Inkognito (OS)

Hier könnt ihr eure Fanfictions und Gedichte zu Harry und seiner Welt vorstellen.

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John Xisor
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Inkognito (OS)

Beitrag von John Xisor »

Inhaltsangabe:

Bei einem Kreuzworträtsel hat Harry zwei Tage Ferien auf einem Bauernhof gewonnen. Er will die Reise unbedingt antreten, doch es gibt ein Problem: Niemand darf ihn erkennen. Mit Hermines Hilfe reist er inkognito. Seine Tarnung täuscht aber nicht jeden.












Wenn Hermine die Lippen zusammenpresste, dann gefiel ihr etwas nicht. Ron verfolgte das Gespräch der beiden mit genau derselben Aufmerksamkeit, die er auch den Hähnchenschenkeln vor sich widmete.


„Also, machst du’s?“, fragte Harry sie.

„Das ist viel zu gefährlich.“
„Ach komm, was ist an einem Besuch auf einem Bauernhof gefährlich? Was kann da schon passieren?“


Eine Menge übler Dinge fielen ihr ein. Todesser könnten davon erfahren und den Landwirtschaftsbetrieb in Schutt und Asche legen. Schlimmer noch: Malfoy könnte davon Wind bekommen und sich als dummer Bauerntölpel maskieren, um Harry hinterlistig anzugreifen. Der Tagesprophet könnte …


„Hermine?“ Harry unterbrach ihre Gedankengänge.

Sie wollte kein Risiko eingehen und wandte sich an ihren Freund: „Ron, was sagst du dazu?“

Mit vollem Mund antwortete er: „Lasch’n geh’n, enner unmeningt will.“

„Siehst du“, Harry zeigte auf Ron, „er ist auch dafür.“

„Ich hab überhaupt nichts verstanden.“ Hermine seufzte. „Und du bist dir absolut sicher, dass dich niemand mit diesem Gewinn in eine Falle locken will?“

„Ich bin sicher.“ Er war gewillt, die öde Bahnfahrt nach Hogwarts zu schildern. „Das Heft habe ich mir im Zug gekauft. Als Ron geschlafen hat, habe ich vor lauter Langeweile dieses Öko-Kreuzworträtsel gemacht. Die Lösung habe ich aus der Schule heraus per Eule eingeschickt. Als Absender habe ich den Namen Harold Clay angegeben, als Adresse die von Rosmerta. Beim ersten Hogsmeade-Wochenende habe ich ihr erzählt, was ich gemacht habe.“ Harry atmete tief durch. „Wer hätte geahnt, dass ich gewinne? Ich habe noch nie etwas gewonnen, ich war noch nie auf einem Bauernhof. Ich möchte meinen Gewinn antreten, Hermine. Dafür brauche ich dich. Ich weiß nämlich nicht, wie ich mein Äußeres so verändern kann, dass ich nicht mehr wie ich aussehe.“

Sie war sich uneins. „Ich weiß nicht.“

Harry musste zu anderen Mittel greifen. Er legte seinen treuen Hundeblick auf. „Bitte!“

Endlich hatte er ihr Mitleid erregt. „Von mir aus. Ich werde dich mit einem Zerrzauber verändern.“


Ihr Versprechen hielt Hermine. Sie belegte ihn mit einem Zauberspruch, der sein Haar hellbraun färbte, sein Gesicht schmaler machte und ihn optisch in die Länge zog.


„Krass!“, kommentierte Ron das Ergebnis. „Mensch, jetzt siehst du aus wie …“ Ron musterte ihn. Ein Beispiel wollte ihm nicht einfallen. „Auf jeden Fall nicht mehr wie Harry.“

„Das war mein Ziel. Danke, Hermine!“

„Dann viel Spaß, Harr… Ich meine, Harold Clay.“


Die Vorfreude war groß, die Reisezeit kurz.


Harry kam am späten Nachmittag am Bahnhof eines schottischen Dörfchens an, das so klein war, dass es auf keiner Karte verzeichnet war. Sonst stieg niemand aus. Umso verlorener wirkte der schlaksige Herr mit den roten Hosenträgern, der ein Stück Pappe mit dem Namen Harold Clay hochhielt. Harry schulterte seinen Rucksack und ging auf den Mann zu.


„Sie müssen Mr. Clay sein.“

Demonstrativ blickte sich Harry auf dem verlassenen Bahnhof um. „Das wird wohl so sein.“

„Willkommen in unserer schönen Stadt. Mein Name ist Matt.“ Der Handschlag des vielleicht Zwanzigjährigen war kräftig, das Gesicht freundlich.


Matt begleitete Harry bis vor den Bahnhof, wo eine edle Kutsche mit zwei Schimmeln wartete.


„Wir fahren damit zum Bauernhof?“, fragte Harry begeistert.

„Klar.“

„Warum apparieren wir nicht einfach?“

„Weil die Pferde Bewegung brauchen.“

Bevor er einstieg, betrachtete Harry das schwarz glänzende Gefährt. „Sieht klasse aus.“

Matt reichte ihm eine Hand und half ihm auf. „War mal ’ne Postkutsche, gehört jetzt unserem Bestatter, weil so viel Platz ist. Keine Angst, hinten is’ nichts drin.“


Harry schaute über die Schulter und sah durch eines der Fenster in den Raum der Kutsche, in der normalerweise Särge transportiert wurden. Die blühende Landschaft um ihn herum lenkte ihn von dem morbiden Gedanken ab, mit dem Arbeitsvehikel eines Bestatters durch die Gegend zu fahren.


Nach einer halben Stunde, die Matt für einige Anekdoten nutzte, die Harrys Vorfreude auf den Hof nur noch vergrößerten, kam eine große Weide ins Blickfeld. Ein paar Pferde trabten auf gleicher Höhe mit der Kutsche am Zaun entlang. Matt erklärte, die Pferde gehörten zum Bauernhof.


Das Gut kam langsam in Sicht.


„Das da hinten isses“, sagte Matt. „Befindet sich seit 250 Jahren in Familienbesitz.“

Beinahe hätte Harry erwidert, dass man das sehen würde. „Sieht hübsch aus.“

„Wir müsst’n ’n bisschen was machen. Das Hauptgebäude ist gut in Schuss, aber der Rest …“ Matt verzog den Mund.


Die Familie nahm ihn herzlich auf. Sie erinnerten in ihrer Freundlichkeit und Einfachheit sehr an die Weasleys. Was kaum vorstellbar war: Sie hatten mehr Kinder! Matt war, wie es sich herausstellte, der Viertälteste von insgesamt elf. Die Namen konnte Harry nicht alle behalten, nur der der Bäuerin blieb ihm sofort im Gedächtnis. Sie hieß Holly. Man bot sich gleich das Du an.


Harrys Zimmer war rustikal, aber gemütlich. Er machte sich frisch und genoss im Anschluss das deftige Abendessen mit der gesamten Familie. Danach zogen sich alle, bis auf Holly und Matt, in ihre Zimmer zurück.


„Die anderen müssen morgen wieder früh raus und arbeiten“, sagte Holly. „Aber Matt ist für dich da und wird dafür sorgen, dass dein Aufenthalt schön wird.“

Es war nicht einmal 19 Uhr und man ging hier schon schlafen. „Wann steht man hier denn normalerweise auf?“

Holly lächelte. „Ich schon um 4 Uhr. Muss ja das Frühstück für alle machen, das Brot frisch backen.“


Zurück in der Küche blieben Harry und Matt. Eine unangenehme Stille breitete sich aus, die Harry überbrücken wollte.


„Was kann man hier so machen?“ Zum Schlafengehen war es Harry zu früh.

„Nicht viel. Im Dorf hat nur noch die Kneipe auf.“

Ein Pub-Besuch war auch nicht nach Harrys Geschmack. „Und sonst?“

Matt zuckte mit den Schultern. „Morgen gibt’s ’n bissl Abwechslung. Der Bürgermeister hat ein Event organisiert.“ Den Begriff Event sprach Matt wie ein Fremdwort aus, das nicht zu seinem alltäglichen Wortschatz gehörte.

„Mir zu Ehren?“

Matt nickte. „Sogar die Presse wird da sein.“

Nein, bitte nicht, dachte Harry. „Man muss wegen mir wirklich nicht so einen Aufwand betreiben.“

„Doch!“, widersprach Matt. „So’n großes Ereignis muss doch gefeiert werden. Der Petern nebenan hat mal ein Designer-Bett gewonnen. Das gab gleich ein Dorffest!“


Harry fasste den Entschluss, die Gegend alleine zu erkunden. Matts Hinweis, nicht die Weide des Bullen zu betreten, nahm er sich zu Herzen, aber die Pferde wollte er sich ansehen, auch die Kühe. Die einzigen Tiere, die Harry in seiner Kindheit je von Nahem gesehen hatte, waren Mrs. Figgs Knieselmischlinge und die fette sabbernde Bulldogge von Tante Magda. Kühe kannte er nur fertig abgepackt aus der Fleischtheke, und Pferde von der Reitshow, zu der ihn seine Verwandten nicht mitgenommen haben – aber das Prospekt hat er sich mehrmals angesehen.


Als Harry an der Koppel der Pferde stand, einen der vertrauensvollen Füchse sogar streichelte, fiel ihm eine alte getigerte Katze auf. Sie saß auf dem Zaun und leckte sich die Pfote. Harry bemerkte, dass das Samtpfötchen immer wieder zu ihm schaute. Das Tier kam ihm bekannt vor. Als der Fuchs zurück zu seinen Artgenossen galoppierte, beobachtete Harry die Katze. Ohne Vorwarnung apparierte er zu dem Zaun hinüber. Vor Schreck fiel die Katze hinunter, landete aber auf allen Vieren. Harry war sich sicher.


„Das geschieht Ihnen Recht, Professor McGonagall.“

Die Katze verwandelte sich in besagte Professorin, die sich eine Hand auf die Brust legte. „Musste das sein?“

„Das frage ich Sie. Warum?“

„Professor Dumbledore hielt es für eine gute Idee, dich im Auge zu behalten, bevor noch jemand auf dich aufmerksam wird.“

„Wenn man mich beschattet, wird das Aufmerksamkeit erregen. Ich bin nur noch morgen hier. Die Leute sind nett. Das ist eine ruhige Gegend. Ein Todesser würde hier so sehr auffallen wie Snape am Strand.“

„Professor Snape“, verbesserte McGonagall.

Harry seufzte. „Ich habe Ferien. Sagen Sie dem Direktor bitte, ich kann noch einen Tag auf mich alleine aufpassen. Ich bin inkognito hier.“


McGonagall nickte, wünschte einen schönen Aufenthalt und verschwand.


Nach diesem Vorfall schlief Harry schlecht.


Gegen vier Uhr wachte er auf. In der Küche traf er auf Holly, die gerade einen Teig knetete.


„Harold, guten Morgen. Sag mal, könntest du mir einen Gefallen tun?“ Harry nickte. „Geh doch bitte in den Hühnerstall und hole die Eier rein.“

„Und die Hühner geben sie mir einfach so?“

„Wenn du dich langsam bewegst, dürfte keines picken.“


Bewaffnet mit einem Metalleimer, den er zur Not als Schutzschild verwenden konnte, ging Harry zum Hühnerstall. Er traute seinen Augen kaum. Der Hahn schlief noch. Sie Sonne war noch nicht aufgegangen. Als Harry das Tor öffnete, weckte er den Gockel. Die Hühner trippelten nacheinander ins Freie und Harry hatte uneingeschränkten Zugriff auf deren Eier.


Zurück in der Küche musterte Holly die Eier und lächelte. Einige nahm sie heraus, andere ließ sie im Eimer.


„Und die kannst du zurückbringen. Das sind die Eier aus Gips, damit die Hühner was zum Brüten haben.“


Gips? Die fühlten sich an wie echte Eier. Wieder was dazugelernt, dachte Harry.


Nach dem Frühstück nahm Harry das erste Mal auf dem Rücken eines Pferdes Platz. Der schwarze Hengst war geduldig. Es ritt sich ähnlich wie auf einem Thestral. Am Ende tat ihm der Hintern auch genauso weh. Trotzdem war der Ausritt ein Erlebnis gewesen. Er tätschelte den Hengst am Hals und murmelte: „Braver Junge.“


„So“, Harry stemmte die Hände in die Hüften, „was für eine Überraschung hat der Bürgermeister? Ein Schweinerennen?“

Harry meinte es als Scherz, aber Matt antwortete ernsthaft: „Nö, das war letzten Monat. ’s muss aber schon alles vorbereitet sein. Woll’n wir?“

„Klar.“


Beschwingt folgte Harry dem Bauernsohn. Von Weitem konnte er bereits die Menschenmenge sehen.


Auf dem Weg zur Weide sagte Matt: „Hätt’ ja nich’ gedacht, dass du mitkommst. Vattern meinte, das wäre nichts für’n Stadtkind.“


Harry lachte. Vorn am Zaun machten die anderen für den Ehrengast Platz. Harry erhielt freien Blick auf das Gras, auf dem wie auf einem Schachbrett Quadrate aufgemalt waren. Hier und da stand eine weidende Kuh.


Durch die runde Brille blinzelte Harry. „Und was wird das?“

„Du kannst Wetten abschließen.“

„Gern, aber worauf?“ Bestimmt ein Kuhrennen.

Matt zeigte auf die weißen Rechtecke. „Zahlen und Buchstaben. Du kannst dir Quadrate aussuchen und drauf wetten, wo der Fladen zuerst landet.“

Harrys Augenbrauen grüßten den Haaransatz. „Ihr wettet darauf, wo die Kühe als Erstes hinschei…“, er verbesserte, „ihre Notdurft verrichten?“

„Auf was denn sonst? Welches Feld nimmst du?“


Der Bürgermeister gesellte sich zu den beiden.


„Ah, der Gewinner: Harold Clay. Meine Damen und Herren“, der Bürgermeister wartete, bis die Menge zuhörte. „Begrüßen wir Harold Clay, denjenigen, der die richtige Lösung eingeschickt hat, die da lautete …“

Harry war an der Reihe. Was war nochmal die Lösung? „Ähm, ‚ökologischer Gemüsehimmel‘?“

„Richtig!“

Schwein gehabt, dachte Harry. Von irgendwo blitzte es.

Der Bürgermeister zeigte auf einen vielleicht zehnjährigen Jungen und stellte vor: „Das ist die Presse. Ein Artikel für die hiesige Schülerzeitung. Das wird die Schlagzeile.“


Harry musste lächeln. Der Junge erinnerte ihn an Colin.


„Sie als Ehrengast müssen wetten, Harold. Sie können sogar was gewinnen.“

„Schon wieder?“ Bei all der frischen Milch, dem Käse und der Wurst musste Harry unweigerlich an eine Buchstaben-/Zahlenkombination denken. „Ich nehmen B12.“ Das dazugehörige Vitamin.


Die Wette war angenommen. Jetzt hieß es: warten. Langweilig wurde es aber nicht, denn es wurde gegrillt und getanzt. Irgendjemand drückte Harry eine Flasche Bier in die Hand, eisgekühlt. Harry konnte es nicht glauben, aber er hatte seinen Spaß.


Als sich zwanzig Minuten später die schwarzweiße Milchkuh namens Bella – Harry bekam einen heftigen Lachanfall – dem Feld B12 näherte und den Schwanz hob, grölten alle Dörfler. Harry am lautesten. Der Fladen landete zielsicher in seinem Siegerfeld.


„Anfängerglück“, sagte Matt, als er Harry gratulierte.

„Was hab ich gewonnen?“

„Ich zeig’s dir.“


Es war ein Fresskorb, reichlich gepackt mit ökologisch hergestellten Fleisch- und Milchprodukten. Davon würde er noch Wochen zehren.


Bei Harry klang der Tag langsam aus. Bald würde er abreisen, und er bedauerte es.


Zwischenzeitlich erstattete jemand Professor Dumbledore Bericht.


„Es war völlig unnötig, mich dort hinzuschicken. Dem Bengel geht es gut, wie Minerva schon sagte.“

„Na, na, Severus. Nicht so grantig. Wie nahe bist du an Harry herangekommen?“

„Zu nahe.“

„Wie nahe?“, stocherte Dumbledore nach.

„Wenn du es unbedingt wissen musst: Er ist auf mir geritten.“ Weil der Direktor grinste, drohte Severus: „Und kein Wort zu irgendjemandem!“

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