Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - BEENDET
Moderator: Modis
Wow! Das ist ja mal eine unheimliche Wendung! Erschreckend, mit anzuhören, dass etwas scheinbar ganz arg Schreckliches passieren könnte, wenn die Zeit doch so verläuft! Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht. Zeitreisen sind ein sehr unsicheres Terrain zum Schreiben, könnte ich mir vorstellen. Sehr knifflig, aber ich gehe mal einfach davon aus, dass du das Problem überzeugend löst. Es ist doch tatsächlich eine Zeitreise und keine Falle, oder?
Also ich find die Geschichte von Kapitel zu Kapitel genialer Ganz egal, ob es gerade alltäglich, romantisch oder spannend ist, sie ist immer super. Und jetzt steigt die Spannung wirklich dramatisch, scheint es. Freu mich diesmal noch mehr auf die Fortsetzung als sonst!
Liebe Grüße!
Also ich find die Geschichte von Kapitel zu Kapitel genialer Ganz egal, ob es gerade alltäglich, romantisch oder spannend ist, sie ist immer super. Und jetzt steigt die Spannung wirklich dramatisch, scheint es. Freu mich diesmal noch mehr auf die Fortsetzung als sonst!
Liebe Grüße!
Neeiin, gaaar nichts ist da. *chrm chrm*Muggelchen hat geschrieben:Hi Caro,
wie jetzt? Was hast du dir mit Severus und Hermine schon gedacht? Da ist doch gar nichts *hüstel*
Natürlich. Ich hab gaaaaaaaaaaanz viel dagegen. ähem ja, dass sollte dann wohl mal ein Scherz sein.Muggelchen hat geschrieben:Das Kapitel wird wieder mal etwas länger, aber ich glaube nicht, dass du was dagegen haben wirst.
War wirklich wieder suuuuuper!!! Und die ganze Spannung. Ich bin echt gespannt, was da noch passiert!!
Viel mehr gibt´s dazu nicht zu sagen.
Liebe Grüße
Caro (Hoffentlich geht´s bald schnell weiter. )
"Sonst noch was?"
"Meinen Namen hast du auch genannt.",
"Oft?"
"Wie oft genau ist >oft<?"
"Meinen Namen hast du auch genannt.",
"Oft?"
"Wie oft genau ist >oft<?"
- Luna Potter
- Minimuff
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- Registriert: 28.01.2009 20:15
Hallo Muggelchen,
Ich habe die ganze Geschichte gelesen. Von Vorn bis hinten und ich bin total beeindruckt und völlig eingeschüchtert..Du schreibst richtig genial. All die Handlungsstränge, immer spannend und man will weiterlesen. Ich selbst schreibe auch, aber deine Geschichte stellt alles in den Schatten. Ich bin gespannt wie es weitergeht. Ich hätte jetzt mit so einer Wendung nicht gerechnet.
Ich finde die zarte Annäherung zwischen Hermine und Severus sehr schön.
LIebe Grüsse Luna Potter
Ich habe die ganze Geschichte gelesen. Von Vorn bis hinten und ich bin total beeindruckt und völlig eingeschüchtert..Du schreibst richtig genial. All die Handlungsstränge, immer spannend und man will weiterlesen. Ich selbst schreibe auch, aber deine Geschichte stellt alles in den Schatten. Ich bin gespannt wie es weitergeht. Ich hätte jetzt mit so einer Wendung nicht gerechnet.
Ich finde die zarte Annäherung zwischen Hermine und Severus sehr schön.
LIebe Grüsse Luna Potter
- Muggelchen
- Eule
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Hallo Jupiter,
die Wendung kam auch für Harry mehr als nur überraschend. Von sich selbst gewarnt zu werden, ist schon gruselig. Da fragt man sich, was wohl passieren könnte und ob überhaupt noch was passiert, nachdem sie abgereist sind. Zeitreisen sind wirklich sehr unsicher, aber zum Glück sagte der Harry aus der Zukunft, dass magische Zeitreisen noch viel unlogischer sind und deswegen keine Endloszeitschleife entstehen wird. Damit hab ich mich gerettet
Ob Zeitreise oder Falle, das musst du lesen, das verraten ich nicht :)
Ich geb's ja zu, die FF fing etwas ruhig an, aber gerade deswegen freut es mich riesig, wenn du schreibst, sie wird immer genialer - und abwechslungsreich noch dazu.
Hi Caro,
mit Severus und Hermine (ein Geheimnis ist es wohl nicht mehr) wird es sehr langsam fortschreiten. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass bei Severus irgendwann der Funke überspringt und er über Hermine herfällt. Nein, er wird eher der zurückhaltende, unsichere Typ sein, der erst auf Nummer sicher gehen will, bevor er einen Schritt wagt.
Hallo Luna Potter,
nein, du brauchst wirklich nicht eingeschüchtert zu sein. Besonders schön finde ich, dass dir die Handlungsstränge gefallen. Meist stürzen sich Leser ja nur auf FFs mit ihrem Lieblingspärchen. Fandest du Hermine und Severus schon vorher als Paar interessant oder erst jetzt? Das würde mich wirklich interessieren.
Im Verlauf der Geschichte werden einige Dinge geschehen, mit denen man nicht gerechnet hat, wobei ich sagen muss, dass die Zeitreise wohl die extremste Wendung ist.
Wenn man bedenkt, dass Hermine und Severus hier schon einige Male aneinander geraten sind, machen die beiden sich ganz gut. Beide verhalten sich erwachsen und respektieren sich. Da kann natürlich auch mehr draus werden
Liebe Grüße,
Muggelchen
090 Der Feind meines Feindes
Nachdem sein Ich aus der Zukunft ihn allein gelassen hatte, stand Harry eine Weile bewegungslos im Raum und dachte angestrengt darüber nach, was er den anderen erzählen könnte, damit sie ihm ohne zu Murren folgen würden. Unverhofft betraten Severus und Hermine sein Hotelzimmer und sie fanden ihn regungslos in der Zimmermitte stehend vor.
„Harry?“, fragte Severus vorsichtig, nachdem er das auf dem Boden liegende, zerschellte Geschirr vom Frühstück bemerkte.
Die Stimme seines Kollegen ließ ihn sofort wieder klar denken und er folgte allein seinem Instinkt, als er aufgebracht sagte: „Wir müssen weg, sofort! Packt eure Sachen und wartet im Foyer!“
Hermine kam auf ihn zu und forderte eine Erklärung, indem sie fragte: „Was ist passiert, Harry?“
Er ergriff sie an den Oberarmen und drückte zu, um seinen Entschluss deutlich zu machen, bevor er befahl: „Geht in euer Zimmer und packt eure Sachen!“
Sie schüttelte den Kopf und wollte widersprechen, doch Severus sagte: „Hermine, kommen Sie. Wir tun besser, was er sagt.“
’Das war ja leicht gewesen’, dachte Harry erleichtert, als er mit hochgezogenen Augenbrauen dabei zusah, wie Severus Hermine aus dem Zimmer begleitete. Er hatte mit viel mehr Widerspruch gerechnet; Fragen über Fragen von Hermine und skeptische Bemerkungen von Severus, aber gerade Severus musste den Ernst der Lage gerochen haben, vermutete Harry. In null Komma nichts hatte Harry per wort- und stablosen Zauber nicht nur die Unordnung auf dem Boden beseitigt, sondern auch Annes Koffer und seine eigenen Sachen gepackt. Mit dem Gepäck ging er zu Hermine und Severus hinüber. Die Tür des anderen Zimmers stand offen, so dass er ohne anzuklopfen eintrat, um nachzusehen, wie weit die beiden schon waren. Er war offensichtlich nicht bemerkt worden, denn Hermine und Severus redeten miteinander.
Seine Ankunft wollte Harry nicht geheim halten, weswegen er sich verbal ankündigen wollte, doch bevor er etwas sagen konnte, hörte er Severus’ Worte: „Sie sind doch eine seiner engsten Vertrauten! Warum sträuben Sie sich dann so, einfach zu tun, was er verlangt?“
„Weil ich ihn als seine beste Freundin sehr gut kenne und das da drüben war nicht ’mein’ Harry!“, erklärte sie.
Harry stutzte und lauschte weiter, wie Severus sagte: „Ich bitte Sie, nur weil er etwas durch den Wind war heißt das noch lange nicht, dass er nicht er selbst ist.“
„Ich möchte nochmal mit ihm reden und wissen, warum wir packen sollen. Das macht doch alles keinen Sinn!“, meckerte Hermine. Harry hörte Severus seufzen und diesen Moment nutzte er, um sich ihnen zu offenbaren.
„Severus, Hermine? Seid ihr fertig?“, fragte er, während er sein Gepäck im Flur abstellte.
Sofort stürzte sich Hermine auf ihn und fragte verzweifelt und gleichermaßen aufgeregt: „Erklärst du’s mir bitte? Ich verstehe dich nämlich nicht.“
Seufzend kam Harry einige Schritte näher, so dass er endlich in der Zimmermitte stand und Severus auf dem Bett sitzen sehen konnte, bevor er sagte: „Vertrau mir einfach, ja?“ Er klang sehr flehend und das musste Hermine überzeugt haben.
„Aber später, da erklärst du es mir, Harry. Darauf bestehe ich!“, sagte sie bestimmend, bevor sie sich seiner Bitte beugte und sie mit einem Zauber all ihre Sachen packte. Severus war damit bereits fertig, denn er war Harrys Aufforderung längst nachgekommen.
„Anne und Sirius kommen gegen halb zwei. Es wäre schön, wenn wir…“
Hermine unterbrach ihn und fragte spottend: „Was denn? Bist du jetzt auch noch unter die Hellseher gegangen? Woher willst du wissen…“
„Sei still!“, forderte Harry aufgebracht und Hermine zuckte kurz zusammen, bevor sie ihm aufmerksam zuhörte.
„Es wäre schön, wenn wir schon kurz vor halb zwei unten im Foyer warten könnten, um die beiden gleich abzufangen. Wir checken dann in aller Ruhe“, er blickte Hermine eindringlich an, „dort aus und fahren zurück nach Inverness.“
Hermine wusste überhaupt nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Sie erkannte ihren besten Freund nicht wieder.
„Harry?“, fragte sie ängstlich, so dass ihm sein aufbrausendes Verhalten schnell Leid tat.
„Sei mir nicht böse, Hermine, aber einmal in meinem Leben will ich von Anfang an alles richtig machen. Ich will niemanden“, er stockte, „von euch verlieren!“
Severus und Hermine tauschten einen bedeutungsschweren Blick aus, bevor Harry mit geschlagener Stimme anfügte: „Ich bin mit dem Gepäck schon unten in der Eingangshalle. Ihr kommt gleich nach?“ Hermine nickte zögerlich und begann gleich darauf, den Rest ihrer Sachen zu packen.
Unten im Foyer warteten Severus und Hermine nebeneinander auf einer Sofaecke sitzend, während Harry auf und ab ging und immer wieder seinen Blick durch die Fenster auf die Straße richtete. Hermine war unruhig, was Severus – und jeder andere, der sie erblicken würde – daran erkannte, dass sie nicht still sitzen konnte. Mehrmals rutschte sie auf der Sitzfläche nach vorn, um nur wenig später wieder nach hinten zu rutschen. Dabei stieß sie mehrmals mit ihrem Knie an seines, bis er leise sagte, so dass Harry ihn nicht hören konnte: „Eines hat das Wochenende bestätigt, nämlich dass Sie als Spion für weitere Aufträge dieser Art definitiv nicht in Frage kämen, Hermine.“ Entgeistert bis böse blickte sie ihn daraufhin an, so dass er schäkernd hinzufügte: „So wie sie nervös hin und her rutschen stelle ich mir ernsthaft die Frage, ob als Erstes der Bezug der Couch abgewetzt sein wird oder ob mein Knie bereits eine bläuliche Verfärbung aufweist.“
Erst jetzt bemerkte sie, dass sie ihn einige Male versehentlich gestoßen haben musste, so dass sie sich zwang, ruhig zu sitzen, bevor sie leise sagte: „Entschuldigung.“
Severus ging auf ihre Entschuldigung gar nicht ein, denn er bemerkte durch das Fenster hindurch Miss Adair und Black, die seelenruhig zum Eingang des Hotels schlenderten. Auch Hermine bemerkte die beiden und schaute gleich darauf auf ihre Armbanduhr. Es war kurz vor halb zwei, genau wie Harry es vorhergesagt hatte. Aufgebracht erhob sich Severus von der Couch und eilte ebenso wie Harry zur Drehtür des kleinen Hotels, um die beiden in Empfang zu nehmen. Kaum war Black eingetreten, flüsterte Severus vorwurfsvoll: „Sie Idiot!“
Im ersten Moment konnte Harry nicht nachvollziehen, warum Severus ihn so angeblafft hatte, doch dann fiel es ihm ebenfalls auf und er machte seinen Patenonkel flüsternd auf dessen schwerwiegendes Fehlverhalten aufmerksam, indem er leise fragte: „Sirius, warum bist du nicht Tatze?“
„Ähm…“, war alles, was Sirius entgegnen konnte. Er war vorhin Anne gefolgt, indem er auf die Straße appariert war. Die ganze Zeit über war er mit ihr durch die Gegend geschlendert, um zu reden, was in der Form eines Tieres nicht möglich gewesen wäre. Er hatte schlichtweg vergessen, dass man ihn hier nur als Hund kannte.
„Sirius, du wartest am Auto, sofort!“, befahl Harry und Sirius gehorchte, obwohl sein Gesichtsausdruck zeigte, dass er verwirrt schien. Bevor Anne etwas sagen konnte, schleifte Harry sie zur Rezeption und erklärte ihr auf den Weg dorthin, dass sie jetzt sofort auschecken wollten. Anne war zwar überrascht, gehorchte jedoch ohne Murren.
Während der Autofahrt zurück nach Inverness, die Sirius nun in seiner normalen Gestalt angetreten hatte und jetzt vorn neben Anne saß, herrschte eisige Stille. Niemand wagte es ein Wort zu verlieren, bis Severus es nicht mehr zurückhalten konnte. Seine Hände ballten sich zu Fäusten und er holte aufgeregt Luft, bevor er an Hermine gerichtet fragte: „Sagen Sie, hätten Sie noch welche von diesen Tabletten gegen Reiseübelkeit?“
Ihr vor Kummer geplagtes Gesicht entspannte sich und sie musste aufgrund der Frage sanft lächeln, bevor sie erwiderte: „Ja, sicher.“ Sofort kramte sie in ihrer Handtasche, die sie zwischen ihren Beinen abgestellt hatte. Er erhaschte einen Blick auf den Inhalt und kam zu dem Schluss, dass er alles schon einmal gesehen hatte. Der Inhalt ihrer Tasche war ihm genauso vertraut wie die Frau, der die Tasche gehörte.
Nachdem sie in Inverness den Leihwagen abgegeben hatten und sich alle fünf zu Fuß auf den Weg zu einer abgelegenen Brücke machten, damit sie ungesehen vor die Tore von Hogwarts apparieren konnten, brach Sirius das Schweigen, denn er sagte aufgebracht: „Es war völlig übertrieben, sofort aufzubrechen, nur weil wir uns ein wenig in den Haaren hatten.“
Harry stutzte, wie auch Severus und Hermine, doch Harry war derjenige, der als Erster erklärte: „Das hat damit doch überhaupt nichts zu tun, Sirius. Wir mussten aus einem anderen Grund weg!“
„Ach ja? Warum mussten wir, frage ich mich? Weil Severus die Nase voll hatte oder?“, blaffte Sirius.
Bevor Severus sich verteidigen konnte, forderte Hermine an Harry gewandt: „Dann erkläre uns mal allen, warum wir deinetwegen so abrupt aufbrechen mussten.“
An einer verlassenen Bootsanlegestelle blieb Harry stehen und drehte sich zu den vieren um. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Er atmete tief ein und aus und erklärte im Anschluss: „Vielleicht steht morgen etwas darüber in der ’Muggelpost’. Wir sollten jetzt apparieren.“
Seine Worte klangen kraftlos, so dass niemand mehr etwas dagegenhalten wollte. Sirius apparierte mit Anne in ihre Wohnung, blieb jedoch nicht dort, weil sie um etwas Zeit für sich gebeten hatte, so dass er nach einem kurzen Gespräch mit ihr gleich nach Hogwarts apparierte und dort erneut auf Hermine, Harry und Severus traf.
Severus grinste fies und fragte stichelnd: „Was denn, was denn? Vor die Tür gesetzt worden?“
Es war kein aggressiver Blick, den er Severus zuwarf, sondern einer, der mit Schuldgefühlen durchtränkt war. Sirius würde es natürlich niemals jemandem erzählen, aber Anne, nachdem sie vorhin während des Spaziergangs in Aberdeen seiner Geschichte über ’Brenda’ und die Verknüpfung zu Severus gelauscht hatte, hatte ihm gerade eben ihn ihrer Wohnung klar gemacht, dass sie heilfroh darüber sein würde, ihn früher nie gekannt zu haben. Als Sirius nachgefragt hatte, wie sie das meinen würde, hatte sie ehrlich geantwortet: „Weil du früher offensichtlich einer von genau den Kerlen gewesen warst, deren Typ ich gar nicht ausstehen kann. Du warst damals ein kleiner Casanova, aber das ist es gar nicht mal, was so schlimm ist.“ Sie hatte geseufzt, bevor sie noch leise angefügt hatte: „Du warst gemein und hinterlistig, Sirius, und so was kann ich auf den Tod nicht ausstehen! Ich dachte bisher immer, du wärst nett.“
„Aber ich bin nett!“, hatte Sirius ihr versichern wollen.
Sie schüttelte den Kopf und erklärte: „Weiß du, in der Schule war ich eine ’graue Maus’, weil ich keine Markenklamotten getragen habe und weil ich mit meinem Musikgeschmack aus der Reihe getreten bin; der ließ sich halt nicht mit den aktuellen Charts vereinbaren. Ich wusste nicht einmal, welche Band gerade ’in’ ist. Ich habe mich nie dem Zwang ausgesetzt mich anpassen zu müssen, um ’Freunde’ zu finden und bin deswegen gemieden worden. Weißt du überhaupt wie das ist, wenn man beim Sportunterricht als eine der letzten für ein Team ausgewählt wird, das von einem Mitschüler zusammengestellt wird? Dabei war ich gar nicht mal schlecht in Sport, aber Beth und ich waren immer die Letzten, die man ausgewählt hat. Du glaubst gar nicht, was wir uns alles von unseren ’Schulkameraden’ gefallen lassen mussten; was man uns für Schimpfworte an den Kopf geworfen hat, nur weil Beth eine ’Streberin’ war und ich Klamotten von der Stange getragen habe. Kinder können echt grausam sein, aber Jugendliche können noch viel mehr verletzen, weil die mit ihren Bemerkungen weit unter die Gürtellinie gehen.“ Sirius hatte sie nicht ein einziges Mal unterbrochen, so dass sie noch schnell hinzufügte: „Nachdem was ich von Arthur, Remus oder dir gehört habe, ist Harry in der Schule genauso ein Außenseiter gewesen wie Snape und ich. Harry hat sich – wie ich – sogar mit anderen Außenseitern verbündet! Und auch er hatte mit solchen Idioten zu kämpfen wie Snape und ich. Du weißt natürlich nicht, wie man sich bei so einem Mobbing in der Schule fühlen könnte, nicht wahr? Du warst für alle ja immer der ’tolle Typ’, richtig? Dich hat es nicht auch nur eine Sekunde lang interessiert, was deine blöden Kommentare oder deine Scherze bei jemandem anrichten könnten. Frag doch mal Harry, wie er sich immer gefühlt hat, wenn Draco ihm das Leben schwer gemacht hat. Frag ihn ruhig mal! Beth könnte dir auch einige Geschichten aus der Schulzeit erzählen, was man mit ihr alles angestellt hat. Aber dich würden diese Anekdoten vielleicht sogar belustigen? Bist ja immerhin einer von ’denen’ oder?“ Es war weniger Wut, die er hatte heraushören können; es war Enttäuschung gewesen.
Ihre Worte hatten Sirius tief getroffen und zum Nachdenken angeregt. Im gemeinsamen Wohnzimmer angekommen setzte er sich wortlos auf die Couch und dachte nach. Er erinnerte sich an Harrys viertes Schuljahr und an den Briefwechsel, den er mit seinem Patensohn geführt hatte. Aus jedem Satz hatte Sirius damals herauslesen können, wie sehr Harry unter den Gehässigkeiten seiner Mitschüler gelitten hatte. Harry hatte damals geschildert, dass fast alle Schüler Anhänger tragen würden, auf denen „Potter stinkt“ geschrieben stand und weil er sich zu diesem Zeitpunkt auch noch mit seinem besten Freund Ron zerstritten hatte, was Hermine zwischen zwei Stühlen stehen ließ, hatte er für Harry den einzigen Kontakt dargestellt, von dem er sich ernst genommen fühlte und von dem er nicht veralbert worden war.
In den Kerkern angekommen zog Severus den Stuhl vom Tisch, damit Hermine ihre Tasche darauf abstellen konnte. Sie seufzte und fragte ihren Professor besorgt: „Haben Sie eine Ahnung, was mit Harry los sein könnte?“
Severus hob und senkte einmal sanft die Schultern, bevor er erwiderte: „Es gibt viele Vermutungen, die ich habe. Er könnte eine Vision gehabt haben – so geschockt, wie er ausgesehen hatte. Harry muss das Tablett fallengelassen haben, was darauf hinweist, dass er entweder von einer Vision heimgesucht worden war, die ihn zeitweise die bewusste Kontrolle über seinen Körper gekostet hatte oder dass er sich mächtig erschrocken haben muss. Wenn letzteres zuträfe, stellt sich natürlich die Frage, wovor er sich erschreckt haben könnte. Hatte er einen Geistesblitz? Oder war es ein plötzliches Bauchgefühl, weswegen er der Meinung war, wir wären dort nicht mehr sicher?“
Aufmerksam hörte Hermine zu, als Severus seine Kombinationsgabe offenlegte. An das am Boden liegende Tablett hatte sie gar nicht mehr gedacht, weil sie diesem Fakt keine Wichtigkeit beigemessen hatte. Eine Sache war ihr jedoch nicht klar, weswegen sie fragte: „Ich dachte, man würde sich an Visionen nicht erinnern können.“
„Nein, Hermine. An Prophezeiungen kann man sich nicht erinnern. Visionen sind etwas anders. Sie kennen dieses Gehabe doch von Sibyll oder? Mit ihrem aufgebrachten Gefuchtel und ihren bedeutungsschwangeren Vorhersagen, dass nächste Woche ein Schüler den Tod finden würde“, erklärte Severus mit Verachtung in der Stimme, so dass Hermine grinsen musste. Severus erzählte weiter: „Ich selbst habe mich oft auf meinen Instinkt verlassen, was mir mehrmals das Leben gerettet hat. Vielleicht hatte Harry jedoch auch kurz zuvor mit jemandem eine Unterhaltung geführt? Möglicherweise mit einer Angestellten des Hotels und er hat Informationen erhalten, die ihn dazu bewegt haben, solche drastische Schritte einzuleiten?“
„Was aber nicht erklären würde, warum er es uns nicht gesagt hat!“, hielt sie dagegen. „Wenn er etwas herausbekommen hätte, dann hätte er doch einfach erklären können, was geschehen ist!“
Severus nickte und bestätigte: „Da haben Sie Recht und das bringt mich dazu anzunehmen, dass der Grund für Harrys Entscheidung den Mund zu halten möglicherweise einer ist, von dem er glaubt, wir könnten ihn schwerlich nachvollziehen. Es gibt nicht viele Punkte, die erklären könnte, warum er so ein Geheimnis daraus macht. Es könnte etwas Lapidares sein, wie beispielsweise falsche Verlegenheit, falls er tatsächlich eine Vision gehabt hätte. Möglicherweise könnte er es absichtlich verbergen wollen, weil wir es einfach nicht wissen dürfen. Es schien so, als wüsste er, dass etwas Schlimmes geschehen würde, wenn wir in Aberdeen geblieben wären, wenn er sogar die morgige Ausgabe der ’Muggelpost’ empfiehlt. Was also hätte ihn veranlassen können…“
„Ein Zeitumkehrer?“, unterbrach Hermine.
Severus stutzte und blickte sie mit großen Augen an, bevor er zugab: „An diese Alternative hatte ich gar nicht gedacht, aber Ihre Überlegung ist nicht von der Hand zu weisen. Das könnte durchaus eine der Möglichkeiten sein, weshalb er nichts Genaueres sagen wollte.“
„Ja, weil nämlich der nicht abgesegnete Gebrauch eines Zeitumkehrers vom Ministerium schwer bestraft wird!“, meckerte Hermine, die innig hoffte, dass Harry kein solches Gerät verwendet hatte.
Severus hingegen hob einmal gelangweilt eine Schulter, bevor er entgegnete: „Möglicherweise würden Sie anders darüber denken, Hermine, wenn Harry unter anderem damit Ihr Leben gerettet haben sollte.“
Severus’ Worte ließen sie die Situation überdenken und letztendlich stimmte sie ihm zu, dass man bis zum nächsten Tag abwarten sollte. Vielleicht würde, wie Harry es vorhergesagt hatte, tatsächlich etwas in der „Muggelpost“ stehen, denn das war eine der wenigen Tageszeitungen, die auch ausführlich über Ereignisse in der Muggelwelt berichtete. Hermine hatte schon etliche Ausgaben dieser Tageszeitung gelesen, wenn sie im Fuchsbau gewesen war, denn Arthur hatte sie abonniert.
„Ich hole meinen Kniesel bei Hagrid ab. Ich bringe Ihren Hund auch gleich mit, ja?“, schlug Hermine vor.
„Ja, das wäre sehr nett von Ihnen“, erwiderte er freundlich.
Es war schon kurz nach zehn Uhr abends, doch Hagrid war noch wach. Er grüßte Hermine freundlich und bat sie, auf einem seiner übergroßen Stühle Platz zu nehmen.
„’nen Tee, Hermine?“, fragte er breit lächelnd, doch sie lehnte ab. „Seit wann trinkst du keinen Tee mehr bei mir?“
„Es ist schon spät und ich hab eine lange Fahrt hinter mir. Sei mir deswegen bitte nicht böse. Ich wollte mich herzlich bedanken, dass du auf meinen Kniesel und auf Severus’ Hund aufgepasst hast. Ich hoffe, die beiden haben keinen Ärger gemacht.“
„Ärger? Nich’ im Geringsten! Komm mal mit“, sagte Hagrid, der bereits zu einer Ecke des Zimmers ging und sie folgte ihm.
Hermines Blick fiel auf einen riesigen Korb mit Decken und Kissen und in ihm lag Harry mit wachen und rotierenden Ohren auf seiner Seite, während Hermines bisher namenloser Knieselmischling sich an den Bauch des Hundes gekuschelt hatte. Der Kniesel schlief fest, aber Harry blinzelte bereits, war jedoch zu faul, etwas anderes außer den Ohren und den Augenlidern zu bewegen.
„Die haben heute nach dem Fressen fast die ganze Zeit miteinander gespielt und dann da drin gepennt. Ist das nicht ganz goldig?“, fragte Hagrid, ohne darauf eine Antwort zu erwarten. In dem Moment, als Hagrids tiefe brummende Stimme nicht gerade sehr leise ertönt war, war der Kniesel auch schon aufgewacht und er hatte sich gleich darauf gestreckt, was wiederum Harry zum Aufstehen animierte hatte.
Hermine ging vor dem Korb in die Knie und lächelte, als der Kniesel ihre Hand mit dem Kopf anstieß, bevor sie sagte: „Die kommen ja bestens miteinander aus. Ich nehme Severus’ Hund gleich mit; er wartet schon.“
„Kommst du eigentlich mit ihm gut klar?“, fragte Hagrid. Weil Hermine einen fragenden Gesichtsausdruck machte, erklärte Hagrid: „Na mit Snape meine ich. Ich finde, er ist in letzter Zeit etwas… Wie soll ich es sagen? Wäre er ein Knallrümpfiger Kröter, würde ich sagen, er ist mittlerweile handzahm geworden.“ Hagrid lachte grollend und Hermine lachte mit.
„Sag ihm bloß nie, dass du ihn mit so einem Kröter verglichen hast, Hagrid“, legte sie ihm mit breitem Grinsen nahe und er versicherte ihr, niemals etwas Ähnliches zu irgendjemandem zu sagen, weil er sehr an seinem Leben hängen würde. „Vielen Dank nochmal, Hagrid. Du bist wirklich der Einzige, dem ich ein Tier ohne zu zögern anvertrauen würde“, sagte sie lobend, bevor sie ihn wegen seiner Größe um die Taille herum umarmte und sich gleich darauf verabschiedete.
An seinem Schreibtisch sitzend erledigte Severus die Arbeiten, die gestern liegen geblieben waren. Es waren Aufgaben der siebten Klasse. Dracos Aufsatz war, ohne dass er ihn aufgrund persönlicher Beziehungen bevorzugen würde, die beste aller Arbeiten, was ihn zufrieden schmunzeln ließ. Severus hörte, wie sich jemand seiner Tür näherte und als sie sich öffnete, trat Hermine herein.
„Severus? Ihr Hund“, sagte sie, während sie arge Mühe hatte, mit dem Kniesel auf dem Arm Harrys Leine festzuhalten, denn der wollte mit wedelndem Schwanz zu seinem Herrchen stürmen.
„Bringen Sie ihn doch bitte in meine Räume“, bat er. Da sie ihn etwas verwundert anblickte, erklärte er: „Das Gemälde hat die Anweisung erhalten, neben Harry jetzt auch Ihnen Zutritt zu gewähren.“
„Oh, ja sicher“, sagte Hermine, die im ersten Moment gar nicht begreifen wollte, dass ihr sonst so verschlossener Professor ihr Zugang zu seinen persönlichen Räumen gewährt hatte. Wahrscheinlich hatten einige Personen in Hogwarts dieses Privileg erhalten. Sicherlich durften Albus und Minerva, vielleicht sogar Filius und Pomona bei ihm ein und aus gehen.
Das Gemälde vor Snapes Gemächern betrachtete sie mit gekräuselter Nase von oben herab, öffnete jedoch wortlos, so dass sie den Hund zunächst loslassen konnte. Auch ihren Kniesel ließ sie im Wohnzimmer laufen, damit sie Harry von seiner Leine befreien konnte und während sie beim Hund kniete, rannte ihr Kniesel zu einer anderen Tür.
„Bleib hier“, rief sie ihm hinterher, doch schon war er durch einen Türspalt hindurch in ein anderes Zimmer verschwunden. „Verdammt“, fluchte sie ihm leise hinterher.
Hermine ging zu der anderen Tür hinüber und schwang sie auf. Der Raum entpuppte sich als, wie sie es befürchtet hatte, Severus’ Schlafzimmer. Ihr Kniesel sprang gerade von einem gepolsterten Stuhl hinunter und rieb sein Gesicht im Vorbeigehen an ein paar Bücher, die auf dem Boden abgelegt worden waren. Als sie auf das schwarze Tier zuging, hüpfte es wagemutig hin und her.
„Ich will jetzt nicht spielen. Komm her, wir gehen nach drüben“, sagte sie in sanftem Tonfall, doch dem Kniesel war jetzt nach Spielen zumute. Wenn sie sich ihm näherte, wartete er sprungbereit ab, damit er übermütig weglaufen konnte, wenn sie ihm gefährlich nahe gekommen war. Zuletzt rannte er unter das große Bett und Hermine seufzte.
Jetzt gab es nur zwei Möglichkeiten. Sie könnte zu Severus gehen und ihm erklären, dass der Kniesel in sein Schlafzimmer gelaufen war und sie sich nicht ohne Erlaubnis in diesem Raum aufhalten wollte, um ihn wieder einzufangen, was ihr sicherlich eine spitze Bemerkung seinerseits einbringen würde. Die Alternative dazu war, den Kniesel so schnell wie möglich selbst einzufangen und nie ein Sterbenswörtchen über den Vorfall von sich zu geben. Sie entschied sich für letztere Möglichkeit.
Die Hälfte der Schularbeiten war er bereits durchgegangen und den Rest wollte er morgen erledigen, so dass er sein privates Büro verließ, um es sich mit einem Schluck Elfenwein vor seinem Kamin gemütlich zu machen. Sein Hund schlummerte in einem großen Korb und ließ sich von ihm zur Begrüßung tätscheln. Gleich darauf entledigte Severus sich seines hochgeschlossenen Gehrocks und er öffnete die Knöpfe seiner Weste, die er stets über dem weißen Hemd trug, welches kaum jemand unter seiner schwarzen Kleidung vermuten würde. Dem Schränkchen neben dem Kamin entnahm er ein Glas und eine Weinflasche und während er sich etwas einschenkte, fiel sein Blick auf die Flasche Nesselwein im Schrank, die Harry ihm letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. Dann hörte er plötzlich eine dumpfe Stimme aus seinem Schlafzimmer, aber er verstand die Worte nicht. Er zückte seinen Zauberstab und schlich sich leise an, doch er wurde mit einem Male stutzig. Sein Hund lief normalerweise, wenn sich jemand seinen Räumen näherte, schon Minuten vorher wachsam zur Tür und jetzt, wo sich unüberhörbar eine Person in seinem Schlafzimmer aufhalten musste, lag er seelenruhig in seinem Korb und schlummerte.
Vorsichtig betrat Severus sein Schlafzimmer. Den Zauberstab senkte er wieder, als er auf das in die Höhe gerichtete Gesäß seiner Schülerin blickte, die neben dem Bett hockte und mit einem Arm wie wild darunter herumfuchtelte. Dann vernahm er ihre Stimme: „Wehr dich nicht, ich will nicht spielen. Du sollst da rauskommen!“
„Her…“, Severus hielt inne, da bereits die erste Silbe ihres Namens, die seine Lippen verlassen hatte, sie so sehr erschreckt hatte, dass sie sich ihren Kopf am Bettgestell gestoßen hatte.
Auf den Knien rutschend hatte sie sich umgedreht und ihren Oberkörper aufgerichtet, bevor der Schmerz sie etwas verspätet durchfuhr, so dass sie sich mit einer Hand den Hinterkopf rieb und dabei stöhnte.
„Mein Kniesel hat sich unter ihrem Bett verbarrikadiert und will einfach nicht herauskommen.“
Er grinste halbseitig und ihr war nicht ganz klar, ob er Schadenfreude empfand, weil sie sich den Kopf gestoßen hatte oder ob ihn die Situation an sich amüsiert stimmte. Belustigt sagte er: „Hermine, ich hätte vermutet Sie wüssten, dass man in solchen Fällen an den Spieltrieb eines so jungen Tieres appellieren muss. Greifen Sie nicht nach ihm, sondern locken Sie ihn!“
Sie stand auf und rieb sich weiterhin den Hinterkopf, während sie auf den Boden schaute und nachdachte. Sie zog ihren Zauberstab, aber ihr schien nichts einzufallen und während sie sich noch immer in seinem Zimmer umblickte, bemerkte sie auf seinem Nachttisch ein dünnes, strahlend weißes Büschel langer Haare. Ein genauerer Blick verriet ihr, dass es sich um Einhornhaar handelte und ein daneben liegender Einkaufszettel bestätigte ihr, dass er es kürzlich gezählt haben musste, denn diese seltene Zutat ging offensichtlich zur Neige.
Sie griff nach dem Büschel strapazierfähiger Schweifhaare und grinste einmal frech zu Severus hinüber, bevor sie die Haare auf dem Boden hin und her bewegte. Auf der Stelle kam der Kniesel unter dem Bett hervor und angelte nach den Haaren, die Hermine nun so hoch hielt, dass er sie nicht erreichen konnte. Sie griff sich ihren Kniesel, der sofort wohlig zu schnurren begann, legte das Einhornhaar wieder auf Severus’ Nachttisch und strahlte ihn mit einem triumphierenden Lächelnd an.
„Erwarten Sie von mir nicht so etwas Albernes wie einen Applaus“, sagte er trocken, wodurch sich ihr Lächeln abrupt verabschiedete. „Wie wäre es stattdessen mit einem Schluck Elfenwein?“ Ihr Lächeln kam genauso schnell wieder zurück wie es verschwunden war.
Am nächsten Morgen am Frühstückstisch war Harry der Letzte, der von allen Lehrern gekommen war und es war anzunehmen, dass er sich mit Absicht Zeit gelassen hatte, um nicht Rede und Antwort stehen zu müssen. Nachdem sich Harry neben Severus gesetzt hatte, flogen bereits die ersten Posteulen durch die Öffnungen im Dach der großen Halle. Erst gestern noch hatte Hermine per Eule ein Exemplar für den nächsten Tag bestellt und sofort bezahlt, so dass sie nun neugierig die pünktlich gelieferte Sonntagsausgabe der „Muggelpost“ aufschlug.
Die erste Seite wurde von einer Schlagzeile geziert, die sie erschrocken Luft holen ließ, so dass Severus sich nach rechts wandte und sie fragte: „Was haben Sie?“
Hermine hielt ihm die Schlagzeile unter die Nase und dort stand fettgedruckt, was Severus leise vorlas: „Muggel-Hotel in Aberdeen in Flammen aufgegangen“. Severus bemerkte, wie die Hände seiner Schülerin zitterten. Sie war sich gerade bewusst darüber geworden, dass sie gestern alle ihr Leben hätten verlieren können.
Gleich darauf warf sie Harry die Zeitung unwirsch auf den Tisch und sagte vorwurfsvoll: „Ich würde heute gern deine Version hören, Harry!“
Harry überflog die Schlagzeile und sagte gelassen: „Warum? Du weißt ja jetzt, warum wir abreisen mussten.“
Sie beugte sich am Tisch vor, damit sie an Severus vorbei angestrengt leise entgegnen konnte: „Aber warum wusstest du das?“
„Hermine“, brachte Harry gereizt heraus, denn wenn er mit ihr darüber reden würde, dann bestimmt nicht während des Frühstücks am Lehrertisch.
Gerade wollte sie noch etwas entgegnen, da sagte Severus, dem sie so nahe war, dass sie seinen Atem spüren konnte: „Ich bitte Sie, Hermine, Sie versperren mir den Zugriff auf mein Frühstück.“
Sie blickte Severus kurz an, bevor sie sich ihre Ausgabe der Muggelpost schnappte und sich wieder normal hinsetzte.
Anstatt wie Harry oder Severus zu frühstücken las sie den dazugehörigen Artikel auf Seite drei weiter. In dem Hotel war für Samstagnachmittag eine private Veranstaltung geplant gewesen und zwar von niemand anderem als Robert Hopkins. Die Veranstaltung war im Artikel als eine kleine „Vereinsversammlung“ beschrieben worden. Die Muggelpost hatte kein Wort darüber verloren, was wirklich alles hinter Robert Hopkins steckte. Entweder wussten sie es nicht oder sie hielten es nicht für wichtig genug, dessen Hetzkampagne gegen die Zaubererwelt zu erwähnen. Auf jeden Fall war diese kleine Versammlung von anderen gestört worden. Es war zu einer Auseinandersetzung gekommen, bis irgendwer Molotowcocktails geworfen hatte.
Von der Seite hörte sie Severus fragen: „Was ist ein Molotowcocktail?“
Zuerst schaute sie ihn entgeistert an, bis ihr klar geworden war, dass er den Artikel unbemerkt mitgelesen haben musste, weswegen sie lächeln musste. Gleich darauf erklärte sie: „Das ist eine Glasflasche, die mit brennbarer Flüssigkeit gefüllt ist. In den Flaschenhals steckt man einen Fetzen Stoff, den man anzündet, bevor man die Flasche wirft. Wenn sie zerschellt…“
„…fängt die breitflächig verteilte Flüssigkeit sofort Feuer“, sagte er ihren Satz beendend, so dass sie nur nicken konnte. „Muggel haben erschreckend ausgefallene Ideen“, fügte er hinzu.
„Ja und sie sind darüber hinaus beängstigend wirkungsvoll“, entgegnete sie besorgt, was er mit einem Nicken bestätigte.
In seinem Büro sitzend las Arthur den Artikel in der „Muggelpost“ und er wurde sich darüber klar, dass er endlich einen Entschluss fassen musste. Er hatte nämlich nicht nur erfahren, dass es eine Auseinandersetzung in Aberdeen in Zusammenhang mit Robert Hopkins gegeben hatte. Durch einen vertrauensvollen Auroren, der sich gestern während seines Urlaubs zufällig in dieser Hafenstadt aufgehalten hatte, war er zudem an die Information gekommen, dass einer der von der Muggelpolizei festgenommenen Unruhestifter ein Squib gewesen wäre und der zweite sogar ein Zauberer. Der Squib gehörte, auch wenn er selbst in der Muggelwelt leben sollte, noch immer der Zauberergemeinschaft an, so dass Arthur zu Kingsley sagte: „Ich muss mich mit dem ’anderen Minister’ treffen. Ich muss diesen Squib und den Zauberer herholen und beide verhören!“
Kingsley bejahte lediglich, denn er wusste längst nicht mehr, wie sie sonst noch an weitere Informationen herankommen könnten, da sich Malfoy noch immer sträubte, sie nach dem letzten Besuch, bei dem sie ihm heimlich Veritaserum eingeflößt hatte, zu empfangen.
„Dann kontaktiere ihn oder ’überfall’ ihn einfach“, empfahl Kingsley.
„Nein, ich kann ihn nicht einfach so aufsuchen. Ich mach es wie es sich gehört! Das Gemälde soll mich ankündigen. Ich kann nicht verantworten, dass der Premierminister einen Herzinfarkt bekommt, sollte ich dort einfach so auftauchen“, sagte Arthur. „Heute ist Sonntag; vielleicht erreiche ich ihn ja auch gar nicht“, mutmaßte Arthur.
Kingsley lachte und sagte: „Du bist heute auch hier im Ministerium und nicht Zuhause. Regierungsoberhäupter arbeiten immer, Arthur.“
Arthur stellte sich bereits in seinem Büro vor ein Gemälde mit einem nicht schön anzusehenden, altertümlichen Schreiber. Der hässliche Mann in dem Gemälde sagte: „Ich habe zugehört, Minister. Soll ich Ihren Besuch sofort ankündigen?“
„Ja und sagen Sie ihm bitte, ich wäre in spätestens zehn Minuten bei ihm und ähm… machen Sie ihm bitte keine Angst ja?“, bat Arthur höflich, doch der Herr im Gemälde schnaufte nur verachtend.
Im Büro des Premierministers der Muggelwelt hatte eben eine Besprechung stattgefunden, weswegen er jetzt, ohne seine Gäste, noch einmal das mitgeschriebene Protokoll durchging, als plötzlich eine hässliche Gestalt in einem Gemälde auftauchte und „Pst“ machte. Erschrocken blickte der Premierminister sich um. Sein Blick fiel auf die geschlossene, kastanienbraune Tür, dann auf einige Bilder und letztendlich auf das Bild, in welchem eigentlich keine Person abgebildet war. Als er bemerkte, dass die Person in dem Gemälde sich auch noch bewegte, atmete er erschrocken ein. Dann ertönte eine Stimme, die direkt aus diesem Gemälde kam, welches er zu Beginn seiner Amtsperiode zu entfernen versucht hatte, aber das Bild hatte man einfach nicht von der Wand bekommen.
„Sehr geehrter Herr Premierminister, wir hatten schon einmal das Vergnügen, falls Sie sich erinnern“, grüßte der hässliche Mann aus dem Kunstwerk heraus. Der Premierminister schluckte und nickte bestätigend, denn er bekam kein einziges Wort heraus, so dass das Gemälde, nachdem es einmal geseufzt hatte, ihn darüber in Kenntnis setzte: „Der Minister der Zaubererwelt hat sich für ein persönliches Gespräch mit Ihnen entschlossen und wird innerhalb der nächsten zehn Minuten in Ihrem Büro auftauchen. Bitte treffen Sie entsprechende Vorkehrungen und teilen Sie Ihrer Vorzimmerdame mit, dass Sie für die nächste Stunde nicht gestört werden möchten. Vielen Dank für Ihre Kooperation.“ Der hässliche Mann aus dem Gemälde verschwand wieder, doch der Premierminister starrte mit großen Augen weiterhin auf den leeren Schreibpult, den das Bild zeigte und stieß es vorsichtig mit einem Kugelschreiber an.
Fünf Minuten später knisterte es laut im Kamin des Büros und der Premierminister erhob sich aufgebracht von seinem Stuhl, als ein Mann aus dem Feuer trat, der ihn gleich freundlich lächelnd begrüßte und ihm dabei die Hand reichte.
Nach der Begrüßung begann Arthur sogleich zu erzählen, doch er hielt inne, als er den erschrockenen Gesichtsausdruck seines Gesprächspartners erblickte. Vorsichtig und besorgt fragte Arthur den anderen Minister: „Es geht Ihnen doch gut oder? Hat das Bild Sie nicht vorgewarnt?“ Er betrachtete kurz das entsprechende Gemälde, welches mit einem Klebezauber versehen war, so dass die Zaubererwelt immer einen Kontakt zur Muggelwelt haben würde.
Endlich sprach der andere Minister, jedoch sehr abgehackt: „Ähm, doch… es hat… aber ich…“ Nachdem der andere Minister einmal geseufzt hatte, erklärte er: „Entschuldigen Sie bitte, aber nach Ihrem ersten Besuch dachte ich lediglich, dass der Stress mir Halluzinationen beschert hatte. Ich dachte nicht, dass mein Gespräch mit Ihnen wirklich stattgefunden hatte.“
„Oh, ich verstehe sehr gut, wie Sie sich fühlen müssen. Es liegt nicht in meiner Absicht Ihnen Unbehagen zu bereiten. Ich hätte Sie auch niemals aufgesucht, wenn die Sache nicht so dringend wäre“, erklärte Arthur mitleidig.
„Damals war ich drauf und dran, meinen Vorgänger über diese Zaubererwelt zu fragen, aber ich habe mich nicht getraut, weil ich dachte, man würde mich für nicht zurechnungsfähig halten“, offenbarte der andere Minister.
Arthur musste daraufhin lachen und erzählte belustigt: „Ja, wohl alle Ihre Vorgänger haben das Gleiche geglaubt wie Sie, nachdem Sie mit unserer Welt Kontakt gehabt hatten. Ist immerhin auch eine Art der Geheimhaltung, wenn kein Minister sich traut, etwas von uns zu erzählen. Was glauben Sie, was man von mir sagen würde, würde ich behaupten, Schrumpfhörnige Schnarchkackler sehen zu können.“
„Was bitte?“
„Ach nichts, kommen wir zu den wichtigen Punkten, werter Premierminister“, sagte Arthur mit ernsterer Miene.
Der andere Minister warf beängstigt ein: „Ich hoffe doch, es geht nicht mehr um diesen Lord. Sie hatten doch das letzte Mal ausführlich geschildert, dass er vernichtet worden wäre.“
„Nein, es geht nicht um Voldemort. Es geht um den Vorfall in Aberdeen. Es ging auch durch Ihre Presse. Sie haben die Zeitungen gelesen?“, fragte Arthur, der ihm bereits eine Ausgabe der „Muggelpost“ reichte, welche der Premierminister aufschlug und las.
Während der Premierminister den Artikel in der Muggelpost durchging, schaute Arthur sich bedächtig in dessen Büro um. Hier waren so viele Gegenstände, deren Funktionsweise er schon beim ersten Besuch hatte erfragen wollen, doch Harry hatte ihm damals den Ratschlag gegeben, seine Begeisterung für Muggelgegenstände zu unterdrücken. Sein Blick fiel auf ein seltsames Gebilde, welches auf dem Schreibtisch des Premierministers stand. Es waren fünf silberfarbene Kugeln, die von metallenen Stangen an V-förmigen Fäden hinunterhingen und Arthur brannte die Frage auf der Zunge, was das für ein Ding wohl sein könnte.
Über den Vorfall in Aberdeen war der Premierminister längst unterrichtet worden. In dem Artikel der Zeitung aus der Zauberergesellschaft standen viele Begriffe, die ihm fremd waren. Natürlich formten sich gleich Fragen in seinem Kopf.
„Minister Weasley, was ist ein ’Squib’?“, fragte er neugierig.
„Das sind Nachkommen von Zauberern und Hexen, die jedoch keine oder nur wenig magische Fähigkeiten besitzen“, erläuterte Arthur gewissenhaft, woraufhin der andere Minister einen brummenden M-Laut von sich gab und weiterlas.
„Und diese Squibs haben… Was genau waren nochmal ’Muggel’?“, fragte der Premierminister.
„Ein Muggel ist jemand wie Sie – eine Person, die nicht zaubern kann“, stellte Arthur freundlich lächelnd klar.
Der andere Minister blickte Arthur ungläubig an, bevor er die Zeitung auf den Tisch legte und langsam wiederholte: „Ihre Squibs und Zauberer haben unsere Muggel überfallen? Was wollen Sie mir damit sagen?“ Der Minister wurde etwas ungehaltener, bevor er erbost fragte: „Wollen Sie mir damit einen Krieg erklären?“
„Grundgütiger, nein! Und ich würde auch niemals die Bezeichnung ’meine’ oder ’Ihre’ verwenden. In der Zaubererwelt leben auch muggelgeborene Zauberer und Hexen und es gibt viele Squibs aus unserer Gemeinschaft, die hier bei Ihnen als Muggel leben und auch arbeiten!“, entgegnete Arthur beruhigend.
Dem anderen Minister fiel offensichtlich ein Stein vom Herzen, bevor er witzelnd bemerkte: „Ich hoffe, die Squibs zahlen hier auch ihre Steuern, wenn sie hier leben und arbeiten.“
Geduldig beantwortete Arthur alle Fragen, die der Premierminister an ihn richtete und mit jeder Antwort machte sich noch mehr Erleichterung ihn dem Muggel-Minister breit. Es lag nahe, dass kein Zaubereiminister jemals so ausführlich mit einem Premierminister geredet hatte. Arthur konnte ihm letztendlich jegliche Berührungsängste nehmen, bevor er den Überfall auf Aberdeen detaillierter ansprach.
„Sie haben es ja gelesen, aber was mich besonders stutzig macht: Warum war es ein Squib und ein Zauberer, die eine Veranstaltung von Mr. Hopkins auf diese drastische Art und Weise überfallen haben? Sie müssen zudem wissen, Premierminister, dass ich aus sicherer Quelle weiß, dass dieser Mr. Hopkins kein Bürger mit weißer Weste ist und er sehr wohl über unsere magische Gesellschaft im Bilde ist, aber nachweisen konnte ich ihm bisher keine seiner Untaten. Ich möchte daher gern die beiden Festgenommenen bei uns in der Zaubererwelt verhören. Ich möchte die beiden aus dem Muggelgefängnis in unseres überführen, was ich ohne Ihre Zustimmung nicht machen wollte“, erklärte Arthur.
Der andere Minister stutzte kurz und fragte: „’Nicht machen wollte’? Aber Sie hätten es tun können? Ich meine, Sie hätten die beiden einfach aus unserer Haftanstalt herausholen können?“
„Ja, das hätte ich schon veranlassen können, aber in dieser Hinsicht war eine Zusammenarbeit mit Ihnen meines Erachtens angemessener. Es hätte seltsam ausgesehen, wenn plötzlich Ihre Gefängniszellen leer gewesen wären, ohne dass Sie auch nur einen Hinweis darauf gehabt hätten, wie diese Menschen… Na ja, Sie wissen, was ich meine. Ich wollte Ihnen Aufregung und Ärger ersparen“, sagte Arthur offen.
„Das ist sehr aufmerksam von Ihnen, Minister Weasley. Übrigens sagt mir dieser Mr. Hopkins etwas“, erklärte der Premierminister. Aufgrund von Arthur forderndem Blick erklärte er: „Wegen diesem Mann und seiner Gruppe habe ich bereits von verschiedenen Anhängern der Kirche und aufgebrachten Eltern Beschwerdebriefe erhalten und ich bin unzählige Male aufgefordert worden, diese Gruppierung verbieten zu lassen, doch sind mir da gesetzlich die Hände gebunden. Sie glauben gar nicht, wie die Presse mich wegen meiner Machlosigkeit in Bezug auf Hopkins durch den Schmutz zieht. Ich müsste erst Gesetze ändern, um ihn festnehmen zu können, was wiederum unschuldige Vereine ebenfalls schädigen würde. Der Mann ist mir seit Beginn meiner Amtsperiode ein Dorn im Auge und ich würde wirklich fast alles tun, um ihn hinter Gittern sehen zu können. Wir konnten Hopkins bisher – und da haben wir beide momentan etwas gemeinsam – überhaupt nichts nachweisen, denn es ist nicht verboten, einen Verein zu gründen und Unfug zu verbreiten. Er zahlt sogar gewissenhaft seine Steuern; ich hatte ihm nämlich Anfang des Jahres die Finanzbeamten auf den Hals gehetzt, falls wir in seiner Buchführung Ungereimtheiten finden würden, für die wir ihn hätten festnehmen können. Zumindest konnte ich es unterbinden, dass diese Sekte sich weiterhin in staatlichen und kirchlichen Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen einnistet, um dort ihre Hirngespinste an den Mann zu bringen. In diesem Sinne wäre ich sehr erleichtert, wenn Sie mich über die Aussagen der Gefangenen in Kenntnis setzen würden. Vielleicht finde ich da etwas, mit dem ich Hopkins das Handwerk legen kann.“
Arthur machte große Augen, dann lachte er erleichtert, bevor er sagte: „Sie geben mir die Erlaubnis, die beiden Gefangenen in die Zaubererwelt überführen zu dürfen?“
„Nach unserem Gespräch liegt es nahe, dass eine Zusammenarbeit fruchtbarer wäre als weiterhin allein herumzustolpern, denn einer von uns beiden wird ihn sicherlich dingfest machen können. Ich verlange nur eine Kopie der Aussagen dieser Brandstifter und ab und an vielleicht ein persönliches Gespräch mit Ihnen?“, fragte der andere Minister voller Hoffnung.
Breit lächelnd ergriff Arthur die Hand seines Gesprächspartners und erwiderte: „Es wäre mir eine große Freude, die Zusammenarbeit mit Ihnen als Vertreter der Muggelwelt zu vertiefen!“
Bevor sich Arthur jedoch dazu entschloss, den Premierminister wieder zu verlassen, fragte er: „Sagen Sie, das dort auf Ihrem Schreibtisch“, er zeigte auf das Gebilde mit den metallenen Kugeln, „stellt genau was dar? Verzeihen Sie mir die Frage, aber ich habe eine Vorliebe für die Gegenstände von Muggeln. Es ist sozusagen ein Steckenpferd von mir.“ Arthur lächelte bis über beide Ohren.
Der Premierminister lächelte zurück und erklärte, während er sich dem entsprechenden Objekt näherte: „Das nennt sich ’Kugelstoßpendel’. Warten Sie, ich demonstriere es Ihnen.“
Der Premierminister nahm eine Kugel, hielt sie nach oben und ließ los. Völlig fasziniert beobachtete Arthur, wie die Kugel an die andere stieß, doch entgegen seiner Vermutung bewegten sich die mittleren drei nicht die Spur, aber dafür die letzte, denn die schwang nach oben, fiel zurück und das ganze wiederholte sich.
„Fantastisch! Das ist ja ungeheuerlich“ schwärmte Arthur. „Welchen Zweck hat ein ’Kugelstoßpendel’?“, fragte er noch interessiert.
Der Premierminister antwortete belustigt: „Ich möchte diesem Gegenstand keinen tatsächlichen Zweck zusprechen, Minister Weasley. Es erfüllt in erster Linie nur den Zweck der Dekoration. Möglicherweise könnte es auch die Nerven beruhigen.“
Vorsichtig streckte Arthur einen Finger aus und berührte eine der mittleren Kugeln, die sich nicht bewegten und sagte dann begeistert: „Das vibriert ja!“
Ohne Umschweife nahm der Premierminister das Kugelstoßpendel in die Hand und hielt es Arthur entgegen, während er sagte: „Nehmen Sie es als Geschenk, Minister Weasley.“
„Aber das kann ich doch nicht annehmen. Warum…?“
Arthur wurde unterbrochen, als der andere Minister sagte: „Wir haben uns heute gegen einen gemeinsamen Feind verbündet, Minister Weasley. Sehen Sie das Geschenk als Symbol unserer engen Zusammenarbeit und Beginn unserer Freundschaft.“
Arthur war hin und weg und strahlte über das ganze Gesicht. „Ich möchte mich vielmals bei Ihnen bedanken. Das bedeutet mir wirklich viel!“, beteuerte Arthur, bevor er dem anderen Minister die Hand schüttelte und die Muggelwelt mit federleichtem Herz durch den Kamin verließ.
die Wendung kam auch für Harry mehr als nur überraschend. Von sich selbst gewarnt zu werden, ist schon gruselig. Da fragt man sich, was wohl passieren könnte und ob überhaupt noch was passiert, nachdem sie abgereist sind. Zeitreisen sind wirklich sehr unsicher, aber zum Glück sagte der Harry aus der Zukunft, dass magische Zeitreisen noch viel unlogischer sind und deswegen keine Endloszeitschleife entstehen wird. Damit hab ich mich gerettet
Ob Zeitreise oder Falle, das musst du lesen, das verraten ich nicht :)
Ich geb's ja zu, die FF fing etwas ruhig an, aber gerade deswegen freut es mich riesig, wenn du schreibst, sie wird immer genialer - und abwechslungsreich noch dazu.
Hi Caro,
mit Severus und Hermine (ein Geheimnis ist es wohl nicht mehr) wird es sehr langsam fortschreiten. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass bei Severus irgendwann der Funke überspringt und er über Hermine herfällt. Nein, er wird eher der zurückhaltende, unsichere Typ sein, der erst auf Nummer sicher gehen will, bevor er einen Schritt wagt.
Hallo Luna Potter,
nein, du brauchst wirklich nicht eingeschüchtert zu sein. Besonders schön finde ich, dass dir die Handlungsstränge gefallen. Meist stürzen sich Leser ja nur auf FFs mit ihrem Lieblingspärchen. Fandest du Hermine und Severus schon vorher als Paar interessant oder erst jetzt? Das würde mich wirklich interessieren.
Im Verlauf der Geschichte werden einige Dinge geschehen, mit denen man nicht gerechnet hat, wobei ich sagen muss, dass die Zeitreise wohl die extremste Wendung ist.
Wenn man bedenkt, dass Hermine und Severus hier schon einige Male aneinander geraten sind, machen die beiden sich ganz gut. Beide verhalten sich erwachsen und respektieren sich. Da kann natürlich auch mehr draus werden
Liebe Grüße,
Muggelchen
090 Der Feind meines Feindes
Nachdem sein Ich aus der Zukunft ihn allein gelassen hatte, stand Harry eine Weile bewegungslos im Raum und dachte angestrengt darüber nach, was er den anderen erzählen könnte, damit sie ihm ohne zu Murren folgen würden. Unverhofft betraten Severus und Hermine sein Hotelzimmer und sie fanden ihn regungslos in der Zimmermitte stehend vor.
„Harry?“, fragte Severus vorsichtig, nachdem er das auf dem Boden liegende, zerschellte Geschirr vom Frühstück bemerkte.
Die Stimme seines Kollegen ließ ihn sofort wieder klar denken und er folgte allein seinem Instinkt, als er aufgebracht sagte: „Wir müssen weg, sofort! Packt eure Sachen und wartet im Foyer!“
Hermine kam auf ihn zu und forderte eine Erklärung, indem sie fragte: „Was ist passiert, Harry?“
Er ergriff sie an den Oberarmen und drückte zu, um seinen Entschluss deutlich zu machen, bevor er befahl: „Geht in euer Zimmer und packt eure Sachen!“
Sie schüttelte den Kopf und wollte widersprechen, doch Severus sagte: „Hermine, kommen Sie. Wir tun besser, was er sagt.“
’Das war ja leicht gewesen’, dachte Harry erleichtert, als er mit hochgezogenen Augenbrauen dabei zusah, wie Severus Hermine aus dem Zimmer begleitete. Er hatte mit viel mehr Widerspruch gerechnet; Fragen über Fragen von Hermine und skeptische Bemerkungen von Severus, aber gerade Severus musste den Ernst der Lage gerochen haben, vermutete Harry. In null Komma nichts hatte Harry per wort- und stablosen Zauber nicht nur die Unordnung auf dem Boden beseitigt, sondern auch Annes Koffer und seine eigenen Sachen gepackt. Mit dem Gepäck ging er zu Hermine und Severus hinüber. Die Tür des anderen Zimmers stand offen, so dass er ohne anzuklopfen eintrat, um nachzusehen, wie weit die beiden schon waren. Er war offensichtlich nicht bemerkt worden, denn Hermine und Severus redeten miteinander.
Seine Ankunft wollte Harry nicht geheim halten, weswegen er sich verbal ankündigen wollte, doch bevor er etwas sagen konnte, hörte er Severus’ Worte: „Sie sind doch eine seiner engsten Vertrauten! Warum sträuben Sie sich dann so, einfach zu tun, was er verlangt?“
„Weil ich ihn als seine beste Freundin sehr gut kenne und das da drüben war nicht ’mein’ Harry!“, erklärte sie.
Harry stutzte und lauschte weiter, wie Severus sagte: „Ich bitte Sie, nur weil er etwas durch den Wind war heißt das noch lange nicht, dass er nicht er selbst ist.“
„Ich möchte nochmal mit ihm reden und wissen, warum wir packen sollen. Das macht doch alles keinen Sinn!“, meckerte Hermine. Harry hörte Severus seufzen und diesen Moment nutzte er, um sich ihnen zu offenbaren.
„Severus, Hermine? Seid ihr fertig?“, fragte er, während er sein Gepäck im Flur abstellte.
Sofort stürzte sich Hermine auf ihn und fragte verzweifelt und gleichermaßen aufgeregt: „Erklärst du’s mir bitte? Ich verstehe dich nämlich nicht.“
Seufzend kam Harry einige Schritte näher, so dass er endlich in der Zimmermitte stand und Severus auf dem Bett sitzen sehen konnte, bevor er sagte: „Vertrau mir einfach, ja?“ Er klang sehr flehend und das musste Hermine überzeugt haben.
„Aber später, da erklärst du es mir, Harry. Darauf bestehe ich!“, sagte sie bestimmend, bevor sie sich seiner Bitte beugte und sie mit einem Zauber all ihre Sachen packte. Severus war damit bereits fertig, denn er war Harrys Aufforderung längst nachgekommen.
„Anne und Sirius kommen gegen halb zwei. Es wäre schön, wenn wir…“
Hermine unterbrach ihn und fragte spottend: „Was denn? Bist du jetzt auch noch unter die Hellseher gegangen? Woher willst du wissen…“
„Sei still!“, forderte Harry aufgebracht und Hermine zuckte kurz zusammen, bevor sie ihm aufmerksam zuhörte.
„Es wäre schön, wenn wir schon kurz vor halb zwei unten im Foyer warten könnten, um die beiden gleich abzufangen. Wir checken dann in aller Ruhe“, er blickte Hermine eindringlich an, „dort aus und fahren zurück nach Inverness.“
Hermine wusste überhaupt nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Sie erkannte ihren besten Freund nicht wieder.
„Harry?“, fragte sie ängstlich, so dass ihm sein aufbrausendes Verhalten schnell Leid tat.
„Sei mir nicht böse, Hermine, aber einmal in meinem Leben will ich von Anfang an alles richtig machen. Ich will niemanden“, er stockte, „von euch verlieren!“
Severus und Hermine tauschten einen bedeutungsschweren Blick aus, bevor Harry mit geschlagener Stimme anfügte: „Ich bin mit dem Gepäck schon unten in der Eingangshalle. Ihr kommt gleich nach?“ Hermine nickte zögerlich und begann gleich darauf, den Rest ihrer Sachen zu packen.
Unten im Foyer warteten Severus und Hermine nebeneinander auf einer Sofaecke sitzend, während Harry auf und ab ging und immer wieder seinen Blick durch die Fenster auf die Straße richtete. Hermine war unruhig, was Severus – und jeder andere, der sie erblicken würde – daran erkannte, dass sie nicht still sitzen konnte. Mehrmals rutschte sie auf der Sitzfläche nach vorn, um nur wenig später wieder nach hinten zu rutschen. Dabei stieß sie mehrmals mit ihrem Knie an seines, bis er leise sagte, so dass Harry ihn nicht hören konnte: „Eines hat das Wochenende bestätigt, nämlich dass Sie als Spion für weitere Aufträge dieser Art definitiv nicht in Frage kämen, Hermine.“ Entgeistert bis böse blickte sie ihn daraufhin an, so dass er schäkernd hinzufügte: „So wie sie nervös hin und her rutschen stelle ich mir ernsthaft die Frage, ob als Erstes der Bezug der Couch abgewetzt sein wird oder ob mein Knie bereits eine bläuliche Verfärbung aufweist.“
Erst jetzt bemerkte sie, dass sie ihn einige Male versehentlich gestoßen haben musste, so dass sie sich zwang, ruhig zu sitzen, bevor sie leise sagte: „Entschuldigung.“
Severus ging auf ihre Entschuldigung gar nicht ein, denn er bemerkte durch das Fenster hindurch Miss Adair und Black, die seelenruhig zum Eingang des Hotels schlenderten. Auch Hermine bemerkte die beiden und schaute gleich darauf auf ihre Armbanduhr. Es war kurz vor halb zwei, genau wie Harry es vorhergesagt hatte. Aufgebracht erhob sich Severus von der Couch und eilte ebenso wie Harry zur Drehtür des kleinen Hotels, um die beiden in Empfang zu nehmen. Kaum war Black eingetreten, flüsterte Severus vorwurfsvoll: „Sie Idiot!“
Im ersten Moment konnte Harry nicht nachvollziehen, warum Severus ihn so angeblafft hatte, doch dann fiel es ihm ebenfalls auf und er machte seinen Patenonkel flüsternd auf dessen schwerwiegendes Fehlverhalten aufmerksam, indem er leise fragte: „Sirius, warum bist du nicht Tatze?“
„Ähm…“, war alles, was Sirius entgegnen konnte. Er war vorhin Anne gefolgt, indem er auf die Straße appariert war. Die ganze Zeit über war er mit ihr durch die Gegend geschlendert, um zu reden, was in der Form eines Tieres nicht möglich gewesen wäre. Er hatte schlichtweg vergessen, dass man ihn hier nur als Hund kannte.
„Sirius, du wartest am Auto, sofort!“, befahl Harry und Sirius gehorchte, obwohl sein Gesichtsausdruck zeigte, dass er verwirrt schien. Bevor Anne etwas sagen konnte, schleifte Harry sie zur Rezeption und erklärte ihr auf den Weg dorthin, dass sie jetzt sofort auschecken wollten. Anne war zwar überrascht, gehorchte jedoch ohne Murren.
Während der Autofahrt zurück nach Inverness, die Sirius nun in seiner normalen Gestalt angetreten hatte und jetzt vorn neben Anne saß, herrschte eisige Stille. Niemand wagte es ein Wort zu verlieren, bis Severus es nicht mehr zurückhalten konnte. Seine Hände ballten sich zu Fäusten und er holte aufgeregt Luft, bevor er an Hermine gerichtet fragte: „Sagen Sie, hätten Sie noch welche von diesen Tabletten gegen Reiseübelkeit?“
Ihr vor Kummer geplagtes Gesicht entspannte sich und sie musste aufgrund der Frage sanft lächeln, bevor sie erwiderte: „Ja, sicher.“ Sofort kramte sie in ihrer Handtasche, die sie zwischen ihren Beinen abgestellt hatte. Er erhaschte einen Blick auf den Inhalt und kam zu dem Schluss, dass er alles schon einmal gesehen hatte. Der Inhalt ihrer Tasche war ihm genauso vertraut wie die Frau, der die Tasche gehörte.
Nachdem sie in Inverness den Leihwagen abgegeben hatten und sich alle fünf zu Fuß auf den Weg zu einer abgelegenen Brücke machten, damit sie ungesehen vor die Tore von Hogwarts apparieren konnten, brach Sirius das Schweigen, denn er sagte aufgebracht: „Es war völlig übertrieben, sofort aufzubrechen, nur weil wir uns ein wenig in den Haaren hatten.“
Harry stutzte, wie auch Severus und Hermine, doch Harry war derjenige, der als Erster erklärte: „Das hat damit doch überhaupt nichts zu tun, Sirius. Wir mussten aus einem anderen Grund weg!“
„Ach ja? Warum mussten wir, frage ich mich? Weil Severus die Nase voll hatte oder?“, blaffte Sirius.
Bevor Severus sich verteidigen konnte, forderte Hermine an Harry gewandt: „Dann erkläre uns mal allen, warum wir deinetwegen so abrupt aufbrechen mussten.“
An einer verlassenen Bootsanlegestelle blieb Harry stehen und drehte sich zu den vieren um. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Er atmete tief ein und aus und erklärte im Anschluss: „Vielleicht steht morgen etwas darüber in der ’Muggelpost’. Wir sollten jetzt apparieren.“
Seine Worte klangen kraftlos, so dass niemand mehr etwas dagegenhalten wollte. Sirius apparierte mit Anne in ihre Wohnung, blieb jedoch nicht dort, weil sie um etwas Zeit für sich gebeten hatte, so dass er nach einem kurzen Gespräch mit ihr gleich nach Hogwarts apparierte und dort erneut auf Hermine, Harry und Severus traf.
Severus grinste fies und fragte stichelnd: „Was denn, was denn? Vor die Tür gesetzt worden?“
Es war kein aggressiver Blick, den er Severus zuwarf, sondern einer, der mit Schuldgefühlen durchtränkt war. Sirius würde es natürlich niemals jemandem erzählen, aber Anne, nachdem sie vorhin während des Spaziergangs in Aberdeen seiner Geschichte über ’Brenda’ und die Verknüpfung zu Severus gelauscht hatte, hatte ihm gerade eben ihn ihrer Wohnung klar gemacht, dass sie heilfroh darüber sein würde, ihn früher nie gekannt zu haben. Als Sirius nachgefragt hatte, wie sie das meinen würde, hatte sie ehrlich geantwortet: „Weil du früher offensichtlich einer von genau den Kerlen gewesen warst, deren Typ ich gar nicht ausstehen kann. Du warst damals ein kleiner Casanova, aber das ist es gar nicht mal, was so schlimm ist.“ Sie hatte geseufzt, bevor sie noch leise angefügt hatte: „Du warst gemein und hinterlistig, Sirius, und so was kann ich auf den Tod nicht ausstehen! Ich dachte bisher immer, du wärst nett.“
„Aber ich bin nett!“, hatte Sirius ihr versichern wollen.
Sie schüttelte den Kopf und erklärte: „Weiß du, in der Schule war ich eine ’graue Maus’, weil ich keine Markenklamotten getragen habe und weil ich mit meinem Musikgeschmack aus der Reihe getreten bin; der ließ sich halt nicht mit den aktuellen Charts vereinbaren. Ich wusste nicht einmal, welche Band gerade ’in’ ist. Ich habe mich nie dem Zwang ausgesetzt mich anpassen zu müssen, um ’Freunde’ zu finden und bin deswegen gemieden worden. Weißt du überhaupt wie das ist, wenn man beim Sportunterricht als eine der letzten für ein Team ausgewählt wird, das von einem Mitschüler zusammengestellt wird? Dabei war ich gar nicht mal schlecht in Sport, aber Beth und ich waren immer die Letzten, die man ausgewählt hat. Du glaubst gar nicht, was wir uns alles von unseren ’Schulkameraden’ gefallen lassen mussten; was man uns für Schimpfworte an den Kopf geworfen hat, nur weil Beth eine ’Streberin’ war und ich Klamotten von der Stange getragen habe. Kinder können echt grausam sein, aber Jugendliche können noch viel mehr verletzen, weil die mit ihren Bemerkungen weit unter die Gürtellinie gehen.“ Sirius hatte sie nicht ein einziges Mal unterbrochen, so dass sie noch schnell hinzufügte: „Nachdem was ich von Arthur, Remus oder dir gehört habe, ist Harry in der Schule genauso ein Außenseiter gewesen wie Snape und ich. Harry hat sich – wie ich – sogar mit anderen Außenseitern verbündet! Und auch er hatte mit solchen Idioten zu kämpfen wie Snape und ich. Du weißt natürlich nicht, wie man sich bei so einem Mobbing in der Schule fühlen könnte, nicht wahr? Du warst für alle ja immer der ’tolle Typ’, richtig? Dich hat es nicht auch nur eine Sekunde lang interessiert, was deine blöden Kommentare oder deine Scherze bei jemandem anrichten könnten. Frag doch mal Harry, wie er sich immer gefühlt hat, wenn Draco ihm das Leben schwer gemacht hat. Frag ihn ruhig mal! Beth könnte dir auch einige Geschichten aus der Schulzeit erzählen, was man mit ihr alles angestellt hat. Aber dich würden diese Anekdoten vielleicht sogar belustigen? Bist ja immerhin einer von ’denen’ oder?“ Es war weniger Wut, die er hatte heraushören können; es war Enttäuschung gewesen.
Ihre Worte hatten Sirius tief getroffen und zum Nachdenken angeregt. Im gemeinsamen Wohnzimmer angekommen setzte er sich wortlos auf die Couch und dachte nach. Er erinnerte sich an Harrys viertes Schuljahr und an den Briefwechsel, den er mit seinem Patensohn geführt hatte. Aus jedem Satz hatte Sirius damals herauslesen können, wie sehr Harry unter den Gehässigkeiten seiner Mitschüler gelitten hatte. Harry hatte damals geschildert, dass fast alle Schüler Anhänger tragen würden, auf denen „Potter stinkt“ geschrieben stand und weil er sich zu diesem Zeitpunkt auch noch mit seinem besten Freund Ron zerstritten hatte, was Hermine zwischen zwei Stühlen stehen ließ, hatte er für Harry den einzigen Kontakt dargestellt, von dem er sich ernst genommen fühlte und von dem er nicht veralbert worden war.
In den Kerkern angekommen zog Severus den Stuhl vom Tisch, damit Hermine ihre Tasche darauf abstellen konnte. Sie seufzte und fragte ihren Professor besorgt: „Haben Sie eine Ahnung, was mit Harry los sein könnte?“
Severus hob und senkte einmal sanft die Schultern, bevor er erwiderte: „Es gibt viele Vermutungen, die ich habe. Er könnte eine Vision gehabt haben – so geschockt, wie er ausgesehen hatte. Harry muss das Tablett fallengelassen haben, was darauf hinweist, dass er entweder von einer Vision heimgesucht worden war, die ihn zeitweise die bewusste Kontrolle über seinen Körper gekostet hatte oder dass er sich mächtig erschrocken haben muss. Wenn letzteres zuträfe, stellt sich natürlich die Frage, wovor er sich erschreckt haben könnte. Hatte er einen Geistesblitz? Oder war es ein plötzliches Bauchgefühl, weswegen er der Meinung war, wir wären dort nicht mehr sicher?“
Aufmerksam hörte Hermine zu, als Severus seine Kombinationsgabe offenlegte. An das am Boden liegende Tablett hatte sie gar nicht mehr gedacht, weil sie diesem Fakt keine Wichtigkeit beigemessen hatte. Eine Sache war ihr jedoch nicht klar, weswegen sie fragte: „Ich dachte, man würde sich an Visionen nicht erinnern können.“
„Nein, Hermine. An Prophezeiungen kann man sich nicht erinnern. Visionen sind etwas anders. Sie kennen dieses Gehabe doch von Sibyll oder? Mit ihrem aufgebrachten Gefuchtel und ihren bedeutungsschwangeren Vorhersagen, dass nächste Woche ein Schüler den Tod finden würde“, erklärte Severus mit Verachtung in der Stimme, so dass Hermine grinsen musste. Severus erzählte weiter: „Ich selbst habe mich oft auf meinen Instinkt verlassen, was mir mehrmals das Leben gerettet hat. Vielleicht hatte Harry jedoch auch kurz zuvor mit jemandem eine Unterhaltung geführt? Möglicherweise mit einer Angestellten des Hotels und er hat Informationen erhalten, die ihn dazu bewegt haben, solche drastische Schritte einzuleiten?“
„Was aber nicht erklären würde, warum er es uns nicht gesagt hat!“, hielt sie dagegen. „Wenn er etwas herausbekommen hätte, dann hätte er doch einfach erklären können, was geschehen ist!“
Severus nickte und bestätigte: „Da haben Sie Recht und das bringt mich dazu anzunehmen, dass der Grund für Harrys Entscheidung den Mund zu halten möglicherweise einer ist, von dem er glaubt, wir könnten ihn schwerlich nachvollziehen. Es gibt nicht viele Punkte, die erklären könnte, warum er so ein Geheimnis daraus macht. Es könnte etwas Lapidares sein, wie beispielsweise falsche Verlegenheit, falls er tatsächlich eine Vision gehabt hätte. Möglicherweise könnte er es absichtlich verbergen wollen, weil wir es einfach nicht wissen dürfen. Es schien so, als wüsste er, dass etwas Schlimmes geschehen würde, wenn wir in Aberdeen geblieben wären, wenn er sogar die morgige Ausgabe der ’Muggelpost’ empfiehlt. Was also hätte ihn veranlassen können…“
„Ein Zeitumkehrer?“, unterbrach Hermine.
Severus stutzte und blickte sie mit großen Augen an, bevor er zugab: „An diese Alternative hatte ich gar nicht gedacht, aber Ihre Überlegung ist nicht von der Hand zu weisen. Das könnte durchaus eine der Möglichkeiten sein, weshalb er nichts Genaueres sagen wollte.“
„Ja, weil nämlich der nicht abgesegnete Gebrauch eines Zeitumkehrers vom Ministerium schwer bestraft wird!“, meckerte Hermine, die innig hoffte, dass Harry kein solches Gerät verwendet hatte.
Severus hingegen hob einmal gelangweilt eine Schulter, bevor er entgegnete: „Möglicherweise würden Sie anders darüber denken, Hermine, wenn Harry unter anderem damit Ihr Leben gerettet haben sollte.“
Severus’ Worte ließen sie die Situation überdenken und letztendlich stimmte sie ihm zu, dass man bis zum nächsten Tag abwarten sollte. Vielleicht würde, wie Harry es vorhergesagt hatte, tatsächlich etwas in der „Muggelpost“ stehen, denn das war eine der wenigen Tageszeitungen, die auch ausführlich über Ereignisse in der Muggelwelt berichtete. Hermine hatte schon etliche Ausgaben dieser Tageszeitung gelesen, wenn sie im Fuchsbau gewesen war, denn Arthur hatte sie abonniert.
„Ich hole meinen Kniesel bei Hagrid ab. Ich bringe Ihren Hund auch gleich mit, ja?“, schlug Hermine vor.
„Ja, das wäre sehr nett von Ihnen“, erwiderte er freundlich.
Es war schon kurz nach zehn Uhr abends, doch Hagrid war noch wach. Er grüßte Hermine freundlich und bat sie, auf einem seiner übergroßen Stühle Platz zu nehmen.
„’nen Tee, Hermine?“, fragte er breit lächelnd, doch sie lehnte ab. „Seit wann trinkst du keinen Tee mehr bei mir?“
„Es ist schon spät und ich hab eine lange Fahrt hinter mir. Sei mir deswegen bitte nicht böse. Ich wollte mich herzlich bedanken, dass du auf meinen Kniesel und auf Severus’ Hund aufgepasst hast. Ich hoffe, die beiden haben keinen Ärger gemacht.“
„Ärger? Nich’ im Geringsten! Komm mal mit“, sagte Hagrid, der bereits zu einer Ecke des Zimmers ging und sie folgte ihm.
Hermines Blick fiel auf einen riesigen Korb mit Decken und Kissen und in ihm lag Harry mit wachen und rotierenden Ohren auf seiner Seite, während Hermines bisher namenloser Knieselmischling sich an den Bauch des Hundes gekuschelt hatte. Der Kniesel schlief fest, aber Harry blinzelte bereits, war jedoch zu faul, etwas anderes außer den Ohren und den Augenlidern zu bewegen.
„Die haben heute nach dem Fressen fast die ganze Zeit miteinander gespielt und dann da drin gepennt. Ist das nicht ganz goldig?“, fragte Hagrid, ohne darauf eine Antwort zu erwarten. In dem Moment, als Hagrids tiefe brummende Stimme nicht gerade sehr leise ertönt war, war der Kniesel auch schon aufgewacht und er hatte sich gleich darauf gestreckt, was wiederum Harry zum Aufstehen animierte hatte.
Hermine ging vor dem Korb in die Knie und lächelte, als der Kniesel ihre Hand mit dem Kopf anstieß, bevor sie sagte: „Die kommen ja bestens miteinander aus. Ich nehme Severus’ Hund gleich mit; er wartet schon.“
„Kommst du eigentlich mit ihm gut klar?“, fragte Hagrid. Weil Hermine einen fragenden Gesichtsausdruck machte, erklärte Hagrid: „Na mit Snape meine ich. Ich finde, er ist in letzter Zeit etwas… Wie soll ich es sagen? Wäre er ein Knallrümpfiger Kröter, würde ich sagen, er ist mittlerweile handzahm geworden.“ Hagrid lachte grollend und Hermine lachte mit.
„Sag ihm bloß nie, dass du ihn mit so einem Kröter verglichen hast, Hagrid“, legte sie ihm mit breitem Grinsen nahe und er versicherte ihr, niemals etwas Ähnliches zu irgendjemandem zu sagen, weil er sehr an seinem Leben hängen würde. „Vielen Dank nochmal, Hagrid. Du bist wirklich der Einzige, dem ich ein Tier ohne zu zögern anvertrauen würde“, sagte sie lobend, bevor sie ihn wegen seiner Größe um die Taille herum umarmte und sich gleich darauf verabschiedete.
An seinem Schreibtisch sitzend erledigte Severus die Arbeiten, die gestern liegen geblieben waren. Es waren Aufgaben der siebten Klasse. Dracos Aufsatz war, ohne dass er ihn aufgrund persönlicher Beziehungen bevorzugen würde, die beste aller Arbeiten, was ihn zufrieden schmunzeln ließ. Severus hörte, wie sich jemand seiner Tür näherte und als sie sich öffnete, trat Hermine herein.
„Severus? Ihr Hund“, sagte sie, während sie arge Mühe hatte, mit dem Kniesel auf dem Arm Harrys Leine festzuhalten, denn der wollte mit wedelndem Schwanz zu seinem Herrchen stürmen.
„Bringen Sie ihn doch bitte in meine Räume“, bat er. Da sie ihn etwas verwundert anblickte, erklärte er: „Das Gemälde hat die Anweisung erhalten, neben Harry jetzt auch Ihnen Zutritt zu gewähren.“
„Oh, ja sicher“, sagte Hermine, die im ersten Moment gar nicht begreifen wollte, dass ihr sonst so verschlossener Professor ihr Zugang zu seinen persönlichen Räumen gewährt hatte. Wahrscheinlich hatten einige Personen in Hogwarts dieses Privileg erhalten. Sicherlich durften Albus und Minerva, vielleicht sogar Filius und Pomona bei ihm ein und aus gehen.
Das Gemälde vor Snapes Gemächern betrachtete sie mit gekräuselter Nase von oben herab, öffnete jedoch wortlos, so dass sie den Hund zunächst loslassen konnte. Auch ihren Kniesel ließ sie im Wohnzimmer laufen, damit sie Harry von seiner Leine befreien konnte und während sie beim Hund kniete, rannte ihr Kniesel zu einer anderen Tür.
„Bleib hier“, rief sie ihm hinterher, doch schon war er durch einen Türspalt hindurch in ein anderes Zimmer verschwunden. „Verdammt“, fluchte sie ihm leise hinterher.
Hermine ging zu der anderen Tür hinüber und schwang sie auf. Der Raum entpuppte sich als, wie sie es befürchtet hatte, Severus’ Schlafzimmer. Ihr Kniesel sprang gerade von einem gepolsterten Stuhl hinunter und rieb sein Gesicht im Vorbeigehen an ein paar Bücher, die auf dem Boden abgelegt worden waren. Als sie auf das schwarze Tier zuging, hüpfte es wagemutig hin und her.
„Ich will jetzt nicht spielen. Komm her, wir gehen nach drüben“, sagte sie in sanftem Tonfall, doch dem Kniesel war jetzt nach Spielen zumute. Wenn sie sich ihm näherte, wartete er sprungbereit ab, damit er übermütig weglaufen konnte, wenn sie ihm gefährlich nahe gekommen war. Zuletzt rannte er unter das große Bett und Hermine seufzte.
Jetzt gab es nur zwei Möglichkeiten. Sie könnte zu Severus gehen und ihm erklären, dass der Kniesel in sein Schlafzimmer gelaufen war und sie sich nicht ohne Erlaubnis in diesem Raum aufhalten wollte, um ihn wieder einzufangen, was ihr sicherlich eine spitze Bemerkung seinerseits einbringen würde. Die Alternative dazu war, den Kniesel so schnell wie möglich selbst einzufangen und nie ein Sterbenswörtchen über den Vorfall von sich zu geben. Sie entschied sich für letztere Möglichkeit.
Die Hälfte der Schularbeiten war er bereits durchgegangen und den Rest wollte er morgen erledigen, so dass er sein privates Büro verließ, um es sich mit einem Schluck Elfenwein vor seinem Kamin gemütlich zu machen. Sein Hund schlummerte in einem großen Korb und ließ sich von ihm zur Begrüßung tätscheln. Gleich darauf entledigte Severus sich seines hochgeschlossenen Gehrocks und er öffnete die Knöpfe seiner Weste, die er stets über dem weißen Hemd trug, welches kaum jemand unter seiner schwarzen Kleidung vermuten würde. Dem Schränkchen neben dem Kamin entnahm er ein Glas und eine Weinflasche und während er sich etwas einschenkte, fiel sein Blick auf die Flasche Nesselwein im Schrank, die Harry ihm letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte. Dann hörte er plötzlich eine dumpfe Stimme aus seinem Schlafzimmer, aber er verstand die Worte nicht. Er zückte seinen Zauberstab und schlich sich leise an, doch er wurde mit einem Male stutzig. Sein Hund lief normalerweise, wenn sich jemand seinen Räumen näherte, schon Minuten vorher wachsam zur Tür und jetzt, wo sich unüberhörbar eine Person in seinem Schlafzimmer aufhalten musste, lag er seelenruhig in seinem Korb und schlummerte.
Vorsichtig betrat Severus sein Schlafzimmer. Den Zauberstab senkte er wieder, als er auf das in die Höhe gerichtete Gesäß seiner Schülerin blickte, die neben dem Bett hockte und mit einem Arm wie wild darunter herumfuchtelte. Dann vernahm er ihre Stimme: „Wehr dich nicht, ich will nicht spielen. Du sollst da rauskommen!“
„Her…“, Severus hielt inne, da bereits die erste Silbe ihres Namens, die seine Lippen verlassen hatte, sie so sehr erschreckt hatte, dass sie sich ihren Kopf am Bettgestell gestoßen hatte.
Auf den Knien rutschend hatte sie sich umgedreht und ihren Oberkörper aufgerichtet, bevor der Schmerz sie etwas verspätet durchfuhr, so dass sie sich mit einer Hand den Hinterkopf rieb und dabei stöhnte.
„Mein Kniesel hat sich unter ihrem Bett verbarrikadiert und will einfach nicht herauskommen.“
Er grinste halbseitig und ihr war nicht ganz klar, ob er Schadenfreude empfand, weil sie sich den Kopf gestoßen hatte oder ob ihn die Situation an sich amüsiert stimmte. Belustigt sagte er: „Hermine, ich hätte vermutet Sie wüssten, dass man in solchen Fällen an den Spieltrieb eines so jungen Tieres appellieren muss. Greifen Sie nicht nach ihm, sondern locken Sie ihn!“
Sie stand auf und rieb sich weiterhin den Hinterkopf, während sie auf den Boden schaute und nachdachte. Sie zog ihren Zauberstab, aber ihr schien nichts einzufallen und während sie sich noch immer in seinem Zimmer umblickte, bemerkte sie auf seinem Nachttisch ein dünnes, strahlend weißes Büschel langer Haare. Ein genauerer Blick verriet ihr, dass es sich um Einhornhaar handelte und ein daneben liegender Einkaufszettel bestätigte ihr, dass er es kürzlich gezählt haben musste, denn diese seltene Zutat ging offensichtlich zur Neige.
Sie griff nach dem Büschel strapazierfähiger Schweifhaare und grinste einmal frech zu Severus hinüber, bevor sie die Haare auf dem Boden hin und her bewegte. Auf der Stelle kam der Kniesel unter dem Bett hervor und angelte nach den Haaren, die Hermine nun so hoch hielt, dass er sie nicht erreichen konnte. Sie griff sich ihren Kniesel, der sofort wohlig zu schnurren begann, legte das Einhornhaar wieder auf Severus’ Nachttisch und strahlte ihn mit einem triumphierenden Lächelnd an.
„Erwarten Sie von mir nicht so etwas Albernes wie einen Applaus“, sagte er trocken, wodurch sich ihr Lächeln abrupt verabschiedete. „Wie wäre es stattdessen mit einem Schluck Elfenwein?“ Ihr Lächeln kam genauso schnell wieder zurück wie es verschwunden war.
Am nächsten Morgen am Frühstückstisch war Harry der Letzte, der von allen Lehrern gekommen war und es war anzunehmen, dass er sich mit Absicht Zeit gelassen hatte, um nicht Rede und Antwort stehen zu müssen. Nachdem sich Harry neben Severus gesetzt hatte, flogen bereits die ersten Posteulen durch die Öffnungen im Dach der großen Halle. Erst gestern noch hatte Hermine per Eule ein Exemplar für den nächsten Tag bestellt und sofort bezahlt, so dass sie nun neugierig die pünktlich gelieferte Sonntagsausgabe der „Muggelpost“ aufschlug.
Die erste Seite wurde von einer Schlagzeile geziert, die sie erschrocken Luft holen ließ, so dass Severus sich nach rechts wandte und sie fragte: „Was haben Sie?“
Hermine hielt ihm die Schlagzeile unter die Nase und dort stand fettgedruckt, was Severus leise vorlas: „Muggel-Hotel in Aberdeen in Flammen aufgegangen“. Severus bemerkte, wie die Hände seiner Schülerin zitterten. Sie war sich gerade bewusst darüber geworden, dass sie gestern alle ihr Leben hätten verlieren können.
Gleich darauf warf sie Harry die Zeitung unwirsch auf den Tisch und sagte vorwurfsvoll: „Ich würde heute gern deine Version hören, Harry!“
Harry überflog die Schlagzeile und sagte gelassen: „Warum? Du weißt ja jetzt, warum wir abreisen mussten.“
Sie beugte sich am Tisch vor, damit sie an Severus vorbei angestrengt leise entgegnen konnte: „Aber warum wusstest du das?“
„Hermine“, brachte Harry gereizt heraus, denn wenn er mit ihr darüber reden würde, dann bestimmt nicht während des Frühstücks am Lehrertisch.
Gerade wollte sie noch etwas entgegnen, da sagte Severus, dem sie so nahe war, dass sie seinen Atem spüren konnte: „Ich bitte Sie, Hermine, Sie versperren mir den Zugriff auf mein Frühstück.“
Sie blickte Severus kurz an, bevor sie sich ihre Ausgabe der Muggelpost schnappte und sich wieder normal hinsetzte.
Anstatt wie Harry oder Severus zu frühstücken las sie den dazugehörigen Artikel auf Seite drei weiter. In dem Hotel war für Samstagnachmittag eine private Veranstaltung geplant gewesen und zwar von niemand anderem als Robert Hopkins. Die Veranstaltung war im Artikel als eine kleine „Vereinsversammlung“ beschrieben worden. Die Muggelpost hatte kein Wort darüber verloren, was wirklich alles hinter Robert Hopkins steckte. Entweder wussten sie es nicht oder sie hielten es nicht für wichtig genug, dessen Hetzkampagne gegen die Zaubererwelt zu erwähnen. Auf jeden Fall war diese kleine Versammlung von anderen gestört worden. Es war zu einer Auseinandersetzung gekommen, bis irgendwer Molotowcocktails geworfen hatte.
Von der Seite hörte sie Severus fragen: „Was ist ein Molotowcocktail?“
Zuerst schaute sie ihn entgeistert an, bis ihr klar geworden war, dass er den Artikel unbemerkt mitgelesen haben musste, weswegen sie lächeln musste. Gleich darauf erklärte sie: „Das ist eine Glasflasche, die mit brennbarer Flüssigkeit gefüllt ist. In den Flaschenhals steckt man einen Fetzen Stoff, den man anzündet, bevor man die Flasche wirft. Wenn sie zerschellt…“
„…fängt die breitflächig verteilte Flüssigkeit sofort Feuer“, sagte er ihren Satz beendend, so dass sie nur nicken konnte. „Muggel haben erschreckend ausgefallene Ideen“, fügte er hinzu.
„Ja und sie sind darüber hinaus beängstigend wirkungsvoll“, entgegnete sie besorgt, was er mit einem Nicken bestätigte.
In seinem Büro sitzend las Arthur den Artikel in der „Muggelpost“ und er wurde sich darüber klar, dass er endlich einen Entschluss fassen musste. Er hatte nämlich nicht nur erfahren, dass es eine Auseinandersetzung in Aberdeen in Zusammenhang mit Robert Hopkins gegeben hatte. Durch einen vertrauensvollen Auroren, der sich gestern während seines Urlaubs zufällig in dieser Hafenstadt aufgehalten hatte, war er zudem an die Information gekommen, dass einer der von der Muggelpolizei festgenommenen Unruhestifter ein Squib gewesen wäre und der zweite sogar ein Zauberer. Der Squib gehörte, auch wenn er selbst in der Muggelwelt leben sollte, noch immer der Zauberergemeinschaft an, so dass Arthur zu Kingsley sagte: „Ich muss mich mit dem ’anderen Minister’ treffen. Ich muss diesen Squib und den Zauberer herholen und beide verhören!“
Kingsley bejahte lediglich, denn er wusste längst nicht mehr, wie sie sonst noch an weitere Informationen herankommen könnten, da sich Malfoy noch immer sträubte, sie nach dem letzten Besuch, bei dem sie ihm heimlich Veritaserum eingeflößt hatte, zu empfangen.
„Dann kontaktiere ihn oder ’überfall’ ihn einfach“, empfahl Kingsley.
„Nein, ich kann ihn nicht einfach so aufsuchen. Ich mach es wie es sich gehört! Das Gemälde soll mich ankündigen. Ich kann nicht verantworten, dass der Premierminister einen Herzinfarkt bekommt, sollte ich dort einfach so auftauchen“, sagte Arthur. „Heute ist Sonntag; vielleicht erreiche ich ihn ja auch gar nicht“, mutmaßte Arthur.
Kingsley lachte und sagte: „Du bist heute auch hier im Ministerium und nicht Zuhause. Regierungsoberhäupter arbeiten immer, Arthur.“
Arthur stellte sich bereits in seinem Büro vor ein Gemälde mit einem nicht schön anzusehenden, altertümlichen Schreiber. Der hässliche Mann in dem Gemälde sagte: „Ich habe zugehört, Minister. Soll ich Ihren Besuch sofort ankündigen?“
„Ja und sagen Sie ihm bitte, ich wäre in spätestens zehn Minuten bei ihm und ähm… machen Sie ihm bitte keine Angst ja?“, bat Arthur höflich, doch der Herr im Gemälde schnaufte nur verachtend.
Im Büro des Premierministers der Muggelwelt hatte eben eine Besprechung stattgefunden, weswegen er jetzt, ohne seine Gäste, noch einmal das mitgeschriebene Protokoll durchging, als plötzlich eine hässliche Gestalt in einem Gemälde auftauchte und „Pst“ machte. Erschrocken blickte der Premierminister sich um. Sein Blick fiel auf die geschlossene, kastanienbraune Tür, dann auf einige Bilder und letztendlich auf das Bild, in welchem eigentlich keine Person abgebildet war. Als er bemerkte, dass die Person in dem Gemälde sich auch noch bewegte, atmete er erschrocken ein. Dann ertönte eine Stimme, die direkt aus diesem Gemälde kam, welches er zu Beginn seiner Amtsperiode zu entfernen versucht hatte, aber das Bild hatte man einfach nicht von der Wand bekommen.
„Sehr geehrter Herr Premierminister, wir hatten schon einmal das Vergnügen, falls Sie sich erinnern“, grüßte der hässliche Mann aus dem Kunstwerk heraus. Der Premierminister schluckte und nickte bestätigend, denn er bekam kein einziges Wort heraus, so dass das Gemälde, nachdem es einmal geseufzt hatte, ihn darüber in Kenntnis setzte: „Der Minister der Zaubererwelt hat sich für ein persönliches Gespräch mit Ihnen entschlossen und wird innerhalb der nächsten zehn Minuten in Ihrem Büro auftauchen. Bitte treffen Sie entsprechende Vorkehrungen und teilen Sie Ihrer Vorzimmerdame mit, dass Sie für die nächste Stunde nicht gestört werden möchten. Vielen Dank für Ihre Kooperation.“ Der hässliche Mann aus dem Gemälde verschwand wieder, doch der Premierminister starrte mit großen Augen weiterhin auf den leeren Schreibpult, den das Bild zeigte und stieß es vorsichtig mit einem Kugelschreiber an.
Fünf Minuten später knisterte es laut im Kamin des Büros und der Premierminister erhob sich aufgebracht von seinem Stuhl, als ein Mann aus dem Feuer trat, der ihn gleich freundlich lächelnd begrüßte und ihm dabei die Hand reichte.
Nach der Begrüßung begann Arthur sogleich zu erzählen, doch er hielt inne, als er den erschrockenen Gesichtsausdruck seines Gesprächspartners erblickte. Vorsichtig und besorgt fragte Arthur den anderen Minister: „Es geht Ihnen doch gut oder? Hat das Bild Sie nicht vorgewarnt?“ Er betrachtete kurz das entsprechende Gemälde, welches mit einem Klebezauber versehen war, so dass die Zaubererwelt immer einen Kontakt zur Muggelwelt haben würde.
Endlich sprach der andere Minister, jedoch sehr abgehackt: „Ähm, doch… es hat… aber ich…“ Nachdem der andere Minister einmal geseufzt hatte, erklärte er: „Entschuldigen Sie bitte, aber nach Ihrem ersten Besuch dachte ich lediglich, dass der Stress mir Halluzinationen beschert hatte. Ich dachte nicht, dass mein Gespräch mit Ihnen wirklich stattgefunden hatte.“
„Oh, ich verstehe sehr gut, wie Sie sich fühlen müssen. Es liegt nicht in meiner Absicht Ihnen Unbehagen zu bereiten. Ich hätte Sie auch niemals aufgesucht, wenn die Sache nicht so dringend wäre“, erklärte Arthur mitleidig.
„Damals war ich drauf und dran, meinen Vorgänger über diese Zaubererwelt zu fragen, aber ich habe mich nicht getraut, weil ich dachte, man würde mich für nicht zurechnungsfähig halten“, offenbarte der andere Minister.
Arthur musste daraufhin lachen und erzählte belustigt: „Ja, wohl alle Ihre Vorgänger haben das Gleiche geglaubt wie Sie, nachdem Sie mit unserer Welt Kontakt gehabt hatten. Ist immerhin auch eine Art der Geheimhaltung, wenn kein Minister sich traut, etwas von uns zu erzählen. Was glauben Sie, was man von mir sagen würde, würde ich behaupten, Schrumpfhörnige Schnarchkackler sehen zu können.“
„Was bitte?“
„Ach nichts, kommen wir zu den wichtigen Punkten, werter Premierminister“, sagte Arthur mit ernsterer Miene.
Der andere Minister warf beängstigt ein: „Ich hoffe doch, es geht nicht mehr um diesen Lord. Sie hatten doch das letzte Mal ausführlich geschildert, dass er vernichtet worden wäre.“
„Nein, es geht nicht um Voldemort. Es geht um den Vorfall in Aberdeen. Es ging auch durch Ihre Presse. Sie haben die Zeitungen gelesen?“, fragte Arthur, der ihm bereits eine Ausgabe der „Muggelpost“ reichte, welche der Premierminister aufschlug und las.
Während der Premierminister den Artikel in der Muggelpost durchging, schaute Arthur sich bedächtig in dessen Büro um. Hier waren so viele Gegenstände, deren Funktionsweise er schon beim ersten Besuch hatte erfragen wollen, doch Harry hatte ihm damals den Ratschlag gegeben, seine Begeisterung für Muggelgegenstände zu unterdrücken. Sein Blick fiel auf ein seltsames Gebilde, welches auf dem Schreibtisch des Premierministers stand. Es waren fünf silberfarbene Kugeln, die von metallenen Stangen an V-förmigen Fäden hinunterhingen und Arthur brannte die Frage auf der Zunge, was das für ein Ding wohl sein könnte.
Über den Vorfall in Aberdeen war der Premierminister längst unterrichtet worden. In dem Artikel der Zeitung aus der Zauberergesellschaft standen viele Begriffe, die ihm fremd waren. Natürlich formten sich gleich Fragen in seinem Kopf.
„Minister Weasley, was ist ein ’Squib’?“, fragte er neugierig.
„Das sind Nachkommen von Zauberern und Hexen, die jedoch keine oder nur wenig magische Fähigkeiten besitzen“, erläuterte Arthur gewissenhaft, woraufhin der andere Minister einen brummenden M-Laut von sich gab und weiterlas.
„Und diese Squibs haben… Was genau waren nochmal ’Muggel’?“, fragte der Premierminister.
„Ein Muggel ist jemand wie Sie – eine Person, die nicht zaubern kann“, stellte Arthur freundlich lächelnd klar.
Der andere Minister blickte Arthur ungläubig an, bevor er die Zeitung auf den Tisch legte und langsam wiederholte: „Ihre Squibs und Zauberer haben unsere Muggel überfallen? Was wollen Sie mir damit sagen?“ Der Minister wurde etwas ungehaltener, bevor er erbost fragte: „Wollen Sie mir damit einen Krieg erklären?“
„Grundgütiger, nein! Und ich würde auch niemals die Bezeichnung ’meine’ oder ’Ihre’ verwenden. In der Zaubererwelt leben auch muggelgeborene Zauberer und Hexen und es gibt viele Squibs aus unserer Gemeinschaft, die hier bei Ihnen als Muggel leben und auch arbeiten!“, entgegnete Arthur beruhigend.
Dem anderen Minister fiel offensichtlich ein Stein vom Herzen, bevor er witzelnd bemerkte: „Ich hoffe, die Squibs zahlen hier auch ihre Steuern, wenn sie hier leben und arbeiten.“
Geduldig beantwortete Arthur alle Fragen, die der Premierminister an ihn richtete und mit jeder Antwort machte sich noch mehr Erleichterung ihn dem Muggel-Minister breit. Es lag nahe, dass kein Zaubereiminister jemals so ausführlich mit einem Premierminister geredet hatte. Arthur konnte ihm letztendlich jegliche Berührungsängste nehmen, bevor er den Überfall auf Aberdeen detaillierter ansprach.
„Sie haben es ja gelesen, aber was mich besonders stutzig macht: Warum war es ein Squib und ein Zauberer, die eine Veranstaltung von Mr. Hopkins auf diese drastische Art und Weise überfallen haben? Sie müssen zudem wissen, Premierminister, dass ich aus sicherer Quelle weiß, dass dieser Mr. Hopkins kein Bürger mit weißer Weste ist und er sehr wohl über unsere magische Gesellschaft im Bilde ist, aber nachweisen konnte ich ihm bisher keine seiner Untaten. Ich möchte daher gern die beiden Festgenommenen bei uns in der Zaubererwelt verhören. Ich möchte die beiden aus dem Muggelgefängnis in unseres überführen, was ich ohne Ihre Zustimmung nicht machen wollte“, erklärte Arthur.
Der andere Minister stutzte kurz und fragte: „’Nicht machen wollte’? Aber Sie hätten es tun können? Ich meine, Sie hätten die beiden einfach aus unserer Haftanstalt herausholen können?“
„Ja, das hätte ich schon veranlassen können, aber in dieser Hinsicht war eine Zusammenarbeit mit Ihnen meines Erachtens angemessener. Es hätte seltsam ausgesehen, wenn plötzlich Ihre Gefängniszellen leer gewesen wären, ohne dass Sie auch nur einen Hinweis darauf gehabt hätten, wie diese Menschen… Na ja, Sie wissen, was ich meine. Ich wollte Ihnen Aufregung und Ärger ersparen“, sagte Arthur offen.
„Das ist sehr aufmerksam von Ihnen, Minister Weasley. Übrigens sagt mir dieser Mr. Hopkins etwas“, erklärte der Premierminister. Aufgrund von Arthur forderndem Blick erklärte er: „Wegen diesem Mann und seiner Gruppe habe ich bereits von verschiedenen Anhängern der Kirche und aufgebrachten Eltern Beschwerdebriefe erhalten und ich bin unzählige Male aufgefordert worden, diese Gruppierung verbieten zu lassen, doch sind mir da gesetzlich die Hände gebunden. Sie glauben gar nicht, wie die Presse mich wegen meiner Machlosigkeit in Bezug auf Hopkins durch den Schmutz zieht. Ich müsste erst Gesetze ändern, um ihn festnehmen zu können, was wiederum unschuldige Vereine ebenfalls schädigen würde. Der Mann ist mir seit Beginn meiner Amtsperiode ein Dorn im Auge und ich würde wirklich fast alles tun, um ihn hinter Gittern sehen zu können. Wir konnten Hopkins bisher – und da haben wir beide momentan etwas gemeinsam – überhaupt nichts nachweisen, denn es ist nicht verboten, einen Verein zu gründen und Unfug zu verbreiten. Er zahlt sogar gewissenhaft seine Steuern; ich hatte ihm nämlich Anfang des Jahres die Finanzbeamten auf den Hals gehetzt, falls wir in seiner Buchführung Ungereimtheiten finden würden, für die wir ihn hätten festnehmen können. Zumindest konnte ich es unterbinden, dass diese Sekte sich weiterhin in staatlichen und kirchlichen Einrichtungen wie Kindergärten und Schulen einnistet, um dort ihre Hirngespinste an den Mann zu bringen. In diesem Sinne wäre ich sehr erleichtert, wenn Sie mich über die Aussagen der Gefangenen in Kenntnis setzen würden. Vielleicht finde ich da etwas, mit dem ich Hopkins das Handwerk legen kann.“
Arthur machte große Augen, dann lachte er erleichtert, bevor er sagte: „Sie geben mir die Erlaubnis, die beiden Gefangenen in die Zaubererwelt überführen zu dürfen?“
„Nach unserem Gespräch liegt es nahe, dass eine Zusammenarbeit fruchtbarer wäre als weiterhin allein herumzustolpern, denn einer von uns beiden wird ihn sicherlich dingfest machen können. Ich verlange nur eine Kopie der Aussagen dieser Brandstifter und ab und an vielleicht ein persönliches Gespräch mit Ihnen?“, fragte der andere Minister voller Hoffnung.
Breit lächelnd ergriff Arthur die Hand seines Gesprächspartners und erwiderte: „Es wäre mir eine große Freude, die Zusammenarbeit mit Ihnen als Vertreter der Muggelwelt zu vertiefen!“
Bevor sich Arthur jedoch dazu entschloss, den Premierminister wieder zu verlassen, fragte er: „Sagen Sie, das dort auf Ihrem Schreibtisch“, er zeigte auf das Gebilde mit den metallenen Kugeln, „stellt genau was dar? Verzeihen Sie mir die Frage, aber ich habe eine Vorliebe für die Gegenstände von Muggeln. Es ist sozusagen ein Steckenpferd von mir.“ Arthur lächelte bis über beide Ohren.
Der Premierminister lächelte zurück und erklärte, während er sich dem entsprechenden Objekt näherte: „Das nennt sich ’Kugelstoßpendel’. Warten Sie, ich demonstriere es Ihnen.“
Der Premierminister nahm eine Kugel, hielt sie nach oben und ließ los. Völlig fasziniert beobachtete Arthur, wie die Kugel an die andere stieß, doch entgegen seiner Vermutung bewegten sich die mittleren drei nicht die Spur, aber dafür die letzte, denn die schwang nach oben, fiel zurück und das ganze wiederholte sich.
„Fantastisch! Das ist ja ungeheuerlich“ schwärmte Arthur. „Welchen Zweck hat ein ’Kugelstoßpendel’?“, fragte er noch interessiert.
Der Premierminister antwortete belustigt: „Ich möchte diesem Gegenstand keinen tatsächlichen Zweck zusprechen, Minister Weasley. Es erfüllt in erster Linie nur den Zweck der Dekoration. Möglicherweise könnte es auch die Nerven beruhigen.“
Vorsichtig streckte Arthur einen Finger aus und berührte eine der mittleren Kugeln, die sich nicht bewegten und sagte dann begeistert: „Das vibriert ja!“
Ohne Umschweife nahm der Premierminister das Kugelstoßpendel in die Hand und hielt es Arthur entgegen, während er sagte: „Nehmen Sie es als Geschenk, Minister Weasley.“
„Aber das kann ich doch nicht annehmen. Warum…?“
Arthur wurde unterbrochen, als der andere Minister sagte: „Wir haben uns heute gegen einen gemeinsamen Feind verbündet, Minister Weasley. Sehen Sie das Geschenk als Symbol unserer engen Zusammenarbeit und Beginn unserer Freundschaft.“
Arthur war hin und weg und strahlte über das ganze Gesicht. „Ich möchte mich vielmals bei Ihnen bedanken. Das bedeutet mir wirklich viel!“, beteuerte Arthur, bevor er dem anderen Minister die Hand schüttelte und die Muggelwelt mit federleichtem Herz durch den Kamin verließ.
Three Characters in Search of an Exit - eine Satire mit Harry, Hermine und Severus
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091 Pablo
Das verpatzte Wochenende in Aberdeen vor zwei Wochen war Anfang Oktober längst vergessen. Severus saß in seinem offiziellen Büro, zu welchem auch Schüler Zutritt hatten, wenn sie es denn überhaupt wagen würden, mit ihm sprechen zu wollen. Gelangweilt ging er gerade das Heft von Meredith Beerbaum durch, denn er fand keinen einzigen Fehler. Hier und da hätte sie etwas ausführlicher werden können, dachte er, so dass er schon die Feder mit der roten Tinte ansetzte, um ihr genau das in einer Randbemerkung mitzuteilen, doch dann erinnerte er sich plötzlich an das Gespräch mit Hermine, die vor einige Zeit gesagt hatte, die ganze rote Tinte würde die Schüler nur verunsichern. Es könnte ihm völlig egal sein, doch es wäre einen Versuch wert, Hermines Theorie zu widerlegen. Miss Beerbaum bekam in seiner Klasse nie den Mund auf, denn sie schien sehr eingeschüchtert und Severus glaubte nicht, dass sich daran etwas ändern würde, wenn er schwarze Tinte benutzen würde. In Gedanken verweilte er einen Augenblick bei entsprechender Schülerin, die möglicherweise so viel Angst vor ihm hatte, dass sie nur nach Aufforderung eine Antwort gab, sich jedoch nie aus freien Stücken meldete.
Heute am Dienstag würde Lupin wegen des ersten Wolfsbanntranks des Monats vorbeikommen müssen. Severus stöhnte, als er an Lupin dachte. Es gefiel ihm nicht, dass sein ehemaliger Schulkamerad jetzt immer so nett zu ihm war.
’Wo war die Konsequenz des Hasses geblieben? Black hat sie doch auch nicht verloren’, dachte Severus.
Er hatte das Gefühl, Lupin hätte keine Angst mehr vor ihm.
’Warum sollte man auch jemanden zur Verlobungsfeier einladen, vor dem man Angst hat?’, fragte sich Severus still, als er seine Randbemerkungen schreiben wollte. Es war ihm danach, Hermines Vorschlag hier und jetzt umzusetzen, während er bereits die Feder wechselte, um mit einer einfachen Gänsefeder erstmalig in schwarz seine Randbemerkung für Miss Beerbaums Abhandlung zu machen und er schrieb: „Ich wünschte mehr Details in Bezug auf Ihre richtige Aussage, vorzugsweise Flubberwürmer nur in zerdrücktem und nicht geschnittenem Zustand dem Trank beizufügen. Solche Einzelheiten würden Ihnen in Zukunft, wenn auch nicht spezifisch von mir gefordert, mehr Punkte für Ihre Arbeit einbringen.“
In Gedanken war er jetzt jedoch nicht mehr bei Miss Beerbaums Abhandlung über den Erkältungstrank, den sie zwei Wochen lang im Unterricht durchgegangen waren, denn immer wieder dachte er an seinen ehemaligen Mitschüler. Lupin schien in Severus’ Augen von Mal zu Mal offener und netter zu werden und das war ein Widerspruch in sich. Severus fand einfach keinen Grund, warum Lupin ein Interesse daran haben sollte, ihn zuvorkommend zu behandeln. Noch immer war sich Severus nicht sicher, warum er von dem Werwolf wie selbstverständlich zu einer Feier eingeladen worden war, auf der man sich in der Regel ausschließlich mit Menschen umgeben wollte, die man respektierte. Ratlos schüttelte er den Kopf, denn er wollte gar keine Antworten auf diese Fragen haben; er wollte sich nicht mehr mit Lupin beschäftigen und ein Klopfen tat das Übrige, um seine Gedanken an seinen ehemaligen Mitschüler vollends zu verdrängen.
Als Severus die Tür geöffnet hatte, kamen seine soeben untergrabenen Fragen augenblicklich wieder in ihm auf, denn Lupin war eingetreten. Sein ehemalige Kollege blickte ihn an und fragte nach einem Moment unsicher: „Du hast doch mit mir gerechnet oder?“
Ein Nicken musste dem Gast als Antwort reichen, denn zu mehr war Severus momentan nicht fähig. Die Fragen, die er sich während seiner vorigen, stillen Selbstunterhaltung gestellt hatte, brannten ihm auf der Zunge und er wollte sie so gern stellen; wollte Remus fragen, warum man ihn zu der Verlobungsfeier eingeladen hatte und ob man nur von einem geplanten „Scherz“ mit ihm abgesehen hatte, weil Hermine seine Begleitung gewesen war. Er wollte wissen, warum Lupin ihm gegenüber immer so eine Freundlichkeit an den Tag legte und wo die gewohnheitsgemäße Verabscheuung geblieben war, die Black und er selbst noch immer penibel pflegten.
„Warum hatten Sie mich eigentlich zu Ihrer Verlobungsfeier eingeladen?“, fragte Severus steif und mit abweisender Körperhaltung, denn er hatte den Kopf hoch erhoben und die Arme vor der schmalen Brust verschränkt, um so auf Lupin herabsehen zu können.
Jeder, der Severus etwas besser kannte, wusste von dessen Fähigkeiten in Legilimentik, aber auch ohne diese Kenntnis hätte Remus ihm sowieso ehrlich geantwortet, auch wenn diese Antwort nur zögerlich kommen wollte, weil Remus erstens nicht mit dieser Frage gerechnet hatte und er sich zweitens seinem ehemaligen Schulkameraden gegenüber mit seiner aufrichtigen Antwort verletzlich machen würde.
„Ich musste immer wieder an früher denken. An die Schule…“, sagte Remus innehaltend, doch von Severus kam bisher kein verletzender Kommentar. So wurde Remus genauer, als er sagte: „Vor der Verlobungsfeier sind die Erinnerungen immer öfter in mir aufgekommen und es waren viele Dinge dabei, die mich“, Remus schluckte hörbar, „heute nur noch ungläubig mit dem Kopf schütteln lassen. Früher ist einiges vorgefallen, was mich heute sehr belastet.“
An seiner Stimme war zu hören, dass er es ernst gemeint hatte und auch sein Gesicht zeugte von solcher Offenherzigkeit, dass Severus nicht anders konnte als zu fragen: „Erwarten Sie etwa, dass ich eine Flasche ’Mitleid’ entkorke und mit Ihnen anstoße?“
Remus lachte auf, denn er hatte ganz fest mit einer boshaften Reaktion gerechnet und war nicht enttäuscht worden. Severus’ Handeln war für wenige Vertraute berechenbar, auch wenn der es mit Sicherheit abstreiten würde. Als Severus ihn böse anstarrte, sagte Remus beschwichtigend: „Ich lache nicht über dich, Severus. Ich lache, weil mir eben klar geworden ist, wie gut ich dich eigentlich kenne.“ Severus verdrehte die Augen, doch Remus war es, der nun etwas ernster sagte: „Und gerade weil ich dich kenne habe ich auch nie den Schritt gewagt um Entschuldigung zu bitten. Ich war davon überzeugt, dass du mich entweder rauswerfen oder mich mit deinem Sarkasmus gleich an Ort und Stelle auseinander nehmen würdest. Deine Worte können nämlich sehr schneidend sein und viel mehr Schaden anrichten als das Schwert von Godric Gryffindor.“ Remus lächelte zurückhaltend und blickte zu Boden, weil er jeden Moment mit dem Schwall an zerstörenden, verletzenden Worten rechnete, die er zu ertragen bereit war, doch die kamen nicht.
Als Remus aufblickte, schaute er in ein Gesicht, welches vor lauter Unglauben eingefroren zu sein schien. Severus war sprachlos, doch schnell erlangte er seinen klaren Verstand wieder und sagte mit leichtem Zynismus untermalt: „Warum glauben Sie, dass ich Sie hinauswerfen würde, wenn Sie schon den Mumm zeigen, nach über zwanzig Jahren endlich mal diesen Schritt zu wagen? Ich verspreche mir einen unterhaltsamen Moment, wenn ich Ihnen gestatten sollte, eine paar wohl formulierte Worte der Entschuldigung an mich zu richten, die Sie ohne Zweifel nur stotternd und mehr schlecht als recht herausbekommen würden. Also, Lupin, Sie haben die Erlaubnis mich zu unterhalten. Worauf warten Sie noch?“
Remus hatte sich schon oft überlegt, wie er an Severus herantreten könnte, um mit ihm über vergangene Zeiten zu sprechen, aber jetzt war der Moment völlig unverhofft eingetreten und seine teilweise im Kopf vorbereiteten Worte waren wie weggefegt. Zu lange wollte er Severus jedoch nicht warten lassen, weswegen er sagte: „Ich… Ich habe mir früher schon vorgeworfen, dass… dass ich nie dazwischen gegangen…“
„Sie stottern, Lupin. Reißen Sie sich zusammen! Mein Gehör hat heute keine Geduld für kleckerweise dargebrachte Rechtfertigungen“, meckerte Severus provozierend und Remus holte tief Luft. Er wollte sich nicht ein Leben lang selbst vorwerfen müssen, diesen Augenblick nicht beim Schopfe gepackt zu haben.
„Ich weiß, dass ich falsch gehandelt habe. Je älter ich geworden bin, desto mehr habe ich mir Gedanken über das gemacht, was früher geschehen ist. Was wir für dumme Scherze…“
„Oh ja, von diesen Scherzen haben Sie offensichtlich gelebt, nicht wahr? Sie waren schon so etwas wie die Luft zum Atmen. Wie Sie wissen, ging einer Ihrer Scherze so weit, dass ich beinahe mein Leben verloren hätte oder noch schlimmer“, Severus grinste ihn fies an, „zu einem Werwolf geworden wäre.“ Remus schluckte bei dieser Bemerkung, aber er wusste, dass Severus’ größte Waffe jene war, Menschen tief zu treffen, um seinen Selbstschutz aufrecht zu erhalten.
„Ich habe von dieser Sache nichts gewusst und auch James hat gerade noch rechtzeitig davon erfahren, um das Schlimmste verhindern zu können. Diesen Vorfall kannst du mir wirklich nicht vorwerfen, aber für alles andere stehe ich gerade, Severus!“
Verachtend schnaufte Severus, bevor er einige Schritte im Zimmer auf und ab ging. Plötzlich blieb er stehen, blickte seinen Gast an und forderte: „Nun, ich warte oder war das alles, was Sie vorzubringen haben?“
„Was erwartest du? Soll ich jede Einzelheit aufzählen und jeweils sagen, wie Leid es mir tut? Ich bin nicht stolz auf das, was ich früher getan habe, aber ich bin erwachsen geworden und sehe heute die Dinge anders als früher. Ich habe einen Haufen Mist gebaut und hätte ich eine Möglichkeit, das rückgängig zu machen…“
„Diese Möglichkeit gibt es jedoch nicht, Lupin!“, warf Severus grantig ein.
Remus seufzte erst, bevor er erklärte: „Ich wollte damit doch nur sagen, wie unverzeihlich ich mein Verhalten finde. Ich habe Dinge getan, die ich nie wieder ändern kann und ich muss damit leben, ob du Nachsehen mit mir hast oder nicht. Ich muss trotzdem damit klarkommen.“
„Fühlen Sie sich jetzt wohler, Lupin? Konnten Sie sich alles von der Seele reden?“, fragte Severus gelangweilt, während er sich ein Stück Pergament vom Schreibpult nahm und vorgab, darin zu lesen.
Remus hob und senkte einmal langsam den Schultern, bevor er zugab: „Ja, ob du es glaubst oder nicht, ich fühle mich besser!“
„Schön für Sie. Dann begeben Sie sich doch bitte in mein privates Büro, in dem Hermine Ihnen den Trank verabreichen wird. Für die Unterschrift werde ich nachkommen“, sagte Severus kühl, ohne Remus anzusehen und der verließ den Tränkemeister, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.
Etwas geknickt über den Verlauf des Gesprächs ging Remus in Severus’ privates Büro, in welchem Hermine tatsächlich bereits startklar mit einem frisch gebrauten Wolfsbanntrank wartete.
„Remus? Ist irgendwas passiert? Du siehst ein wenig niedergeschlagen aus“, bemerkte sie ganz richtig.
„Ach, ich hatte nur eben mit Severus“, er unterbrach sich selbst, „ach, nicht so wichtig. Ich werde nie mit ihm offen reden können. Das ist halt so.“
„Um was ging es denn?“, wollte Hermine wissen. Als sie an Aberdeen dachte, sagte sie unüberlegt: „Brenda?“ Remus machte ganz große Augen und wirkte für wenige Sekunden so, als wollte er jeden Moment jemanden an den Hals gehen, doch bevor er laut vermuten konnte, dass Harry etwas aus seinem Tagebuch erzählt haben könnte, erklärte Hermine: „Da war so eine komische Sache, als wir in Aberdeen waren. Mein falscher Vorname in dem Pass…“
„Was habt ihr denn bitteschön in Aberdeen gemacht und warum falsche Pässe?“, fragte er verdutzt.
Sie winkte ab. „Das kann ich dir später erzählen. Auf jeden Fall waren wir zu fünft: Sirius, Anne, Harry, Severus und ich. Mein falscher Name im Pass war Brenda und das hat bei Severus offensichtlich schlimme Erinnerungen geweckt.“
Niemand von beiden hatte wahrgenommen, dass Severus bereits durch die Tür getreten war und der Unterhaltung lauschte.
„Was ist dann passiert?“, fragte Remus neugierig.
„Sirius und Severus haben sich in die Haare bekommen und es ging um diese Brenda. Sirius hat gesagt, er verstünde nicht, warum Severus sich darüber noch so aufregen würde und dass Brenda sowieso ein Flittchen gewesen wäre“, erläuterte Hermine.
„Und was hat Severus daraufhin gesagt?“, wollte Remus wissen.
Eine tiefe, ruhige Stimme antwortete stellvertretend für Hermine: „Ich sagte, sie sei erst eines geworden, nachdem Black mit ihr fertig gewesen war.“
Erschrocken drehten sich Hermine und Remus um. Beide bekamen etwas Farbe im Gesicht, worüber sich Severus amüsierte, während er ein paar Schritte auf die beiden zuging. „Warum erzählen Sie nicht weiter, Lupin? Immerhin sind Sie mit genannter Person damals auf den Weihnachtsball gegangen und können sicherlich davon berichten, wie ausgeprägt die Eigenschaften dieser ’Dame’ gewesen waren, mit denen sie sich selbst zum Flittchen abgestempelt hatte“, sagte er bedrohlich leise. Dieser Tonfall machte Hermine und Remus klar, dass der Bogen überspannt war.
Ehrlich antwortete Remus: „Ich war mit ihr gar nicht auf dem Ball. Ich habe mich in den Gemeinschaftsraum verdrückt, nachdem du gegangen warst.“
Diese Aussage erstaunte Severus, denn er war jahrelang davon ausgegangen, dass Remus mit Brenda den Weihnachtsball besucht hatte, doch vor seiner Schülerin wollte er keine Einzelheiten diskutieren, weshalb er das Thema unter den Tisch kehrte. Er fragte lediglich kühl: „Wo ist Ihr Tränkepass?“ Wortlos überreichte Remus ihm den Pass, den er unterschrieb, bevor er sich von ihm verabschiedete. Er hatte Remus so schnell zur Tür hinausbegleitet, dass er nicht einmal Hermine auf Wiedersehen sagen konnte.
Hermine blickte Severus an und sie erkannte an seinem Gesicht, an den winzigen Eigenarten der kleinen Fältchen um Mund, Nase und Augen herum, dass er kurz vorm Explodieren war, so dass sie sich dazu entschloss, kein Sterbenswörtchen von sich zu geben und von ihm heute initiierte Gespräche knapp, aber nett zu handhaben, doch Severus sagte gar nichts.
Nach einer Weile nannte sie ihn vorsichtig beim Namen. „Severus?“ Er sah sie an und gab ihr mit einem einzigen Blick zu verstehen, dass ihre Störung einen guten Grund haben sollte, so dass sie eingeschüchtert fragte: „Sie wollten doch, dass ich mal den Armortentia braue, damit Sie sehen können, wie geschickt ich…“ Sie hielt inne, als er von seinem Stuhl aufstand und sich ihr näherte.
Als er sich bedrohlich wirkend vor ihr aufgebaut hatte, fragte er mit leiser Stimme: „Ist es ein Steckenpferd von Ihnen geworden, sich mit anderen Menschen über mich zu unterhalten?“
Sie zögerte, erklärte dann jedoch ruhig: „Mich interessiert es halt und wenn jemand etwas von früher zu erzählen hat…“
Er unterbrach unwirsch: „Sie befinden sich hier direkt an der Quelle, Miss Granger.“ Sein deutlicher Gebrauch ihres Nachnamens machte ihr klar, dass er sehr ungehalten über ihre Unterhaltung mit Remus war.
Mutig konterte sie: „Als ob Sie mir je antworten würden.“
„Sie haben ja nicht einmal gefragt!“, hielt er ihr zornig vor.
Wut stieg in ihr auf, aber nur, weil er Unrecht hatte und so drehte sie den Spieß um und kreidete ihm an: „Ich habe Sie in Aberdeen gefragt, ob Sie nach Ihrem Albtraum drüber reden möchten, aber Sie wollten nicht!“
„Ich wollte nicht über den Traum reden!“
„Okay, dann habe ich jetzt meine Chance bekommen und die ergreife ich einfach. Würden Sie mir bitte erzählen, was damals mit Ihnen und dieser Brenda geschehen ist?“, fragte sie mit viel Überwindung, denn Severus konnte unausstehlich werden, wenn man ihn auf dem falschen Fuß erwischen sollte und es schien ganz so, als würde sich seine Stimmung aufgrund ihrer Frage nicht gerade bessern.
Severus blickte kurz zu Boden und überlegte, bevor er seine Maske aufsetzte und gefühlskalt schilderte: „Da gibt es nicht viel zu berichten. Ich war mit ihr verabredet gewesen und sie hatte es sich kurzfristig anders überlegt. Ich bin sicher, dass so ein Fall in der Geschichte der Menschheit nicht einzigartig ist.“
„Es kann trotzdem wehtun“, sagte sie leise, doch er hatte sie durchaus verstanden.
Nachdem er geseufzt hatte, bat er höflich: „Es wäre nett von Ihnen, wenn Sie in erster Linie mich fragen würden, wenn Ihnen eine Frage so sehr auf dem Herzen liegt. Ich bin kein Freund von heimlichem Geschwätz hinter meinem Rücken.“
Sofort nahm sie das Angebot an: „Warum wollen Sie meinen Farbtrank nicht nehmen?“
Severus antwortete nicht.
Im Zaubereiministerium hatte Arthur mit dem Premierminister vereinbart, dass die beiden in der Muggelwelt festgenommenen Täter an die Zauberergesellschaft ausgeliefert werden sollten, wenn in den Medien Gras über die Sache gewachsen wäre und jetzt, nach gut zwei Wochen, krähte niemand mehr nach den „Terroristen“, die ein Hotel in Aberdeen überfallen hatten.
Auf den Weg in die ministeriumseigenen Verhörzellen im Untergeschoss, wo der Squib und der Zauberer auf ihre erste Befragung durch Auroren warteten, wurde Arthur von Kingsley aufgehalten, der ihm hastig die Information gab: „Pablo Abello ist heute angekommen. Ich hatte kurzfristig die Auslieferung in Spanien beantrag und habe ihn vor einer halben Stunde herbringen lassen. Er wartet unten in Zelle acht.“
Arthur blieb abrupt stehen und blickte Kingsley entgeistert an. Aus persönlichen Gründen hatte Arthur keinen Antrag auf Übergabe bei Senior Rodriguez, dem Leiter der „Abteilung für internationale magische Zusammenarbeit“ in Spanien, gestellt. Seitdem Pablo nicht nur seine Tochter, sondern seine gesamte Familie als „verrückt“ und als „Monster“ bezeichnet hatte, bevor die schwangere Ginny von ihm auch noch sitzengelassen worden war, hielt Arthur von Pablo überhaupt nichts mehr. Dieser junge Mann war ihm ein Dorn im Auge, nachdem er erkannt hatte, dass seine einzige Tochter nur Spielball eines engstirnig denkenden Muggels gewesen war. Noch schlimmer war es gekommen, nachdem Arthur dahinter gekommen war, dass Pablo etwas mit den Anschlägen auf Zauberer und Hexen zu tun gehabt haben musste. Und jetzt saß dieser Mann, gegen den Arthur bereits einen persönlichen Groll hegte, bevor er überhaupt mit den Terrorakten in Zusammenhang gebracht werden konnte, hier im Zaubereiministerium und wartete auf sein Verhör.
„Arthur, alles in Ordnung?“, fragte Kingsley ruhig, dem die persönlichen Gründe Arthurs für den fehlenden Auslieferungsantrag während seiner Arbeit mit ihm nicht entgangen waren.
Entmutigt flüsterte Arthur zurück: „Kingsley, ich weiß nicht, ob ich bei ihm objektiv sein kann. Ich befürchte…“
Kingsley unterbrach ihn beschwichtigend und sagte: „Ich bin sicher, dass du deinen Zorn gegen Mr. Abello im Zaum halten kannst. Lass dich nur nicht provozieren, wenn er das Gespräch auf eine persönliche Ebene ziehen sollte. Bleib einfach gelassen! Außerdem bin ich ja dabei.“
Kingsley ging wieder voran und Arthur folgte ihm zögerlich bis zu Zelle acht, die sich gleich darauf öffnete. Ein Auror wartete bereits in dem Raum, in welchem Pablo mit vor dem Körper magisch gefesselten Händen und Füssen auf einem Stuhl saß. Arthur holte tief Luft, bevor er die Zelle betrat. Pablo blickte auf und für einen Moment erkannte Arthur das bisschen Vertrautheit wieder, die sie in einer Zeit aufgebaut hatten, in welcher Pablo von ihm und Molly noch als zukünftiger Schwiegersohn betitelt worden war, doch diese Vertrautheit verschwand und wurde durch einen angewiderten Blick Pablos ersetzt, der jedoch auch jede Menge Furcht erkennen ließ.
„Mr. Abello, Sie wissen, warum Sie hier sind?“, fragte Arthur distanziert, obwohl er den jungen Man lange Zeit geduzt hatte.
Pablo schnaufte angriffslustig und zeterte mit einem leichten, spanischen Akzent: „Sie können mich nicht hier behalten, Mr. Weasley. Ich werde mich darüber beschweren. Ich werde jedem Menschen von Ihnen und Ihrer Welt erzählen!“
Kingsley schaltete sich ein und sagte einschüchternd gelassen: „Wir haben unsere Mittel – Sie würden nach unserem hoffentlich freundlich bleibenden Gespräch nicht einmal mehr wissen, dass Sie hier mit uns gesessen und gesprochen haben, also hüten Sie besser Ihre Zunge, Mr. Abello!“
Für einen Moment war Arthur schockiert, dass Kingsley, der normalerweise die Rolle des guten, vertrauenswürdigen Auroren verkörperte, gerade bei Pablo schon mit dem ersten Satz eine Drohung ausgesprochen hatte. Vielleicht hatte er das getan, weil er das Halbwissen von Pablo nutzen wollte, um ihm Angst zu machen, denn möglicherweise hatten diese Muggel schon von den Vergissmich oder einem „Obliviate“-Zauber gehört. Es läge jedoch auch im Bereich des Möglichen, dass Kingsley von diesem Fall an sich angetan und betroffen war. Kingsley war ein Mann, der von Diskriminierungen jedweder Art überhaupt nichts hielt, weswegen er in jeder freien Minute, besonders in seiner Freizeit, mit einer vertrauenswürdigen, kleinen Gruppe an einem neuen Gesetz für Halbwesen und Tiermenschen arbeitete. Kingsleys ganzer Einsatz im privaten und beruflichen Bereich zeugte davon, dass er durch und durch ein gutes Herz haben musste. Pablo stellte für ihn allerdings einen jener Gegner dar, die unschädlich gemacht werden mussten, um die Zaubererwelt schützen zu können.
Ungläubig fragte Pablo: „Das würden Sie nicht machen oder?“
„Der Minister wird alles tun, um die Zaubererwelt in Sicherheit zu wissen. Sie oder Ihre kleindenkenden Hexenhasser werden noch früh genug erkennen, dass Sie eine der ältesten Lebensformen dieser Erde völlig grundlos jagen und wir werden Ihnen auch sehr bald zu verstehen geben, dass Sie sich den falschen Gegner ausgesucht haben! Wenn Sie glauben, wir lassen uns so einfach von einer Horde angstverzerrter, verblendeter Möchtegern-Weltverbesserer in die Flucht schlagen, dann wissen Sie wohl nicht, dass wir uns sehr wohl zur Wehr setzen können“, sagte Kingsley so gelassen, als würde er das heutige Wetter abhandeln.
Starr vor Angst blickte Pablo den großen dunkelhäutigen Mann vor sich an, bevor er zu Arthur Schaute, doch seinen Blick konnte er vor Scham nicht mehr aufrecht halten, weswegen er sein Haupt senkte.
„Mr. Abello“, sagte Arthur, „ich möchte drei Dinge von Ihnen wissen!“ Pablo blickte auf und warf ihm einen bösen Blick zu. „Ich möchte wissen, wo Mr. Robert Hopkins sich befindet, was seine künftigen Pläne sind und was für Verbrechen er bereits begangen hat!“, sagte Arthur fordernd, wenn auch nicht ganz so bedrohlich wie Kingsley.
„Ich…“, sagte Pablo verstummend und er begann zu zittern. Er bekam große Angst, denn er wusste vom Hörensagen von den Möglichkeiten, die Zauberer und Hexen bei ihm anwenden könnten, um ihn zum Reden zu bewegen. Er hatte davon gehört, dass die Zauberer und Hexen ein Gedächtnis ganz oder teilweise löschen konnten. Viel bekannter waren ihm persönlich jedoch die Methoden von Mr. Hopkins, die für Pablo genauso einschüchternd waren.
„Wir hören!“, sagte Kingsley leise und brummend.
Kaum hörbar entgegnete Pablo: „Wenn ich was sage, werden die mich bestrafen und dann…“
Kingsley fuhr ihm über den Mund: „Was glauben Sie wohl, was hier auf Sie wartet, Mr. Abello?“
„Sie tun mir nichts, das weiß ich“, sagte Pablo nicht sehr überzeugt.
Noch immer kam Arthur nicht zu Wort, denn Kingsley erklärte dem Gefangenen: „Sie sind hier bei uns und niemand weiß davon, außer Senior Rodriguez, mit dem Sie ja schon das Vergnügen hatten, richtig?“
Pablo musste unweigerlich dran denken, wie Senior Rodriguez dem Nachbarn Mr. Sandoval, von dem er festgehalten worden war, die Erlaubnis gegeben hatte, per Magie in seinem Kopf herumzuwühlen, was ein beängstigendes und schmerzhaftes Erlebnis gewesen war. Erst später hatte er erfahren, dass diese Methode nicht schmerzhaft gewesen wäre, wenn er sich nicht dagegen gesträubt hätte. Trotzdem hatte Pablo in der Gewalt von Senior Rodriguez und dessen Nachbarn große Angst gehabt und hier, während des Verhörs, erging es ihm nicht anders; allerdings waren die Bestrafungen von Mr. Hopkins immer wesentlich schmerzhafter gewesen. Nachdem Mr. Hopkins ihm über seinen Vater hatte ausrichten lassen, dass er ein Wörtchen mit ihm wegen des angehängten Balgs wechseln wollte, da hatte er zum ersten Mal während einer persönlichen Unterhaltung Hopkins’ Peitsche spüren müssen.
Mit zusammengekniffenem Mund zog Pablo die feuchte Nase hoch, bevor er mit bebender Stimme erklärte: „Ich kann Ihnen gar nichts sagen!“
Sehr viel aufgebrachter als zuvor richtete Kingsley das Wort an Pablo und sagte: „Ach nein? Wir wissen, dass Sie und Ihr Vater im Umfeld von Mr. Hopkins aktiv sind. Wir wissen, dass Mr. Hopkins es auf Bürger unserer Gesellschaft abgesehen hat und wir sind uns darüber im Klaren, dass er Mordaufträge an seine Anhänger verteilt. Sie selbst sollten Senior Rodriguez ausschalten, weil er einen hohen Posten im spanischen Zaubereiministerium innehat, und da sagen Sie, Sie hätten uns nichts zu sagen? Ich sehe das anders, Freundchen, und der Minister sieht es ebenfalls anders.“
Pablo lief eine Gänsehaut den Rücken hinunter, bevor er eingeschüchtert fragte: „Was haben Sie mit mir vor?“ Er befürchtete das Schlimmste.
Arthur schaltete sich ein und erklärte in kühlem Tonfall, den zu halten es ihm jedoch sehr schwer fiel: „Selbst Ihnen sollte es aufgefallen sein, dass wir soeben mit einem Verhör begonnen haben. Wir stellen Fragen und Sie geben uns ehrliche Antworten – ganz so, wie Sie es aus dem Fernsehen kennen müssten.“ Pablo schaute bei dem Wort „Fernsehen“ verdutzt auf, doch Arthur ließ sich davon nicht ablenken und sagte im Anschluss: „Sollten wir aber auch nur den geringsten Verdacht haben, dass Sie lügen könnten oder falls Sie weiterhin jegliche Kooperation verweigern, werden wir Ihnen etwas verabreichen, das Sie zu einer wahrheitsgemäßen Aussage zwingen wird!“
Pablo blieb ruhig, so weit es überhaupt ging, denn das Zittern, welches immer wieder über seinen ganzen Körper huschte, konnte er nicht unterbinden. Nachdem er immer noch nichts gesagt hatte, hörte er den dunkelhäutigen Mann sagen: „Dann eben Veritaserum, damit Sie nicht nur Antworten geben, sondern darüber hinaus auch ehrliche.“
Mit großen Augen verfolgte Pablo jeden Handgriff von dem Mann mit der tiefen besonnenen Stimme. Der Mann füllte ein Glas mit einer Flüssigkeit und holte gleich danach ein kleines Fläschchen aus seinem Umhang. Aus diesem Fläschchen ließ er drei Tropfen einer wasserähnlichen Flüssigkeit in das Glas fallen. ’Womöglich ein Gift?’, befürchtete Pablo. Je näher der Mann ihm mit dem Wasserglas kam, desto stärker wurde sein Körper von einem Zittern übermannt.
Plötzlich brach es aus dem Gefangenen Mitte zwanzig heraus: „Sie tun mir nicht weh oder? Sie fügen mir… keine Schmerzen…“ Pablo begann erbärmlich zu schluchzen. Die hartgesottensten Männer konnten zu Weicheiern werden, wenn sie dem Unerklärlichen ausgesetzt waren. Pablo hatte Angst um sein Leben, aber mit dieser Angst wollte Arthur das Gespräch nicht weiterführen. Er war nicht wie diese Hexenjäger, die sich offensichtlich die Todesangst ihrer Opfer zu Nutze machten, um Informationen aus ihnen herauszupressen. Er war besser.
Arthur schaute Pablo für einen langen Augenblick an und fragte sich, wie seine Tochter sich mit so einem abscheulichen Kerl nur hatte einlassen können und da, in just jenem Moment, in dem er sich diese Frage gestellt hatte, hatte er auch schon die Antwort vor Augen und die Erkenntnis über die Antwort traf Arthur wie einen Schock. Er konnte es nicht verhindern, sich Kingsley zuzuwenden und von Pablo abgewandt seinem Vertrauten zuzuflüstern: „Er sieht aus wie Harry Potter!“
Kaum hatte Kingsley begriffen, dass Arthur Recht hatte, hörten beide Pablo belustigt schnaufen, bevor er sagte: „Natürlich sehe ich aus wie Harry Potter!“
„Pablo?“, fragte Arthur ihn beruhigend und vertraut klingend. Nachdem Pablo ihn angesehen hatte und weiterhin wie Espenlaub zitterte, fragte Arthur ehrlich interessiert: „Warum solche Angst? Was glaubst du, würden wir dir antun?“
Der junge Mann schien zu überlegen, ob die Frage ernst gemeint war, bevor er vorsichtig und flüsternd erwiderte: „Dass Sie mich quälen. Ich bin in Ihren Augen doch nichts wert. Ich bin Ihnen völlig ausgeliefert und keiner weiß, wo ich bin.“
Arthur räusperte sich, bevor er sachlich entgegnete: „Der Premierminister weiß Bescheid, dass Sie sich hier bei uns in Untersuchungshaft befinden. Außerdem hat das regierende Oberhaupt in Spanien Kenntnis über Ihren Aufenthaltsort, denn er hat der Auslieferung zugestimmt.“ Da Pablo ihn völlig irritiert anblickte, erklärte Arthur ruhig: „Die Zauberergemeinschaft kooperiert mit der Muggelwelt – Muggel sind die, die nicht zaubern können. Wir arbeiten manchmal Hand in Hand und wissen natürlich voneinander, weil wir zusammengehören. Es gibt jedoch leider viele Menschen, die Angst vor denen haben, die Magie anwenden können, weswegen es für alle besser ist, offiziell nichts voneinander zu wissen.“ Arthur gönnte sich eine kurze Sprechpause, bevor er abschließend sagte: „In Fällen, in denen das Wohl beider Welten in Gefahr ist, arbeiten die Regierungen von euch mit der unseren zusammen und einer dieser Fälle, Pablo, bist jetzt du!“
Das verpatzte Wochenende in Aberdeen vor zwei Wochen war Anfang Oktober längst vergessen. Severus saß in seinem offiziellen Büro, zu welchem auch Schüler Zutritt hatten, wenn sie es denn überhaupt wagen würden, mit ihm sprechen zu wollen. Gelangweilt ging er gerade das Heft von Meredith Beerbaum durch, denn er fand keinen einzigen Fehler. Hier und da hätte sie etwas ausführlicher werden können, dachte er, so dass er schon die Feder mit der roten Tinte ansetzte, um ihr genau das in einer Randbemerkung mitzuteilen, doch dann erinnerte er sich plötzlich an das Gespräch mit Hermine, die vor einige Zeit gesagt hatte, die ganze rote Tinte würde die Schüler nur verunsichern. Es könnte ihm völlig egal sein, doch es wäre einen Versuch wert, Hermines Theorie zu widerlegen. Miss Beerbaum bekam in seiner Klasse nie den Mund auf, denn sie schien sehr eingeschüchtert und Severus glaubte nicht, dass sich daran etwas ändern würde, wenn er schwarze Tinte benutzen würde. In Gedanken verweilte er einen Augenblick bei entsprechender Schülerin, die möglicherweise so viel Angst vor ihm hatte, dass sie nur nach Aufforderung eine Antwort gab, sich jedoch nie aus freien Stücken meldete.
Heute am Dienstag würde Lupin wegen des ersten Wolfsbanntranks des Monats vorbeikommen müssen. Severus stöhnte, als er an Lupin dachte. Es gefiel ihm nicht, dass sein ehemaliger Schulkamerad jetzt immer so nett zu ihm war.
’Wo war die Konsequenz des Hasses geblieben? Black hat sie doch auch nicht verloren’, dachte Severus.
Er hatte das Gefühl, Lupin hätte keine Angst mehr vor ihm.
’Warum sollte man auch jemanden zur Verlobungsfeier einladen, vor dem man Angst hat?’, fragte sich Severus still, als er seine Randbemerkungen schreiben wollte. Es war ihm danach, Hermines Vorschlag hier und jetzt umzusetzen, während er bereits die Feder wechselte, um mit einer einfachen Gänsefeder erstmalig in schwarz seine Randbemerkung für Miss Beerbaums Abhandlung zu machen und er schrieb: „Ich wünschte mehr Details in Bezug auf Ihre richtige Aussage, vorzugsweise Flubberwürmer nur in zerdrücktem und nicht geschnittenem Zustand dem Trank beizufügen. Solche Einzelheiten würden Ihnen in Zukunft, wenn auch nicht spezifisch von mir gefordert, mehr Punkte für Ihre Arbeit einbringen.“
In Gedanken war er jetzt jedoch nicht mehr bei Miss Beerbaums Abhandlung über den Erkältungstrank, den sie zwei Wochen lang im Unterricht durchgegangen waren, denn immer wieder dachte er an seinen ehemaligen Mitschüler. Lupin schien in Severus’ Augen von Mal zu Mal offener und netter zu werden und das war ein Widerspruch in sich. Severus fand einfach keinen Grund, warum Lupin ein Interesse daran haben sollte, ihn zuvorkommend zu behandeln. Noch immer war sich Severus nicht sicher, warum er von dem Werwolf wie selbstverständlich zu einer Feier eingeladen worden war, auf der man sich in der Regel ausschließlich mit Menschen umgeben wollte, die man respektierte. Ratlos schüttelte er den Kopf, denn er wollte gar keine Antworten auf diese Fragen haben; er wollte sich nicht mehr mit Lupin beschäftigen und ein Klopfen tat das Übrige, um seine Gedanken an seinen ehemaligen Mitschüler vollends zu verdrängen.
Als Severus die Tür geöffnet hatte, kamen seine soeben untergrabenen Fragen augenblicklich wieder in ihm auf, denn Lupin war eingetreten. Sein ehemalige Kollege blickte ihn an und fragte nach einem Moment unsicher: „Du hast doch mit mir gerechnet oder?“
Ein Nicken musste dem Gast als Antwort reichen, denn zu mehr war Severus momentan nicht fähig. Die Fragen, die er sich während seiner vorigen, stillen Selbstunterhaltung gestellt hatte, brannten ihm auf der Zunge und er wollte sie so gern stellen; wollte Remus fragen, warum man ihn zu der Verlobungsfeier eingeladen hatte und ob man nur von einem geplanten „Scherz“ mit ihm abgesehen hatte, weil Hermine seine Begleitung gewesen war. Er wollte wissen, warum Lupin ihm gegenüber immer so eine Freundlichkeit an den Tag legte und wo die gewohnheitsgemäße Verabscheuung geblieben war, die Black und er selbst noch immer penibel pflegten.
„Warum hatten Sie mich eigentlich zu Ihrer Verlobungsfeier eingeladen?“, fragte Severus steif und mit abweisender Körperhaltung, denn er hatte den Kopf hoch erhoben und die Arme vor der schmalen Brust verschränkt, um so auf Lupin herabsehen zu können.
Jeder, der Severus etwas besser kannte, wusste von dessen Fähigkeiten in Legilimentik, aber auch ohne diese Kenntnis hätte Remus ihm sowieso ehrlich geantwortet, auch wenn diese Antwort nur zögerlich kommen wollte, weil Remus erstens nicht mit dieser Frage gerechnet hatte und er sich zweitens seinem ehemaligen Schulkameraden gegenüber mit seiner aufrichtigen Antwort verletzlich machen würde.
„Ich musste immer wieder an früher denken. An die Schule…“, sagte Remus innehaltend, doch von Severus kam bisher kein verletzender Kommentar. So wurde Remus genauer, als er sagte: „Vor der Verlobungsfeier sind die Erinnerungen immer öfter in mir aufgekommen und es waren viele Dinge dabei, die mich“, Remus schluckte hörbar, „heute nur noch ungläubig mit dem Kopf schütteln lassen. Früher ist einiges vorgefallen, was mich heute sehr belastet.“
An seiner Stimme war zu hören, dass er es ernst gemeint hatte und auch sein Gesicht zeugte von solcher Offenherzigkeit, dass Severus nicht anders konnte als zu fragen: „Erwarten Sie etwa, dass ich eine Flasche ’Mitleid’ entkorke und mit Ihnen anstoße?“
Remus lachte auf, denn er hatte ganz fest mit einer boshaften Reaktion gerechnet und war nicht enttäuscht worden. Severus’ Handeln war für wenige Vertraute berechenbar, auch wenn der es mit Sicherheit abstreiten würde. Als Severus ihn böse anstarrte, sagte Remus beschwichtigend: „Ich lache nicht über dich, Severus. Ich lache, weil mir eben klar geworden ist, wie gut ich dich eigentlich kenne.“ Severus verdrehte die Augen, doch Remus war es, der nun etwas ernster sagte: „Und gerade weil ich dich kenne habe ich auch nie den Schritt gewagt um Entschuldigung zu bitten. Ich war davon überzeugt, dass du mich entweder rauswerfen oder mich mit deinem Sarkasmus gleich an Ort und Stelle auseinander nehmen würdest. Deine Worte können nämlich sehr schneidend sein und viel mehr Schaden anrichten als das Schwert von Godric Gryffindor.“ Remus lächelte zurückhaltend und blickte zu Boden, weil er jeden Moment mit dem Schwall an zerstörenden, verletzenden Worten rechnete, die er zu ertragen bereit war, doch die kamen nicht.
Als Remus aufblickte, schaute er in ein Gesicht, welches vor lauter Unglauben eingefroren zu sein schien. Severus war sprachlos, doch schnell erlangte er seinen klaren Verstand wieder und sagte mit leichtem Zynismus untermalt: „Warum glauben Sie, dass ich Sie hinauswerfen würde, wenn Sie schon den Mumm zeigen, nach über zwanzig Jahren endlich mal diesen Schritt zu wagen? Ich verspreche mir einen unterhaltsamen Moment, wenn ich Ihnen gestatten sollte, eine paar wohl formulierte Worte der Entschuldigung an mich zu richten, die Sie ohne Zweifel nur stotternd und mehr schlecht als recht herausbekommen würden. Also, Lupin, Sie haben die Erlaubnis mich zu unterhalten. Worauf warten Sie noch?“
Remus hatte sich schon oft überlegt, wie er an Severus herantreten könnte, um mit ihm über vergangene Zeiten zu sprechen, aber jetzt war der Moment völlig unverhofft eingetreten und seine teilweise im Kopf vorbereiteten Worte waren wie weggefegt. Zu lange wollte er Severus jedoch nicht warten lassen, weswegen er sagte: „Ich… Ich habe mir früher schon vorgeworfen, dass… dass ich nie dazwischen gegangen…“
„Sie stottern, Lupin. Reißen Sie sich zusammen! Mein Gehör hat heute keine Geduld für kleckerweise dargebrachte Rechtfertigungen“, meckerte Severus provozierend und Remus holte tief Luft. Er wollte sich nicht ein Leben lang selbst vorwerfen müssen, diesen Augenblick nicht beim Schopfe gepackt zu haben.
„Ich weiß, dass ich falsch gehandelt habe. Je älter ich geworden bin, desto mehr habe ich mir Gedanken über das gemacht, was früher geschehen ist. Was wir für dumme Scherze…“
„Oh ja, von diesen Scherzen haben Sie offensichtlich gelebt, nicht wahr? Sie waren schon so etwas wie die Luft zum Atmen. Wie Sie wissen, ging einer Ihrer Scherze so weit, dass ich beinahe mein Leben verloren hätte oder noch schlimmer“, Severus grinste ihn fies an, „zu einem Werwolf geworden wäre.“ Remus schluckte bei dieser Bemerkung, aber er wusste, dass Severus’ größte Waffe jene war, Menschen tief zu treffen, um seinen Selbstschutz aufrecht zu erhalten.
„Ich habe von dieser Sache nichts gewusst und auch James hat gerade noch rechtzeitig davon erfahren, um das Schlimmste verhindern zu können. Diesen Vorfall kannst du mir wirklich nicht vorwerfen, aber für alles andere stehe ich gerade, Severus!“
Verachtend schnaufte Severus, bevor er einige Schritte im Zimmer auf und ab ging. Plötzlich blieb er stehen, blickte seinen Gast an und forderte: „Nun, ich warte oder war das alles, was Sie vorzubringen haben?“
„Was erwartest du? Soll ich jede Einzelheit aufzählen und jeweils sagen, wie Leid es mir tut? Ich bin nicht stolz auf das, was ich früher getan habe, aber ich bin erwachsen geworden und sehe heute die Dinge anders als früher. Ich habe einen Haufen Mist gebaut und hätte ich eine Möglichkeit, das rückgängig zu machen…“
„Diese Möglichkeit gibt es jedoch nicht, Lupin!“, warf Severus grantig ein.
Remus seufzte erst, bevor er erklärte: „Ich wollte damit doch nur sagen, wie unverzeihlich ich mein Verhalten finde. Ich habe Dinge getan, die ich nie wieder ändern kann und ich muss damit leben, ob du Nachsehen mit mir hast oder nicht. Ich muss trotzdem damit klarkommen.“
„Fühlen Sie sich jetzt wohler, Lupin? Konnten Sie sich alles von der Seele reden?“, fragte Severus gelangweilt, während er sich ein Stück Pergament vom Schreibpult nahm und vorgab, darin zu lesen.
Remus hob und senkte einmal langsam den Schultern, bevor er zugab: „Ja, ob du es glaubst oder nicht, ich fühle mich besser!“
„Schön für Sie. Dann begeben Sie sich doch bitte in mein privates Büro, in dem Hermine Ihnen den Trank verabreichen wird. Für die Unterschrift werde ich nachkommen“, sagte Severus kühl, ohne Remus anzusehen und der verließ den Tränkemeister, ohne ein weiteres Wort zu verlieren.
Etwas geknickt über den Verlauf des Gesprächs ging Remus in Severus’ privates Büro, in welchem Hermine tatsächlich bereits startklar mit einem frisch gebrauten Wolfsbanntrank wartete.
„Remus? Ist irgendwas passiert? Du siehst ein wenig niedergeschlagen aus“, bemerkte sie ganz richtig.
„Ach, ich hatte nur eben mit Severus“, er unterbrach sich selbst, „ach, nicht so wichtig. Ich werde nie mit ihm offen reden können. Das ist halt so.“
„Um was ging es denn?“, wollte Hermine wissen. Als sie an Aberdeen dachte, sagte sie unüberlegt: „Brenda?“ Remus machte ganz große Augen und wirkte für wenige Sekunden so, als wollte er jeden Moment jemanden an den Hals gehen, doch bevor er laut vermuten konnte, dass Harry etwas aus seinem Tagebuch erzählt haben könnte, erklärte Hermine: „Da war so eine komische Sache, als wir in Aberdeen waren. Mein falscher Vorname in dem Pass…“
„Was habt ihr denn bitteschön in Aberdeen gemacht und warum falsche Pässe?“, fragte er verdutzt.
Sie winkte ab. „Das kann ich dir später erzählen. Auf jeden Fall waren wir zu fünft: Sirius, Anne, Harry, Severus und ich. Mein falscher Name im Pass war Brenda und das hat bei Severus offensichtlich schlimme Erinnerungen geweckt.“
Niemand von beiden hatte wahrgenommen, dass Severus bereits durch die Tür getreten war und der Unterhaltung lauschte.
„Was ist dann passiert?“, fragte Remus neugierig.
„Sirius und Severus haben sich in die Haare bekommen und es ging um diese Brenda. Sirius hat gesagt, er verstünde nicht, warum Severus sich darüber noch so aufregen würde und dass Brenda sowieso ein Flittchen gewesen wäre“, erläuterte Hermine.
„Und was hat Severus daraufhin gesagt?“, wollte Remus wissen.
Eine tiefe, ruhige Stimme antwortete stellvertretend für Hermine: „Ich sagte, sie sei erst eines geworden, nachdem Black mit ihr fertig gewesen war.“
Erschrocken drehten sich Hermine und Remus um. Beide bekamen etwas Farbe im Gesicht, worüber sich Severus amüsierte, während er ein paar Schritte auf die beiden zuging. „Warum erzählen Sie nicht weiter, Lupin? Immerhin sind Sie mit genannter Person damals auf den Weihnachtsball gegangen und können sicherlich davon berichten, wie ausgeprägt die Eigenschaften dieser ’Dame’ gewesen waren, mit denen sie sich selbst zum Flittchen abgestempelt hatte“, sagte er bedrohlich leise. Dieser Tonfall machte Hermine und Remus klar, dass der Bogen überspannt war.
Ehrlich antwortete Remus: „Ich war mit ihr gar nicht auf dem Ball. Ich habe mich in den Gemeinschaftsraum verdrückt, nachdem du gegangen warst.“
Diese Aussage erstaunte Severus, denn er war jahrelang davon ausgegangen, dass Remus mit Brenda den Weihnachtsball besucht hatte, doch vor seiner Schülerin wollte er keine Einzelheiten diskutieren, weshalb er das Thema unter den Tisch kehrte. Er fragte lediglich kühl: „Wo ist Ihr Tränkepass?“ Wortlos überreichte Remus ihm den Pass, den er unterschrieb, bevor er sich von ihm verabschiedete. Er hatte Remus so schnell zur Tür hinausbegleitet, dass er nicht einmal Hermine auf Wiedersehen sagen konnte.
Hermine blickte Severus an und sie erkannte an seinem Gesicht, an den winzigen Eigenarten der kleinen Fältchen um Mund, Nase und Augen herum, dass er kurz vorm Explodieren war, so dass sie sich dazu entschloss, kein Sterbenswörtchen von sich zu geben und von ihm heute initiierte Gespräche knapp, aber nett zu handhaben, doch Severus sagte gar nichts.
Nach einer Weile nannte sie ihn vorsichtig beim Namen. „Severus?“ Er sah sie an und gab ihr mit einem einzigen Blick zu verstehen, dass ihre Störung einen guten Grund haben sollte, so dass sie eingeschüchtert fragte: „Sie wollten doch, dass ich mal den Armortentia braue, damit Sie sehen können, wie geschickt ich…“ Sie hielt inne, als er von seinem Stuhl aufstand und sich ihr näherte.
Als er sich bedrohlich wirkend vor ihr aufgebaut hatte, fragte er mit leiser Stimme: „Ist es ein Steckenpferd von Ihnen geworden, sich mit anderen Menschen über mich zu unterhalten?“
Sie zögerte, erklärte dann jedoch ruhig: „Mich interessiert es halt und wenn jemand etwas von früher zu erzählen hat…“
Er unterbrach unwirsch: „Sie befinden sich hier direkt an der Quelle, Miss Granger.“ Sein deutlicher Gebrauch ihres Nachnamens machte ihr klar, dass er sehr ungehalten über ihre Unterhaltung mit Remus war.
Mutig konterte sie: „Als ob Sie mir je antworten würden.“
„Sie haben ja nicht einmal gefragt!“, hielt er ihr zornig vor.
Wut stieg in ihr auf, aber nur, weil er Unrecht hatte und so drehte sie den Spieß um und kreidete ihm an: „Ich habe Sie in Aberdeen gefragt, ob Sie nach Ihrem Albtraum drüber reden möchten, aber Sie wollten nicht!“
„Ich wollte nicht über den Traum reden!“
„Okay, dann habe ich jetzt meine Chance bekommen und die ergreife ich einfach. Würden Sie mir bitte erzählen, was damals mit Ihnen und dieser Brenda geschehen ist?“, fragte sie mit viel Überwindung, denn Severus konnte unausstehlich werden, wenn man ihn auf dem falschen Fuß erwischen sollte und es schien ganz so, als würde sich seine Stimmung aufgrund ihrer Frage nicht gerade bessern.
Severus blickte kurz zu Boden und überlegte, bevor er seine Maske aufsetzte und gefühlskalt schilderte: „Da gibt es nicht viel zu berichten. Ich war mit ihr verabredet gewesen und sie hatte es sich kurzfristig anders überlegt. Ich bin sicher, dass so ein Fall in der Geschichte der Menschheit nicht einzigartig ist.“
„Es kann trotzdem wehtun“, sagte sie leise, doch er hatte sie durchaus verstanden.
Nachdem er geseufzt hatte, bat er höflich: „Es wäre nett von Ihnen, wenn Sie in erster Linie mich fragen würden, wenn Ihnen eine Frage so sehr auf dem Herzen liegt. Ich bin kein Freund von heimlichem Geschwätz hinter meinem Rücken.“
Sofort nahm sie das Angebot an: „Warum wollen Sie meinen Farbtrank nicht nehmen?“
Severus antwortete nicht.
Im Zaubereiministerium hatte Arthur mit dem Premierminister vereinbart, dass die beiden in der Muggelwelt festgenommenen Täter an die Zauberergesellschaft ausgeliefert werden sollten, wenn in den Medien Gras über die Sache gewachsen wäre und jetzt, nach gut zwei Wochen, krähte niemand mehr nach den „Terroristen“, die ein Hotel in Aberdeen überfallen hatten.
Auf den Weg in die ministeriumseigenen Verhörzellen im Untergeschoss, wo der Squib und der Zauberer auf ihre erste Befragung durch Auroren warteten, wurde Arthur von Kingsley aufgehalten, der ihm hastig die Information gab: „Pablo Abello ist heute angekommen. Ich hatte kurzfristig die Auslieferung in Spanien beantrag und habe ihn vor einer halben Stunde herbringen lassen. Er wartet unten in Zelle acht.“
Arthur blieb abrupt stehen und blickte Kingsley entgeistert an. Aus persönlichen Gründen hatte Arthur keinen Antrag auf Übergabe bei Senior Rodriguez, dem Leiter der „Abteilung für internationale magische Zusammenarbeit“ in Spanien, gestellt. Seitdem Pablo nicht nur seine Tochter, sondern seine gesamte Familie als „verrückt“ und als „Monster“ bezeichnet hatte, bevor die schwangere Ginny von ihm auch noch sitzengelassen worden war, hielt Arthur von Pablo überhaupt nichts mehr. Dieser junge Mann war ihm ein Dorn im Auge, nachdem er erkannt hatte, dass seine einzige Tochter nur Spielball eines engstirnig denkenden Muggels gewesen war. Noch schlimmer war es gekommen, nachdem Arthur dahinter gekommen war, dass Pablo etwas mit den Anschlägen auf Zauberer und Hexen zu tun gehabt haben musste. Und jetzt saß dieser Mann, gegen den Arthur bereits einen persönlichen Groll hegte, bevor er überhaupt mit den Terrorakten in Zusammenhang gebracht werden konnte, hier im Zaubereiministerium und wartete auf sein Verhör.
„Arthur, alles in Ordnung?“, fragte Kingsley ruhig, dem die persönlichen Gründe Arthurs für den fehlenden Auslieferungsantrag während seiner Arbeit mit ihm nicht entgangen waren.
Entmutigt flüsterte Arthur zurück: „Kingsley, ich weiß nicht, ob ich bei ihm objektiv sein kann. Ich befürchte…“
Kingsley unterbrach ihn beschwichtigend und sagte: „Ich bin sicher, dass du deinen Zorn gegen Mr. Abello im Zaum halten kannst. Lass dich nur nicht provozieren, wenn er das Gespräch auf eine persönliche Ebene ziehen sollte. Bleib einfach gelassen! Außerdem bin ich ja dabei.“
Kingsley ging wieder voran und Arthur folgte ihm zögerlich bis zu Zelle acht, die sich gleich darauf öffnete. Ein Auror wartete bereits in dem Raum, in welchem Pablo mit vor dem Körper magisch gefesselten Händen und Füssen auf einem Stuhl saß. Arthur holte tief Luft, bevor er die Zelle betrat. Pablo blickte auf und für einen Moment erkannte Arthur das bisschen Vertrautheit wieder, die sie in einer Zeit aufgebaut hatten, in welcher Pablo von ihm und Molly noch als zukünftiger Schwiegersohn betitelt worden war, doch diese Vertrautheit verschwand und wurde durch einen angewiderten Blick Pablos ersetzt, der jedoch auch jede Menge Furcht erkennen ließ.
„Mr. Abello, Sie wissen, warum Sie hier sind?“, fragte Arthur distanziert, obwohl er den jungen Man lange Zeit geduzt hatte.
Pablo schnaufte angriffslustig und zeterte mit einem leichten, spanischen Akzent: „Sie können mich nicht hier behalten, Mr. Weasley. Ich werde mich darüber beschweren. Ich werde jedem Menschen von Ihnen und Ihrer Welt erzählen!“
Kingsley schaltete sich ein und sagte einschüchternd gelassen: „Wir haben unsere Mittel – Sie würden nach unserem hoffentlich freundlich bleibenden Gespräch nicht einmal mehr wissen, dass Sie hier mit uns gesessen und gesprochen haben, also hüten Sie besser Ihre Zunge, Mr. Abello!“
Für einen Moment war Arthur schockiert, dass Kingsley, der normalerweise die Rolle des guten, vertrauenswürdigen Auroren verkörperte, gerade bei Pablo schon mit dem ersten Satz eine Drohung ausgesprochen hatte. Vielleicht hatte er das getan, weil er das Halbwissen von Pablo nutzen wollte, um ihm Angst zu machen, denn möglicherweise hatten diese Muggel schon von den Vergissmich oder einem „Obliviate“-Zauber gehört. Es läge jedoch auch im Bereich des Möglichen, dass Kingsley von diesem Fall an sich angetan und betroffen war. Kingsley war ein Mann, der von Diskriminierungen jedweder Art überhaupt nichts hielt, weswegen er in jeder freien Minute, besonders in seiner Freizeit, mit einer vertrauenswürdigen, kleinen Gruppe an einem neuen Gesetz für Halbwesen und Tiermenschen arbeitete. Kingsleys ganzer Einsatz im privaten und beruflichen Bereich zeugte davon, dass er durch und durch ein gutes Herz haben musste. Pablo stellte für ihn allerdings einen jener Gegner dar, die unschädlich gemacht werden mussten, um die Zaubererwelt schützen zu können.
Ungläubig fragte Pablo: „Das würden Sie nicht machen oder?“
„Der Minister wird alles tun, um die Zaubererwelt in Sicherheit zu wissen. Sie oder Ihre kleindenkenden Hexenhasser werden noch früh genug erkennen, dass Sie eine der ältesten Lebensformen dieser Erde völlig grundlos jagen und wir werden Ihnen auch sehr bald zu verstehen geben, dass Sie sich den falschen Gegner ausgesucht haben! Wenn Sie glauben, wir lassen uns so einfach von einer Horde angstverzerrter, verblendeter Möchtegern-Weltverbesserer in die Flucht schlagen, dann wissen Sie wohl nicht, dass wir uns sehr wohl zur Wehr setzen können“, sagte Kingsley so gelassen, als würde er das heutige Wetter abhandeln.
Starr vor Angst blickte Pablo den großen dunkelhäutigen Mann vor sich an, bevor er zu Arthur Schaute, doch seinen Blick konnte er vor Scham nicht mehr aufrecht halten, weswegen er sein Haupt senkte.
„Mr. Abello“, sagte Arthur, „ich möchte drei Dinge von Ihnen wissen!“ Pablo blickte auf und warf ihm einen bösen Blick zu. „Ich möchte wissen, wo Mr. Robert Hopkins sich befindet, was seine künftigen Pläne sind und was für Verbrechen er bereits begangen hat!“, sagte Arthur fordernd, wenn auch nicht ganz so bedrohlich wie Kingsley.
„Ich…“, sagte Pablo verstummend und er begann zu zittern. Er bekam große Angst, denn er wusste vom Hörensagen von den Möglichkeiten, die Zauberer und Hexen bei ihm anwenden könnten, um ihn zum Reden zu bewegen. Er hatte davon gehört, dass die Zauberer und Hexen ein Gedächtnis ganz oder teilweise löschen konnten. Viel bekannter waren ihm persönlich jedoch die Methoden von Mr. Hopkins, die für Pablo genauso einschüchternd waren.
„Wir hören!“, sagte Kingsley leise und brummend.
Kaum hörbar entgegnete Pablo: „Wenn ich was sage, werden die mich bestrafen und dann…“
Kingsley fuhr ihm über den Mund: „Was glauben Sie wohl, was hier auf Sie wartet, Mr. Abello?“
„Sie tun mir nichts, das weiß ich“, sagte Pablo nicht sehr überzeugt.
Noch immer kam Arthur nicht zu Wort, denn Kingsley erklärte dem Gefangenen: „Sie sind hier bei uns und niemand weiß davon, außer Senior Rodriguez, mit dem Sie ja schon das Vergnügen hatten, richtig?“
Pablo musste unweigerlich dran denken, wie Senior Rodriguez dem Nachbarn Mr. Sandoval, von dem er festgehalten worden war, die Erlaubnis gegeben hatte, per Magie in seinem Kopf herumzuwühlen, was ein beängstigendes und schmerzhaftes Erlebnis gewesen war. Erst später hatte er erfahren, dass diese Methode nicht schmerzhaft gewesen wäre, wenn er sich nicht dagegen gesträubt hätte. Trotzdem hatte Pablo in der Gewalt von Senior Rodriguez und dessen Nachbarn große Angst gehabt und hier, während des Verhörs, erging es ihm nicht anders; allerdings waren die Bestrafungen von Mr. Hopkins immer wesentlich schmerzhafter gewesen. Nachdem Mr. Hopkins ihm über seinen Vater hatte ausrichten lassen, dass er ein Wörtchen mit ihm wegen des angehängten Balgs wechseln wollte, da hatte er zum ersten Mal während einer persönlichen Unterhaltung Hopkins’ Peitsche spüren müssen.
Mit zusammengekniffenem Mund zog Pablo die feuchte Nase hoch, bevor er mit bebender Stimme erklärte: „Ich kann Ihnen gar nichts sagen!“
Sehr viel aufgebrachter als zuvor richtete Kingsley das Wort an Pablo und sagte: „Ach nein? Wir wissen, dass Sie und Ihr Vater im Umfeld von Mr. Hopkins aktiv sind. Wir wissen, dass Mr. Hopkins es auf Bürger unserer Gesellschaft abgesehen hat und wir sind uns darüber im Klaren, dass er Mordaufträge an seine Anhänger verteilt. Sie selbst sollten Senior Rodriguez ausschalten, weil er einen hohen Posten im spanischen Zaubereiministerium innehat, und da sagen Sie, Sie hätten uns nichts zu sagen? Ich sehe das anders, Freundchen, und der Minister sieht es ebenfalls anders.“
Pablo lief eine Gänsehaut den Rücken hinunter, bevor er eingeschüchtert fragte: „Was haben Sie mit mir vor?“ Er befürchtete das Schlimmste.
Arthur schaltete sich ein und erklärte in kühlem Tonfall, den zu halten es ihm jedoch sehr schwer fiel: „Selbst Ihnen sollte es aufgefallen sein, dass wir soeben mit einem Verhör begonnen haben. Wir stellen Fragen und Sie geben uns ehrliche Antworten – ganz so, wie Sie es aus dem Fernsehen kennen müssten.“ Pablo schaute bei dem Wort „Fernsehen“ verdutzt auf, doch Arthur ließ sich davon nicht ablenken und sagte im Anschluss: „Sollten wir aber auch nur den geringsten Verdacht haben, dass Sie lügen könnten oder falls Sie weiterhin jegliche Kooperation verweigern, werden wir Ihnen etwas verabreichen, das Sie zu einer wahrheitsgemäßen Aussage zwingen wird!“
Pablo blieb ruhig, so weit es überhaupt ging, denn das Zittern, welches immer wieder über seinen ganzen Körper huschte, konnte er nicht unterbinden. Nachdem er immer noch nichts gesagt hatte, hörte er den dunkelhäutigen Mann sagen: „Dann eben Veritaserum, damit Sie nicht nur Antworten geben, sondern darüber hinaus auch ehrliche.“
Mit großen Augen verfolgte Pablo jeden Handgriff von dem Mann mit der tiefen besonnenen Stimme. Der Mann füllte ein Glas mit einer Flüssigkeit und holte gleich danach ein kleines Fläschchen aus seinem Umhang. Aus diesem Fläschchen ließ er drei Tropfen einer wasserähnlichen Flüssigkeit in das Glas fallen. ’Womöglich ein Gift?’, befürchtete Pablo. Je näher der Mann ihm mit dem Wasserglas kam, desto stärker wurde sein Körper von einem Zittern übermannt.
Plötzlich brach es aus dem Gefangenen Mitte zwanzig heraus: „Sie tun mir nicht weh oder? Sie fügen mir… keine Schmerzen…“ Pablo begann erbärmlich zu schluchzen. Die hartgesottensten Männer konnten zu Weicheiern werden, wenn sie dem Unerklärlichen ausgesetzt waren. Pablo hatte Angst um sein Leben, aber mit dieser Angst wollte Arthur das Gespräch nicht weiterführen. Er war nicht wie diese Hexenjäger, die sich offensichtlich die Todesangst ihrer Opfer zu Nutze machten, um Informationen aus ihnen herauszupressen. Er war besser.
Arthur schaute Pablo für einen langen Augenblick an und fragte sich, wie seine Tochter sich mit so einem abscheulichen Kerl nur hatte einlassen können und da, in just jenem Moment, in dem er sich diese Frage gestellt hatte, hatte er auch schon die Antwort vor Augen und die Erkenntnis über die Antwort traf Arthur wie einen Schock. Er konnte es nicht verhindern, sich Kingsley zuzuwenden und von Pablo abgewandt seinem Vertrauten zuzuflüstern: „Er sieht aus wie Harry Potter!“
Kaum hatte Kingsley begriffen, dass Arthur Recht hatte, hörten beide Pablo belustigt schnaufen, bevor er sagte: „Natürlich sehe ich aus wie Harry Potter!“
„Pablo?“, fragte Arthur ihn beruhigend und vertraut klingend. Nachdem Pablo ihn angesehen hatte und weiterhin wie Espenlaub zitterte, fragte Arthur ehrlich interessiert: „Warum solche Angst? Was glaubst du, würden wir dir antun?“
Der junge Mann schien zu überlegen, ob die Frage ernst gemeint war, bevor er vorsichtig und flüsternd erwiderte: „Dass Sie mich quälen. Ich bin in Ihren Augen doch nichts wert. Ich bin Ihnen völlig ausgeliefert und keiner weiß, wo ich bin.“
Arthur räusperte sich, bevor er sachlich entgegnete: „Der Premierminister weiß Bescheid, dass Sie sich hier bei uns in Untersuchungshaft befinden. Außerdem hat das regierende Oberhaupt in Spanien Kenntnis über Ihren Aufenthaltsort, denn er hat der Auslieferung zugestimmt.“ Da Pablo ihn völlig irritiert anblickte, erklärte Arthur ruhig: „Die Zauberergemeinschaft kooperiert mit der Muggelwelt – Muggel sind die, die nicht zaubern können. Wir arbeiten manchmal Hand in Hand und wissen natürlich voneinander, weil wir zusammengehören. Es gibt jedoch leider viele Menschen, die Angst vor denen haben, die Magie anwenden können, weswegen es für alle besser ist, offiziell nichts voneinander zu wissen.“ Arthur gönnte sich eine kurze Sprechpause, bevor er abschließend sagte: „In Fällen, in denen das Wohl beider Welten in Gefahr ist, arbeiten die Regierungen von euch mit der unseren zusammen und einer dieser Fälle, Pablo, bist jetzt du!“
Three Characters in Search of an Exit - eine Satire mit Harry, Hermine und Severus
~ Muggelchen.net ~
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Hey Muggelchen!! =)
Ja, was soll man da noch sagen. Langsam gehen mir die Lobesworte aus. Wieder einmal einfach spitze!!
Das mit Pablo interessiert mich im Moment besonders, da er ja schon ein "alter bekannter" der Familie Weasley ist. :) Wen hatte sich Ginny da denn angelacht?!!!
Ein Glück, dass die den los ist. Der ist ja der reinste Horror... ;)
Freu mich schon aufs nächste Kapitel...
Liebe Grüße
Caro
Ja, was soll man da noch sagen. Langsam gehen mir die Lobesworte aus. Wieder einmal einfach spitze!!
Das mit Pablo interessiert mich im Moment besonders, da er ja schon ein "alter bekannter" der Familie Weasley ist. :) Wen hatte sich Ginny da denn angelacht?!!!
Ein Glück, dass die den los ist. Der ist ja der reinste Horror... ;)
Freu mich schon aufs nächste Kapitel...
Liebe Grüße
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"Sonst noch was?"
"Meinen Namen hast du auch genannt.",
"Oft?"
"Wie oft genau ist >oft<?"
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-
- Flubberwurm
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- Registriert: 16.12.2008 00:11
Hallo Muggelchen
Ich habe wiedermal die neusten Kapitel verfolgt, und bin angenehm überrascht, dass Anne Sirius Black die Meinung gesagt hat. Das war ja wirklich mal überfällig. Wenn ich an dieses kapitel denke, dann bekomme ich jetzt noch eine gänsehaut. Ich kann das alles nämlich sehr gut nachvollziehen.
Ich hoffe er durchdenkt die ganze Sache gründlich. Einen richtigen Denkzettel sollte er bekommen...
Anne hat mir aus der Seele gesprochen.
Das letzte Kapitel fand ich auch wieder grossartig. Ich hoffe nur, dass sich da was ergibt und die Bedrohung der Muggel aufhöhrt.
Ich hoffe, dass die geschichte bald weitergeht. Ich warte immer schon sehnsüchtig auf deine Fortsetzung.
LIebe Grüsse
Ich habe wiedermal die neusten Kapitel verfolgt, und bin angenehm überrascht, dass Anne Sirius Black die Meinung gesagt hat. Das war ja wirklich mal überfällig. Wenn ich an dieses kapitel denke, dann bekomme ich jetzt noch eine gänsehaut. Ich kann das alles nämlich sehr gut nachvollziehen.
Ich hoffe er durchdenkt die ganze Sache gründlich. Einen richtigen Denkzettel sollte er bekommen...
Anne hat mir aus der Seele gesprochen.
Das letzte Kapitel fand ich auch wieder grossartig. Ich hoffe nur, dass sich da was ergibt und die Bedrohung der Muggel aufhöhrt.
Ich hoffe, dass die geschichte bald weitergeht. Ich warte immer schon sehnsüchtig auf deine Fortsetzung.
LIebe Grüsse
- Muggelchen
- Eule
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Hey CaRo,
wen sich Ginny da angelacht hat, wird sie sich selbst wohl auch fragen. Er sah ein wenig aus wie Harry. Ihre Wahl hat sie wahrscheinlich unterbewusst getroffen. Die Sache ist aber vorbei, trotzdem gibt es Pablo natürlich noch und was es mit ihm und seinen Leuten auf sich hat, wird später noch wichtig werden. Viel wird man von ihm aber nicht hören.
Hallo Sentara Snape,
es ist wirklich schön, dass du die Fähnchen für Anne schwingst. Wenn jemand an Sirius' Verstand appellieren kann, dann sie. Es war nicht nur fällig, sondern er wird es sich sehr wahrscheinlich auch mehr zu Herzen nehmen. Hätte Remus ihm auf diese Weise die Leviten gelesen, hätten seine Ohren nur auf Durchzug gestellt. Ich selbst bin in der Schule nicht gemobbt worden, aber ich hab das bei anderen mitbekommen. Die vermeintlichen Gründe für so ein Verhalten sind wirklich haarsträubend.
Um die Hexenjäger bzw. die, die glauben, welche zu sein, wird es ein wenig ruhig werden, aber das kann auch nur die Ruhe vor dem Sturm sein.
Sorry, dass es diesmal Samstag geworden ist. Ich bemühe mich, den Update-Termin am Freitag einzuhalten, aber nicht immer klappt es.
Liebe Grüße,
Muggelchen
092 Alle Karten auf den Tisch
Nach dem Spaziergang mit dem Hund hatte Severus seinem jungen Kollegen angeboten, zum Frühstück zu bleiben und Harry hatte angenommen. Während Harry die Schale von einem hart gekochten Ei entfernte – mit den Fingern, anstatt mit dem Zauberstab, weshalb Severus sich ein Augenrollen nicht verkneifen konnte –, fragte er ihn: „Sagen Sie, Harry, sind Sie in der ganzen Zeit mal wieder mit Ihrem Problem konfrontiert worden, keine Menschen mehr sehen zu können?“
Den Kopf schüttelnd verneinte Harry, bevor er sagte: „Schon lange nicht mehr. Schade eigentlich, wo ich beim letzten Mal schon geglaubt hatte, ich könnte es irgendwie beeinflussen.“
Severus nahm einen Schluck Tee, bevor er entgegnete: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses Phänomen sich in Luft aufgelöst haben soll. Probieren Sie ruhig mit etwas Konzentration, ob Sie so einen Vorfall reproduzieren können und halten Sie mich auf dem Laufenden. Wenn Sie das tatsächlich eines Tages unter Kontrolle hätten, wäre es sehr interessant, wie der Farbtrank von Hermine bei Ihnen aussehen würde.“
„Ich werde es versuchen“, versprach Harry.
Den Klassenraum hatte Harry schon eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn betreten, um einige Vorbereitungen zu treffen, doch er war nicht lange allein. Ein Schüler klopfte an die offen stehende Tür und Harry bat ihn gleich darauf hinein. Es war einer der Erstklässler, ein Ravenclaw mit dem Namen Linus Korrelian, der zurückhaltend eintrat.
„Was kann ich für Sie tun, Mr. Korrelian?“
„Ich“, der Junge stockte, „wollte fragen, ob ich…“ Er hielt inne und fummelte eine Karte aus seiner Brusttasche, die er Harry entgegenhielt, während er sagte: „Ob ich wohl um ein Autogramm bitten dürfte?“
Es schwang gleichermaßen Angst und Hoffnung in der Stimme des Schülers mit, so dass Harry nur freundlich lächeln konnte, bevor er fragte: „Was ist das?“
Enthusiastisch erklärte Linus: „Das sind die neuen Schokofroschkarten aus dem Spiel!“
„Ach ja, die sollten ja Oktober herauskommen. Wie die Zeit vergeht“, sagte Harry, als er die Karte in die Hand nahm. Er drehte die Karte um und überflog seine Eigenschaften. ’Zaubertränke: 70%? Moment, das waren doch vorher noch 90% gewesen!’, dachte sich Harry. „Was soll ich draufschreiben?“, fragte er den Schüler, der gleich darauf seine Wünsche preisgab.
„Danke, Professor Potter! Vielen Dank!“, sagte Linus begeistert, als er sich die Unterschrift seines Lehrers auf der Spielkarte anschaute. „Sagen Sie, würden Sie mir vielleicht einen Gefallen tun?“, fragte Linus unverhofft.
„Was könnte ich Ihnen schon für einen Gefallen erweisen?“, fragte Harry verdutzt, weshalb Linus ihm eine weitere Spielkarte vor die Nase hielt. ’Soll ich noch eine unterschreiben?’, fragte sich Harry in Gedanken, doch die Frage konnte er selbst verneinen, als er eine Karte von Severus in der Hand hielt.
„Würden Sie vielleicht Professor Snape fragen, ob er für mich unterschreiben könnte?“, fragte Linus kleinlaut.
„Oh nein“, winkte Harry höflich ab, „darum bitten Sie ihn doch lieber selbst.“ Er hörte Linus laut schlucken, so dass er anfügte: „Ich bin mir sicher, dass er Ihnen nicht den Kopf abreißen wird, es sei denn, Sie fragen ihn während des Unterrichts. Dann kann selbst ich nicht mehr dafür garantieren, aber Scherz beiseite, bitten Sie ihn persönlich und wenn er verärgert reagieren sollte, dann sagen Sie ihm ruhig, dass ich Sie dazu angestiftet habe.“ Linus nickte und nahm bereits auf seinem Stuhl Platz, um auf den Unterrichtsbeginn zu warten.
Nach seinem Unterrichtstag ordnete Severus einige Gläser mit Zutaten, die unachtsame Schüler falsch in die Regale eingeräumt hatten, als es plötzlich klopfte. Nach einem lauten „Herein“ trat Linus Korrelian ein und er schien sehr aufgeregt zu sein, was andererseits völlig normal war, wenn ein Schüler mit ihm reden wollte.
„Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Mr. Korrelian?“, fragte Severus distanziert.
Schüchtern trat der Erstklässler an ihn heran, bevor er ihm etwas reichte und derweil fragte: „Ich wollte Sie um ein Autogramm bitten, Sir.“
Unerwarteter konnte das Anliegen des Schülers wirklich nicht sein, dachte Severus, der eine frisch gedruckte Karte mit seinem Bild in der zitternden Hand des Schülers erblickte, bevor er fragte: „Und warum wollen Sie die Karte mit Tinte beschmieren lassen?“
Sofort zog der Schüler die Spielkarte zurück und blickte zu Boden, bevor er mutig erklärte: „Ich sammle die Karten und wenn möglich auch die Autogramme der bekannten Zauberer und Hexen. Es ist nur ein Hobby von mir, Sir.“ Als sein Lehrer nichts erwiderte, sagte Linus entmutigt: „Tut mir Leid, wenn ich Sie damit belästigt habe, Professor Snape.“
„Geben Sie schon her!“, sagte Severus grantig, denn in seinem tiefsten Innern fühlte er sich von der Bitte dieses Schülers geehrt. Immerhin war Mr. Korrelian so mutig gewesen, überhaupt an ihn heranzutreten.
„Könnten Sie schreiben…“
„Auch noch Wünsche! Reicht eine simple Unterschrift etwa nicht aus?“, stichelte Severus und der Schüler gab letztendlich nach. Eine einfache Signatur genügte ihm.
Die unterzeichnete Spielkarte gab Severus an Linus zurück, der sich gleich darauf überschwänglich bedankte, indem er vor Freude strahlend sagte: „Danke, Sir. Vielen Dank! Ich habe am Montag gegen drei Gryffindors gewonnen, als ich Ihre Karte ausgespielt habe und…“
„Sehr schön, wenn Sie sich jetzt bitte aus dem Klassenraum entfernen würden?“, unterbrach Severus grob, doch das Lächeln auf dem Gesicht des Schülers verschwand trotz des harschen Tonfalls nicht.
Hermine und Remus waren an heutigen Tag mit Severus äußerst vorsichtig umgegangen, doch diese Übervorsicht schien unangemessen zu sein. Severus hatte die gestrige Unterhaltung und die angespannte Situation nicht mehr angesprochen. Harry suchte ohne Vorankündigung die drei auf und er lenkte das Gespräch auf den Schüler, dem er heute ein Autogramm gegeben hatte, weil er diese Neuigkeit unbedingt loswerden wollte.
Remus amüsierte sich darüber sehr und sagte scherzend eingeschnappt: „Mich hat noch keiner um ein Autogramm gebeten.“
„Kommt bestimmt noch“, versicherte Harry freundlich.
Hermine schlug plötzlich vor: „Wir könnten es doch mal zusammen spielen!“
Von dieser Idee war Harry völlig begeistert und er sagte in die Runde: „Ja, wir vier! Severus macht sicher mit oder?“
Severus schüttelte den Kopf und entgegnete: „Ich werde mit so einem albernen Spiel nicht meine Zeit vergeuden.“
Nörgelnd sagte Hermine zu Remus und Harry: „Aber wenn wir nur zu dritt sind, muss jeder für sich allein spielen. Es macht mehr Spaß, wenn man Spielerpaare bilden kann.“
„Dann suchen wir uns einen vierten Spieler“, schlug Harry sofort vor.
Hermine blickte zu Severus hinüber, der zwar etwas abseits stand, die Unterhaltung jedoch trotz vorgetäuschten Desinteresses verfolgte, so dass sie berechnend zu Harry sagte: „Dann werde ich wohl mit Sirius zusammen spielen müssen, wenn Severus nicht möchte.“
Wie erwartet kam der erhoffte Einspruch, als Severus fragte: „Für wann haben Sie denn einen Termin ins Auge gefasst?“
Im St. Mungos erwachte Lucius von allein und als er die Augen öffnete, sah er zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein paar schattige, konturenlose Umrisse. Rechts von ihm bemerkte er ein helleres Quadrat, welches das Fenster sein musste, an dem er so gern saß. Völlig begeistert von diesem kleinen Erfolg stürzte er sich auf Schwester Marie, die gerade ins Zimmer gekommen war und berichtete ihr: „Ich kann Schatten sehen! Endlich geht es voran und ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben.“
Hörbar freute sich Schwester Marie mit ihm und sagte: „Das freut mich wirklich, Mr. Malfoy.“ Sie wagte es, ihn kurz zu umarmen und er erhob keine Einwände, denn der Moment war zu erfreulich, um sie zurechtweisen zu wollen. Dann sagte sie gut gelaunt: „Ich werde Professor Puddle davon berichten. Vielleicht kann man jetzt schon mit dem Spendermaterial beginnen und diese qualvolle Zeitumkehrer-Behandlung hat für Sie endlich ein Ende!“
Nach einem kurzen Smalltalk fragte Lucius: „Ich habe schon lange nicht mehr deswegen gefragt, aber das Schicksal meines teilnahmslosen Zimmergenossen interessiert mich noch immer. Haben Sie bereits etwas herausbekommen können oder…“
Sie unterbrach ihn freundlich und erklärte: „Nein, immer noch das gleiche Problem. Keine Hinweise, keine Angehörigen und keine Genehmigung für Legilimentik. Er sagt nichts und reagiert auf nichts. Vielleicht bleibt das für immer so, aber wer weiß das schon?“
„Sie haben Mitleid mit ihm?“, fragte Lucius etwas erstaunt. Nachdem sie bejaht hatte, sagte er: „Aber Sie wissen doch überhaupt nichts von diesem Mann. Was, wenn er ein Mörder ist und schlimme Dinge getan hat?“
„Der schlimmste Mensch kann nach einem schweren Schicksalsschlag ein bemitleidenswertes Wesen werden, Mr. Malfoy. Ich werde Ihren Zimmergenossen jedenfalls nicht im Vorfeld als potenzielle Bestie abstempeln, nur weil es die klitzekleine Möglichkeit gäbe, dass er eventuell schlimme Dinge getan haben könnte. Eine Meinung kann ich mir immer noch bilden, wenn wir endlich Neuigkeiten über ihn hätten, aber ich werde ihn nicht einfach vorverurteilen“, erwiderte Marie gelassen, denn es war ihre tatsächliche Einstellung.
„Ich kann es gar nicht erwarten, ihn mit meinen eigenen Augen sehen zu können. Natürlich habe ich mir in Gedanken ein Bild aufgrund Ihrer Beschreibung gemacht und es interessiert mich brennend, wie sehr das Bild in meinem Kopf dank meines Vorstellungsvermögens mit dem Original übereinstimmt“, sagte Lucius voller Hoffnung. Er würde bald sehen können, was für ihn bedeutete, dass er seine Frau bald sehen würde.
„Schwester Marie, kommen Sie doch bitte mal ans Fenster“, bat Lucius und sie kam seiner Bitte nach. Als sie bei ihm war, nahm er sie an den Oberarmen und rückte sie in eine bestimmte Position, bis das Tageslicht auf sie fiel und er feststellte: „Sie sind kleiner als ich.“
Er musste ihre Silhouette erkennen, weshalb sie lächelnd bestätigte: „Ja, ungefähr einen Kopf kleiner, Mr. Malfoy.“
Sie beobachtete seine viel zu hellen, grauen Augen, die etwas zittrig, weil sie nichts fixieren konnten, über ihr Gesicht schweiften, bevor er sagte: „Sie haben dunkle Haare.“ Wieder bejahte sie seine Aussage, woraufhin er hinzufügte: „Und ich erkenne das helle Häubchen auf Ihrem Haupt.“ Er lächelte zufrieden, auch wenn er nur Grautöne sehen konnte, doch immerhin hatte sich ihre Haarfarbe von ihrer Gesichtsfarbe für ihn bereits deutlich unterschieden und auch die weiße Haube der Schwesterntracht hatte er aufgrund des farblichen Unterschieds erkennen können. „Ich danke Ihnen, Schwester Marie.“
Am Sonntag, zwei Tage nach dem Vollmond im Oktober, hatte Harry drei seiner Freunde zum Kartenspielen eingeladen. Remus war als Erster gekommen und sah reichlich mitgenommen aus, denn offensichtlich hatte er nach seiner Verwandlung wenig Schlaf finden können. Hermine war gleich im Anschluss eingetroffen und sagte, Severus würde in wenigen Minuten folgen, doch daraus wurde eine Stunde und er war noch immer nicht hier, weswegen Hermine sich dazu entschloss, ihn höchstpersönlich herzuschleifen. Sie öffnete die Tür und erschrak, als ihr Professor vor ihr stand.
Sie ahnte, dass er schon länger vor der Tür gestanden haben musste. Möglicherweise hatte er mit sich gekämpft, doch jetzt konnte er keinen Rückzieher mehr machen. Freundlich sagte sie zu ihm: „Schön, dass Sie da sind. Ich wollte Sie gerade holen. Kommen Sie doch rein, Severus.“
Er trat ein und wurde von Harry und Lupin gegrüßt und es ärgerte ihn jetzt schon, dass Lupin ihm gegenüber so überaus freundlich war und ihn sogar anlächelte. „Etwas zu trinken?“, fragte der Werwolf auch noch zuvorkommend. Bei jedem anderen hätte Severus sofort bejaht, doch nicht bei Lupin.
„Nein, danke“, winkte er ab, doch Hermine zog daraufhin nur die Augenbrauen zusammen.
„Natürlich wollen Sie einen Tee haben“, redete sie ihm ein.
Severus seufzte und sagte resignierend: „Bitte, wie Sie wollen. Dann schenken Sie mir eben gegen meinen Willen einen Tee ein, dann aber bitte einen…“
„Earl Grey, in der hinteren Kanne“, wies Hermine den Werwolf an, der ihm daraufhin einen Tee einschenkte.
Während Remus einschenkte, fragte er nebenbei: „Was denn, Severus, keinen Kaffee? Seit wann Tee?“
„Hermine hat mir zu Albus’ Erleichterung die Feinheiten verschiedener Teesorten nähergebracht und es waren einige annehmbare Geschmacksrichtungen darunter“, antwortete er trocken. Er war eigentlich ein geborener Kaffeetrinker und jeder wusste das.
Harry stöberte derweil in den Spielkarten und zog seine raus, um nochmals die Punkte in Zaubertränken zu überfliegen. Auch hier standen nur siebzig Prozent. „Die haben meine Punkte geändert. In Zaubertränken hatte ich in der ersten Version neunzig Prozent, aber jetzt sind es nur noch siebzig“, nörgelte Harry.
Severus nahm seine Tasse Tee entgegen und antwortete gelassen: „Das mag daran liegen, Harry, dass ich mit meiner Zustimmung für das Kartenspiel auch gleichzeitig meinen Missmut darüber ausgesprochen habe, dass die Angaben auf Ihrer Karte nicht mit der Realität übereinstimmen würden.“
Harry ließ den Mund offen stehen und blinzelte, bevor er nachfragte: „Sie haben denen gesagt, dass ich in Zaubertränken schlechter gewesen wäre?“
Grinsend erklärte Severus: "Ja, habe ich! Als Ihrem ehemaligen Zaubertränkelehrer hat man mir diese Information geglaubt."
Mit zusammengekniffenen Augen blickte Harry seinen dunkel gekleideten Kollegen an und sagte gespielt drohend: „Dafür mach ich Sie fertig!“ Als Severus überrascht aufblickte, grinste Harry, bevor er deutlicher wurde: „In dem Spiel.“
Während der ersten Runde, welche sie bereits eine halbe Stunde zusammen spielten, saßen Hermine und Severus nebeneinander und starrten sich gegenseitig in die Karten, um ihren nächsten Zug zu überdenken. Vorhin hatte Severus seinen Zauberstab aus dem linken Ärmel herausgenommen und ihn neben sich auf die Couch gelegt. Der Stab würde beim Spielen stören, weil er ständig wegen der Karten die Arme angewinkelt halten würde, hatte er erklärt.
Eine Weile lang diskutierte Hermine mit Severus und sagte: „Ich bin dafür, dass wir den Raum einfach sein lassen und uns erst einmal um die Sicherung der Brücke kümmern.“
„Die Brücke? Was wollen Sie denn da schon wieder?“, fragte er verdutzt, weil sie die Brücke vor drei Runden bereits passiert hatten.
„Wir könnten Sie vorübergehend zum Einsturz bringen, so dass keine weiteren Gegner ins Gebäude kommen und…“
Severus unterbrach sie und erklärte: „Die Brücke unbegehbar machen? Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Wir wissen ja nicht einmal, wie viele Gegner sich bereits auf diesem Grundstück befinden. Was, wenn wir uns selbst den Rückweg abschneiden und wir uns plötzlich mit zwanzig Feinden konfrontiert sehen?“
Hermine zeigte auf eine gläserne Kugel, die über dem Spielbrett schwebte und in welcher grüner Rauch waberte. Eine Ziffer zeichnete sich in dem Rauch ab, die – ähnlich wie ein Würfel – die erlaubte Zuganzahl anzeigte und sie sagte: „Wir dürfen nur zwei Karten ausspielen. Es wäre viel zu gefährlich für uns, mit nur zwei Personen den großen Saal zu stürmen! Wir sollten die nächste Runde abwarten; vielleicht dürfen wir dann mit mehr Karten spielen.“
„Was denn, Hermine? Sind Sie etwa nicht gewillt ein Risiko einzugehen? Der nächste Zug könnte uns den Sieg bringen!“, wollte er ihr klarmachen. Scherzend fügte er hinzu: „Wir könnten ja den Werwolf reinschicken, damit er etwas im Raum herumschnüffelt.“
„Und wenn er dabei draufgeht?“, fragte sie mit großen Augen und auch Remus wartete gespannt die Antwort ab.
„Wenn er sein Leben verlieren sollten, dann haben wir eben Pech gehabt“, erwiderte er schmunzelnd.
Vorgetäuscht erbost sagte Remus: „Hey, ihr redet da über mich!“
„Irrtum, Lupin, wir reden über eine Spielkarte, die zufällig Ihr Abbild trägt.“
Hermine ließ sich von Remus’ Einspruch nicht stören und sagte zu Severus: „Es ist immerhin unser persönliches Ziel, die gestohlenen Geheimrezepte von Bertie Bott zurückzuholen.“
„Ja, darüber bin ich mir im Klaren. Und wenn ich genauer darüber nachdenke, ist es ein ziemlich lächerliches Ziel, finden Sie nicht auch?“, fragte er belustigt.
„Aber es ist nun einmal der uns auferlegte Auftrag“, machte sie ihm klar.
Harry und Remus warteten geduldig auf ihrer Spielgegner, bis Harry der Kragen platzte und er sagte: „Jetzt macht aber mal langsam euren Zug!“
„Eile mit Weile, Harry“, sagte Severus, während er in seinen Karten vertieft war. „So ein Zug muss gut überlegt sein, wenn man gewinnen möchte.“
Nur einen Moment grübelte Severus, bevor er bierernst sagte: „Wenn es unser Ziel ist, dann werde ich die Rezepte von Mr. Bott natürlich mit meinem Leben verteidigen!“ Remus unterdrückte zunächst ein Lachen, konnte sich aber nicht zurückhalten und brach in Gelächter aus, so dass Severus mit schmieriger Stimme verbesserte: „Oder besser doch lieber mit Lupins Leben.“
Remus schaltete sich ein und sagte: „Das hier ist nur ein Spiel und es soll Spaß machen!“
Severus zog eine seiner Karten und nahm eine Karte aus Hermines Hand, bevor er beide auf das Spielbrett legte und grinsend sagte: „Gewinnen macht Spaß und ich denke, Hermine und ich werden jetzt einen guten Grund zur Freude haben.“
Das auf das Spielbrett gelegte Kartenpärchen bestand aus den beiden Karten, die Alastor und Remus abbildeten. Das Spielbrett reagierte und formte dreidimensionale Hologramme, die die drei Gegner, die sich jetzt erst im betretenen Raum offenbarten, ausschalteten, so dass Hologramm-Alastor den eroberten Raum mit einem wehenden Fähnchen einnehmen konnte, während Hologramm-Lupin die gestohlenen Rezepte einem Geheimfach entnahm.
Harry schnaufte und sagte gleich darauf: „Verdammt! Diesen Raum wollten wir uns erkämpfen! Jetzt dürfen wir nochmal zurückgehen.“
„Nein Harry, dürft ihr nicht, denn wir haben mit dem Zug gewonnen“, erklärte Hermine freudestrahlend. „Ich bin übrigens für eine weitere Runde“, fügte sie noch strahlend hinzu.
Bevor die Karten für die nächste Runde ausgegeben werden konnten, flog Hedwig ins Wohnzimmer und landete auf dem Tisch, beziehungsweise direkt auf dem Spielbrett vor Harry, der sofort reagierte und sagte: „Das ist eklig, Hedwig. Warum bringst du mir immer halbe Mäuse?“
„Vielleicht weiß sie, dass Sie keine ganzen schaffen?“, sagte Severus amüsiert und Remus musste wegen der Bemerkung lachen.
Hedwig ließ nicht nur die angefressene Maus aufs Spielbrett fallen, weswegen Harry erschrocken von der Couch aufsprang, um das Brett vor Blutstropfen zu bewahren, sondern der Vogel stieß auch noch beim Abheben zwei Teetassen um, so dass Harry aufgebracht und mit gezücktem Zauberstab um den Tisch herumwirbelte, um die Sauerei zu beseitigen.
Völlig aus der Puste wegen dieser zermürbenden Störung ließ sich Harry kurz neben Severus auf der Couch nieder. Kaum hatte er das Polster berührt, hörte man deutlich ein Knacken, weswegen jeder erschrocken innehielt. Severus’ Gesichtszüge entgleisten zunächst, bevor sich Zornesfurchen abzeichneten und er barsch zu Harry sagte: „Ich kann es nicht glauben, Sie… Stehen Sie sofort auf!“
Harry sprang von der Couch so abrupt auf als wäre sie ein Trampolin. Vorsichtshalber ging er drei Schritte zurück, während Severus fassungslos neben sich auf das Polster starrte.
„Was haben Sie, Severus?“, fragte Hermine. Sie sog erschrocken Luft ein, als er zwischen Daumen und Zeigefinger seinen Zauberstab hielt, der einmal in der Mitte gebrochen, aber nicht durchgebrochen war.
„Ich kann es einfach nicht glauben“, wiederholte Severus verdattert.
„Oh, das tut mir so Leid, Severus. Das wollte ich wirklich nicht. Ich habe ihn nicht gesehen, bevor ich mich gesetzt habe“, sagte Harry ehrlich. Severus blickte gebannt auf den Knick in seinem Zauberstab, so dass Harry noch anfügte: „Ich kaufe Ihnen einen neuen…“
Gereizt unterbrach Severus: „Natürlich werden Sie das, denn sonst würde ich das von Ihnen einklagen! Wissen Sie überhaupt, wie viele Gegner dieser Zauberstab überlebt hat? Er hat über hundert brenzlige Situationen überstanden und da kommen Sie mit Ihrem ungelenken Hinterteil und machen ihm einfach den Garaus!“
„Zeigen Sie mal“, bat Hermine, die ihm den gebrochenen Stab aus der Hand nahm und beäugte.
Severus hingegen kämpfte mit sich und wollte die Ruhe bewahren, was ihm anzumerken war. Mit falscher Vertrautheit in der Stimme bat er Harry: „Würden Sie sich mir bitte zwei, drei Schritte nähern?“
Harry kam bereits langsam auf ihn zu, während er fragte: „Warum?“
„Damit ich Ihnen meine Hände um den Hals legen kann!“, antwortete Severus bedrohlich leise, so dass Harry sofort wieder einige Schritte zurückging.
„Nun mal keine Panik“, sagte Hermine. „Mr. Ollivander kann den Stab vielleicht sogar noch reparieren. Er ist ja nicht entzwei. Möglicherweise ist der Kern noch intakt.“
„Und wenn nicht, Harry, dann zahlen Sie jeden Preis, den mein neuer Stab bei Ollivanders kosten wird!“, befahl er Harry, der daraufhin eingeschüchtert nickte.
Am nächsten Tag konnte Harry mit Severus erst nach dem Unterricht zu Mr. Ollivander gehen, weil der vor dem Unterrichtsbeginn noch nicht geöffnet hatte. Zusammen apparierten sie in die Winkelgasse, die jetzt im Vergleich zu den Zeiten kurz vor Schulbeginn wie leergefegt war. Nur vereinzelt waren Kunden zu sehen, die an den Schaufenstern entlangschlenderten.
„Ollivanders“ hatte geöffnet, aber der Laden war nicht besucht und vom Besitzer sah man weit und breit nichts, doch man hörte ihn in einem hinteren Teil des Ladens hantieren. Die Glocke an der Tür hatte die beiden Kunden angekündigt und aus dem tiefen Innern des staubigen Shops hörte man Mr. Ollivander rufen: „Bin gleich bei Ihnen!“ Harry nutzte die Zeit, um sich ein wenig umzusehen. Nachdem er seinen ersten Stab hier gekauft hatte, hatte er den Laden nicht noch einmal betreten, aber er stellte zu seinem Erstaunen fest, dass sich hier nichts verändert zu haben schien.
Stocksteif wartete Severus in der Mitte des Raumes und blickte starr in den Gang, aus welchem die Stimme von Mr. Ollivander zu hören gewesen war. Umso erstaunter war er, als der alte Zauberstabmacher aus einer ganz anderen Ecke auftauchte und grüßte: „Guten Tag, Mr. Potter. Schön, Sie wieder einmal in meinem Laden begrüßen zu dürfen.“ An Severus gerichtet sagte er: „Professor Snape, seien Sie gegrüßt. Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Wie lange…“
„Siebenunddreißig Jahre, Mr. Ollivander“, sagte Severus gewissenhaft.
In Gedanken versunken wiederholte Ollivander: „Siebenunddreißig Jahre.“ Er räusperte sich und stellte sich hinter seine Theke. „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte der ältere Herr mit seinen strahlend blasssilbernen Augen.
Severus griff in die Innentasche seines Umhanges und zog einen länglichen, schmalen Karton heraus, den er erst auf den Tresen legte, bevor er ihn öffnete.
„Oh nein, wie ist das nur…?“ Mr. Ollivander konnte seinen Augen nicht trauen. „Das ist ein so trauriges Ende für diesen wunderbaren Zauberstab“, hauchte der Verkäufer mitfühlend.
„Wie genau das geschehen ist, da fragen Sie besser Mr. Potter, denn er trägt die uneingeschränkte Verantwortung für dieses Malheur“, sagte Severus verärgert, während er sich zu Harry umdrehte und ihm einen bösen Blick zuwarf.
„Ich hab es doch nicht mit Absicht…“ Er hielt inne und seufzte.
Die fachmännische Begutachtung des gebrochenen Zauberstabes durch den besten Zauberstabhersteller der magischen Welt dauerte etwa zwanzig Minuten und dann, endlich, gab Mr. Ollivander sein Urteil ab: „Tja, was soll ich sagen? Der Stab ist unbrauchbar und der Schaden nicht mehr magisch zu beheben.“
Severus machte ein trauriges Gesicht. Der Stab, auf den Harry sich versehentlich gesetzt hatte, war sein erster Zauberstab gewesen, den seine Mutter ihm sehr frühzeitig genau in diesem Laden gekauft hatte, weshalb er wehmütig seufzte.
„Das tut mir so Leid, Severus, wirklich“, sagte Harry ruhig. Gleich darauf fragte er: „Wie alt waren Sie gewesen, als Sie Ihren Zauberstab bekommen haben.“
Severus musste sich mit einer Antwort gar keine Mühe geben, denn Mr. Ollivander, der bereits einige Kisten mit Zauberstäben in einem Arm sammelte, während er an den Regalen vorbeiging, antwortete an seiner Stelle: „Oh, der kleine Severus muss gerade erst sechs geworden sein, nicht wahr?“ Severus nickte zustimmend, auch wenn ihm die verniedlichte Bezeichnung von Mr. Ollivander missfiel. Nachdem der ältere Herr die kleinen Kisten auf der Theke abgestellt hatte, schlug Mr. Ollivander zweimal auf die Oberfläche des Tresens und sagte zu Harry hinüberlächelnd: „Er konnte nicht einmal hier rüberschauen, so klein war er.“
„Wie Sie sehen, Mr. Ollivander, bin ich in der Zwischenzeit gewachsen und kann sehr wohl über Ihren Tresen schauen“, sagte Severus trocken, so dass Harry lachen musste. „Wenn Sie jetzt die Güte hätten, mir einen Stab zu empfehlen?“
Mr. Ollivander reichte Severus den ersten Stab, doch nach einem unvollendeten Wutschen lagen bereits die Gegenstände vom Tresen unten auf dem Boden. Der zweite Stab ließ sämtliche Gegenstände aus Glas fürchterlich laut summen, so dass man glauben musste, die Behälter und Fenster würden jeden Moment zerspringen. Der dritte Stab zauberte eine braune, stinkende Wolke herbei, weshalb sich Harry die Nase zuhalten musste und der vierte Zauberstab, den Severus probierte, ließ einen kleinen Wirbelsturm durch den Laden fegen.
Nach fünf weiteren Stäben, die alle ganz offensichtlich nicht zu Severus passten, gab Ollivander auf und sagte: „Ich möchte Sie bitten, etwas später nochmal wiederzukommen.“
„Wann ist ’später’?“, wollte Severus wissen.
„Etwas später halt! Vielleicht, wenn Sie etwas Farbe bekommen haben?“, sagte Mr. Ollivander scherzend mit einem Lächeln auf den Lippen.
Trotzdem Severus erbost war, den Laden ohne einen neuen Zauberstab verlassen zu müssen, verabschiedete er sich höflich von Mr. Ollivander und schritt, ohne Harry einen Blick zu schenken, aus dem Laden heraus. Harry folgte ihm sofort und lief hinter ihm her, bevor er nochmals sagte: „Das tut mir so Leid!“
„Es reicht! Noch eine Entschuldigung von Ihnen und ich werde mir den nächst besten Stab greifen, um Sie zu verhexen!“, entgegnete Severus gereizt.
Schnurstracks ging Severus auf den Pub „Zum Tropfenden Kessel“ zu, als er Harry sagen hörte: „Hier!“ Er hielt inne und blickte verdutzt auf Harry hinab, der ihm seinen Zauberstab entgegenhielt und sagte: „Nehmen Sie meinen, solange Sie keinen eigenen haben.“
Diese Geste schätzend, aber dennoch abwinkend sagte Severus: „Ich brauche für den Unterricht nicht zwingend einen Zauberstab, aber Sie! Sie benutzen ihn tagtäglich vor Ihren Schülern. Und außerdem kann das von Mr. Ollivander benutzte Wort ’später’ eine Zeitangabe von immensem Ausmaß bedeuten. Ich glaube nicht, dass Sie lange auf Ihren eigenen Zauberstab verzichten wollen würden. Ich werde mir wohl woanders einen Stab besorgen müssen.“
„Aber die von Mr. Ollivander sind doch die besten! Dann schauen wir einfach jede Woche mal bei ihm vorbei. Irgendwann wird sich schon ein Stab für Sie finden“, sagte Harry voller Hoffnung.
„Wie lange soll ich denn warten, bis ein Zauberstab von Ollivanders für mich der richtige wäre? Zwei Wochen? Sechs Monate? Vielleicht fünfzig Jahre? Er konnte ja nicht einmal sagen, was für einen Zeitraum er ungefähr mit ’später’ meinen könnte!“, sagte Severus verärgert, doch er war nicht mehr wegen Harry wütend.
„Mr. Ollivander hat doch gesagt, wann ’später’ sein könnte“, sagte Harry, worauf Severus ihn fragend anblickte. Den Zauberstabhersteller wiederholend sagte Harry: „Wenn Sie Farbe bekommen hätten, was immer er damit auch gemeint haben könnte.“
Während sie auf den Pub zugingen, hörte Harry gemurmelte Worte aus Severus’ Mund und einige verstand er sehr deutlich, denn Severus schimpfte still: „…alter Kauz… mit seinen kryptischen Aussagen… genau wie Albus… alte Spinner…“ Harry grinste still in sich hinein.
Zur gleichen Zeit im Zaubereiministerium besuchte Kingsley das Büro des Ministers. Nach der Unterredung mit Pablo Abello war Arthur völlig durch den Wind, doch Kingsley brauchte ihn, um noch den Squib und den Zauberer zu verhören, die an dem Brandanschlag auf das Hotel in Aberdeen verantwortlich zu machen waren.
„Arthur? Ich hoffe, du hast das, was Pablo gestern gesagt hat, gut verkraften können“, sagte Kingsley mit seiner besonnenen Stimme.
Der Minister seufzte, bevor er sich selbst schalt: „Mir hätte die Ähnlichkeit schon viel früher auffallen müssen. Er war ja schon zwei oder drei Mal bei uns zu Besuch gewesen, aber weder mir noch Molly…“ Wieder seufzte Arthur.
Kingsley erklärte gelassen: „Mr. Abello sieht Harry Potter zwar sehr ähnlich, aber diejenigen, die Harry so innig kennen wie wir, denen wird die Ähnlichkeit nicht sofort ins Auge stechen. Mach dir also keine Gedanken, Arthur, denn mir ist das auch erst aufgefallen, als du mich darauf aufmerksam gemacht hast. Vorher habe ich einfach nur gedacht, er wäre der ’Typ Harry’. Der ’Typ Mann’, den Ginny…“
Arthur hielt die Hände in die Höhe, so dass Kingsley mitten im Satz aufhörte. Kurz darauf fuhr Arthur sich mit einer Hand über das Gesicht, bevor er sagte: „Pablo… ähm, ich meine, Mr. Abello entspricht tatsächlich dem ’Typ Mann’, den Ginny bevorzugt. Sie hatte ja einmal gesagt, er wäre ’genau ihr Typ’, aber dass diese Leute ihn deshalb auf meine Tochter angesetzt haben, weil sie aus diesen dämlichen Klatsch-Artikel aus dem Tagespropheten wussten, dass sie und Harry…“ Arthur war so aufgeregt, dass er einen trockenen Mund bekommen hatte und er schlucken musste. „Wenn ich überlege, wann Pablo bereits in ihr Leben getreten war, dann läuft mir eine Gänsehaut den Rücken hinunter, Kingsley. Weihnachten letzten Jahres haben sich die beiden getrennt! Wir haben nun Oktober und wir haben erst jetzt herausbekommen, dass er dieser Gruppe angehört.“ Plötzlich bekam Arthur große Augen, bevor er aufgebracht sagte: „Bei Merlin, die wissen ja, wo wir wohnen! Wir müssen den Fuchsbau so schnell wie möglich verlassen. Ich werde Molly…“
Dieses Mal unterbrach Kingsley, der beruhigend sagte: „Arthur, überstürze nichts. Die wissen seit wann, wo du wohnst? Seit Juli letzten Jahres? Seit über einem Jahr ist denen dein Wohnort bekannt, aber bisher gab es keinen Überfall. Räume den Fuchsbau, aber bitte ohne Panik.“
Schwer atmend nickte Arthur, denn die Panik wollte weiterhin in ihm aufkommen.
Nachdem Arthur über den Kamin Molly Bescheid gegeben hatte, dass sie mit dem Packen beginnen sollte, sagte Kingsley: „Lass uns zu dem Squib gehen. Wir müssen ihn noch verhören!“
Arthur folgte Kingsley in eine der Verhörzellen, in welcher ein rundlicher Mann Mitte dreißig saß und ebenso an Händen und Füßen gefesselt war wie schon Pablo. Der Mann mit den lichten Haaren und den abstehenden Ohren blickte schuldbewusst auf. Man konnte ihm jetzt schon ansehen, dass er zum Reden bereit war, doch Kingsley konnte es nicht lassen, auch diesem Herrn zu erklären: „Sie wissen, warum wir hier sind! Wenn sich Zweifel auftun, dass Sie uns die Wahrheit sagen…“
Der Gefangene unterbrach und sagte mit zittriger Stimme: „Geben Sie mir ruhig Veritaserum. Ich sage aus!“ Leise fügte er hinzu: „Es ist sowieso alles aus dem Ruder gelaufen.“
Kingsley zog erstaunt beide Augenbrauen hoch, bevor er einen Tisch herbeizauberte, an dem Arthur und er dem Gefangenen direkt gegenüber Platz nahmen. In den Akten lesend fiel Kingsley sofort etwas auf und er fragte: „Sie sind Oliver Shunpike? Der ältere Bruder von Stan Shunpike?“
„Ja, Sir“, erwiderte der junge Mann.
„Stan ist damals von Minister Scrimgeour als Todesser verurteilt und – trotzdem er unschuldig war – nach Askaban geschickt worden, richtig?“, sagte Kingsley, der diese Erinnerung mit Absicht ins Gedächtnis von Oliver Shunpike bringen wollte. Der junge Mann nickte heftig und blickte auf die Tischplatte vor sich.
Eine magische Feder zückend und das Protokoll startend sagte Kingsley: „Dann mal los: Für das Protokoll nennen Sie uns bitte Ihren vollen Namen.“
„Oliver Shunpike“, antwortete er.
„Mr. Shunpike, am 27. September dieses Jahres sind Sie und ein weiterer Mann in Aberdeen vor einem Muggelhotel, auf welchem ein Brandanschlag verübt worden war, festgenommen worden, als Sie mit Ihrem Wagen fliehen wollten. In der Tasche in Ihrem Wagen hatte man zwei Kanister mit je einem Liter“, Kingsley las das ihm unbekannte Wort nochmals nach, „Benzin gefunden, darüber hinaus vier leere Glasflaschen und zurechtgerissenen Fetzen Leinengewebe. Wozu haben Sie diese Dinge benötigt?“
Oliver Shunpikes Unterlippe zitterte, doch er gab zu: „Ich und einige andere, die von Mr. Hopkins an der Nase herumgeführt worden waren, wollten ihm einen Denkzettel verpassen, den er so schnell nicht vergessen würde, aber die anderen haben kurz vorher einen Rückzieher gemacht. Wir wollten eigentlich sein Haus – das liegt ganz in der Nähe von diesem Hotel – auf gleiche Art und Weise zurichten, wie er es bei…“ Shunpike schluckte und blickte Kingsley an, bevor er an anderer Stelle weiter erklärte: „Wir haben kurzfristig erfahren, dass er die Veranstaltungsräume in dem Hotel für eine seiner ’Vereinssitzungen’ gemietet hatte, dieser Mistkerl. Wir wussten davon nichts; durften früher immer nur helfen und ihm Informationen beschaffen, aber er sieht in uns offensichtlich genauso einen Abschaum wie in denen, die wirklich zaubern können.“
Die Feder schrieb und schrieb und Arthur und Kingsley warteten geduldig, falls Shunpike noch etwas von sich aus hinzufügen wollte. Als die Feder auf neue Worte wartete, erklärte der Gefangene: „Hopkins hasst Zauberer und Hexen. Er sagt von sich, er wäre dazu berufen, alle zu vernichten. Durch Zufall hatte einer meiner Freunde von dieser Sekte erfahren, die Mr. Hopkins anführt. Wir“, Shunpike schluckte aufgeregt, „fanden das zu Anfang witzig, dass ein Muggel so über Hexen schimpft. Wir haben nur aus Spaß mal eine von seinen Veranstaltungen besucht; das muss ein Jahr vor Kriegsende gewesen sein. Wir haben dort erfahren, dass er nur eine vage Ahnung von der magischen Gesellschaft hat und dann sind wir ins Gespräch gekommen und…“ Oliver Shunpike verstummte.
Für einen Moment ließ Kingsley die Feder schreiben, bevor er fragte: „Haben Sie Mr. Hopkins konkret auf die magische Welt aufmerksam gemacht?“
„Ja“, Shunpike senkte seinen Blick, „wir haben ihm erzählt, dass die magische Gesellschaft uns Squibs wie Ausgestoßene behandelt. Ich habe ihm von meinem Bruder erzählt, den man einfach ohne eine richtige Verhandlung ins Gefängnis gesteckt hat. Er meinte, wir sollten uns das nicht gefallen lassen und zurückschlagen und dabei wollte er uns helfen. Wir haben ihm alles Mögliche erzählt, von Askaban, vom Ministerium, von Harry Potter und Voldemort. Ich habe ihm sogar den Tagespropheten abonniert. Hopkins meinte, wir sollten die wirklichen Verantwortlichen für Stans Askaban-Aufenthalt zur Rechenschaft ziehen und das waren die Todesser und deren Familien. Damit hat das alles angefangen und wir hatten auch gar nichts dagegen, diesen Leuten einen Denkzettel zu verpassen. Für uns war es zu Beginn nur Spaß.“ Shunpike schnaufte verachtend und die Verachtung schien ihm selbst zu gelten. „Wir haben böse Streiche gespielt; vielleicht auch mal wertvollen Besitz zerstört, bis Hopkins uns eines Tages vor vollendete Tatsachen gestellt hat, denn er hatte“, Stan atmete heftig ein und aus und fuhr sehr leise fort, „einen Squib umgebracht. Christian Rossier.“ In Stans Gesicht zeichnete sich Reue ab, bevor er leise hinzufügte: „Der hatte mit seinem Onkel überhaupt nichts zu tun; hatte ihn nie kennen gelernt, weil er aus seiner Familie verstoßen worden war wie so viele andere auch.“
Arthur war geschockt, doch Kingsley behielt die Ruhe und fragte: „Wie ging es weiter mit Mr. Hopkins und diesen Anschlägen?“
Oliver Shunpike erklärte: „Hopkins hatte gemeint, Rossiers Tod wäre ein bedauerlicher Unfall gewesen und wir haben ihm seine Geschichte anfangs geglaubt. Es hat uns trotzdem gereicht und wir haben Abstand gehalten, denn der Typ ist wirklich völlig wahnsinnig. Hopkins hatte seinen Feldzug gegen die magische Welt ohne uns fortgesetzt, soweit es ihm möglich war, denn von uns hat er keine Informationen mehr erhalten. Bis auf zwei Squibs haben wir ihm einfach den Rücken zugewandt, aber wir konnten seine Machenschaften weiterverfolgen; es stand ja immer etwas über seltsame Todesfälle im Tagespropheten und die trugen alle seine Handschrift. Wir haben uns schuldig gefühlt, weil wir ihn an die Zaubererwelt herangeführt hatten. Wir wollten nicht mehr mit ihm in Zusammenhang gebracht werden. Im Gegenteil: wir wollten ihn aufhalten!“
„Sie reden immer von ’wir’. Wer sind ’wir’ und wie viele sind Sie?“, fragte Kingsley.
„’Wir’, das sind ich, mein Freund Michael Filgrim, den Sie auch festgenommen haben und dann noch vier Freunde, die aber nichts mit Hopkins oder Aberdeen zu tun hatten, das schwöre ich! Die waren nur mit uns auf der ersten Veranstaltung, aber der Mann war ihnen von Anfang an nicht geheuer.“ Oliver blickte reumütig auf und erzählte: „Die beiden, die noch mit Hopkins zusammenarbeiten, sind die Brüder Alex und Arnold Roth – beide Squibs, die in der Muggelwelt leben, seit sie von ihrer Familie enterbt und aus dem Haus geworfen worden waren. Alex und Arnold sind so verbittert; die haben einen fanatischen Hass auf alle Reinblüter – eigentlich sogar auf jeden, der zaubern kann. Ich habe in einer Zeitung gelesen, dass eine ganze Reinblüter-Familie in ihrem eigenen Haus verbrannt war und ich war mir damals schon sicher, dass dieser Mord auf das Konto von Hopkins, Alex und Arnold geht.“
„Alex und Arnold sind also ausgestoßene Squibs, die in der Muggelwelt leben?“, fragte Kingsley. Nachdem Shunpike bestätigt hatte, fragte Kingsley: „Arbeiten die beiden auch in der Muggelwelt?“
„Ja, Sir. Alex ist Angestellter in einem Fastfood-Restaurant und Arnold arbeitet als Snackverkäufer in einem Kino“, erwiderte Shunpike.
Kingsley ahnte, was der Askaban-Aufenthalt von Stan Shunpike angerichtet haben könnte und fragte daher ehrlich interessiert: „Wie geht es Ihrem Bruder jetzt eigentlich?“
Verdutzt blickte Oliver auf, weil dieses Thema schwerlich mit dem Überfall in Aberdeen zu tun hatte, doch er antwortete niedergeschlagen: „Er lebt so vor sich hin.“ Weil Kingsley ihn anblickte und auf weitere Informationen wartete, fügte er hinzu: „Man gibt ihm keinen Job mehr, weil in seiner Akte natürlich steht, dass er eingesessen hat. Nicht einmal als Schaffner wollte man ihn zurückhaben.“ Er schluckte einmal verlegen, bevor er flüsternd offenbarte: „Er trinkt.“
Die Verbitterung war leicht herauszuhören, doch Kingsley wollte es genau wissen: „War das Schicksal Ihres Bruders die antreibende Kraft für die Unterstützung eines Kriminellen?“ Shunpike nickte.
Diesmal lenkte Arthur das Gespräch wieder auf die beiden Squibs Alex und Arnold, die Hopkins immer noch unterstützen würden.
„Wissen Sie vielleicht, ob die Brüder jemals etwas getan haben, das man ihnen in der Muggelwelt zur Last legen könnte?“, wollte Arthur wissen, denn vom anderen Minister wusste er, dass man Menschen, die man aus dem Verkehr ziehen wollte, zu diesem Zweck auch wegen kleinerer Taten anklagen konnte. Der Mörder Al Capone war letztendlich zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden und das lediglich aufgrund von Steuerhinterziehung und Geldwäsche, wie Arthur aus Muggelbüchern wusste.
„Ich weiß nicht genau… Habe gehört, Arnold dealt ab und zu mal“, erklärte Shunpike.
„’Dealt’?“, fragte Kingsley nach.
„Na, Sie wissen schon. Er verkauft Medikamente ohne Rezept und Drogen“, zählte Shunpike auf, „aber ich weiß es nicht genau. Habe nie so ein Zeug bei ihm gesehen; ich habe das von anderen gehört.“
Die Feder notierte alles und Arthur freute sich jetzt schon darauf, dem anderen Minister davon berichten zu können, denn der könnte diesen Mann sicherlich aus dem Verkehr ziehen.
„Wie ist es zu dem Brand in dem Hotel in Aberdeen gekommen?“, fragte Kingsley nach einem Moment sehr distanziert klingend, obwohl ihn diese ganzen Informationen innerlich aufwühlten.
„Wir, also Michael und ich, wollten eigentlich Hopkins Haus ein wenig unter Beschuss nehmen. Durch Zufall haben wir erfahren, dass er in diesem Hotel eine kleine Versammlung abhält und Michael meinte, wir sollten ihn aufsuchen und ihn zur Rede stellen.“
„Mr. Filgrim, Michael, ist kein Squib, sondern ein Zauberer, richtig?“, fragte Kingsley.
„Ja, aber glauben Sie mir, er hat Hopkins nie irgendwas gesagt. Michael hat sich eher um mich Sorgen gemacht, weil ich mit so einem Muggel Umgang hatte. Deswegen hat er mich manchmal begleitet, wenn ich mich mit Hopkins getroffen habe.“
„Das kann Mr. Filgrim uns selbst erzählen. Weiter mit Ihnen und dem Hotel“, forderte Kingsley und Shunpike parierte.
„Michael und ich haben Hopkins in dem Hotel aufgesucht, was für den natürlich völlig überraschend gekommen war. Ich glaube sogar, Hopkins hatte Angst vor uns. Er hat uns nämlich rauswerfen lassen wollen. Michael ist dann durchgedreht, weil Hopkins uns nicht einmal zuhören wollte. Er hat dann eine Flasche aus seiner Jackentasche gezogen und den Stoff mit seinem Zauberstab entzündet. Ich habe wirklich nicht gewusst, dass er eine mit dabei gehabt hatte, sonst hätte ich ihm die weggenommen. Wir wollten ja eigentlich nur Hopkins’ Haus…“ Shunpike seufzte, bevor er betroffen sagte: „Die Situation ist so verfahren gewesen. Michael hat gesagt, dass man Hopkins das Handwerk legen müsste und dass es ihm sogar egal wäre, ob er dabei selbst das Leben verlieren würde oder nicht. Hopkins ist ein Irrer und Michael wollte ihm auf die Art Schaden zufügen, die Hopkins selbst immer bei anderen angewendet hatte; mit Feuer. Ich konnte Michael nicht aufhalten; er war wegen Hopkins völlig außer sich.“
Nachdem man Shunpike ein Glas Wasser gestattet hatte, fragte Kingsley: „Sagen Sie, warum haben Sie sich mit diesen Informationen nicht ans Zaubereiministerium gewandt?“
Shunpike lachte ungläubig auf und erwiderte: „Uns hätte man doch ohne Umschweife nach Askaban geschickt oder etwa nicht?“ Sein Lächeln verblasse und etwas ruhiger fuhr er fort: „Wir wollten nie, dass jemand stirbt; wirklich nicht. Einen Denkzettel verpassen: ja! Wertvollen Besitz zerstören wie protzige Häuser und antike Sammlungen und so weiter, aber jemanden im Schlaf umbringen…?“ Oliver atmete zitterte aus, bevor er leise wiedergab: „Jemanden bei lebendigem Leib verbrennen, das war uns zu viel der Rache.“ Er seufzte, schüttelte den Kopf und schloss die Augen. „Wir konnten ihn nicht aufhalten. Wir haben immer wieder davon gehört, dass Hopkins auch Reinblüter entführt haben soll, um weitere Informationen zu bekommen, weil er von uns nämlich nichts mehr über die Zauberergesellschaft erfahren hatte. Alex und Arnold waren ihm da keine große Hilfe; die haben ja mit der magischen Welt wirklich gar nichts am Hut und sie kennen sich da kaum aus. Ich bin mir sicher, dass Hopkins sich der beiden auch sofort entledigen würde, allein weil deren Eltern Hexe und Zauberer sind, aber er lässt sie am Leben, weil Alex und Arnold nämlich als Einzige von Hopkins’ Männern die magisch verborgenen Orte sehen können.“
Oliver Shunpike atmete heftig und sah Arthur direkt in die Augen, bevor er leise offenbarte: „Mr. Weasley, die wissen, wo Hogwarts liegt!“
wen sich Ginny da angelacht hat, wird sie sich selbst wohl auch fragen. Er sah ein wenig aus wie Harry. Ihre Wahl hat sie wahrscheinlich unterbewusst getroffen. Die Sache ist aber vorbei, trotzdem gibt es Pablo natürlich noch und was es mit ihm und seinen Leuten auf sich hat, wird später noch wichtig werden. Viel wird man von ihm aber nicht hören.
Hallo Sentara Snape,
es ist wirklich schön, dass du die Fähnchen für Anne schwingst. Wenn jemand an Sirius' Verstand appellieren kann, dann sie. Es war nicht nur fällig, sondern er wird es sich sehr wahrscheinlich auch mehr zu Herzen nehmen. Hätte Remus ihm auf diese Weise die Leviten gelesen, hätten seine Ohren nur auf Durchzug gestellt. Ich selbst bin in der Schule nicht gemobbt worden, aber ich hab das bei anderen mitbekommen. Die vermeintlichen Gründe für so ein Verhalten sind wirklich haarsträubend.
Um die Hexenjäger bzw. die, die glauben, welche zu sein, wird es ein wenig ruhig werden, aber das kann auch nur die Ruhe vor dem Sturm sein.
Sorry, dass es diesmal Samstag geworden ist. Ich bemühe mich, den Update-Termin am Freitag einzuhalten, aber nicht immer klappt es.
Liebe Grüße,
Muggelchen
092 Alle Karten auf den Tisch
Nach dem Spaziergang mit dem Hund hatte Severus seinem jungen Kollegen angeboten, zum Frühstück zu bleiben und Harry hatte angenommen. Während Harry die Schale von einem hart gekochten Ei entfernte – mit den Fingern, anstatt mit dem Zauberstab, weshalb Severus sich ein Augenrollen nicht verkneifen konnte –, fragte er ihn: „Sagen Sie, Harry, sind Sie in der ganzen Zeit mal wieder mit Ihrem Problem konfrontiert worden, keine Menschen mehr sehen zu können?“
Den Kopf schüttelnd verneinte Harry, bevor er sagte: „Schon lange nicht mehr. Schade eigentlich, wo ich beim letzten Mal schon geglaubt hatte, ich könnte es irgendwie beeinflussen.“
Severus nahm einen Schluck Tee, bevor er entgegnete: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieses Phänomen sich in Luft aufgelöst haben soll. Probieren Sie ruhig mit etwas Konzentration, ob Sie so einen Vorfall reproduzieren können und halten Sie mich auf dem Laufenden. Wenn Sie das tatsächlich eines Tages unter Kontrolle hätten, wäre es sehr interessant, wie der Farbtrank von Hermine bei Ihnen aussehen würde.“
„Ich werde es versuchen“, versprach Harry.
Den Klassenraum hatte Harry schon eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn betreten, um einige Vorbereitungen zu treffen, doch er war nicht lange allein. Ein Schüler klopfte an die offen stehende Tür und Harry bat ihn gleich darauf hinein. Es war einer der Erstklässler, ein Ravenclaw mit dem Namen Linus Korrelian, der zurückhaltend eintrat.
„Was kann ich für Sie tun, Mr. Korrelian?“
„Ich“, der Junge stockte, „wollte fragen, ob ich…“ Er hielt inne und fummelte eine Karte aus seiner Brusttasche, die er Harry entgegenhielt, während er sagte: „Ob ich wohl um ein Autogramm bitten dürfte?“
Es schwang gleichermaßen Angst und Hoffnung in der Stimme des Schülers mit, so dass Harry nur freundlich lächeln konnte, bevor er fragte: „Was ist das?“
Enthusiastisch erklärte Linus: „Das sind die neuen Schokofroschkarten aus dem Spiel!“
„Ach ja, die sollten ja Oktober herauskommen. Wie die Zeit vergeht“, sagte Harry, als er die Karte in die Hand nahm. Er drehte die Karte um und überflog seine Eigenschaften. ’Zaubertränke: 70%? Moment, das waren doch vorher noch 90% gewesen!’, dachte sich Harry. „Was soll ich draufschreiben?“, fragte er den Schüler, der gleich darauf seine Wünsche preisgab.
„Danke, Professor Potter! Vielen Dank!“, sagte Linus begeistert, als er sich die Unterschrift seines Lehrers auf der Spielkarte anschaute. „Sagen Sie, würden Sie mir vielleicht einen Gefallen tun?“, fragte Linus unverhofft.
„Was könnte ich Ihnen schon für einen Gefallen erweisen?“, fragte Harry verdutzt, weshalb Linus ihm eine weitere Spielkarte vor die Nase hielt. ’Soll ich noch eine unterschreiben?’, fragte sich Harry in Gedanken, doch die Frage konnte er selbst verneinen, als er eine Karte von Severus in der Hand hielt.
„Würden Sie vielleicht Professor Snape fragen, ob er für mich unterschreiben könnte?“, fragte Linus kleinlaut.
„Oh nein“, winkte Harry höflich ab, „darum bitten Sie ihn doch lieber selbst.“ Er hörte Linus laut schlucken, so dass er anfügte: „Ich bin mir sicher, dass er Ihnen nicht den Kopf abreißen wird, es sei denn, Sie fragen ihn während des Unterrichts. Dann kann selbst ich nicht mehr dafür garantieren, aber Scherz beiseite, bitten Sie ihn persönlich und wenn er verärgert reagieren sollte, dann sagen Sie ihm ruhig, dass ich Sie dazu angestiftet habe.“ Linus nickte und nahm bereits auf seinem Stuhl Platz, um auf den Unterrichtsbeginn zu warten.
Nach seinem Unterrichtstag ordnete Severus einige Gläser mit Zutaten, die unachtsame Schüler falsch in die Regale eingeräumt hatten, als es plötzlich klopfte. Nach einem lauten „Herein“ trat Linus Korrelian ein und er schien sehr aufgeregt zu sein, was andererseits völlig normal war, wenn ein Schüler mit ihm reden wollte.
„Wie kann ich Ihnen behilflich sein, Mr. Korrelian?“, fragte Severus distanziert.
Schüchtern trat der Erstklässler an ihn heran, bevor er ihm etwas reichte und derweil fragte: „Ich wollte Sie um ein Autogramm bitten, Sir.“
Unerwarteter konnte das Anliegen des Schülers wirklich nicht sein, dachte Severus, der eine frisch gedruckte Karte mit seinem Bild in der zitternden Hand des Schülers erblickte, bevor er fragte: „Und warum wollen Sie die Karte mit Tinte beschmieren lassen?“
Sofort zog der Schüler die Spielkarte zurück und blickte zu Boden, bevor er mutig erklärte: „Ich sammle die Karten und wenn möglich auch die Autogramme der bekannten Zauberer und Hexen. Es ist nur ein Hobby von mir, Sir.“ Als sein Lehrer nichts erwiderte, sagte Linus entmutigt: „Tut mir Leid, wenn ich Sie damit belästigt habe, Professor Snape.“
„Geben Sie schon her!“, sagte Severus grantig, denn in seinem tiefsten Innern fühlte er sich von der Bitte dieses Schülers geehrt. Immerhin war Mr. Korrelian so mutig gewesen, überhaupt an ihn heranzutreten.
„Könnten Sie schreiben…“
„Auch noch Wünsche! Reicht eine simple Unterschrift etwa nicht aus?“, stichelte Severus und der Schüler gab letztendlich nach. Eine einfache Signatur genügte ihm.
Die unterzeichnete Spielkarte gab Severus an Linus zurück, der sich gleich darauf überschwänglich bedankte, indem er vor Freude strahlend sagte: „Danke, Sir. Vielen Dank! Ich habe am Montag gegen drei Gryffindors gewonnen, als ich Ihre Karte ausgespielt habe und…“
„Sehr schön, wenn Sie sich jetzt bitte aus dem Klassenraum entfernen würden?“, unterbrach Severus grob, doch das Lächeln auf dem Gesicht des Schülers verschwand trotz des harschen Tonfalls nicht.
Hermine und Remus waren an heutigen Tag mit Severus äußerst vorsichtig umgegangen, doch diese Übervorsicht schien unangemessen zu sein. Severus hatte die gestrige Unterhaltung und die angespannte Situation nicht mehr angesprochen. Harry suchte ohne Vorankündigung die drei auf und er lenkte das Gespräch auf den Schüler, dem er heute ein Autogramm gegeben hatte, weil er diese Neuigkeit unbedingt loswerden wollte.
Remus amüsierte sich darüber sehr und sagte scherzend eingeschnappt: „Mich hat noch keiner um ein Autogramm gebeten.“
„Kommt bestimmt noch“, versicherte Harry freundlich.
Hermine schlug plötzlich vor: „Wir könnten es doch mal zusammen spielen!“
Von dieser Idee war Harry völlig begeistert und er sagte in die Runde: „Ja, wir vier! Severus macht sicher mit oder?“
Severus schüttelte den Kopf und entgegnete: „Ich werde mit so einem albernen Spiel nicht meine Zeit vergeuden.“
Nörgelnd sagte Hermine zu Remus und Harry: „Aber wenn wir nur zu dritt sind, muss jeder für sich allein spielen. Es macht mehr Spaß, wenn man Spielerpaare bilden kann.“
„Dann suchen wir uns einen vierten Spieler“, schlug Harry sofort vor.
Hermine blickte zu Severus hinüber, der zwar etwas abseits stand, die Unterhaltung jedoch trotz vorgetäuschten Desinteresses verfolgte, so dass sie berechnend zu Harry sagte: „Dann werde ich wohl mit Sirius zusammen spielen müssen, wenn Severus nicht möchte.“
Wie erwartet kam der erhoffte Einspruch, als Severus fragte: „Für wann haben Sie denn einen Termin ins Auge gefasst?“
Im St. Mungos erwachte Lucius von allein und als er die Augen öffnete, sah er zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein paar schattige, konturenlose Umrisse. Rechts von ihm bemerkte er ein helleres Quadrat, welches das Fenster sein musste, an dem er so gern saß. Völlig begeistert von diesem kleinen Erfolg stürzte er sich auf Schwester Marie, die gerade ins Zimmer gekommen war und berichtete ihr: „Ich kann Schatten sehen! Endlich geht es voran und ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben.“
Hörbar freute sich Schwester Marie mit ihm und sagte: „Das freut mich wirklich, Mr. Malfoy.“ Sie wagte es, ihn kurz zu umarmen und er erhob keine Einwände, denn der Moment war zu erfreulich, um sie zurechtweisen zu wollen. Dann sagte sie gut gelaunt: „Ich werde Professor Puddle davon berichten. Vielleicht kann man jetzt schon mit dem Spendermaterial beginnen und diese qualvolle Zeitumkehrer-Behandlung hat für Sie endlich ein Ende!“
Nach einem kurzen Smalltalk fragte Lucius: „Ich habe schon lange nicht mehr deswegen gefragt, aber das Schicksal meines teilnahmslosen Zimmergenossen interessiert mich noch immer. Haben Sie bereits etwas herausbekommen können oder…“
Sie unterbrach ihn freundlich und erklärte: „Nein, immer noch das gleiche Problem. Keine Hinweise, keine Angehörigen und keine Genehmigung für Legilimentik. Er sagt nichts und reagiert auf nichts. Vielleicht bleibt das für immer so, aber wer weiß das schon?“
„Sie haben Mitleid mit ihm?“, fragte Lucius etwas erstaunt. Nachdem sie bejaht hatte, sagte er: „Aber Sie wissen doch überhaupt nichts von diesem Mann. Was, wenn er ein Mörder ist und schlimme Dinge getan hat?“
„Der schlimmste Mensch kann nach einem schweren Schicksalsschlag ein bemitleidenswertes Wesen werden, Mr. Malfoy. Ich werde Ihren Zimmergenossen jedenfalls nicht im Vorfeld als potenzielle Bestie abstempeln, nur weil es die klitzekleine Möglichkeit gäbe, dass er eventuell schlimme Dinge getan haben könnte. Eine Meinung kann ich mir immer noch bilden, wenn wir endlich Neuigkeiten über ihn hätten, aber ich werde ihn nicht einfach vorverurteilen“, erwiderte Marie gelassen, denn es war ihre tatsächliche Einstellung.
„Ich kann es gar nicht erwarten, ihn mit meinen eigenen Augen sehen zu können. Natürlich habe ich mir in Gedanken ein Bild aufgrund Ihrer Beschreibung gemacht und es interessiert mich brennend, wie sehr das Bild in meinem Kopf dank meines Vorstellungsvermögens mit dem Original übereinstimmt“, sagte Lucius voller Hoffnung. Er würde bald sehen können, was für ihn bedeutete, dass er seine Frau bald sehen würde.
„Schwester Marie, kommen Sie doch bitte mal ans Fenster“, bat Lucius und sie kam seiner Bitte nach. Als sie bei ihm war, nahm er sie an den Oberarmen und rückte sie in eine bestimmte Position, bis das Tageslicht auf sie fiel und er feststellte: „Sie sind kleiner als ich.“
Er musste ihre Silhouette erkennen, weshalb sie lächelnd bestätigte: „Ja, ungefähr einen Kopf kleiner, Mr. Malfoy.“
Sie beobachtete seine viel zu hellen, grauen Augen, die etwas zittrig, weil sie nichts fixieren konnten, über ihr Gesicht schweiften, bevor er sagte: „Sie haben dunkle Haare.“ Wieder bejahte sie seine Aussage, woraufhin er hinzufügte: „Und ich erkenne das helle Häubchen auf Ihrem Haupt.“ Er lächelte zufrieden, auch wenn er nur Grautöne sehen konnte, doch immerhin hatte sich ihre Haarfarbe von ihrer Gesichtsfarbe für ihn bereits deutlich unterschieden und auch die weiße Haube der Schwesterntracht hatte er aufgrund des farblichen Unterschieds erkennen können. „Ich danke Ihnen, Schwester Marie.“
Am Sonntag, zwei Tage nach dem Vollmond im Oktober, hatte Harry drei seiner Freunde zum Kartenspielen eingeladen. Remus war als Erster gekommen und sah reichlich mitgenommen aus, denn offensichtlich hatte er nach seiner Verwandlung wenig Schlaf finden können. Hermine war gleich im Anschluss eingetroffen und sagte, Severus würde in wenigen Minuten folgen, doch daraus wurde eine Stunde und er war noch immer nicht hier, weswegen Hermine sich dazu entschloss, ihn höchstpersönlich herzuschleifen. Sie öffnete die Tür und erschrak, als ihr Professor vor ihr stand.
Sie ahnte, dass er schon länger vor der Tür gestanden haben musste. Möglicherweise hatte er mit sich gekämpft, doch jetzt konnte er keinen Rückzieher mehr machen. Freundlich sagte sie zu ihm: „Schön, dass Sie da sind. Ich wollte Sie gerade holen. Kommen Sie doch rein, Severus.“
Er trat ein und wurde von Harry und Lupin gegrüßt und es ärgerte ihn jetzt schon, dass Lupin ihm gegenüber so überaus freundlich war und ihn sogar anlächelte. „Etwas zu trinken?“, fragte der Werwolf auch noch zuvorkommend. Bei jedem anderen hätte Severus sofort bejaht, doch nicht bei Lupin.
„Nein, danke“, winkte er ab, doch Hermine zog daraufhin nur die Augenbrauen zusammen.
„Natürlich wollen Sie einen Tee haben“, redete sie ihm ein.
Severus seufzte und sagte resignierend: „Bitte, wie Sie wollen. Dann schenken Sie mir eben gegen meinen Willen einen Tee ein, dann aber bitte einen…“
„Earl Grey, in der hinteren Kanne“, wies Hermine den Werwolf an, der ihm daraufhin einen Tee einschenkte.
Während Remus einschenkte, fragte er nebenbei: „Was denn, Severus, keinen Kaffee? Seit wann Tee?“
„Hermine hat mir zu Albus’ Erleichterung die Feinheiten verschiedener Teesorten nähergebracht und es waren einige annehmbare Geschmacksrichtungen darunter“, antwortete er trocken. Er war eigentlich ein geborener Kaffeetrinker und jeder wusste das.
Harry stöberte derweil in den Spielkarten und zog seine raus, um nochmals die Punkte in Zaubertränken zu überfliegen. Auch hier standen nur siebzig Prozent. „Die haben meine Punkte geändert. In Zaubertränken hatte ich in der ersten Version neunzig Prozent, aber jetzt sind es nur noch siebzig“, nörgelte Harry.
Severus nahm seine Tasse Tee entgegen und antwortete gelassen: „Das mag daran liegen, Harry, dass ich mit meiner Zustimmung für das Kartenspiel auch gleichzeitig meinen Missmut darüber ausgesprochen habe, dass die Angaben auf Ihrer Karte nicht mit der Realität übereinstimmen würden.“
Harry ließ den Mund offen stehen und blinzelte, bevor er nachfragte: „Sie haben denen gesagt, dass ich in Zaubertränken schlechter gewesen wäre?“
Grinsend erklärte Severus: "Ja, habe ich! Als Ihrem ehemaligen Zaubertränkelehrer hat man mir diese Information geglaubt."
Mit zusammengekniffenen Augen blickte Harry seinen dunkel gekleideten Kollegen an und sagte gespielt drohend: „Dafür mach ich Sie fertig!“ Als Severus überrascht aufblickte, grinste Harry, bevor er deutlicher wurde: „In dem Spiel.“
Während der ersten Runde, welche sie bereits eine halbe Stunde zusammen spielten, saßen Hermine und Severus nebeneinander und starrten sich gegenseitig in die Karten, um ihren nächsten Zug zu überdenken. Vorhin hatte Severus seinen Zauberstab aus dem linken Ärmel herausgenommen und ihn neben sich auf die Couch gelegt. Der Stab würde beim Spielen stören, weil er ständig wegen der Karten die Arme angewinkelt halten würde, hatte er erklärt.
Eine Weile lang diskutierte Hermine mit Severus und sagte: „Ich bin dafür, dass wir den Raum einfach sein lassen und uns erst einmal um die Sicherung der Brücke kümmern.“
„Die Brücke? Was wollen Sie denn da schon wieder?“, fragte er verdutzt, weil sie die Brücke vor drei Runden bereits passiert hatten.
„Wir könnten Sie vorübergehend zum Einsturz bringen, so dass keine weiteren Gegner ins Gebäude kommen und…“
Severus unterbrach sie und erklärte: „Die Brücke unbegehbar machen? Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Wir wissen ja nicht einmal, wie viele Gegner sich bereits auf diesem Grundstück befinden. Was, wenn wir uns selbst den Rückweg abschneiden und wir uns plötzlich mit zwanzig Feinden konfrontiert sehen?“
Hermine zeigte auf eine gläserne Kugel, die über dem Spielbrett schwebte und in welcher grüner Rauch waberte. Eine Ziffer zeichnete sich in dem Rauch ab, die – ähnlich wie ein Würfel – die erlaubte Zuganzahl anzeigte und sie sagte: „Wir dürfen nur zwei Karten ausspielen. Es wäre viel zu gefährlich für uns, mit nur zwei Personen den großen Saal zu stürmen! Wir sollten die nächste Runde abwarten; vielleicht dürfen wir dann mit mehr Karten spielen.“
„Was denn, Hermine? Sind Sie etwa nicht gewillt ein Risiko einzugehen? Der nächste Zug könnte uns den Sieg bringen!“, wollte er ihr klarmachen. Scherzend fügte er hinzu: „Wir könnten ja den Werwolf reinschicken, damit er etwas im Raum herumschnüffelt.“
„Und wenn er dabei draufgeht?“, fragte sie mit großen Augen und auch Remus wartete gespannt die Antwort ab.
„Wenn er sein Leben verlieren sollten, dann haben wir eben Pech gehabt“, erwiderte er schmunzelnd.
Vorgetäuscht erbost sagte Remus: „Hey, ihr redet da über mich!“
„Irrtum, Lupin, wir reden über eine Spielkarte, die zufällig Ihr Abbild trägt.“
Hermine ließ sich von Remus’ Einspruch nicht stören und sagte zu Severus: „Es ist immerhin unser persönliches Ziel, die gestohlenen Geheimrezepte von Bertie Bott zurückzuholen.“
„Ja, darüber bin ich mir im Klaren. Und wenn ich genauer darüber nachdenke, ist es ein ziemlich lächerliches Ziel, finden Sie nicht auch?“, fragte er belustigt.
„Aber es ist nun einmal der uns auferlegte Auftrag“, machte sie ihm klar.
Harry und Remus warteten geduldig auf ihrer Spielgegner, bis Harry der Kragen platzte und er sagte: „Jetzt macht aber mal langsam euren Zug!“
„Eile mit Weile, Harry“, sagte Severus, während er in seinen Karten vertieft war. „So ein Zug muss gut überlegt sein, wenn man gewinnen möchte.“
Nur einen Moment grübelte Severus, bevor er bierernst sagte: „Wenn es unser Ziel ist, dann werde ich die Rezepte von Mr. Bott natürlich mit meinem Leben verteidigen!“ Remus unterdrückte zunächst ein Lachen, konnte sich aber nicht zurückhalten und brach in Gelächter aus, so dass Severus mit schmieriger Stimme verbesserte: „Oder besser doch lieber mit Lupins Leben.“
Remus schaltete sich ein und sagte: „Das hier ist nur ein Spiel und es soll Spaß machen!“
Severus zog eine seiner Karten und nahm eine Karte aus Hermines Hand, bevor er beide auf das Spielbrett legte und grinsend sagte: „Gewinnen macht Spaß und ich denke, Hermine und ich werden jetzt einen guten Grund zur Freude haben.“
Das auf das Spielbrett gelegte Kartenpärchen bestand aus den beiden Karten, die Alastor und Remus abbildeten. Das Spielbrett reagierte und formte dreidimensionale Hologramme, die die drei Gegner, die sich jetzt erst im betretenen Raum offenbarten, ausschalteten, so dass Hologramm-Alastor den eroberten Raum mit einem wehenden Fähnchen einnehmen konnte, während Hologramm-Lupin die gestohlenen Rezepte einem Geheimfach entnahm.
Harry schnaufte und sagte gleich darauf: „Verdammt! Diesen Raum wollten wir uns erkämpfen! Jetzt dürfen wir nochmal zurückgehen.“
„Nein Harry, dürft ihr nicht, denn wir haben mit dem Zug gewonnen“, erklärte Hermine freudestrahlend. „Ich bin übrigens für eine weitere Runde“, fügte sie noch strahlend hinzu.
Bevor die Karten für die nächste Runde ausgegeben werden konnten, flog Hedwig ins Wohnzimmer und landete auf dem Tisch, beziehungsweise direkt auf dem Spielbrett vor Harry, der sofort reagierte und sagte: „Das ist eklig, Hedwig. Warum bringst du mir immer halbe Mäuse?“
„Vielleicht weiß sie, dass Sie keine ganzen schaffen?“, sagte Severus amüsiert und Remus musste wegen der Bemerkung lachen.
Hedwig ließ nicht nur die angefressene Maus aufs Spielbrett fallen, weswegen Harry erschrocken von der Couch aufsprang, um das Brett vor Blutstropfen zu bewahren, sondern der Vogel stieß auch noch beim Abheben zwei Teetassen um, so dass Harry aufgebracht und mit gezücktem Zauberstab um den Tisch herumwirbelte, um die Sauerei zu beseitigen.
Völlig aus der Puste wegen dieser zermürbenden Störung ließ sich Harry kurz neben Severus auf der Couch nieder. Kaum hatte er das Polster berührt, hörte man deutlich ein Knacken, weswegen jeder erschrocken innehielt. Severus’ Gesichtszüge entgleisten zunächst, bevor sich Zornesfurchen abzeichneten und er barsch zu Harry sagte: „Ich kann es nicht glauben, Sie… Stehen Sie sofort auf!“
Harry sprang von der Couch so abrupt auf als wäre sie ein Trampolin. Vorsichtshalber ging er drei Schritte zurück, während Severus fassungslos neben sich auf das Polster starrte.
„Was haben Sie, Severus?“, fragte Hermine. Sie sog erschrocken Luft ein, als er zwischen Daumen und Zeigefinger seinen Zauberstab hielt, der einmal in der Mitte gebrochen, aber nicht durchgebrochen war.
„Ich kann es einfach nicht glauben“, wiederholte Severus verdattert.
„Oh, das tut mir so Leid, Severus. Das wollte ich wirklich nicht. Ich habe ihn nicht gesehen, bevor ich mich gesetzt habe“, sagte Harry ehrlich. Severus blickte gebannt auf den Knick in seinem Zauberstab, so dass Harry noch anfügte: „Ich kaufe Ihnen einen neuen…“
Gereizt unterbrach Severus: „Natürlich werden Sie das, denn sonst würde ich das von Ihnen einklagen! Wissen Sie überhaupt, wie viele Gegner dieser Zauberstab überlebt hat? Er hat über hundert brenzlige Situationen überstanden und da kommen Sie mit Ihrem ungelenken Hinterteil und machen ihm einfach den Garaus!“
„Zeigen Sie mal“, bat Hermine, die ihm den gebrochenen Stab aus der Hand nahm und beäugte.
Severus hingegen kämpfte mit sich und wollte die Ruhe bewahren, was ihm anzumerken war. Mit falscher Vertrautheit in der Stimme bat er Harry: „Würden Sie sich mir bitte zwei, drei Schritte nähern?“
Harry kam bereits langsam auf ihn zu, während er fragte: „Warum?“
„Damit ich Ihnen meine Hände um den Hals legen kann!“, antwortete Severus bedrohlich leise, so dass Harry sofort wieder einige Schritte zurückging.
„Nun mal keine Panik“, sagte Hermine. „Mr. Ollivander kann den Stab vielleicht sogar noch reparieren. Er ist ja nicht entzwei. Möglicherweise ist der Kern noch intakt.“
„Und wenn nicht, Harry, dann zahlen Sie jeden Preis, den mein neuer Stab bei Ollivanders kosten wird!“, befahl er Harry, der daraufhin eingeschüchtert nickte.
Am nächsten Tag konnte Harry mit Severus erst nach dem Unterricht zu Mr. Ollivander gehen, weil der vor dem Unterrichtsbeginn noch nicht geöffnet hatte. Zusammen apparierten sie in die Winkelgasse, die jetzt im Vergleich zu den Zeiten kurz vor Schulbeginn wie leergefegt war. Nur vereinzelt waren Kunden zu sehen, die an den Schaufenstern entlangschlenderten.
„Ollivanders“ hatte geöffnet, aber der Laden war nicht besucht und vom Besitzer sah man weit und breit nichts, doch man hörte ihn in einem hinteren Teil des Ladens hantieren. Die Glocke an der Tür hatte die beiden Kunden angekündigt und aus dem tiefen Innern des staubigen Shops hörte man Mr. Ollivander rufen: „Bin gleich bei Ihnen!“ Harry nutzte die Zeit, um sich ein wenig umzusehen. Nachdem er seinen ersten Stab hier gekauft hatte, hatte er den Laden nicht noch einmal betreten, aber er stellte zu seinem Erstaunen fest, dass sich hier nichts verändert zu haben schien.
Stocksteif wartete Severus in der Mitte des Raumes und blickte starr in den Gang, aus welchem die Stimme von Mr. Ollivander zu hören gewesen war. Umso erstaunter war er, als der alte Zauberstabmacher aus einer ganz anderen Ecke auftauchte und grüßte: „Guten Tag, Mr. Potter. Schön, Sie wieder einmal in meinem Laden begrüßen zu dürfen.“ An Severus gerichtet sagte er: „Professor Snape, seien Sie gegrüßt. Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Wie lange…“
„Siebenunddreißig Jahre, Mr. Ollivander“, sagte Severus gewissenhaft.
In Gedanken versunken wiederholte Ollivander: „Siebenunddreißig Jahre.“ Er räusperte sich und stellte sich hinter seine Theke. „Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte der ältere Herr mit seinen strahlend blasssilbernen Augen.
Severus griff in die Innentasche seines Umhanges und zog einen länglichen, schmalen Karton heraus, den er erst auf den Tresen legte, bevor er ihn öffnete.
„Oh nein, wie ist das nur…?“ Mr. Ollivander konnte seinen Augen nicht trauen. „Das ist ein so trauriges Ende für diesen wunderbaren Zauberstab“, hauchte der Verkäufer mitfühlend.
„Wie genau das geschehen ist, da fragen Sie besser Mr. Potter, denn er trägt die uneingeschränkte Verantwortung für dieses Malheur“, sagte Severus verärgert, während er sich zu Harry umdrehte und ihm einen bösen Blick zuwarf.
„Ich hab es doch nicht mit Absicht…“ Er hielt inne und seufzte.
Die fachmännische Begutachtung des gebrochenen Zauberstabes durch den besten Zauberstabhersteller der magischen Welt dauerte etwa zwanzig Minuten und dann, endlich, gab Mr. Ollivander sein Urteil ab: „Tja, was soll ich sagen? Der Stab ist unbrauchbar und der Schaden nicht mehr magisch zu beheben.“
Severus machte ein trauriges Gesicht. Der Stab, auf den Harry sich versehentlich gesetzt hatte, war sein erster Zauberstab gewesen, den seine Mutter ihm sehr frühzeitig genau in diesem Laden gekauft hatte, weshalb er wehmütig seufzte.
„Das tut mir so Leid, Severus, wirklich“, sagte Harry ruhig. Gleich darauf fragte er: „Wie alt waren Sie gewesen, als Sie Ihren Zauberstab bekommen haben.“
Severus musste sich mit einer Antwort gar keine Mühe geben, denn Mr. Ollivander, der bereits einige Kisten mit Zauberstäben in einem Arm sammelte, während er an den Regalen vorbeiging, antwortete an seiner Stelle: „Oh, der kleine Severus muss gerade erst sechs geworden sein, nicht wahr?“ Severus nickte zustimmend, auch wenn ihm die verniedlichte Bezeichnung von Mr. Ollivander missfiel. Nachdem der ältere Herr die kleinen Kisten auf der Theke abgestellt hatte, schlug Mr. Ollivander zweimal auf die Oberfläche des Tresens und sagte zu Harry hinüberlächelnd: „Er konnte nicht einmal hier rüberschauen, so klein war er.“
„Wie Sie sehen, Mr. Ollivander, bin ich in der Zwischenzeit gewachsen und kann sehr wohl über Ihren Tresen schauen“, sagte Severus trocken, so dass Harry lachen musste. „Wenn Sie jetzt die Güte hätten, mir einen Stab zu empfehlen?“
Mr. Ollivander reichte Severus den ersten Stab, doch nach einem unvollendeten Wutschen lagen bereits die Gegenstände vom Tresen unten auf dem Boden. Der zweite Stab ließ sämtliche Gegenstände aus Glas fürchterlich laut summen, so dass man glauben musste, die Behälter und Fenster würden jeden Moment zerspringen. Der dritte Stab zauberte eine braune, stinkende Wolke herbei, weshalb sich Harry die Nase zuhalten musste und der vierte Zauberstab, den Severus probierte, ließ einen kleinen Wirbelsturm durch den Laden fegen.
Nach fünf weiteren Stäben, die alle ganz offensichtlich nicht zu Severus passten, gab Ollivander auf und sagte: „Ich möchte Sie bitten, etwas später nochmal wiederzukommen.“
„Wann ist ’später’?“, wollte Severus wissen.
„Etwas später halt! Vielleicht, wenn Sie etwas Farbe bekommen haben?“, sagte Mr. Ollivander scherzend mit einem Lächeln auf den Lippen.
Trotzdem Severus erbost war, den Laden ohne einen neuen Zauberstab verlassen zu müssen, verabschiedete er sich höflich von Mr. Ollivander und schritt, ohne Harry einen Blick zu schenken, aus dem Laden heraus. Harry folgte ihm sofort und lief hinter ihm her, bevor er nochmals sagte: „Das tut mir so Leid!“
„Es reicht! Noch eine Entschuldigung von Ihnen und ich werde mir den nächst besten Stab greifen, um Sie zu verhexen!“, entgegnete Severus gereizt.
Schnurstracks ging Severus auf den Pub „Zum Tropfenden Kessel“ zu, als er Harry sagen hörte: „Hier!“ Er hielt inne und blickte verdutzt auf Harry hinab, der ihm seinen Zauberstab entgegenhielt und sagte: „Nehmen Sie meinen, solange Sie keinen eigenen haben.“
Diese Geste schätzend, aber dennoch abwinkend sagte Severus: „Ich brauche für den Unterricht nicht zwingend einen Zauberstab, aber Sie! Sie benutzen ihn tagtäglich vor Ihren Schülern. Und außerdem kann das von Mr. Ollivander benutzte Wort ’später’ eine Zeitangabe von immensem Ausmaß bedeuten. Ich glaube nicht, dass Sie lange auf Ihren eigenen Zauberstab verzichten wollen würden. Ich werde mir wohl woanders einen Stab besorgen müssen.“
„Aber die von Mr. Ollivander sind doch die besten! Dann schauen wir einfach jede Woche mal bei ihm vorbei. Irgendwann wird sich schon ein Stab für Sie finden“, sagte Harry voller Hoffnung.
„Wie lange soll ich denn warten, bis ein Zauberstab von Ollivanders für mich der richtige wäre? Zwei Wochen? Sechs Monate? Vielleicht fünfzig Jahre? Er konnte ja nicht einmal sagen, was für einen Zeitraum er ungefähr mit ’später’ meinen könnte!“, sagte Severus verärgert, doch er war nicht mehr wegen Harry wütend.
„Mr. Ollivander hat doch gesagt, wann ’später’ sein könnte“, sagte Harry, worauf Severus ihn fragend anblickte. Den Zauberstabhersteller wiederholend sagte Harry: „Wenn Sie Farbe bekommen hätten, was immer er damit auch gemeint haben könnte.“
Während sie auf den Pub zugingen, hörte Harry gemurmelte Worte aus Severus’ Mund und einige verstand er sehr deutlich, denn Severus schimpfte still: „…alter Kauz… mit seinen kryptischen Aussagen… genau wie Albus… alte Spinner…“ Harry grinste still in sich hinein.
Zur gleichen Zeit im Zaubereiministerium besuchte Kingsley das Büro des Ministers. Nach der Unterredung mit Pablo Abello war Arthur völlig durch den Wind, doch Kingsley brauchte ihn, um noch den Squib und den Zauberer zu verhören, die an dem Brandanschlag auf das Hotel in Aberdeen verantwortlich zu machen waren.
„Arthur? Ich hoffe, du hast das, was Pablo gestern gesagt hat, gut verkraften können“, sagte Kingsley mit seiner besonnenen Stimme.
Der Minister seufzte, bevor er sich selbst schalt: „Mir hätte die Ähnlichkeit schon viel früher auffallen müssen. Er war ja schon zwei oder drei Mal bei uns zu Besuch gewesen, aber weder mir noch Molly…“ Wieder seufzte Arthur.
Kingsley erklärte gelassen: „Mr. Abello sieht Harry Potter zwar sehr ähnlich, aber diejenigen, die Harry so innig kennen wie wir, denen wird die Ähnlichkeit nicht sofort ins Auge stechen. Mach dir also keine Gedanken, Arthur, denn mir ist das auch erst aufgefallen, als du mich darauf aufmerksam gemacht hast. Vorher habe ich einfach nur gedacht, er wäre der ’Typ Harry’. Der ’Typ Mann’, den Ginny…“
Arthur hielt die Hände in die Höhe, so dass Kingsley mitten im Satz aufhörte. Kurz darauf fuhr Arthur sich mit einer Hand über das Gesicht, bevor er sagte: „Pablo… ähm, ich meine, Mr. Abello entspricht tatsächlich dem ’Typ Mann’, den Ginny bevorzugt. Sie hatte ja einmal gesagt, er wäre ’genau ihr Typ’, aber dass diese Leute ihn deshalb auf meine Tochter angesetzt haben, weil sie aus diesen dämlichen Klatsch-Artikel aus dem Tagespropheten wussten, dass sie und Harry…“ Arthur war so aufgeregt, dass er einen trockenen Mund bekommen hatte und er schlucken musste. „Wenn ich überlege, wann Pablo bereits in ihr Leben getreten war, dann läuft mir eine Gänsehaut den Rücken hinunter, Kingsley. Weihnachten letzten Jahres haben sich die beiden getrennt! Wir haben nun Oktober und wir haben erst jetzt herausbekommen, dass er dieser Gruppe angehört.“ Plötzlich bekam Arthur große Augen, bevor er aufgebracht sagte: „Bei Merlin, die wissen ja, wo wir wohnen! Wir müssen den Fuchsbau so schnell wie möglich verlassen. Ich werde Molly…“
Dieses Mal unterbrach Kingsley, der beruhigend sagte: „Arthur, überstürze nichts. Die wissen seit wann, wo du wohnst? Seit Juli letzten Jahres? Seit über einem Jahr ist denen dein Wohnort bekannt, aber bisher gab es keinen Überfall. Räume den Fuchsbau, aber bitte ohne Panik.“
Schwer atmend nickte Arthur, denn die Panik wollte weiterhin in ihm aufkommen.
Nachdem Arthur über den Kamin Molly Bescheid gegeben hatte, dass sie mit dem Packen beginnen sollte, sagte Kingsley: „Lass uns zu dem Squib gehen. Wir müssen ihn noch verhören!“
Arthur folgte Kingsley in eine der Verhörzellen, in welcher ein rundlicher Mann Mitte dreißig saß und ebenso an Händen und Füßen gefesselt war wie schon Pablo. Der Mann mit den lichten Haaren und den abstehenden Ohren blickte schuldbewusst auf. Man konnte ihm jetzt schon ansehen, dass er zum Reden bereit war, doch Kingsley konnte es nicht lassen, auch diesem Herrn zu erklären: „Sie wissen, warum wir hier sind! Wenn sich Zweifel auftun, dass Sie uns die Wahrheit sagen…“
Der Gefangene unterbrach und sagte mit zittriger Stimme: „Geben Sie mir ruhig Veritaserum. Ich sage aus!“ Leise fügte er hinzu: „Es ist sowieso alles aus dem Ruder gelaufen.“
Kingsley zog erstaunt beide Augenbrauen hoch, bevor er einen Tisch herbeizauberte, an dem Arthur und er dem Gefangenen direkt gegenüber Platz nahmen. In den Akten lesend fiel Kingsley sofort etwas auf und er fragte: „Sie sind Oliver Shunpike? Der ältere Bruder von Stan Shunpike?“
„Ja, Sir“, erwiderte der junge Mann.
„Stan ist damals von Minister Scrimgeour als Todesser verurteilt und – trotzdem er unschuldig war – nach Askaban geschickt worden, richtig?“, sagte Kingsley, der diese Erinnerung mit Absicht ins Gedächtnis von Oliver Shunpike bringen wollte. Der junge Mann nickte heftig und blickte auf die Tischplatte vor sich.
Eine magische Feder zückend und das Protokoll startend sagte Kingsley: „Dann mal los: Für das Protokoll nennen Sie uns bitte Ihren vollen Namen.“
„Oliver Shunpike“, antwortete er.
„Mr. Shunpike, am 27. September dieses Jahres sind Sie und ein weiterer Mann in Aberdeen vor einem Muggelhotel, auf welchem ein Brandanschlag verübt worden war, festgenommen worden, als Sie mit Ihrem Wagen fliehen wollten. In der Tasche in Ihrem Wagen hatte man zwei Kanister mit je einem Liter“, Kingsley las das ihm unbekannte Wort nochmals nach, „Benzin gefunden, darüber hinaus vier leere Glasflaschen und zurechtgerissenen Fetzen Leinengewebe. Wozu haben Sie diese Dinge benötigt?“
Oliver Shunpikes Unterlippe zitterte, doch er gab zu: „Ich und einige andere, die von Mr. Hopkins an der Nase herumgeführt worden waren, wollten ihm einen Denkzettel verpassen, den er so schnell nicht vergessen würde, aber die anderen haben kurz vorher einen Rückzieher gemacht. Wir wollten eigentlich sein Haus – das liegt ganz in der Nähe von diesem Hotel – auf gleiche Art und Weise zurichten, wie er es bei…“ Shunpike schluckte und blickte Kingsley an, bevor er an anderer Stelle weiter erklärte: „Wir haben kurzfristig erfahren, dass er die Veranstaltungsräume in dem Hotel für eine seiner ’Vereinssitzungen’ gemietet hatte, dieser Mistkerl. Wir wussten davon nichts; durften früher immer nur helfen und ihm Informationen beschaffen, aber er sieht in uns offensichtlich genauso einen Abschaum wie in denen, die wirklich zaubern können.“
Die Feder schrieb und schrieb und Arthur und Kingsley warteten geduldig, falls Shunpike noch etwas von sich aus hinzufügen wollte. Als die Feder auf neue Worte wartete, erklärte der Gefangene: „Hopkins hasst Zauberer und Hexen. Er sagt von sich, er wäre dazu berufen, alle zu vernichten. Durch Zufall hatte einer meiner Freunde von dieser Sekte erfahren, die Mr. Hopkins anführt. Wir“, Shunpike schluckte aufgeregt, „fanden das zu Anfang witzig, dass ein Muggel so über Hexen schimpft. Wir haben nur aus Spaß mal eine von seinen Veranstaltungen besucht; das muss ein Jahr vor Kriegsende gewesen sein. Wir haben dort erfahren, dass er nur eine vage Ahnung von der magischen Gesellschaft hat und dann sind wir ins Gespräch gekommen und…“ Oliver Shunpike verstummte.
Für einen Moment ließ Kingsley die Feder schreiben, bevor er fragte: „Haben Sie Mr. Hopkins konkret auf die magische Welt aufmerksam gemacht?“
„Ja“, Shunpike senkte seinen Blick, „wir haben ihm erzählt, dass die magische Gesellschaft uns Squibs wie Ausgestoßene behandelt. Ich habe ihm von meinem Bruder erzählt, den man einfach ohne eine richtige Verhandlung ins Gefängnis gesteckt hat. Er meinte, wir sollten uns das nicht gefallen lassen und zurückschlagen und dabei wollte er uns helfen. Wir haben ihm alles Mögliche erzählt, von Askaban, vom Ministerium, von Harry Potter und Voldemort. Ich habe ihm sogar den Tagespropheten abonniert. Hopkins meinte, wir sollten die wirklichen Verantwortlichen für Stans Askaban-Aufenthalt zur Rechenschaft ziehen und das waren die Todesser und deren Familien. Damit hat das alles angefangen und wir hatten auch gar nichts dagegen, diesen Leuten einen Denkzettel zu verpassen. Für uns war es zu Beginn nur Spaß.“ Shunpike schnaufte verachtend und die Verachtung schien ihm selbst zu gelten. „Wir haben böse Streiche gespielt; vielleicht auch mal wertvollen Besitz zerstört, bis Hopkins uns eines Tages vor vollendete Tatsachen gestellt hat, denn er hatte“, Stan atmete heftig ein und aus und fuhr sehr leise fort, „einen Squib umgebracht. Christian Rossier.“ In Stans Gesicht zeichnete sich Reue ab, bevor er leise hinzufügte: „Der hatte mit seinem Onkel überhaupt nichts zu tun; hatte ihn nie kennen gelernt, weil er aus seiner Familie verstoßen worden war wie so viele andere auch.“
Arthur war geschockt, doch Kingsley behielt die Ruhe und fragte: „Wie ging es weiter mit Mr. Hopkins und diesen Anschlägen?“
Oliver Shunpike erklärte: „Hopkins hatte gemeint, Rossiers Tod wäre ein bedauerlicher Unfall gewesen und wir haben ihm seine Geschichte anfangs geglaubt. Es hat uns trotzdem gereicht und wir haben Abstand gehalten, denn der Typ ist wirklich völlig wahnsinnig. Hopkins hatte seinen Feldzug gegen die magische Welt ohne uns fortgesetzt, soweit es ihm möglich war, denn von uns hat er keine Informationen mehr erhalten. Bis auf zwei Squibs haben wir ihm einfach den Rücken zugewandt, aber wir konnten seine Machenschaften weiterverfolgen; es stand ja immer etwas über seltsame Todesfälle im Tagespropheten und die trugen alle seine Handschrift. Wir haben uns schuldig gefühlt, weil wir ihn an die Zaubererwelt herangeführt hatten. Wir wollten nicht mehr mit ihm in Zusammenhang gebracht werden. Im Gegenteil: wir wollten ihn aufhalten!“
„Sie reden immer von ’wir’. Wer sind ’wir’ und wie viele sind Sie?“, fragte Kingsley.
„’Wir’, das sind ich, mein Freund Michael Filgrim, den Sie auch festgenommen haben und dann noch vier Freunde, die aber nichts mit Hopkins oder Aberdeen zu tun hatten, das schwöre ich! Die waren nur mit uns auf der ersten Veranstaltung, aber der Mann war ihnen von Anfang an nicht geheuer.“ Oliver blickte reumütig auf und erzählte: „Die beiden, die noch mit Hopkins zusammenarbeiten, sind die Brüder Alex und Arnold Roth – beide Squibs, die in der Muggelwelt leben, seit sie von ihrer Familie enterbt und aus dem Haus geworfen worden waren. Alex und Arnold sind so verbittert; die haben einen fanatischen Hass auf alle Reinblüter – eigentlich sogar auf jeden, der zaubern kann. Ich habe in einer Zeitung gelesen, dass eine ganze Reinblüter-Familie in ihrem eigenen Haus verbrannt war und ich war mir damals schon sicher, dass dieser Mord auf das Konto von Hopkins, Alex und Arnold geht.“
„Alex und Arnold sind also ausgestoßene Squibs, die in der Muggelwelt leben?“, fragte Kingsley. Nachdem Shunpike bestätigt hatte, fragte Kingsley: „Arbeiten die beiden auch in der Muggelwelt?“
„Ja, Sir. Alex ist Angestellter in einem Fastfood-Restaurant und Arnold arbeitet als Snackverkäufer in einem Kino“, erwiderte Shunpike.
Kingsley ahnte, was der Askaban-Aufenthalt von Stan Shunpike angerichtet haben könnte und fragte daher ehrlich interessiert: „Wie geht es Ihrem Bruder jetzt eigentlich?“
Verdutzt blickte Oliver auf, weil dieses Thema schwerlich mit dem Überfall in Aberdeen zu tun hatte, doch er antwortete niedergeschlagen: „Er lebt so vor sich hin.“ Weil Kingsley ihn anblickte und auf weitere Informationen wartete, fügte er hinzu: „Man gibt ihm keinen Job mehr, weil in seiner Akte natürlich steht, dass er eingesessen hat. Nicht einmal als Schaffner wollte man ihn zurückhaben.“ Er schluckte einmal verlegen, bevor er flüsternd offenbarte: „Er trinkt.“
Die Verbitterung war leicht herauszuhören, doch Kingsley wollte es genau wissen: „War das Schicksal Ihres Bruders die antreibende Kraft für die Unterstützung eines Kriminellen?“ Shunpike nickte.
Diesmal lenkte Arthur das Gespräch wieder auf die beiden Squibs Alex und Arnold, die Hopkins immer noch unterstützen würden.
„Wissen Sie vielleicht, ob die Brüder jemals etwas getan haben, das man ihnen in der Muggelwelt zur Last legen könnte?“, wollte Arthur wissen, denn vom anderen Minister wusste er, dass man Menschen, die man aus dem Verkehr ziehen wollte, zu diesem Zweck auch wegen kleinerer Taten anklagen konnte. Der Mörder Al Capone war letztendlich zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden und das lediglich aufgrund von Steuerhinterziehung und Geldwäsche, wie Arthur aus Muggelbüchern wusste.
„Ich weiß nicht genau… Habe gehört, Arnold dealt ab und zu mal“, erklärte Shunpike.
„’Dealt’?“, fragte Kingsley nach.
„Na, Sie wissen schon. Er verkauft Medikamente ohne Rezept und Drogen“, zählte Shunpike auf, „aber ich weiß es nicht genau. Habe nie so ein Zeug bei ihm gesehen; ich habe das von anderen gehört.“
Die Feder notierte alles und Arthur freute sich jetzt schon darauf, dem anderen Minister davon berichten zu können, denn der könnte diesen Mann sicherlich aus dem Verkehr ziehen.
„Wie ist es zu dem Brand in dem Hotel in Aberdeen gekommen?“, fragte Kingsley nach einem Moment sehr distanziert klingend, obwohl ihn diese ganzen Informationen innerlich aufwühlten.
„Wir, also Michael und ich, wollten eigentlich Hopkins Haus ein wenig unter Beschuss nehmen. Durch Zufall haben wir erfahren, dass er in diesem Hotel eine kleine Versammlung abhält und Michael meinte, wir sollten ihn aufsuchen und ihn zur Rede stellen.“
„Mr. Filgrim, Michael, ist kein Squib, sondern ein Zauberer, richtig?“, fragte Kingsley.
„Ja, aber glauben Sie mir, er hat Hopkins nie irgendwas gesagt. Michael hat sich eher um mich Sorgen gemacht, weil ich mit so einem Muggel Umgang hatte. Deswegen hat er mich manchmal begleitet, wenn ich mich mit Hopkins getroffen habe.“
„Das kann Mr. Filgrim uns selbst erzählen. Weiter mit Ihnen und dem Hotel“, forderte Kingsley und Shunpike parierte.
„Michael und ich haben Hopkins in dem Hotel aufgesucht, was für den natürlich völlig überraschend gekommen war. Ich glaube sogar, Hopkins hatte Angst vor uns. Er hat uns nämlich rauswerfen lassen wollen. Michael ist dann durchgedreht, weil Hopkins uns nicht einmal zuhören wollte. Er hat dann eine Flasche aus seiner Jackentasche gezogen und den Stoff mit seinem Zauberstab entzündet. Ich habe wirklich nicht gewusst, dass er eine mit dabei gehabt hatte, sonst hätte ich ihm die weggenommen. Wir wollten ja eigentlich nur Hopkins’ Haus…“ Shunpike seufzte, bevor er betroffen sagte: „Die Situation ist so verfahren gewesen. Michael hat gesagt, dass man Hopkins das Handwerk legen müsste und dass es ihm sogar egal wäre, ob er dabei selbst das Leben verlieren würde oder nicht. Hopkins ist ein Irrer und Michael wollte ihm auf die Art Schaden zufügen, die Hopkins selbst immer bei anderen angewendet hatte; mit Feuer. Ich konnte Michael nicht aufhalten; er war wegen Hopkins völlig außer sich.“
Nachdem man Shunpike ein Glas Wasser gestattet hatte, fragte Kingsley: „Sagen Sie, warum haben Sie sich mit diesen Informationen nicht ans Zaubereiministerium gewandt?“
Shunpike lachte ungläubig auf und erwiderte: „Uns hätte man doch ohne Umschweife nach Askaban geschickt oder etwa nicht?“ Sein Lächeln verblasse und etwas ruhiger fuhr er fort: „Wir wollten nie, dass jemand stirbt; wirklich nicht. Einen Denkzettel verpassen: ja! Wertvollen Besitz zerstören wie protzige Häuser und antike Sammlungen und so weiter, aber jemanden im Schlaf umbringen…?“ Oliver atmete zitterte aus, bevor er leise wiedergab: „Jemanden bei lebendigem Leib verbrennen, das war uns zu viel der Rache.“ Er seufzte, schüttelte den Kopf und schloss die Augen. „Wir konnten ihn nicht aufhalten. Wir haben immer wieder davon gehört, dass Hopkins auch Reinblüter entführt haben soll, um weitere Informationen zu bekommen, weil er von uns nämlich nichts mehr über die Zauberergesellschaft erfahren hatte. Alex und Arnold waren ihm da keine große Hilfe; die haben ja mit der magischen Welt wirklich gar nichts am Hut und sie kennen sich da kaum aus. Ich bin mir sicher, dass Hopkins sich der beiden auch sofort entledigen würde, allein weil deren Eltern Hexe und Zauberer sind, aber er lässt sie am Leben, weil Alex und Arnold nämlich als Einzige von Hopkins’ Männern die magisch verborgenen Orte sehen können.“
Oliver Shunpike atmete heftig und sah Arthur direkt in die Augen, bevor er leise offenbarte: „Mr. Weasley, die wissen, wo Hogwarts liegt!“
Three Characters in Search of an Exit - eine Satire mit Harry, Hermine und Severus
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O.o. Muggelchen, sehr, sehr spannend das ganze. :) Sie wissen, wo Hogwarts liegt?? das gefällt mir überhaupt nicht. xDD Mal wieder ein sehr schönes Kapitel und ich freue mich jetzt schon auf ein Fortsetzung...:)
Liebe Grüße
Caro :)
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"Sonst noch was?"
"Meinen Namen hast du auch genannt.",
"Oft?"
"Wie oft genau ist >oft<?"
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- Flubberwurm
- Beiträge: 34
- Registriert: 16.12.2008 00:11
Hallo Muggelchen,
ja wie schon erwähnt, wieder ein spannendes Kapitel.
Ich bin gespannt, was es mit Severus Zauberstab aufsich hat und ob es in Hogwarts einen Kampf geben wird. Obwohl ich ja glaube, dass eine "Muggelarmee" in Hogwarts keine Chance hat.
Ich freue mich schon auf dein nächstes Update. Liebe Grüsse
ja wie schon erwähnt, wieder ein spannendes Kapitel.
Ich bin gespannt, was es mit Severus Zauberstab aufsich hat und ob es in Hogwarts einen Kampf geben wird. Obwohl ich ja glaube, dass eine "Muggelarmee" in Hogwarts keine Chance hat.
Ich freue mich schon auf dein nächstes Update. Liebe Grüsse