So, hab das Kapitel jetzt geändert - besser?
(Deinen letzten Kommentar lasse ich jetzt einfach mal kommentarlos

)
Und Kapitel Nummer acht ist fertig!
8. Kapitel
Liezah wusste nicht mehr genau, wie sie sich an diesem Nachmittag wirklich gefühlt hatte. Sie würde es auch nie jemandem erzählen können.
Als sich Kristen endlich, in der zweiten Ferienwoche, mit allen Kindern des Waisenhauses auf den Weg machte, um ihre Schwester zu besuchen, spürte Liezah fast nichts. Bald würde es so weit sein, das wusste sie. Oft hatte sie es sich schon ausgemalt, doch jetzt schien ihr Kopf wie leer. Als sie Tom in die Arme schloss konnte sie sich gar nicht mehr an die Fahrt erinnern.
„Bald, Liezah, bald.“, flüsterte er ihr ins Ohr, und Liezah spürte den verdutzten Blick von Kristen in ihrem Rücken, dass sie diesen Jungen sofort in die Arme schloss. Als Liezah sich umdrehte, lächelte Kristen aber. Nach ungefähr einer Stunde unzulänglichen Geplauders, schafften Liezah und Tom es, sich unbemerkt davonzuschleichen. Die beiden Waisenhäuser zusammen ergaben ungefähr fünfunddreißig Kinder – in Altersstufen zwischen drei und 15 Jahren. Trotzdem wussten Liezah und Tom wie viel Glück sie hatten, dass sie es geschafft hatten unbemerkt zu verschwinden. Der Ausflugsort, den Kristens Schwester vorgeschlagen hatte, war ein trostloser Sandstrand, der im Sommer allerdings schöner aussah als im Winter, wie Tom erzählte. Noch einmal hatten sie Glück gehabt: Er kannte sich hier aus. Tom führte Liezah weit weg von den anderen, doch sie hörte die Stimmen, die der scharfe Wind ihnen zu trieb, trotzdem noch.
Es klang gespenstisch.
Bei ein paar schroffen, aus der Brandung ragenden Klippen machte Tom halt. Ohne ein Wort zu sagen packte er Liezahs Hand und kniff die Augen vor Konzentration fest zu. Was sie versuchen wollten, versuchen mussten, um weiter zu kommen, war schwierig, und gefährlich, das wussten beide ganz genau. Doch es gab keine andere Möglichkeit.
Das Apparieren hatten sie in der Bibliothek nachgeschlagen, und sich die Regeln eingeprägt: Ziel, Wille, Bedacht. Natürlich wussten sie, dass es in der Theorie einfacher erschien als in der Praxis, doch die beiden waren sehr begabte Schüler, und genau so stur. Was sie sich in den Kopf gesetzt hatten, zogen sie durch. Es war nicht das erste Mal, dass die beiden es versucht hatten, denn in jeder freien Minute, in der sie unbeobachtet gewesen war, hatte Liezah das Apparieren geübt, und von Tom wusste sie aus seinen aufgeregten Briefen, dass er es, genau wie sie, ein- zwei Mal geschafft hatte. Und jetzt, in der einen Hand ihren Zauberstab fest umklammert, in der anderen die Hand Toms, schien es für Liezah noch viel wahrscheinlicher, dass sie das, was sie seit mehr als einem halben Jahr planten wirklich schaffen würden.
Grade sahen sich die beiden Kinder in die Augen und nickten sich stumm zu, dass sie es jetzt versuchen würden, ertönte eine kindliche und aufgeregte Stimme hinter ihnen.
„Hallo, was macht ihr da? Darf ich auch mitspielen?“, rief die kleine Ava Everwoodsen gegen den tosenden Wind an und kam mit tänzelnden Schritten auf sie zu. Sie lachte, und das Lachen klang in dieser unwirtlichen Gegend aufgesetzt und falsch, auch wenn es von Herzen kam. Doch Avas Lächeln erfror ihr auf dem Gesicht, als sie die Mienen von Tom und Liezah sah. Trotzdem blieb sie nicht stehen, sondern kam weiter auf sie zu, als ob sie sich versichern wollte, dass ihr nur das Licht einen Streich spielte.
In diesem Moment stieg eine unendliche Wut in Liezah auf. Genau jetzt, in diesem Moment, hätten sie es schaffen können, sie hätten apparieren können, und wenn es nun nicht mehr klappte, wäre ganz allein Ava schuld, die kleine Ava Everwoodsen mit ihren perfekten Augen, dem perfekten Gesicht und der perfekten Stimme...
Tom handelte blitzschnell, sodass Liezah einen Moment brauchte um zu realisieren, was grade geschehen war. Dann-
„Du hast sie umgebracht?“, flüsterte sie ungläubig als sie auf den kleinen Körper blickte der vor ihren Füßen lag, die Lippen immer noch zu einem komischen Lächeln verzogen.
Reue überkam Liezah, ein Gefühl dass sie noch nie gespürt hatte, und sie vergaß, dass sie selbst es hatte tun wollen, dass Ava von ihr zum Tode verurteilt gewesen war, denn in diesem Moment wünschte sie sich nichts mehr als dass Ava aufsprang und ihrem ganzen schrecklichen Vorhaben ein Ende bereitete.
„Du hast sie umgebracht! Du hast sie getötet!“, schrie Liezah, diesmal lauter, und die Tränen stiegen ihr in die Augen. Tom kam langsam auf sie zu, erschrocken über ihre Reaktion.
„Aber...“, begann er, vollkommen verwirrt. Er schien nichts zu bereuen. „Aber du mochtest sie nicht mal! Du hast sie gehasst!“ Er kniete sich neben sie und legte einen Arm um sie, den sie nicht abschüttelte. Er tröstete sie, obwohl sie ihn für das, was er getan hatte, verabscheute. „Du hast sie gehasst.“, wiederholte er und drückte ihren Arm. Liezah schloss die Augen und nickte. Aber trotzdem...
„Sie war doch erst acht! Sie war viel jünger als wir, und wer weiß, vielleicht wäre sie auch eine Hexe geworden...“ – „Sie war eine Muggel, und sie wäre immer eine geblieben. Mach dir keine Sorgen. Was macht schonen einer mehr oder weniger aus? Alles wird gut. Keiner wird an uns denken, wir schmeißen sie ins Meer und sie wird einfach davon getrieben... Keiner wird wissen dass ich das war.“, sagte Tom, und seine Stimme wurde immer schwächer, zum Schluss flüsterte er fast, und Liezah beruhigte sich. Dann nickte sie einmal schnell. Sie drehte sich um und hielt sich die Ohren zu, um das platschende Geräusch von Avas Leiche die ins Meer fiel nicht zu hören. Stattdessen dachte sie an ihre Mutter.
„Wollen wir es noch mal versuchen?“, fragte Tom sanft. An seiner Stimme konnte Liezah hören, dass er davon überzeugt war, das Richtige getan zu haben, und langsam zweifelte sie an sich selbst. Was hätten sie denn mit ihr machen sollen? Von allein gegangen wäre sie niemals. Vielleicht war es so am besten.
Also nickte sie wiederum und griff nach seiner Hand.
Außerdem konnte er jetzt sichergehen, dass er wusste, wie man es machte. Es. Nicht mal denken wollte Liezah das böse Wort.
Die Finger fest ineinander verkeilt, sahen sich die beiden ein letztes Mal an. Dann drehten sie sich schnell auf der Stelle herum.
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Hm.. da fällt mir auf.. Hab ich Tom vielleicht zu drastisch dargestellt? Egal. Mord muss sein.
