Grünes Eis

Hier könnt ihr eure Fanfictions und Gedichte zu Harry und seiner Welt vorstellen.

Moderator: Modis

silver22
NewbieNewbie
Beiträge: 10
Registriert: 15.05.2014 21:36

Re: Grünes Eis

Beitrag von silver22 »

Cassie:
Seit unserem Gespräch in der Eulerei war beinahe ein Monat vergangen. Mason war mittlerweile von der Schule geflogen, aber die meisten dachten wohl, er sei freiwillig gegangen, denn der wahre Grund war zu meinem Glück nicht zu meinen Mitschülern durchgedrungen.
Draco und ich hatten kein Wort mehr miteinander gewechselt. Wenn wir uns sahen, nickten wir uns nur unauffällig zu und gingen unserer Wege, doch aus einem mir völlig unerfindlichen Grund, ertappte ich mich in letzter Zeit öfter dabei, wie ich an sturmgraue Augen dachte, die mich zu durchbohren schienen. Seufzend stand ich vor dem Spiegel in unserem Badezimmer und band meine Haare zu einem hohen Zopf. Es war albern so an ihn zu denken. Schließlich war es ja nicht so, dass ich Gefühle für ihn hätte; außer vielleicht die kleine Hoffnung, dass wieder so etwas wie Freundschaft zwischen uns sein könnte.
Stirnrunzelnd betrachtete ich mein Spiegelbild und zog die Nase kraus. Dämliche Cassie, schimpfte ich mit mir selbst, wie konnte man nur auf eine so lächerliche Art und Weise an einer Kinderfreundschaft hängen? Freundschaft mit einem Malfoy. Allein das klang heute schon seltsam in meinen Ohren.
Früher hatte ich Draco bewundert; obwohl wir gleich alt waren, war er wie ein großer Bruder für mich gewesen. Wir waren Einzelkinder und die Vorstellung Geschwister zu haben, hatte uns beiden damals gefallen.
Als wir einmal in meinem Baumhaus übernachteten, das mein Dad ganz ohne Zauberei mit mir gebaut hatte, saß auf meinem Schlafsack eine faustgroße Spinne. Die Erinnerung an dieses haarige Monster ließ mich heute noch frösteln. Ich hatte diese Viecher schon immer gehasst und weiß noch, dass ich wie erstarrt in meinem Schlafsack gelegen und Draco wimmernd angefleht hatte, die Spinne zu entfernen. Nachdem er sie vorsichtig auf die Hand genommen und nach draußen gebracht hatte, war ich ihm um den Hals gefallen, hatte ihn meinen Helden genannt und ihn mit einem Gummizauberstab spielerisch zum Ritter geschlagen. Sein Gesicht hatte vor Stolz geglüht, als ich meinen Eltern am nächsten Tag davon erzählte und Dad ihm, mit scheinbar ganz ernsthafter Miene, anerkennend auf die Schulter klopfte. Er lobte seinen großen Mut und dankte ihm herzlich dafür, mich gerettet zu haben. Als Draco mit schwellender Brust aus dem Haus lief, blickte er ihm mit einem verschmitzten Grinsen hinterher. Damals war ich wahrscheinlich tatsächlich ein wenig verknallt in meinen Nachbarsjungen gewesen.
Nachdem wir umgezogen waren, hatte ich ihm einige Male versucht zu schreiben, doch die Briefe waren immer wieder zurückgekommen, sodass ich annahm, er sei ebenfalls weggezogen. Wir wohnten nun in einer Muggelgegend und ich hatte dort keine Freunde, weil die anderen Kinder mich für seltsam hielten. Ab und an explodierte etwas in meiner Nähe und sie hatten Angst, dass ich ihnen wehtun könnte. So einsam hatte ich mich noch nie gefühlt und deshalb war ich mehr als glücklich, als ich endlich nach Hogwarts gehen konnte. Schon im Zug hatte ich Hermine getroffen und mich sofort gut mit ihr verstanden. Harry und Ron hatten wir zusammen kennengelernt und freundeten uns schließlich auch mit ihnen an. Auf Draco hatte ich mich natürlich ganz besonders gefreut, doch er war nicht mehr der eifrige und lebensfrohe Junge von früher, sondern ein eingebildeter Fatzke, der mit blasiertem Gesicht durch Hogwarts schritt, als wäre es sein eigenes Schloss.
Tja, ausgerechnet diese Art schien ihn bei vielen Mädchen so beliebt zu machen und mit den Jahren hatte er so einige Verehrerinnen um sich geschart. Der Gedanke daran versetzte mir einen leichten Stich und ich ärgerte mich über mich selbst. Nur weil er sich in letzter Zeit nicht mehr wie ein Vollarsch aufgeführt hatte, musste ich ja wohl nicht gleich schwach werden. Kopfschüttelnd ging ich in unseren leeren Schlafsaal, schnappte mir ein Buch und machte mich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum.

Mittlerweile hatten nicht nur meine drei Freunde und ich bemerkt, dass Draco sich verändert hatte. In der Bibliothek hatte ich mitbekommen, wie Dean Thomas und Seamus Finnigan die Köpfe zusammen steckten und darüber tuschelten, dass Draco niemanden mehr zu schikanieren schien und selbst die Erstklässler in Ruhe ließ. Als die beiden mich bemerkten, verstummten sie und während Seamus seltsamerweise etwas rosa um die Nase wurde, starrte Dean mich nur böse an. Beim Gedanken daran zuckte ich die Achseln; ich blieb eben trotzdem eine Schlange.
Auch die Slytherins wunderten sich über Dracos Wandel, aber während die meisten anderen Schüler dieser Tatsache misstrauisch gegenüber standen, reagierten sie mit Häme und lästerten hinter seinem Rücken. Nachdem unser Haus auch noch im Spiel gegen Ravenclaw verlor, weil Draco eine Gelegenheit zu einem Foul am gegnerischen Sucher Harper ungenutzt verstreichen ließ, woraufhin dieser sich den Schnatz schnappte, wurde das Gemurre immer lauter. Nicht selten hörte ich Beleidigungen, die in seine Richtung gerufen wurden und als Adrian Pucey ihn als Weichei verhöhnte, schien es Draco endgültig zu reichen. Er ließ sich kaum noch im Gemeinschaftsraum sehen und wenn ich ihn in den Gängen oder beim Essen sah, war fast mmer allein und hatte stets einen sehr verkniffenen Gesichtsausdruck.
Irgendwie fühlte ich mich schuldig, schließlich hatte er diesen ganzen Ärger nur, weil er mir etwas beweisen wollte. Warum auch immer er plötzlich das Bedürfnis danach hatte. Nach einer unglaublich langweiligen Stunde in Verteidigung gegen die dunklen Künste, beschloss ich, dass ich Draco lange genug hatte schmoren lassen und tippte ihm von hinten auf die Schulter. Genervt drehte er sich herum und hob erstaunt die Augenbrauen als er mich sah. Nun war ich doch etwas nervös und zum ersten Mal nach Wochen war ich ihm wieder so nah, dass mich sein unfassbarer Duft einzuhüllen schien. Ich atmete tief ein und stellte beinahe entsetzt fest, dass ich seinen Geruch tatsächlich vermisst hatte.
„Ja?“ fragte Draco mich forschend und ich wurde rot als ich merkte, dass ich ihn einfach nur schweigend angestarrt hatte.
Mann, sein Mund sah wirklich irgendwie sexy aus.
Danke Daphne, das hatte mir gerade noch gefehlt, dachte ich ärgerlich, räusperte mich und fragte mit glücklicherweise fester Stimme: „Können wir kurz mal reden?“


#
Draco:
Die letzten Wochen waren die absolute Hölle gewesen. Nie hätte ich gedacht, dass es so dermaßen schwierig sein würde, nicht gemein zu sein. Wann immer mir ein bissiger Kommentar oder eine gehässige Bemerkung auf den Lippen lag, unterdrückte ich sie und wenn jemand von Cassies Freunden oder ein anderer Gryffindor in der Nähe war, zeigte ich sogar ein wenig Hilfsbereitschaft. Die Gryffindors waren schließlich unglaubliche Klatschmäuler und alles, was sie sahen, würde Cassie über kurz oder lang durch Potter und seine Hündchen erfahren.
Obwohl sie in letzter Zeit nicht mehr allzu oft mit denen herumzuhängen schien. Ich traf sie häufiger mit Daphne an oder sah sie allein vor dem Kamin des Gemeinschaftsraumes in ein Buch vertieft. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass sie mich beobachten würde, doch immer wenn ich zu ihr herüber sah, war sie mit etwas anderem beschäftigt. Langsam wurde ich ungeduldig, weil sie gar nichts von meinen Bemühungen zu bemerken schien und die ständigen Lästereien meiner Mitschüler mir gehörig auf die Nerven gingen. Nur Blaise redete noch normal mit mir.
Eigentlich wusste ich gar nicht mehr, warum ich den Mist überhaupt mitmachte und hatte keinen Schimmer, wie lange ich diese Farce noch durchhalten konnte.
Blaise kam auf mich zu und ließ sich neben mir auf die Bank fallen, während er sich Reis und Hühnchen auf den Teller schaufelte.
„Na Kumpel? Heute schon ein paar Erstklässler erschreckt?" fragte er mit ernsthaftem Gesicht, setzte aber noch bevor ich den Mund aufmachen konnte nach: ,,Ach nein, du bist ja jetzt einer von den Netten.“ Er grinste und zwinkerte mir fröhlich zu.
Meine Miene verdüsterte sich augenblicklich und ich sagte gedehnt: „Haha, sehr witzig Blaise. Fang du nicht auch noch an.“ Er lachte nur und schloss genüsslich die Augen, als er sich ein Stück Hühnchen in den Mund schob.
„Weißt du“ begann er, nachdem er heruntergekaut hatte „ich denke, die Mädels stehen auf den neuen Draco. Letztens hat mich diese Lisa Turpin doch tatsächlich gefragt, ob du noch single bist. Du weißt schon, die große Schwarzhaarige aus Ravenclaw, die mal mit Davis zusammen war.“ Vage deutete er zum Ravenclaw-Tisch und ich sah Turpin, die kichernd mit einer Freundin in unsere Richtung linste. Sie sah wirklich nicht übel aus, aber irgendwie stand ich momentan mehr auf blond als auf dunkel. Ich tat ganz teilnahmslos und blickte zu Blaise, der immer noch grinste.
„Ist nicht mein Typ.“ sagte ich und dehnte meinen Nacken etwas. Von dieser ganzen Höflichkeit würde ich bald überall Verspannungen und Krämpfe bekommen. Blaise schnaubte und schob seinen mittlerweile leeren Teller von sich.
„Als du letztes Jahr mit Cailin rumgemacht hast, schien das noch anders zu sein, nicht wahr? Die beiden sehen sich ziemlich ähnlich.“ hakte er nach und seine Augen blitzten wissend. Genervt strich ich mir meine Haare aus dem Gesicht, die in letzter Zeit ein Stück gewachsen waren und mir nun locker in die Stirn fielen.
„Lass gut sein Blaise, ich habe momentan kein Interesse an Mädchen.“ schnarrte ich. „Dann etwa an Jungs?“ fragte Blaise mit hoffnungsvoller Miene und prustete bei meinem eisigen Blick schon wieder los.
„Merlin, du bist heute aber albern, Zabini. Hat Daphne dir etwa Schmetterlinge in den Bauch gehext?“ Zu meiner Überraschung lächelte Blaise nur glücklich und sagte: „Ja, ich denke ich liebe die kleine Kröte.“ Vor Schreck ließ ich fast die Gabel fallen, mit der ich in meinem Essen herumgestochert hatte und schenkte meinem Freund nun meine gesamte Aufmerksamkeit.
„Du?" entfuhr es mir. ,,Blaise Zabini hat sich verliebt? Dein Ernst, Mann?“ fragte ich ihn ungläubig. Blaise war für seine Weibergeschichten bekannt und ließ nie etwas anbrennen, aber noch niemals hatte er tiefere Gefühle für ein Mädchen gehegt. „Natürlich ist das mein Ernst.“ antwortete er ungeduldig und machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Sie ist klasse und nervt mich beinahe gar nicht“ Augenzwinkernd fügte er hinzu: „Und der Sex ist der Wahnsinn.“ Ich verdrehte die Augen und musste grinsen.
Da war er ja wieder, der alte Blaise.
„Du hältst dich in letzter Zeit ziemlich zurück was die Frauenwelt angeht, Großer.“ stellte Blaise nun fest und ich grunzte nur etwas Unverständliches. Es stimmte, ich hatte schon seit bestimmt drei Monaten keine Verabredung mehr gehabt und ignorierte jegliche Annäherungsversuche.
„Das sieht dir gar nicht ähnlich.“ analysierte Blaise weiter und fragte forschend: „Steckt da was bestimmtes dahinter? Oder besser jemand bestimmtes?“
Jetzt nur nichts anmerken lassen Draco, sagte ich mir und meine Augen huschten am Tisch entlang, wo Cassie sich gerade erhob und sich mit Daphne auf den Weg zu Verteidigung gegen die dunklen Künste machte. Wieder würdigte sie mich keines Blickes und ich schob nun auch meinen kaum angerührten Teller zur Seite. Blaise sah mich immer noch konzentriert an und versuchte in meinem Gesicht zu lesen, doch ich zwang mich zu einem Pokerface.
„Ich hab einfach keine Lust auf Stress im Moment. Das ist alles.“ sagte ich so gelangweilt wie möglich und Blaise nickte verstehend.
„Ja, Mädchen können schon anstrengend sein. Besonders, wenn sie Cassie Frost heißen.“
Mein Kopf fuhr zu ihm herum und ich stieß beinahe meinen Trinkpokal um. Doch gerade als ich etwas Scharfes erwidern wollte, klopfte Blaise mir lachend auf die Schulter, stand auf und verließ die Halle mit schnellen Schritten.
Sein Glück, dachte ich und knirschte mit den Zähnen. Als ob Cassie mich davon abhalten würde, mich mit anderen zu verabreden.
Ich konnte mir halbwegs vorstellen, wieder mit ihr befreundet zu sein und ich konnte mir sogar sehr gut vorstellen, wie sie nackt und mit verschleiertem Blick auf meinem Bett lag.
Himmel, bei dem Gedanken schoss mir sofort das Blut zwischen die Beine.
Aber auf gar keinen Fall, wirklich niemals, könnte ich mir vorstellen, tiefere Gefühle für sie zu entwickeln als ein wenig Sympathie und Beschützerinstinkt.
Gleich heute Nachmittag würde ich mir irgendein Mädchen schnappen und mir das holen, was ich mir schon zu lange versagt hatte, nahm ich mir vor und machte mich entschlossen auf den Weg zum Unterricht.


#
Draco:
„Können wir kurz mal reden?“ fragte sie mich und ich schaute in ihre unfassbar grünen Augen, deren Blick für kurze Zeit zu meinem Mund zu huschen schien. Vielleicht hatte ich mir das aber auch nur eingebildet. Langsam nickte ich und wir schlenderten durch das Schlossportal hinaus, wo uns ein kühler Wind empfing. Die Blätter waren längst braun und die Temperaturen um einiges kälter als noch vor zwei Wochen.
Ich vergrub die Hände in meinen Hosentaschen und betrachtete sie von der Seite.
Zum ersten Mal fiel mir auf, dass sie ein paar Sommersprossen auf der Nase und eine winzige Narbe unter dem linken Auge hatte. Unwillkürlich fragte ich mich, wie sie wohl entstanden war.
„Also, was ist los?“ fragte ich, nachdem wir bereits den See erreicht hatten und sie immer noch schwieg. Sie holte tief Luft, blickte auf die graue Wasseroberfläche und sagte, ohne mich anzusehen: „Ich hätte nie gedacht, dass du mich ernst nehmen würdest.“
Irritiert zog ich die Brauen zusammen. „Was meinst du jetzt genau?“ wollte ich von ihr wissen und endlich wandte sie sich mir zu. Merlin, irgendwie geriet mein Herz immer leicht aus dem Takt wenn sie mich direkt ansah.
„Ich habe nicht damit gerechnet, dass du wirklich versuchen würdest dich zu ändern, nur weil ich gesagt habe, ich könnte dich dann mögen.“ erklärte sie und spielte mit einer Haarsträhne, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte. Sie hatte also doch bemerkt, dass ich mich angestrengt hatte. Meine Stimmung hob sich ein wenig.
„Ach das.“ grummelte ich und kickte verlegen einen kleinen Stein ins Wasser. Kurz standen wir einfach nur am Ufer und betrachteten die sanften Wellen, die über den See zogen, bevor Cassies Stimme wieder erklang.
„Im Nachhinein ist mir bewusst geworden, dass es eigentlich bescheuert war, so etwas von dir zu verlangen, nachdem du mich gerettet hast und so weiter.“ Diesmal sah sie verlegen aus und ich zuckte mit den Schultern. „Ist schon in Ordnung, ich denke ich habe mich ganz gut geschlagen.“ gab ich zurück und grinste sie schief an. Auch über ihr Gesicht huschte ein flüchtiges Lächeln.
„Das hast du wirklich. Überraschender Weise.“
Da war wieder der leicht sarkastische Unterton, den ich von ihr gewöhnt war und der mich immer ein wenig nervte. Ich verzog missbilligend den Mund.
„Hey, du könntest mir ruhig ein wenig mehr zutrauen.“ warf ich ihr vor und diesmal lachte sie mich mit strahlenden Augen an. Immer noch lächelnd schob sie sich die lose Strähne hinter’s Ohr und fragte: „Warum hast du dir überhaupt die Mühe gemacht?“
Tja, dachte ich, das war die Frage der Fragen. Ich tat, als würde ich scharf nachdenken und sagte dann einfach: „Ich glaube ich hatte ein wenig Langeweile.“
Jetzt grinste sie verschmitzt und konterte: „Achso, wahrscheinlich weil du schon so lange keine Dates mehr hast, nicht wahr?“
„Das ist dir also aufgefallen, ja?“ fragte ich sie neckend und stellte zufrieden fest, dass sich ihre Wangen rot färbten. Trotzdem reckte sie stolz das Kinn und antwortete: „Das war nicht schwer mitzukriegen; die halbe Schülerschaft redet davon. “
„Jah, es gibt schließlich viele, die mit mir ausgehen wollen und die sind nun wohl ziemlich enttäuscht über meine Date-Pause. Ist ja nur verständlich, dass die allgemeine Unzufriedenheit meiner weiblichen Fans hier die Runde macht.“ sagte ich so ernst wie möglich und amüsierte mich innerlich köstlich über ihren bösen Blick.
„Selbstverliebter Schnösel.“ murmelte sie vor sich hin und ich hielt eine Hand an mein Ohr, während ich mich etwas zu ihr hin neigte. „Wie war das bitte? Ich konnte dich nicht richtig hören.“ fragte ich mit erhobener Stimme und sie wiederholte lauter: „Du bist ein selbstverliebter Schnösel.“ Schnaubend tat ich den Vorwurf ab und sagte nur: „Ja, so sagt man, und doch stehst du hier mit mir und gibst zu, dass du mich magst.“
Mit offenem Mund starrte sie mich einen Moment lang an und schien um Fassung zu ringen, bevor sie sich empörte: „Bilde dir mal nix ein! Ich habe überhaupt nicht gesagt, dass ich dich mag.“
Wieder schenkte ich ihr ein schiefes Grinsen, von dem ich wusste, wie es auf Frauen wirkte. „Tust du es denn?“ hakte ich nach und suchte ihren Blick, den sie jedoch sofort wieder abwandte und in die Ferne richtete.
„Vielleicht ein bisschen.“ antwortete sie und ihre Mundwinkel zuckten leicht.
Warum konnte ich nicht aufhören zu lächeln?

#

Cassie:
Dieses bescheuerte Grinsen machte mich ganz verrückt. Fahrig versuchte ich die Haare, die der Wind aus meinem Zopf gezogen hatte, wieder in diesen hineinzustopfen. Wahrscheinlich sah es aus, als hätte ich ein Vogelnest auf dem Kopf, dachte ich verzweifelt. Ja, ich war etwas eitel und selbst wenn ich hier nur mit Malfoy stand, wollte ich nicht beschissen aussehen.
Nur mit Malfoy. Aus den Augenwinkeln musterte ich ihn. Wieso war mir nie aufgefallen, dass er so gut aussah? Seine Haare sahen irgendwie anders aus als sonst und er wirkte…verwegener, als ich es in Erinnerung hatte. Erschrocken stellte ich fest, dass er für mich nicht mehr nur Malfoy war. Er war der Mädchenschwarm-Malfoy.
Ich hatte ihm echt gesagt, dass ich ihn mochte. Allein der Gedanke daran machte mich fassungslos. Aber es stimmte. Irgendwie. Ich mochte den Draco, mit dem man ein wenig herumwitzeln konnte, der nicht mehr so steif und blasiert wirkte wie sonst immer und der insgesamt einfach…normaler erschien. Mein Blick wanderte unauffällig an ihm herab und ich musste Daphne leider recht geben: Er hatte einen tollen Körperbau; auch wenn man durch die Schuluniform nicht allzu viel davon erkennen konnte. Trotz des kalten Windes wurde mir ein bisschen warm und ich war sofort wütend auf mich selbst. Merlin, ich war wirklich zu oberflächlich, dachte ich und erinnerte mich daran, dass Hermine mir genau das schon öfter vorgeworfen hatte. Plötzlich wurde mir klar, dass ich den jungen Mann neben mir eigentlich gar nicht kannte. Er war nicht mehr der kleine Junge, mit dem ich im Garten gespielt hatte, aber er schien auch nicht nur der Blödmann zu sein, für den Hermine, Harry und Ron ihn hielten. Und für den ich ihn lange gehalten hatte, fügte ich in Gedanken hinzu.
Wir standen immer noch am See und er sah interessiert einem Käfer zu, der ins Wasser gefallen war und in Todesangst mit den Beinchen strampelte. Ungerührt betrachtete auch ich das Schauspiel. Ich hatte nie ein wirkliches Helfersyndrom entwickelt, wie es bei den Gryffindors üblich zu sein schien, aber manchmal beneidete ich meine Freunde darum. Von Zeit zu Zeit fühlte ich mich in ihrer Nähe etwas kalt. Aber so war ich nun einmal. Ich wusste, dass ich nach Slytherin gehörte, aber was mich von vielen meiner Mitschüler dort unterschied, war die Tatsache, dass ich es schön und außerordentlich wichtig fand, dass es Menschen wie meine drei Freunde gab. Sie waren mutig und wollten die Welt verbessern, während ich zugegebenermaßen häufig zu sehr auf mich selbst bedacht war. Deshalb hatte ich auch bei keinem ihrer Abenteuer mitgemacht. Ich war einfach zu feige und wollte mich nicht in Schwierigkeiten bringen, doch ich bewunderte die drei wirklich wahnsinnig. Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, warum sie eigentlich mit mir befreundet waren. Wir waren wirklich sehr verschieden, wenn ich auch meist die gleichen Ansichten hatte wie sie.
Dracos Stimme ließ mich aus meinen Grübeleien hochschrecken.
„Wollen wir zurückgehen? Langsam wird es doch ziemlich kalt hier draußen.“ Wieder schenkte er mir ein Lächeln, das seine Augen erreichte und mir fiel auf, dass ich ihn in den letzten Jahren nie so hatte lächeln sehen. Nicht in meiner Nähe.
Ich nickte ergeben und spürte ein leichtes Bedauern bei dem Gedanken daran, dass wir bald nicht mehr allein wären. Kopfschüttelnd ging ich neben ihm her auf das Schloss zu. Jetzt hatte dieser Malfoy es doch noch geschafft, sich wieder ein Stück weit in mein Herz zu schleichen.
„Spielst du eigentlich Quidditch?“ fragte er mich unvermittelt als wir die Eingangshalle erreichten und auf die Kerker zusteuerten. „Wieso?“ wollte ich stirnrunzelnd von ihm wissen und er zwinkerte mir leicht zu. „Dachte wir könnten vielleicht mal ein bisschen spielen, wenn du Lust hast.“ Seine Augen funkelten unternehmungslustig und ich fragte mich wieder einmal, ob diese Seite an ihm neu war oder ob ich sie nur nie gesehen hatte. Ich würde wohl Blaise fragen müssen; er kannte ihn schließlich am besten. Zum Glück war ich kein schüchterner Mensch, auch wenn ich in Dracos Nähe viel öfter verlegen wurde, als mir lieb war.
„Lass mal.“ winkte ich nun ab. „Ich bin eine absolute Niete im Sport.“ Sein Blick wanderte an meinem Körper hinab und wieder herauf zu meinem Gesicht und er nickte zustimmend. „Ja, es würde mich auch wundern, wenn das anders wäre.“ stellte er nüchtern fest. Mir klappte die Kinnlade herunter und ich rang um Fassung. Zornig funkelte ich ihn an, stemmte die Hände in die Hüfte und fauchte: „Willst du damit etwa sagen, dass ich fett bin?!“ Kurz schaute er mich verdutzt an und begann dann zu meiner größten Verwirrung lauthals zu lachen. Ich hatte ihn noch nie wirklich laut lachen hören und war erstaunt, dass es ein lustiges und fröhliches Lachen und kein so perfekt melodiöses war, wie bei Blaise. „Ich meinte damit doch nicht, dass du dick bist!“ stellte Draco nun immer noch schmunzelnd klar. „Aber du bist eben einfach nur schlank; nicht wirklich sportlich und muskulös wie Spinnet oder die kleine Weasley.“ Aufmunternd schaute er mir ins Gesicht und meine Empörung legte sich. Er hatte ja Recht. Ich hasste Sport und konnte meine gute Figur nur halten, weil ich darauf achtete, was ich aß; zumindest die meiste Zeit über. In Hogwarts war das eine verdammt schwierige Angelegenheit, denn das Essen war fantastisch.
„Okay.“ grummelte ich und bedachte ihn trotzdem mit einem düsteren Blick.
„Aber ein Charmeur bist du nicht gerade oder?“
Er feixte mich an und sagte: „Wozu die Mühe? Du bist es doch bloß, Frost.“ Nun konnte ich mich nicht mehr zusammenreißen und mein Mund verzog sich ebenfalls zu einem breiten Grinsen, das immer noch in meinem Gesicht stand, als wir den Gemeinschaftsraum betraten.

silver22
NewbieNewbie
Beiträge: 10
Registriert: 15.05.2014 21:36

Re: Grünes Eis

Beitrag von silver22 »

Cassie:
Das Stimmengewirr um uns herum erstarb, als unsere Mitschüler auf uns aufmerksam wurden und uns teils erstaunt, teils feindselig anstarrten. Dass Draco Malfoy und das verräterische Frost-Mädchen nicht in einer Liga spielten und sich gegenseitig verabscheuten, war eine Tatsache, die niemandem hier über die Jahre entgangen war. Überrascht bemerkte ich, dass Draco sich unauffällig ein paar Schritte von mir entfernte und warf ihm einen ungläubigen Blick zu. Verleugnete er mich etwa gerade?! Seine Miene war gleichgültig und er ging, ohne ein Wort des Abschiedes, zielstrebig auf Crabbe und Goyle zu, die in den schwarzen Ledersesseln vor dem Kamin lümmelten. Bevor irgendjemand merken konnte, wie ich mich wirklich fühlte, straffte ich die Schulten und schritt selbstsicher und mit herablassendem Gesichtsausdruck auf meinen Schlafsaal zu.
Dort angekommen stieß ich den Atem aus, den ich unwillkürlich angehalten hatte und ließ mich auf mein kuscheliges Himmelbett fallen. Obwohl ich verletzt war, konnte ich Dracos Verhalten verstehen. So wie es mir wichtig war, was meine Freunde aus Gryffindor von mir dachten, wollte er den Respekt der Slytherins nicht verlieren. Auch wenn er in deren Achtung während der letzten Wochen gesunken war und dies scheinbar hingenommen hatte, wollte er es sich wohl nicht völlig mit ihnen verscherzen. Sollte bekannt werden, dass er sich mit mir, einer Blutsverräterin, zu verstehen begann und er sich meinetwegen so seltsam benommen hatte…Ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie man dann mit ihm umgehen würde.
Was die Slytherins (natürlich mit Ausnahme von Daphne und Blaise) von mir hielten, war mir herzlich egal; schließlich war ich nach all der Zeit daran gewöhnt, der allgemeinen Ablehnung mit Würde zu begegnen und hatte ja auch noch Hermine, Harry und Ron. Für Draco wäre es jedoch eine neue Erfahrung und bis auf Blaise, würden sich wohl all seine jetzigen Freunde von ihm abwenden. In den restlichen Häusern war er sowieso schon verhasst, weshalb er dann beinahe allein dastehen würde. Mit einem Schaudern fiel mir ein, dass seine Eltern ihm wahrscheinlich auch ganz schön den Marsch blasen würden, sollten sie von seinem Umgang mit mir erfahren. Erst jetzt wurde mir das ganze Ausmaß seines Verhaltens während der vergangenen Wochen bewusst. Er hatte wirklich viel auf’s Spiel gesetzt, um mir eine andere Seite von sich zu zeigen und zum ersten Mal fragte ich mich, ob er sich wohl auch selbst etwas beweisen wollte. Ein warmes Gefühl breitete sich in meiner Bauchgegend aus und ich musste lächeln, als ich an sein verschmitztes Grinsen dachte. Allerdings verschwand meine gute Laune sofort wieder als ich mir vorstellte, wie meine Gryffindor-Freunde reagieren würden, wenn sie erführen, dass mir ausgerechnet bei Malfoy die Knie weich wurden.
Plötzlich wurde mir klar, dass auch ich nicht unbeschadet davon kommen würde, wenn Draco und ich uns öfter träfen. Vielleicht wäre Hermine nach dem ersten Schock nachsichtig, aber Harry und Ron könnten das niemals akzeptieren. Sie hassten Draco abgrundtief und würden ihm gar keine Chance geben, ihnen zu zeigen, was er mir gezeigt hatte. Andererseits würde Draco ihnen wohl auch nicht entgegenkommen, dachte ich mit zusammengezogenen Brauen.
Mein Dad wäre ebenfalls alles andere als begeistert. Ich wusste schließlich, was er von den Malfoys hielt.
Gerade als ich einen schweren Seufzer ausstieß und mich aufsetzte, riss mich ein lautes Geräusch aus meinen trüben Gedanken. Die Tür unseres Schlafsaals wurde krachend aufgestoßen und Daphne kam mit einem glücklichen Lächeln in den Schlafsaal gewuselt. Mit einem ziemlich witzig aussehenden Sprung warf sich mir entgegen und umarmte mich stürmisch. Beinahe gegen meinen Willen musste ich lachen und fragte sie: „Was ist denn mit dir los?“
Übers ganze Gesicht strahlend ließ sie von mir ab und setzte sich vor mir auf mein Bett. „Blaise hat mir gerade gestanden, dass er mich liebt! Kannst du dir das vorstellen?!“ quietschte sie fast hysterisch und ihre blauen Augen funkelten.
Bitte was?! Mit offenem Mund und schockiert aufgerissenen Augen starrte ich sie an.
„Im Ernst jetzt? Blaise? Bei Merlins Bart, Daphne! Das ist ja wunderbar!“ Ruckartig zog ich sie in eine weitere Umarmung und drückte ihr einen dicken Schmatz auf die Wange, die vor lauter Aufregung ganz rot war.
Merlin, dachte ich, das wurde aber auch wirklich Zeit, dass die Sache zwischen den beiden ernst wurde. Ich hatte schon Angst gehabt, dass Blaise sie auch gleich wieder fallen lassen würde wie die anderen armen Mädchen, die ihm und seinem Charme verfielen.
„Wow Süße, ich freue mich echt wahnsinnig für dich.“ sagte ich lächelnd und drückte ihre Hand.
„Erzähl mir alles! Wie hat er es dir denn gesagt?“ wollte ich neugierig wissen. Mit noch immer ganz verzückter Miene pustete sich Daphne eine ihrer honigblonden Strähnen aus dem Gesicht und berichtete mir alles haarklein: Wie sie mit ihrem Traumprinzen am Wald entlang spaziert war, er plötzlich angehalten und ihr tief in die Augen gesehen hatte, bevor er fast schüchtern sagte, dass er sich in sie verliebt habe.
Die Vorstellung von einem schüchternen Blaise amüsierte mich köstlich, aber ich musste gestehen, dass ich ein wenig neidisch war. Wieso machte mir niemand ein romantisches Liebesgeständnis? Nein, verbesserte ich mich, es dürfte nicht irgendjemand sein. Es sollte von jemand besonderem kommen und ich wollte die Gefühle erwidern. Was nützte es mir, wenn mir Longbottom ein Liebesgeständnis machen würde. Unwillig verzog ich das Gesicht und Daphne stockte in ihren Schwärmereien. „Was ist denn? Du hast doch was.“ stellte sie fest und ich wunderte mich mal wieder über ihren unglaublichen Radar, was meine Stimmung betraf.
„Gar nichts.“ winkte ich ab und versuchte, ihr ein herzliches Lächeln zu schenken, das jedoch eher kläglich ausfiel.
„Nun sag schon.“ drängte sie mich und ihr forschender Blick ließ mich seufzen.
„Ach es ist dumm…Ich beneide dich bloß etwas. Mir hat noch nie ein Junge gesagt, dass er mich liebt.“ Ich konnte nichts dagegen tun, dass meine Stimme ein ganz kleines bisschen weinerlich klang. Daphne sah mich mitleidig an und streichelte mir über den Arm. „Das wird schon noch, Süße. Du wirst sehen. Und wenn es soweit ist, wird es ganz besonders toll werden, da bin ich mir sicher.“ Aufmunternd nickte sie mir zu und ich lächelte sie dankbar an. Seltsam, dass ein paar nette Worte, selbst wenn sie völlig aus der Luft gegriffen schienen, so eine beruhigende Wirkung haben konnten.
Ihr nächster Satz brachte mich allerdings ein wenig aus dem Konzept.
„Außerdem gibt es doch im Moment sowieso niemanden, der für dich in Frage kommen würde.“
Scheiße, ich spürte förmlich wie ich vom Mensch zur Tomate wurde und Daphnes Augen weiteten sich, während sie ein leises „Oh“ hauchte.
„Sag schon, wer ist es? Woher kennst du ihn? Kenne ich ihn auch? Natürlich kenne ich ihn auch, er ist bestimmt hier in Hogwarts.“ plapperte sie drauf los und bei ihrem Eifer musste ich unwillkürlich lachen. Sobald Daphne einmal eine Neuigkeit witterte, ließ sie nicht los, bis sie alles aus einem herausgepresst hatte. „Okay, okay, komm runter Daphne.“ grinste ich und hob beschwichtigend die Hände.
Mein Gesicht fühlte sich immer noch viel zu heiß an und ich atmete tief durch.
Merlin, ich konnte es ihr nicht sagen. Ich wusste ja selbst noch nicht so genau, was mit mir los war. Es war völlig bescheuert, dass ich plötzlich immer häufiger an jemanden dachte, den ich jahrelang verabscheut hatte.
Verlegen strich ich mir eine lose Strähne hinter’s Ohr und fragte sie: „Kennst du das, wenn du jemanden nur ansehen musst und dein Herz plötzlich schneller schlägt?“ Sie nickte knapp. Natürlich. Sie war schließlich schon seit der dritten Klasse unsterblich in Blaise verknallt.
„Und weißt du auch wie es ist, wenn du die Person, für die du so fühlst, eigentlich gar nicht leiden kannst?“ Jetzt sah sie doch ziemlich verwirrt aus und versuchte das Gesagte zusammenzufassen: „Also du bist in jemanden verschossen, den du aber doof findest?“ Selbst in meinen Ohren klang da völlig unlogisch.
„Naja, ich weiß nicht so richtig, ob ich in ihn verschossen bin. Und ich weiß auch nicht wirklich, ob ich ihn noch blöd finde.“ Vorsichtig schaute ich zu ihr auf.
„Ergibt das für dich irgendeinen Sinn?“ fragte ich sie zweifelnd und zu meiner Überraschung nickte sie grinsend. „Du bist sowas von hin und weg von dem Typen.“ Schon wieder wurde ich rot, Mist verdammter. Daphne lachte glockenhell und fragte: „Wie hast du ihn denn kennengelernt?“ Ich überlegte kurz, wieviel ich ihr sagen konnte und antwortete schließlich: „Zuerst habe ich vor ein paar Wochen in der Eulerei mit ihm geredet und heute waren wir gemeinsam am See.“
„Aber du kanntest ihn vorher schon, nicht wahr? Du hast ja gesagt, dass du ihn eigentlich nicht mochtest.“ stellte sie scharfsinnig fest und ich nickte widerwillig. Sie schien kurz zu überlegen, quietschte plötzlich auf und packte meine Hand, während ich erschrocken zusammenfuhr.
„Es ist Draco, richtig? Stimmt doch, oder?“ stieß sie außer sich vor Aufregung aus und ich wandte schnell den Blick ab. „N-nein…Wie kommst du denn darauf?“ stotterte ich bedröppelt vor mich hin, wagte es aber nicht, sie anzusehen.
„Catherine Frost, wage es ja nicht, mich anzulügen!“ wies sie mich streng zurecht und klang dabei so sehr nach Hermine, dass ich mich vergewissern musste, dass immer noch Daphne neben mir saß. Mein Gesicht schien ihr für ihre Annahme Bestätigung genug zu sein und ein wissendes Grinsen umspielte ihre Lippen.
„Nein, wirklich? Ha, ich wusste es doch. Oh Cassie, er steht auch total auf dich!“ Triumphierend klatschte sie in die Hände, während ich sie mit gerunzelter Stirn anstarrte. „Wie kommst du denn darauf?“ fragte ich sie diesmal völlig ungläubig, doch sie machte nur eine wegwerfende Handbewegung. „Das merke ich einfach. Blaise ist übrigens schon eine ganze Weile davon überzeugt.“ Gegen meinen Willen spürte ich einen winzigen Funken Hoffnung in mir. Konnte es tatsächlich sein, dass er ähnlich für mich fühlte? Sofort schüttelte ich den Kopf und winkte ab. „Nein, da musst du dich irren. Wenn, dann möchte er höchstens wieder mit mir befreundet sein.“ Obwohl ich seinen Sinneswandel immer noch nicht verstand.
Erst Daphnes erhobene Augenbraue machte mir klar, was ich da gerade zugegeben hatte.
„Wieder?!“ hakte sie sogleich nach und ich unterdrückte ein Stöhnen.
Na gut, dachte ich, was soll’s. Und ich erzählte ihr, wie Draco und ich uns kennengelernt hatten.


#
Cassie:
In Geschichte der Zauberei saß ich zwischen Daphne und Ron in der vorletzten Reihe. Harry saß neben Ron, und Hermine hatte sich als Einzige in der ersten Reihe platziert. Professor Binns schwafelte über einen Zwergenaufstand von siebzehnhundert-irgendwas und ich unterdrückte zum wiederholten Male ein Gähnen. Daphne hatte ihren Kopf auf die Tischplatte gelegt und schnarchte leise, während Rons Kopf immer mal wieder zur Seite sackte, bevor er sich wieder aufrichtete und schläfrig blinzelte. Verdammt, dieser Unterricht war aber auch langweilig und Binns‘ monotone Stimme machte das Ganze nicht einfacher. Ich verstand wirklich nicht, wie Hermine sich immer noch eifrig Notizen machen konnte.
Um mich abzulenken, ließ ich meinen Blick im Klassenzimmer umherschweifen und blieb an Draco hängen. Schon wieder. Träge saß er auf seinem Stuhl und kippelte lässig hin und her. Da er gerade aus dem Fenster sah, fühlte ich mich sicher und gestattete mir, ihn noch etwas länger zu beobachten. Sein Haar musste länger geworden sein und glücklicherweise schmierte er es sich nicht mehr so nach hinten, wie er es noch in der zweiten Klasse getan hatte. Nun fiel es ihm leicht in die Stirn und weckte in mir das Bedürfnis, es ihm aus dem Gesicht zu streichen. Bestimmt ist es ganz weich, dachte ich und ekelte mich sogleich vor mir selbst.
Was bist du nur für ein Groupie, schalt ich mich und versuchte mich wieder auf Binns zu konzentrieren. Doch nur Sekunden später linste ich wieder zu Draco, der meinen Blick bemerkte und mir leicht zuzwinkerte. Sofort spürte ich wie meine Ohren heiß wurden, lächelte ihn aber dennoch flüchtig an. Hastig wandte ich mich ab und zwang mich den Rest der Stunde dazu, auf mein völlig leeres Pergament zu starren.
Als es endlich klingelte, schoss ich als Erste hinaus und erreichte McGonagalls Klassenraum viel früher als die anderen, die erst einmal eine Weile brauchten, um wach zu werden.
Verwandlung hatten wir zusammen mit den Hufflepuffs, sodass Harry, Ron und Hermine mir hier keine Gesellschaft leisten konnten. Es war wirklich schade, dass wir in diesem Jahr nur so langweilige Fächer wie Geschichte der Zauberei und Kräuterkunde gemeinsam hatten. Andererseits konnte man sich da natürlich viel besser unterhalten als bei der alten Fledermaus hier.
In letzter Zeit war ich den dreien ohnehin oft aus dem Weg gegangen, weil ich Angst hatte, dass sie meine kleine Schwärmerei für Draco bemerken könnten. Davon abgesehen hatte ich wieder einmal das Gefühl, dass auch sie mir etwas verschwiegen; nur dass dieses 'etwas' wahrscheinlich von größerer Bedeutung war, als meine neu entdeckten Frühlingsgefühle. Als ich mich das letzte Mal zu ihnen gesetzt hatte, hatte Harry irgendetwas von Dumbledore erzählt und war verstummt, nachdem er mich bemerkte. Eigentlich fand ich es okay, wenn sie mich außen vor ließen; schließlich hatte ich sie vor einigen Jahren selbst darum gebeten, da mir von ihren ständigen Verdachtsfällen und der Pläneschmiederei immer ganz schlecht geworden war. Trotzdem war es ein komisches Gefühl, wenn man ein Außenseiter war; und das war ich, da machte ich mir nichts vor. Auch wenn ich die drei meine besten Freunde nannte und wusste, dass sie mich genauso mochten, war mir doch auch klar, dass sie sich untereinander viel näher standen, als ich ihnen je sein würde. Sie hatten eben viel zusammen erlebt. Nach dem Kampf im Ministerium letztes Jahr, bei dem beinahe Harrys Patenonkel gestorben wäre, war die Kluft, die seit dem Ende des ersten Schuljahres zwischen uns war, noch ein wenig größer geworden. Doch ich sagte mir, dass alles nicht so schlimm sei, weil wir immer noch einiges zusammen unternahmen und viel miteinander lachen konnten.
Daphne und Blaise kamen hereingeschwebt und bedachten sich mit so verliebten Blicken, dass mir ganz übel wurde. Mit einem herzzerreißenden Seufzen setzte Daphne sich neben mich, nachdem ihr frisch gebackener Freund sich auf einen Stuhl zwei Reihen vor uns fallen ließ. Ich wusste, dass Draco sich neben ihn setzen würde, sobald er kam, und stellte mit leichtem Bedauern fest, dass das dicke Hufflepuff-Mädchen vor mir beinahe mein ganzes Blickfeld einnahm, sodass ich kaum etwas von ihm sehen würde. In allerletzter Sekunde schnellte er durch die Tür, die hinter ihm zu schwang und hechtete zu Blaise, während McGonagall ihn strafend ansah.
„Es ist schön, dass Sie uns mit Ihrer Anwesenheit beehren Mr. Malfoy, aber ich würde es doch begrüßen, wenn Sie beim nächsten Mal pünktlich wären.“ Mit einem letzten strengen Blick durch ihre Brillengläser wandte sie sich ab und ignorierte Dracos abwertendes Schnauben zu seinem Glück.
Der Unterricht begann und wieder konnte ich ihm kaum folgen. Meine Gedanken kreisten um unser Treffen am See vor vier Tagen und es versetzte mir einen kleinen Stich, wenn ich daran dachte, dass wir seitdem nicht mehr miteinander gesprochen hatten. Sein Hinterkopf war alles was ich von Draco sehen konnte, wenn sich Pummelchen kritzelnd über ihr Pergament beugte und so stellte ich mir wieder einmal vor, wie es wohl wäre, durch dieses weißblonde Haar zu streicheln. Vielleicht würde es sich so ähnlich anfühlen wie mein eigenes, überlegte ich und wurde jäh durch den Klang meines Namens wach gerüttelt. „Ms. Frost, denken Sie, Sie hätten es nicht nötig meinem Unterricht zu folgen?“ fragte mich McGonagall forsch mit zusammengezogenen Brauen. „D-doch Professor.“ stammelte ich nervös und senkte ertappt den Blick.
„Sehr gut, denn wenn Sie in Ihrem UTZ nicht durchfallen wollen, dann sollten Sie sich weniger auf Mr. Malfoys Hinterkopf konzentrieren und Ihre wertvolle Aufmerksamkeit stattdessen auf den Lernstoff richten.“ Schmallippig ließ sie von mir ab, während ihren Worten einige Lacher auf Seiten der anderen Slytherins folgten; am lautesten war natürlich Pansys Wiehern zu hören. Wieder schoss mir die Röte ins Gesicht und Daphne tätschelte mitfühlend meinen Arm. Draco hatte überhaupt nicht reagiert und ich wusste nicht, ob ich darüber erleichtert oder traurig sein sollte.
Ich konnte ja nicht sehen, dass er ein breites Grinsen im Gesicht hatte.


#
Draco:
Meinen Plan mir irgendeinen Bimbo aufzureißen, um mich auf andere Gedanken zu bringen, hatte ich bis heute nicht umgesetzt. Mir stand auch nicht mehr der Sinn danach.
In den letzten Tagen hatte ich einige Veränderungen an Cassie bemerkt, die mich seltsamerweise in Hochstimmung versetzten: Sie schien mich tatsächlich des Öfteren zu beobachten und wenn ich sie dabei erwischte, wich ihr verträumter Gesichtsausdruck einer verlegenen Miene und sie errötete. Es war eindeutig, dass sie Gefühle für mich entwickelt hatte, nur hatte ich keine Ahnung, ob sie sich diese auch eingestand oder nicht. So wie ich sie einschätzte, würde sie sich mit Händen und Füßen dagegen wehren. Was soll’s, dachte ich leichthin, irgendwann musste sie es ja akzeptieren.
Das Allerbeste war aber, dass sie sich von den Gryffindor-Trotteln zu entfernen schien. Ich hatte immer gewusst, dass die nicht gut für sie waren. Schließlich war sie eine Slytherin, auch wenn sie wohl nicht gerade das neue Maskottchen unseres Hauses werden könnte.
Was meine Gefühle für sie betraf, war ich mir ebenfalls über einiges klar geworden:
Ich war ganz eindeutig nicht in sie verliebt. Das wusste ich, denn wenn es so wäre, hätte ich es bestimmt nicht ausgehalten, in den vergangenen Tagen nicht mit ihr zu sprechen. Es war aber gar nicht so schwierig gewesen und es reichte mir vollkommen, wenn ich sie nur ab und zu anschaute. Sie sah gut aus und einem hübschen Mädchen konnte ein Malfoy schwer widerstehen. Allerdings hatte das rein gar nichts mit Verliebtsein zu tun; es war rein körperlich.
Ich war ziemlich zufrieden mit mir und froh, endlich wieder Herr der Lage zu sein. Cassie schien auf mich zu stehen und mit Verehrerinnen konnte ich umgehen. Nur ignorante Kratzbürsten, die zu attraktiv waren, um sie auszublenden, überforderten mich. Glücklicherweise traf dies nun nicht mehr auf Cassie zu und ich konnte endlich normal weiterleben. Ab und an würde ich mit ihr reden, damit sie nicht wieder in alte Muster zurückfiel und mich fertig machte, indem sie mir die kalte Schulter zeigte. Sie schien ja eigentlich recht umgänglich zu sein und wenn sie sich von Potter fernhielt, würde das die Sache für mich nur leichter machen. Vielleicht, dachte ich, würde sich doch irgendwann die Chance ergeben, sie ins Bett zu kriegen und dann würde ich ganz sicher sein können, dass sie genauso war wie alle anderen. Allein bei dem Gedanken daran, wie ich ihr langsam die Bluse aufknöpfte, während sie voller Verlangen zu mir aufsah, wurde mir ganz anders und ich musste eine bequemere Sitzposition finden.
Merlin, ich sollte wohl doch etwas gegen diesen Sexentzug unternehmen.
Binns‘ Unterricht neigte sich langsam dem Ende zu und ich schaute einer Fliege zu, die über Blaises Gesicht krabbelte, während er es sich auf seinen Armen bequem gemacht hatte und eingenickt war. Geschichte der Zauberei war ein furchtbares Fach und neben Verwandlung war ich hier mit Abstand am schlechtesten. Trotzdem konnte ich mich nicht aufraffen, Binns‘ Geleier zuzuhören. Ich schaute zu Cassie herüber, die schräg hinter mir saß und mein blödes Herz machte einen freudigen Hüpfer als unsere Blicke sich kreuzten. Dieses Mal sah sie nicht sofort weg und ich zwinkerte ihr schelmisch zu. Das Lächeln, das sie mir daraufhin schenkte, brachte ihre Augen zum Leuchten und irgendwie erschien mir die Stunde gar nicht mehr so schlimm.
Als Professor Binns uns entließ, flitzte Cassie blitzartig aus dem Klassenzimmer, was ich nur mit einem Kopfschütteln quittierte. Wahrscheinlich musste sie dringend mal zur Toilette. Unsanft stieß ich Blaise an, der mich verschlafen ansah.
„Isses endlich vorbei?“ nuschelte er mit kratziger Stimme und ich deutete vielsagend auf den halb leeren Raum. „Klar oder was denkst du, wo die alle hingehen?“ fragte ich ironisch und zog eine Augenbraue hoch. Ächzend erhob sich Blaise, schnappte sich seine Sachen und trat mit mir auf den Flur, wo Daphne bereits auf ihn wartete. Fragend schaute er mich an und ich winkte genervt ab. „Geht nur ihr beiden. So viel Gesülze kann eh kein Mensch ertragen.“ sagte ich und verzog den Mund, als Blaise sich sofort seiner Freundin zuwandte und sie sich gegenseitig mit den bescheuertsten Kosenamen bedachten. Mit einem tiefen Seufzer lief ich in einigem Abstand hinter ihnen her zum Verwandlungsunterricht, als sich mir plötzlich jemand in den Weg stellte.
Lisa Turpin blickte mich mit ihren großen blauen Augen an und lächelte süffisant.
„Hallo Malfoy, ich hab gehört, du bist ein wenig einsam im Moment.“ schnurrte sie und fuhr vertraulich über meinen Arm.
Billiges Miststück, dachte ich und lächelte sie kalt an. „So, und du denkst, du kannst das ändern?“ fragte ich schnarrend, woraufhin sie zustimmend nickte und ihre Arme um meinen Hals legte.
Das Mädchen war absolut unter meiner Würde.
„Ich glaube nicht, dass ich deine Gesellschaft gerade brauche, Turpin.“ stellte ich nüchtern fest und bedachte sie mit einem geringschätzigen Blick, während ich mich aus ihrer Umklammerung befreite. Erstaunlicherweise lächelte sie glücklich und ich hätte mir am liebsten auf die Zunge gebissen. War klar, dass bei ihr nur angekommen war, dass ich ihren Namen kannte. Ich hatte aber auch ein Pech mit Weibern, die nur hörten, was sie hören wollten. Frustriert schob ich sie aus dem Weg, murmelte etwas von wegen „Unterricht“ und ließ sie einfach stehen.
Hoffentlich würde ich noch rechtzeitig zur nächsten Stunde kommen; ich hatte wirklich keine Lust auf eine Predigt von der alten McGonagall.

Als ich mich endlich neben Blaise auf den Stuhl fallen gelassen und die keifende Professorin vor mir so gut es ging ignoriert hatte, fragte Blaise flüsternd: „Wo warst du denn? Du bist doch direkt hinter uns gelaufen.“ Vorsichtig neigte ich mich zu ihm herüber und erzählte von meiner Flurbekanntschaft. Blaise amüsierte sich königlich, was ihm einige böse Blicke von McGonagall einbrachte.
„Mal ehrlich Blaise, was hast du dir dabei gedacht der zu sagen, ich sei gerade zu haben?!“ wollte ich wissen und machte ein pikiertes Gesicht. Blaise schnaubte nur und antwortete: „Ich bitte dich Draco, du weißt genau so gut wie ich, dass sie attraktiv ist.“ Ungläubig sah ich ihn an und zischte: „Sie ist ein verdammtes Flittchen!“
„Und damit entspricht sie genau deinem Beuteschema.“ ätzte Blaise zurück und sah jetzt leicht verärgert aus. Grummelnd tauchte ich meine Feder in das Tintenfässchen und notierte mir etwas über einen Zauber, der die Augenfarbe einer Person verändern konnte, als McGonagalls scharfe Stimme erklang und nicht wenige Schüler zusammenzucken ließ. Offensichtlich war Cassie ihr nicht aufmerksam genug und so musste diese eine strenge Zurechtweisung über sich ergehen lassen. Augenblicklich hatte ich Mitleid mit ihr und wollte ihr zu gern einen aufmunternden Blick zuwerfen, doch ich starrte nur stur auf mein Pergamentblatt.
Allerdings brachten mich McGonagalls nächste Worte ziemlich aus der Fassung:
„Sehr gut, denn wenn Sie in Ihrem UTZ nicht durchfallen wollen, dann sollten Sie sich weniger auf Mr. Malfoys Hinterkopf konzentrieren und Ihre wertvolle Aufmerksamkeit besser auf den Lernstoff richten.“
Ich zuckte zusammen und konnte mich gerade noch davon abhalten, zu Cassie herumzufahren, aber ich konnte nichts dagegen tun, dass meine Lippen sich zu einem Grinsen verzogen. Blaise sah mich belustigt an und stellte feixend fest: „Na das war ja wie Weihnachten für dein Ego, nicht wahr Grinsekatze?“
Der strafende Blick, mit dem ich ihn bedenken wollte, missglückte etwas, was meinen kindischen Freund erst recht zum Lachen brachte.
Der Rest des Unterrichts verging wie im Flug und als ich zurück zum Gemeinschaftsraum lief, hatte ich beinahe Lust zu pfeifen.
Aber natürlich tat ich es nicht.


#

Cassie:
Ich lehnte an einem Baum am See und kuschelte mich enger in meinen Wintermantel. Obwohl die Sonne schon den ganzen Tag schien, war es ziemlich kalt, was Anfang Dezember kein Wunder war.
In gut drei Wochen würde der alljährliche Weihnachtsball stattfinden, der nicht nur die Mädchen in helle Aufregung versetzte. Auch die Jungs spielten verrückt und gaben sich große Mühe, die perfekte Begleitung zu finden; schließlich wollte dort niemand allein aufkreuzen. Mich hatte allerdings noch keiner gefragt, dachte ich deprimiert, versuchte mich aber damit zu trösten, dass ja noch ein wenig Zeit war, um jemanden zu finden. Das Dumme war nur, dass mir nicht irgendjemand, sondern ein ganz bestimmter Junge im Kopf herumspukte. Seufzend schloss ich die Augen und dachte an Draco, der mich nun für völlig bescheuert halten musste, nachdem McGonagall mich beim Starren erwischt hatte. Allein der Gedanke daran machte mich fertig. Ich hatte es aufgegeben mich selbst anzulügen und hatte mir eingestehen müssen, dass ich mehr für Draco empfand als ich für möglich gehalten hätte. Ständig musste ich an ihn denken und meine Tagträumereien hatten mir bei den Lehrern einige Minuspunkte eingebracht.
Die Anzeichen waren mir nicht neu, ich war immerhin schon öfter verknallt gewesen, doch meine Schwärmereien waren nie erwidert worden. In der dritten Klasse hatte ich jedes Mal Schmetterlinge im Bauch, wenn Blaise einen Raum betrat. aber da ich wusste, dass Daphne das Gleiche für ihn fühlte, konnte daraus nie mehr werden. Letztes Jahr war ich hin und weg von Roger Davis, der mich jedoch nach einem Date wie Luft behandelte und stattdessen diese Turpin-Tussi anschmachtete. Nein, ich hatte einfach kein Glück bei Männern.
Seitdem Daphne und ich gestern Abend die Ankündigung des Balls gelesen hatten, badete ich in Selbstmitleid. Traurig spielte ich mit meinem Zauberstab herum und betrachtete düster die blauen Funken, die aus ihm sprühten, als sich plötzlich jemand neben mich stellte und ich erschrocken zusammenzuckte.
„Ganz ruhig, ich bin’s nur.“ lachte Draco und hob beschwichtigend die Hände. Langsam entspannte ich mich wieder und warf ihm einen finsteren Blick zu. „Mann, hast du mich erschreckt. Was machst du überhaupt hier?“ fragte ich und sah ihn forschend an. Die ganze Zeit redete er nicht mit mir und jetzt, wo ich einmal allein sein wollte, tauchte er auf einmal auf. Er grinste nur schulterzuckend und konterte: „Ich könnte dich das Selbe fragen, Frost.“ Genervt verdrehte ich die Augen.
„Ich hab dich aber zuerst gefragt.“ sagte ich herausfordernd und bekam wieder ein Schulterzucken als Antwort. „Vielleicht wollte ich mal wieder mit dir sprechen.“ raunte er geheimnisvoll und seine Augen blitzten. Sofort wurden meine Ohren heiß und ich starrte unverwandt auf das Wasser, während meine Laune sich ein wenig hob.
„Aha, und woher kommt dieses plötzliche Bedürfnis Mr. Malfoy?“ fragte ich sarkastisch und Draco grinste schief. Himmel, ich liebte dieses Grinsen. Nein, dachte ich mit der strengen Stimme von McGonagall, dieses Grinsen nervte mich tierisch.
„Hast du schon eine Begleitung für den Ball?“ wollte er lächelnd wissen.
Ruckartig fuhr mein Kopf zu ihm herum und ich spürte einen stechenden Schmerz im Nacken. Doch darauf konnte ich mich jetzt wirklich nicht konzentrieren. Mit großen Augen schaute ich zu ihm auf und hauchte ein schwaches: „Nein.“
Oh Merlin steh‘ mir bei, dachte ich und meine Gedanken rasten.
Bitte frag mich, nein frag mich bloß nicht, bitte sag du möchtest mit mir hin, lass mich einfach nur in Ruhe…
Ich wurde wohl wirklich langsam verrückt. Wie durch einen Wattebausch drang seine Stimme wieder zu mir durch: „Na dann solltest du dich ranhalten, Frost. Sonst sind alle Guten weg und du willst doch nicht ohne Begleitung kommen, oder?!“ Eine eiserne Faust umschloss mein Herz und meine Stimme hörte sich in meinen Ohren an wie ein kraftloses Krächzen, als ich ihn fragte: „Hast du etwa schon jemanden?“ Eigentlich wollte ich die Antwort gar nicht wissen, aber ich war schon immer etwas masochistisch veranlagt und sollte auch jetzt nicht enttäuscht werden. „Ja, ich dachte mir, ich gebe Lisa Turpin mal die Chance auf einen unvergesslichen Abend.“ Vergnügt zwinkerte er mir zu und sagte noch irgendwas, was ich allerdings nicht mehr verstand. Die Faust, die mein Herz fest im Griff hatte, drückte erbarmungslos zu und in meinem Kopf war nur noch ein hoher Pfeifton zu hören.
Nickend zwang ich mich zu einem dünnen Lächeln und sah ihm nach, als er sich mit einem letzten Grinsen umdrehte und zurück zum Schloss lief.
Lisa Turpin, dachte ich wie betäubt und spürte mit leisem Entsetzen, wie eine Träne meine Wange hinabrollte.


#
Draco:
Gelangweilt saß ich im Gemeinschaftsraum und versuchte meinen Aufsatz für Verwandlung zu schreiben, als sich eine wutschnaubende Pansy Parkinson vor mir aufbaute.
Vielleicht war es am besten sie einfach zu ignorieren, überlegte ich noch, während plötzlich mein Pergament und meine Feder vom Tisch flogen. Vielleicht auch nicht. Gelassen schaute ich zu ihr auf und lehnte mich in meinem Stuhl zurück.
„Was ist los, Pansy?“ fragte ich gefährlich leise. „Du fragst mich was los ist?!“ keifte sie und machte einen Schritt auf mich zu. Ich deutete auf meine Pergamentrolle, die nur knapp vor dem Kaminfeuer gelandet war und sagte so ruhig wie möglich: „Du hast gerade beinahe meinen Aufsatz verbrannt. Es sollte also wohl besser etwas los sein.“ Sie starrte mich nur weiterhin mit verzerrter Miene an und es hätte mich nicht gewundert, wenn ihr Schaum aus dem Mund gequollen wäre. Mit einem tiefen Seufzen stand ich auf, schnappte mir meinen Aufsatz und mein Schreibzeug und steuerte auf die Schlafsäle der Jungs zu.
„Du wirst jetzt nicht einfach weggehen und mich hier stehen lassen, Draco Malfoy!“ schrie die Furie hinter mir und ich schloss kurz die Augen. Merlin, gib mir Kraft. Langsam drehte ich mich um und zischte: „Was ist dein Problem, Parkinson?“ Ihr Gesicht hatte hektische rote Flecken bekommen und sie wich bei meinem Tonfall ein wenig zurück. Trotzig reckte sie ihr Doppelkinn und warf ihre dunklen Haare über die Schulter.
„Ich hab gesehen wie du dich mit Frost am See getroffen hast. Sag schon, willst du etwa mit dieser dreckigen Blutsverräterin auf den Ball gehen?“ stieß sie mit schriller Stimme aus.
Mir war, als hätte mir jemand eine Keule gegen den Schädel geschlagen und ich rang angestrengt um Fassung. Die anderen Schüler, die das Geschehen bisher neugierig verfolgt hatten, musterten mich gespannt. Ich atmete tief durch, richtete mich auf und setzte das überlegene Malfoy-Lächeln auf, das in solchen Situationen von mir erwartet wurde.
„Mit solchem Abschaum würde ich mich niemals abgeben; das solltest du wissen Parkinson. Ich gehe mit Lisa Turpin zum Ball.“ höhnte ich. Glücklicherweise klang meine Stimme fest und verriet nicht, dass ich innerlich vor Wut kochte. Pansy wurde blass und ihre Schweinsäuglein blitzten mich zornig an. „Dann hoffe ich, dass das Flittchen dich glücklich macht.“ fauchte sie, wirbelte herum und rannte in ihren Schlafsaal. Kopfschüttelnd sah ich ihr hinterher, bis mir auffiel, dass ich noch immer angestarrt wurde. „Kümmert euch um euren eigenen Scheiß.“ blaffte ich und stellte zufrieden fest, dass meine Mitschüler sich betreten von mir abwandten. Allerdings war dieser Erfolgsmoment von kurzer Dauer. Zwar war Pansy nicht besonders helle, doch auch ihr würde bald auffallen, dass Lisa Turpin als Ballbegleitung keine viel bessere Wahl war als Cassie. Turpin war reinblütig, aber sie war eine Ravenclaw und allein deswegen schon nicht geeignet, um mit einem Malfoy auf einer solchen Veranstaltung zu erscheinen. Keine Ahnung, was mich geritten hatte, als ich sie bat mit mir dorthin zu gehen. Mit einem tiefen Seufzer stieß ich die Tür zu unserem Schlafsaal auf und erblickte genau den Mann, den ich jetzt brauchte.
„Du hast Turpin eingeladen?“ fragte Blaise entgeistert und sah mich völlig verständnislos an. Genervt schloss ich die Augen und lehnte mich an die Wand. Wir saßen auf unseren Betten und ich hatte meinen besten Freund gerade auf den neuesten Stand der Dinge gebracht.
„Alter, du weißt aber schon, dass die nur was für’s Bett ist und absolut nichts für ein offizielles Date taugt, oder?“ Ich nickte knapp, während Blaise sich mit einer Geste der Verzweiflung durch seinen schwarzen Schopf fuhr. „Puh, das ist hart.“ sagte er nur und ich funkelte ihn an. „Danke, das weiß ich selbst. Hast du eine Idee, was ich jetzt machen soll?“ wollte ich wissen und wusste, dass ich mittlerweile bockig klang. Blaise schien kurz zu überlegen und schüttelte dann den Kopf.
„Weißt du, eigentlich dachte ich, dass du Cassie fragen würdest.“ Beim Klang ihres Namens ruckte mein Kopf hoch und mein Mund öffnete sich leicht, ohne dass ein Ton herauskam. Bei Blaises forschendem Blick räusperte ich mich rasch und hoffte, dass er nichts von dieser peinlichen Reaktion bemerkt hatte. „Wie kommst du denn darauf?“ fragte ich spöttisch und sah ihn fest an. Er zuckte elegant die Schultern und antwortete: „War nur so ein Gefühl. Ich dachte, du magst sie. Offensichtlich habe ich mich getäuscht.“ Ich nickte zufrieden und lehnte mich entspannt zurück.
„Hat Daphne nicht eine kleine Schwester?“ erkundigte ich mich beiläufig. Blaise sah mich überrascht an und sagte: „Ja, Astoria. Sie ist in der Vierten, aber ich glaube, sie geht schon mit Pucey zum Ball.“ Ein kaltes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus und ich betrachtete den Baldachin meines Bettes. „Ach, ich bin mir ziemlich sicher, dass sie nicht mit ihm gehen wird.“

Blaise:
Draco schien in letzter Zeit völlig durchzudrehen. Erst spielte er wochenlang den Netten, nur um dann ein noch größeres Arschloch als vorher zu sein. Für mich war absolut klar, dass er in Cassie verschossen war und zwar bis über beide Ohren. Schließlich hätte ich schon blind sein müssen, um seine Blicke nicht zu bemerken. Doch er wehrte sich mit Händen und Füßen dagegen. Wie konnte man nur so stur sein? Seine Mutter würde ihm schon nicht den Kopf abreißen, wenn sie es erführe und mal ehrlich: Wen interessierte es denn ernsthaft, was die anderen dachten? Irgendwie musste ich ihn wieder auf die richtige Spur bringen. Und die hatte definitiv nichts mit Turpin oder der kleinen Astoria zu tun.


#
Cassie:
Es wurde langsam mal wieder Zeit mich auf die Schule und meine Hausaufgaben zu konzentrieren. Deshalb saß ich nun mit Hermine in der Bibliothek und beendete einen Aufsatz für Snape, an dem ich bereits seit vier Stunden arbeitete. Erleichtert schmierte ich noch einen mehr oder weniger gelungenen Schlusssatz darunter und warf die Feder auf den Tisch. Hermine hatte in der gleichen Zeit sogar zwei Aufsätze fertig gestellt und wollte gerade mit einer Aufgabe für Alte Runen beginnen, als ich ihre Hand festhielt. „Meinst du nicht, es reicht für heute?“ fragte ich vorsichtig und lächelte sie zaghaft an. Sie runzelte die Stirn und verzog missbilligend den Mund, was mich wiederum zum Lachen brachte. „Wenn du so schaust, siehst du aus wie McGonagall.“ prustete ich und fing mir sogleich einen strafenden Blick von Madam Pince ein. Hermine versuchte sich an einer beleidigten Miene, musste dann aber doch grinsen. Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, verkorkte ich mein Tintenfässchen und fragte beiläufig: „Hast du eigentlich schon eine Begleitung für den Ball?“ Hermine seufzte tief und schüttelte frustriert den Kopf. „Nein, aber viel wichtiger ist es jetzt erstmal eine Begleitung für Sluggys Weihnachtsfeier zu finden.“ Erschrocken ließ ich meinen Aufsatz fallen, den ich soeben mühsam zusammengerollt hatte. „Die ist immerhin schon Mittwoch. Bist du schon verabredet?“ wollte Hermine wissen, während ich noch ganz starr auf meinem Patz saß. Verdammt, diese blöde Party hatte ich total vergessen! Als ich die Einladung bekommen hatte, war noch so viel Zeit gewesen, um ein Date zu finden, dass ich gar nicht weiter darüber nachgedacht hatte. Aber heute war schon Montag! Wie sollte ich so schnell noch einen geeigneten Kandidaten auftreiben?! „Cassie?“ Gedämpft drang Hermines Stimme zu mir vor und ich sah sie verwirrt an. „Was ist?“ fragte ich irritiert. „Mit wem du zu Slughorn gehst hab ich gefragt.“ wiederholte sie ungeduldig. Deprimiert startete ich den zweiten Versuch, meinen Aufsatz einzurollen. „Keine Ahnung, Hermine. Ich hab’s ehrlich gesagt völlig vergessen.“ seufzte ich resigniert. „Mit wem willst du hingehen?“ Neugierig schaute ich sie an und bemerkte belustigt, wie ihre Wangen sich rosa färbten. „Naja, eigentlich wollte ich Ron fragen…“ begann sie und aus Rosa wurde tiefstes Rot, bevor sie eine wegwerfende Handbewegung machte und mit schneidender Stimme hinzufügte: „Aber er knutscht ja die ganze Zeit mit Lavender.“ Schnell unterdrückte ich einen mitfühlenden Blick; so etwas konnte Hermine gar nicht leiden. „Tja, dann musst du dir eben jemanden suchen, der Ron ganz besonders stören würde.“ überlegte ich laut und sah mich suchend um. „Was ist mit McLaggen? Da würde Ron ganz sicher durchdrehen.“ schlug ich mit einem teuflischen Lächeln vor. Hermine schaute kurz über ihre Schulter zu McLaggen hinüber, der ihr schelmisch zu zwinkerte. Abrupt drehte sie sich wieder zu mir und bekam rote Ohren. „Ich weiß nicht.“ sagte sie zweifelnd. „Der ist doch ein totaler Arsch.“ Ich lachte und schüttelte den Kopf über solche Naivität. „Das macht gar nichts. Die Hauptsache ist, dass du Ron auf die Nase bindest, mit wem du zu der Party gehst, zu der er keine Einladung hat. McLaggen steht auf dich und er sieht ziemlich gut aus. Klar ist er ein Idiot, aber das ist erstmal nicht wichtig.“ Bei meinen Worten erhellte sich Hermines Gesicht und sie sah etwas überzeugter aus. „Okay, aber wie bringe ich ihn dazu, mit mir dorthin zu gehen?“ Ich winkte ab und sagte: „Das ist leicht, er wird dich von selbst fragen, wenn wir ihm die Chance dazu geben. Du wirst schon sehen.“ Nun schaute sie doch wieder skeptisch drein und ich grinste sie aufmunternd an. Plötzlich kam mir eine Idee: „Meinst du ich sollte Harry fragen, ob er mit mir hingehen würde?“ Eigentlich war das wirklich eine geniale Lösung, doch zu meiner Enttäuschung schüttelte Hermine bedauernd den Kopf. „Nein, er geht schon mit Luna Lovegood.“ Mist, ehrlich gesagt wusste ich nicht einmal, wer das war. Deprimiert strich ich mir durch die Haare und wollte schon anfangen zu jammern, als Hermine fragte: „Was ist mit Seamus?“ Verdutzt sah ich sie an und entgegnete dümmlich: „Was soll denn mit ihm sein?“ Sie verdrehte die Augen und redete nun mit mir wie mit einem Kleinkind. „Wie wäre es, wenn du Seamus bitten würdest mit dir zu Sluggy zu gehen?“ Ich schaute mich um und entdeckte Seamus und Dean an einem Tisch weiter rechts. Hm, eigentlich sah Seamus ziemlich gut aus, wenn er auch nicht so richtig meinem Typ entsprach. Allerdings schien „mein Typ“ in letzter Zeit weißblonde Haare und graue Augen zu haben, was wohl für eine hoffentlich vorübergehende Geschmacksverirrung sprach. Schulterzuckend wandte ich mich wieder an Hermine. „Denkst du denn, er würde mir zusagen? Ich glaube nicht, dass er mich sonderlich leiden kann. Zumindest Dean scheint mich mit seinen Blicken gerade töten zu wollen.“ äußerte ich meine Bedenken. Tatsächlich sah Dean mich an, als ob er mir am liebsten einen Fluch aufgehalst hätte und dass, obwohl ich noch nie mit ihm gesprochen hatte. Blödmann. Hermine lehnte sich zu mir herüber und sagte leise: „Ich habe im Gemeinschaftsraum mit angehört, wie die beiden sich über dich unterhalten haben. Seamus scheint von dir ganz schön angetan zu sein und Dean regt sich darüber auf, dass er ausgerechnet eine Slytherin mag. Er meint, dass Seamus damit zum Feind überlaufen würde.“ Ich schnaubte entrüstet, bevor die volle Bedeutung des eben Gehörten zu mir durchdrang. „Du meinst also, dass Seamus in mich verknallt ist?“ hakte ich nach und klang wohl genauso überrumpelt wie ich mich fühlte. Doch Hermine nickte nur ernst und erwiderte: „Wenn wir nachher hier rausgehen, haben wir beide ein Date für übermorgen, in Ordnung?“ Wie ferngesteuert hörte ich mich ihr zustimmen, während mein Blick wieder zu dem rotblonden Jungen wanderte, der in diesem Moment ein Buch fallen ließ und unter dem Tisch verschwand, um es aufzuheben. „Wie machen wir es jetzt mit McLaggen?“ holte mich Hermine wieder in die Realität zurück. Ohne ihr zu antworten, zog ich sie hoch und steuerte zielstrebig auf das Regal zu, das direkt neben McLaggens Tisch stand. Mit erhobener Stimme fing ich an zu jammern: „Oh Mann, Hermine…Ich verstehe einfach nicht, wieso ich keine Begleitung für Sluggys Party finde. Wenn dich schon keiner fragt, wie soll ich dann jemals einen abbekommen? “ Hermine war bei meinen Worten knallrot angelaufen und stammelte irgendetwas Unverständliches. Doch aus den Augenwinkeln konnte ich eine Bewegung wahrnehmen. Eine Sekunde später, stand auch schon McLaggen neben uns und betrachtete Hermine gierig. „Ich habe gerade zufällig gehört, dass du noch eine Verabredung für Sluggys Weihnachtsfeier suchst. Hast du nicht Lust mit mir hinzugehen?“ fragte er selbstsicher und grinste schmierig, sodass es mir kalt den Rücken herunter lief. Der Typ war echt widerlich; vielleicht war das doch keine so gute Idee gewesen. Gerade als ich McLaggen abwimmeln wollte, hörte ich Hermine ein schrilles „Ja“ quieken und der Idiot nickte zufrieden. „Ich hole dich dann so dreiviertel neun ab.“ sagte er und setzte sich siegessicher zurück an seinen Tisch. Hermine atmete tief durch. „Puh, das wäre geschafft. Und jetzt du.“
Okay Cassie, du schaffst das, sagte ich mir und nickte zustimmend, bevor ich Seamus anvisierte und mit zögerlichen Schritten auf ihn zuging. Als ich bei ihm angekommen war, blickten die beiden Freunde beinahe erschrocken zu mir auf. „Was willst du, Frost?“ fragte Dean feindselig, während Seamus mich verträumt musterte. Hermine hatte wohl Recht; er schien tatsächlich recht angetan von mir zu sein. Verlegen räusperte ich mich und stellte mich gerade hin.
„Eigentlich wollte ich dich was fragen, Seamus.“ Er zuckte leicht zusammen und wurde ganz blass, bevor ihm das Blut in die Wangen zurück schoss und sie scharlachrot färbte.
„D-du kennst meinen Namen?“ stotterte er verwirrt, schüttelte dann hektisch den Kopf und fügte hinzu: „Ich meine, w-was willst du mich fragen?“ Ich schenkte ihm mein charmantestes Lächeln und zu meiner Erleichterung, lächelte er schwach zurück. Nicht zu glauben, wie nervös der Junge war.
„Ich würde gern wissen, ob du mich vielleicht zu Slughorns Weihnachtsfeier begleiten möchtest. Sie findet am Mittwochabend statt.“ Dean starrte nur sprachlos von mir zu Seamus, während dieser mindestens genauso perplex zu sein schien. „Ähm, ja klar. Ich gehe gern mit dir hin.“ sagte er schließlich leise und schenkte mir nun ein ehrliches Lächeln, das seine blauen Augen zum Leuchten brachte.
„Super, es geht um neun los, also können wir uns kurz vorher vor Slughorns Büro treffen, wenn du magst.“ schlug ich vor und erwiderte sein Strahlen. Doch zu meiner Überraschung schüttelte er seinen Kopf und sagte ernst: „Nein, ich hole dich natürlich vor deinem Gemeinschaftsraum ab.“
Wow, es gibt also doch noch Gentlemen, dachte ich vergnügt und dankte ihm glücklich, bevor ich mich umdrehte und zurück zu Hermine ging, die alles interessiert beobachtet hatte.
Als wir die Bibliothek verließen, hatten wir beide eine Verabredung und zum ersten Mal seit Tagen hatte ich das Gefühl, dass sich die eiserne Faust in meiner Brust ein wenig lockerte.


#
Draco:
Nachdem ich einer nun ziemlich wütenden Lisa Turpin beigebracht hatte, dass sie sich eine andere Begleitung für den Ball suchen musste, saß ich entspannt beim Frühstück und biss genüsslich in meinen Bagel. Astoria war von meiner Einladung völlig hingerissen gewesen und ich hatte beobachten können, wie sie Pucey den Laufpass gab. Ich wusste, dass sie schon ziemlich lange eine Schwäche für mich hatte und auch wenn ich eigentlich nicht viel für so junge Mädchen übrig hatte musste ich zugeben, dass sie mit ihrem langen dunklen Haar und den strahlend blauen Augen recht hübsch war. Alles in allem hatte der Tag sehr zufriedenstellend begonnen, dachte ich vergnügt und rückte ein Stück zur Seite, als sich Blaise neben mich auf die Bank quetschte. „Morgen, Großer.“ begrüßte er mich und klopfte mir freundschaftlich auf den Rücken, während er sich mit der anderen Hand ein Brötchen schnappte. Ich nickte ihm grinsend zu und fragte: „Na, wie war dein Date gestern? Alles gut gegangen?“ Blaises Miene wurde weich und er lächelte mich offen an. „Und wie. Ich war die Romantik in Person. Daphne war ganz hin und weg von mir.“ Lachend kniff ich ihm in eine Wange und schnurrte: „Wie könnte es auch anders sein bei einem so niedlichen Persönchen.“ Nun funkelte mein bester Freund mich böse an und schlug meine Hand weg. „Was ist denn mit dir los? So gut gelaunt hab ich dich ja selten gesehen.“ Misstrauisch musterte er mich und brachte mich damit erneut zum Lachen. „Ach, es läuft einfach gut gerade. Turpin bin ich los und Astoria geht mit mir zum Ball.“ erklärte ich schulterzuckend und nippte an meinem Kürbissaft. Ekliges Zeug, wie konnte einem so etwas klebrig Süßes nur schmecken?!
Blaise nickte verstehend, doch ich bemerkte, dass ein leichter Schatten über sein Gesicht fiel. Was sollte das jetzt wieder? Kopfschüttelnd wandte ich mich einem Stück Kuchen zu und beschloss nicht weiter darauf einzugehen, als eine Schleiereule einen Brief vor mir abwarf. Eigentlich hatte ich keine Post erwartet. Stirnrunzelnd hob ich ihn auf und öffnete ihn ungeduldig.

Draco,

ich hoffe, dass es dir gut geht und du fleißig lernst. Leider ist mir vor kurzem zu Ohren gekommen, dass du mit Terry Frosts Tochter zum Weihnachtsball gehen möchtest. Eigentlich dachte ich, dein Vater hätte sich diesbezüglich klar ausgedrückt. Ich bitte dich inständig, deine Entscheidung noch einmal zu überdenken und dir darüber klar zu werden, was es für deinen Vater bedeuten würde, wenn du Kontakte zu solchen Leuten pflegst. Du weißt, dass er in dieser Hinsicht recht empfindlich ist und meiner Meinung nach etwas überreagiert, aber dennoch: Halte dich zurück. Dein Vater wird nicht ewig in Askaban sitzen und wenn er wieder daheim ist, sollten keine Gerüchte von dir und dem Frost-Mädchen in Umlauf sein.
Genieße die Feierlichkeiten vor den Ferien.

In Liebe,
Mutter


Ungläubig las ich den Brief ein weiteres Mal durch und zerknüllte ihn anschließend mit zornigem Blick. Blaise sah mich aufmerksam an und fragte besorgt: „Ist was passiert?“ Schnaubend steckte ich den Brief in die Innentasche meines Umhangs und blickte mich suchend um, bis ich Pansys Mopsgesicht ausmachte. Sie starrte mich ängstlich an, als ich auf sie zusteuerte, sie grob von der Bank hochzog und in die Eingangshalle schleifte. „W-was hast du denn bloß, Draci?“ stotterte sie und versuchte sich an einer unschuldigen Miene, die ihr jedoch gründlich misslang. „Du hast meine Mutter angeschrieben?! Im Ernst?!“ zischte ich kalt und umklammerte ihren Arm noch fester. „Au, Draco du tust mir weh.“ jammerte sie wehleidig und mir riss der Geduldsfaden. Ich schüttelte sie kräftig und schrie: „Was fällt dir ein solche Lügen zu verbreiten du mieses, pickeliges Stück Dreck?!“ Abrupt wurde ich von ihr weggezogen und ich versuchte erfolglos Blaises Arm abzuschütteln, der mich davon abhielt, der hemmungslos schluchzenden Pansy eins überzubraten. „Beruhige dich, Mann. Was ist denn hier los?“ Blaise sah mich verstört an und ich deutete anklagend auf das Häufchen Elend vor mir. „Die Schlampe hat meiner Mutter geschrieben, dass ich mit Frost zum Ball gehen will.“ fauchte ich und Blaise zog mich entschlossen nach draußen in den kühlen Vorhof, während eine tränenblinde Pansy sich auf den Weg in die Kerker machte.
Endlich blieb Blaise stehen und drückte mich auf eine steinerne Bank, deren Kälte sich sofort in meine Glieder schlich und mich frösteln ließ. Um mich zu beruhigen atmete ich tief durch und strich mir die Haare aus dem Gesicht. Eine Weile saßen wir einfach nur stumm nebeneinander, bis Blaise fragte: „Was wäre so schlimm daran, wenn du mit Cassie zum Ball gehen würdest?“ Ungläubig schaute ich zu ihm auf; obwohl ich recht groß war, überragte Blaise mich noch um einen halben Kopf. „Was denkst du denn, was mein Vater davon hält, wenn ich mit einer Blutsverräterin anbandle, deren Dad schon seit Jahren versucht ihn nach Askaban zu schicken?“ entgegnete ich und fügte bitter hinzu: „Womit er letztendlich ja auch Erfolg hatte.“ Blaise sah aus, als würde er mein Dilemma so langsam verstehen und rieb sich über das Gesicht. „Weißt du, ich sag das jetzt nicht gern, aber eigentlich ist dein Vater selbst Schuld an seiner jetzigen Lage.“ sagte er vorsichtig und schien einen weiteren Ausbruch meinerseits zu erwarten. Doch ich zuckte nur die Schultern und vergrub resigniert das Gesicht in meinen Händen. „Ich weiß.“ erwiderte ich leise und Blaise keuchte überrascht auf. Mit einem schiefen Grinsen blickte ich ihn an und fragte: „Was? Ich bin kein Vollidiot, okay? Mir ist klar, dass er kein Unschuldslamm ist. Aber er ist mein Vater. Ich will nicht, dass er nach Hause kommt und feststellt, dass ich die Familienehre in den Dreck gezogen habe. Ich will keinen Stress mit ihm.“ Die letzten Worte hörten sich auch in meinen Ohren viel zu verletzlich an. Blaise seufzte tief und legte mir eine Hand auf die Schulter. „Ich denke, dass die Familienehre durch sein Verhalten schon so beschmutzt ist, dass ein weiterer Fleck nicht mehr auffällt.“ Über diese Bildhaftigkeit musste ich schmunzeln und ich sagte neckend: „Eigentlich müsste ich dich für diese Beleidigung verprügeln.“ Blaise lachte und wuschelte durch meine Haare. „Aber das tust du nicht, weil ich dein einziger Freund bin.“ Noch während ich versuchte, meine Frisur wieder zu ordnen stimmte ich in sein Lachen ein und erhob mich stöhnend. „Meinst du ich soll meiner Mutter einfach schreiben, dass das alles eine Lüge ist und sie sich keine Sorgen machen muss?“ fragte ich nun wieder ernst und half Blaise unnötigerweise beim Aufstehen. Dieser sah mich nachdenklich an und sagte: „Wenn du mich fragst, solltest du dir lieber mal überlegen, ob diese Lüge nicht vielleicht sogar der Wahrheit entspricht.“ Entrüstet wollte ich widersprechen, doch Blaise unterbrach mich mit einer unwirschen Geste und fuhr fort: „Du solltest dir eingestehen, dass du Cassie magst und dich nur mit Mädchen wie Turpin oder Astoria umgibst, um dich von ihr abzulenken. Ich kenne dich schon seit Jahren, Draco. Du hast noch niemals ein Mädchen so angesehen, wie du sie ansiehst und ich bin mir sicher, dass sie diese Blicke noch bis vor einer Woche erwidert hat. Also was auch immer du gemacht hast, um sie so zu verprellen: Reiß dich zusammen und bring es in Ordnung. Bevor es zu spät ist.“ Perplex starrte ich erst in sein todernstes Gesicht und dann auf seinen Zeigefinger, der sich mit jedem seiner letzten Worte schmerzhaft in meine Brust gebohrt hatte. Mit hochgezogenen Brauen schaute ich wieder zu ihm auf und er nahm mit einem genervten Augenrollen seine Hand weg. Nach einem weiteren mahnenden Blick drehte er sich um und machte sich auf den Weg zurück ins Schloss, als mir etwas einfiel: „Hey Blaise?“ rief ich und er wandte sich mir wieder zu. „Warum denkst du, dass es bald zu spät sein könnte?“ fragte ich mit gerunzelter Stirn und Blaise lachte freudlos auf. „Cassie ist verdammt hübsch, wie dir ja sicher schon aufgefallen ist und ich weiß aus sicherer Quelle, dass sie morgen nicht allein zu Sluggys Weihnachtsfeier gehen wird.“ Er nickte mir noch einmal kurz zu und verschwand dann durch das Schlossportal. Schwer atmend ließ ich mich zurück auf die unbequeme Bank fallen und verdaute das soeben Gehörte. Cassie hatte ein Date für Slughorns Party? Seltsam, dass mich das überraschte, aber ich hatte irgendwie vermutet, dass sie länger brauchen würde, um über mich hinwegzukommen. Dieser bescheuerte Slug-Club. Keine Ahnung, warum ich nie eine Einladung bekam, doch ich würde zu gern wissen, mit wem Cassie verabredet war. Entschlossen erhob ich mich wieder und stapfte mit in den Taschen vergrabenen Händen zum Schloss empor.
Ich würde es schon noch herausfinden.

silver22
NewbieNewbie
Beiträge: 10
Registriert: 15.05.2014 21:36

Re: Grünes Eis

Beitrag von silver22 »

Cassie:
Merlin, ich war sowas von spät dran! Eilig flitzte ich durch die Kerker und schlitterte um eine Ecke, um dann keuchend die Tür zu Slughorns Klassenzimmer aufzustoßen. Meine Mitschüler hatten sich bereits partnerweise zusammengetan und die meisten schauten gespannt zu Slughorn, der anscheinend soeben erklärt hatte, was uns in dieser Stunde bevorstand. Verwundert stellte ich fest, dass die anwesenden Mädchen aufgeregt miteinander tuschelten und hinter vorgehaltenen Händen kicherten.
Alberne Gänse, dachte ich naserümpfend, als Slughorn sich schwungvoll zu mir umdrehte und theatralisch die Arme ausbreitete. „Ah Ms. Frost, wie schön, dass Sie auch zu uns stoßen. Kommen Sie, kommen Sie, bei Ms. Granger ist noch Platz.“ gluckste er und sein Walrossbart erzitterte bei jedem Wort. Erleichtert nickte ich ihm zu und glitt rasch zu meinem Platz an Hermines Seite. „Ich habe Ihren Mitschülern gerade mitgeteilt, dass wir uns heute an Amortentia versuchen werden. Zu Beginn des Schuljahres haben Sie diesen Trank ja schon kennengelernt. Ms. Frost, können Sie mir vielleicht noch einmal sagen, was er bewirkt?“ Angestrengt grübelte ich und sagte langsam: „Ähm, ich glaube, das ist ein Liebestrank, Professor.“ Hermine sah mich durchdringend an, streckte den Arm in die Höhe und schnipste unaufhörlich mit den Fingern.
„So weit so gut, Ms. Frost. Aber kann man mit ihm tatsächlich Liebe hervorrufen?“
Oh, jetzt wusste ich, worauf er hinaus wollte und beeilte mich zu sagen: „Nein, Professor. Man kann höchstens eine sehr starke Verliebtheit erzeugen.“ Hermine ließ enttäuscht die Hand sinken, während Slughorn mir vergnügt zuzwinkerte. „Sehr schön, Ihre Verspätung sei Ihnen verziehen.“ Stolz erwiderte ich Harrys Grinsen und freute mich über Rons hochgestreckten Daumen. Doch meine gute Laune hielt nicht lange an, denn als mein Blick von Harrys und Rons Arbeitsplatz einen Tisch weiterwanderte, traf er auf zwei dunkelgraue Augen, die mich unverwandt musterten. Na toll, der hatte mir gerade noch gefehlt. Unwillig runzelte ich die Stirn und warf mit einer überheblichen Geste mein Haar über die Schulter. Wieder ertönte Slughorns dröhnende Stimme und alle wandten sich ihm zu. „Einen kleinen Kessel habe ich schon vorbereitet und ich würde Sie bitten, nun der Reihe nach vorzutreten. Prägen Sie sich genau ein, wie der Trank für Sie riecht, denn so können Sie später am besten kontrollieren, ob Ihre Arbeit erfolgreich war oder nicht. Sie wissen ja, dass Amortentia für jeden nach dem riecht, was ihn am meisten anzieht. Wir fangen hier vorne an; Mr. Westley, kommen Sie her und schnuppern Sie.“ Ron machte sich auf den Weg und murmelte etwas, das klang wie: „Mein Name ist Weasley.“ Schnell unterdrückte ich ein Lachen und sah, dass auch Harry in sich hineingluckste.
Bald schon stand Draco vor Slughorns Kupferkessel, beugte sich darüber und atmete tief ein. Kurz schien er zu stutzen, doch so schnell dieser Eindruck entstanden war, so schnell war er auch wieder vorüber und er hatte wieder die kühle und abweisende Maske aufgesetzt, die wir alle von ihm gewöhnt waren. Wahrscheinlich hatte ich es mir nur eingebildet. Als er an mir vorbeiging, starrte er stur geradeaus und würdigte mich keines Blickes.
Es interessierte mich nicht, es war mir völlig egal. Dieses Mantra wiederholte ich stetig und als Hermine sich wieder auf den Rückweg machte, setzte ich mich in Bewegung. Ich wusste was mich erwartete, schließlich hatte ich Anfang September schon bemerkt, dass der Trank für mich nach Schokolade, dem Weichspüler meiner Mom und Dads Aftershave roch. Schnell schritt ich nach vorn und neigte den Kopf über den Kessel, während ich mein langes Haar festhielt, damit es nicht in den Trank glitt.
Doch das war nicht der Geruch, den ich erwartet hatte!
Moms Weichspüler war noch da; ganz schwach zwar, aber er war noch da. Merlin, wie ich sie vermisste. Eine Welle der Traurigkeit drohte mich zu überrollen, ich schluckte krampfhaft und zwang mich dazu, mich wieder auf die Aufgabe zu konzentrieren.
Erneut atmete ich ein und stellte wiederholt fest, dass sich etwas verändert hatte. Ich kannte diesen Geruch, doch ich konnte ihn nicht zuordnen. Es roch nach frischem Kiefernholz und Winter, so wie ein schneebedeckter Wald duftet. Damit verbunden war noch eine weitere Note, die ich unmöglich beschreiben konnte. Nachdenklich ging ich zurück zu meinem Platz und hörte Slughorns Anweisungen nur noch mit halbem Ohr zu. Plötzlich spürte ich, dass ich beobachtet wurde und hob abrupt den Kopf, nur um erneut in Dracos Gesicht zu schauen. Ungewöhnlicher Weise war sein Blick völlig offen und ich hatte das Gefühl, ihm direkt in die Seele sehen zu können.
Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen und die Röte stieg mir ins Gesicht. Natürlich kannte ich den Duft nach Holz, Schnee und Eis und etwas undefinierbar Maskulinem. Ich hatte ihn zuerst vor McGonagalls Büro wahrgenommen, später dann im Korridor nach Verteidigung gegen die dunklen Künste und am See…Immer, wenn er in der Nähe war...
Ich wusste jetzt, was oder besser gesagt wer mich so unglaublich anzog, dass selbst sein bescheuertes Verhalten nichts daran geändert hatte.
Verdammtes, verräterisches Herz!
Was bitte war so besonders an Draco Malfoy?!

#

Draco:
Heute Abend würde Slughorns dämliche Weihnachtsfeier stattfinden und ich hatte immer noch keinen Schimmer, mit wem Cassie dort auftauchen würde. Müde streckte ich mich und setzte mich in meinem Bett auf. Blaise, Nott und Pucey schliefen noch, doch ich konnte einfach nicht mehr liegen. Es war zum Durchdrehen…Ich hatte mich wieder so gut im Griff gehabt, ich meine, beinahe wäre ich wieder der alte Draco gewesen, dem kein Mädchen etwas anhaben konnte. Aber nur ein einziger Atemzug hatte meine schöne Illusion zerstört und mich daran erinnert, dass ich etwas wollte, was mir mehr Probleme als Nutzen bringen würde. Cassies Duft schien mich auch jetzt noch einzuhüllen und ich stöhnte frustriert auf. Verdammt, Blaise hatte recht. Ich musste das irgendwie wieder hinbiegen; sie musste mir einfach die Chance geben, mich zu entschuldigen. Mühsam wickelte ich mich aus meiner Decke und machte mich auf den Weg ins Bad. Meine bloßen Füße verursachten kein Geräusch auf dem Marmorboden, dessen Kälte mir nun an den Knöcheln hochkroch. Doch es störte mich nicht. Rasch verschloss ich die Badezimmertür hinter mir und stützte mich beidhändig am Waschbeckenrand ab. Langsam hob ich den Blick und betrachtete mein Spiegelbild: Die mehr oder weniger schlaflose Nacht hatte ihre Spuren hinterlassen und ich hatte tiefviolette Schatten unter den Augen. Ärgerlich drehte ich den Hahn auf und schöpfte mir kaltes Wasser ins Gesicht, bis ich wieder einigermaßen klar denken konnte.
Okay, Draco, du hast dich verhalten wie ein Arsch, aber du kannst das klären, sagte ich mir und schnappte mir ein Handtuch, um mich abzutrocknen. Ich musste mit ihr reden, ihr erklären, warum ich so ein Idiot gewesen war. Aber was sollte ich sagen? Hey Cassie, entschuldige bitte, dass ich erst versucht habe dein Vertrauen und deine Zuneigung zu gewinnen, nur um dich dann wegzustoßen, weil ich Angst hatte, man könnte mich mit dir sehen? Ich schüttelte den Kopf. Nein, das war mehr als dämlich. Irgendwie musste ich ihr deutlich machen, dass ich mehr für sie empfand, als ich selbst bisher für möglich gehalten hätte.
Entschlossen stellte ich mich erneut meinem Spiegelbild und sagte fest: „Hey Cassie, es tut mir leid, dass ich zu feige war, um zu dir und meinen Gefühlen für dich zu stehen. Das alles ist völlig neu für mich und du musst mir einfach glauben, wenn ich dir sage, dass du überraschender Weise ein sehr wichtiger Mensch für mich geworden bist. Immer wenn du in einen Raum kommst, kann ich nicht anders als dich anzusehen und immer wenn ich das tue, haust du mich einfach um.“ Stolz grinste ich mich selbst an. Ja, das war kitschig, aber es könnte tatsächlich funktionieren. Ein lautes Klopfen an der Tür ließ mich zusammenzucken und ich hörte Blaises gedämpfte Stimme: „Alter, wenn du fertig bist mit deinen Liebesgeständnissen, würde ich auch gern mal ins Bad gehen.“
Obwohl die Tür geschlossen war, konnte ich das Grinsen aus seinem Tonfall heraushören und ich beeilte mich ihn hereinzulassen. Lachend klopfte er mir auf die Schulter und raunte mir zu: „Wurde aber auch langsam mal Zeit, Alter.“ Ich zischte ihm nur etwas Unverständliches zu und drängte mich mit hochrotem Kopf an ihm vorbei, während er leise lachend die Tür zuschlug.
Beim Frühstück saß ich wie auf glühenden Kohlen. Wann war sie endlich fertig mit essen? Es konnte doch nicht wahr sein, dass man eine halbe Stunde lang an einem Stück Toast herumknabberte. Ungeduldig verdrehte ich die Augen und trommelte mit meinen Fingerkuppen auf den Tisch, bis Blaise meine Hand festhielt und mich genervt ansah. „Halt einfach mal still, okay? Du machst mich noch völlig wahnsinnig mit deinem Herumgezappel.“ Ich nickte ergeben und wollte mich gerade auf meine Hände setzen, als Cassie plötzlich aufstand und glücklicherweise allein Richtung Eingangshalle lief. Ich schnellte von der Bank hoch und stieß dabei versehentlich Blaise an, der sich an seinem Tee verschluckte und einen Hustenanfall bekam. Kurz angebunden entschuldigte ich mich und gab mit einem Schlenker meines Zauberstabes seine Luftröhre frei, allerdings ohne Cassie aus den Augen zu lassen. Eilig ging ich ihr nach, doch als sie auf Höhe des Gryffindortisches war, blieb sie auf einmal stehen. Irritiert verlangsamte ich meinen Schritt und beobachtete, wie sie sich zu Seamus Finnigan herunterneigte und etwas zu ihm sagte, das ihm ein breites Grinsen entlockte. Ich runzelte unwillig die Stirn und kam ihr nun immer näher. Was wollte sie denn von diesem Volltrottel?
Als ich sie beinahe erreicht hatte, setzte sie sich wieder in Bewegung und ich blieb hinter ihr, bis sie aus der Großen Halle trat. Sie musste wohl gehört haben, dass ihr jemand folgte, denn sie drehte sich ruckartig um und als sie mich sah, formte ihr Mund ein stummes „Oh“.
Doch sie hatte sich sofort wieder gefangen und blitzte mich nun wütend an.
„Was willst du denn?“ fragte sie kühl und verschränkte die Arme vor der Brust. Ich blieb in sicherem Abstand zu ihr stehen und fuhr mir nervös durch‘s Haar. Du hast das geübt, Draco, sagte ich mir. Du kannst das, mach‘ es einfach genau so wie vorhin. Sie blickte mich auffordernd an und ich holte tief Luft, bevor ich den Mund öffnete und - … - nichts sagte.
Es kam einfach nichts heraus. Meine Handflächen begannen zu schwitzen und ich versuchte, ihre unglaublich grünen Augen zu ignorieren wie ich es die ganze letzte Zeit über getan hatte. Versuchte, nicht auf den schwachen Vanilleduft zu achten, der permanent von ihr auszugehen schien. Doch es gelang mir nicht.
Cassie stöhnte genervt auf und ich bemühte mich erneut, meine Rede zu beginnen.
Diesmal entwich mir jedoch nur ein jämmerliches Keuchen, Cassie zischte ein „Was auch immer.“ und ließ mich einfach stehen.
Wie angefroren blieb ich wo ich war und starrte auf die Stelle, an der sie soeben verschwunden war.
Was zum Henker war das denn gewesen?! Langsam bekam ich wieder ein Gefühl in den Beinen und bewegte mich wie ferngesteuert durch das Schloss. Ich hatte keine Ahnung, wo ich hinlief. Das war’s jetzt wohl, dachte ich verzweifelt. Jetzt hält sie mich nicht nur für einen Arsch, sondern auch noch für vollkommen irre. Das war wirklich armselig; ich war wirklich armselig. Merlin, wo sollte das nur noch hinführen?


#
Cassie:
Total verwirrt saß ich mit Daphne während unserer gemeinsamen Mittwochsfreistunde im sonst leeren Gemeinschaftsraum und erzählte ihr von meinem heutigen Nicht-Gespräch mit Draco. In den letzten Tagen war kaum Zeit gewesen sich ausführlich zu unterhalten, da Daphne mit den Hausaufgaben im Rückstand war und ansonsten hauptsächlich mit Blaise herumknutschte. Umso erstaunter war sie, als ich ihr peinlich berührt von meinem Zaubertrankerlebnis berichtete und darauf aufbauend zum Geschehen des heutigen Morgens überging.
„Was soll das heißen, er hat nichts gesagt?“ hakte sie irritiert nach und schaute mich fragend an. Händeringend versuchte ich ihr die skurrile Situation zu beschreiben und sagte: „Naja, er stand eben einfach nur so da und hat den Mund auf und zu gemacht wie ein Fisch auf dem Trockenen.“ Daphne kicherte und schüttelte belustigt den Kopf. „Meine Güte, ich kann mir das gar nicht vorstellen. Draco ist sonst immer so selbstsicher und wortgewandt. Ich würde einiges dafür geben, ihn mal sprachlos zu sehen.“ Obwohl mir eigentlich nicht danach zu Mute war, stimmte ich in ihr Lachen ein und fragte dann etwas kleinlaut: „Meinst du, er wollte mich damit veralbern?“ Als Daphne mich nur verständnislos anschaute, konkretisierte ich meine Bedenken: „Ich hatte das Gefühl, dass er mich damit irgendwie ärgern wollte.“ Nun machte Daphne ein Gesicht, als würde sie mich für bescheuert halten. „Das ist doch dämlich Cassie! Mit der Aktion hat er sich total blamiert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er dir damit was Böses wollte.“ sagte sie bestimmt und nahm sich einen Schokofrosch aus der Tüte, die sie beim letzten Hogsmeade-Besuch im Honigtopf erstanden hatte. Skeptisch sah ich meine Freundin an und nuckelte an einer Zuckerstange herum, während sie fortfuhr: „Ich denke viel eher, dass er dir etwas sagen wollte und sich letztlich doch nicht getraut hat.“ Sie schenkte mir einen vielsagenden Blick und ich machte große Augen.
„Du meinst…Er –, ähm…Nein, er würde sich nie entschuldigen. Das hat er schon als Kind nicht gemacht.“ winkte ich zerknirscht ab, doch Daphne blieb beharrlich.
„Dann macht das doch erst recht Sinn, denkst du nicht? Er hat ja schließlich keinen Ton rausgekriegt; also muss ihm was peinlich gewesen sein.“ Nachdenklich strich ich über meinen geflochtenen Zopf, der über meiner Schulter lag. Seltsamer Weise war Daphnes Schlussfolgerung tatsächlich logisch, wenn sie auch gegen alle normalen Malfoy-Verhaltensweisen verstieß. Daphne schien zu merken, dass sie mich ins Grübeln gebracht hatte und wechselte abrupt das Thema.
„Du hast mir noch gar nicht erzählt, wer heute mit dir zu Sluggys Weihnachtsfeier geht.“ schmollte sie mit vorgeschobener Unterlippe und brachte mich damit zum Grinsen. Schnell und nicht sehr ausführlich berichtete ich ihr von Seamus, was sie mit einem Naserümpfen quittierte.
„Was ist?“ wollte ich von ihr wissen und konnte mir die Antwort schon denken. „Naja…Süße, ich freue mich, dass du da nicht alleine hingehst und noch mehr freue ich mich, dass du nicht Potter oder Weasleby anschleppst, aber Finnigan?!“ fragte sie ungläubig. „Er ist so…“ kurz stockte sie und schien nach einem passenden Wort zu suchen, bis sich ihr Gesicht plötzlich erhellte und sie hinzufügte: „Gewöhnlich. Er ist absolut gewöhnlich. Du hast was Besseres verdient.“ Ich sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an und erwiderte eingeschnappt: „Seamus ist süß, okay? Und er ist sehr nett.“ Doch Daphne ließ sich nicht so leicht von ihrer Meinung abbringen und täuschte ein Gähnen vor. „Er ist ein Langweiler und er hat so eine komische Haarfarbe. Widerlich.“ Mit angeekeltem Blick machte sie eine Geste hoch zu ihrem Kopf und brachte mich nun doch zum Lachen.
„Daphne, du bist blöd. Er ist rotblond; daran ist überhaupt nichts Schlimmes.“
Außer dass rotblond natürlich nicht weißblond war, aber das war ein anderes Thema. Pikiert sage ich: „Es kann sich schließlich nicht jeder so einen Superhelden angeln, wie du es geschafft hast.“ Sie schenkte mir ein durchtriebenes Grinsen und ich durfte mir die nächsten zwanzig Minuten lang ihre Schwärmereien anhören. Achja, wozu waren Freunde schließlich da?
Viel zu schnell musste ich mich auf den Weg zu meiner nächsten Stunde machen und überließ Daphne mitfühlend ihrem Hausaufgabenberg, der einfach nicht kleiner zu werden schien. Gerade als ich in den Korridor hinaustrat, schlitterte eine besorgt aussehende Hermine auf mich zu, was mich sofort in Alarmbereitschaft versetzte.
„Ist was passiert?“ fragte ich sie nervös, während sie nach Luft schnappte und erst einmal wieder zu Atem kommen musste. Ungeduldig wippte ich auf meinen Füßen vor und zurück, bis sie endlich in der Lage war normal zu sprechen: „Seamus. Er hat im Zauberkunstunterricht gerade irgendwas explodieren lassen und hat sich Verbrennungen zweiten Grades im Gesicht geholt.“ Schockiert schlug ich eine Hand vor den Mund und fragte entsetzt: „Bei Merlins Bart, geht es ihm einigermaßen gut?!“ Hermine winkte rasch ab und antwortete immer noch leicht keuchend: „Jaja, Madam Pomfrey sagt er wird schon wieder. Er hat sich aber alle Haare abgefackelt und sie meint, dass auch seine Haut bis morgen brauchen wird, um zu heilen." Sie musste wohl meinen bestürzten Gesichtsausdruck bemerkt haben, denn sie fügte hinzu: ,,Mach dir keine Sorgen um ihn; er ist das ja schon gewöhnt.“ Verwundert runzelte ich die Stirn. „Passiert ihm das öfter?“ hakte ich fassungslos nach und Hermine stöhnte ein genervtes „Du hast ja keine Vorstellung.“
Mitleidig streichelte sie meinen Oberarm und machte mich auf etwas aufmerksam, das mir bisher völlig entgangen war: „Tut mir wirklich leid, Cassie. Aber mach dir nicht zu viele Gedanken, okay? Es ist bestimmt nicht so schlimm ohne Date zu der Party zu gehen.“
Verdammt, ich hatte wirklich kein Glück mit Männern.


#
Cassie:
Nach meiner letzten Stunde war ich in den Krankenflügel geeilt, um Seamus zu besuchen. Allerdings hatte er geschlafen und Dean, der laut Madam Pomfrey nicht von seiner Seite wich, scheuchte mich sofort wieder hinaus.
So ein Trottel, dachte ich auch jetzt noch grimmig, während ich mir ein letztes Mal die Lippen nachzog. Daphne war bereits fertig und wartete ungeduldig auf mich. Sie würde natürlich mit Blaise zur Feier gehen und damit ich nicht ganz alleine dort aufkreuzen musste, hatte ich mich den beiden kurzerhand angeschlossen. „Komm endlich Cassie! Die Party hat schon vor fünf Minuten angefangen“ maulte Daphne ungeduldig und ich verdrehte genervt die Augen. „Ich bin ja schon fertig.“ entgegnete ich beruhigend und Daphne murmelte ein spitzes „Schon ist gut.“ In Anbetracht dessen, dass ich mich tatsächlich schon seit anderthalb Stunden in Schale warf, hielt ich besser den Mund und folgte Daphne, die gerade in den Gemeinschaftsraum trat. Wehmütig beobachtete ich, wie sie strahlend auf Blaise zuging, der sie mit glänzenden Augen betrachtete und ihr ein warmes Lächeln schenkte. Mit ihrem blassgrünen Kleid und den kunstvoll gelockten Haaren sah sie aus wie eine Elfe und es war nicht verwunderlich, dass Blaise bei ihrem Anblick sprachlos war. Daphne kicherte verlegen, während sie sich bei ihm unterhakte und ich stolzierte, ein schroffes „Bringen wir’s hinter uns.“ brummend, an den beiden vorbei Richtung Korridor. „Na na Cassie, wer wird denn hier so ein Spielverderber sein, hä?“ lachte Blaise, doch ich ignorierte ihn und ging stur vor ihnen her. Wenig später traten wir durch die Tür von Slughorns Büro, wo die Feier schon in vollem Gange war. Suchend sah ich mich um, konnte Hermine aber nicht finden. Dafür erblickte ich Harry, der mit einem seltsam aussehenden Mädchen am Rand des Geschehens stand und sich mit Longbottom unterhielt. Rasch verabschiedete ich mich von Blaise und Daphne, die jedoch viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt waren, um es zu bemerken. Ich durchquerte zielstrebig den reich geschmückten Raum, bis ich Harry erreichte, der mir freudig entgegenlächelte. Ich konnte einfach nicht anders als sein Grinsen zu erwidern und gesellte mich zu ihm und seiner Begleitung, die aus der Nähe betrachtet noch viel befremdlicher erschien. Longbottom hatte sich schnell verzogen als er mich kommen sah; er hatte ziemlichen Schiss vor uns Slytherins, auch wenn ich ihm nie einen Grund dazu gegeben hatte.
„Hey, wie geht’s?“ fragte ich meinen Freund und nahm mir ein Glas vom Tablett eines vorbeieilenden Kellners. „Ganz gut soweit.“ antwortete Harry und deutete auf das Mädchen neben ihm. „Das ist Luna Lovegood, Luna, das ist Cassie Frost.“ Etwas unterkühlt nickte ich ihr zu und nahm mit leichtem Abscheu ihre hässlichen Ohrringe zur Kenntnis, die wie Radieschen aussahen. Harry blickte mich streng an und ich bemühte mich um eine freundliche Miene. Sie konnte schließlich nichts dafür, dass sie keinerlei Geschmack hatte. Versöhnlich streckte ich ihr die Hand entgegen und sie ergriff sie mit einem verträumten Gesichtsausdruck. „Nimm dich vor den Mistelzweigen in Acht, Cassie. Die sind voller Nagel.“ Mit fragend hochgezogenen Brauen sah ich Harry an, der jedoch nur hilflos grinsend die Achseln zuckte. „Ähm, okay. Danke Luna, ich werd’s mir merken.“ entgegnete ich und unterdrückte ein Kichern, während Luna mir ernst zunickte und dann mit einem „Oh, da drüben ist Ginny.“ in der Menge verschwand. Harry war bei Ginnys Namen zusammengezuckt und schaute sich nun suchend um, was mich wiederum zum Grinsen brachte. Ich wusste, dass Harry total in Ginny verknallt war, beschloss aber, heute mal nicht auf ihm herumzuhacken. Stattdessen fragte ich: „Sag mal, hast du Hermine schon irgendwo gesehen?“ Harry sah mich ertappt an und räusperte sich verlegen. „Ähm ja, vorhin mal kurz. Sie versteckt sich vor McLaggen.“ klärte er mich auf und ich bekam beinahe ein schlechtes Gewissen, weil ich sie dazu gebracht hatte mit dem herzukommen. „Was hält Ron davon, dass Hermine mit McLaggen hier ist?“ wollte ich scheinheilig wissen und Harry lächelte mich gequält an. „Er ist total beleidigt und hat ständig schlechte Laune.“ sagte er bitter und obwohl Harry mir leid tat, weil er zwischen die Fronten geraten war, freute ich mich ein wenig, dass Hermines und mein Plan aufzugehen schien. Ein paar Minuten standen wir schweigend nebeneinander und beobachteten die Anwesenden, unter denen auch einige wichtige Reporter und Ministeriumsleute waren. Schließlich fragte Harry warm: „Was sagt eigentlich dein Vater dazu, dass du in den Slug-Club aufgenommen wurdest?“ Mein Hals wurde ein wenig eng und ich wich seinem neugierigen Blick aus. Schulterzuckend antwortete ich: „Keine Ahnung, Harry. Wir hatten das ganze Jahr über noch keinen Kontakt. Ich hab ihm zwar mal geschrieben, aber es kam nichts zurück, also…“ Mit einem wehmütigen Lächeln brach ich ab und Harry schaute mich betreten an. „Tut mir wirklich leid, Cassie. Ich wollte dich nicht verletzen.“ sagte er reumütig und ich streichelte kurz über seinen Arm. „Kein Problem, du kannst ja nichts dafür.“ tröstete ich ihn und versuchte ihn aufmunternd anzusehen, was jedoch nichts daran änderte, dass er sich nun unwohl zu fühlen schien. „Weißt du was, ich glaube du solltest mal nach deiner Begleitung suchen und ich werde mich nach Hermine umschauen.“ schlug ich entschlossen vor und lächelte ihn offen an. Er nickte erleichtert und mit einem letzten Gruß schlängelte ich mich durch die Mengen, bis ich einen leeren Tisch fand, an den ich mich setzte. Erschöpft schloss ich die Augen und ließ meine Gedanken schweifen.
Es machte mich traurig, dass mein Dad und ich uns immer weiter voneinander entfernten. Als ich ein Kind war, hatten wir eine wunderbare Verbindung gehabt. Er war für mich wie ein Superheld gewesen, der mich vor der ganzen Welt beschützen konnte. Doch nachdem ich nach Hogwarts gegangen und ausgerechnet in Slytherin gelandet war, hatte sich alles verändert. Dad war ein eingefleischter Gryffindor, während meine Mom damals Ravenclaw zugeteilt wurde. Meines Wissens war ich die einzige Slytherin in unserer Familiengeschichte und obwohl Dad sich große Mühe gab, konnte er sein Befremden darüber nicht wirklich verbergen. Ich wusste, dass er mich liebte, aber mir war auch klar, dass es ihm lieber wäre, wenn ich ein wenig mehr wie Hermine wäre. So intelligent und mutig und stets bereit, alles stehen und liegen zu lassen, um anderen beizustehen. Das entsprach genau seinem Charakter und dass sein Gesicht immer zu Strahlen begann, wenn Hermine zu Besuch kam, versetzte mir regelmäßig einen Stich. Seit Mom gestorben war, versank er in seiner Arbeit und ich sah in, auch wenn ich zu Hause war, nur selten.
Plötzlich unterbrach eine laute Stimme meine düsteren Grübeleien und ich erhob mich neugierig, um besser sehen zu können. Filch war in den Raum gehumpelt und schleifte einen ziemlich wütenden Draco Malfoy hinter sich her, während er heiser nach Slughorn rief. Als dieser schließlich herbeigewuselt kam, fuhr Filch schnaufend fort: „Ich habe diesen Jungen in einem Korridor in der Nähe herumlungern sehen. Er behauptet zu Ihrer Party eingeladen worden zu sein, er sei aber aufgehalten worden und zu spät losgegangen. Haben Sie ihm eine Einladung ausgestellt?“ Er war offensichtlich sehr zufrieden mit sich und der Tatsache, dass gleich jemand ziemlichen Ärger bekommen würde. Ich wusste, dass Draco nicht eingeladen war, weil Slughorn eine Abneigung gegen Todesserfamilien zu haben schien. Daphne war schließlich auch kein Mitglied im Slug-Club, da ihr Vater ein eifriger Anhänger Voldemorts gewesen war. Allerdings war ich mir sicher, dass Daphne absolut nicht nach ihrem Vater kam und ich konnte mir, anders als Harry, auch nicht vorstellen, dass Draco die Ambitionen seines Dads teilte. Slughorn musterte Draco einen Moment lang verwundert, während Filchs eingefallene Wangen vor Eifer erzitterten. Gerade als Slughorn den Mund aufmachte, beeilte ich mich vorzutreten und rief ohne zu überlegen: „Ist in Ordnung, Professor. Er ist mein Begleiter und hatte nur noch etwas zu erledigen.“ Das Getuschel um uns herum verstummte und mein Gesicht wurde heiß, als mir klar wurde, was ich da eben gesagt hatte. Doch Slughorn klatschte nur munter in die Hände und polterte: „Wunderbar, dann hätten wir das ja geklärt. Lassen Sie den Jungen los, Mr. Filch.“ Mit einem verschmitzten Zwinkern wandte er sich dem völlig perplexen Draco zu und ermahnte ihn munter: „So eine hübsche junge Lady lässt man aber nicht warten, Mr. Malfoy.“ Um seine Worte zu unterstreichen hob er warnend einen Zeigefinger, was Draco nur mit einem abwesenden Nicken quittierte. Seine Augen ruhten allein auf mir und unter seinem heißen Blick spürte ich, wie die Schmetterlinge in meinem Bauch wieder zum Leben erwachten.


#
Draco:
Seit Blaise den Schlafsaal verlassen hatte, ging ich unruhig auf und ab. Slughorns Feier hatte bereits angefangen und ich wusste immer noch nicht, wer mit Cassie dort war. Frustriert setzte ich mich auf mein Bett und raufte mir die Haare.
Plötzlich kam mir eine Idee und ich richtete mich langsam auf. Vielleicht könnte ich mich ja irgendwie in Slughorns Büro hineinschleichen und einfach nachsehen, wer Cassies Begleiter war. Ein kurzer Blick würde ausreichen und schon wäre ich wieder verschwunden. Entschlossen und ohne mich umzuziehen durchquerte ich den Schlafsaal und machte mich auf den Weg zur Party. Es würde nicht schwer werden; ich würde im Korridor hinter einer Säule warten, bis ein verspäteter Gast kam und hinter ihm hineingehen. Es kamen schließlich immer Leute zu spät und das war weitaus unauffälliger, als wenn ich allein hineingehen würde.
Gerade als ich hinter der Säule Stellung bezog und mich auf eine längere Wartezeit einstellte, packte mich eine Hand am Ohr und zog mich herum. „Nanu, nanu, wen haben wir denn da?“ schnarrte eine Stimme und ich blickte in Filchs eingefallenes Gesicht. „Jetzt kriegst du Ärger, aber wie! Hat der Schulleiter nicht gesagt, dass es mit dem nächtlichen Herumschleichen vorbei ist, außer ihr habt eine Erlaubnis, oder was?"
Sein Mund verzog sich zu einem höhnischen Grinsen und seine Augen bekamen einen irren Glanz. „Lass mich los, du mieser Squib!“ fauchte ich zornig und schlug seine Hand weg. „Ich bin auf dem Weg zu Professor Slughorns Feier.“ sagte ich fest und sah ihn arrogant an. Seine teigige Haut hatte bei meiner Beleidigung violette Flecken bekommen und mit einer Schnelligkeit, die ich ihm gar nicht zugetraut hätte, umschloss seine Hand meinen Oberarm wie ein Schraubstock. „Da bist du aber ein bisschen spät dran, heh Bürschchen?“ stellte er mit leiser Stimme fest, aber ich hielt seinem Blick stand und erwiderte knapp: „Ich wurde aufgehalten. Man erwartet mich dort drin.“
„Das werden wir ja sehen!“ zischte Filch und ich dankte Merlin dafür, dass der dabei aus seinem Mund sprühende Speichel mich nicht traf.
Mit eiligen Schritten schleifte er mich zu Slughorns Büro und stieß die Tür auf.
Perfekt, ich war geliefert, dachte ich und schloss resignierend die Augen. Filch keifte irgendetwas, doch ich hörte nicht hin. Stumm wartete ich auf Slughorns Urteil und bereitete mich mental darauf vor, die ganze letzte Woche vor den Ferien nachsitzen zu müssen.
Doch statt Slughorns dröhnendem Bass erklang eine mir wohlbekannte und glockenhelle Stimme: „Ist in Ordnung, Professor. Er ist mein Begleiter und hatte nur noch etwas zu erledigen.“ Erstaunt schaute ich mich um und entdeckte Cassie, wie sie sich durch die gaffende Menge auf uns zu bewegte. Ich schluckte hart und konnte nicht umhin festzustellen, dass sie heute Abend ganz besonders zauberhaft aussah. Das kurze, mattsilberne Kleid schmiegte sich eng an ihre Kurven und ihre Haare fielen ihr in sanften Locken über die Schultern. Wie angewurzelt stand ich da und starrte sie an, bis sie mich erreichte und nach meiner Hand griff, um mich energisch mit sich zu ziehen. Ich fühlte mich völlig benebelt und stolperte hinter ihr her, während ich wie hypnotisiert auf den verboten großen Rückenausschnitt ihres Kleides glotzte. Plötzlich blieb sie stehen und wirbelte zu mir herum. Ihre mandelförmigen Augen blitzten mich wütend an und mir fiel auf, dass sie eine Haarsträhne quer über ihren Kopf geflochten hatte, die nun dort saß, wo sonst ein Haarreif oder ein Diadem platziert wurden.
Auf einmal bohrte sich ihr Zeigefinger in meine Brust und mir wurde klar, dass sie mit mir redete. Ich blinzelte zweimal angestrengt und schüttelte leicht den Kopf, bevor ich sie entschuldigend ansah und sie unterbrach: „Verzeihung, ich hab nicht zugehört. Was hast du gesagt?“ Sie erstarrte und schaute mich erbost an, bevor sie sich empörte: „Was soll das heißen du hast mir nicht zugehört?! Bist du taub oder einfach nur bescheuert?!“ Obwohl sie mir zugegebener Maßen ein wenig Angst machte, setzte ich ein schiefes Grinsen auf und zuckte bedauernd die Achseln. „Es ist nur so, dass du wunderschön aussiehst, Cassie. Das bringt mich ein wenig durcheinander.“ sagte ich sanft und stellte vergnügt fest, wie sie ihren soeben noch so diskutierfreudigen Mund schloss. Mit weit geöffneten Augen und rosa gefärbten Wangen trat sie einen Schritt zurück und wich meinem Blick aus. Hastig räusperte sie sich und fragte: „Was hast du überhaupt hier zu suchen? Du bist nicht eingeladen.“ Immer noch lächelnd verringerte ich den Abstand zwischen uns wieder und hob vorsichtig ihr Gesicht an, um ihr in die Augen schauen zu können. „Mit wem bist du hier, Cassie?“ erkundigte ich mich heiser und bewunderte die goldenen Sprenkel in ihrer sonst so grünen Iris. Für einen Moment dachte ich, sie würde mir nicht antworten, doch nach kurzer Zeit flüsterte sie: „Mit niemandem.“
Ihre Worte hallten in meinen Ohren nach und mich überkam ein ungeheures Gefühl der Erleichterung. Ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus und ich vergaß, dass wir mitten in der Öffentlichkeit waren. Mit einer raschen Bewegung schloss ich die Lücke, die mich noch von ihr trennte und drückte meine Lippen auf ihre. Ich spürte, dass sie sich kurz versteifte, bevor sie den Kuss zurückhaltend erwiderte. Meine rechte Hand streichelte zärtlich ihre Wange und ich ließ die andere über ihren bloßen Rücken wandern, während in meiner Brust ein Feuerwerk explodierte.
Gerade als ich den Kuss vertiefen wollte, verkrampfte sie sich und machte sich ruckartig von mir los. Verdutzt öffnete ich die Augen und sah in ihr herzförmiges Gesicht, auf dem sich die verschiedensten Emotionen spiegelten. „Warum hast du das gemacht?“ fragte sie mit belegter Stimme und ich schenkte ihr ein warmes Lächeln.
„Mistelzweig.“ sagte ich leise und deutete mit einem Schulterzucken nach oben. Ihr Blick wanderte an die Decke, bevor sie sich mir wieder zuwandte und ich hätte schwören können, dass ihre Mundwinkel zuckten. Doch sie drehte sich ohne ein weiteres Wort um und verschwand in der Menge, während ich ihr mit einem nunmehr leeren Gefühl im Magen nachsah. Sekunden später legte sich ein schwerer Arm um meine Schultern und Blaise sagte feixend: „Das mit dem Küssen musst du wohl noch üben, Mann. Kann ja nicht angehen, dass du die Damen derart verschreckst.“

#
Cassie:
Oh Merlin, ich musste hier raus! Der Raum kam mir plötzlich viel zu klein vor, um so viele Menschen zu beherbergen und die stickige Luft machte mir das Atmen schwer. Hektisch wühlte ich mich durch das Gedränge und stieß hier und da jemanden aus dem Weg, was mir nicht wenige wütende Kommentare einbrachte. Auch jetzt noch konnte ich seine unglaublich weichen Lippen auf meinen spüren und allein der Gedanke daran genügte, um erneut ein Feuer in mir zu entfachen. Mit hochroten Wangen steuerte ich auf die Tür zu, die mich in die Freiheit entlassen würde, als sich mir jemand in den Weg stellte. Abrupt blieb ich stehen und sah erschrocken in Harrys grüne Augen, die mich hinter der Brille zornig anfunkelten. Ohne ein Wort zu sagen packte er mich am Arm und zog mich an die Seite, etwas Abseits vom Getümmel. „Kannst du mir mal verraten, was zur Hölle das gerade sollte?!“ fragte er mich mit zusammengebissenen Zähnen und verschränkte abweisend die Arme vor der Brust.
Verdammt nochmal, das hatte mir gerade noch gefehlt. Unwillig schaute ich zu ihm auf und stammelte: „Ähm ich-...ich weiß gar nicht was du meinst.“ Probehalber versuchte ich mich an einem unschuldigen Augenaufschlag, doch ich hätte wissen müssen, dass das bei Harry nicht funktionieren würde. Stattdessen wurde er nun noch wütender und fuhr sich aufgebracht durch die ohnehin schon völlig zerzausten Haare. „Willst du mich veralbern, Cassie?“ fuhr er mich an. „Erst posaunst du hier herum, dass Malfoy deine Begleitung ist, obwohl das gar nicht stimmt und dann knutschst du auch noch mit ihm?!“ Harrys Stimme überschlug sich mittlerweile vor Erregung und ich bemerkte peinlich berührt, dass wir bereits von einigen Leuten angestarrt wurden. „Könntest du vielleicht ein wenig leiser sein, Harry?“ bat ich ihn und versuchte das Getuschel um uns herum zu ignorieren. „Ich kann so laut sein wie ich will!“ bockte Harry mit glücklicherweise etwas ruhigerer Stimme. Stumm verdrehte ich die Augen und atmete tief ein, bevor ich all meinen Stolz zusammenkratzte und sagte: „Also erstmal wollte ich Draco mit der Ausrede nur aus der Patsche helfen und zweit-…“ Weiter kam ich nicht, denn Harry rief ein entrüstetes: „AHA! Jetzt ist er also schon Draco, ja?“ dazwischen und fügte sogleich hinzu: „Ich dachte, du hasst den Typen genau so wie wir?!“ Verlegen strich ich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und begegnete Harrys enttäuschtem Blick. „Ich hasse ihn nicht.“ sagte ich schlicht und Harry keuchte verblüfft auf, während ich meine Hand hob und ergänzte: „Aber ich mag ihn auch nicht.“ Nun sah er vollends verwirrt aus und fragte mit zusammengezogenen Brauen: „Warum habt ihr euch dann bitte geküsst?“ Genervt stöhnte ich auf und entgegnete: „Er hat mich geküsst, okay?!“ Doch Harry ließ nicht locker und erwiderte ehrlich verwundert: „Und warum sollte er das tun?“ Für einen kurzen Moment starrte ich ihn sprachlos an, bevor sich meine Augen zu Schlitzen verengten und ich mich stark zurückhalten musste, um ihm nicht einfach eine runterzuhauen.
„Es soll durchaus Jungs geben, die mich küssen wollen Harry Potter!“ fauchte ich und verdrängte grimmig den Gedanken daran, dass Draco mich nur wegen eines bescheuerten Mistelzweiges geküsst hatte. Das würde ich Harry nun bestimmt nicht auf die Nase binden. Gerade wollte ich an ihm vorbei zur Tür stürmen, als eben diese aufgerissen wurde und erneut ein wahnhaft grinsender Filch hineinschlurfte. Dieses Mal schleifte er Theodore Nott hinter sich her, dessen Gesicht einer zornig verzerrten Maske glich. Die Musik war verstummt und wie zuvor bei Draco, wurde nur noch leise getuschelt. „Na, was ist denn nun schon wieder, Argus?“ erkundigte sich ein mittlerweile ziemlich beschwipster Slughorn mit einem genervten Unterton. „Entschuldigen Sie die Störung, Professor. Ich habe wieder einen erwischt, der im Schloss herumscharwenzelt ist, oben im siebten Stock. Er sagt auch, er sei zu Ihrer Feier eingeladen und hätte sich verspätet, aber er kann keine Einladung vorweisen.“ gab Filch schnaufend zurück.
Harry und ich sahen uns stirnrunzelnd an; unser Streit war vorerst vergessen. „Was hat er denn im siebten Stock verloren, wenn er eigentlich zur Party kommen wollte?“ raunte ich Harry verwirrt zu, der nur ratlos die Achseln zuckte. Nott fluchte unterdrückt und rief: „Okay, ich bin nicht eingeladen! Ich wollte mich reinschmuggeln.“ Filch sah über alle Maßen erfreut aus, endlich keinen falschen Alarm geschlagen zu haben, doch Slughorn winkte nur mit einem leisen Hicksen ab. „Nun gut, Argus.“ röhrte er. „Mr. Nott kann meinetwegen auch bleiben. Das scheint ja wirklich die Party des Jahres zu sein, nicht wahr?“ Strahlend blickte er in die Runde und klopfte Nott auf die Schulter, während dieser sich überschwänglich bei ihm bedankte. Für einen kurzen Moment erschien es mir, als wäre Nott ein wenig bedrückt, doch so schnell dieser Eindruck entstanden war, so schnell verflog er bereits wieder. Seufzend wandte ich mich Harry zu, um mich mit ihm auszusprechen, aber sein Blick war abwesend auf einen Punkt in Notts Nähe gerichtet. Stumm sah ich in dieselbe Richtung und erkannte Snape, der Nott mit einem seltsamen Gesichtsausdruck musterte. Plötzlich trat er, einer großen Fledermaus gleich, aus dem Schatten hervor und sprach schnarrend: „Ich würde gerne ein Wort mit Ihnen reden, Mr. Nott.“ Der dunkelhaarige Junge sah seinen Hauslehrer höhnisch an, während Slughorn und Snape noch einige leise Worte wechselten, die ich nicht verstand. Komisch, dachte ich verwundert. Theodore Nott war eigentlich nicht unbedingt der Typ, der sich heimlich auf Partys schlich oder Snape gegenüber aufmüpfig wurde. Er war zwar schadenfroh und kein besonders sympathischer Zeitgenosse, aber ich hatte ihn immer für überdurchschnittlich feige und ein wenig schüchtern gehalten. Gerade wollte ich Harry in meinen Gedankengang einweihen, als er mir plötzlich ein hektisches „Ich muss mal kurz weg.“ zurief und eilig zum Ausgang schritt, durch den Snape und Nott soeben verschwunden waren.
Jungs, dachte ich augenrollend und beschloss, nun doch noch ein wenig länger hier zu bleiben. Suchend schaute ich mich um und entdeckte einige gemütlich aussehende Sessel, die in einem durch Vorhänge halb abgetrennten Bereich des Raumes standen. Erleichtert setzte ich mich in Bewegung und ließ mich schließlich mit einem wohligen Seufzer in die Polster sinken. Meine Füße schmerzten bereits höllisch und ich überlegte kurz, ob ich die Schuhe ausziehen sollte, als neben mir eine samtige Stimme ertönte und ich erschrocken zusammenzuckte. „Du bist ja immer noch hier.“ stellte Draco mit einem leisen Grinsen fest und setzte sich auf den Sessel, der meinem am nächsten war. Peinlich berührt spielte ich mit einem Cocktailschirmchen, das wohl jemand auf dem Beistelltisch liegen gelassen hatte, und murmelte ein betretenes: „Offensichtlich.“ Draco lachte und meine Gefühle fuhren Achterbahn. Warum musste sein Lachen auch so wundervoll klingen?! Auf einmal stand er auf, hockte sich vor meinen Sessel und legte die Hände rechts und links von mir auf dessen Armlehnen. Ihn wieder so nah bei mir zu haben, ließ meinen Mund trocken werden und ich musste mich räuspern, bevor ich krächzend fragte: „Was soll das Malfoy?“ Seine Augen funkelten belustigt und er entgegnete mit einer hochgezogenen Braue: „Oha, sind wir jetzt wieder beim Nachnamen, Frost? Ich dachte, wir hätten das hinter uns gelassen.“ Frustriert stöhnte ich auf und lehnte mich zurück, doch ich ließ ihn keine Sekunde aus den Augen. Wer wusste schon, auf was für verrückte Ideen er noch kam? Ich hasste mich dafür, dass er mich in ein verletzliches, hilfloses Etwas verwandelte und ich ihm solche Macht über mich gab. In meinem Kopf schwirrten so viele Fragen herum und ich musste einfach wissen, was sein verändertes Verhalten heute Abend zu bedeuten hatte. Die Wut auf mich selbst verlieh mir neue Kraft und ich fragte diesmal mit fester und kühler Stimme: „Was willst du von mir, Draco?“ Beim Klang seines Vornamens wurde sein Grinsen etwas breiter, doch er ging zu seinem Glück nicht weiter darauf ein und antwortete stattdessen: „Ich will mich nur mit dir unterhalten, weiter nichts.“ Seine grauen Augen blitzten schelmisch und ich atmete tief ein, damit mir nicht der Geduldsfaden riss. Er wollte spielen? Schön, das konnte ich auch!
Langsam beugte ich mich wieder nach vorn und legte meine Hände auf seine, was er mit einem verdutzten Blick quittierte. Mein Gesicht war nun nur noch Zentimeter von seinem entfernt und mit einem verführerischen Lächeln hauchte ich: „Du willst also wirklich nur reden, Draco? Sonst nichts?“ Innerlich lachte ich herzlich über seine erstaunt aufgerissenen Augen und die roten Ohren, die so gar nicht zu einem Malfoy passen wollten. Äußerlich jedoch blieb ich gelassen und streichelte einmal zärtlich über seine Wange, was ihn panisch aufspringen ließ. Schnell erhob ich mich ebenfalls und fasste nach seiner Hand. „Wo willst du denn hin?“ fragte ich unschuldig und sah ihn aus großen Augen an, während er noch unschlüssig herumstand und sich nervös über die Lippen leckte. Mit wiegenden Hüften trat ich wieder näher an ihn heran und legte ihm die Arme um den Hals, an dem ich seinen Puls ungewöhnlich schnell schlagen sah. Ich ignorierte das Kribbeln in meinem Bauch und konzentrierte mich ganz auf mein Vorhaben. Für eventuelle Beobachter musste es so aussehen, als würden wir uns sanft im Takt der mittlerweile langsam und romantisch gewordenen Musik wiegen und amüsiert stellte ich fest, dass meine Nähe den sonst so selbstsicheren Slytherin ziemlich aus der Fassung zu bringen schien. Sanft legte ich mein Gesicht an seines und raunte ihm mit rauer Stimme ein: „Schade, dass du nur reden willst.“ ins Ohr. Dracos leises Stöhnen nahm ich mit der größten Befriedigung zur Kenntnis. Warum sollte ich immer die sein, die weiche Knie bekam? Süffisant lächelnd streichelte ich durch das weiche Haar in seinem Nacken und bemerkte vergnügt, dass Draco die Augen geschlossen hatte und sein Kiefer vor Anspannung mahlte. Ein kurzer Blick nach oben brachte mich auf eine Idee und ohne jegliche Vorwarnung, küsste ich ihn.
Vor lauter Überraschung riss er die Augen auf und obwohl es mir sehr widerstrebte, ließ ich sofort wieder von ihm ab. „W-was war das denn?“ fragte er mit brüchiger Stimme und dieses Mal war es an mir nach oben zu deuten. Mit einem teuflischen Grinsen begegnete ich seinem ratlosen Blick und zwitscherte: „Mistelzweig.“, bevor ich mich umdrehte und mich schmunzelnd auf den Weg zum Gemeinschaftsraum machte.

Pudding
HauselfHauself
Beiträge: 252
Registriert: 22.11.2014 11:23

Re: Grünes Eis

Beitrag von Pudding »

Voll die tolle Geschichte!!!!;)

Träume nicht dein Leben,lebe deinen Traum.

silver22
NewbieNewbie
Beiträge: 10
Registriert: 15.05.2014 21:36

Re: Grünes Eis

Beitrag von silver22 »

Draco:
Fassungslos und mit brennendem Gesicht sah ich ihr nach. Merlin, das Mädchen machte mich fix und fertig. Schnaufend ließ ich mich in einen Sessel fallen und ließ das soeben Geschehene vor meinem geistigen Auge Revue passieren.
Nie hätte ich vermutet, dass doch eine kleine Schlange in Cassie stecken würde, aber vielleicht waren wir uns ähnlicher als ich gedacht hatte. Lächelnd erinnerte ich mich an ihre sinnlichen Lippen und konnte nicht umhin zu bemerken, dass sich mein Puls dabei wieder erheblich beschleunigte.
Ja, sie war wirklich eine Schlange.

Cassie:
Mit weit geöffneten Augen lag ich in meinem Bett und grübelte über das nach, was da vorhin passiert war, als plötzlich ruckartig der Vorhang aufgezogen wurde und ich einen spitzen Schrei ausstieß. Zu Tode erschrocken schaute ich in Daphnes grinsendes Gesicht und stöhnte: „Merlin, was ist denn in dich gefahren?!“ Meine Freundin kicherte nur durchtrieben und entgegnete augenzwinkernd: „Nein Süße, die Frage ist viel mehr was in dich gefahren ist.“ Da ich sie nur verständnislos ansah, setzte sie sich auf die Bettkante und strich sich genervt eine Locke aus dem Gesicht. „Tu nicht so unschuldig! Du hast mit Draco geknutscht. Blaise und ich haben alles gesehen.“ feixte sie und ich bedeckte seufzend mein Gesicht mit den Händen. Daphne zog sie jedoch sofort wieder herunter und zwang mich dazu, sie anzusehen. „Wieso hast du ihn weggestoßen und bist abgehauen? Ich dachte, du stehst auf ihn?!“
Puh, sie hatte also gar nicht mitbekommen, wie ich zur Nutte mutiert war. Angestrengt rappelte ich mich auf und lehnte mich gegen die Wand. Ich schenkte ihr einen gequälten Blick, zuckte mit den Schultern und antwortete händeringend: „Er hat mich geküsst, weil wir unter einem Mistelzweig standen und ich hab echt keine Ahnung was in dem Typen vorgeht. Erst ist er total lieb, dann wieder abweisend und kalt und dann küsst er mich einfach so.“ Frustriert stöhnte ich auf und fuhr mir durch mein mittlerweile schon zu allen Seiten abstehendes Haar. Daphne schaute mich mitleidig an und fragte: „Ihr habt euch also noch nicht ausgesprochen?“ Ich stieß ein bitteres Lachen aus und zog mir die Decke über die Brust. „Ich glaube, dass man mit dem über gar nichts reden kann. Er kann nur so dastehen und überheblich grinsen und dabei so…- verdammt sexy aussehen. Mist! Und dann hat Harry das alles heute auch noch mitbekommen und ist jetzt voll sauer auf mich und was mach ich? Ich bringe mich natürlich wieder in eine blöde Situation und mache mich total an Draco ran. Oh Mann, was hab ich mir nur gedacht?!“ Bei meinen zugegebenermaßen ziemlich schnell und verwirrt daher gemurmelten Worten hatte Daphne große Augen bekommen und unterbrach mein Gebrabbel, indem sie nach meiner Hand griff. „Jetzt noch mal langsam, Cassie. Ich komm überhaupt nicht mehr mit. Wann hast du dich an Draco rangemacht? Und wie? Und überhaupt, wie ist es denn dazu gekommen?“ Aufgeregt rutschte sie auf meinem Bett herum und grinste ununterbrochen. „Daphne, du musst gar nicht so gucken, okay? Ich hab es nur gemacht, weil er mich so unglaublich genervt hat. Immer wenn er mir zunahe kommt, setzt mein Herz aus und ich kann nur noch so ein Gesicht machen.“ Anklagend deutete ich auf meinen Kopf und mimte den gläsernen Blick mit leicht geöffnetem Mund, welchen ich zu meinem Ärger wohl dauernd unbewusst aufsetzte, wenn Draco in Reichweite war. „Er hat seine Hände auf meine gelegt und dann gemeint, dass er sich nur mit mir „unterhalten“ will.“ Genervt beschrieb ich mit den Fingern die Anführungszeichen und ahmte dabei Dracos tiefe Stimme nach, während Daphne mir gespannt zuhörte. „Aber er hat nicht geredet, verstehst du? Er ist mir nur immer näher gekommen, sodass ich mich völlig verarscht gefühlt habe. Ich musste ihm das doch irgendwie heimzahlen, oder?“ Ein wenig zweifelnd sah ich Daphne an, die jedoch zu meiner Erleichterung bestätigend nickte und ungewohnt vorsichtig fragte: „Und wie war es? Also ich meine, wie war der Kuss für dich?“ Ich musste nicht lange versuchen, mich an das Gefühl von vorhin zu erinnern und antwortete mit einem leisen Lächeln: „Es war gigantisch. Ich habe mich noch nie so gefühlt wie in diesem Moment.“
Aufatmend nickte Daphne und entgegnete: „Na dann ist ja gut.“ Ich runzelte die Stirn und schaute verwirrt zu ihr auf. „Wie meinst du das denn jetzt?“ fragte ich, woraufhin sie eine wegwerfende Handbewegung machte und sagte: „Ich hatte nur befürchtet, dass es dich vielleicht an Mason erinnern würde. Immerhin war er der Letzte, der dich geküsst hat.“
Und der Erste, dachte ich im Stillen und wunderte mich, dass mich tatsächlich nichts an diesem Kuss an Mason hatte denken lassen. Eigentlich, fiel mir auf, hatte ich schon eine ganze Weile keinen Gedanken mehr an diesen Arsch verschwendet und da ich in den vergangen Wochen meist traumlos geschlafen hatte, konnte er mich auch dort nicht belästigen. „Ich habe schon länger nicht mehr an das alles gedacht, weißt du.“ meinte ich glücklich und meine Freundin drückte noch einmal sanft meine Hand, bevor sie mich kurz umarmte und sagte: „Das freut mich wirklich. Du hast was Besseres verdient.“ Dankbar schaute ich sie an und stellte dann etwas zerknirscht fest: „Ich fühle mich ein klein wenig schlecht, weil ich mich so darüber freue, wie ich Draco eins ausgewischt habe.“ Aber Daphne lachte nur und zuckte elegant mit den Schultern. „Du hast ihm damit nicht einfach nur seine Spielchen heimgezahlt, sondern dir auch selbst bewiesen, dass du dich im Griff haben kannst, wenn er bei dir ist. Glückwunsch, Süße!“ Sie tat so, als würde sie mir zuprosten und zwinkerte verschmitzt, während ich sie immer noch ganz erstaunt anstarrte. „Du hast Recht, Daphne. Das war mir bisher gar nicht klar gewesen.“ Jetzt breitete sich auch auf meinem Gesicht ein Lächeln aus und meine Freundin rückte ein Stück näher zu mir heran.
„Also, was willst du als nächstes tun, mh?“ fragte sie mich und ich runzelte nachdenklich die Stirn. „Naja, ich denke, ich will mich morgen mit Seamus verabreden.“ Belustigt beobachtete ich, wie Daphne die Kinnlade herunterfiel und konnte mir ein Kichern nicht verkneifen. „Aber, ich dachte…- Was soll das denn jetzt mit Seamus?!“ wollte sie völlig verdattert wissen und sah nun tatsächlich so aus als würde sie die Welt nicht mehr verstehen. Jetzt war es an mir mit den Achseln zu zucken und ich antwortete mit fester Stimme: „Ich hab keine Ahnung, woran ich bei Draco bin, aber Seamus gibt mir deutlich zu verstehen, dass er mich mag. Er ist ein ehrlicher Typ und mit genau so jemandem wollte ich schon immer zusammen sein.“
Misstrauisch beäugte Daphne mich und entgegnete forschend: „Aha, und dieser Gedankenumschwung hat nichts mit deiner Auseinandersetzung mit Potter zu tun?“ Selbstbewusst schüttelte ich den Kopf und antwortete abwinkend: „Nein. Naja, nicht wirklich. Natürlich ist es eine nette Begleiterscheinung, dass Seamus gut mit Harry und den anderen auskommt, aber hauptsächlich geht es um das Sicherheits-Ding, was ich gerade erklärt habe.“ Daphnes Augen verengten sich zu Schlitzen, bevor sie seufzend feststellte: „Du hast nur Schiss davor, die Sache mit Draco weiterzuverfolgen.“
Empört öffnete ich den Mund und verteidigte mich sofort: „Ich habe überhaupt keinen Schiss, okay? Ich denke nur einfach praktisch.“ Mit einem Stöhnen erhob sich Daphne und ging Richtung Badezimmer. Mit der Hand an der Türklinke, drehte sie sich noch einmal zu mir um. „Sag was du willst, Cassie, aber du hast Schiss und zwar jede Menge. Davor, dass Draco dich zurückweisen könnte oder dass er dich nicht zurückweist und du deinen ach so heiligen Gryffindor-Freunden erklären musst, warum du mit ihm zusammen bist. Du machst es dir gerade ein bisschen zu leicht, meinst du nicht auch?“ Mit diesen Worten verschwand sie im Bad und nach wenigen Minuten hörte ich das Rauschen der Dusche, während ich noch immer hellwach in meinem Bett lag.


Cassie:
Daphne redete schon den ganzen Tag nicht mit mir und ich hatte das Gefühl, dass auch Harry und Ron mir aus dem Weg gingen. Hermine hatte sich in die Bibliothek verkrochen und büffelte schon seit Stunden Alte Runen, während ich nun unterwegs zur Eingangshalle war, wo ich mich mit Seamus treffen wollte. Ich hatte die halbe Nacht lang kein Auge zumachen können, weil ich permanent über Daphnes Worte nachdenken musste. War ich ein Schisser? Die Antwort lautete zu meinem Leidwesen: Ja! Ja, ich war ein Feigling. Das war ich schon immer gewesen und mich und meine Gefühle zu schützen, hatte stets oberste Priorität. Ich konnte nicht verstehen, warum Harry, Ron und Hermine ständig ihr Leben für andere oder auch füreinander riskierten. Vielleicht würde ich mich für meinen Dad opfern, wenn es sein müsste, doch selbst dann würde ich mich wahrscheinlich doch eher verstecken als ihm zu helfen. Ja, ich war ein Schisser und es hatte seinen Grund, dass ich in Slytherin gelandet war.
Aber warum soll ein Mädchen nicht an seinen Träumen festhalten? Als ich zehn Jahre alt war, hatte ich mir jede Nacht vor dem Einschlafen vorgestellt, dass ich eines Tages einen lieben, mutigen und gutaussehenden Freund haben würde, der mich auf Händen tragen und mir das Gefühl geben würde, etwas Besonderes zu sein. Ich wollte einen Märchenprinz, so wie es mein Dad damals in meinen Augen gewesen war. Und eigentlich hatte ich dieses Ideal bis heute nicht aufgegeben. Auch wenn mein Herz verräterisch auf und ab hüpfte, sobald Draco einen Raum betrat, sagte mein Kopf mir doch, dass er nicht das war, was ich wollte. Er konnte es nicht sein, denn er war kein Märchenprinz. Er war der Teufel. Nur dass sein Reich wahrscheinlich nicht die Hölle, sondern ein Eiswürfel wäre.
Seamus dagegen verkörperte alles, was ich mir von einem Mann wünschte. Und was immer Daphne auch sagen mochte: Er sah gut aus. Wenn er lachte, strahlte sein ganzes Gesicht und seine rechte Wange bekam ein niedliches Grübchen. Seine blauen Augen funkelten immer fröhlich und er war ziemlich muskulös. Natürlich fiel er nicht in Daphnes Beuteschema, nicht zuletzt weil er kleiner war als sie, weshalb ihre Abneigung ihm gegenüber mich nicht weiter verwunderte.
Heute nach dem Frühstück hatte ich ihn abgepasst und gefragt, ob er später ein Stück mit mir spazieren gehen wolle, woraufhin er freudig zugesagt hatte und mit einem zeternden Dean Thomas Richtung Gryffindor-Turm gezogen war.
Da Samstag war und ich meine Hausaufgaben erst morgen erledigen wollte, hatte ich den ganzen Tag Zeit und freute mich wirklich darauf, Seamus besser kennenzulernen.
Dick eingepackt machten wir uns schließlich gemeinsam auf den Weg nach draußen, wo es mittlerweile empfindlich kalt geworden war und eine dichte Schneedecke alles unter sich begrub. Während wir den Pfad zum Verbotenen Wald entlangstapften, redeten wir über alles Mögliche. Er erzählte mir von seiner Familie und dass er in den Ferien in den Ski-Urlaub fahren würde. Wir lästerten über die Lehrer und tauschten uns über unsere Lieblingssüßigkeiten aus und als er grinsend von seinen vielen Explosionsunfällen berichtete, musste ich so lachen, dass meine Augen tränten.
Plötzlich blieb er stehen und sah mich ungewohnt ernst an, während ich mich ihm immer noch grinsend zuwandte. „Hör mal, Cassie.“ begann er vorsichtig und rieb sich verlegen den Nacken. „Ich hab mir gedacht, naja, weil das mit Slughorns Party nicht geklappt hat, könnten wir doch…- Ich meine, ich wollte dich fragen, ob du vielleicht mit mir zum Ball gehen möchtest? Also nur, wenn du noch keine Verabredung hast, natürlich.“ Seamus war mittlerweile so rot wie eine Tomate und trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Dabei sah er so süß aus, dass ich ihm am liebsten die rotblonden Haare verwuschelt hätte. Aber das würde seine Männlichkeit wohl doch zu sehr verletzen. Stattdessen schenkte ich ihm ein strahlendes Lächeln und sagte glücklich: „Ich würde sehr gern mit dir zum Ball gehen.“ Sofort entspannte er sich sichtlich und sein Gesicht nahm wieder seine normale Farbe an. „Super, ich hatte schon Angst, du würdest vielleicht mit Malfoy hingehen.“ grinste er und ich zuckte erschrocken zusammen. Diesmal war ich diejenige, die vor sich hin stammelte. „Wie, ähm…- Wie k-kommst du denn darauf?“ wollte ich nervös von ihm wissen, woraufhin er schulterzuckend antwortete: „Ich hab gehört, dass ihr euch auf Slughorns Feier geküsst habt, also…Naja, ich dachte eben, da könnte jetzt was zwischen euch laufen. Hat mich ganz schön überrascht, dass du dich heute mit mir treffen wolltest.“ Ich beeilte mich, energisch mit dem Kopf zu schütteln und entgegnete schnell: „Nein, da läuft gar nichts. Er hat mich nur geküsst, weil wir unter einem Mistelzweig standen, alles ganz harmlos. Außerdem geht er mit Lisa Turpin zum Ball.“ Fröstelnd zog ich meine Jacke enger um mich und schaute zu Seamus auf, der mich, obwohl er für einen Jungen recht klein war, immer noch um einen halben Kopf überragte. „Na dann ist ja alles gut.“ sagte er lächelnd und zwinkerte mir zu. „Ich finde sowieso, dass der nicht zu dir passt!“
Fragend sah ich ihn an und konnte nicht umhin zu bemerken, dass er breitere Schultern hatte als mir bisher bewusst gewesen war. „Und wieso denkst du das?“ wollte ich stirnrunzelnd wissen und Seamus wirkte wieder etwas verlegen. „Ganz einfach, weil du so hübsch und nett bist und Malfoy…eben Malfoy ist.“ antwortete er und fügte ernst hinzu: „Du verdienst jemand besseres.“ Bei seinen Worten wurde mir ganz warm ums Herz und ich trat ein wenig näher an ihn heran. „Etwa jemanden wie dich?“ fragte ich und versuchte mich an einem koketten Augenaufschlag, den er mit einem frechen Grinsen quittierte. „Zum Beispiel.“ entgegnete er schulterzuckend und ließ eine meiner Haarsträhnen durch seine Finger gleiten. Langsam näherte sein Gesicht sich dem meinen und nach einem kurzen Zögern, schlang ich meine Arme um seinen Hals und zog ihn zu mir herab. Seine Lippen waren kühl vom eisigen Wind und er schmeckte nach Zimt. Aber obwohl ich den Kuss genoss, tauchte hinter meinen geschlossenen Lidern immer wieder das Bild eines großen, weißblonden Slytherins auf und so angenehm Seamus‘ Nähe auch war, so hatte ich doch kein Kribbeln im Bauch.

***

Draco:
Trotz der Kälte hatte Urquhart uns noch ein letztes Mal vor den Ferien trainieren lassen, weshalb ich nun mit geschultertem Besen und durchgefroren bis auf die Knochen die Umkleiden verließ. Das Training war eine einzige Katastrophe gewesen und das dichte Schneetreiben, das eingesetzt hatte, hatte es mir unmöglich gemacht auch nur die Hand vor Augen, geschweige denn den Schnatz zu sehen. Schlechtgelaunt bahnte ich mir einen Weg durch die Schneemassen, als ich weiter vorn zwei in dicke Anoraks gehüllte Gestalten erblickte, die sich fröhlich lachend mit Schnee bewarfen. Schnaubend setzte ich meinen Weg fort. Wie konnte man nur so kindisch sein? Wahrscheinlich waren es dämliche Gryffindors. Als ich mich den beiden jedoch auf zehn Schritte genähert hatte, erkannte ich den grün-silbernen Schal der kleineren Person und kniff die Augen zusammen. Eine Slytherin? Ich kannte keine, die sich so bescheuert benehmen würde, außer…- Angestrengt blinzelte ich gegen die Schneeflocken an und konnte nun das lange, helle Haar sehen, dass unter ihrer Mütze hervorwehte. Sie hatte mich noch nicht bemerkt und lachte glockenhell auf, als ein Schneeball sie direkt an der Stirn traf.
Und plötzlich wurde mir klar, dass das andere Lachen eindeutig männlich war. Mein Kopf ruckte herum und ich bemerkte den Gryffindor-Schal des Typen. Mein erster Gedanke war, dass es Potter oder Weasley sein musste und seltsamerweise beruhigte mich das für einen Moment. Doch innerhalb eines Sekundenbruchteils fiel mir auf, dass er zu klein für Weasley und zu muskulös für Potter war. Ich sah genauer hin und erkannte…Finnigan? Das war doch jetzt wohl nicht ihr Ernst?! Mit fest zusammengepressten Lippen marschierte ich an den beiden, die mich nun ebenfalls bemerkt hatten, vorbei und würdigte sie keines Blickes mehr. Im Schloss angekommen, ging ich schnurstracks in meinen Schlafsaal und pfefferte den Besen in die Ecke.
„Verdammt, was ist denn mit dir los? War das Training so scheiße?“ fragte Blaise, der auf seinem Bett saß und vor Schreck das Buch hatte fallen lassen, in das er vertieft gewesen war. „Ja, das auch.“ brummte ich, stürmte ins Badezimmer und stellte mich unter die heiße Dusche. Doch auch die konnte die Kälte nicht vertreiben, die mir so schwer wie Blei im Magen lag.
Mit einem Handtuch um die Hüfte und mit nassem Haar kehrte ich in den Schlafsaal zurück, wo Blaise mir einen missbilligenden Blick zuwarf. „Alter, du tropfst alles voll.“ maulte er und ich verdrehte genervt die Augen. „Halt die Klappe, Blaise.“ entgegnete ich mürrisch und mein Freund zog die Augenbrauen hoch. „Merlin, bist du etwa vom Besen gefallen?“ Kopfschüttelnd zog ich mich an und trocknete meine Haare mit dem Zauberstab, doch Blaise ließ nicht locker. „Nun sag schon! Was ist los?“
Stöhnend ließ ich mich auf mein Bett fallen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Wusstest du, dass Cassie sich mit Finnigan trifft?“ fragte ich mit geschlossenen Augen. „Ist das der, der was mit der kleinen Weasley hatte?“ erkundigte sich Blaise und ich konnte sein Stirnrunzeln förmlich hören. „Nein, das ist der, der immer was in die Luft jagt.“ erklärte ich abfällig und Blaise lachte laut auf. „Ach, der! Letztes Jahr hat er in Verwandlung einen Tisch explodieren lassen. Sah ziemlich lustig aus, so ganz ohne Augenbrauen.“ Ich rang mir ein müdes Grinsen ab und wandte mich Blaise zu. „Wusstest du, dass Cassie sich mit ihm trifft?“ wiederholte ich meine Frage ernst und Blaise antwortete schulterzuckend: „Nein, ich hatte keine Ahnung, dass die sich überhaupt kennen.“ Ich nickte grunzend und sagte mit bitterer Stimme: „Tja, ich auch nicht. Aber gerade eben sahen sie ziemlich vertraut miteinander aus.“ Blaise setzte sich aufrecht hin und zog die Brauen hoch. „Bist du jetzt eifersüchtig auf den Penner?“ Mit einem frustrierten Seufzer setzte ich mich ebenfalls auf und entgegnete händeringend: „Ja, ja okay? Ich bin eifersüchtig. Ich dachte, nach gestern hätte sich zwischen uns was verändert. Aber da hab ich mich scheinbar geirrt.“ Blaise sah mich beinahe mitleidig an. „Dray“ begann er, mich bei meinem Spitznamen nennend, den außer ihm nur Cassie aus Kindertagen kannte. „Du hast gestern nicht mit ihr über all das geredet, was zwischen euch vorgefallen ist, oder?“ Stur schob ich die Unterlippe vor und fragte kühl: „Was meinst du denn damit?“ Mein bester Freund verdrehte die Augen und ließ sich nicht beeindrucken. „Du weißt genau, was ich meine. Hast du dich bei ihr entschuldigt und ihr gesagt, was du fühlst?“ Eindringlich sah er mich an und ich senkte den Blick. „Nein, bin nicht dazu gekommen.“ sagte ich etwas kleinlaut und Blaise stöhnte auf. „Ist das dein Ernst? Da brauchst du dich doch nicht wundern, dass sie so reagiert.“ Ich zuckte nur mit den Schultern und verteidigte mich trotzig: „Ich rede nun mal nicht gern über Gefühle und so einen Kram.“ Verständnislos schüttelte Blaise den Kopf und erklärte: „Kein Typ macht das gern, Mann. Aber manchmal ist es eben nötig. Ich musste Daphne meine Gefühlslage so genau schildern, dass sie ein detailgetreues Bild davon hätte malen können. Erst dann hat sie sich auf mich eingelassen.“ Mein Blick war unsicher geworden und Blaise fuhr fort: „Ich weiß, dass dir bisher immer alles in den Schoß gefallen ist, doch für ein paar Dinge muss man kämpfen. Du musst dir selbst darüber klar werden, was du willst, Dray.“ Er sah mich aus ernsten Augen an und ich wusste, dass ich mir darüber schon längst klar geworden war. „Ich will sie.“ sagte ich leise, aber entschlossen. „Dann musst du dafür sorgen, dass sie dir vertraut. Gib dir Mühe und gewinn ihre Freundschaft. Vielleicht gewinnst du damit auch ihr Herz.“ Kopfschüttelnd sah ich Blaise an und fragte beinahe ehrfürchtig: „Wann bist du so verdammt weise geworden?“ Doch er zwinkerte mir nur in Blaise-Manier zu und entgegnete kryptisch: „Wer kann, der kann eben.“


Cassie:
Seamus und ich hatten noch den ganzen Samstagabend miteinander verbracht und waren uns im Laufe der Zeit recht nahe gekommen. Bei der Erinnerung daran verzogen sich meine Lippen zu einem Lächeln, das jedoch sogleich wieder erlosch, als mir Draco in den Sinn kam, der mich gestern einfach ignoriert hatte. Naja, was hatte ich erwartet? Seufzend senkte ich den Blick wieder auf meinen Aufsatz für Geschichte der Zauberei, in welchem ich die These: „Die Verfolgung der Vampire durch Adalar den Grüblerischen war nicht nur diskriminierend, sondern auch überflüssig.“ diskutieren sollte. Eigentlich wusste ich nicht wirklich, was es da zu diskutieren gab, weil es historisch belegt ist, dass Adalar keine Vampire verfolgt und erledigt, sondern lediglich einige Fledermausschwärme erschreckt hatte. Stirnrunzelnd las ich noch einmal durch, was ich bisher geschrieben hatte und beschloss, es für heute gut sein zu lassen. Zwar hatte ich gerade mal eine Rolle Pergament, statt den geforderten drei, aber morgen war schließlich auch noch ein Tag und ich saß schon seit dem Frühstück im Gemeinschaftsraum und wälzte Bücher. Mittlerweile war es draußen bestimmt dunkel und ich musste ein Gähnen unterdrücken. Plötzlich räusperte sich jemand neben mir und ich drehte mich überrascht zur Seite. „Kann ich mit dir reden?“ fragte ein ziemlich zerknirscht aussehender Draco und als mein Blick auf seinen Mund fiel, erinnerte ich mich unwillkürlich daran, wie gut er sich auf meinem angefühlt hatte. Errötend wandte ich mich ab und deutete auf den Stuhl gegenüber von mir. Schnell umrundete Draco den Tisch und ließ sich auf dem ihm zugewiesenen Platz nieder, während ich meinen unvollständigen Aufsatz zusammenrollte. „Also, worüber willst du reden?“ fragte ich, ohne ihn anzusehen und verstaute meine Feder in dem dafür vorgesehenen Kästchen. „Cassie, würdest du mich bitte ansehen?“ Dracos Stimme war sanft und so sehr ich mich auch dagegen wehrte, konnte ich doch nicht verhindern, dass mir ein wohliger Schauer über den Rücken lief. Widerwillig hob ich den Kopf und sah ihm trotzig in die viel zu schönen Augen, die irgendwie dunkler wirkten als sonst. Er räusperte sich noch einmal und begann: „Okay, hör zu Cassie. Ich hätte dir das schon lange sagen sollen, aber ich hab es einfach nicht fertig gebracht. Es tut mir leid, dass ich mich wie ein Arsch benommen habe. Wirklich, das musst du mir glauben. Aber alles, was ich getan habe, habe ich nur getan, weil ich dich mag.“ Ungläubig starrte ich ihn an und wollte schon etwas erwidern, als er die Hand hob, um mich am Sprechen zu hindern. „Bitte, lass mich ausreden.“ bat er mich und fuhr sich nervös durch die Haare. Merlin, das Ganze schien ihm tatsächlich wichtig zu sein. Mit verschränkten Armen lehnte ich mich zurück und taxierte ihn aus leicht zusammengekniffenen Augen. „Ich wollte mir meine…Gefühle für dich ziemlich lange nicht eingestehen, verstehst du? Deswegen habe ich versucht, dich irgendwie auf Abstand zu halten. Ich weiß jetzt, dass das total bescheuert war und ich dir bestimmt ziemlich wehgetan habe. Könntest du dir trotzdem vorstellen, mir vielleicht…naja…noch eine Chance zu geben?“
Mit halb offenem Mund saß ich ihm gegenüber. Träumte ich gerade? Alles, was ich mir in den letzten Wochen gewünscht hatte, schien in Erfüllung zu gehen und ich konnte es einfach nicht fassen, dass Draco Malfoy sich tatsächlich gerade bei mir entschuldigt hatte. Nur ganz allmählich sickerte auch der Rest des soeben Gesagten zu mir durch und ich sog geräuschvoll die Luft ein, als mir klar wurde, dass er zugegeben hatte mich zu mögen. Wie hatte er das gemeint? Mochte er mich nur als Kumpel oder war es mehr als das? Unsicher befeuchtete ich meine Lippen und fragte ihn: „Warum hast du mich auf Sluggys Party geküsst?“ Dracos Mund verzog sich zu dem schiefen Grinsen, das mein Herz immer ein wenig schneller schlagen ließ und er wurde doch wirklich ein wenig rot. „Du bist das hübscheste Mädchen, das ich je gesehen habe und ich wollte dich schon viel eher küssen.“ Das konnte doch jetzt nicht wahr sein?! Ich war mittlerweile bestimmt knallrot und der Gemeinschaftsraum kam mir vor wie eine Sauna. „Es lag also nicht am Mistelzweig?“ wollte ich ein wenig kleinlaut wissen, woraufhin Draco lächelnd den Kopf schüttelte. „Nein, der hing nur zufällig da herum.“ Verlegen grinsten wir uns an und ich konnte einfach nicht aufhören ihn anzusehen. „Also was ist, gibst du mir noch eine Chance?“ fragte er hoffnungsvoll und eine Stimme in meinem Inneren schrie, dass ich sofort zu ihm gehen und ihm um den Hals fallen sollte. Doch dann kam mir Seamus in den Sinn. Ich konnte ihn nicht einfach fallen lassen. Nicht, nachdem wir einen schönen Tag miteinander verbracht hatten und ich ihm versichert hatte, dass ich nichts von Draco wollte. Er hatte etwas Besseres verdient und ich wollte wirklich das Mädchen sein, das ihn verdiente.
„Ich glaube dir, dass es dir leid tut und ich nehme deine Entschuldigung an.“ begann ich und Draco stieß erleichtert die Luft aus, die er angehalten haben musste. „Aber du kommst ein wenig zu spät. Ich bin jetzt mit Seamus zusammen.“ Selbst ich konnte den kaum verhohlenen Schmerz aus meiner Stimme heraushören und dass Dracos Gesicht in sich zusammenzufallen schien, verschaffte mir dieses Mal absolut keine Befriedigung. Zwar hatten Seamus und ich noch gar nicht geklärt, was das mit uns jetzt genau war, aber für mich fühlte es sich an wie etwas Festes und ich war mir beinahe sicher, dass Seamus diese Meinung teilte.
„Oh, naja, ich hatte mir eigentlich schon fast so etwas gedacht.“ murmelte Draco und lächelte schwach. „Aber, vielleicht könnten wir uns trotzdem ab und an sehen und reden? Ich hätte dich gern wieder als Freundin.“ erklärte er und fügte leise hinzu: „So wie früher.“
Angestrengt versuchte ich die Tränen zurückzuhalten, die mir in den Augen brannten und zwang mich zu einem Lächeln. „Das wäre schön.“ stimmte ich ihm zu und mit einem letzten Nicken stand er auf und ging davon, während ich alleine zurückblieb. Überwältigt von meinen Gefühlen schloss ich die Augen und verfluchte das Schicksal. Hätte Draco nicht vor einer Woche mit mir über all das reden können? Vielleicht wäre dann alles anders.
Aber hätte ich mich wirklich auf ihn eingelassen? Daphne hatte Recht: Ich hatte eine Heidenangst! Ich hatte keine Ahnung, wie ich meinen Freunden eine Beziehung mit Draco Malfoy hätte erklären sollen, ohne dass sie mich dafür hassen würden. Und wenn es ernst werden würde mit Draco und mir, wie sollte ich dann meinem Dad mitteilen, dass ich den Sohn des Mannes liebte, den er über alles verabscheute? Es würde schon schwer genug werden, wenn Harry, Hermine und Ron bemerkten, dass Draco und ich uns gut verstehen konnten. Vielleicht wäre es besser, wenn wir uns heimlich treffen würden.
Ich atmete einmal tief durch und warf schwungvoll mein Haar über die Schulter. Eigentlich war ja alles halb so schlimm: Ich war stark geblieben und hatte mich nicht von meinen Gefühlen beirren lassen. Es stand 1:0 für den Kopf und es war mir ganz lieb, dass ich mein Herz hier hatte raushalten können. Das hatte nun wirklich schon genug angerichtet.

Draco:
Ich konnte mich heute einfach nicht auf den Unterricht konzentrieren und musste Cassie ständig ansehen, die meine Blicke ab und an erwiderte und mir ein Lächeln schenkte. Das Gespräch mit ihr war gestern zwar nicht so verlaufen wie ich es mir gewünscht hätte, aber immerhin etwas besser als ich befürchtet hatte. Sie hatte meine Entschuldigung angenommen und es hatte tatsächlich den Anschein, dass die Eiszeit zwischen uns vorbei war. Ich würde nicht so einfach aufgeben. Wen interessierte schon Finnigan? Sie würde schon noch merken, dass ich die weitaus bessere Wahl für sie war. Ich hatte wirklich gründlich über alles nachgedacht und war zu dem Schluss gekommen, dass ich eine Beziehung zu ihr riskieren konnte. Meine Mutter würde sicherlich nachsichtig sein. Sie liebte mich und wollte, dass ich glücklich war. Wenn ich ihr irgendwie klarmachen könnte, dass nur Cassie mich glücklich machen konnte, dann würde sie uns keine Steine in den Weg legen. Nur mein Vater war das Problem. Ich wusste, dass er es nie gutheißen würde, wenn ich mich mit Blutsverrätern umgab. Es wäre eine Schande für unsere Familie, aber in letzter Zeit zweifelte ich immer mehr an dieser Philosophie. Eigentlich hatte ich den Wahn meines Vaters diesbezüglich nie richtig nachvollziehen können, doch es hatte mein Leben einfacher gemacht, seine Ansichten über reines Blut zu übernehmen und ich gebe zu, dass es meinem Ego auch gut getan hatte, diejenigen zu piesacken, die diesen Ansprüchen nicht genügten. Heute jedoch, machte das alles mein Leben keinesfalls einfacher, sondern verkomplizierte nur alles. Ich hatte bei meinem Vater eine strenge Schule durchlaufen und eine Grundregel wurde mir immer wieder auf’s Neue eingebläut: Ein Malfoy holt sich stets das, was er will und wirft alles, was ihm hierbei im Weg stehen mag wie überflüssigen Ballast von Bord.
In diesem Fall war Cassie das was ich wollte und unsere verquere Reinblüter-Ideologie musste ich loslassen, um mein Ziel zu erreichen. Es war nicht von Belang was mein Vater davon hielt, denn im Moment saß er in Askaban fest. Ich würde mich mit diesem Problem befassen, sobald er wieder frei kam. Mit dem Anflug eines schlechten Gewissens dachte ich daran, dass es mir lieb wäre, wenn dies nicht allzu bald geschehen würde.
Mittlerweile hatte ich meine Affrodilwurzel so zerstampft, dass nur noch ein feiner Staub übrig war, den ich nun lustlos in meinen Kessel warf. Mein heutiger Arbeitspartner war Weasley, der natürlich eine absolute Niete in Zaubertränke war und schon wieder drauf und dran war, eine falsche Zutat in den Trank zu geben.
„Nein Weasley! Du sollst Wermut dazugeben und keine Käferaugen. Merlin, wie kann man nur so dämlich sein?!“ fauchte ich und riss ihn an der Schulter zurück, bevor er noch alles ruinierte. „Halt doch dein Maul, Malfoy!“ wetterte Weasley, der flammend rot angelaufen war und mich aus zusammengekniffenen Augen anfunkelte. Drohend baute ich mich vor ihm auf, was allerdings durch die Tatsache, dass ich etwas kleiner war als er, ziemlich an Wirkung verlor. „Sonst was?“ zischte ich gefährlich leise und für einen kurzen Moment glaubte ich Angst in Weasleys Augen aufglimmen zu sehen. Plötzlich legte sich eine kleine Hand auf Weasleys Schulter und Cassie, die mit Blaise am Nachbartisch gearbeitet hatte, stellte sich zwischen uns. Aufgebracht stemmte sie die Arme in die Hüfte. „Könnt ihr zwei nicht mal eine einzige Stunde zusammen arbeiten, ohne euch gleich an die Gurgel gehen zu wollen?!“ fragte sie und blitzte uns beide wütend an, während Weasley sie überrascht musterte. Schnell warfen der Rotschopf und ich uns einen feindseligen Blick zu und antworteten dann gleichzeitig mit einem empörten: „Nein!“
„Nun, dann sind Sie sich ja wenigstens in einer Sache einig, meine Herren.“ dröhnte Slughorn dazwischen, der sich vor unserem Tisch aufgebaut hatte und kritisch in den Kessel blickte. „Das sieht soweit erst einmal in Ordnung aus, aber Sie haben noch einiges zu tun. Ich schlage also vor, dass Sie sich wieder Ihrer Aufgabe widmen und aufhören zu streiten, sonst gibt es Nachsitzen und das muss in der letzten Schulwoche ja nun wirklich nicht sein. Miss Frost, gehen Sie bitte wieder an Ihren Platz. Mr. Malfoy, Mr. Winskey, weitermachen!“ Mit diesen Worten drehte er sich um und watschelte auf Potter zu, um ihm mal wieder zu einer Glanzleistung zu gratulieren.
Sankt Potter, dachte ich abfällig, während Weasley sich neben mir leise darüber pikierte, dass Slughorn seinen richtigen Namen immer noch nicht kannte. Diese Tatsache besänftigte mich etwas und zauberte mir ein feines Lächeln ins Gesicht. Cassie bedachte uns beide mit einem letzten strafenden Blick und wandte sich dann mit einem „Reißt euch gefälligst zusammen.“ zum Gehen, als Weasley aufgebracht fragte: „Seit wann interessiert es dich, wie ich mit Malfoy umgehe?“ Alarmiert schaute ich von der Schlafbohne auf, die ich ausquetschen wollte und sah, wie Cassie herumwirbelte und Ron so wütend anblitzte, dass ich unwillkürlich einen Schritt zurück machte. Der Gryffindor ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken, was in mir die Frage aufkommen ließ, ob er tatsächlich so mutig oder einfach nur dumm war.
„Hast du ein Problem, Ron?“ fragte sie betont freundlich und Weasley sah zornig auf sie herab. „Ich frage mich nur, was Seamus davon halten würde, wenn er wüsste, dass du mit Malfoy geknutscht hast.“ gab er mit beißender Stimme zurück und obwohl ich Cassie und Finnigan nur zu gern auseinanderbringen würde, war mir, als hätte man mich mit Eiswasser übergossen. Ich konnte den Schmerz in Cassies Augen sehen und auch die neugierigen Gesichter unserer Mitschüler entgingen mir nicht. Entschlossen trat ich einen Schritt vor, um ihr so beizustehen wie sie es auf der Weihnachtsfeier für mich getan hatte.
„Wir haben nicht geknutscht, Weasley.“ knurrte ich. „Ich hab sie geküsst, weil wir unter einem Mistelzweig standen und sie hat mich weggestoßen.“ Weasleys grimmige Miene wich einem verblüfften Blick und zu meinem Erstaunen schaltete sich Cassie gleich mit ein. „Er hat Recht. Davon abgesehen weiß Seamus bereits darüber Bescheid und es macht ihm nichts aus.“ erklärte sie kalt und nun sahen Weasley und ich sie gleichermaßen überrascht an. Doch bevor noch einer von uns etwas sagen konnte, stand auch schon ein erzürnter Slughorn neben uns und deutete missbilligend und mit zitterndem Walrossbart auf uns drei. „Sie alle! Nachsitzen! Ich hatte Sie gewarnt. Kommen Sie heute Abend in mein Büro, dann bekommen Sie Ihre Aufgaben. Und jeweils zehn Punkte Abzug für Gryffindor und Slytherin.“
Eigentlich war es ein Wunder, dass Potter und Granger sich nicht eingemischt hatten. Während Weasley nun zornig auf einer Baldrianwurzel herumhackte, warf ich den beiden einen Blick zu und stellte stirnrunzelnd fest, dass Granger Cassie nachdenklich betrachtete und Potter völlig vertieft in sein Zaubertrankbuch zu sein schien.
Am Ende der Stunde marschierte Cassie hocherhobenen Hauptes als Erste zur Tür hinaus, ohne jemanden eines Blickes zu würdigen und ich packte seufzend mein Zeug ein.
Wunderbar, ich konnte mir wirklich was Besseres vorstellen als nachsitzen zu müssen. Potter und ich waren die einzigen, die abgesehen von Slughorn noch im Raum waren und es kam mir so vor, als würde Potter seine Aufräumarbeiten absichtlich hinauszögern, bis ich gegangen war. Wahrscheinlich wollte er noch ein wenig bei Slughorn herumschleimen, dachte ich verächtlich und schulterte meine Tasche, um zu meiner nächsten Stunde zu gehen.

Antworten