Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - BEENDET

Hier könnt ihr eure Fanfictions und Gedichte zu Harry und seiner Welt vorstellen.

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Muggelchen
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Beitrag von Muggelchen »

Hi Ginny,

vielen Dank für deine ausführliche Review! So viele Frage auf einmal... :wink: aber du wirst mir hoffentlich verzeihen, wenn nicht immer alles sofort im aktuellen Kapitel aufgeklärt wird.
~Ginny Weasley~ hat geschrieben:Ich finde deine FF bisher echt gut, ein bisschen anders vielleicht als andere, aber ich bin echt gespannt, wie es sich entwickelt.
Ich hoffe doch sehr, dass die FF "anders" ist. Sie wird sicherlich hier und da noch sehr überraschen.
~Ginny Weasley~ hat geschrieben:Nur ich verstehe nicht ganz, warum Dumbledore noch/wieder lebt. Snape hat ihn doch im 6. Band mit dem Avada Kedavra getroffen, also müsste er doch eigentlich tot sein.
Da hast du vollkommen Recht, dass er tot sein müsste. Etws später werden sich Harry, Hermine und Severus sehr genau mit der Frage beschäftigen, wie er das überlebt haben könnte, aber jetzt nach dem Sieg sind erst einmal alle so euphorisch, dass niemand daran denkt, Dumbledore ein paar Fragen zu stellen...
~Ginny Weasley~ hat geschrieben:Und noch was: Du hast sowas geschrieben, dass Draco aus dem St. Mungo geholt wurde und sich stattdessen in Hogwarts erholen sollte. Das verstehe ich nicht ganz, warum konnte er nicht einfach da bleiben? Und danach hast du (glaube ich) noch erwähnt, dass Neville und Luna sich im St. Mungo aufhalten.
Warum können die zwei da bleiben und Draco nicht?
Das wird im nächsten Kapitel beantwortet, weswegen ich nichts verraten möchte :D
~Ginny Weasley~ hat geschrieben:Aber sonst gefällts mir wirklich gut, deinen Schreibstil mag ich auch und es wird auch nicht langweilig beim Lesen.
Weiter so! =)
Danke für die Blumen, da freue ich mich wirklich sehr drüber! Ich finde auch schön, dass du die Handlung skeptisch hinterfragst, wenn dir solche Dinge wie mit Draco und dem Mungos auffallen. Sehr häufig werden Fragen schon mit dem folgenden Kapitel beantwortet, aber später kann der Leser gern miträtseln, um Antworten zu finden.

LG,
Eve

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~Ginny Weasley~
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Beitrag von ~Ginny Weasley~ »

Ah ok...ich wusste nicht, dass meine Fragen sich noch im Laufe der FF aufklären werden. War wohl ein bisschen voreilig ^^
Und wenn du es dann so sagst, dass Harry und die anderen erstmal mit dem überstandenen Krieg beschäftigt waren anstatt sich über Dumbledores Überleben Gedanken zu machen, erscheint es mir logisch. Hab ich in dem Moment nicht dran gedacht. ^^
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Muggelchen
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Beitrag von Muggelchen »

Hi Ginny,
wenn Fragen unbeantwortet bleiben sollten, dann ruhig fragen. Ich mag es sowieso, wenn die Leser miträtseln und ihre Vermutungen äußern - dazu wird es später noch genügend Gelegenheit geben. :D
Und was Dumbledore betrifft: Der ist ja ein mächtiger und angesehener Zauberer und da braucht es auch ein wenig Mut, ihm mal in die Karten schauen zu wollen. Die meisten werden wohl einfach hinnehmen, dass er wieder da ist, aber eben nicht alle, denn die stellen sich wie die Leser die gleiche Frage.
LG, Eve




005 Von Kuchen und Torten




Vor den Türen, die in den Krankenflügel führten, erstarrte Harry zur Salzsäule. Er hörte seinen Namen. Seinen Vornamen! Snape und Malfoy sprachen miteinander und nannten ihn in ihrer Unterhaltung „Harry“! Für die beiden war es nicht von Nöten, leise zu sprechen, denn Madam Pomfrey oder weitere Patienten waren nicht anwesend. Neugierig lauschte Harry und er hörte, dass Malfoy sehr niedergeschlagen klang. Dann nahm er die unverkennbare Bariton-Stimme von Snape wahr, die beruhigend wirkte und sämtliche Nerven striegelte, als er sagte: “Draco, du bist nicht allein. Ich hab dir das früher schon gesagt und kann es nur wiederholen...“ Etwas leiser sagte er, während eine kleine Drohung in den Worten mitschwang: „Fang ja nicht an zu weinen, Bursche! Deine Mutter wird schon wieder auftauchen. Jetzt beruhige dich! Es gibt keinen Dunklen Lord mehr! Es wird alles gut werden, dank Harry!“

Harry traute seinen Ohren nicht. Nach all den Jahren, in denen diese tiefe Stimme böse zischelte, gefährlich knurrte oder verachtend schnaubte, um seinen Nachnamen herauszuwürgen, hörte er jetzt seinen Vornamen in dieser besänftigenden Stimme. Harry fragte sich, ob es wohl möglich wäre, mit Professor Snape jemals eine so enge Vertrautheit aufbauen zu können, um den Zaubertränkemeister beim Vornamen nennen zu dürfen.

Auf Professor Snapes Worte hin erwiderte Draco erleichtert: „Ja, Harry hat’s wirklich geschafft! Er hat den Bastard ins Jenseits befördert. Er war echt gut! Schicker Patronus, den er da hat.“ Harry war froh, dass auch Draco ihn beim Vornamen nannte und nicht, wie früher üblich, einfach nur „Potter“ auf eine Art und Weise ausspuckte, als wäre der Name so eklig wie ein Schluck verdorbene Milch auf seiner Zunge.

Harry klopfte nicht, sondern öffnete leise die Tür. Keiner von beiden bemerkte, wie er eintrat, obwohl das Besteck auf dem Tablett nach seinem ersten Schritt klingelnde, metallene Geräusche von sich gegeben hatten. Er hörte, wie Snape sich besorgt bei Draco erkundigte: „Kannst du die Arme schon wieder bewegen? Der Trank von Madam Pomfrey sollte mittlerweile wirken. Heb einen Arm, Draco!“ Draco hob zu Snapes Zufriedenheit beide Arme, während Harry sich darüber wunderte, was Draco wohl im St. Mungos zugestoßen sein mochte. Die beiden Männer begannen wieder, über alles Mögliche zu reden.

Als Harry erneut seinen Vornamen hörte, riss er sich zusammen und sagte leicht verlegen: „Apropos Harry…“ Snape sprang von Dracos Bett und drehte sich blitzschnell um. Sein Umhang wehte noch Sekunden später seiner Bewegung nach. Dem samt Kleidung auf einem Bett liegenden Draco verschlug Harrys Besuch schlichtweg die Sprache. Harry hingegen war nur kurz erschrocken, fing sich schnell wieder und sagte schüchtern mit einigen Pausen: „Ich dachte… Sie würden gern… etwas Kuchen haben. Ich habe welchen mitgebracht!“ Keiner von beiden sagte ein Wort. Sie starrten ihn ungläubig an und schenkten der Kuchenplatte in seiner Hand nicht die geringste Beachtung.

Draco war etwas bleich, aber er schien nicht verletzt zu sein. Offensichtlich benötigte er lediglich etwas Ruhe. Zögernd, weil allein Snapes Anblick immer etwas Beängstigendes an sich hatte, was Neville jederzeit gern bestätigen würde, näherte sich Harry dem Bett, neben dem Snape stand. Mit zittrigen Händen stellte er das Tablett mit der Kuchenauswahl auf die Ablage, die sich am Fußende des Krankenbettes befand. Den bohrenden Blicken der beiden Männer wenig standhaltend sagte Harry erklärend und leise: „Ich habe von jeder Sorte etwas mitgebracht. Ich wusste ja nicht…“ Haryr hielt inne denn das beharrliche Starren wurde ihm mittlerweile zu viel. Sein Hals war ganz trocken geworden und das Schlucken wurde zur Qual. Sie starrten ihn an, als würde er Voldemorts Wiedergeburt verkörpern. Verlegen hustend begann Harry seinen Satz erneut: „Ich wusste ja nicht, was Sie mögen.“

Aufgrund der Stille war Harry sehr verunsichert. Angestrengt überlegte er, was er sagen konnte, um diese unangenehme Atmosphäre zu vertreiben. Er wusste einfach nicht, was von ihm erwartet wurde. Sein Frohsinn und sein überschwängliches Glücksgefühl nach dem Sieg hatten ihn glauben lassen, er könne locker und selbstbewusst mit einer Situation wie dieser umgehen, aber er hatte sich ganz offensichtlich geirrt. Gegen intelligente Konversation schien sein Gehirn sich zu sträuben. Sollte er erwähnen, dass Sirius am Leben war? Diese Information würde Snape mit Sicherheit aus seiner Lethargie reißen. Auf der Stelle würde er hinunter in die große Halle stürmen, um zu vollenden, was der Schleier nicht geschafft hatte.

Der Moment kurz nach Voldemorts Tod kam ihm ins Gedächtnis zurück. Möglicherweise, so glaubte Harry, wäre Snape einfach nur peinlich berührt, weil sein Ex-Schüler vor einigen Stunden Zeuge seines Gefühlsausbruches gewesen war. Harry fühlte sich nicht mehr sicher in seiner eigenen Haut und fragte sich, ob die beiden ihn womöglich doch noch hassten. Als er Snape das letzte Mal gesehen hatte, hatte er ihn einen Feigling genannt. Mit Draco war es schon im ersten Schuljahr problematisch gewesen, aber spätestens ab der sechsten Klasse hatte der Blonde einen wirklich guten Grund, ihn zu verabscheuen, denn durch Harrys Eingreifen im Ministerium war Lucius Malfoy nach Askaban gekommen. Harry fragte sich, ob seine Anwesenheit den beiden zuwider sein könnte. Dann erinnerte er sich daran, wie Snape und Draco ihm heute während des letzten Kampfes zur Seite gestanden hatten. Zudem hatten sie vor wenigen Minuten über ihn geredet, als wäre sie stolz auf ihn. Sie waren stolz auf ihn! Das wusste Harry durch die Unterhaltung, die er belauscht hatte. Aber was sollte er sagen? Sollte er beide wegen der Dementoren danken, die sie vertrieben hatten? Er könnte vielleicht fragen, wie es den beiden in den letzten fünf Jahren ergangen war oder woher sie gewusst hatten, dass die Schlacht heute vor Hogwarts stattfinden würde.

Auf jeden Fall wollte Harry endlich diese eisige Stille brechen, egal wie. So nahm er zunächst einen tiefen Atemzug, bevor er einfach drauf los plapperte, wie er es oft tat, wenn er sich unsicher fühlte. Er sagte etwas befangen: „Das hier ist Schokoladenkuchen! Der ist richtig lecker!“ Er versuchte ungezwungen zu lächeln, was seine Verlegenheit nur noch untermalte. Was er eben gesagt hatte, war Meilen entfernt von dem, was er eigentlich hatte sagen wollen, aber konnte einfach nicht die richtigen Worte finden. Dracos Mund verzog sich zu einem unterdrückten Schmunzeln, aber Snape blickte griesgrämig drein wie immer. Harry wusste nicht, wie er reagieren sollte. Er fühlte sich jetzt schon wie ein Vollidiot und trotzdem konnte er sich selbst nicht bremsen, als er mit dem Zeigefinger auf ein anderes Kuchenstück deutete und schüchtern erklärte: „Und das ist Erdbeere…“

Höhnisch schnaufend, sich ein Schmunzeln jedoch nicht mehr verkneifen könnend, entgegnete Draco spöttisch: „Das ist ja wohl offensichtlich!“

Endlich sprach Snape. Seine Tonlage war nicht so erschreckend oder gefährlich wirkend wie im Unterricht, als er etwas gleichgültig klingend sagte: „Danke für das Backwerk, Mr. Potter. Warum gehen Sie jetzt nicht und machen ein Nickerchen. Sie sehen müde aus, was nach dem heutigen Tage durchaus nachvollziehbar ist.“

Die Worte enttäuschten Harry. Kurz und knapp hätte Snape auch sagen können „Danke und jetzt verzieh dich, Potter!“ Auch konnte Harry sich gut vorstellen, wie Snape ihm noch hinter herrufen würde „Ach ja: zehn Punkte Abzug für Ihr unaufgefordertes Erscheinen!“

Die Worte, die aus ihm herausgesprudelt kamen, konnte er nicht zurückhalten. In einer Schnelligkeit, die es dem Zuhörer schwer machte, folgen zu können, sagte Harry: „Ich will Sie morgen sehen. Beide! Können wir uns dann unterhalten?“ Snape hob elegant eine Augenbraue an; das einzige Indiz seiner Überraschung.
Draco hingegen sagte ein wenig arrogant und gleichzeitig belustigt klingend: „Sicher, aber ich nehme an, dass auch das Ministerium morgen mit uns reden möchte. Vielleicht nehmen sie uns fest und…“
Harry unterbrach ihn kopfschüttelnd und versicherte Draco: „Nein, keine Sorge, das werden sie nicht tun. Der Minister ist vor einigen Wochen ums Leben gekommen. Das Ministerium ist völlig unorganisiert. Die haben sogar mich um Hilfe gebeten… gerade mich! Und jetzt, nachdem Vol…“, Harry stoppte und drückte sich Professor Snape zuliebe anders aus, „der Dunkle Lord nicht mehr ist, wird Professor Dumbledore für das Ministerium sicherlich die Aufgabe eines Ratgebers übernehmen und dabei helfen, einen neuen Minister zu finden. Einen, der all dies verstehen wird. Ich meine, Professor Snape hat Dumbledore nie getötet; hat mich niemals verraten.“ Harry errötete, als er erkannt hatte, was er da gerade laut gesagt hatte. Das wollte er niemals sagen! Harry machte sich Sorgen darüber, was Snape jetzt von ihm denken würde. Die erboste Zurechtweisung, die Harry von Snape geduldig erwartete, blieb jedoch aus. Dracos Schmunzeln wurde zu einem schmalen Lächeln, während Harry versuchte, das Thema der Unterhaltung wieder auf den Kuchen zu lenken, indem er mit glühenden Wangen und seine letzten Worte bereuend empfahl: „Sie sollten wirklich den Schokoladenkuchen probieren. Ich hatte drei Stücken!“ Um seine Worte zu untermalen, strich er kreisförmig über seinen Bauch.

Argwöhnisch beobachtete Snape, wie Harry sich den Bauch rieb. Sein ehemaliger Schüler verhielt sich seiner Meinung nach äußerst seltsam. Er kam zu dem Schluss, dass Harry tatsächlich nur müde zu sein schien. Warum sonst sollte der junge Mann so viel Unsinn über Kuchen von sich geben? Vielleicht war es aber auch normal, wirres Zeug von sich zu geben, wenn man einen mächtigen Dunkelmagier ins Jenseits befördert hatte, denn Albus erzählte auch gern Stuss, besonders wenn die Erstklässler willkommen geheißen wurden. Severus war zudem aufgefallen, dass Draco in sich hineingrinste. Offenbar hatte Harrys unangemeldeter Besuch ihn aufgemuntert, was der Professor dankend guthieß.

Während der letzten Wochen bis hin zum heutigen Finale am frühen Mittag war Draco so niedergeschlagen, dass er einige Male vermutet hatte, sein Patensohn würde die Schlacht als willkommene Möglichkeit eines schnellen Todes begrüßen. Und jetzt grinste Draco und zwar nur aufgrund Harrys amüsant unbeholfener Konversation. Er bemerkte zusätzlich, dass Harrys Wangen eine tiefrote Farbe angenommen hatten, nachdem ihm herausgerutscht war, dass er ihn nie verraten hatte. Überraschend stellte er fest, dass ein angenehmes Gefühl in ihm aufgestiegen war, als er diese Worte direkt aus Harrys Mund vernehmen konnte. Severus hatte eigentlich damit gerechnet, dass man ihn ohne Umschweife direkt nach dem Sieg über Voldemort festnehmen würde, doch Albus’ plötzliche Anwesenheit hatte sämtliche Anklagepunkte zunichte gemacht.

Nachdem er tief ein- und ausgeatmet hatte, sagte Snape mit langsam fließender Stimme: „Mr. Potter, wenn Sie uns den Kuchen schon schmackhaft machen möchten, warum nehmen Sie sich nicht ein Stück und leisten uns Gesellschaft?“

Mit großen Kulleraugen starrte Draco seinen Paten an, während er sich fragte, ob er da eben richtig gehört hatte. Harry imitierte unbewusst Dracos weit aufgerissene Augen, denn die Worte seines ehemaligen Zaubertränkelehrers hörten sich wie eine Einladung an. Snape selbst schien für einen Moment ebenfalls über seine eigenen Worte erstaunt. Einen Augenblick später fing sich Harry wieder. Etwas verlegen, weil er mit seiner Antwort die erste Nettigkeit, die Professor Snape ihm je entgegengebracht hatte, ausschlagen würde, antwortete er: „Ich hatte gerade drei Stücken. Ich bin wirklich pappsatt!“ Draco hingegen bediente sich selbst und nahm ein Stück vom Schokoladenkuchen, Snape hingegen griff bei der Erdbeersahnetorte zu. Während die beiden aßen, Draco weniger geräuschlos, Snape hingegen manierlich und vorbildlich, nahm Harry all seinen Mut zusammen und gab stotternd und abgehackt zu: „Ich bin wirklich froh, dass Sie beide… dass alles so gekommen ist… na ja, dass es Ihnen beiden gut geht!“ Er konnte schwerlich dafür danken, dass die beiden ja doch keine miesen Todesser waren, wie er es jahrelang befürchtet hatte.

Harry schien einen Kloß im Hals zu haben, den er nicht zu schlucken vermochte. Snape ließ seinen Happen Erdbeerkuchen im Mund zergehen, während er den ihn seelenruhig betrachtete. Hitze stieg in Harry auf und in seinem Kopf begann sich alles zu drehen. Es schien, als würde jemand die Farberegelung seiner Augen runterdrehen, denn alles um ihn herum wurde grau. Er spürte noch, wie sein Herz schneller zu schlagen begann und wie er plötzlich hechelnd nach Luft schnappte, bevor ihm schwarz vor Augen wurde.

Professor Snape hatte bemerkt, dass Harry mit seinen Augen nichts mehr fixieren konnte. Zudem war nach den anfangs erröteten Wangen die plötzliche Blässe in Harrys Gesicht schwerlich zu übersehen. Als der Held des Tages wie ein Hund in der Sonne zu hecheln begann und seine Hände verzweifelt etwas zum festhalten suchten, war dem Professor klar, dass Harrys Kreislauf schlappmachte. Er warf seinen Kuchenteller auf das Tablett und erreichte Harry gerade rechtzeitig, als er in sich zusammensackte. Nicht gerade sehr behutsam hievte er mit wenigen Handgriffen den Ohnmächtigen in Dracos Nachbarbett. Snape leistete jedoch gewissenhaft erste Hilfe, während Draco aufgescheucht in seinem Bett saß und Harry mit besorgtem Gesichtsausdruck betrachtete. Wenn Harry hier und jetzt etwas zustoßen sollte, würde man sicherlich ihm und Snape die Schuld geben, befürchtete Draco.

Sein Pate eile zu einem der Schränke neben der Eingangstüre, richtete seinen Zauberstab auf die verschlossene Vitrine und sagte: „Alohomora!“ Die Glastüren blieben verschlossen. Snape stöhnte genervt, denn er hätte sich denken können, dass er an die Tränke des Krankenflügels nicht so leicht herankommen würde.
In diesem Moment eilte Madam Pomfrey in den Krankensaal und schimpfte: „Was erlauben Sie sich? An den Heilmitteln vergreift sich niemand ohne mein Wissen!“
Snape blieb gelassen und entgegnete: „Dann haben Sie bitte die Freundlichkeit, sich um Mr. Potter zu kümmern!“

Harry war bereits wieder wach und hörte Snape mit Madam Pomfrey sprechen. Seine Augen hielt er jedoch weiterhin geschlossen, denn ihm war noch schwindelig. Madam Pomfrey sagte aufgebracht, während sie die Vitrinentüren öffnete und nach Tränken suchte: „Herrje, ich habe Albus gesagt, dass es für die meisten viel zu anstrengend sein würde, sich gleich in eine Feier zu stürzen.“ Sie ergriff drei Flaschen und eilte an Harrys Bett, während sie empört erklärte: „Sie glauben gar nicht, wie viele in der großen Halle zusammengebrochen sind. Sogar Professor McGonagall hatte einen Schwächeanfall, aber zum Glück nichts Ernstes. Ich hab alle ins Bett geschickt, deren Gesichtsfarbe mir zu blass war. Mr. Black zum Beispiel ist so unglücklich gefallen, als er…“

Ein Wutanfall würde folgen, zumindest aber eine zynische Bemerkung, dachte Harry, doch Snape, der Black schon seit seiner Schulzeit abgrundtief gehasst hatte, sagte lediglich: „Mr. Black? So so, also ist Albus nicht der einzige, der von den Toten auferstanden ist.“

Zu Madam Pomfreys Erleichterung öffnete Harry die Augen und richtete sie sofort auf Snape, der neben ihr mit hinter dem Rücken verschränkten Armen an seinem Bett stand. Harry fühlte sich noch immer nicht wohl. So war seine Stimme sehr schwächlich und leise, als er an Professor Snape gewandt ehrlich zugab: „Ich wollt’s Ihnen sagen, aber ich dachte, es wäre Ihnen sowieso egal.“

Snape erinnerte sich daran, wie niedergeschmettert Harry gewesen war, nachdem man Black für tot erklärt hatte. Er zog in Gedanken Parallelen zu Dracos Depressionen der letzten Jahre und empfand sogar ein wenig Mitgefühl für Harry, was ihn selbst etwas erstaunte. Im Gegensatz zu Draco, der seine verschwundene Mutter wahrscheinlich nie wieder sehen würde und dessen Vater in Askaban schmoren müsste, hatte Harry zumindest seinen Paten zurück, dachte Snape. Er konnte es sich nicht verkneifen, gespielt überrascht zu sagen: „Oh, Mr. Potter, Sie kennen mich besser als ich dachte! Sie haben ganz Recht: ich ziehe ein Stück Erdbeertorte Mr. Black vor.“ Snape wollte bissig klingen, aber seine Worte waren ruhig und wirkten amüsiert. Sie brachten Harry sogar zum Schmunzeln, was Snape dazu veranlasste, erstaunt eine Augenbraue in die Höhe zu ziehen. Er war jedoch eher verwundert darüber, dass sich sein Sarkasmus in Harrys Gegenwart offensichtlich eine Auszeit gegönnt hatte.

Zunächst bekam Harry einen Vitamintrank und gleich darauf einen Trank, der seinen Kreislauf stabilisieren würde. Madam Pomfrey hielt ihm ein kleines Fläschchen unter die Nase und sagte: „Das hier ist ein leichter Schlaftrunk. Er beruhigt sehr gut. Wenn Sie möchten…?“ Sie stellte das Fläschchen auf seinen Nachttisch. Harry wollte aufstehen, aber Madam Pomfrey sagte: „Es wäre besser, wenn Sie hier bleiben, Mr. Potter! Ich möchte nicht, dass Sie auf dem Weg zum Gryffindorturm die Besinnung verlieren und sich den Kopf aufschlagen wie Ihr werter Pate.“ Harry protestierte nur kurz, denn kaum hatte er sich im Bett aufgerichtet, wurde ihm wieder schwindelig. Madam Pomfrey erklärte Harry auf seine Frage, wie es Sirius gehen würde: „Mr. Lupin kümmert sich um ihn. Mr. Black ist wohlauf, aber – wie alle hier in Hogwarts – völlig überanstrengt!“ Säuerlich murmelte sie, während sie das Krankenzimmer wieder verließ: „Wie kann man nur völlig erschöpfte Menschen zu einem Fest animieren?“

Wegen eines persönlichen Gesprächs mit Albus ließ Snape Draco im Krankenflügel zurück. Ohne Schlaftrunk hatte Harry bereits das Land der Träume betreten. Draco hingegen konnte nicht schlafen. Es störte ihn nicht im Geringsten, sich mit Harry in einem Zimmer aufzuhalten, was zu Schulzeiten noch undenkbar gewesen wäre. Es war seine innere Unruhe, die ihn wach hielt. Er wälzte sich hin und her, bis er letztendlich resignierend aufstand und eine Weile lang aus dem Fenster hinaus in die Dunkelheit schaute. Er fragte sich, wie jetzt alles weitergehen würde. Würde man ihn am Ende doch noch verhaften? Was wäre mit seiner Mutter? Und könnte er seinen Vater wieder sehen?

Nach einem schönen Traum war Harry kurzzeitig wach geworden und er hörte, wie sich sein Zimmergenosse im Raum bewegte. Er lauschte, wie Draco sich ihm näherte und er fragte sich für einen kurzen Moment, ob er etwas von ihm zu befürchten hätte. Harry selbst hegte keinen Gräuel mehr gegen Draco, was er auf seinen Seelenfrieden zurückführte. Als sein ehemaliger Erzrivale neben seinem Bett stand, öffnete Harry die Augen. Wie angewurzelt blieb Draco stehen, als er bemerkte, dass Harry wach war. Auch sein Arm verweilte erstarrt in der Luft. Schnell bemerkte Harry, dass Draco seine Hand nach dem unangerührten Schlaftrunk auf Harrys Nachttisch ausgestreckt hatte. Murmelnd sagte Harry: „Kannst nicht schlafen, wie? Nimm ihn ruhig. Ich brauche ihn nicht…“ Draco griff nach dem Fläschchen und ging ohne ein Wort des Dankes zurück zu seinem Bett.

Das leere Fläschchen stellte er auf seinen Nachttisch, bevor er sich zudeckte. Harry drehte sich um, so dass er Dracos Silhouette im Mondlicht sehen konnte. Nach einem Moment legte er dem Blonden auf nette Art und Weise nahe: „Weiß du, es soll helfen, wenn man zum Schlafengehen die Augen schließt! Hab ich jedenfalls mal gehört.“ Draco schnaufte verächtlich durch die Nase. Aus dem Bauch heraus wusste Harry, dass dieses Schnaufen nicht ihm galt.

Etliche Minuten später rechnete Harry längst nicht mehr mit einer Erwiderung und er wäre beinahe schon wieder eingeschlafen, da offenbarte Draco ihm flüsternd und entkräftet klingend: „Wenn ich die Augen schließe, sehe ich meinen Vater vor mir.“

Harry war angenehm überrascht darüber, dass Draco von sich aus mit gedämpfter Stimme zu erzählen begann. Er sprach so leise, dass Harry sich sehr konzentrieren musste, um seine Worte zu verstehen. Um ihn nicht zu stören, gab er keinen Mucks von sich.

Leise schilderte Draco von der Begegnung mit seinem Vater auf dem Schlachtfeld und er beschrieb, was er dabei empfunden hatte. Auch das Ereignis, welches zum Tod seiner Tante Bellatrix geführt hatte, gab er mit einem Hauch von Schuld in der Stimme wieder. Harry lauschte ihm, ohne ein einziges Mal, ohne ins Wort zu fallen. Er bewegte sich nicht einmal. Nur kurz schweifte Draco ab und erzählte, wie er seine Zeit mit Snape empfand. Was Draco alles von sich gab, war nicht im Geringsten chronologisch geordnet.

Manchmal benötigte Harry einige Augenblicke, um zu begreifen, dass Draco über Erlebnisse sprechen musste, die drei oder vier Jahre zurück lagen. Der einst so arrogante Slytherin offenbarte auch seine Befürchtung, seine Mutter nie wieder sehen zu können. Niemand wüsste, wo sie sich aufhalten würde oder ob sie überhaupt noch am Leben wäre. Mit zittriger Stimme erzählte Draco sogar von den wenigen, aber furchtbaren Stunden im St. Mungos. Ein Heiler hatte ihm einen Trank verabreicht, der die gesamten Muskeln gelähmt hatte und als Draco sich nicht mehr hatte bewegen können, hätte der Mann mit einem fiesen Grinsen erörtert, was er seinem wehrlosen Opfer alles antun wollte: wie er ihm den Bauch aufschlitzen und in seinen Gedärmen herumwühlen würde und währenddessen hatte er immer wieder die Malfoys als Todesserpack beschimpft. Der Heiler wäre, wie Draco erzählte, von drei Schwestern überwältigt worden, bevor der mit dem bereits angesetztem Zauberstab Wunden an seinem Bauch hatte zufügen können. Er driftete wieder ab zu seiner Zeit mit Snape und verlor lobende Worte über seinen Paten, weil der sich so gut um ihn gekümmert hätte.

In der Annahme, dass Harry längst wieder fest schlafen würde und nichts von dem, was er sagte, mitbekäme, schüttete Draco sein Herz aus, doch Harry lauschte weiterhin interessiert, ohne einen Laut von sich zu geben. Der Blonde spürte, dass es ihm besser ging, während er sich alles von der Seele redete.

Als der Schlaftrunk langsam zu wirken begann, fügte Draco am Ende noch leise hinzu: „Weißt du, ich fühle mich wie ein lebender Toter. Es ist irgendwie nichts mehr hier drin…“
Harry blinzelte und sah, wie Draco sich ans Herz fasste und in dem Augenblick empfand er Mitleid mit Draco. Nach einem Moment der Stille fragte Draco kaum vernehmbar in den Raum hinein: „Harry? Schläfst du?“
Es überraschte ihn zu hören, wie Harry flüsternd, aber hellwach erwiderte: „Nein, ich hab dir zugehört!“
Zuletzt geändert von Muggelchen am 16.11.2010 17:49, insgesamt 1-mal geändert.

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Beitrag von Muggelchen »

006 Was ist mit Snape?




Am nächsten Morgen erwachte Harry durch die wärmenden Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht und das aufmunternde Gezwitscher der Vögel. Kaum war er wach, machte sein Bauch ein Geräusch, das sehr dem Knurren eines Hundes ähnelte, was ihn sofort an Sirius denken ließ. Vor lauter Aufregung hatte Harry gestern, am Tag des Endkampfes, nichts essen können, was der Grund gewesen sein mochte, weswegen sein Kreislauf am Abend nicht mehr stabil gewesen war. Ein Blick zur Seite verriet ihm, dass er sich allein im Zimmer befand. Einzig die leere Flasche mit dem Schlaftrunk war Zeugnis von Dracos nächtlichem Monolog.

Remus hatte einmal davon geschwärmt, dass seine Mutter die Gabe besessen hätte, das Gute in einem Menschen sehen zu können, auch wenn derjenige selbst es nicht konnte. Vielleicht, dachte Harry, hatte er nicht nur die grünen Augen von seiner Mutter geerbt, sondern auch diese Gabe, denn auch wenn er Draco nicht als Freund bezeichnen konnte, so war es ihm dennoch möglich, etwas Gutes in seinem ehemaligen Rivalen sehen zu können. Nach der schrecklichen Zeit, die Draco hatte erleben müssen, konnte sich Harry gut vorstellen, dass sich etwas in dessen Denkweise verändert haben konnte. Vielleicht lag es aber auch daran, dass beide jetzt erwachsen waren. Harry wollte alles darüber wissen, was nach der Nacht auf dem Astronomieturm geschehen war, in welcher Snape vermeintlich Dumbledore ermordet hatte. Vielleicht wäre es möglich, mit Draco ein normales Gespräch zu führen, wenn sie sich einmal allein über den Weg laufen würden. Harry kleidete sich an und begab sich in die große Halle, um seinen knurrenden Magen zu füllen.

So viele Menschen wie gestern Abend waren nicht mehr zugegen. Nur die Menschen, mit denen Harry bereits in den letzten Jahren so viel zu tun gehabt hatte und die ihm am Herzen lagen, saßen alle an einem Tisch herum und frühstückten. Professor McGonagall saß neben Professor Dumbledore und die beiden – Harry schaute genauer hin: sie hielten Händchen! Remus und Tonks saßen nebeneinander und ahmten die beiden älteren Professoren nach. Ein großes Pflaster zierte Sirius’ Stirn. Als er Harry sah, sprang er auf und stürzte auf ihn zu, um ihn kräftig zu umarmen.

„Harry! Ich bin ja so froh, dass es dir gut geht. Pomfrey hat gesagt, dass du kurz ohnmächtig warst?“ Sirius machte ein besorgtes Gesicht, woraufhin Harry nur lächelnd versicherte, dass es ihm gut ginge. Ron und Hermine, mit denen er nach der Schule die meiste Zeit zusammen verbracht hatte, machten sofort Platz für einen weiteren Stuhl, damit Harry sich zwischen Ron und Sirius setzen konnte.

Ihm gegenüber saß Hagrid, von dem er gestern Abend vor lauter Freude so sehr in den Arm genommen worden war, dass er das Gefühl gehabt hatte, es würde ihm das Rückgrat brechen. Sirius hatte Harry aus Hagrids Bärengriff befreien müssen. Danach hatte er sich einen Spaß daraus gemacht, lauthals vor der belustigten Gästeschar zu behaupten, es wäre wahrscheinlich wesentlich einfacher gewesen, Hagrid auf Voldemort loszulassen, damit er ihn zu Tode quetschen konnte.

Schon gestern hatte man an der ausgelassenen und heiteren Stimmung gemerkt, dass diese innere Ausgeglichenheit, von der Harry eingenommen worden war, sich offensichtlich auch bei anderen ausgebreitet hatte. Jeder am Frühstückstisch lächelte zufrieden. Selbst Filch, der neben McGonagall saß, schien wie ausgewechselt, denn er flirtete ganz ungehemmt mit Professor Trelawney, die das zum Schrecken aller Anwesenden offensichtlich auch noch genoss. Professor Flitwick war auch anwesend und unterhielt sich angeregt mit Hagrid.

Den Blick über seine Freunde schweifen lassend erkannte Harry am Ende des Tisches in der Nähe von Professor Dumbledore den alten Mr. Ollivander, der ihm einmal fröhlich zuzwinkerte, bevor er sich wieder zu Dumbledore beugte. Der Frühstückstisch war so gut besucht, weil bis auf Percy alle Weasleys hier versammelt waren. Seit Percys Ausbildung unter Fudge konnte er zumindest wieder mit seiner Mutter reden, aber er hatte sich doch sehr mit seiner Familie auseinander gelebt.

Harry ahnte, dass man im Vorfeld abgesprochen haben musste, ihn nicht mit Glückwünschen, Dankesreden oder Lobhymnen zu überfallen, denn niemand außer Hermine, Ron und Sirius richtete das Wort an ihn. Dafür sahen ihn alle an. Nicht ständig, aber man warf ihm immer wieder einen bewundernden Blick zu, den er mit einem Lächeln und einem leichten Kopfnicken dankend entgegennahm. Während Ron wie am laufenden Band redete und stolz erklärte, welchen Todesser er mit welchem Zauberspruch überwältigt hatte, überlegte Harry, wo wohl Snape und Draco sein mochten, denn die beiden fehlten bedauerlicherweise am Tisch.

Hermine, Ron und Harry sowie alle anderen, die in Hörweite saßen, lauschten mit großen Augen, als Sirius über seine Zeit hinter dem Schleier berichtete. Manchmal hatte er geglaubt, dass nur ein Tag vergangen wäre und im nächsten Moment schien er sich seit Ewigkeiten in diesem dunklen Raum aufzuhalten. Ab und an hatte er Stimmen um sich herum gehört, die mal chinesisch, mal spanisch oder mal russisch gesprochen hatten, aber immer, wenn er sich mit seinem scheinbar körperlosen Selbst auf die Stimmen hinzu bewegt hatte, waren sie wieder verschwunden.

Die ganze Zeit über war er bei vollem Bewusstsein gewesen. Er konnte sich nicht daran erinnern, auch nur einmal geschlafen zu haben. Albus hatte ihm im Vorfeld nahe gelegt, sich immerzu an Dinge zu erinnern, die er erlebt hatte; egal ob es glückliche oder traurige Erinnerungen sein würden. Das war für Sirius die einzige Beschäftigung, die ihn nicht wahnsinnig werden ließ. Die Situation, in der er sich befunden hatte, schien ihm so unwirklich, dass er einmal beinahe in Panik ausgebrochen wäre. Aber dann, ganz plötzlich – und es musste gestern gewesen sein –, hatte er eine vertraute Stimme gehört. Es war die von Albus gewesen, die ihn laut hallend dazu aufgefordert hatte, sich dorthin zu bewegen, wo es kühl wäre. Erst da wurde ihm klar, dass er gar nichts spürte; keine Temperatur, keinen Windhauch, keine Berührung. Er war so lange in dem Raum umhergewandelt, bis eine kühle Brise durch seine langen Haare wehte und die wegweisende Stimme lauter geworden war. Sirius war der Stimme gefolgt und stolperte abrupt aus dem Verschwindekabinett, welches sich noch immer in Hogwarts befand.

„Das ist unglaublich!“, sagte Hermine staunend.
Sirius nickte zustimmend und erklärte: „Ich dachte, Albus nimmt mich auf den Arm, als er sagte, es wären sechs Jahre vergangen. Aber als er dann auf den Weg in die große Halle erzählte, dass Harry Voldemort besiegt hatte und ich ihn hier treffen könnte, da war mir völlig egal, wie viel Zeit ich hinter dem Schleier vergeudet habe!“ Sirius legte einen Arm und Harry und drückte ihn an sich.

Die meisten Fragen, die man ihm wegen des Schleiers und dem Raum dahinter stellte, konnte Sirius nicht beantworten. Er sagte lediglich: „Ich weiß nur, dass der Steinbogen im Ministerium kein Verschwindekabinett ist, wie Albus es erklärt hatte, aber es war dennoch möglich, einen Ausweg durch eines der vielen Kabinetts zu finden! Ich kann nur ahnen, dass dieser Steinbogen womöglich Zeit und Raum beugen kann. Außerdem glaube ich, dass ich dort nur als Energie unterwegs gewesen war; ich mich sozusagen ohne meinen Körper dort aufgehalten habe, aber fragt mich ja nicht, wie ich meinen Körper wiederbekommen habe – das weiß ich nämlich selbst nicht. Es ist jedenfalls noch alles dran, wie ich heute Morgen beim Duschen erleichtert festgestellt habe!“ Die Runde lachte vergnügt und beteuerte, wie schön es war, ihn wiederzuhaben.

Sirius hatte den Ring an Hermines und Rons Hand bemerkt und fragte unverblümt: „Ihr seid verlobt? Wann wird geheiratet?“
Die beiden sahen sich entgeistert an, bis Mrs. Weasley von gegenüber stichelnd fragte: „Das würde ich auch gern mal wissen. Ich möchte Enkelkinder haben, Ron!“
Sie meinte es nett, aber Ron murmelte eher grantig zurück: „Ja, Mum…“ Hermine äußerte sich gar nicht, sondern lenkte mit einem anderen Thema ab.

Bevor Harry seinen Freund fragen konnte, was los sei, hörte er aus Dumbledores Mund leise den Namen seines ehemaligen Zaubertränkelehrers, während dieser sich mit Mr. Ollivander unterhielt. Harry beugte sich neugierig am Tisch nach vorn und blickte zu Dumbledore hinüber, der nicht allzu weit von ihm entfernt saß. Dumbledores Blick traf den von Harry. Der ältere Herr lächelte und fragte: „Ja, Harry?“
Alle anderen am Tisch verstummten ebenfalls, so als gäbe es nichts Wichtigeres als das, was Harry zu sagen hatte. Er räusperte sich verlegen und fragte recht leise: „Entschuldigung, Professor Dumbledore, äh… Was ist mit Snape? Ich meine, wo ist Professor Snape?“

Das verächtliche Schnaufen von Sirius überhörte Harry absichtlich. Dumbledore zwinkerte freundlich und erklärte: „Professor Snape ist mit dem jungen Mr. Malfoy im Ministerium, um einige Dinge zu klären. Aber keine Sorge! Beide werden spätestens heute Mittag zurück sein.“ Harry atmete erleichtert auf, während Sirius und Ron fast gleichermaßen laut stöhnten.
Nachdem Professor Dumbledore sich wieder Mr. Ollivander zugewandt hatte, fragte Sirius etwas verstimmt und mit verstellt kindlicher Stimme: „Warum plötzlich die große Sorge um Snape?“
Es war eindeutig, dass Sirius schlecht gelaunt war und daher antwortete Harry ruhig: „Ich will nur mit ihm reden, das ist alles. Ich denke, wir haben uns einiges zu sagen.“ Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Meinst du nicht?“
Mit zusammengepressten Lippen nahm Harry zur Kenntnis, wie Sirius wieder verächtlich schnaubte, bevor er gleichgültig sagte: „Snape kann dir egal sein. Mir ist er doch auch egal! Sicher… er zum richtigen Zeitpunkt wieder aufgetaucht, um seine Hände in Unschuld zu waschen. Ziemlich clever, wenn du mich fragst! Mir kann er aber nichts vormachen. Er ist ein…“ Mit einem einzigen Blick machte Harry seinem Paten deutlich, dass er diesen Satz nicht beenden sollte.

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AliceCullen
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Beitrag von AliceCullen »

ich find den echten siebten band besser

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Muggelchen
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Beitrag von Muggelchen »

AliceCullen hat geschrieben:ich find den echten siebten band besser
Ich kenne den siebten Band nicht und das hier soll auch kein "Ersatz" sein, sondern nur eine Fanfiction. Kannst du auch sagen, was genau dir nicht gefällt?

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Muggelchen
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Beitrag von Muggelchen »

007 Die nackte Wahrheit




Im Zaubereiministerium warteten Severus und Draco auf einer harten Holzbank sitzend auf den Auroren, der beide zu einer Anhörung geladen hatte. Aufgeregt atmend spielte Draco nervös mit seinen Fingern. Der Gedanke, womöglich doch in Askaban zu landen, machte ihm schwer zu schaffen. Doch was wollten sie ihm vorwerfen? Er trug zwar das dunkle Mal, aber er hatte niemanden auf dem Gewissen. Trotzdem rechnete Draco mit dem Schlimmsten. Severus hingegen verhielt sich still und schien geistig abwesend. Er machte den Eindruck, als hätte er nichts zu verlieren.

Beide wurden aus ihren Gedanken gerissen, als eine tiefe und bedächtige Stimme freundlich grüßte: „Mr. Malfoy, Mr. Snape!“ Kingsley Shacklebolt stand lächelnd vor ihnen.

Draco atmete erleichtert aus. Severus hatte Draco einmal erzählt, dass Shacklebolt auf der richtigen Seite kämpfen würde, ohne dass er seinem Patensohn gegenüber jemals den Orden oder dessen Mitglieder erwähnt hatte. Shacklebolt bat die beiden, ihm zu folgen.

Sie nahmen den Aufzug in den zweiten Stock, wo sich Shacklebolts Büro in der Aurorenzentrale am Ende des Ganges befand. Shacklebolt bemerkte, dass Draco sich sehr verloren fühlte, als er beiden einen Platz vor seinem Schreibtisch anbot. An Shacklebolt vorbei blickend kniff Snape gereizt die Augen zusammen, als er die große Pinnwand hinter dem Schreibtisch betrachtete. Viele Fotos und Zeitungsausschnitte hatte man dort mit Nadeln angeheftet. Die Bilder und Berichte drehten sich nur um eine Person: Sirius Black. Shacklebolt folgte dem Blick des Zaubertränkemeisters, wandte sich danach an Snape und sagte belustigt: „Ich weiß, ich könnte sie langsam mal abnehmen, wo er doch vor langer Zeit für tot erklärt worden war. Und außerdem ist Black sowieso unschuldig. War er immer.“ Snape schnaufte verachtend. Über Snapes missbilligenden, wenn auch wortlosen Kommentar zog Shacklebolt erstaunt die Augenbrauen in die Höhe, bevor er dem Zaubertränkemeister in die Augen blickte und hinzufügte: „Unschuldig, wie Sie beide auch, nicht wahr?“

Plötzlich und laut, so dass alle drei zusammenfuhren, öffnete sich die Tür des Büros. Ein Mann mit grauem Bürstenhaarschnitt kam hereingestürmt und sagte aufgebracht: „Shacklebolt, Sie wissen, dass eine weitere Person für diese Anhörung anwesend sein muss!“ Snape bemerkte, dass Shacklebolt offenbar wenig von dem Kollegen hielt, der sich bereits einen Stuhl heranzog, um ungebeten der Anhörung beizuwohnen.
Shacklebolt nickte seinem Kollegen gelassen zu und erklärte ruhig: „Das weiß ich sehr wohl, Mr. Dawlish. Es ist bereits jemand aus der ’Abteilung für Magische Strafverfolgung’ unterwegs. Wenn ich Sie nun bitten darf, mein Büro zu verlassen.“ Dawlish blinzelte nervös und wollte gerade etwas erwidern, da klopfte es zaghaft an der Tür. „Herein!“, sagte Shacklebolt laut. Snape und Draco drehten sich um.

Susan Bones betrat den Raum und hielt sofort inne, als sie Dawlish bemerkte. Nach Shacklebolts zweiter Aufforderung verließ der aufgebrachte Mann endlich das Büro. Miss Bones grüßte ihren ehemaligen Mitschüler und ihren damaligen Lehrer freundlich, bevor sie sich auf dem Stuhl niederließ, den Dawlish bereits hinter Shacklebolts Bürotisch positioniert hatte. Draco konnte sich noch sehr gut an Susan erinnern, denn immerhin hatte sie ihn einmal im Hogwarts-Express in eine Art Riesenschnecke verwandelt, aber mehr brachte er mit ihr nicht in Zusammenhang. Snape fiel bei dem Anblick der jungen Frau sofort der Apparierunterricht ein. Sie hatte damals als erste geschafft, von einem Fleck zum anderen zu apparieren, auch wenn sie dabei ihren Unterschenkel zurückgelassen hatte.

Shacklebolt erklärte formell: „Miss Bones kennen Sie beide ja sicherlich noch. Sie ist die stellvertretende Leiterin der Abteilung für Magische Strafverfolgung und wird während der Anhörung Protokoll führen und Ihnen auch Fragen stellen.“
Draco nickte eingeschüchtert, während Snape freundlich klingend sagte: „Miss Bones, wie ich sehe, eifern Sie Ihrer Tante nach.“ Susan lächelte verschämt, bejahte jedoch wortlos, denn ihre Tante Amelia war damals die Leiterin eben jener Abteilung gewesen, für die Susan jetzt verantwortlich war.

Zwei Gläser erschienen auf der Tischplatte, nachdem Shacklebolt seinen Stab geschwungen hatte. Miss Bones hingegen zog ein Fläschchen aus ihrer Jackentasche. Dass es sich bei dem Inhalt des Fläschchens um Veritaserum handelte, war Snape sofort klar.

Mit ruhiger Stimme erklärte Shacklebolt: „Jeder von Ihnen bekommt drei Tropfen Veritaserum mit ein wenig Wasser verabreicht. Wir werden dann ein paar Fragen stellen. Danach können Sie gehen!“ Snape nickte, während Draco mit großen Augen auf das Fläschchen starrte, aus welchem Miss Bones bereits drei Tropfen in das erste Glas gab.
Sie erläuterte an Malfoy gerichtet: „Keine Sorge, der Gebrauch des Serums unterliegt sehr strengen Richtlinien des Ministeriums. Keine unserer Fragen wird sich mit Ihren persönlichen Angelegenheiten mehr befassen als für die Anhörung notwendig ist.“

Mit einem Schluck Wasser trank Snape als erster das Wahrheitsserum. Shacklebolt wartete wenige Sekunden, bevor er sagte: „Beginnen wir!“ In diesem Moment begann die magische Feder von Miss Bones auf das Pergament zu kritzeln, um die Anhörung zu protokollieren. Shacklebolt blickte Snape in die Augen und sagte: „Die erste Frage an Sie, Mr. Snape, ist: waren Sie seit der Zeit, in der Sie in Hogwarts als Zaubertränkelehrer arbeiteten, jemals dem Dunklen Lord ein treuer Anhänger?“
Snape antwortete wie aus der Pistole geschossen: „Nein!“ Die magische Feder von Ms Bones notierte seine Antwort, was Snape nicht im Geringsten irritierte.
Shacklebolt wartete einen Augenblick, bevor er fragte: „Haben Sie an dem Tag, an dem die Todesser Hogwarts überfielen, Professor Dumbledore mit einem Unverzeihlichen verflucht?“
Einmal schwer ein- und ausatmend antwortete Snape kleinlaut: „Ja.“
Shacklebolt lächelte beruhigend, bevor er fragte: „Warum haben Sie Professor Dumbledore mit einem Unverzeihlichen verhext?“
Seine Antwort war nun nicht mehr auf Ja oder Nein beschränkt und so antwortete er wahrheitsgemäß: „Durch einen Unbrechbaren Schwur, den ich gegenüber Narzissa Malfoy geleistet hatte, war ich dazu gezwungen, Mr. Draco Malfoys Aufgabe, die ihm der Dunkle Lord auferlegt hatte, zu vollenden, sollte Mr. Malfoy dazu selbst nicht in der Lage sein.“ Betroffen blickte Draco zu Boden, während er mit zittrigen Fingern einen losen Faden an seinem Ärmel massakrierte.

Von der Antwort schien Shacklebolt völlig unbeeindruckt, als hätte er sie längst gekannt. Nachdem er einen Blick auf seine Unterlagen geworfen hatte, fragte er Snape: „Wussten Sie, welche Aufgabe der Dunkle Lord Mr. Malfoy aufgetragen hatte?“
Durch das Veritaserum zu einer Lüge nicht fähig antwortete Snape: „Als ich den Schwur leistete, wusste ich es nicht. Erst, als ich Mr. Malfoy auf dem Turm begegnete, den Zauberstab auf Professor Dumbledore gerichtet, war mir klar, worin seine Aufgabe bestand.“
Shacklebolt nickte und blickte hinüber zu Miss Bones, die daraufhin das Wort ergriff und fragte: „Hatten Sie Professor Dumbledore von dem Unbrechbaren Schwur berichtet, den Sie gegenüber Mrs. Malfoy geleistet haben?“
Snape antwortete nicht nur bejahend, sondern erklärte: „Noch vor meiner Ankunft in Hogwarts habe ich ihn über den Schwur informiert.“
Shacklebolt fragte gleich darauf: „Wie reagierte Professor Dumbledore daraufhin?“
Mit bedächtiger Stimme erwiderte Snape: „Professor Dumbledore wies mich an, diesen Schwur unter keinen Umständen zu brechen, ganz egal, wie die Aufgabe von Mr. Malfoy aussehen würde!“

Nachdem die magische Feder nach dem letzten Wort still in der Luft verweilte, sagte Miss Bones: „Danke, Mr. Snape. Das war alles, was wir von Ihnen hören wollten! Mr. Malfoy, wenn Sie die Güte hätten…“ Die drei Tropfen Veritaserum füllte sie mit einem Schluck Wasser auf. Zögerlich trank Draco das ihm gereichte Gemisch.

Shacklebolt war derjenige, der die erste Frage stellte: „Mr. Malfoy, waren Sie jemals ein treuer Anhänger des Dunklen Lords?“
Innerlich antwortete Draco bejahend, weshalb ihn seine Antwort überraschte: „Nein!“
Shacklebolt bemerkte, dass Draco aufgrund seiner Antwort stutzte, woraufhin er erörterte: „Das Veritaserum sorgt dafür, dass Sie gewissenhaft antworten. Selbst, wenn Sie eine andere Antwort erwarten sollten, so ist das, was Sie sagen, die Wahrheit, auch wenn sie tief in Ihnen verborgen schlummert.“ Draco nickte, obwohl er der Erklärung aufgrund seiner Aufregung nicht ganz folgen konnte.

Miss Bones fragte als nächste: „Mr. Malfoy, war es jemals Ihr Ziel, den Anhängern des Dunklen Lords beizutreten?“
Draco antwortete laut mit einem: „Ja!“
Shacklebolt hob erstaunt die Augenbrauen und fragte: „Wenn Sie dem Dunklen Lord niemals treu waren, warum wollten Sie zu einem seiner Todesser werden?“
Schwer atmend, weil Draco immer aufgewühlter wurde, erklärte er: „Mein Vater wollte, dass ich ein Todesser werde, deshalb wollte ich es auch.“
Miss Bones fragte gleich darauf: „Hat Ihr Vater Sie darauf vorbereitet, eines Tages ein Anhänger des Dunklen Lords zu werden?“
„Ja“, antwortete Draco, der nach der Erwähnung seines Vaters noch aufgeregter atmete und sich mittlerweile sehr unwohl fühlte. Die Befragung seines Paten war in seinen Augen wesentlich entspannter verlaufen als die seine.
Wieder fragte Shacklebolt: „Seit wann hat Ihr Vater Sie darauf vorbereitet, eines Tages ein Anhänger des Dunklen Lords zu werden?“
Mit bebender Stimme antwortete Draco, während er das Zittern seiner Hände nicht mehr kontrollieren konnte: „Seit ich mich erinnern kann…“
Ohne eine kleine Pause zu gönnen fragte Miss Bones: „Seit Ihrer frühsten Kindheit?“
Draco zog die Nase hoch, bevor er zermürbt antwortete: „Ja.“

Snape schaltete sich ein und fragte leise: „Dürfte ich wohl eine Bitte äußern?“ Shacklebolt nickte, weswegen er mit ruhiger Stimme sein Anliegen vortrug: „Hätten Sie vielleicht die Güte, Mr. Malfoys Anhörung weniger zügig zu gestalten? Und da Mr. Malfoy heute das erste Mal mit Veritaserum in Berührung gekommen ist, wäre es äußerst zuvorkommend von Ihnen, wenn vielleicht zuerst Mr. Shacklebolt seine Fragen stellen würde und danach Miss Bones die Ihren?“ Snape hatte seine Empfehlungen als Frage formuliert, weil er sich nicht in der Lage sah, Forderungen stellen zu können.
Die beiden Ministeriumsangestellten blickten sich kurz an und kamen wortlos zu einer Übereinkunft.
Shacklebolt nickte Miss Bones zu und antwortete dann an Snape gerichtet: „Ja, Sie haben Recht.“

Nach einer kurzen Pause, in welcher sich Draco etwas beruhigen konnte, fragte Shacklebolt: „Wollten Sie Professor Dumbledore töten?“
Draco antwortete knapp: „Nein!“
Nach einer weiteren, kurzen Pause fragte Shacklebolt mit seiner ruhigen Stimme: „Warum haben Sie den Auftrag des Dunklen Lords angenommen, wenn Sie Professor Dumbledore nicht töten wollten?“
Wieder ruhiger atmend antwortete Draco: „Man konnte einen Auftrag des Dunklen Lords nicht einfach ablehnen. Jedenfalls nicht, ohne selbst dafür büßen zu müssen.“
Verständnisvoll nickend fragte Shacklebolt einen Augenblick später: „Haben Sie in Erwägung gezogen, Professor Dumbledore von Ihrem Auftrag in Kenntnis zu setzen?“ Draco, von seiner eigenen Antwort überrascht, bejahte. Selbst Snape zog erstaunt eine Augenbraue in die Höhe. Einen Moment lang blickte Shacklebolt den jungen Mann an, bevor er nachfragte: „Warum haben Sie es nicht getan? Warum haben Sie Professor Dumbledore nicht erklärt, in welcher Lage Sie sich befunden haben?“

Mit Wehmut erinnerte sich Draco daran, welch große Angst er um seinen Vater und seine Mutter gehabt hatte, als er befürchten musste, das Verschwindekabinett im Raum der Wünsche nicht rechtzeitig reparieren zu können. Er hatte im sechsten Schuljahr viel Zeit mit der Vorbereitung des Attentats auf Dumbledore verbracht; und derweil hatte er auch viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Als ihm klar geworden war, dass er nicht imstande sein würde, den Auftragsmord auszuführen, konnte er sich nicht mehr zusammenreißen. Auf einer Toilette im sechsten Stock war seine Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit aus ihm herausgebrochen, denn er weinte bitterlich über die verfahrene Situation, in der er sich befunden hatte. Nur die Maulende Myrte war damals bei ihm gewesen und sie hatte versucht, ihm Trost zu spenden, obwohl sie nicht einmal gewusst hatte, warum er weinen musste.

Mit blassem Gesicht antwortete Draco: „Ich hatte Angst um meine Familie. Der Dunkle Lord hätte meiner Mutter oder meinem Vater etwas angetan, wenn es für ihn einen Grund gegeben hätte, meine Loyalität zu bezweifeln. Ich habe niemandem etwas von meinem Auftrag erzählt, nicht einmal Professor Snape.“ Shacklebolt richtete das Wort an Miss Bones und machte ihr klar, dass er keine weiteren Fragen hätte.

Nachdem sie aus ihren Unterlagen ein Pergament hervorgezogen hatte und es kurz überflog, fragte Miss Bones: „Entspricht es der Wahrheit, dass Sie von Aurorin Tonks direkt neben Ihrem Vater gefunden wurden?“ Draco bejahte. Miss Bones zweite Frage war: „Haben Sie gesehen, wer Ihren Vater kampfunfähig gemacht hat?“
Dieses Mal war er den Tränen nahe, aber er unterdrückte sie erfolgreich, als er erklärte: „Ich war es, ich hab ihn verhext!“
Miss Bones blätterte wieder in ihren Unterlagen, die offenbar den Bericht von Tonks enthielten und fragte: „Ist es wahr, dass Bellatrix Lestrange direkt in Ihrer Nähe gefunden worden war?“ Draco bejahte wieder, woraufhin sie fragte: „Haben Sie mit ihrem Tod etwas zu tun?“ Mit zittrigen Lippen erklärte er ausführlich, wie es zu dem Tod seiner Tante gekommen war.
Shacklebolt sagte laut für das Protokoll: „So war es also ein Unfall! Nun, wir haben keine weiteren Fragen. Sie können beide gehen. Es wird keine Anklage gegen Sie erhoben.“ Die magische Feder beendete das Protokoll.

Aus einer Schublade entnahm Shacklebolt einen länglichen, in Papier eingewickelten Gegenstand. Er hielt ihn Draco entgegen, aber der junge Mann griff nicht zu, weswegen Shacklebolt erklärte: „Ihr Zauberstab! Auror Tonks hatte Ihnen den Zauberstab abgenommen, bevor Sie ins St. Mungos gebracht worden waren. Wir haben noch gestern Abend damit die von Ihnen überwältigten Todesser von den Flüchen befreit.“ Draco nahm seinen fast wie ein Geschenk eingepackten Zauberstab entgegen und ließ ihn ungeöffnet in einer Innentasche seines Umhanges verschwinden.

Er konnte gar nicht fassen, vom Ministerium befragt worden zu sein und sich trotzdem noch immer auf freiem Fuß zu befinden. Bevor er jedoch Severus nach draußen folgte, fragte er Shacklebolt: „Entschuldigen Sie, Sir! Wissen Sie, was mit meinem Vater ist?“
Shacklebolt schaute hinüber zu Miss Bones. Nachdem Draco seinem Blick gefolgt war, antwortete seine ehemalige Mitschülerin: „Ihr Vater sitzt in Askaban und wartet auf seine Verhandlung.“ Nach einer kurzen Pause fügte sie vertraulich klingend hinzu: „Ich habe ihn bereits mehrmals aufgesucht. Er hat jedes Mal gefragt, ob ich wüsste, wie es Ihnen geht. Ich werde ihn heute nochmals aufsuchen. Möchten Sie ihm ein paar Worte schreiben?“ Draco nickte lächelnd. Ja, er wollte seinem Vater schreiben, aber ihm fiel in diesem Moment nichts ein, was er schreiben könnte. „Soll ich ihm vielleicht etwas ausrichten?“, fragte Susan mitleidig blickend.

Sein Körper bebte, weil er sich dagegen sträubte, vor den beiden Ministeriumsangestellten seine Gefühle zu offenbaren. Jedes Mal, wenn er während seiner Flucht mit Severus über seinen Vater gesprochen hatte, war es ihm nicht möglich gewesen, etwas gegen die Tränen zu unternehmen, die sich einen Weg über seinen Wangen bahnen wollten. Vor Miss Bones und Mr. Shacklebolt riss er sich jedoch zusammen und letztendlich bat er: „Wenn Sie ihn wohl fragen würden, ob er wüsste, wo sich meine Mutter aufhalten könnte? Und sagen Sie ihm, dass mir alles furchtbar Leid tut…“

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Beitrag von ~Ginny Weasley~ »

Ich find die FF weiterhin super! Gefällt mir echt gut.
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Muggelchen
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Beitrag von Muggelchen »

Hi Ginny,
freut mich, dass du weiterliest. :)
Mich würde mal interessieren, welches Paar aus "Harry Potter" dein Lieblingspaar wäre...
LG, Eve



008 Askaban




„Mr. Malfoy?“, rief eine knurrige Stimme durch die Tür. „Sie haben Besuch… schon wieder!“, sagte der Wärter genervt, bevor die Tür aufgeschlossen wurde. Susan Bones trat in die Zelle. Lucius erhob sich und deutete mit steinerner Miene höflich eine Verbeugung als Begrüßung an.
„Guten Tag, Mr. Malfoy! Wie geht es Ihrem Rücken?“, fragte Miss Bones ehrlich interessiert. Lucius war nach seit seiner Verhaftung bereits mehrmals von dieser Frau aufgesucht worden. Sie hatte gestern schon viele Fragen gestellt, ihm aber niemals Veritaserum gegeben.

Shacklebolt hatte ihr nahe gelegt, Lucius im Auge zu behalten. Es gäbe Anzeichen, dass er kurz davor gestanden haben könnte, die Seiten zu wechseln; möglicherweise hatte er sie bereits gewechselt. Ein Indiz war die Tatsache, dass es der Zauberstab seines Sohnes war, der ihn kampfunfähig gemacht hat. Des Weiteren war Lucius Malfoy in der Zeit nach seiner Inhaftierung und seiner Befreiung durch den Dunklen Lord ein äußerst unauffälliger Gefangener gewesen, der nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht zu sein schien.

Auf seine Fragen, wie es seinem Sohn gehen würde, hatte sie gestern nicht antworten können. Ihm fiel auf, dass sie heute jedoch erfreut lächelte. Lucius setzte aus reiner Gewohnheit sein charmantes Lächeln auf und antwortete etwas spitz: „Danke der Nachfrage, Miss Bones, aber bisher hat man mir keine Behandlung zugute kommen lassen. Mein Rücken schmerzt noch immer.“
Susan bemerkte mitfühlend, dass Malfoy nur leicht nach vorn gebeugt stehen konnte und bat daraufhin: „Oh bitte, setzen Sie sich doch, wenn Sie Schmerzen haben!“ Lucius kam ihrem Angebot dankend nach und ließ sich auf seiner Pritsche nieder.

Miss Bones blickte sich angewidert um. Die Dementoren waren schon lange keine Wärter mehr in Askaban. Die Gefangenen waren nicht der unendlichen Kälte und dem Schrecken ihrer Küsse ausgesetzt, aber trotz alledem war Askaban ein Gefängnis; ein dreckiges, rattenverseuchtes, feuchtes Loch. Offensichtlich hatte Lucius wenig Schlaf gefunden. Der sonst so prunkvoll gekleidete Reinblüter trug die übliche, gestreifte Gefängniskleidung, die ihn jedoch nicht weniger erhaben wirken ließ. Seine Art zu sprechen, zu gehen, sich zu bewegen zeugte von aristokratischer Noblesse.

Bevor Lucius seine übliche Frage stellen konnte, kam Miss Bones ihm lächelnd zuvor: „Ich habe heute Ihren Sohn verhört!“
Lucius zog eine Augenbraue in die Höhe und fragte zynisch: „Und…? Hat man entschieden, ihn zu meinem Zellenkumpanen zu machen?“
Ihr Lächeln verschwand nur einen Moment, bevor sie gedämpfter antwortete: „Nein, nein. Ihr Sohn wird nicht angeklagt. Er ist frei!“ Sie vernahm das erleichterte Ausatmen des Gefangenen. Gleich darauf sagte sie: „Er fragt durch mich, ob Sie wüssten, wo sich seine Mutter aufhalten könnte. Und er lässt ausrichten, dass… dass ihm alles furchtbar Leid täte.“
Lucius überlegte einen Moment lang und entgegnete schließlich mit arrogant schmieriger Stimme: „Verzeihen Sie, Miss Bones, aber ich zöge es vor, solch gewichtige Informationen meinem Sohn persönlich zu überbringen.“
Miss Bones konterte etwas gereizt: „Sie wissen, dass ich jeder Zeit ein Verhör anordnen könnte, in welchem Ihnen Veritase…“
Lucius unterbrach sie und zischelte wütend: „Selbst mit Veritaserum kann ich Ihnen den Ort nicht nennen oder zeigen, wo sich meine Teuerste versteckt hält – wenn sie überhaupt noch das Glück hat, am Leben zu sein!“
Miss Bones fragte erstaunt: „Der Fidelius-Zauber?“
Lucius nickte bejahend und erklärte: „Ich bin nicht der Geheimniswahrer. Der ist leider… verstorben! Ich war nie eingeweiht.“
Miss Bones wusste, dass es unmöglich war, Narzissa Malfoy aufzuspüren, wenn es niemanden gab, der den durch den Fidelius-Zauber geschützten Ort kennen würde. „Aber Sie wissen, wer der Geheimniswahrer war?“, fragte Susan neugierig. Lucius nickte. Beide wussten nur allzu gut, dass diese Information keinen Pfifferling mehr wert war.

Nach einem Moment der Stille händigte Miss Bones dem Gefangenen eine Pergamentrolle mit den Worten aus: „Das hier ist eine Information darüber, was Sie für Rechte haben und was Sie in Anspruch nehmen können.“ Lucius starrte das Pergament an, als wäre es seiner unwürdig.
Gespielt höflich bat er: „Lesen Sie es mir bitte vor!“
Verärgert schnaufte Miss Bones und legte das Pergament neben Lucius auf die Pritsche, bevor sie aufgebracht sagte: „Entschuldigen Sie, Mr. Malfoy, aber ich gehe davon aus, dass Sie der geschriebenen Sprache mächtig sind. Lesen Sie es gefälligst selbst!“.

Lucius kniff zornig die Augen zusammen, aber Miss Bones ließ sich von seinem Blick nicht einschüchtern. Die Pergamentrolle ließ er unbeachtet, als er nach einem Augenblick mit nachgebender Stimme fragte: „Wie geht es meinem Sohn? Er ist nicht verletzt worden oder?“
Verneinend schüttelte Miss Bones den Kopf und erklärte: „Es sah gut aus, wenn auch etwas aufgewühlt. Professor Snape hatte ihn begleitet. Ich denke, er kümmert sich gut um Ihren Sohn!“
Seine Mundwinkel formten ein zufriedenes Lächeln, bevor sie unkontrolliert zu zittern begannen und er schnell den Blick von Miss Bones abwandte. Er unterdrückte aufkommende Tränen, wie sie bemerkte. „Wäre es möglich, dass mein Sohn mich besucht?“, fragte Lucius, dem es kaum gelang, das Beben in seiner Stimme zu vertuschen.
Miss Bones atmete einmal tief ein. Dann antwortete sie mitfühlend: „Noch nicht. Lesen Sie dazu das Pergament. Darin steht, was Sie tun müssen, damit Sie Besuch erhalten dürfen!“
Endlich nahm Lucius die Pergamentrolle in die Hand, aber er entrollte sie nicht. Er erhob sich von seinem Bett und hielt ihr mit gekrümmten Rücken das Pergament entgegen. Höflich fragte er: „Hätten Sie wohl die Güte, mir den Inhalt vorzulesen?“ Ihrem fragendem Blick entgegnete er: „Meine Augen… Ich kann seit Monaten schon nicht mehr gut sehen.“
Reumütig versicherte sie: „Entschuldigen Sie, wenn ich das gewusst hätte, hätte ich vorhin nicht…“ Lucius winkte ab.

Miss Bones las Lucius seine Rechte vor. Nach zehn Minuten sagte Lucius trocken: „Ich bin mit den Bedingungen, unter denen ich Besuch erhalten darf, einverstanden. Des Weiteren möchte ich von dem Recht, einen Fürsprecher zu beauftragen, Gebrauch machen. Und was die notwendige Versorgung durch einen Heiler betrifft…“
Susan unterbrach dieses Mal und versicherte: „Ich werde gleich einen Heiler zu Ihnen schicken. Der wird sich um Ihren Rücken kümmern und, wenn Sie möchten, sich auch Ihre Augen ansehen!“ Lucius nickte dankend.
Miss Bones verabschiedete sich, aber bevor sie die Zelle verließ, sagte Lucius: „Ich möchte meinen Sohn so schnell wie möglich sehen. Ich befürchte… dass ich nicht mehr lang über mein Augenlicht verfügen werde!“ Miss Bones nickte, bevor sie die Zelle verließ. Sie wies einen Heiler an, unverzüglich Mr. Malfoy aufzusuchen. Mit einer Gänsehaut auf dem Rücken verließ sie Askaban.

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~Ginny Weasley~
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Beitrag von ~Ginny Weasley~ »

Interessant :D
Wird noch erwähnt, wer der Zauberer war, der den Fidelius-Zauber ausgeführt hat und jetzt tot ist? Wahrscheinlich, stimmts? Also warte ich mal ab ;)
[img]http://img443.imageshack.us/img443/2518/legolassignatursq2.png[/img]

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