Soo, das ist (vorerst) das letzte Kapitel. Ich hab mir überlegt, vielleicht noch einen Epilog zu machen.
Enjoy
Kapitel 8
Fast panisch rannte ich die Treppe hinunter in die Eingangshalle. Hastig suchte ich den Raum nach Seth ab, doch er war nirgends zu sehen. Mae und June erblickte ich sofort, sie schauten sich suchend nach mir um. Doch ich wollte jetzt nicht zu ihnen gehen und reden, ich hatte das Gefühl, dass sie mir meinen Entschluss wieder ausreden wollten. Und das würden sie zweifellos schaffen, ich war mir ja selbst nicht wirklich sicher. Also verschwand ich hinter einem Wandvorhang, der vorgab, eine massive Mauer zu sein, und atmete tief durch. Ungefähr nach einer Minute traute ich mich, nach draußen zu schauen. Doch Seth war immer noch nirgends zu sehen. Ob er überhaupt kam? Vielleicht hatte er ja doch eine Verabredung? Verdammt, wieso hatte ich nur den Brief zerknüllt und ihn nicht früher gelesen?
Ich versteckte mich noch einmal hinter dem Wandvorhang und beschloss, so cool wie möglich hinaus zu gehen und einfach Miles zu fragen, wo Seth war. Ihn hatte ich nämlich schon entdeckt. Also fuhr ich mir noch mal durch die Haare und zog den Ausschnitt meines Kleides hoch der schon wieder herunter gerutscht war. Dann schob ich den Vorhang zur Seite und hielt die Luft an. Neben Miles, der eben noch allein gewesen war, stand jetzt Seth. Auch June und Mae standen bei ihnen, und Mae hob schon ihre Hand und winkte mir zu. Kein zurück mehr, dachte ich mir und stolperte fast über meine eigenen Füße. Irgendwie kam ich mir komplett overdressed vor. Natürlich war ich nicht die Einzige mit einem Kleid, alle trugen Röcke, Kleider, und Miles hatte sogar einen Anzug an. Aber trotzdem, der Gedanke ließ sich einfach nicht verscheuchen, und ich hatte das schreckliche Gefühl, dass es mir genau anzusehen war.
Der Weg von einem Ende der Halle zum anderen schien endlos zu sein, und endlich stand ich bei den anderen. Doch bevor ich etwas sagen konnte, zog mich June zur Seite und redete auf mich ein.
„Mein Gott, dieser Idiot, wenn er schon nichts von dir will, dann sollte er sich wenigstens von dir fernhalten, was meinst du? Er macht es dir ja nicht grade leicht, immerhin weiß er es ja, oder? Oh, hey, guck mal, Tobey schaut schon wieder rüber.“ Vorsichtig schaute ich mich nach Miles und Seth um, doch die beiden waren schon verschwunden. Super.
„Hör mal, June...“, fing ich an, doch meine Worte gingen in einer Woge lauter Musik unter, die aus der Eingangshalle hereinströmte. Der Ball hatte angefangen.
Obwohl sich Mae und June beide bei mir unterhakten, fühlte ich mich total fehl am Platz. Wo zum Teufel war Seth hin verschwunden? Und warum konnte June nicht einmal die Klappe halten? Er hatte bestimmt was verstanden.
Mae zog mich auf die Tanzfläche, während June uns Getränke holen wollte.
„Weißt du, so schlimm, dass ich nicht mit Miles gehe, finde ich es nicht.“, schrie Mae, um die lauten Basstöne zu übertönen. Als ich sie fragend anschaute, meinte sie vielsagend: „Er grabscht.“ Und sie deutete hinüber zu Natalie, die eng umschlungen mit ihm tanzte. Ihr schien es wohl zu gefallen. Ein paar Meter weiter hinter Miles stand auch Seth, und er schaute genau zu mir herüber. Ich wurde rot, doch konnte mich nicht von seinem Blick lösen zu können. Er schien mir irgendetwas sagen wollen, ich konnte sehen wie er etwas rief, ihn jedoch nicht verstehen. Im nächsten Moment wurde er von großen braunen Augen verdeckt. Wie in Zeitlupe erkannte ich die dazugehörigen Nase und Mund, sowie die Haare, und sie setzten sich langsam zu einem ganzen Gesicht zusammen.
Vor mir stand Tobey.
„Tanzen?“, fragte er, und lächelte mich an. Ich nickte mechanisch und versuchte, über seine Schulter einen Blick auf Seth zu erhaschen. Er starrte wütend zu uns herüber, und das hob meine Laune gewaltig. Das vorher noch sehr schnelle Stück war zuende, und der Bassist wechselte das Instrument und setzte sich ans Klavier. Er begann eine Ballade zu singen. Tobey zog mich zu sich heran, ich bemerkte es erst richtig, als ich seinen Mund an meinem Ohr spürte. „Schön, hm?“, murmelte er und fuhr mir mit einer Hand durch die Haare. Sofort stieß ich ihn von mir weg. Er versuchte mich festzuhalten, doch jetzt war auch Seth da und zischte: „Lass sie in Ruhe, wenn sie nicht tanzen will!“ Tobey ließ mich los und meinte verächtlich: „Komm, als ob das echt gewesen wäre. Denkst du wirklich, ich will was von der? Ich hab mit Miles gewettet, also reg dich nicht ab. Ach ja“, fügte er hinzu und grinste schmierig. „Die Wette habe ich gewonnen.“ Dann ging er lässig von der Tanzfläche. Am liebsten hätte ich ihm einen Fluch hinter her geschleudert, doch stattdessen ließ ich Seth stehen und ging meinerseits. Ich setzte mich alleine an einen Tisch am anderen Ende der Halle. Was war das denn gewesen? Ich hätte viel lieber mit Seth getanzt. Natürlich.
Verdammt, von wegen, ich war stark und hätte mich entliebt. Ich doch nicht.
Ich beschloss, schlafen zu gehen. Dann konnte der Tag wenigstens nicht noch schlimmer werden. Als ich aufstand, spürte ich ein Hand auf meiner Schulter. Ich dachte an Tobey, schüttelte sie ab, drehte mich schnell um und zog den Zauberstab.
Doch es war Seth
Er sah durch meine Reaktion verletzt aus und hob abwehrend die Hände.
„Hör zu, ich will dich zu nichts zwingen. Es... es tut mir Leid. Ich hätte den Brief nie schreiben dürfen. Also – ich bin es leid, mich von dir fernzuhalten. Ich akzeptiere deine Entscheidung – natürlich tue ich das. Aber ich wollte fragen, ob du mir vielleicht noch eine Chance geben könntest?“ Ich holte erstmal tief Luft. Das war kein Traum. Dann sagte ich: „Natürlich.“ Seth lächelte, beugte sich zu mir herüber und küsste mich zärtlich auf den Mund. Genau so hatte ich es mir immer vorgestellt. Doch unser Kuss wurde von einer schrecklich hämischen Stimme unterbrochen.
„Also wirklich, Bailey, ich hätte doch gedacht, du hättest einigermaßen Geschmack. Na ja, selbst jemand wie ich irrt sich mal.“ Vor uns stand Tobey, mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck. Doch Seth ließ sich von der Provokation kein bisschen beeindrucken.
„Ach, du bist doch nur eifersüchtig. Ich kann so was wenigstens zugeben, was meinst du?“
„Eifersüchtig – auf wen denn? Darauf, dass ich kein Schlammblut hab mit dem ich rumknutschen kann? Die kannst du gerne behalten, Erde essen wäre bestimmt angenehmer.“ Seth hatte schon einen Arm um mich gelegt und sich umgedreht, als Tobey das sagte. Ich spürte förmlich wie die Wut in ihm hoch kochte.
„Was hast du gesagt?“, presste er zwischen den Zähnen hervor. Ich hatte mich auch umgedreht. Jetzt sah Tobey mir direkt in die Augen. „Dreckige Muggel.“ Was zu viel ist, ist zu viel, dachte ich, und zog meinen Zauberstab, um ihm irgendeinen Fluch aufzuhalsen. Doch Seth war schneller. Seine Faust traf Tobeys Nase mit einem hässliche Krack, und der sagte erstmal gar nichts mehr.
„Das hätte schon längst jemand tun sollen.“, sagte Seth gelassen und schaute mich an. Ich nickte und nahm seine Hand.
Vielleicht glaube ich doch an ein Happy End...