Oneshot: Final Goodbye
Verfasst: 19.09.2008 18:50
Ich habe "The Final Goodbye" von Rihanna gehört, immer und immer wieder, und irgendwie... Ja. Irgendwas ist da mit mir durchgegangen...
Final Goodbye
Müde. Sie war müde. Mit trüben Augen blickte Ginny in den Sonnenuntergang und strich sich ihr mittlerweile weißes Haar aus dem Gesicht. Lily, ihre geliebte Tochter, hatte oft versucht, sie zu überreden, es zu schneiden, doch Ginny hatte jedes Mal vehement abgelehnt. So fiel ihr nun ein schlohweißer Zopf über den Rücken und einige entflohene Strähnen ins Gesicht. So oft hatte sie hier schon gestanden und in die untergehende Sonne geblickt. Das erste Mal mit Harry an ihrer Seite, als sie noch keine Zwanzig gewesen waren. Einige Jahre später mit ihren Kindern, und wieder Jahre später mit ihren Enkelkindern. Und nun, da sie fünfundneunzig Jahre zählte, stand sie wieder hier, zum siebenundsiebzigsten Mal seit ihrem achtzehnten Lebensjahr. Sechsundsiebzig Mal war sie hier heraufgekommen. Nun, da sie den siebenundsiebzigsten Anstieg geschafft hatte, fühlte sie, wie eine bisher nicht gekannte Ruhe ihren alten Körper durchströmte. Die Klippe, auf der sie stand, als hätte die Natur sie dorthin geschaffen, erhob sich etwa hundertundfünfzig Meter über dem Tosen des Meeres. Unten donnerten die Wellen gegen die Klippen, doch hier oben war es friedlich und ruhig. Der Wind strich sanft über Ginny Gesicht. Ihre Haare schienen sich gegen das Zopfgummi zu wehren, also zog sie es hinaus. Ein hüftlanger Schleier aus weißem, geisterähnlichem Haar, das einmal rot gewesen war, ließ ihr Gesicht noch friedlicher erscheinen.
Sie spürte, dass jemand hinter sie trat und einen Arm um sie legte.
„Harry?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, doch er antwortete: „Ja.“
Sie lächelte. „Wo ist Sue?“ Sue war Lilys jüngste Tochter, gerade einmal drei Jahre alt.
„Bei ihrer Mutter. Und du? Genießt du den letzten Tag, den wir hier verbringen werden?“
„Ja. Es ist wunderschön hier oben. Seit siebenundsiebzig Jahren schon.“
„Erinnerst du dich noch, als wir zum ersten Mal hier standen?“ Erinnerst du dich noch – eine Frage, die immer und immer wieder gestellt wurde. Erinnerst du dich noch an Molly? Erinnerst du dich noch an den Kampf um Hogwarts? Erinnerst du dich noch an unseren ersten Kuss? Erinnerst du dich noch an Voldemort? Erinnerst du dich noch an den Unterricht? Erinnerst du dich noch an die Kammer des Schreckens? Erinnerst du dich noch, erinnerst du dich noch, erinnerst du dich noch?
Und sie sagte: „Ja.“
„Ich hätte es wissen müssen. Gibt es irgendetwas, an das du dich nicht erinnerst?“, lächelte Harry und die beiden drehten sich um, um zurück zum Zelt zu gehen.
„Ja. Ich erinnere mich nicht, die Fotografen da eingeladen zu haben, Harry“, sagte Ginny und deutete mit einem knochigen Finger auf eine Menschenmenge, die sich schnell auf sie zubewegte. Kameras blitzten auf, Federn wurden gezückt, und binnen weniger Sekunden waren sie von neugierigen Reportern umringt.
„Was machen sie hier, Mr Potter?“
„Wie oft kommen sie im Jahr hierher?“
„Verzeihung, ich bin vom Tagespropheten. Ich hätte da eine Frage an sie, Mr Potter...“
So und anders bedrängten sie Harry, während Ginny langsam, aber sicher zum Rand der Klippe gedrängt wurde.
„Entschuldigung, würden sie bitte Platz machen?“, bat sie einen bulligen Mann und versuchte, sich an ihm vorbeizuschieben. Er stieß sie, ohne hinzusehen, nach hinten weg. Ginny taumelte, stolperte, machte einen Ausfallschritt nach hinten. Doch da war nichts mehr, das sie hätte auffangen können, und sie stürzte mit einem Aufschrei hinab, auf die Wellen zu. Die weißen Haare wehten ihr ins Gesicht, als sie rückwärts fiel, den Blick in den Himmel gerichtet und ein Lächeln auf den Lippen, denn so wollte sie sterben: Lächelnd und unter freiem Himmel. Sie schlug auf, und die Wellen griffen nach ihr, warfen sie gegen die Klippen und pressten alle Luft aus ihrer Lunge. Doch das spürte sie schon längst nicht mehr.
Final Goodbye
Müde. Sie war müde. Mit trüben Augen blickte Ginny in den Sonnenuntergang und strich sich ihr mittlerweile weißes Haar aus dem Gesicht. Lily, ihre geliebte Tochter, hatte oft versucht, sie zu überreden, es zu schneiden, doch Ginny hatte jedes Mal vehement abgelehnt. So fiel ihr nun ein schlohweißer Zopf über den Rücken und einige entflohene Strähnen ins Gesicht. So oft hatte sie hier schon gestanden und in die untergehende Sonne geblickt. Das erste Mal mit Harry an ihrer Seite, als sie noch keine Zwanzig gewesen waren. Einige Jahre später mit ihren Kindern, und wieder Jahre später mit ihren Enkelkindern. Und nun, da sie fünfundneunzig Jahre zählte, stand sie wieder hier, zum siebenundsiebzigsten Mal seit ihrem achtzehnten Lebensjahr. Sechsundsiebzig Mal war sie hier heraufgekommen. Nun, da sie den siebenundsiebzigsten Anstieg geschafft hatte, fühlte sie, wie eine bisher nicht gekannte Ruhe ihren alten Körper durchströmte. Die Klippe, auf der sie stand, als hätte die Natur sie dorthin geschaffen, erhob sich etwa hundertundfünfzig Meter über dem Tosen des Meeres. Unten donnerten die Wellen gegen die Klippen, doch hier oben war es friedlich und ruhig. Der Wind strich sanft über Ginny Gesicht. Ihre Haare schienen sich gegen das Zopfgummi zu wehren, also zog sie es hinaus. Ein hüftlanger Schleier aus weißem, geisterähnlichem Haar, das einmal rot gewesen war, ließ ihr Gesicht noch friedlicher erscheinen.
Sie spürte, dass jemand hinter sie trat und einen Arm um sie legte.
„Harry?“ Es war mehr eine Feststellung als eine Frage, doch er antwortete: „Ja.“
Sie lächelte. „Wo ist Sue?“ Sue war Lilys jüngste Tochter, gerade einmal drei Jahre alt.
„Bei ihrer Mutter. Und du? Genießt du den letzten Tag, den wir hier verbringen werden?“
„Ja. Es ist wunderschön hier oben. Seit siebenundsiebzig Jahren schon.“
„Erinnerst du dich noch, als wir zum ersten Mal hier standen?“ Erinnerst du dich noch – eine Frage, die immer und immer wieder gestellt wurde. Erinnerst du dich noch an Molly? Erinnerst du dich noch an den Kampf um Hogwarts? Erinnerst du dich noch an unseren ersten Kuss? Erinnerst du dich noch an Voldemort? Erinnerst du dich noch an den Unterricht? Erinnerst du dich noch an die Kammer des Schreckens? Erinnerst du dich noch, erinnerst du dich noch, erinnerst du dich noch?
Und sie sagte: „Ja.“
„Ich hätte es wissen müssen. Gibt es irgendetwas, an das du dich nicht erinnerst?“, lächelte Harry und die beiden drehten sich um, um zurück zum Zelt zu gehen.
„Ja. Ich erinnere mich nicht, die Fotografen da eingeladen zu haben, Harry“, sagte Ginny und deutete mit einem knochigen Finger auf eine Menschenmenge, die sich schnell auf sie zubewegte. Kameras blitzten auf, Federn wurden gezückt, und binnen weniger Sekunden waren sie von neugierigen Reportern umringt.
„Was machen sie hier, Mr Potter?“
„Wie oft kommen sie im Jahr hierher?“
„Verzeihung, ich bin vom Tagespropheten. Ich hätte da eine Frage an sie, Mr Potter...“
So und anders bedrängten sie Harry, während Ginny langsam, aber sicher zum Rand der Klippe gedrängt wurde.
„Entschuldigung, würden sie bitte Platz machen?“, bat sie einen bulligen Mann und versuchte, sich an ihm vorbeizuschieben. Er stieß sie, ohne hinzusehen, nach hinten weg. Ginny taumelte, stolperte, machte einen Ausfallschritt nach hinten. Doch da war nichts mehr, das sie hätte auffangen können, und sie stürzte mit einem Aufschrei hinab, auf die Wellen zu. Die weißen Haare wehten ihr ins Gesicht, als sie rückwärts fiel, den Blick in den Himmel gerichtet und ein Lächeln auf den Lippen, denn so wollte sie sterben: Lächelnd und unter freiem Himmel. Sie schlug auf, und die Wellen griffen nach ihr, warfen sie gegen die Klippen und pressten alle Luft aus ihrer Lunge. Doch das spürte sie schon längst nicht mehr.
