Jetzt war er die ersten drei Tage krank und gar nicht in der Schule, schrecklicher ging es mir selten zuvor.
Heute ist er endlich wieder gekommen und morgen haben wir ihn im Unterricht.
Ich bin in der ersten Pause so circa 6mal an dem Lehrerzimmer vorbeigelaufen, etwas unauffälliger, natürlich.
In der zweiten Stunde fand eine Informationsveranstaltung in der Aula statt, wo er auch dabei war.
Ich bin sicher, er hat mich gesehen, aber nicht begrüßt. Das tut er bei mir allgemein extrem selten. Wenn ich ehrlich bin, ich war unter diesem Menschenpulk auch nicht in der Lage, ihm laut und deutlich "Hallo" zu sagen, aber ich habe ihn immerhin freundlich angeschaut, er guckt nur über mich hinweg oder in eine andere Richtung.
Sonst spricht er mich auch nie an, immer nur, wenn es irgend etwas Wichtiges ist, dass er mir sozusagen persönlich mitteilen muss. Vier Male im gesamten Jahr wechselt er wirklich ein paar Sätze mit mir, immer bei Notenbesprechungen. Ständig habe ich das Gefühl, er nimmt mich kaum wahr.
Bloß wenn er im Unterricht meinen Namen sagt, weil ich mich gemeldet habe, dann weiß ich, dass er weiß, dass ich da bin. Auf meine Beiträge geht er aber auch selten ein, er sagt einfach "yes" oder schreibt es an die Tafel. Einmal musste ich ihm dabei mehrere Sätze diktieren. Das fand ich irgendwie gut, er hat öfter nachgefragt und in diesem Moment war es definitiv an mich gerichtet. Ach ja, und einmal bin ich während der regulären Unterrichtszeit zu einer Schulchorprobe für das Sommerkonzert gegangen. Unsere Schule hat sehr viele Schüler, weshalb die 6. und 7. Klassen 1-2 Jahre in eine sehr naheliegende Grundschule gehen. Dort gibt es zur Verfügung stehende Räume. Ich kam also von da und hab mein Fahrrad angeschlossen, da kam er aus der Sporthalle und hat gefragt, ob ich schon Schluss habe. Sogar umgedreht hat er sich, als ich geantwortet hab. Aber da war ich auch alleine.
Ich kann nicht zu 100% sagen, ob es eine Einbildung ist, oder nicht, aber es kommt mir so vor, als grüßt er mich überwiegend dann, wenn ich alleine und nicht unter Freunden bin. Keine Ahnung, warum. Und er fängt mit einer höheren Warscheinlichkeit an zu sprechen, wenn schon vorher jemand etwas zu mir gesagt hat, wie auf unserem letzten Sommerfest. Da war ich beim Sprint, sogar angefeuert hat er mich, zusammen mit der Klasse. Im Ziel meinte eine Freundin, ich sei ganz blass. Daraufhin hat er zu mir gesagt "Du bist aber auch echt schnell gelaufen!" das fand ich toll von ihm, hab mich auch bedankt für das Kompliment.
Während ich das hier gerade alles schreibe, merke ich, dass mein Lehrer doch hin und wieder mit mir redet. Mir fallen spontan noch zwei weitere Situationen ein... nur sind die alle (bis auf die Notenbesprechung) schon ein paar Monate her. Trotzdem, im Vergleich zu anderen sprechen wir wenig, noch nicht mal das flüchtige "Hallo" ist gesichert, das finde ich sehr schade.
Bei Notenbesprechungen und Feedbacks unter Arbeiten merke ich dann doch, dass er mich enorm wahrnimmt. Er erzählt, ich sei ja auch immer sehr leise und konzentriert, würde immer die Hausaufgaben machen und meine Hefte/ Mappen sehr ordentlich führen. Er versteht gut, dass ich mich manchmal langweile und weiß, dass ich in seinem Fach eigentlich genial bin.
Und irgendwie ist es doch komisch, dass er mir nur in diesen Momenten etwas mitteilen kann. In letzter Zeit frage ich mich dauernd, was das für mich bedeutet.
Ist alles normal? Mag er mich nicht? Findet er mich nervig? Oder denkt er immer an meine Mutter, mit der er schon mal telefonieren und Mails schreiben musste(die hatten allerdings nichts direkt mit mir zu tun sondern so Sachen wie "die Klasse ist sehr laut" etc.)? Findet er mich schüchtern? Bin ich ihm egal? Bedauert er wirklich, dass ich bisher nicht die Leistung bringe, zu der ich instande wäre? Weiß er, dass ich ähnliche Interessen habe? Glaubt er, dass ich hochbegabt bin? Glaubt er, dass ich ihn mag? Oder dass ich ihn hasse?
Ich bin zu unauffällig als dass er jemals auf die Idee kommen könnte, ich wäre verliebt oder so. Aber ich wünschte, ich könnte für all diese Möglichkeiten und Fragen, die mit wichtig sind, in ihm eine Antwort finden. So, wie ich oft weiß, was er gleich zu einer anderen Aussage sagen wird. (Ist immer sehr lustig, weil ich damit wirklich ständig richtig liege.
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Sorry, mich hat dieses Wahrnehmungsthema nur gerade so sehr beschäftigt, dass ich das hier reinschreiben musste...
) und in letzter Zeit sind sie oft auf Englisch. Das liegt nicht an dem Lehrer, es macht mir einfach Spaß, einml andere Sprachen zu trainieren. Neulich habe ich zu Weihnachten den ersten Teil "Die Tribute von Panem" bekommen und das ganze Buch in knappen zwei Tagen durchgelesen. Obwohl ich noch so tief drin und gefesselt war, kommen direkt danach wieder Sachen wie "Hat er nicht voll Ähnlichkeit mit einem dieser Charakter?, Würde ihm das Buch gefallen? Wie hätte er gehandelt, wenn die Geschichte wahr gewesen wäre?"... es hört einfach kaum auf. 
