag mal Onkel Alastor.“

Dieser Gedanke ließ mich nicht los. Gleich am nächsten Tag schrieb ich meinem Vater und erzählte ihm, was Remus mir gesagt hatte. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. „Liebe Chantal“, schrieb er mir. „Remus hat recht. Ich muss dir sogar gestehen, dass ich bereits selber daran gedacht habe. Die praktischen Fähigkeiten, die du dazu brauchst, hast du zweifellos. Und fleißig im Lernen bist du auch. Deine Willensstärke hast du bereits bewiesen, und dein mitunter etwas hitziges Temperament hast du auch weitgehend unter Kontrolle gebracht. Dennoch will ich dir nicht verheimlichen, dass du keinen leichten Weg wählst. Das Auswahlverfahren des Zaubereiministeriums ist sehr streng. Sie nehmen nur die Allerbesten. Voraussetzung sind mindestens fünf UTZ mit Erwartungen übertroffen oder besser, und zwar auf jeden Fall in Verteidigung gegen die dunklen Künste, Zaubertränke, Verwandlung und Zauberkunst, dazu ein weiteres Fach. Darüber hinaus müssen die Anwärter sich im Aurorenbüro einer ganzen Reihe von Charakter- und Fähigkeitstests unterziehen. Die eigentliche Ausbildung auf der Aurorenschule beträgt dann noch einmal drei Jahre. Du musst dir also gut überlegen, ob du bereit bist, so lange zu lernen. Wenn ja, werde ich dir gerne dabei helfen. Wir werden also dann mehr denn je üben müssen.“

Als ich dies las, nahm ich mir vor, mehr denn je zu lernen. So verbrachte ich noch mehr Zeit über den Büchern als je zuvor, auch wenn James und Sirius lästerten, dass ich auf dem besten Weg wäre,eine Streberin zu werden. Nur meine Flugübungen mit den beiden behielt ich bei, denn ich flog nach wie vor sehr gerne.

Das viele Lernen machte sich bei meinen Jahresabschlussprüfungen bezahlt, und ich konnte das Schuljahr mit sehr guten Noten abschließen. Wieder verbrachte ich einen Teil meiner Ferien bei Remus und seinen Eltern, denn mein Vater musste wieder für einige Zeit verreisen. Es machte mir diesmal jedoch nicht mehr so viel aus wie im Jahr zuvor, denn inzwischen fühlte ich mich auch dort sehr wohl. Ich nahm auch während der Ferien häufig meine Bücher zur Hand, und Remus half mir beim Lernen.

Von meinem Vater erhielt ich beunruhigende Nachrichten. „Liebe Chantal“, schrieb er. „Nach wie vor sind wir von Verrätern umgeben. Wir sind bei unserer Mission in einen Hinterhalt geraten. Zwei meiner Leute wurden schwer verletzt, und wir können noch von Glück reden, dass es keine Toten gegeben hat. Das Allerschlimmste ist, dass der Zaubereiminister nach wie vor nicht wahrhaben will, dass der Verräter irgendwo an höchster Stelle sitzen muss. Gefasst wurden immer nur die ganz kleinen Leute. Wir kommen unserem Ziel einfach nicht näher, diese Verbrecher endlich nach Askaban zu bringen.“

Wenige Tage später holte er mich ab. Er wirkte nicht nur beunruhigt, sondern auch im höchsten Maße verärgert. „Diese Ignoranten!“ schimpfte er. „Sitzen gemütlich in ihren Büros und unternehmen nichts, und wir müssen unser Leben riskieren, ohne wirkliche Erfolge zu haben, weil die feinen Herren die Augen davor verschließen, was um sie herum vorgeht. Ich habe gerade wieder einen mächtigen Krach im Ministerium geschlagen, aber wirklich nützen wird das wieder nichts. Eines Tages wird dieser schwarzmagische Fachidiot mit seinen Leuten noch das Zaubereiministerium übernehmen, und dann ist es für alles zu spät.“

Zu Hause trainierten wir mehr denn je. Mein Vater zeigte sich sehr zufrieden. „Du hast es wirklich drauf, Chantal“, lobte er mich. „Mach nur weiter so, dann wird dich so leicht niemand schlagen können. Mach es den Gegnern so schwer wie möglich und sei immer einen Schritt voraus. Und was ist das Wichtigste?“ „Immer wachsam!“ sagte ich.

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Chantal Moody
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Ein Geheimnis wird enthüllt

Mein viertes Schuljahr in Hogwarts hatte begonnen. Und irgendwie bemerkte ich, dass James und Sirius sich veränderten. Schon früher war mir hier und da unangenehm aufgefallen, dass aufgefallen, dass die beiden sehr dazu neigten, über andere zu lästern. Ihr Lieblingsopfer war nach wie vor Severus, aber auch Peter blieb nicht immer verschont. In der letzten Zeit sah es mir sehr danach aus, als würden diese Lästereien zunehmend boshafter. So ließen sie keine Gelegenheit aus, Severus, wenn er ihnen auf den Fluren oder auf dem Schulgelände begegnete, mit Schimpfwörtern zu betiteln oder ihn zu verhexen. Mitunter endete das Ganze auch in Prügeleien.

Remus, der in diesem Schuljahr Vertrauensschüler von Gryffindor war, beteiligte sich nicht an diesen Boshaftigkeiten, und man konnte ihm auch anmerken, dass ihm die Spielchen seiner Freunde überhaupt nicht gefielen, aber er sagte auch nichts weiter dazu. Peter hielt sich ohnehin bedeckt, da er immer froh war, wenn er selber in Ruhe gelassen wurde. Unsere gemeinsamen nächtlichen Ausflüge wurden seltener. Allerdings leistete Remus mir nach wie vor häufig beim Lernen Gesellschaft. Dies wurde hier und da ein Grund für James und Sirius, Sprüche abzulassen in der Art wie „Seht euch mal diese zwei Streber an!“

Außerdem begannen James und Sirius, sich für die Mädchen zu interessieren. Sie pflegten jedes Mal, wenn Mädchen vorbeikamen, sich angeberisch zu benehmen. James hatte darüber hinaus eine Angewohnheit angenommen, die mich ausgesprochen nervte. Er führte ständig einen goldenen Schmatz bei sich, mit dem er bei jeder sich bietenden Gelegenheit herumspielte. Auffällig war, dass er dies besonders tat, wenn Lily Evans in der Nähe war. Allerdings schien Lily James´ Gehabe weitgehend zu ignorieren. Sirius dagegen schien kein bestimmtes Mädchen zu bevorzugen, sondern führte sich bei verschiedenen Mädchen in dieser angeberischen Art auf.

Was mir auch auffiel, war, dass ich die vier Jungen häufig dabei beobachtete, wie sie die Köpfe zusammensteckten. Sobald ich hinzu kam, hörten sie auf zu reden oder wechselten das Thema. Ganz offensichtlich hatten sie neuerdings Geheimnisse vor mir. Selbst Remus verriet mir nicht, was sie zu tuscheln hatten.

Im übrigen hatten sie sehr viel damit zu tun, sich auf ihre ZAGs vorzubereiten. James und Sirius gaben sich dabei wie gewohnt unbekümmert. Peter sah zunehmend besorgt aus, denn das Lernen fiel ihm nach wie vor schwer. Remus war fleißig wie immer.

Auch in meiner Klasse wurden in allen Fächern viele Hausaufgaben aufgegeben. Als wir uns am Ende einer Verwandlungsstunde einmal darüber beschwerten, erklärte uns Professor McGonagall, dass dies notwendig wäre, da das vierte Schuljahr bereits den Vorbereitungen für die ZAG-Prüfungen diente. Ähnlich äußerte sich auch Professor Flitwick.

Noch etwas verwunderte mich. An manchen Abenden konnte ich meine Freunde nirgendwo finden. Wenn ich sie dann am nächsten Tag darauf ansprach, bekam ich nur ausweichende Antworten. Erst nach und nach fiel mir auf, dass diese Abende, an denen sie verschwunden waren, immer mit den Vollmondnächten zusammenfielen, von denen ich wusste, dass Remus sie in der Heulenden Hütte verbringen musste. Schließlich, nachdem gerade wieder eine Vollmondnacht vergangen war, sprach ich sie darauf an. Zunächst wollten sie mich wieder mit Ausreden abspeisen. Schließlich meinte Remus jedoch: „Ich glaube, wir können Chantal ruhig einweihen. Sie kann Geheimnisse für sich behalten.“ James, Sirius und Peter wechselten Blicke miteinander. Schließlich meinte James: „Ja, aber nicht hier, wo immer mal jemand vorbeikommen und zuhören kann. Kannst du heute Abend nach dem Abendessen zum Raum der Wünsche kommen?“

Den Raum der Wünsche hatten wir bereits im vergangenen Jahr gefunden, als wir einmal einen Ort gesucht hatten, wo wir ungestört von anderen reden konnten. Es war kein Zufall, dass wir ihn gefunden hatten. Vielmehr hatte uns einer der Hauselfen davon erzählt, als wir wieder einmal der Küche einen Besuch abgestattet hatten. Wir hatten seitdem den Raum der Wünsche hin und wieder aufgesucht. Dieser Raum hatte verschiedene Eigenarten. Zum Beispiel erschien die Tür nur, wenn man dreimal daran vorbeiging und den Raum gleichzeitig herbeiwünschte. Darüber hinaus sah er auch nicht immer gleich aus. Als wir einmal ein Versteck für unsere gekauften Scherzartikel gesucht hatten, war uns der Raum als eine Art Lagerraum erschienen, der geradezu vollgestopft war mit allen möglichen Gegenständen. Und noch eine Merkwürdigkeit gab es: Es war vollkommen unmöglich, ihn auf der Karte der Herumtreiber einzuzeichnen, obwohl Remus es mehrmals versucht hatte.

Wir trafen uns also nach dem Abendessen. Sobald wir uns hingesetzt hatten, fragte mich Sirius: „Ich nehme an, du weißt, was ein Animagus ist?“ „Natürlich weiß ich, was das ist“, antwortete ich. „Wir haben Animagi im vergangenen Jahr bei Professor McGonagall durchgenommen. Animagi sind Zauberer, die sich willkürlich in Tiere verwandeln können, und zwar immer in das gleiche Tier. Professor McGonagall ist selber ein Animagus, nämlich eine Katze. Sie hat uns gezeigt, wie sie sich verwandelt. Es war beeindruckend.“ „Ja, das hat sie vor zwei Jahren in unserer Klasse auch gemacht“, sagte James. „Kurz und gut, Chantal. Was wir dir sagen wollen: Sirius, Peter und ich sind auch Animagi.“ Ich glaubte, nicht richtig zu hören.

„Wie kann das denn sein?“ fragte ich. „Man braucht doch vier bis fünf Jahre, um ein Animagus zu werden. Und dann gibt es doch alle diese komplizierten Vorschriften, dass man sich registrieren lassen muss und so.“ „Das war der Grund, weshalb wir das verheimlicht haben“, antwortete Sirius. „Wir haben schon vom ersten Schuljahr an geübt. Und wir haben es geheimgehalten, weil wir von vorneherein nicht die Absicht hatten, uns registrieren zu lassen.“ „Und deshalb haben wir auch dir so lange nichts gesagt“, ergänzte James. „Wir konnten es einfach nicht riskieren, dass beispielsweise dein Vater davon erfahren hätte. Er ist Auror und hätte es melden müssen, wenn er davon erfahren hätte. Und du weißt, was das dann für uns für Konsequenzen gehabt hätte.“

„Askaban“, sagte ich schaudernd. „Trotzdem, mir hättet ihr es ruhig erzählen können. Ihr wisst, ich klatsche nicht. Aber warum habt ihr das überhaupt gemacht?“ „Meinetwegen“, antwortete Remus. „Um mir Gesellschaft leisten zu können, wenn ich mich in der Vollmondnacht verwandle. Werwölfe sind, wie du sicher weißt, nur für Menschen gefährlich, nicht aber für Tiere.“ „Und was seid ihr?“ fragte ich. Als Antwort verwandelten die drei sich. Sirius wurde zu einem großen schwarzen Hund, James zu einem Hirsch, Peter zu einer Ratte. Obwohl ich noch immer ein wenig sauer war, weil sie so wenig Vertrauen zu mir gehabt hatten, musste ich doch zugeben, dass ich beeindruckt war.

Nachdem sie sich zurückverwandelt hatten, sagte Sirius: „Peter hat am längsten gebraucht, bis er sich vollständig verwandeln konnte. Deshalb haben wir auch erst in diesem Schuljahr begonnen, Remus als Tiere Gesellschaft zu leisten.“ „Ja, und seitdem ist es für mich erträglicher“, ergänzte Remus. „Das Schlimmste war für mich immer die Einsamkeit.“ Dafür hatte ich volles Verständnis, denn ich erinnerte mich an so viele Vollmondnächte, in denen ich schlecht geschlafen hatte, weil ich wusste, dass Remus ganz alleine eingesperrt war. Ich versicherte ihnen daher, dass ihr Geheimnis bei mir sicher wäre.

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Chantal Moody
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Beitrag von Chantal Moody »

Streitigkeiten

Je näher die Prüfungen kamen, desto gereizter wurde die Stimmung ringsum. Wenn ich das sah, wurde mir angst und bange vor dem nächsten Schuljahr, denn dann würde ich selbst meine ZAGs machen müssen. Nur James und Sirius machten weiterhin ihre Späße. Anscheinend waren sie überhaupt nicht in der Lage, irgend etwas ernst zu nehmen. Remus saß mehr denn je über den Büchern, denn er musste bedeutend mehr für gute Noten arbeiten als James und Sirius, denen offenbar alles zuflog. Peter war bedrückt, denn er hatte nach wie vor Schwierigkeiten, mit dem Unterrichtsstoff zurechtzukommen, und er war in den praktischen Übungen sehr ungeschickt.

Einmal hörte ich, als ich alleine auf dem Schulgelände spazieren ging, wie Lily und Severus sich stritten. Ich bekam nicht alles mit, doch aus dem, was ich heraushörte, ging es wohl um die Freunde von Severus, mit denen Lily nicht zurecht kam. Ich wusste, dass Lily diese Typen meinte, von denen Sirius erzählt hatte, dass sein kleiner Bruder ihnen nachliefe. Sie waren auch mir schon einige Male über den Weg gelaufen, und auch ohne das Wissen, dass diese Jungen Verwandte hatten, die, wie mein Vater sagte, zu den Todessern gehörten, fand ich auch, dass sie alles andere als vertrauenerweckend wirkten. Zum Glück hatte ich nichts weiter mit ihnen zu tun, da sie nicht in meiner Klasse waren. Allerdings bekam ich mit, dass sie mich jedes Mal, wenn sie mich irgendwo auf dem Schulgelände oder auf einem der Flure sahen, mit finsteren Blicken ansahen.

In der nächsten Zeit sah ich Severus fast nur alleine herumlaufen. Mit Lily schien er sich nur noch sehr selten zu treffen. Ich hütete mich davor, in seine Nähe zu kommen, denn es war schon öfter vorgefallen, dass er mir ein Bein stellte oder mich absichtlich rempelte. Anscheinend war er allerschlechtester Laune. Von James und Sirius hörte ich, dass es zwischen ihnen und Severus immer wieder mal zu Streitigkeiten und auch immer wieder mal zu Prügeleien gekommen war. Es nervte mich, dass James und Sirius sich so häufig herumprügelten, und ich sagte mehr als einmal: „Ist das eigentlich notwendig, dass ihr euch ständig mit Severus herumstreitet und sogar prügelt? Lasst ihn doch einfach links liegen!“ James pflegte daraufhin zu antworten: „Es genügt, dass er da ist.“ Und Sirius meinte: „Er ist doch auch nicht besser als wir. Verhext einen, wenn man nur den Rücken zukehrt.“ Ich konnte mit dem besten Willen nicht behaupten, dass mich diese Antworten besonders zufrieden stellten. Ich sprach darüber einmal mit Remus und fragte ihn, weshalb er seine Freunde nicht von diesen Spielchen abhielt. Er wurde deutlich verlegen, meinte aber nur: „Hast du die beiden jemals von irgend etwas abhalten können, das sie sich in den Kopf gesetzt haben?“ Mehr wusste er dazu nicht zu sagen. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass ihn irgend etwas bedrückte, worüber er mit mir nicht reden wollte.

Schließlich waren die Prüfungstage herangekommen. Die Prüfer waren schon angereist, lauter Hexen und Zauberer, die mir uralt vorkamen. Tatsächlich erzählte mir eins der älteren Mädchen, dass eine der Hexen, Griselda Marchbanks, bereits Professor Dumbledore in Verwandlung und Zauberkunst geprüft hätte. Da auch Professor Dumbledore schon sehr alt war, musste Professor Marchbanks also uralt sein.

Die Fünft- und Siebtklässler, die die ZAG- beziehungsweise UTZ-Prüfungen absolvierten, hatten vormittags schriftliche und nachmittags praktische Prüfungen. Die anderen Klassen hatten unterrichtsfrei. Natürlich genossen wir diese zusätzlichen Freistunden, da das Wetter noch schön war. Ich ging häufig spazieren, und hier und da besuchte ich auch Hagrid und sah ihm bei seiner Gartenarbeit zu.

Mit meinen Freunden war natürlich nicht so recht zu reden in der Prüfungszeit. Wenn überhaupt, redeten sie über die Prüfungsfragen und spekulierten darüber, ob sie auch alles richtig beantwortet hatten. „Na ja, wenigstens können wir im nächsten Jahr Geschichte der Zauberei und Astronomie abwählen“, meinte James. „Wer will schon seine UTZ in so blöden Fächern machen?“ „Ich ganz bestimmt nicht“, meinte Sirius. Nach den Gesprächen, die sie miteinander führten, schienen James, Sirius und Remus mit ihren Leistungen zufrieden zu sein, nur Peter wirkte bedrückt.

Schließlich war der letzte Prüfungstag gekommen. Die Fünftklässler schrieben an dem Vormittag ihre theoretischen Prüfungen in Zauberkunst. Mittags hatten sie zwischen dem Mittagessen und der praktischen Prüfung, wie ich wusste, zwei Stunden Pause. Ich vermutete, dass sie diese Pause bei dem schönen Wetter wohl auf dem Gelände verbringen würden und ging sie suchen, da ich mich etwas langweilte. Zunächst fand ich sie nicht, doch dann hörte ich ihre Stimmen in der Nähe des Sees und ging in die Richtung. Ich hörte James rufen: „Alles klar, Schniefelus?“ Ich konnte nur noch denken: ‚Geht das schon wieder los’, denn mir war klar, dass das Ganze wieder in einer Prügelei enden würde. Ich wollte schon wieder unauffällig verschwinden, da hörte ich James rufen: „Expelliarmus!“ und kurz darauf „Impedimenta!“ Obwohl ich das Gefühl hatte, es wäre besser, wegzugehen, ging ich doch näher heran. Was ich sah, brachte mich dazu, mir zu wünschen, dass ich doch abgehauen wäre. Ich sah Severus am Boden liegen, James und Sirius standen mit erhobenen Zauberstäben vor ihm. Severus´ Zauberstab lag in einiger Entfernung im Gras. Ringsum standen andere Schüler, unter anderem Peter, und sie sahen alle zu , die meisten lachten. Remus saß ein Stück entfernt im Gras und hielt ein Buch in der Hand, schien jedoch nicht zu lesen. James und Sirius lästerten die ganze Zeit über Severus, der versuchte aufzustehen, aber nicht auf die Beine kam, da der Zauber noch immer wirkte. Die anderen Schüler, die ringsum standen, lachten. Severus begann, allerlei Schimpfworte zu rufen, bis James „Ratzeputz!“ rief, woraufhin Severus Seifenschaum aus dem Mund quoll.

Im gleichen Moment hörte ich eine Mädchenstimme rufen: „Lasst ihn in Ruhe! Was hat er euch getan?“ Es war Lily Evans. Sie hatte sich mit einer Gruppe von Mädchen am See aufgehalten und kam nun herbeigelaufen.
„Es ist eher die Tatsache, dass er existiert, wenn du verstehst, was ich meine“, entgegnete James.
Sirius und Peter begannen zu lachen, ebenso einige der anderen Schüler. Remus dagegen runzelte die Stirn und tat so, als würde er weiterlesen. Lily wurde wütend. „Du glaubst, du wärest lustig“, sagte sie. „Aber du bist nichts weiter, als ein arroganter Quälgeist, Potter. Lass ihn in Ruhe.“ „Wenn du mit mir ausgehst, Evans“, antwortete James.
„Mit dir würde ich nicht ausgehen, selbst wenn ich nur die Wahl hätte zwischen dir und dem Riesenkraken“, entgegnete Lily.

Während dieser Unterhaltung hatte der Zauber, unter dem Severus gestanden hatte, nachgelassen, und er war zu seinem Zauberstab hingekrochen. Er richtete den Zauberstab auf James, und ehe irgend jemand reagieren konnte, gab es einen Lichtblitz, und James hatte eine blutende Wunde im Gesicht. Ich konnte gerade noch einen Schreckensschrei unterdrücken, als ich das sah. James hob nun seinerseits seinen Zauberstab, und Severus hing kopfüber in der Luft, so dass man nicht nur seine dünnen Beine, sondern auch seine nicht besonders saubere Unterhose sehen konnte.

Viele von den Schülern lachten, besonders James, Sirius und Peter. Nur Remus lachte nicht, und Lilys Gesicht wurde noch wütender. Sie rief: „Lass ihn runter!“ James richtete seinem Zauberstab auf Severus, und dieser fiel ins Gras. Er stand auf und hob seinen Zauberstab. Sirius jedoch war schneller und rief: „Petrificus Totalus“, und Severus fiel wieder um. Lily schrie: „Lasst ihn in Ruhe!“ Mit diesen Worten hob sie ihren eigenen Zauberstab. „Evans, zwing mich nicht, dich zu verhexen“, meinte James. „Dann nimm den Fluch von ihm weg!“ schrie Lily. James gehorchte. Snape stand auf. James meinte: „Du hast Glück, dass Evans hier ist, Schniefelus.“ Severus schrie daraufhin: „ Ich brauche keine Hilfe von dreckigen kleinen Schlammblüterinnen wie der!“

Ich war vollkommen schockiert. Ich hatte das Wort Schlammblut häufig gehört, denn einige von den Schülern von Slytherin benutzten es gerne für Muggelstämmige. Es galt als besonders böses Schimpfwort. Ich sah, dass Lily blass vor Zorn wurde. Dennoch blieb sie gelassen, als sie zu Severus sagte: „In Zukunft ist es mir egal. Und an deiner Stelle, Schniefelus, würde ich mir mal die Unterhose waschen.“

An diesem Punkt hielt ich es nicht mehr aus. Ich lief davon, so schnell ich konnte, bekam jedoch noch mit, wie die anderen Schüler lachten und johlten. Vermutlich gingen diese Spielchen, die James und Sirius veranstalteten, noch weiter. Severus war nun wirklich alles andere als ein netter Junge, ich selbst war ja auch hier und da von ihm geärgert worden, aber das, was die beiden gemacht hatten, das war einfach zuviel.
Für den Rest des Tages ging ich den Jungs aus dem Weg. Ich konnte es in ihrer Nähe einfach nicht aushalten. Allerdings nahm ich nach dem Abendessen Remus beiseite. „Ein schöner Vertrauensschüler bist du ja“, fuhr ich ihn an. „Bleibst einfach da sitzen und lässt deine Freunde einen anderen Jungen auf diese Art und Weise quälen. Du hättest eingreifen müssen. James und Sirius können sich doch nicht alles erlauben. Wo kämen wir denn hin, wenn wir alle unsere Streitigkeiten auf diese Art und Weise führen würden? Dass sie sich herumprügeln, ist schlimm genug, aber jemanden in aller Öffentlichkeit zu demütigen, das geht zu weit.“ Remus war sichtbar verlegen. „Ich weiß“, antwortete er. „Aber in der letzten Zeit lassen die zwei sich überhaupt nichts mehr sagen. Sie hören auf mich überhaupt nicht. Und außerdem...“ Remus sprach nicht mehr weiter. Ich fragte: „Was außerdem?“ „Ach, nichts“, meinte Remus. Ganz offensichtlich gab es noch etwas, worüber er nicht mit der Sprache heraus wollte. Ich fragte jedoch nicht weiter. Möglicherweise würde er es mir später noch erzählen. Aber es war für mich klar, dass es zwischen mir und den Jungs nie mehr so wie früher sein würde.

In den letzten Tagen vor den Ferien war zu sehen, dass Lily James wie Luft behandelte. Und ihre Freundschaft mit Severus, die in diesem Schuljahr offenbar durch Severus´ Freunde schon gelitten hatte, war ebenfalls vorbei. Ich ging den Jungs für den Rest der Schulzeit aus dem Weg. Als wir dann in die Ferien fuhren, waren wir zwar aus alter Gewohnheit wieder im gleichen Abteil, aber ich las demonstrativ die ganze Zeit in einem Buch und redete kaum ein Wort mit ihnen.

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Chantal Moody
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Ein Gespräch

Als Pa mich am Bahnhof abholte, merkte er mir sofort an, dass etwas nicht in Ordnung war. „Was ist los, Kleines?“ fragte er. „Hast du wieder was angestellt?“ „Nein“, antwortete ich. Dann bemerkte er, dass ich mich von den Jungs sehr kühl verabschiedete. „Aha, ihr habt euch wohl gezankt“, meinte er. „Willst du darüber reden?“ Ich schüttelte den Kopf. Es war mir einfach zu unangenehm. Und außerdem wäre es mir doch zu sehr wie Petzen vorgekommen. Und ich petzte grundsätzlich nicht.

„Ist ja gut“, meinte Pa. „Bestimmt renkt sich das wieder ein. Jetzt sind ja erst einmal Ferien, und wenn ihr erst mal ein bisschen Abstand voneinander hattet, kommt das sicher wieder in Ordnung. Wenn deine Schule wieder anfängt, werdet ihr wahrscheinlich sogar darüber lachen.“ „Ja, sicher“, meinte ich, obwohl ich keineswegs so überzeugt davon war. Zu sehr hatte ich noch da Bild vor Augen, wie Severus kopfüber durch die Luft flog und jeder seine Unterhose sehen konnte und wie all die Schüler darüber gelacht hatten. Aber ich machte mir auch Gedanken um Remus, denn ich hatte nach wie vor das Gefühl, dass er mir irgend etwas verschwiegen hatte.

Als wenn Pa meine Gedanken erraten hätte, sagte er: “Wenn mir nicht noch kurzfristig irgend etwas Berufliches dazwischen kommt, kann Remus wieder ein paar Wochen bei uns verbringen. Ich habe mit Malcolm und Viola bereits gesprochen.“ „Das wäre ja super!“ meinte ich. In Wirklichkeit war mir jedoch nicht so ganz wohl dabei, denn über Remus und sein Verhalten hatte ich mich schließlich nicht viel weniger geärgert. Aber vielleicht würde ich dann endlich erfahren, was ihn bedrückte.

Zunächst einmal war ich jedoch von den Gedanken an diesen Vorfall tatsächlich etwas abgelenkt, als ich wieder zu Hause war. Wir bekamen diesmal häufig Besuch. Vor allem die Weasleys waren mehrmals bei uns. Die beiden kleinen Rotschöpfe Bill und Charlie waren größer geworden, und Molly erwartete wieder ein Baby. „Ich hoffe, diesmal wird es ein Mädchen“, meinte sie. „Wir haben ja schon zwei Jungen.“ „Das würde mich für dich freuen“, versicherte ich ihr.

In der Zeit, in der ich mich mit Molly unterhielt, hatte sich mein Vater mit Arthur Weasley in sein Arbeitszimmer zurückgezogen. Sie blieben eine ganze Weile dort. Was sie dort besprachen, erzählte Pa mir nicht, und das war etwas ganz Neues, denn er hielt sonst wenig von dem ungeschriebenen Gesetz, dass bestimmte Dinge nichts für Kinderohren wären. Diesmal jedoch sagte er: „Ich kann dir jetzt noch nicht viel dazu sagen. Später vielleicht. Aber es ist im Moment noch zu früh dazu.“ „Geht es wieder um Voldemort und seine Leute?“ fragte ich. „Auch“, erwiderte Pa. „Aber tu mir einen Gefallen: Vor anderen solltest du diesen Namen besser nicht nennen. Die Leute sind abergläubisch und meinen, es bringt Unglück, seinen Namen zu nennen. Natürlich Unsinn, Angst vor einem Namen zu haben. Aber man muss den Leuten nicht noch zusätzlich Angst machen.“

„Da hast du schon recht“, antwortete ich. „In Hogwarts flüstern sie auch schon über Voldemort und seine Untaten, aber den Namen nennen sie alle nicht. Als ich es einmal getan habe, waren sie ganz erschrocken.“ „Eben, das meine ich“, sagte Pa. „Und zu dem worüber wir vorhin gesprochen haben, kann ich dir nur soviel sagen, als dass es Leute gibt, die sich mit der Haltung des Zaubereiministeriums Voldemort und seiner Todesser gegenüber nicht abfinden wollen. Professor Dumbledore zum Beispiel gehört zu diesen Menschen. Auch noch andere Hogwarts-Lehrer. Einige aus dem Zaubereiministerium, die einfach nicht ertragen können, wie wenig von offizieller Seite unternommen wird. Wie Arthur beispielsweise. Und auch noch andere. Im Moment tragen wir Informationen zusammen und suchen nach Wegen, diesem schwarzmagischen Fachidioten und seinen Helfershelfern das Handwerk zu legen. Du hast doch sicher im Geschichtsunterricht schon von Dumbledores Sieg über Grindelwald gehört, nehme ich an?“

Ich dachte an den Geschichtsunterricht bei Professor Binns, bei dem ich regelmäßig einzunicken pflegte. Aber ich hatte natürlich darüber in einem Buch nachgelesen. „Ja, natürlich habe ich davon gehört“, antwortete ich. Pa musste meinen Gesichtsausdruck wohl bemerkt haben. Er lachte ein bisschen. „Ich gebe dir ja recht, Cuthbert Binns´ Unterricht war sogar schon langweilig, als der gute Mann noch lebte“, erzählte er. „Schon damals sind die Schüler in Scharen eingeschlafen, und Binns hat es nicht mal gemerkt. Aber trotzdem, ein bisschen Wissen um die Geschichte der Zauberei solltest du schon beherrschen. Jedenfalls, Grindelwald, der seinerzeit als der mächtigste schwarze Magier gegolten und auch eine Menge Verbrechen begangen hat, konnte letztendlich besiegt werden. Er sitzt seitdem in Nurmengard, das ist ein Zauberergefängnis ähnlich wie Askaban. Und wir sind der Meinung, was damals möglich war, müsste auch diesmal möglich sein. Irgendeinen Weg muss es einfach geben, diesem üblen Haufen beizukommen.“

„Und daran arbeitet ihr?“ fragte ich erstaunt. „Ja, aber wir stehen ganz am Anfang“, erwiderte Pa. „Wir haben erst wenige Leute gefunden, die mitmachen wollen. Einerseits hat natürlich jeder Angst vor Voldemort und seinen Todessern, andererseits glauben die meisten die Lügen, die das Ministerium erzählt, nämlich dass von dieser Seite her alles getan würde, um dieses Pack hinter Schloss und Riegel zu bringen. Dabei ist es innerhalb des Ministeriums längst ein offenes Geheimnis, dass sie einfach auf der Stelle treten, insbesondere da die undichten Stellen noch immer nicht gefunden worden sind. Und offenbar gibt man sich auch keine große Mühe, sie zu finden. Wahrscheinlich hat der Zaubereiminister sogar Angst davor, herauszufinden, was dabei herumkommt, wenn allzu genau ermittelt wird, denn es ist so gut wie sicher, dass mindestens ein Spion an allerhöchster Stelle sitzt. Und an so was denken die hohen Herren nicht gerne.“ „Ja, ich weiß“, antwortete ich. „Und in der Zwischenzeit sterben weiterhin Menschen. Im Tagespropheten sind fast jeden Tag neue Nachrichten von Überfällen auf Muggels und Muggelgeborene. Und dabei habe ich den Eindruck, dass nicht einmal über alles berichtet wird, sondern auch noch vieles verschwiegen wird. Wie kommt es eigentlich, dass die Muggels nicht merken, dass es sich nicht um normale Überfälle und Morde handelt?“

„Über dieses Thema könnte dir vermutlich dein Onkel Malcolm mehr erzählen als ich. Du weißt ja, er arbeitet in der Abteilung für magische Unfälle. Ihre Hauptaufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Muggel es nicht merken, wenn bei bestimmten Vorfällen Zauberei im Spiel ist. Dann werden die Gedächtnisse der Muggel so verändert, dass sie glauben, es hätte sich etwas ereignet, das in das Verständnis der Muggel passt. Wenn zum Beispiel ein Explosionszauber durchgeführt wurde, wird dafür gesorgt, dass die Muggel glauben, es hätte sich eine Gasexplosion ereignet. Schwieriger ist es, irgendeine Erklärung für die Todesfälle zu finden, die durch den Todesfluch hervorgerufen worden sind. Ich habe dir ja schon früher davon erzählt. Für die Muggel lässt sich in diesen Fällen keine Todesursache finden. Wie ich dir schon mal erklärt habe, hinterlässt der Avada Kedavra keinerlei Verletzungen, und trotzdem sind die Opfer tot. Hier in der Zaubererwelt weiß man natürlich darüber Bescheid, aber die Muggelheiler, oder Ärzte, wie die Muggel sie nennen, stehen vor einem Rätsel, besonders, wenn die Gesichter der Opfer aussehen, als wenn sie gerade furchtbare Angst ausgestanden hätten. In diesen Fällen erklären die Muggelheiler den Tod dieser Opfer dann mit Allerweltsgründen wie Herzversagen, nur um nicht zuzugeben, dass sie nicht weiterwissen.“

„Und das funktioniert immer? Irgendwie kann ich mir das gar nicht vorstellen. Und wozu überhaupt der ganze Aufwand?“ fragte ich. „Kleines, ein bisschen mehr hättest du schon im Geschichtsunterricht aufpassen sollen“, tadelte Pa mich. „Auch wenn ich zugeben muss, dass es bei Binns schwierig sein muss. Bestimmt hast du doch von den ganzen Prozessen gegen Hexen und Zauberern mit den anschließenden sogenannten Hexenverbrennungen gehört. Die waren schließlich der Hauptgrund dafür, dass wir unsere Welt endgültig mit großem Aufwand vor den Muggeln verschlossen haben. Muggel haben Angst vor allem, was sie nicht mit ihren fünf Sinnen begreifen können. Und Zauberei steht dabei an oberster Stelle. Sie leugnen mit allen Mitteln, dass es Zauberei überhaupt gibt und versuchen, für alles, was sie nicht begreifen, eine Erklärung zu finden. Du hast ja am eigenen Leib erfahren, wie Muggel auf solche Dinge reagieren.“ „Na und ob“, seufzte ich. „Damals hatte ich schon Angst vor mir selber. Ich habe es ja nicht einmal gewusst, dass es wirklich Zauberer und Hexen gibt, sondern geglaubt, so etwas gäbe es nur in Märchen.“

„Ja, dass das Wissen darüber, dass es wirkliche Hexen und Zauberer gibt, in der Muggelwelt verlorengegangen ist, ist auch eine Folge der Geheimhaltung, zu der wir übergegangen sind. Reste darüber findet man noch in manchen Märchen der Muggels, und da auch stark übertrieben. In der Regel werden Zauberer und Hexen dort als böse dargestellt. Na, du weißt es ja jetzt selber, Gute und Böse gibt es in beiden Welten. Aber worauf ich zurückkommen wollte, das Problem, das es immer noch gibt, was die Geheimhaltung anbetrifft, das sind die Halbblütigen und die sogenannten Muggelgeborenen, die es immer mal wieder in der Muggelwelt gibt. Hast du dich eigentlich nie gefragt, wie es möglich ist, dass die in der Muggelwelt lebenden Halbblütigen und die sogenannten Muggelgeborenen gefunden werden und ihren Brief erhalten?“

„Ich habe irgendwann einmal gehört, das hätte irgend etwas mit der sogenannten Spur zu tun, durch die auch festgestellt werden kann, ob Minderjährige in Gegenwart von Muggeln zaubern“, antwortete ich. „Genau das. Und so kann dann festgestellt werden, wenn in Gegenden, in denen keine registrierten Zauberer leben, plötzlich gezaubert wird. In der Regel handelt es sich dann um Kinder, bei denen die magischen Kräfte erwachen. Bei dem einen Kind mehr, bei dem anderen weniger. Das ist ganz normal, und in Zaubererfamilien ist man darauf vorbereitet. Aber du hast es ja selber miterlebt, ahnungslose Muggel kriegen dann Angst, weil es wiederum etwas ist, was sie mit Worten nicht erklären können. Und ganz abgesehen davon, wenn junge Hexen und Zauberer nicht lernen, ihre Fähigkeiten zu kontrollieren, können sie zu einer Gefahr für sich selbst und andere werden. Bei dir zum Beispiel hätte es leicht dahin kommen können, da sich dein wildes Talent schon ziemlich weit fortentwickelt hatte. Die Muggel, die für alles, was sie sich nicht erklären können, einen Namen finden müssen, bezeichnen so etwas, was du im Arbeitszimmer deines Stiefvaters gemacht hast übrigens als ein Poltergeist-Phänomen.“ „Poltergeist-Phänomen?“ fragte ich verblüfft. „Aber Poltergeister sind doch etwas völlig anderes.“ Ich dachte dabei an Peeves und daran, welchen Unfug er in Hogwarts sehr zum Leidwesen von Filch zu machen pflegte, und musste lachen.

„Ja, wir wissen das“, antwortete Pa. „Irgendwie haben die Muggel wohl auch schon von Poltergeistern gehört, aber ich bezweifle, dass jemals ein Muggel wirklich einen gesehen hat. Aber nun zu dem zurück, was ich dir erklären wollte. Dadurch, dass wir diese Minderjährigen-Zauberei aufspüren können, ist es uns möglich, diese Kinder zu finden, zu beobachten und sie, wenn sie alt genug sind, ihrer Ausbildung zuführen zu können. Ansonsten hätte ich dich niemals gefunden. Und ich würde sagen, das wäre doch sehr schade gewesen.“ Er lächelte mich liebevoll an. „Für mich war der Gedanke zuerst so fremd, plötzlich Vater zu sein, das gebe ich zu. Ich hatte nie irgend etwas mit Familienleben im Sinn, und ich habe es auf meine gefährliche Arbeit geschoben. Aber in Wirklichkeit war mir wohl einfach meine Freiheit zu wichtig. Klar, es gab Frauen, aber es war einfach keine dabei, die mir wichtig genug gewesen wäre, dass ich für sie meine Ungebundenheit aufgegeben hätte. Obwohl es Momente gegeben hat, wo ich es bereut habe. Zum Beispiel, wenn ich Kollegen über ihre Familien reden gehört habe. Oder wenn ich nach meinen Reisen in mein leeres Haus zurückkehren musste. Und dann erfuhr ich von dir. Es stand für mich außer Frage, dass ich mich um dich kümmern würde, etwas anderes hätte für mich nie zur Debatte gestanden. Und ich bin froh, dass ich es getan habe. Ohne dich würde mir heute etwas Wichtiges fehlen.“

„Mir geht es genauso, Pa“, antwortete ich. „als Kind musste ich mir oft genug anhören, dass ich keinen Vater hätte. Und ich habe mir dann oft Geschichten ausgedacht, wer wohl mein Vater wäre. Alles Mögliche habe ich mir vorgestellt. Aber, ganz ehrlich gesagt, auf die Idee, dass mein Vater ein Zauberer sein könnte, wäre ich nie gekommen. Ich war schon schockiert genug, zu erfahren, dass ich eine Hexe bin. Aber als ich dann erfahren habe, dass es viele Zauberer und Hexen gibt, war ich froh. Und ich habe mich endlich akzeptiert gefühlt.“

„Ja, das ist der Unterschied zwischen den Kindern, die in einer Zaubererfamilie groß werden und denen, die unter Muggeln groß werden“, sagte Pa. „Die Zaubererkinder werden mit dem Wissen groß, dass es Zauberei gibt, diejenigen, die unter Muggeln großgeworden sind, hatten ja nie eine Möglichkeit, zu erfahren, dass es tatsächlich Zauberei gibt. Und dann haben sie hier in der Zaubererwelt hier und da noch Probleme mit diesen Fanatikern, die sogenannte Muggelgeborene nicht als vollwertig ansehen. Und dabei gibt es bereits Theorien, dass es gar keine wirklichen Muggelgeborenen gibt, sondern dass in solchen Fällen ein Zauberer oder eine Hexe unter den Vorfahren gewesen ist. Die Möglichkeit, Magie Minderjähriger aufzuspüren, ist noch relativ jung, es gibt sie erst seit ungefähr hundert Jahren. Davor hat es keine Möglichkeit gegeben, solche Kinder in der Muggelwelt aufzuspüren. Sie haben also weiterhin unter den Muggeln gelebt, irgendwann geheiratet und Kinder bekommen, die diese Talente zum Teil geerbt haben, zum Teil auch nicht. Und irgendwann kommen dann bei den Nachfahren diese Eigenschaften wieder zum Vorschein. Nur mit dem Unterschied, dass wir diese Kinder jetzt aufspüren können. Aber nach mehreren Generationen ist es natürlich nicht mehr möglich, die magischen Vorfahren noch herauszufinden. In unserem Fall war es einfacher.“ Er wurde ein wenig verlegen. „Es war ja bekannt, dass ich in der fraglichen Zeit mich in dieser Gegend aufgehalten habe. Ich wurde daher befragt, ob ich eine Martine Deveraux kennen gelernt hätte und ob es möglich wäre, dass du meine Tochter bist. Und diese Möglichkeit bestand ja definitiv. Und daher wurdest du von Dumbledore angeschrieben, der zu dem Zeitpunkt nicht wusste, dass auch Madame Maxime bereits geschrieben hatte. Auf jeden Fall hätte ich Kontakt mit dir aufgenommen, um dich kennen zu lernen. Aber dann wurde ich von Dumbledore von dem hysterischen Brief deiner Mutter unterrichtet, und den Rest weißt du ja.
So, Kleines, jetzt haben wir aber genug erzählt. Es wird Zeit, dass wir wieder ein bisschen trainieren. Und jetzt will ich deinen Patronus sehen.“
Und so machten wir uns an unser Training.

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