Verfasst: 02.02.2008 14:20
von Hermine@Tonks
Draco in Love
1. Kapitel
Draco!!! Hab ich dir nicht schon zehnmal gesagt... Du bist ein Slytherin!
Was hat das denn damit zu tun, ob er ein Slytherin ist?
Was das damit du tun hat...? Alles! Er hat nicht das recht, sich mit so einer kleinen, miesen Blutsverräterin ab zu geben...
Er ist in sie verliebt!
Dann soll er sich verdammt noch mal entlieben!
„Ach haltet doch die Klappe!“, vertrieb Draco die Gedanken aus seinem Kopf. „Was hast du gesagt Schatz?“ Pansy, die ihre Arme eng um seinen Hals geschlungen hatte, hielt inne und sah ihn fragend an. Hatte er etwa wieder laut gedacht? Das letzte Mal hatte es ihm eine Sonderaufgabe bei Professor McGonagall eingebracht. „Nichts, nichts, mein Schatz. Es ist alles in Ordnung.“ Flüchtig gab er seiner Freundin einen Kuss.
„Sorry, muss jetzt auch los. Snape will noch mit mir sprechen.“ Er war ein begnadeter Lügner, deshalb durchschaute Pansy ihn nicht, sondern wirkte nur etwas enttäuscht, als er sich von dem Baumstumpf erhob, seine Tasche nahm, und losgehen wollte. Doch sie hielt ihn auf. „Aber einen Abschiedskuss gibst du deiner Freundin wohl doch, oder?“ Sie zog ihn zu sich ran doch er schüttelte bedauernd den Kopf. „Nein... wirklich, ich bin schon viel zu spät dran! Wir sehen uns dann im Gemeinschaftsraum.“
Er riss sich hektisch von ihr los, wobei er den Riemen seiner Tasche zerriss. „Ach, scheiße! Reparo!“ Mit einem Schlenkern seines Zauberstabes reparierte er die Tasche. Anschließend rannte er fast hoch Richtung Schule. Er lief an der Hütte des Wildhüters Hagrid, den er so verabscheute, vorbei, ohne zu ihm auch nur ein missbilligendes Wort zu sagen. Er musste sich beeilen, wenn er noch rechtzeitig zum Quidditchfeld kommen wollte. Nur dort konnte er sie genau beobachten, ohne das sie ahnte, was er wirklich von ihr wollte.
Nach wenigen Minuten hatte er den Eingang des Feldes erreicht. Er überlegte, ob er sich anschleichen sollte, doch dann erinnerte er sich, dass die Gryffindors ihn ja sehen sollten. Sie würden sowieso denken, er wolle sie für das Finale der Quidditchsaison ausspionieren. Also ging er direkt durch den Eingang des Stadions und nahm in der ersten Reihe Platz.
Erstaunlich lange blieb sein Erscheinen unbemerkt, so konnte er SIE beobachten, wie sie auf ihrem Besen wie ein Vogel durch die Luft glitt. Schnell, immer hinter dem Quaffel her. Im Sinkflug Richtung Boden, und dann, kurz vor dem Aufprall wieder nach oben. Anschließend flog die geradewegs auf Harry Potter zu. Er musste wegschauen, er wollte nicht sehen, wie sie sich umarmten, vielleicht auch küssten. Mitten in der Luft.
„Hey, Harry! Auch wenn du unser Kapitän und mein bester Kumpel bist, wir müssen trainieren! Übermorgen ist das endscheidene, und wohl auch schwierigste Spiel der Saison. Gegen Slytherin!“ „Schon gut, Ron! Ich lass ihn ja in Ruhe!“, rief Ginny ihrem Bruder lachend zu, während sie sich von Harry löste und allein auf die Tore zuflog.
Wieder einmal wurde er auf schreckliche Weise daran erinnert, dass Ginny schon einen Freund hat. Und das war nun mal Harry Potter, sein Erzfeind. Er ballte die Hand einer Faust zusammen und schluchzte laut auf. Tränen liefen über seine Wangen, doch er wollte sie nicht wegwischen. Er heulte einfach, mitten im Stadion, in der Gefahr, jeder Zeit von den Gryffindors erwischt zu werden.
„Harry!“, schallte eine laute Stimme durchs Stadion. „Da ist jemand, auf der Tribüne! Ich glaube, es ist ein Spion der Slytherins.“ Mist! Jetzt musste er los. Niemand sollte ihn weinen sehen, schon gar kein Gryffindor! Er erhob sich von seinem Platz und rannte die Treppe hinunter. Wenn er Glück hatte, und schnell genug war, hatte er den Ausgang erreicht, ehe auch nur einer von ihnen Hermines Worte begriffen hatte. Doch er hatte nicht mit Hermine selber gerechnet. Sie war sofort aufgesprungen, und mit gezücktem Zauberstab zum Ausgang gelaufen.
Nun stand sie vor ihm. Was hatte Professor Snape noch einmal gesagt? In Hogwarts war apparieren nicht möglich, außer für die Hauselfen, doch auf dem Gelände konnte ein erfahrener Zauberer apparieren und disapparieren. Er hatte zwar noch nicht die Erlaubnis, aber er wusste rein theoretisch, wie es ging. Sollte er? Es war keine Zeit mehr zum Überlegen. Er musste handeln. „Petrificus...“, hörte er noch Hermines Stimme, doch dann war er auch schon fort.
Er dachte nur noch an den Platz vor dem Tor, wo ihn Hermine einst geschlagen hatte. Aber seine Gedanken wanderten immer wieder ab. Zu Ginny. Plötzlich schlug er hart auf dem Boden auf. Er wusste, dass etwas nicht stimmte und versuchte sich aufzusetzen. Doch er war zu schwach und er sank zurück. Dann wurde ihm schwarz vor den Augen.
2. Kapitel
„Draco, Draco! Wachen Sie auf!“ Snape schrie ihn mit lauter Stimme an. Er war sehr unruhig, doch dazu hatte er auch allen Grund. Für diesen sechzehnjährigen Zauberer hat er seinen Job aufs Spiel gesetzt. Weil er ihn mochte. „Nun schreien Sie ihn doch nicht so an, Sir!“ Madam Pomfrey war sichtbar entrüstet. „Er ist ohnmächtig, er wacht schon von selber wieder auf!“ „Oh, Verzeihung Poppy, ich mache mir nur Sorgen, das verstehen Sie doch, oder?“
Es war wirklich Dracos Glück, dass ausgerechnet sein Hauslehrer ihn gefunden hatte. Jeder hätte sofort erkannt, dass er nicht von einem Zentauren angegriffen wurde, wie Snape es Madam Pomfrey schilderte, sondern beim apparieren zerplintert worden war. Und dann wäre es mit ihm, mit Snapes Lieblingsschüler vorbei gewesen. Doch so hatte er ohne Mühe die Wunde , welche Dracos Hand hinterlassen hatte, so verändern können, dass jeder glaubte, er wäre von einem Zentauren angegriffen worden.
Niemand würde das bestreiten können. Diese Bewohner des Verbotenen Waldes waren durchaus in letzter Zeit sehr unruhig. Um genau zu sein, schon fast ein ganzes Jahr. Seit sich Lord Voldemort erstmals nach seiner Wiederkehr in der Öffentlichkeit gezeigt hatte.
„Natürlich kann ich das verstehen, es ist eine schwere Verletzung, aber sagen Sie, Sir, was hat Mr Malfoy dort draußen gewollt?“ Auch das hatte Snape sich schon mehrere Male gefragt, seit er Draco vor vier Stunden, nur wenige Meter entfernt von Hagrids Hütte, gefunden hatte. Was hatte er dort gewollt? Ihm war keine Antwort eingefallen.
Um diese Uhrzeit waren die meisten seiner Schüler im Gemeinschaftsraum und erledigten ihre Aufgaben. Natürlich kam es immer mal vor, dass einer der Schüler etwas anders machte als die anderen, doch in diesem Fall wusste er wirklich nicht, warum es so sein sollte. Er war sicherlich nicht allein dort gewesen, nein.
„Ich weiß es leider nicht, Poppy, aber wenn ich es wüsste, würden Sie es als Erste erfahren“, sagte er, und verlies darauf hin den Krankenflügel. Er musste nachdenken. Was hatte Draco dort gemacht? So oft hatte er ihm in letzter Zeit, auf Dumbledores Anweisung hin, seine Hilfe angeboten. Er war gerade an der Treppe, welche in die Kerker führte, als Pansy Parkinson, auch eine Schülerin seines Hauses, ihm entgegen kam. „Professor Snape! Wir haben es grade erst vom Blutigen Baron gehört, ist es war? Draco, er... er... er wurde von einem Zentauren angegriffen, und liegt jetzt im Krankenflügel? Sir, wie geht es ihm?“ „Mrs Parkinson? Kommen Sie erst einmal mit in den Gemeinschaftsraum!“
Er schritt an ihr vorbei. „Blutsverräter“, sagte er, als er vor der Steinwand stand. Dann wandte er sich um. „Kommen sie schon! Hier werden sie wohl nichts über Mr Malfoys Zustand erfahren. Zumindest nicht von mir.“ Anschließend betrat er den Gemeinschaftsraum. Pansy ließ zwar beleidig die Schultern hängen, folgte Snape dann aber doch aus Neugierde.
Im Gemeinschaftsraum war es, wie so oft in letzter Zeit, angenehm kühl. Snape räusperte sich mit seiner üblichen, lauten Stimme. „Wie die meisten von Ihnen sicherlich schon erfahren haben, hat Mr Malfoy sich, unglücklicher Weise, bei einem Angriff eines Zentauren, schwer verletzt. Er befindet sich derzeit im Krankenflügel, sein Zustand ist instabil.“ Er blickte in äußerst erschrockene, bestürzte, aber auch in ein oder zwei schadenfrohe Gesichter.
„Was? Draco ist verletzt?“, Crabbe war wirklich nicht dafür bekannt, alles sofort zu verstehen. „Nun, ich denke nicht, dass ich auf Ihre Frage antworten muss.“ Er sah seinen Schüler mit seinem üblichen Blick an. Crabbe zuckte ausschließlich mit den Schulter, und ging grummelnd weg. „Professor Snape, ähm Sir? Kann ich, kann ich zu ihm, zu Draco? Wissen Sie, ich verstehe mich ganz gut mit ihm...“
Als ob er es nicht selber schon geahnt hätte. Anscheinend vertraute Draco Pansy Parkinson doch mehr als ihm, seinem erwachsenen Lehrer. „Es wird wohl nicht möglich sein, Mrs Parkinson!“, blaffte er sie an. „Mr Malfoy ist momentan noch ohnmächtig, aber ich versichere Ihnen, dass er bei Madam Pomfrey in den besten Händen ist, wenn Sie das beruhigt.“
Er drehte sich um und verließ mit lauten Schritten den Geminschaftsraum. Erst als man sicher sein konnte, dass er wirklich fort war, brach in dem Gemeinschaftsraum ein Tumult aus. Doch zu diesem Zeitpunkt befand sich Snape schon auf dem Weg zur Eulerei.
Als Hauslehrer Dracos, und guter Freund seines Vater, war es seine Aufgabe, die Malfoys von dem Unfall in Kenntnis zu setzen. Er hatte es so lange wie möglich hinausgeschoben, denn er war sich nicht sicher gewesen, ob er Lucius und Narzissa die Wahrheit sagen sollte. Und nun hatte sich Snape dafür entschieden. Lucius Malfoy war ein Todesser, ihm wird es eher wenig kümmern, ob sein Sohn unerlaubterweise und auch noch auf dem Schulgelände apparierte, oder nicht.
Endlich! Er war oben in der Eulerei angelangt. Welche Eule sah besonders vertrauenserweckend aus? Nicht die Schneeeule! Sie erinnerte ihn zu sehr an die Eule des Potter-Jungen. Schließlich entschied er sich für einen braungefiederten Waldkauz, nahm ihn von der Stange, band den Brief mit einer kurzen Schnur um dessen Fuß fest, und gab ihm anschließend einen Schubs, so dass er losflog.
3. Kapitel
Draco schlug die Augen auf und sah sich um. Außer ihm lag niemand im Krankenflügel. Er wollte sich mit der Hand abstützen, um sich aufzusetzen, doch dort war nichts, seine Hand war weg. Er versuchte sich zu erinnern, was war bloß passiert?
Er sah Pansy vor ihm auf dem Baumstamm sitzen, wie sie ihn festhalten, ihn küssen wollte. Doch er hatte sie abgeschüttelt. Dann sah er Ginny vor sich. Ihr rotes Haar wehte im Wind und sie lächelte ihn an, oder galt ihr Lächeln Harry? Vermutlich. Dann verwandelte es sich in ein tränenüberströmtes Gesicht. Das war er selber, Draco Malfoy.
Auf einmal konnte er sich wieder erinnern. Er war vor den Gryffindors geflüchtet, als Hermine Granger vor ihm stand hatte er Panik bekommen, und war dissappariert. Er wusste, dass er sein Ziel etwas verfehlt hatte. Bestimmt hatte er sich zersplintert. Die Frage war nur: Wie viel wussten sie hier im Schloss davon, was draußen auf dem Gelände passiert war?
Er musste schnell weg. Draco rollte sich auf den Bauch, stützte sich auf den rechten Ellenbogen und die linken Hand, drückte sich ab und schob seine Knie nach vorne. Danach streckte er seine Beine aus, und sprang auf den Boden. Anschließend langte er nach seiner Tasche, die unter dem Nachttisch stand. Es war sehr anstrengend, doch er musste hier weg. Einfach weg. Wohin? Er wusste es nicht.
Sollten sie das mit dem Apparieren herausbekommen, könnte er hier einpacken. Snape würde sich bestimmt für ihn einsetzen, aber Dumbledore? Wenn er gehen müsste würde er Ginny niemals wiedersehen. Noch nicht einmal aus der Ferne, beim Quidditch. Und das musste er unbedingt verhindern.
Er war gerade an der Tür angekommen, da ging sie auf. Erschrocken stolperte er zurück. Denn den Krankenflügel betrat niemand anderes, als der Schulleiter Albus Dumbledore. Dieser wirkte nicht sonderlich überrascht, das Draco nicht mehr im Bett lag, sondern eher leicht amüsant. „Draco? Was tun sie denn hier? Sollten sie nicht in ihrem Bett liegen?“ Nach dem ersten Schrecken hatte Draco sich wieder relativ gut gefangen.
„Sir, ich bin aufgewacht, und hier war niemand. Ich habe nach Madam Pomfrey gerufen, doch sie hat mich wohl nicht gehört. Also habe ich mich entschlossen, jemanden suchen zu gehen, und dann kamen Sie zu meiner großen Erleichterung, Sir!“ Er war nicht nur ein guter Lügner, sondern auch ein begnadeter Schmeichler.
„Nun, mir kommt es eher so vor, als ob Sie gar nicht vor hätten, sich noch einmal in ihr Bett hier im Krankenflügel zu begeben, zumindest diese Nacht“, meinte Dumbledore schmunzelnd und deutete auf Dracos Tasche. „Oh, nein, nein. Es ist nicht so, wie es aussieht, ein Reflex, sie zu nehmen, verstehen Sie, Sir? Aber was haben Sie gerade gesagt, diese Nacht? Es ist schon Nacht? Mir kam es gar nicht so lange vor. Vorhin war ich das letzte mal bei Bewusstsein.“
Dumbledore musste unwillkürlich lächeln. „Nun setzen sie sich erst einmal“, meinte er und als Draco das getan hatte, fuhr er fort. „Nun, es ist schon 3.15 Uhr, Madam Pomfrey wird wohl schlafen. Professor Snape hat Sie gestern Mittag gefunden. Er sagte, schon zu diesem Zeitpunkt waren sie nicht mehr bei Bewusstsein. Und als wir dann Ihre Wunde sahen, am Kopf und am Arm, konnten wir das auch sehr gut verstehen, sie müssen mit dem Hinterkopf auf den Steinboden aufgeschlagen sein. Doch diese Verletzung konnte Madam Pomfrey schnell und ohne viel Aufwand heilen. Diese Andere, am Arm, ist durchaus komplizierter, und Sie brauchen viel Ruhe, sonst dauert es Monate, bis sie verheilt ist. Aber ich muss Sie noch etwas Fragen: Wie haben Sie sie so verärgert?“
Nun war Dumbledores Gesichtsausdruck nicht mehr leicht vergnügt, sondern eher ratlos, fragend. Draco wollte gerade antworten, dass er das alles nicht gewollt hatte, sondern eigentlich nur die Gryffindors hatte ausspionieren wollen. Doch er musste wieder an Ginny denken. Ihm wurde bewusst, dass er nur eine Chance hatte. Einfach alles abzustreiten, was passiert war.
„Mr Dumbledore, Sir, wissen Sie, ich bin nicht... ich habe nicht...“ Doch er schwieg abrupt, als die Tür des Krankenflügels sich erneut öffnete und Snape eintrat. Draco war so erleichtert, ihn zu sehen, dass sich ein verräterisches Lächeln auf sein Gesicht stahl.
„Wie ich sehe stimmt es also, Mr Malfoy? Sie sind tatsächlich aufgewacht? Albus? Könnte ich bitte einen Moment alleine mit Draco reden? Sie verstehen doch sicherlich...“ Er blickte den Schulleiter fragend an. „Natürlich, natürlich. Aber bitte denken Sie daran, er braucht Ruhe. Ich sehe sie dann nach ihrer Entlassung, in meinem Büro." Und mit wehendem Haar verließ er den Krankenflügel.
Snape wandte sich wieder Draco zu. „Draco! Was haben sie dort draußen gemacht? Sie wissen doch genau, dass apparieren auf dem Schulgelände nicht gestattet ist. Was wäre denn passiert, wenn nicht ich, sondern jemand anders Sie gefunden hätte? Jeder, wirklich jeder hätte sofort gemerkt, dass sie beim Apparieren einen Fehler gemacht haben“, schrie Snape ihn an.
„Aber, Sir, Professor Dumbledore, was haben sie ihn gesagt. Jedenfalls nichts vom Apparieren. Sonst hätte er mich rausgeschmissen.“ „Nein, das habe ich nicht. Ich habe ihm gesagt, dass Sie von einem Zentauren angegriffen worden seien. Aber nun sagen Sie mir endlich, was Sie dort draußen gemacht haben, und warum sie appariert sind!“
„Ich, ich...“ Draco schluckte. Er musste an Ginny denken. Schnell wischte er den Gedanken fort. Er durfte nicht an sie denken, Snape beherrschte Legilimentik fasst eben so gut, wie der dunkle Lord.
„Nun?“, Snape sah ihn durchdringend an. „Antworten Sie mir endlich!“ Er hob seinen Zauberstab. „Ich habe mich mit Pansy getroffen.“, beeilte sich Draco zu sagen. „Mit Pansy Parkinson, Sie können sie gerne fragen!“
Der Lehrer ließ den Zauberstab sinken und steckte ihn in die Innentasche seines Umhangs. „Das tue ich nicht. Ich glaube Ihnen, sie war ganz besorgt, als sie von Ihrem „Unfall“ erfahren hat. Ihrem Vater werden sie es wohl genauer erklären müssen.“
Er drehte sich abrupt um und verließ den Raum. Draco rollte sich in seine Decke ein. Er war müde, doch er konnte nicht einschlafen, er musste an Ginny denken. An ihr leuchtend rotes Haar, ihre braunen Augen und ihr Lächeln. Erst als alle anderen schon wieder aufgestanden waren, schlief er ein.
4. Kapitel
Nun waren schon drei Tage vergangen. Draco Malfoy hatte sie in dem Krankenflügel verbracht, abgeschirmt von den anderen. Hin und wieder war Pansy zu ihm gekommen, hatte ihm umarmt und geweint.
Er hatte genau gewusst, dass er mit ihr Schluss machen musste. Doch er konnte es nicht. Zumindest nicht im Krankenflügel. Er brauchte dafür einen Platz, an dem man seine Ruhe hatte. Seine Ruhe vor Madam Pomfrey, Dumbledore, den anderen Slytherins und natürlich vor Snape. Vorallem vor Snape.
Draco wusste genau, dass sein Hauslehrer ihm nicht mehr vollkommen vertraute. Er hatte Angst, dass Draco seine Hilfe nicht annahm, sondern versuchte, es allein zu schaffen. Die Aufgabe, die ihm der dunkle Lord aufgetragen hatte.
„Mr Malfoy? Sie können den Krankenflügel verlassen. Kommen Sie schon, ich habe Mrs Parkinson gebeten, Sie abzuholen. Ich hoffe, dass erfreut Sie.“ Madam Pomfrey verließ den Krankenflügel ebenso schnell wieder, wie sie gekommen war.
Er nahm seine Schuhe, die unter dem Bett auf ihn gewartet hatten, und zog sie sich an. Dann nahm er seine Tasche und schüttete diverse Schokofrösche, Lakritzzauberstäbe und andere Süßigkeiten, welche er von anderen Slytherins geschenkt bekommen hatte, hinein.
Er musste fertig sein, wenn Pansy kam. Sie hatten nur wenig Zeit um miteinander zu reden, denn Mr Dumbledore erwartete ihn in seinem Büro. Und vorher wollte er mit ihr Schluss gemacht haben. Doch was sollte er sagen? Die Wahrheit durfte niemals jemand erfahren.
„DRACO!“ Pansy hatte unbemerkt das Zimmer betreten und von hinten ihre Arme um seinen Hals geschlungen. Er drehte sich so abrupt um, dass Pansy erschrocken zurückwich. „Was... was ist los, Schatz? Dir geht es doch wieder gut, oder? Du bist so blass...“
Am liebsten hätte er sie angeschrieen. Er war von Natur aus ein blasser Mensch. Das musste auch der Person aufgefallen sein, die sich für seine Freundin hielt, oder etwa nicht? Aber er schwieg nur. Und küsste sie. Obwohl er genau wusste, dass er es nicht durfte, ohne ihr das Herz zu brechen, sobald er Schluss gemacht hatte.
Er drückte sie fest an sich. Wollte sie nicht loslassen. Nie mehr. Obgleich er sie nicht mehr liebte, war es ein wunderbares Gefühl, von ihr geliebt zu werden. Es gab ihm die Hoffnung, dass auch jemand anderes ihn lieben könnte. Nicht unbedingt ein Slytherin, sondern ein Mensch, der keinen Wert darauf legte, mit dem Sohn eines Todessers zusammen zu sein. Jemand, der einzigartig ist. Jemand wie Ginny Weasley.
Und genau an diesen Jemand dachte er nun, während er seine Freundin küsste. Er dachte eigentlich immer an sie, wurde ihm da plötzlich bewusst. Immer, seit sie sich heftig mit ihm gestritten hatte. Ihre Augen hatten vor Wut wunderbar geleuchtet, ihre roten Haare waren etwas verstrubbelt gewesen. Sie sah so erwachsen aus. So ernst. Ganz anders als die kindische, hysterische Pansy.
„Schatz, ich muss mit dir reden...“ fing er an, doch Pansy unterbrach ihn energisch. „Nicht jetzt, Draco. Ich bin so froh, dich wieder zu haben.“ Und erneut küssten sie sich. Minutenlang standen sie da. Bis Draco einfiel, dass er schnellstens zum Schulleiter musste.
„Pansy, ich muss zu Dumbledore. Du weißt doch, er will mich sprechen. Und vorher möchte ich gerne noch duschen, bitte verstehe dass.“ Er sah Pansy lieb an. „ Natürlich verstehe ich das, Schatz. Soll ich dir tragen helfen?“ Manchmal fragte er sich, wie er sie jemals lieben konnte. So dumm, wie sie doch war. Aber er sagte es ihr nicht.
„Nein, nein, ich schaffe das schon. Ist ja nur eine einzige Tasche.“ „Ja, du hast recht. Ich muss auch schon wieder zum Unterricht. Wir haben jetzt die McGonagall. Bei Snape konnte ich wegbleiben, aber bei ihr nicht.“ „Nun dann geh lieber schnell. Du sollst ja nicht wegen mir Ärger bekommen. Wir können uns ja später noch sehen. Nach dem Essen. Unten am See, du weißt schon, an unserem Baumstamm...“
Pansy lächelte und nickte. Dann verließ sie das Zimmer. Draco folgte ihr, nahm allerdings die Treppe in Richtung Keller, und nicht diejenige, welche in das obere Stockwerk führte. Zu seinem Glück war der Gemeinschaftsraum leer. Er ging die Stufen zu dem Schlafraum der Sechstklässer hinauf, öffnete die Tür und warf die Tasche auf sei Bett. Er würde sie später auspacken.
Dann ging er hinüber zu den Duschräumen. Er zog sich aus, und drehte den Duschhahn auf. Das Wasser war erschreckend kalt. Schnell drehte er es wärmer. Er hatte heute morgen schon geduscht, doch hier konnte er gut nachdenken, und sich auf das Gespräch mit dem Schulleiter vorbereiten. Denn es war schwer ihn zu belügen, nicht weil Draco als kleines Kind gelernt hatte, dass man nicht lügen darf, sondern weil Dumbledore ihn schnell durchschaute. Er drehte den Hahn wieder zu und griff nach seinem Handtuch. Er wickelte es um seinen Körper und verließ die Duschräume.
5.Kapitel
„Mr Malfoy? Nun kommen Sie schon, Professor Dumbledore erwartet Sie in fünf Minuten.“ Professor McGonagall hatte an der Kellertreppe auf ihn gewartet. Sie schien keineswegs erfreut, ihn zu sehen, doch in gewisser Hinsicht etwas erleichtert. Er nickte ihr kurz zu, murmelte eine Entschuldigung und folgte ihr anschließend schweigend.
Sie stiegen viele Treppen hinauf und gingen einige Gänge entlang. Bis sie an einer Steinfigur angekommen waren. Professor McGonagall murmelte etwas. Sie wollte scheinbar nicht, dass er das Passwort erfuhr. Doch das war für Draco nichts Neues. Kaum jemand vertraute ihm.
„Den letzten Teil des Weges werden Sie alleine gehen müssen, Mr Malfoy.“ McGonagall deutete auf eine steinerne Treppe. „Sehen Sie dort? Sie müssen sich nur auf eine der Stufen stellen, sie wird Sie zu Professor Dumbledores Büro bringen. Auf Wiedersehen, Mr Malfoy.“ Sie drehte sich um, und ging fort.
Draco betrat die unterste Stufe und die Treppe begann sich nach oben zu drehen, wie eine Spirale. Er wartete geduldig, bis die Treppe still hielt. Er stieg die letzten Stufen hinauf. Vor ihm lag eine Tür. Er klopfte. „Kommen Sie herein!“ Dumbledores Stimme kam aus dem Raum, der hinter dieser Tür liegen musste. Draco drehte am Türknauf. Die Tür sprang auf.
Dumbledores Büro war ein sehr großer Raum der sich über mehr als eine Etage erstreckte. Verschiede merkwürdigaussehende Apparaturen standen in den Regalen und auf kleinen Tischen. Vermutlich hätte er sich interessiert umgeschaut, doch er musste alle seine Gedanken auf das vor ihm liegende Gespräch wenden. Er durfte ja nichts falsches sagen.
„Draco, es freut mich, Sie gesund zu sehen. Setzen Sie sich doch.“ Dumbledore stand hinter einem großen Tisch. Er hielt seine Hand ausgestreckt. Zögernd ging Draco einige Schritte nach vorne und reichte ihm die seine. „So ist es auch bei mir, Sir!“, antwortete er in einem schleimig-freundlichen Ton. Anschließend zog er den Stuhl, welcher vor dem Tisch wartete, nach hinten und setzte sich. „Nun Draco, erzählen sie mir bitte ein wenig davon, was an dem Tag ihres Unfalls geschah. Ich möchte es wissen, da ich einen Grund suche, weshalb die Zentauren Sie angegriffen haben. Das verstehen Sie doch gewiss, oder?“ Erwartungsvoll war Dumbledores Blick. Er sah ihm direkt in die Augen. Draco musste sich anstrengen, um den Blick stand zu halten. „Natürlich, Sir, natürlich. Ich werde es Ihnen genauso schildern, wie ich es erlebt habe.“ Er holte tief Luft.
„Ich traf mich an jenem Tag mit Pansy Parkinson, einer Klassenkameradin von mir. Wir gingen ein wenig spazieren, am See entlang. Da ich noch einige Aufgaben zu erledigen hatte, ging ich hinauf zum Schloss. Pansy wollte noch etwas dort bleiben, sich vielleicht mit einer ihrer Freundinnen treffen, genau weiß ich es nicht. Jedenfalls lief ich – natürlich in einem sicheren Abstand – am Verbotenen Wald vorbei. Doch plötzlich hörte ich ein lautes Gebrüll, blieb stehen und drehte mich um. Es kam scheinbar aus dem Wald hinaus. Doch ehe ich herausgefunden hatte, dass dies von den Zentauren ausging, kamen sie auch schon aus dem Wald hinausgestürmt. Sie alle hatten einen sehr wütenden Gesichtsausdruck, wie ich schnell feststellte. Voller Furcht rannte ich los. Weit kam ich nicht, denn die Zentauren sind, wie sie wissen, nicht nur intelligente, sondern auch schnelle Wesen. Einer von ihnen hob sofort seinen Huf und ließ ihn auf meinen Kopf niedersausen. Ich kippte um und blieb bewegungsunfähig liegen. Danach bekam ich nur noch mit, wie ein Zentaur mich mit dem Maul nahm und über den erdigen Boden zog. Erst in der Nacht bin ich im Krankenzimmer wieder zu mir gekommen.“
Er hielt inne. Diese Geschichte hatte er sich seit seinem Aufwachen im Krankenzimmer ausgedacht und immer wieder verbessert. Nun war sie so glaubwürdig, dass sogar Dumbledore kein Misstrauen zu hegen schien. Denn dieser nickte nur und sah ihn danach lange an.
„Ich denke, Sie wissen genau, dass Ihnen dort noch viel Schlimmeres hätte passieren können, Mr Malfoy? Nun, ich möchte Sie dann auch wieder gehen lassen, da es auch jetzt noch einiges zu klären gibt.“
Draco starrte den Schulleiter überrascht an. Er war zwar sehr erleichtert, dass er nun schon gehen durfte, doch gleichzeitig erfasste ihn eine leichte Skepsis. Albus Dumbledore, den er nun schon seit geraumer Zeit kannte, hatte sich noch nie mit etwas so schnell zufrieden gestellt, wie gerade eben. Er ließ es jedoch dabei bewenden und erhob sich schnell vom Stuhl.
„Dann werde ich wohl gehen. Auf wiedersehen, Professor!“, sagte er hastig und ging schnellen Schrittes zur Tür. Seine Hand drückte die Türklinke hinunter und so schnell wie möglich verließ er den Raum. Unten angekommen, sah er sich suchend um. Er wusste nicht, wo er hinsollte. Schließlich schlug er den Weg hinunter in die Eingangshalle ein. Da hörte er Stimmen hinter sich. Bekannte Stimmen...die eine, verhasst und die andere, so wunderschön. Er drehte sich um.
Harry und Ginny kamen ebenfalls die Treppen hinunter. Doch als sie Draco erblickten schwiegen sie. Draco senkte seine Augen und schob sich an den Beiden vorbei. Er spürte Harrys spöttischen Blick im Nacken. „Na, Malfoy? Gehts uns wieder gut? Haben wir uns auch schon wieder schön bei Snape eingeschleimt?“ Seine Stimme hatte einen höhnischen Unterton. Ginny aber zog ihn weiter. „Lass ihn doch Harry!“, meinte sie ruhig.
Draco ging erfreut weiter. Sollte er nun etwa doch eine Chance bei Ginny haben oder warum hatte sie ihn gerade vor ihrem Freund fast schon geschützt? Vielleicht hatte sie ja auch nur aufgrund deiner Verletzung Mitleid mit dir, sagte eine innere Stimme zu ihm. Doch darüber wollte er nicht nachdenken, er wollte weiter hoffen – und um Ginny kämpfen!
6. Kapitel
Die Luft im Kerker war stickig und staubig. Für Draco, der sich bislang immer in Snapes Klassenzimmer sehr wohl gefühlt hatte, wirkte es fast etwas erdrückend. Doch wusste er nicht, ob das wirklich an der Luft lag, die nicht nur ihm zu schaffen machte, oder an der Anwesenheit Harrys, der sich in der Reihe vor ihm leise mit seinem besten Freund Ron über Dracos Unfall unterhielt. Vielleicht lag es aber auch an eben diesem besten Freund.
Ronald Weasley, der ältere Bruder Ginnys, verabscheute ihn ebenso wie Harry auch. Er musste an die Feindschaft ihrer beider Familien denken und es wurde ihm bewusst, dass Ginny möglicherweise nicht Harry zuliebe, sondern für ihre Familie, auf eine Beziehung mit ihm verzichten könnte. Oder könnte sie sich nur für ihn und gegen ein weiteres Leben in diesem lächerlichen wackeligen Gebäude entscheiden? Wohl kaum.
Mit einem lautem Seufzer durchbrach er die angespannte, übliche Stille, die für gewöhnlich in Snapes Klassenraum herrschte. Die Blicke aller Slytherins und Gryffindor wandten sich ihm zu. Pansy, mit der er noch immer nicht gesprochen hatte, und, die daher noch immer neben ihm saß, sah ihn besorgt an und griff unauffällig nach seiner Hand. Seamus, der neben Dean hinter ihnen saß, hatte es natürlich gesehen und fing an zu kichern.
Nun hatte auch Professor Snape, der sein Seufzen gekonnt ignoriert hatte, sich zu der Klasse umgedreht und mit einem Blick die Lage überschaut. Wäre Draco nicht sein Lieblingsschüler gewesen, hätte es jetzt vermutlich einen unfreundlichen Kommentar gegeben, wenn nicht, sogar eine Strafarbeit. Doch so sagte er nur:
„Mr Malfoy? Bestimmt fühlen Sie sich nicht gut, was natürlich verständlich ist. Wenn Sie wollen, können Sie das Klassenzimmer verlassen und sich etwas hinlegen. Ich werde es dann mit Professor Dumbledore besprechen.“ Draco lächelte ihn dankbar an. Die ganze Situation war ihm sehr unangenehm und so war er froh, ihr schnell entfliehen zu können. „Ähm, ja ... Professor, Sir... ich... mir geht es wirklich nicht so gut. Es ist sicherlich eine sehr gute Idee von Ihnen, vielen Dank.“
Er erhob sich rasch, stopfte Buch, Feder und Pergamentrolle in die Tasche, die er sich daraufhin umhängte. Anschließend eilte er aus dem Raum und schlug die Tür hinter sich zu. Dann atmete er tief durch. Ehe er in Richtung Gemeinschaftsraum ging, hörte er von innen Snapes Stimme. „Und Sie, Mr Finnigan, werden nach der Stunde zu mir kommen.“
Nun musste Draco doch unwillkürlich lächeln. Er ging den Gang entlang und verschwand im Gemeinschaftsraum. Obwohl er sich nicht hinlegen wollte, war es ein ruhiger Ort, zumal die anderen Slytherins zu diesem Zeitpunkt alle noch Unterricht hatten. Umso überraschter war er, als er von einem lauten Stimmengewirr begrüßt wurde. Erst wollte er sich schnell umdrehen, und den Raum verlassen, doch dann hatte man ihn schon entdeckt.
Rose Minton, eine sommersprossige, kleine Fünftklässlerin kam auf ihn zu. Er mochte das Mädchen, obwohl es ihn bei ihrer Schüchternheit wunderte, dass der sprechende Hut sie ausgerechnet nach Slytherin gesteckt hat. „Hi, Rose.“ Er lächelte. “Äh… hi, Draco… ähm… was machst du denn hier?” Meine Güte, war die Kleine schüchtern. „Das selbe wollte ich dich grade fragen. Ihr habt doch jetzt normalerweise Unterricht, Kräuterkunde, wenn ich mich nicht irre.“
Natürlich irrte Draco sich nicht. Er wusste, dass Ginny Weasley heute gemeinsam mit den Fünftklässlern seines Hauses Kräuterkundeunterricht hatte. „Oh, Draco, du musst wissen“, sie begann du kichern. „dass Madam Pomfrey die Alraunen beinahe eingegangen sind. Sie meint, sie müsse sich nun um sie kümmern. Deshalb haben wir nun frei und gehen gleich schon zum Mittagessen, damit wir die Stunde anschließend nachholen können. Und nun, magst du mir auch erzählen, weshalb du hier bist?“
Draco nickte. „Ja, Snape hat mich beurlaubt, du weißt, meine Verletzung. Er meint, ich sollte mich hinlegen, aber das werde ich wohl nicht tun. Vermutlich mache ich einfach meine Hausaufgaben.“ Er wollte schon weitergehen, als Rose ihm antwortete. „Du kannst ja auch mit kommen, zum Essen, meine ich... Jetzt ist es ja noch nicht so voll... Außer uns sind ja nur die Fünfer der Gryffindors da.“ Dracos Herz begann schneller zu schlagen. „Ok“, hörte er seine Stimme sagen. Rose strahlte. „Prima, ich mach mich nur schnell frisch.“
Fünf Minuten später waren sie gemeinsam auf dem Weg zur großen Halle. Rose quasselte ununterbrochen, während Draco sich still auf das mögliche Zusammentreffen mit Ginny vorbereitete. Was sollte er zu ihr sagen? Oder sollte er ihr noch etwas aus dem Weg gehen? Ach Quatsch, was soll das bringen, sagte er zu sich selbst.
Als sie wenige Minuten darauf die große Halle betraten, begrüßte sie nicht, wie sonst üblich, das laute Stimmengewirr ihrer Mitschüler, sondern eiserne Stille. Es war Draco schon fast etwas peinlich, wie er, mit Rose als Begleitung, von den wenigen Fünftklässlern angestarrt wurde. Schnell senkte er den Kopf und zog Rose zum Slytherintisch.
Er wollte sich erst einmal einen Überblick verschaffen, ehe er sich entschied, was er wegen Ginny tun sollte. Doch erst nachdem er seinen Blick einige Male über die anwesenden Schüler geschweift hatte, hatte er sie am Ende des Gryffindortisches entdeckt. Sie trug ihre glänzenden roten Haare heute zu einem geflochtenen Zopf, weshalb er sie vermutlich nicht gleich erkannt hatte.
Sollte er zu ihr hinüber gehen? Vielleicht ganz unauffällig? Aber, was sollte er Rose sagen? Er schaute zu ihr. Nachdem sie wohl mehrmals versucht hatte, ein Gespräch mit ihm zu beginnen, er sie aber überhört hatte, war sie nun in ein Gespräch mit einer ebenso schüchternen Freundin vertieft.
Er wandte seine Augen wieder von ihr ab und Ginny zu. Ihre Blicke trafen sich einen Bruchteil einer Sekunde, ehe sie verlegen den Blick senkte und auf ihren Teller starrte. Draco aber musste unwillkürlich grinsen. In seinem Bauch begann es zu kribbeln. Jetzt oder nie, dachte er und erhob sich langsam.
Mit schnellen Schritten durchquerte er die große Halle, sein Ziel, der Gryffindortisch, immer im Blick. Sein Herz schlug in seiner Brust immer schneller auf und ab, umso näher er Ginny kam. Jetzt waren es nur wenige Schritte. Wenige Schritte und er stand genau hinter ihr.
„Bleib ruhig, Draco“, sagte er zu sich selbst, obgleich er sich sicher war, dass es für ihn unmöglich war, in dieser Situation die Ruhe zu bewahren. Nicht, wenn sein Ziel, Ginny für sich zu begeistern, zum Greifen nah war. Oder war es doch noch fern? Was, wenn Ginny diesen verhassten Potter doch so sehr liebte, dass sie sich nicht für Draco von ihm trennen wollte?
Seine Schritte wurden langsamer, kraftloser. Beinahe hätte er sich umgedreht, wäre zurückgegangen. Er hätte es noch einmal mit Pansy versuchen sollen. Vielleicht, ja vielleicht wäre er irgendwann über Ginny hinweggekommen, ohne, dass er mit ihr gesprochen hätte.
Doch da hatte ein weder hässliches, aber auch nicht so wie Ginny auffallend hübsches, Mädchen ihn schon erblickt und einen so spitzen Schrei ausgestoßen, dass Ginny sich erschrocken umdrehte und ihm geradewegs in die Augen blickte. Ihr Blick zeigte Furcht, doch auch ein kleines bisschen Freude konnte man darin erkennen, ehe sie aufsprang und aus der Halle rannte.
Draco musste nicht lange überlegen, noch ehe er hatte denken könne, hatten sich seine Füße schon in Bewegung gesetzt und steuerten ebenfalls auf die große Holztür zu. Obwohl Ginny alles andere als unsportlich war, hatte er sie direkt, nachdem er die Tür durchquert hatte, eingeholt.
Als er seine Hand ausstreckte, um sie festzuhalten, erwischte er gerade noch ihren Ärmel. Mit aller Kraft drehte er sie zu sich um. Er ergriff ihre Handgelenke und blickte ihr tief in die wunderbaren braunen Augen. Ihr ganzer Körper begann zu zittern und sie versuchte, Dracos festem Griff zu entkommen.
„Nein, Ginny“, flüsterte er. „Bleib hier, ich liebe dich doch.“ Draco spürte, wie sie sich langsam wieder entspannte. Er schloss langsam die Augen und zog sie zu sich heran. Erst, als er ihre Lippen spürte, wurde ihm bewusst, dass dies alles wirklich geschah.
7. Kapitel
Es kam ihr so unwirklich vor, dass Ginny glaubte, sie würde träumen. Doch das alles war kein Traum, sondern das wahre Leben. Und im wahren Leben stand sie vor der großen Halle und küsste Draco Malfoy. Nicht ihren Freund Harry und auch keinen anderen Gryffindor, sondern Draco, dem sie jahrelang lieber aus dem Weg gegangen wäre. Und dieser Kuss war besser, als jeder, den sie jemals von Harry bekommen hat, denn Draco steckte seine ganze Liebe und Zuneigung zu Ginny hinein.
Doch als sie sich nach einer gefühlten Ewigkeit von einander lösten, senkte Ginny ihren Blick und starrte auf den marmornen Fußboden. Sie wusste nicht, was sie zu ihm sagen sollte, wusste nicht, wie sie handeln sollte. Erst nachdem Draco ihr Kinn mit zitternden Finger nach oben gedrückt hatte, konnte sie seinem Blick nicht mehr ausweichen und musste schlucken. Sie hob mit großer Mühe ihr rechte Hand und versuchte Draco abzuwehren.
„Draco, nein, du weißt doch, ich bin mit Harry zusammen.“ Ein leicht hämisches Lächeln durchzuckte nun seine bisher unsicher wirkenden Mundwinkel. „Natürlich weiß ich das, meine Kleine. Es gibt nichts, was ich nicht über dich weiß. Du bist mit ihm zusammen. Aber als Liebe kann man es wohl nicht mehr bezeichnen, oder? Sonst hättest du mich kaum gerade geküsst.“ Sein Lächeln wurde wieder liebevoll und freundlich.
Ginny stand sekundenlang einfach wie versteinert da. Sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte. Doch zugleich wurde ihr die Wahrheit von Dracos Aussage bewusst. Er hatte zweifellos Recht mit allem, was er eben gesagt hatte. Aber sie wollte nicht, dass es so war. Sie wollte nicht, dass ihre lange Beziehung mit Harry fast nicht mehr auf wahrer Liebe basierte.
„Lass mir bitte etwas Zeit, Draco. Ich muss darüber nachdenken, was du eben sagtest.“ Sie sah Draco wie gebannt an. Fast wünschte sie sich, er würde ihr keine Zeit geben wollen und sie einfach ziehen lassen. Doch Dracos Gesicht schließ einen solchen Schluss, ebenso wie seine Worte, nicht zu. „Natürlich, Ginny. Ich gebe dir soviel Zeit, wie zu brauchst. Ich habe schon so lange gewartet, da kommt es nicht auf Minuten, Stunden oder Tage an.“
Ginny nickte leicht verwirrt und stieg dann eilend die Treppen zum Porträt der fetten Dame hinauf. „Flederwicht“, murmelte sie ihr zu, ehe sie Hals über Kopf in den Gemeinschaftsraum stürzte. Der Raum war voller Fünftklässler, die in Gesprächen vertieft zu sein schienen, als sie hereinkam aber augenblicklich schwiegen.
Samantha kam auf sie zu gerannt, packte sie am Handgelenk und zog sie die schmale Treppe zu den Schlafräumen der Mädchen hinauf. Oben angelang öffnete sie eine hölzerne Tür und schob die Freundin hinein. „Hey, Mädel, Setz dich doch erst einmal aufs Bett und beruhig dich. Du hast ganz viele rote Flecken im Gesicht.“ Ginny nickte zerstreut und ließ sich auf das naheste Bett fallen, wobei es nicht ihr eigenes war.
„Was ist denn nun eigentlich passiert? Ich habe dich nur wegrennen sehen, als dieser Malfoy kam. Was wollte er von dir?“ Doch Ginny winkte nur ab. „Es war nichts bestimmtes, du kennst ihn doch. Ich bin eine Gryffindor und dann auch noch mit seinem Erzfeind zusammen, kein Wunder, dass er auf mich nicht gut zu sprechen ist“, meinte sie ruhig. „Nur, ich wünschte, wir könnten endlich alle zusammenhalten, besonders jetzt, wo Du-weißt-schon-wer wieder zurück ist.“
Samantha sah sie kurz an, dann lachte sie laut auf. „Du willst, dass wir gegen Ihn mit Malfoy zusammenhalten?“, fragte sie zwischen zwei Lachanfällen. „Ich meine, er ist ein Todesser, das weiß doch jeder. Und Todesser kämpfen nun mal nicht gegen, sondern mit Du-weißt-schon-wem.“
Ginny musste schlucken. Sie konnte es nicht glauben und sie wollte es auch nicht. Draco. Ein Todesser. Ja, alle wussten es, oder meinten sie, es zu wissen? Immerhin hatte noch nie jemand das dunkle Mal auf seinem Arm gesehen. Und eben, als sie sich geküsst hatten, hatte sie es auch nicht gesehen. Oder hatte sie nur nicht darauf geachtet? Aber warum nicht? Weil es ihr egal gewesen wäre? Möglich.
„Ginny? Hast du etwas?“, riss Samantha sie aus ihren Gedanken. „Ach, was. Mir geht es heute einfach nicht so gut. Liegt bestimmt am Wetter.“ Ginny hoffte, die Freundin mit dieser Ausrede überzeugt zu haben und sah sie etwas zweifelnd an. Samantha schien zu überlegen, dann begann sie langsam zu nicken. „Hm, kann ich versehen. Vielleicht sollte ich Madam Sprout bitten, dich vom unterricht zu befreien.“
Ginny lächelte erleichtert und sah sie dankbar an. „Das wäre wirklich lieb von dir. Ich lege mich dann hin.“ Sie erhob sich von dem Bett und ging zu ihrem Schrank hinüber, in dem sie nach einem von Mrs Weasley gestrickten Schlafanzug zu suchen begann. Samantha schlich zur Tür. „Ich bin dann jetzt weg, ok? Schlaf schön.“ „Ja, werd ich“, meinte Ginny mit gespielter Fröhlichkeit.
Endlich hatte sie einen tiefblauen, an den Knien schon etwas zerschlissenen und an den Beinen viel zu kurzen Schlafanzug gefunden. Sie zog ihn sich an, warf sich aufs Bett und seufzte laut. Wenn sie es nicht geschafft hatte, Samantha die Wahrheit zu sagen, wie würde es dann mit Harry, ihrem Freund, werden? Wird sie ihm die Wahrheit sagen können? Oder wird sie sich ohne einen Grund zu nennen, von ihm trennen?
Ginny musste schlucken und Tränen liefen ihr übers Gesicht. Sollte sie sich wirklich von Harry trennen, dann wäre nicht nur ihre Beziehung, sondern auch ihre Freundschaft entgültig vorbei. Und was würde bloß Ron denken, immerhin ist er seit Jahren Harrys bester Freund. Von Anfang an war er nicht sonderlich begeistert davon, dass Ginny mit Harry zusammen war und wenn sie sich jetzt noch trennten fühlte er sich sicherlich in seinem Zweifel bestätigt.
Langsam setzte sie sich im Bett auf und zog die Bettdecke unter ihren Beinen weg. Sie faltete sie auseinander, wickelte sie um sich und schloss dann die Augen, um Sekunden später einzuschlafen.