Mondsüchtig - Kapitel 18 (1. Mai 2011)

Hier könnt ihr eure Fanfictions und Gedichte zu Harry und seiner Welt vorstellen.

Moderator: Modis

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+Hermine*Granger+
DoxyDoxy
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Beitrag von +Hermine*Granger+ »

W.O.W

Deine Geschichte ist sehr gut, ich mag deinen Schreibstil und wie du es rüberbringst, wie Felice sich fühlt!!

Die Kapitel werden immer besser und spannender und ich habe mir gleich gedacht, dass sie ein Werwolf ist. Auch wenn man es jetzt weiß, ist es noch spannden und mich interessiert wirklich brennend, wie es weitergeht und vorallem, wie es zu dieser - äußerst merkwürdigen, wenn ich das anmerken darf^^ - gekommen ist!!

Besonders den letzten Satz "Nur eine Sache machte mir es erträglich: Ich wusste noch immer, wer ich war." finde ich sehr ... gelungen (!?). Mir fällt gerade kein besseres Wort dafür ein.

Noch etwas sehr positives ist mir aufgefallen, welches den Namen Severus Snape trägt. ^^ Es gefällt mir, dass er zwar nach außen hin immer noch so ist, wie wir ihn alle kennen - sehr verschlossen und immer darauf bedacht, dass keiner ihn mag :D - aber eigentlich doch ein einfühlsamer Mensch ist!! Finde ich gut, dass du das so gemacht hast und ihn nicht gaanz kalt gelassen hast!!

Übrigens finde ich die Länge deiner Kapitel optimal!!

Also, wie schon gesagt, eine sehr sehr tolle FF!!
Schreib bitte schnell weiter!!
Ciao, +Hermine*Granger+ :wink:
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Phoeliz
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Beitrag von Phoeliz »

Hui, ein Kommi. Und dann auch noch so viel Lob. :D
Dankeschön. :smile:

Ich hab jetzt auch das nächste Kapitel fertig. Hat eine ganz schöne Weile gedauert. Ich wusste zwar schon, was passieren sollte, aber bis ich das dann mal geschrieben hatte... Irgendwie hatte ich Probleme damit, mich auszudrücken. :lol:
Naja, ich hoffe, dass es doch noch etwas geworden ist... ^^
8. Kapitel - Zusammenstoß

Ich erwachte im Morgengrauen von ziehenden Schmerzen, die meine Glieder erzittern ließen. Noch benommen vom Schlaf empfand ich die Verwandlung jedoch als nicht so schlimm wie am Vorabend. Ich nahm kaum wahr, wie mein Körper sich wieder zurück in seine ursprüngliche Form dehnte. Mein Kiefer zog sich wieder zusammen und auch meine Ohren wurden kleiner und verformten sich vollkommen.
Als ich ganz wach war, war die Verwandlung vorbei. Ich war wieder ein Mensch. Genauer gesagt war ich ein Mädchen, das sich unter seiner Decke zusammen gekauert hatte. Prüfend betrachtete ich meine Hand, um mich zu vergewissern, dass ich wieder in meinem eigenen Körper war. Ich erblickte eine schmale, weiße Handfläche mit langen, zierlichen Fingern. Als ich die Hand drehte, stellt ich ebenso fest, dass die vereinzelten, kurzen Härchen, die den Handrücken bedeckten, kaum zu sehen waren.
Erleichtert atmete ich aus. Jetzt, im grauen Licht des Morgens, das ins Zimmer drang, kamen mir die nächtlichen Ereignisse unwirklich vor. Es erschien mir wie ein wilder Traum, der nun endlich vorüber war. Liebend gern hätte ich auch daran geglaubt, doch die Tatsache, dass ich im Krankenflügel war, ließ meine Hoffnungen schnell wieder schwinden.
Um die Taubheit aus meinen Gliedern zu vertreiben, streckte ich mich ausgiebig. Allerdings half das nicht viel, denn ich fühlte mich danach immer noch wie aus Stein. Wenn das jetzt jede Vollmondnacht so gehen sollte, konnte ich wirklich auf das Werwolfdasein verzichten, Wolfsbanntrank hin oder her. Zu meinem Bedauern war daran aber nichts zu ändern.
Schwerfällig setzte ich mich auf und rieb mir die Augen. Ein Blick auf meine Armbanduhr verriet mir, dass es gerade mal 6 Uhr war. Wenn ich mich beeilte, konnte ich vielleicht noch unbemerkt in den Schlafsaal schleichen, bevor die anderen wach wurden. Also streifte ich das Nachthemd über meinen Kopf und zog meine Uniform an.
"Schon wach?", erklang Madam Pomfreys Stimme und ich sah auf. Mit verschränkten Armen stand sie neben der Stellwand und begutachtete mich mit fachkundigem Blick.
"Mhmh" murmelte ich und legte eilig das Nachthemd zusammen. Dann schob ich mich ohne auf eine Reaktion zu warten an ihr vorbei. Mir war nicht nach einem Gespräch zumute.
"Wo willst du hin?", rief sie mir erstaunt hinterher, als ich auf halbem Weg zur Tür war.
"In meinen Schlafsaal", gab ich knapp über meine Schulter zurück und ergriff die Klinke. Wieder ließ ich ihr keine Zeit zu reagieren und verließ ohne ein weiteres Wort den Raum.
Als ich die Tür hinter mir schloss, entwich mir ein erleichterter Seufzer. Das Verlassen des Krankenflügels war fast wie das Aufwachen aus diesem bösen Traum. Ich wusste, dass es Wirklichkeit gewesen war und doch half es mir Abstand zu gewinnen. Ich konnte wieder klarer denken. Zugegeben, ich hatte die Tatsache, dass ich jetzt ein Werwolf war, noch immer nicht ganz verkraftet – und ich würde es so schnell wohl auch nicht verkraften können – trotzdem fühlte ich mich wieder mehr wie ich selbst.
Plötzlich rannte ich los. Ich achtete nicht wirklich auf meine Umgebung. Ich wollte einfach nur weg. Weg von diesem Ort, weg von den Erinnerungen an die letzte Nacht. Ich rannte und rannte – wohin, das wusste ich nicht. Aber ich merkte, wie es mich befreite. Nach und nach fiel die Last von mir, die mich seit gestern Abend bedrückte.
So ging das für eine gefühlte Ewigkeit. Mein Atem ging immer schwerer, doch ich hielt nicht an. Ich spielte mit der Vorstellung, mich einfach aus dem Staub zu machen. Ich konnte ja, so lange noch alle schliefen, das Schloss verlassen. Und dann…
Weiter kam ich mit meinen Gedanken nicht, denn ich lief mit voller Wucht in etwas hinein. Der Aufprall ließ mich zurücktaumeln und ich verlor für einen Moment fast mein Gleichgewicht. Verwirrt griff ich mir an den Kopf und versuchte mich auf den Beinen zu halten, was mir – wenn auch mit einigen Schwierigkeiten – gelang.
"Autsch! Pass doch auf!!", zischte mich eine Stimme böse an. Ich rieb mir die Augen und blickte auf, um zu sehen, wer da gesprochen hatte. Vor mir stand Draco Malfoy. Er war leicht vorne über gebeugt und hielt sich den linken Arm.
Ungläubig und mit offenem Mund starrte ich ihn an. Als ich mir dessen bewusst wurde, riss ich mich zusammen und verkreuzte stattdessen die Arme vor der Brust. Innerlich schüttelte ich den Kopf über mich selbst. In letzter Zeit schlich sich dieser blöde Ausdruck viel zu oft auf mein Gesicht. Das war ja erbärmlich!
"Kannst du nicht aufpassen, wo du hinrennst?! – Was rennst du überhaupt zu dieser Zeit in der Gegend herum?!", herrschte mich der blondhaarige Junge an, noch bevor er aufsah.
Ich wollte gerade eine patzige Antwort geben, als mich seine grauen Augen fixierten. Mit einem Mal fehlten mir die Worte. Starrte ich ihn etwa schon wieder wie eine Idiotin an? Mich beschlich das ungute Gefühl, dass mein Unterkiefer erneut unten hing. 'Und das auch noch so kurz hintereinander!', dachte ich wütend und zwang meine Zähne aufeinander. 'Ich sollte daran arbeiten, meine Mimik besser zu kontrollieren. Das hat doch früher auch geklappt.'
"Das gleiche könnte ich dich fragen", erwiderte ich, nachdem ich mich gefangen hatte, doch es klang nicht ganz so scharf wie es eigentlich sollte.
Draco richtete sich nun ganz auf und ich bemerkte, dass er ein ganzes Stück größer war als ich. "Wer ist denn hier wie eine Irre um die Ecke geschossen?", fragte er mich wütend und sah wortwörtlich auf mich herab. Als er ebenfalls die Arme vor der Brust verschränkte, spiegelte sich das Licht in seinem Vertrauensschülerabzeichen, das jetzt nur noch wenige Zentimeter unter meiner Augenhöhe lag. Bei diesem Anblick beschlich mich ein mulmiges Gefühl und ich musste unwillkürlich schlucken. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass er in der Position war, mir einen Haufen von Punkten abzuziehen und dass er das durchaus machen würde, wenn ich ihm zu blöd kam. Ehrlich gesagt, war es ein Wunder, dass er es noch nicht getan hatte, bei meiner unverschämten Art.
Als ich meinen Augen endlich wieder von dem Abzeichen löste und sie auf Dracos Gesicht richtete, sah er mich mit hochgezogener Augenbraue an. Er schien noch immer auf meine Antwort zu warten, doch diese blieb aus. Zunächst konnte ich mich schon gar nicht mehr an seine Frage erinnern und dann, als sie mir doch noch einfiel, wusste ich nicht, was ich darauf erwidern sollte. Erneut schluckte ich und zuckte dieses Mal noch mit den Schultern. Seinem bohrenden Blick wich ich dabei mit einer auffälligen Kopfbewegung aus.
"Also, lass mich das noch mal zusammenfassen", begann Draco und in seiner Stimme lag leichter Spott. "Du rennst hier morgens früh durch die Gänge, wenn du eigentlich noch in deinem Bett sein solltest, krachst regelrecht in einen Vertrauensschüler und als dieser dich zur Rede stellst, gibst du nur eine patzige Antwort. Du weißt schon, dass ich dir dafür Punkte abziehen kann?"
Natürlich wusste ich das. Es war mir ja eben erst mit Schrecken klar geworden. Doch, dass er mir das noch so unter die Nase rieb, war einfach zu viel für mich. Und obwohl ich wusste, dass ich mich beherrschen sollte, wurde ich bissig. "Dürfte ich den Vertrauensschüler darauf hinweisen, dass auch er zu dieser Zeit in seinem Bett sein müsste, da es meines Wissens keines Ausnahmeregelung für besagte Position gibt", gab ich mit halb aufeinandergepressten Zähnen zurück. "Und die Tatsache", fuhr ich mit einem Blick auf den Wandteppich von Barnabas dem Bekloppten fort, der mir schnell unseren Standort klar machte, "dass ein Slytherin sich zu dieser Zeit im siebten Stock aufhält, scheint sicher auch sehr verdächtig."
Dieses Mal war ich es, die forschend auf eine Antwort wartete.
"Gut", sagte Draco nach einem kurzen Zögern, "dann haben wir uns hier nie gesehen."
Ich nickte: "Einverstanden." Es folgte ein seltsamer Moment, in dem wir uns unschlüssig ansahen. Wir hatten uns zwar geeinigt, doch irgendwie war es, als warteten wir beide darauf, dass der andere noch etwas sagte.
Schließlich löste sich Draco aus seiner Regungslosigkeit und ging an mir vorbei, den Flur entlang. Die hellorangen Strahlen der Morgensonne fielen durch die Fenster und ließ seine weiß-blonden Haare glänzen, als ich ihm hinterher blickte.
'Das ist lächerlich!', ermahnte ich mich selbst und zwang mich in die andere Richtung zu gehen. Von diesem Moment an, so nahm ich mir vor, würde ich niemanden mehr anstarren, aus welchem Grund auch immer.
Zuletzt geändert von Phoeliz am 01.05.2011 02:50, insgesamt 1-mal geändert.
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Ellen
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Beitrag von Ellen »

Cool cool - wie ich ja auch schon gesagt habe :lol:
Aber hier freust du dich ja sicher auch über einen Kommi, oder..? 8)
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Sig von Charlie<3 (:

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Phoeliz
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Beitrag von Phoeliz »

Nach 4 Monaten Pause geht es hier auch mal wieder weiter.
Veilleicht interessiert es ja noch jemanden. :lol:
9. Kapitel - Fast die Wahrheit

Ich streckte die Hand hinter mich um die Tür abzubremsen, doch ich war schon zu weit im Zimmer. Mit einem lauten Knall fiel sie in den Rahmen und ich zuckte vor Schreck zusammen. 'Scheiße!', fluchte ich in Gedanken. Das war nicht die Art von heimlicher Rückkehr in den Mädchenschlafsaal, an die ich gedacht hatte.
Das aufeinander krachende Holz hatte die Wirkung eines Weckers. Sofort waren raschelnde Bewegungen aus den Betten meiner Zimmergenossinnen zu hören. Schnell löste ich mich aus meiner Starre und schlich zu meinem Bett. Ich hatte keine Ahnung, wie ich vertuschen wollte, dass ich soeben zurück gekehrt war und für den Lärm verantwortlich war. Allerdings erschien es mir noch viel blöder, einfach dort stehen zu bleiben wie ein Idiot.
"Was soll denn der Krach?", motze Patricia, die Oberzicke, verschlafen, während Eugene, die Mitläuferin, nur im Halbschlaf stöhnte.
Mandy, die Barbiepuppe, blinzelte durch einen Spalt in ihren Vorhängen und entdeckte mich, wie ich mich gerade umzog. "Bist du unter die Frühaufsteher gegangen, Lizzie?", kicherte sie.
Damit beschäftig, meine Bluse zurrecht zu zupfen, verzichtete ich darauf, ihr zu antworten. Ich konnte sie von meinen Zimmergenossinnen am wenigsten ausstehen. Sie konnte die dümmsten Fragen stellen und tat das auch noch mit einem übertriebenen Lächeln, das abscheulich war. Und das sie eigentlich gar nicht so dumm war, wie sie immer tat, ließ mich sie noch mehr hassen. Ihren Spitznamen hatte sie sich von mir verdient, weil sie ein übertrieben gestyltes Blondchen war. Fast hätte ich sie ja Paris Hilton genannt, aber diese "Ehre", dass ich so oft ihren Namen denke, wollte ich der Hotelerbin dann doch nicht gönnen. Also war es doch die Barbiepuppe geworden – mindestens genau so passend.
"Och, du musst mich doch nicht gleich ignorieren", sie spielte die Beleidigte, was bei ihr überhaupt nicht gut wirkte, weil ihr der Charme dafür einfach fehlte.
Ungerührt blieb ich weiterhin mit dem Rücken zu ihr gewandt, während ich meinen Umhang über die Bluse zog. Dann lehnte ich mich mit verschränkten Armen gegen einen Pfosten meines Himmelbetts und wartete darauf, dass Ginny, die inzwischen auch aufgestanden war, sich fertig angezogen hatte.
Wenn Mandy jetzt wirklich beleidigt war, bekam ich das nicht mit, weil meine Gedanken wieder abschweiften. Sie wechselten zwischen den nächtlichen Ereignissen und der früh morgendlichen Begegnung hin und her, doch was mir dabei durch den Kopf ging, konnte ich selbst nicht sagen. Ich versuchte zu viele Informationen auf ein Mal zu verarbeiten und zu viele Gedanken parallel zu formen. Dazu kam, dass nicht gerade die erholsamste Nacht hinter mir hatte und mein Gehirn, das bereits in den letzten Tagen seine Schwierigkeiten hatte, heute zu noch viel weniger fähig war als jemals zuvor.
"Geh'n wir", sagte Ginny knapp im Vorbeigehen und holte mich in die Gegenwart zurück. Ohne wirklich auf mich zu warten, verließ sie bereits den Schlafsaal bis ich mich in Bewegung setzte. Wie so oft in letzter Zeit stellte sich ein mulmiges Gefühl in meiner Magengrube ein. Sonst war sie doch nicht so wortkarg. Das konnte nur bedeuten, dass etwas nicht stimmte.
Im Gemeinschaftsraum schaffte ich es, sie einzuholen. Aus einer unguten Vorahnung sprach ich sie aber nicht darauf an, sondern ging nur mit gesengtem Kopf und eiligen Schritten neben ihr her. 'Was hat die auf ein Mal für ein Tempo drauf?', schoss es mir durch den Kopf.
"Wo warst du letzte Nacht?" Diese Frage kam unvermittelt, kaum dass wir aus dem Potraitloch in den Korridor gestiegen waren. Ginnys Stimme hatte einen aggressiven Unterton und verlieh der ganzen Szene etwas Merkwürdiges. So würde mich vielleicht mein eifersüchtiger Freund – wenn ich denn einen hätte – konfrontieren, doch nicht meine beste Freundin. Entweder ich war neben der Spur und missverstand Ginnys Tonfall oder ich war im falschen Film. Eine andere Erklärung konnte ich mir nicht denken.
Mein "geniales" Gehirn kam schließlich auf die Idee, dass ich etwas erwidern sollte, wenn ich die Situation klären wollte und – so dachte ich mir weiter – was wäre da am besten, als die Wahrheit zu sagen. "Im Krankenflügel", gab ich nüchtern zurück. Jede Emotion konnte hier ein Fehler sein.
Für einen Moment herrschte wieder Stille zwischen uns.
"Wieso?", fragte Ginny schließlich um einiges ruhiger.
Jetzt wurde es heikel. Ich konnte schlecht sagen "Weil ich ein Werwolf bin", noch war ich nicht bereit, irgendjemandem davon zu erzählen. Also beschloss ich, doch etwas von der Wahrheit abzuweichen – nur minimal, versteht sich. "Wegen meiner Schlaflosigkeit" – was für eine nette Umschreibung – "Madam Pomfrey hat mir etwas dagegen gegeben, wollte sich aber selbst von der Wirkung überzeugen." Ich warf einen prüfenden Seitenblick auf meine Freundin, um zu sehen, ob sie mir glaubte.
"Und? Hat es gewirkt?", hakte diese nach, doch sie schien nicht skeptisch sondern nur besorgt. Ich zögerte wieder. Wie sollte ich das möglichst wahrheitsgetreu ausdrücken?
"Es hilft." Zugegeben, diese Antwort war sehr knapp, aber entsprach dafür zu Hundert Prozent der Wahrheit. Aber ob ich das als Gegenargument bringen konnte, sollte Ginny hinter das ganze kommen, war fraglich.
"Und Snape?" Inzwischen war jedes Anzeichen von Ärger ganz aus ihrer Stimme verschwunden.
"Was?", fragte ich verwirrt, weil ich nicht ganz nachvollziehen konnte, wie sie jetzt auf ihn kam.
"Hat er dir keine Strafarbeit gegeben?", half mir Ginny auf die Sprünge.
"Achso", sagte ich und kam mir aufgrund dieser "geistreichen" Aussage sogleich ziemlich blöd vor. Aber bevor ich mich über mich selbst ärgern konnte, kamen die Erinnerungen an den vergangenen Abend zurück. Snapes Verhalten mir gegenüber, seine fast väterliche Fürsorge, war eigentlich das seltsamste an den ganzen Ereignissen gewesen.
"Nein, komischerweise nicht", kam ich auf Ginnys Frage zurück und ließ dabei eher ungewollte meine Verwunderung durchklingen.
Sogleich zog meine Freundin die Stirn kraus. "Das passt ja gar nicht zu ihm. Er schien ja wirklich wütend zu sein. Normalerweise würgt er es dir dann noch viel stärker rein..."
"Vielleicht war es ja gar nicht der echte Snape", erwiderte ich lachend und sprach damit meine Doppelgänger-Theorie an, die mir durch den Kopf gegangen war, als mich Snape in den Krankenflügel geführt hatte.
Ginnys Miene entspannte sich und wurde zu einem Grinsen. "Sicher, dass es dir schon wieder gut geht? Du redest doch noch ziemlich viel Stuss." Neckisch hielt sie mir ihre Hand an die Stirn, doch ich schob sie weg.
"Ach, jetzt hör aber auf!" Ich war aber nicht beleidigt, sondern grinste ebenfalls. In diesem Moment schien sich alles in Sorglosigkeit aufzulösen und ich fühlte mich wieder so gut wie beim letzten Abendessen. Die nächtlichen Ereignisse, die dazwischen lagen, schienen jetzt von wenig Bedeutung zu sein. In diesem Augenblick war ich ein Mensch und nichts anderes. Und meine seltsame Begegnung mit Malfoy an diesem Morgen – die hatte ja nie stattgefunden...
Kapitel 10 - Der Fremde in Hogsmeade

Der Oktober war regnerisch und kalt, was sich negativ auf meine Verwandlung auszuwirken schien. Vielleicht war es auch nur Einbildung, doch meine zweite Vollmondnacht als Werwolf kam mir schmerzhafter als meine erste vor. November brachte Nebel und noch mehr Regen. Als ich mich in diesem Monat verwandelte, war ich zum ersten Mal über mein dickes Fell froh, denn ein Fenster im Krankenflügel war undicht und weil sich bis dahin noch niemand darum gekümmert hatte, war es im Zimmer so kalt, dass man den Atem sehen konnte. Dass es noch kälter werden konnte, bewies der Dezember. Minusgrade und Schneestürme bedrückten die Schüler und weckten den Wunsch auf die Ferien. Umso erstaunlicher war es, dass zur Monatsmitte so viele den Besuch nach Hogsmeade antraten.
Ich hatte eigentlich nicht vor, eine dieser Schüler und Schülerinnen zu sein. Dafür gefiel es mir zu sehr vor dem warmen Kaminfeuer. Außerdem war ich noch viel gesellschaftsscheuer geworden und wollte mich nicht zusammen mit so vielen anderen in engen Läden tummeln. Doch wie das so mit Freundinnen ist, hatte Ginny keine Widerrede geduldet und mich mitgezerrt. Sie hatte Dean für ein gemeinsames Hogsmeade-Wochenende sogar auf ein anderes Mal vertröstet, um nur mit mir unterwegs sein zu können.
Also zogen wir durch die Hauptstraße des Zaubererdorfes, auf der Suche nach einem Laden, in dem wir länger stöbern konnten, um der Kälte zu entgehen. Doch ich ließ mich für nichts begeistern und so verließen wir jeden Laden so schnell wieder wie wir ihn betreten hatten.
"Hier muss ich jetzt aber wirklich rein", sagte Ginny und blieb vor einem Schreibwarenladen stehen. Kritisch beäugte ich den Menschenauflauf, der sich zwischen den Regalen hinter dem Schaufenster verteilte.
"Okay, ich warte hier", gab ich schließlich schlicht und einfach zurück, als wäre es das selbstverständlichste, in der Kälte zu warten.
Besorgt musterte mich meine Freundin. "Ist das nicht ein bisschen kalt?"
Ich zuckte mit den Schultern, sah sie aber nicht an. Mein Blick schweifte zu einer Gruppe von Schülern herüber, die sich ein Stückchen weiter die Straße unten in einen Laden quetschten. "Brauch einfach nicht so lang, dann erfrier ich schon nicht", sagte ich schließlich zur fast leeren Straße neben Ginnys linker Schulter.
Wenn Ginny mit dem Gedanken gespielte hatte, mich in den Laden zu zerren, entschied sie sich doch um. Das war das gute an der besten Freundin. Sie wusste, wann sie hartnäckig sein musste und wann sie eine Sache besser auf sich beruhen lies. Also ging sie durch die Tür ins Warme, während ich, die Hände tief in meinen Manteltaschen vergraben, abwesend auf die Straße starrte. Hin und wieder eilten Schüler an mir durch, doch wenn sie mir überhaupt Beachtung schenkten, waren es nur kurze, verwunderte Blicke.
Ginny schien sich Zeit zu lassen, oder sie kam einfach nicht zum Zahlen. Jedenfalls verlor ich allmählich das Gefühl in meinen Füßen. Ich überlegte gerade, ob ich sie nicht doch in den Laden hätte begleiten sollen, als ich ihn bemerkte: Zerzaust und zerlumpt stand er in einer schmalen Gasse schräg gegenüber von mir und beobachtete mich. Als unsere Blicke sich trafen, erstarrten wir beide für einen Moment. Während ich angestrengt nachdachte, ob ich ihm schon einmal begegnet war – denn er kam mir auf seltsame Weise sehr bekannt vor – löste er sich aus dem Schatten des Hauses und kam geradewegs auf mich zu.
Verunsichert blickte ich die Straße auf und ab. Mir kam die ganze Sache doch etwas unheimlich vor und ausgerechnet jetzt schien niemand in der Nähe zu sein. 'Ich könnte in den Schreibwarenladen gehen. Da sind genügend Leute', kam es mir ein und mein Herz schlug mit jedem Schritt, den er auf mich zu machte, heftiger. Vielleicht war es die Kälte in meinen Füßen, vielleicht aber auch etwas anderes, das mich davon abhielt, tatsächlich wegzulaufen. Vielleicht war mein Gehirn in Entscheidungsprozessen noch etwas langsam, jedenfalls hatte ich mich um keinen Zenitmeter gerührt, als er vor mir stand.
Wieder blickten wir uns eine Weile nur an und keiner schien zu einer Regung fähig zu sein, dann begann er zu sprechen. "Felice Parker?" Seine Stimme klang heißer und kratzig, als würde er nur selten von ihr Gebrauch machen.
Normalerweise würde sich hier die Frage stellen, woher er meinen Namen kannte und diese Tatsache und sein Aussehen wären eigentlich Grund genug, die Flucht zu ergreifen. Ich aber war so überfordert mit dieser Situation, dass ich einfach nur nickte. Ich versuchte es nicht zu verleugnen. Ich stellte nicht einmal die oben genannte Gegenfrage, was hier eine verhältnismäßig normale Reaktion wäre. Nein, ich nickte – und mit dieser Geste tat ich noch mehr als seine Frage zu beantworten. Es war als würde ich widerstandslos akzeptieren, was auch immer dieser Kerl mit mir vorhatte – mich entführen, mich verfluchen oder mich gar auf der Stelle umzubringen.
Was dann kam, war nicht auf meiner Liste von möglichen Ereignissen.
"Ich muss mit dir reden", sagte der Fremde mit einem drängenden Unterton und wirkte dabei gehetzt, wie er die Straße immer wieder rechts und links von sich prüfte.
Meine Antwort überraschte mich selbst. Vielleicht war ich bereits so überwältigt von der Situation, dass mich nichts mehr aus der Bahn werfen konnte. "Dann reden wir", war alles, was ich nüchtern von mir gab.
Wieder blickte er sich hektisch um. "Nicht hier", sagte er eindringlich und dann nahm er mich beim Arm und zog mich in den Schatten der nächstgelegenen Gasse. Das konnte nichts Gutes bedeuten, das war klar, doch ich ließ es einfach geschehen. Verwirrt war ich trotzdem und das konnte man mir auch ansehen.
"Du kennst mich wahrscheinlich nicht", begann er, nachdem er sich vergewissert hatte, dass wir die einzigen in der Seitenstraße waren, "aber ich kenne dich. Ich habe dich schon mehrere Monate beobachtet – so gut das eben ging, während du oben in Hogwarts warst."
Die Nachricht, dass ich offensichtlich einen Stalker hatte, hätte mich eigentlich aufbringen müssen, aber vernebelt wie ich war, nahm ich es einfach regungslos hin. Wenn er über meine Reaktion, die eigentlich keine war, verwirrt war, merkte man das nicht, da er sowieso etwas durch den Wind schien.
"Es war ganz schön schwierig dich zu finden. Bis ich deinen Namen hatte, deine Adresse – deine Schule! Ich musste ganz schön viel riskieren", fuhr er fort. "Zum Glück bist du als einzige betroffen..." Er brach ab, als er sich meiner Verwirrung bewusst wurde.
"Es geht um den Autounfall, den du Ende August hattest und nachdem du eine Bluttransfusion gebraucht hast", stellte er klar und blickte mich erwartungsvoll an, als müsste die Sache jetzt klar sein. Ich schüttelte langsam den Kopf und ließ ihn damit wissen, dass ich immer noch im Dunkeln tappte. Dass er von meinem Unfall und der Bluttransfusion wusste, bereitete mir seltsamerweise nicht im geringsten Sorgen.
Er holte tief Luft, dann platzte er unvermittelt damit heraus: "Das war mein Blut." Ich zeigte immer noch keine Regung. Mein Gehirn mühte sich mit der Verarbeitung dieser Information ab, doch kam zu keinem brauchbaren Ergebnis.
Als er erkannte, dass der Groschen bei mir immer noch nicht gefallen war, half er mir auf die Sprünge: "Das Blut, dass du bei der Transfusion bekommen hast, war von mir."
Langsam begann ich zu begreifen. Und erstaunlicherweise schaffte ich es, zu reden: "Und was ist da jetzt das Problem?"
Er druckste ein bisschen herum und als er dann antwortete, nuschelte er in seinen Bart, dass ich Mühe hatte, ihn zu verstehen: "Dass ich zu dem Zeitpunkt, als ich mein Blut spendete, noch nicht wusste, dass ich ein Werwolf geworden bin."
Diese Information verarbeitete mein Gehirn in Rekordzeit. Mir klappte der Mund auf. Es dauerte einen Moment, bis ich meine Stimme gefunden hatte, doch dann brach es aus mir heraus: "Was?! Soll das heißen, dass ich wegen dir seit drei Monaten in jeder Vollmondnacht eine äußerst schmerzhafte Verwandlung durchmachen muss und das nur, weil – Wie kann man nicht merken, dass man ein Werwolf ist?!"
Etwas verlegen kratzte er sich am Kopf. "Naja, ich dachte, ich wäre von einem normalen Wolf gebissen worden. Schließlich hab ich nicht an so Sachen geglaubt. Ich bin nur durch Zufall an diese Zauberer geraten, die mich in dieses Krankenhaus da gebracht haben. Ich hatte ja keine Ahnung..."
Meine Wut verebbte. Ich hatte es bis zu meiner ersten Verwandlung ja auch nicht gewusst. Und war offensichtlich mit der Zaubererwelt nicht vertraut gewesen. Wer erwartet denn schon, dass er von einem Wolfsbiss zu einem Werwolf wird, wenn er nicht daran glaubt?
"Es tut mir Leid", sagte er und sowohl in seiner Stimme als auch in seinem Gesichtsausdruck wurde die Aufrichtigkeit deutlich.
"Ist ja nicht deine Schuld", beruhigte ich ihn. "Wie heißt du eigentlich?"
"Reinold", er lächelte. Zunächst unsicher, doch als ich es erwiderte, wurde es breiter. Er war mir irgendwie sympathisch und die Fetzen seiner Geschichte hatten mich neugierig gemacht.
"Dann erzähl mir doch mal, wie es so weit kam", forderte ich ihn auf. Ginny, die jetzt bestimmt ihren Einkauf erledigt hatte und mich suchen musste, hatte ich ganz vergessen.
Zuletzt geändert von Phoeliz am 01.05.2011 02:52, insgesamt 2-mal geändert.
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Beitrag von hermine 3000 »

deine geschichten sind gut
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sig ist von Schockofröschlein

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Beitrag von Phoeliz »

Danke dir. :smile:

Ich war heute fleißig und hab gleich noch das nächste Kapitel fertig geschrieben.
Kapitel 11 - Reinolds Gesichte

Wir strichen durch Hogsmeade. Meistens wählten wir kleinere Seitenstraßen und hielten uns von der Hauptstraße fern, um Begegnungen mit anderen Menschen zu vermeiden. Ich hatte das Gefühl, dass Reinold sehr gesellschaftsscheu war und ich konnte es nur zu gut nachvollziehen. Der Wind trieb uns die eisige Kälte um die Ohren, doch das machte uns nichts aus. Reinold hatte so viel zu erzählen und ich hörte ihm so gebannt zu, dass wir unsere Umgebung kaum wahrnahmen.
"Also, begonnen hat das ganze wie gesagt diesen Sommer", begann er seine Geschichte. "Ich habe Wölfe beobachtet..."
"Wie, du hast Wölfe beobachtet?", unterbrach ich ihn sogleich neugierig und schämte mich sofort, dass ich mich nicht zurückhalten konnte. "Tut mir Leid, dass ich dir gleich ins Wort falle", entschuldigte ich mich sofort, "aber Wölfe Beobachten ist nicht gerade die Standartbeschäftigung, wenn du verstehst, was ich meine. Bist du Tierforscher oder so etwas?"
Reinold lachte. "Naja, fast. Mein Vater ist Förster und nimmt mich seit ich ein kleiner Junge bin gelegentlich mit in den Wald."
"So 'ne Art Vater-Sohn-Geschichte?", hakte ich nach.
"Genau", er nickte. "Dieses Mal waren wir campen, so als Abschluss bevor ich mit meinem Studium beginne. Es war Vollmond und in der Nähe war ein Rudel Wölfe, das wir dann beobachtet haben. Und auf einmal stand da dieser Wolf vor uns und hat..."
"...dich angefallen", beendete ich den Satz und Reinold nickte nur stumm. "Autsch", entfuhr es mir ungewollt.
Er presste die Lippen aufeinander, als verkneife er sich etwas zu sagen, doch es war in sein Gesicht geschrieben: 'Du hast ja keine Ahnung.' Augenblicklich fühlte ich mich schlecht. Diese Erfahrung hatte ich nicht gemacht und sie machte es bestimmt um einiges schwieriger für ihn.
Das Schweigen, das folgte, war mir unangenehm. Ich hatte das Gefühl, ihn vor den Kopf gestoßen zu haben. Doch dann fuhr er fort und er klang nicht beleidigt oder wütend.
"Wir dachten zuerst, dass der Wolf aus dem Rudel war, aber mittlerweile bezweifle ich das. Es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass wir ein ganzes Rudel Werwölfe beobachtet haben, oder?"
"Mhm", meinte ich zustimmend. "Obwohl ich schon von Werwölfen in Rudeln gehört habe. Aber dann hätten euch bestimmt die anderen auch gewittert."
"Ja, bestimmt...", Reinold blickte gedankenverloren in den Himmel. Dann fiel ihm ein, dass er mir ja seine Geschichte erzählen wollte, also nahm er den Faden wieder auf. "Also, der Wolf hat mich gebissen, mein Vater hat ihn angeschossen und ihn so verscheucht. Natürlich sind wir ins Krankenhaus gefahren, aber die konnten nichts Außergewöhnliches feststellen. Der Arzt sagte mir nur, dass ich keine Tollwut hätte, was mein Vater nämlich befürchtet hatte. Aus welchem Grund hätte mich der Wolf sonst anfallen sollen." Wieder machte er eine pause und betrachtete die grauen Wolkenschleier über uns.
"Ein paar Tage später war die Sache für mich erledigt. Ich war zur letzten Nachuntersuchung im Krankenhaus und mir schien es gut zu gehen. Und dann kamst du..."
Etwas verwirrt blieb ich stehen und sah Reinold an. Der Satz klang nach einer Liebesschnulze aus Hollywood und schien mir irgendwie unpassend. Er erkannte, dass mich seine Wortwahl wieder zum stutzen brachte und umschrieb es anders.
"Naja, du wurdest mit schweren Verletzungen eingeliefert und hast dringend Blut gebraucht. Dummerweise hast du ein der seltensten Blutgruppen und weil der Arzt wusste, dass ich die Selbe habe, hat er mich gefragt, ob ich mein Blut spenden würde."
"Verrückt", sagte ich und sprach damit meine Gedanken aus.
"Was genau meinst du?", fragte er mich lächelnd.
Ich zuckte mit den Achseln. "Na, schon allein die Tatsache, dass wir uns kaum kennen, du aber weißt, dass wir die gleiche Blutgruppe haben, dabei kenn ich noch nicht mal meine eigene."
"B negativ", informierte Reinold mich sogleich.
"Siehst du?", meinte ich und lachte. Er fiel mit ein und so standen wir also in der Kälte in irgendeiner Seitenstraße von Hogsmeade und lachten uns gegenseitig an. Es war irgendwie seltsam, aber mir schien es, als wären wir schon eine Ewigkeit befreundet. Vielleicht lag es daran, dass die Chemie zwischen uns von Anfang an gestimmt hatte. Vielleicht war es aber auch, weil wir das gleiche Schicksal teilten. So etwas verbindet.
"Wie hast du mich dann eigentlich gefunden", fragte ich plötzlich und war wieder ernst.
Auf Reinolds Gesicht schlich sich ein Ausdruck von Unbehagen. "Sagen wir, ich musste ganz schön viel in Bewegung setzten, um so weit zu kommen..." Sein Unterton war traurig und ich merkte, dass er nicht gerne darüber sprechen wollte.
"Klingt irgendwie einsam", stellte ich fest.
"Das ist mein Leben jetzt so oder so", antwortete Reinold knapp und die Resignation schien über ihm zu hängen wie eine dunkle Wolke. Ohne wirklich darüber nachzudenken, legte ich ihm einen Arm um die Schulter – so gut das eben ging, da er ein Kopf größer war als ich.
"Was ist mit deiner Familie?", fragte ich vorsichtig.
Er schnaubte bitter. "Als ob ich jetzt noch zu ihnen zurück könnte. Ich würde sie ja gefährden."
"Hast du dich von ihnen verabschiedet?", erkundigte ich mich weiter, doch er schüttelte nur traurig den Kopf. Unschlüssig strich ich ihm über den Rücken. Er schüttelte meine Hand nicht ab, sondern ließ es einfach geschehen. Wieder kam es mir so vor, als wären wir schon jahrelang gut befreundet. Umso mehr traf mich sein Schmerz darüber, dass sein Leben nie wieder wie früher sein würde.
"Weißt du", begann ich langsam, "du kannst immer noch ein normales Leben führen."
Wieder dieses schnaubende Lachen. "Wie denn, wenn ich mich einmal im Monat in ein blutrünstige Bestie verwandle?" Dann fügte er noch hinzu: "Ich wünschte nur, es wäre dir erspart geblieben."
"Das gleiche wünschte ich mir für dich", entgegnete ich. "Aber glaub mir, man kann damit leben." Als sein Gesicht immer noch diesen ironischen Ausdruck behielt, wurde ich energischer. "Hör zu. Ich will ja nicht behaupten, dass man so tun könnte, als wäre nichts geschehen. Ich weiß ja selbst, dass das eine Veränderung ist, die man nicht mehr rückgängig machen kann. Aber das heißt noch lange nicht, dass man jede Hoffnung auf ein ansatzweise normales Leben aufgeben muss. Nimm mich zum Beispiel. Ich gehe noch zur Schule – ein Internat, wohl gemerkt – ich habe immer noch Freunde..."
"Wissen deine Freunde bescheid?", unterbrach Reinold mich.
"Nein", gab ich zu und wurde nachdenklich. Niemand von meinen Freunden wusste, dass ich ein Werwolf war – nicht einmal Ginny, obwohl sie meine beste Freundin war. Wie würden sie reagieren, wenn ich es ihnen erzählte? Würden sie mich meiden, einfach nichts mehr mit mir zu tun haben wollen? Würden sie sich vor mir fürchten oder ekeln?
"Und was machst du in einer Vollmondnacht?", fragte er weiter und holte mich dadurch aus meinen düsteren Gedanken. Seine Stimme war leise, aber eindringlich. Zuerst hatte ich überhaupt nicht gemerkt, dass er näher gekommen war. Doch jetzt stand er direkt vor mir, sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt und er sah mir eindringlich in die Augen. Ich hatte ihnen bis dahin noch wenig Beachtung geschenkt, doch jetzt waren sie so dicht vor mir, dass ich sie einfach nicht ignorieren konnte. Sie waren von einem kräftigen und blau, fast so leuchtend wie der Himmel an einem sonnigen Tag.
Ich schüttelte leicht meinen Kopf um mich aus der Faszination dieser Augen zu reißen. "Es gibt einen Trank", sagte ich schließlich. "Er nennt sich Wolfsbanntrank und verhindert, dass ein Werwolf bei Vollmond zu einer blutrünstigen Bestie wird."
Reinold lächelte schwach, fast etwas ungläubig. "Aber man verwandelt sich immer noch, oder?"
"Ja", musste ich zugeben.
Darauf sagte er nichts, sondern blickte nur in den Himmel. Schließlich wandte er sich wieder mir zu. "Ich glaube, du solltest zurück gehen, es ist schon dunkel. Es hat mich gefreut, dich kennen zu lernen und es tut mir Leid, was passiert ist. Leb wohl." Er gab mir einen kurzen Kuss auf die Stirn und wandte sich ab.
Ich streckte meine Hand aus und wollte ihn aufhalten, doch bevor ich wirklich realisiert hatte, was soeben geschehen war, war er schon nicht mehr in Reichweite. Perplex sah ich ihm nach, wie er weg ging und im Dunkeln verschwand.
Auf einmal war mir kalt. Der Wind schien mir noch ungemütlicher als zuvor und zu allem Übel fing es auch noch an zu schneien. Ich blickte in den Himmel, den ersten Flocken entgegen. Dann löste ich mich aus meiner Starre und machte mich auf den Weg zurück nach Hogwarts.
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Cereza
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Beitrag von Cereza »

also ich habe die geschichte heute erst entdeckt und finde sie suuuper :D würde mich über ne schnelle fortsetzung freuen. :D weiter so

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Phoeliz
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Beitrag von Phoeliz »

Dankeschön. :smile: Und schnelle Fortsetzung kommt sofort. Ich hab nur nicht weiter geschrieben, weil keiner mehr kommentiert hat und ich es dann auch vergessen habe. :D
Kapitel 12 - Spekulationen und eine Wahrheit

"Wo bist du gewesen? Ich hab mir Sorgen gemacht!", war das erste, das ich hörte, als ich zurück in den Gemeinschaftsraum kam. Ginny, die offensichtlich bis vor kurzen in einem Sessel am Kaminfeuer gesessen hatte, kam mir aufgebracht entgegen. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich eigentlich mit ihr unterwegs gewesen war und sie einfach ohne ein Wort stehen gelassen hatte. 'Verdammt!'
"Tut mir leid", sagte ich leicht konfus. "Ich bin heute mal wieder etwas durch den Wind."
"Es tut dir leid?!", fragte sie aufgebracht. "Hast du eine Ahnung, was hier los ist?!"
"Wieso?" Jetzt war ich wirklich verwirrt. "Du hast doch nicht etwa einen Suchtrupp nach mir losgeschickt?" Diese Vorstellung fand ich so lustig, dass ich lachen musste.
"Ach Quatsch!", zischte Ginny und packte mich am Arm. Unsanft zog sie mich in die Ecke des Raumes aus der sie gekommen war. Mir fiel erst jetzt auf, dass dort auch Hermine, Harry und Ron saßen. Alle drei hatten sie einen finsteren Gesichtsausdruck und schwiegen vor sich hin. Sie reagierten nicht einmal, als Ginny und ich dazu kamen.
Ich ließ mich in einen freien Sessel neben ihnen fallen und blickte sie verwirrt an. Was war hier los? Lag es an mir? Hatte ich sie irgendwie verärgert? Gut, es war nicht gerade die beste Idee gewesen, Ginny einfach stehen zu lassen und Ginny war nicht zu unrecht wütend auf mich, aber dass die drei es mir auch verübeln würden?
"Vielleicht...", begann Harry, doch Hermine schnitt ihm das Wort ab.
"Lass gut sein!", sagte sie mit einem aggressiven Unterton.
"Ich mein ja nur...", startete Harry einen neuen Versuch, doch Hermine schüttelte den Kopf und er brach ab. Hilfesuchend blickte er durch die Runde, doch niemand sagte etwas.
Schließlich ergriff ich das Wort. "Was ist hier eigentlich los?", fragte ich und es gelang mir nicht ganz, den vorwurfsvollen Ton aus meiner Stimme zu halten.
Zuerst dachte ich, niemand würde mir antworten, weil alle vier nur auf den Boden starrten, doch dann hob Harry den Kopf und sah mich an.
"Es gab einen Angriff – auf Katie Bell", sagte er mit ernster Miene. Mir blieb der Mund offen stehen und ich sah ihn erschrocken an.
"Geht es ihr gut?", fragte ich dann.
Harry verzog leicht den Mund. "Sie wurde ins St. Mungo Hospital gebracht und sie wird vermutlich durchkommen, aber es war keine schöne Sache."
Ich schluckte und senkte den Kopf. "Natürlich nicht." Auf einmal war mir klar, warum Ginny so aufgebracht gewesen war. Sie hatte Angst gehabt, dass mir ebenfalls etwas zugestoßen war. Mein schlechtes Gewissen wurde stärker. Doch damit konnte ich mich später auseinandersetzten. Jetzt wollte ich erst mehr über den Anschlag auf Katie wissen.
"Und wie genau ist es passiert?", fragte ich also weiter.
"Irgendjemand hat sie mit dem Imperiusfluch belegt und sie dann mit einem Päckchen ins Schloss geschickt. Dummerweise ist das Päckchen unterwegs und Katie kam in Berührung mit der verfluchten Halskette, die darin eingewickelt war", fasste Hermine das Wichtigste knapp zusammen. Dabei starrte sie geradeaus in die Flammen.
"Das klingt irgendwie seltsam", meinte ich und ging es in Gedanken noch einmal durch. "Wer denkt sich so etwas Dummes aus? Die Kette wäre doch bestimmt nicht in Hogwarts angekommen, so wie Filch alles doppelt und dreifach kontrolliert. Was hat das dann für einen Sinn?"
"Das ist eine gute Frage", sagte Ginny, doch viel interessanter waren die Reaktionen der anderen drei. Ron scharrte mit den Füßen und Hermine warf einen seltsamen Seitenblick zu Harry, der sich irgendwie verlegen am Kopf kratzte.
"Habt ihr eine Vermutung?", hakte ich nach, denn wenn mich nicht alles täuschte, war das genau der Grund für ihre seltsame Verlegenheit.
Hermine war wieder diejenige, die mir antwortete. "Naja, Harry ist der Meinung, dass es Draco Malfoy war, weil er ja jetzt ein Todesser ist", sagte sie in einem Tonfall, der klar machte, dass sie überhaupt nicht überzeugt war.
Ich hob meine Augenbrauen. "Malfoy ist ein Todesser? Woher wisst ihr das?
Ertappt biss sich Hermine auf die Lippen und Ron und Harry wechselten einen undeutbaren Blick. Dann ergriff Harry das Wort. "Wir wissen es eigentlich nicht genau. Es ist mehr so eine Vermutung von uns" – "Von dir", warf Hermine ein – "Na gut, von mir", sagte Harry beschwichtigend.
Ich musste zugeben, dieser Tag war sehr interessant. So viele spannende Informationen hatte ich noch nie innerhalb von vierundzwanzig Stunden bekommen. Und ich gedachte, noch mehr aus dem Trio heraus zu holen, da wir nun schon dabei waren.
Als fuhr ich mit meiner Befragung fort. "Und wie kommst du auf die Idee, dass Malfoy ein Todesser sein könnte?"
"Sein linker Arm", antwortete Harry knapp. Als er jedoch meinen fragenden Gesichtsausdruck sah, erklärte er: "Sein linker Arm ist seit dem Sommer sehr schmerzempfindlich und weil ich gehört habe, wie er ein paar Andeutungen in diese Richtung gemacht hat, glaube ich, dass er dort jetzt das Dunkle Mal hat."
"Wie gesagt, es ist nur eine Vermutung", fügte Hermine hinzu.
Ich wurde nachdenklich. Hatte Malfoy nicht sehr empfindlich reagiert, als ich damals mit ihm zusammengestoßen war? Und war es nicht sein linker Arm gewesen, den er sich gehalten hatte?
"Klingt aber plausibel", erwiderte ich dann und fing mir dafür einen bösen Blick von der Braunhaarigen ein. "Ich meine", rechtfertigte ich mich sofort, "dass ich auch schon gesehen hab, wie Malfoy scheinbar stärkere Schmerzen hatte, als jemand gegen seinen linken Arm gestoßen ist." Dass ich dieser jemand gewesen war, erwähnte ich nicht.
"Allerdings heißt das noch lange nicht, dass er derjenige war", äußerte ich nun meine Zweifel, die ich trotz allem an Harrys Theorie hatte.
"Ich hab auch mal gehört, wie er angedeutet hat, dass er einen Auftrag für Voldemort hier in Hogwarts erfüllen muss...", erklärte dieser sofort.
Skeptisch hob ich eine Augenbraue. "Und wie kannst du so viele brisante Sachen hören? Malfoy würde von so etwas doch bestimmt nicht reden, wenn du in der Nähe bist."
"Sagen wir", meinte Harry etwas verschwörerisch, "er wusste einfach nicht, dass ich in der Nähe war..." Er vermied es offensichtlich, meine Frage ausführlich zu beantworten. Ich hatte überhaupt das Gefühl, dass die drei mich nur einweihten, weil sie sich etwas verquatscht hatten. Also, wollte ich es dabei beruhen lassen.
"Es ist immer noch nur eine Vermutung", warf Hermine aber wieder ein. "Außerdem war Draco gar nicht in Hogsmeade, wie soll er Katie dann das Päckchen gegeben haben?"
Harry wollte gerade antworten, doch Ron stöhnte auf: "Oh, das hatten wir doch schon alles. Lasst es endlich gut sein."
Erstaunt sahen wir alle ihn an. Das schien nicht ganz seine Art zu sein. Doch er gab uns keine Erklärung, sondern zuckte nur mit den Schultern. Vielleicht hatte er einfach nur genug davon. Ich konnte ihn irgendwie verstehen. Harry und Hermine waren gerade zu verbissen, was ihren Standpunkt anging. Bestimmt hatten sie schon den ganzen Abend darüber diskutiert.
"Okay, was machen wir jetzt", meldete sich Ginny wieder zu Wort. Offensichtlich hatte sie genug davon, daneben zu sitzen und zu schweigen.
"Keine Ahnung", meinte Harry schulterzuckend.
"Hausaufgaben?", schlug Hermine vor, was Ron wieder zum Stöhnen brachte.
Ich war indessen mit meinen Gedanken wieder etwas abgeschweift. Ich erinnerte mich daran, wie Reinold mich gefragt hatte, ob meine Freunde wussten, was ich war. Vielleicht sollte ich es ihnen jetzt sagen? Zugegeben, der richtige Zeitpunkt war das nicht gerade, aber wann würde es den schon geben?
"Ich muss euch etwas sagen", begann ich also völlig unvermittelt und unterbrach sie in ihrer Abendplanung. Verwundert sahen mich alle vier an.
Jetzt fiel es mir noch schwerer, es zu sagen, aber es musste sein.
"Ich bin ein Werwolf", platzte ich heraus und erwartete das Schlimmste.

To be continued...
Zuletzt geändert von Phoeliz am 01.05.2011 02:53, insgesamt 1-mal geändert.
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Cereza
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Beitrag von Cereza »

im ernst.... deine letzten sätze sind immer mega fies :D
aber auch dieses kapitel hat mir gut gefallen ^^. vor allem das ende, eben weil es so spannend ist, wie es weiter geht :D

ich hätte schon eher geschrieben aber da ich noch nicht so lange im forum unterwegs bin, konnte ich deine geschichte ja nicht eher entdeckt :D aber bin gespannt wie es weiter geht :)

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Phoeliz
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Beitrag von Phoeliz »

Man muss die Leser doch dran halten. :wink: :D
Aber als Entschädigung geht es hier auch gleich ohne große Vorrede weiter. :wink:
Kapitel 13 - Freunde

Schock. Dieser Ausdruck war in den vier Augenpaaren zu sehen, die mich jetzt anstarrten. Ich wusste, dass sie mich verstoßen würden. Wenn sie erst begriffen, was meine Worte bedeuteten, würden sie mich wie eine Aussätzige behandeln. Es war nur verständlich. Keine Freundschaft könnte so stark sein. Niemand könnte eine Bestie mögen. Jetzt, da sie es wussten, war es vorbei.
Ich wagte es kaum, sie anzusehen, aus Angst, dort in den einst so freundlichen Gesichtern würde sich gleich die Abneigung abzeichnen. Ich stand auf. Ich wollte sie nicht länger meiner Gegenwart aussetzen. Eilig ging ich durch den Gemeinschaftsraum und stieg durch das Potraitloch. Etwas wurde gerufen. Es klang ähnlich wie mein Name, es konnte aber auch etwas anderes heißen. In meinen Ohren war nur noch ein Rauschen, wie von einem tobenden Fluss. Und dann sah ich auch das Wasser. Tränen ließen meine Sicht verschwimmen.
Ich wusste nicht, wohin ich ging. Fast taub und halb blind irrte ich umher. Ich musste weg. Weg von Hogwarts, weg von dem Leben, das ich immer noch so verzweifelte versuchte wie früher zu führen. Ich würde zu Professor Dumbledore gehen und ihm mitteilen, dass ich die Schule verlassen werde. Und dann? In die Wildnis, wo ich jetzt hingehörte...
Ich steuerte direkt auf etwas zu – oder kam es auf mich zu? Jedenfalls bemerkte ich es zu spät und prallte dagegen. Verwirrt rieb ich die Tränen aus meinen Augen, um besser sehen zu können.
"Du schon wieder!", knurrte mich eine Stimme an. Es war Draco Malfoy, der mich von oben herab anfunkelte. Er schien besonders schlecht gelaunt zu sein. "Schon mal daran gedacht, eine Brille auf zu setzten? Wird auch Sehhilfe genannt und verhindert, dass du ständig in andere Leute hinein rennst."
Ich konnte es mir selbst nicht ganz erklären, doch sein aggressiver Ton legte einen Schalter in meinem Gehirn um. Alle Gedanken, die mir eben noch durch den Kopf gespuckt hatten, waren wie weggeblasen. Stattdessen verschränkte ich die Arme und sah ihn ebenfalls abschätzend an – so gut das eben ging, wenn man einen Kopf kleiner ist.
"Ach", sagte ich verächtlich. "Und was ist mit dir? Hast du dich etwa schon wieder hier her verirrt?" Seinen Kommentar mit der Brille überging ich dabei. Das wäre dann doch etwas zu viel zum erklären gewesen und außerdem ging ihn das überhaupt nichts an, wieso ich schon wieder nicht aufgepasst hatte.
Prüfend blickte ich ihn an. Dieses Mal würde ich mich nicht so schnell abwimmeln lassen, sondern auf eine Erklärung pochen. Harry hatte Recht. Draco brütete irgendwas aus, da war ich mir sicher.
"Ich wüsste nicht, was dich das anginge", sagte dieser und verschränkte jetzt auch die Arme. Sein herablassender Blick übertraf meinen noch um einiges. 'Reinblüter', schoss es mir durch den Kopf. Innerlich verdrehte ich die Augen über mich selbst. Zu was für Beleidigungen ich doch fähig war. Aber ich würde ihn schon klein kriegen. Der würde sich noch wundern. Ich musste ihn nur in die Enge treiben... Ich wusste selbst nicht, woher ich diesen Kampfgeist auf einmal hatte, aber es gefiel mir.
"Ach, nein?", konterte ich. "Das ist aber schon das dritte Mal, dass ich dich hier außerhalb der Unterrichtszeit sehe. Ein bisschen verdächtig, findest du nicht?"
Draco antwortete nicht, sondern zog nur die Augenbrauen hoch, was zeigte, dass er noch unbeeindruckt war. Er hatte eine harte Schale, das musste ich zugeben. Aber das hieß noch lange nicht, dass ich die nicht knacken konnte. Also fuhr ich fort.
"Ich weiß ja nicht so genau, aber findest du nicht auch, dass Professor Dumbledore das sehr interessant finden würde...?", fragte ich gedehnt. Gott, war ich jetzt eigentlich bescheuert? Ich drohte ihm doch nicht tatsächlich damit, ihn zu "verpetzen"? Und das, wo es Slytherins eigentlich nicht verboten war, sich im siebten Stock aufzuhalten. Jetzt hatte ich wirklich einen Vollschuss!
Erstaunlicherweise schien meine Drohung auf Draco zu wirken. Oder bildete ich mir etwa nur ein, dass die Panik kurz in seinen Augen aufgeflammt war? Ich wollte mich gerade vergewissern, ihn vielleicht auf Katie ansprechen und seine Reaktion testen, da hörte ich es. Nicht weit entfernt riefen Stimmen meinen Namen – und sie kamen immer näher.
"Liz?", konnte ich Ginny rufen hören, gefolgt von Harry und Hermine.
Ich erstarrte. In meinen Kopf strömten all die unangenehmen Gedanken von zuvor zurück. Erschrocken sah ich zu Draco, der meinen Blick ebenso – wenn nicht gar noch etwas mehr – erschrocken erwiderte. Wäre ich nicht mit anderen Dingen beschäftigt gewesen, hätte ich mich vielleicht darüber geärgert, dass er mich um einiges übertraf, was Gesichtsmimik anging. Aber andererseits musste das für ihn nicht unbedingt etwas Positives bedeuten – zumindest nicht in diesem Fall.
Was war eigentlich los mit mir? Warum dachte ich heute nur so seltsame Sachen – zumindest seit ich in Draco hinein gerannt war? Hatte der Aufprall mein Gehirn beschädigt?
Noch während ich darüber nachdachte, begann Draco sich leise zu entfernen. Er warf mir noch einen Blick zu, der wohl so etwas wie "Wir sprechen uns noch!" bedeuten sollte – ich war mir nicht ganz sicher, ich konnte nur die Drohung heraus lesen, die darin lag – und verschwand um die nächste Ecke. Keine Sekunde zu früh, denn schon waren eindeutig Schritte hinter mir zu hören und als ich mich umdrehte, hatte Ginny mich schon fast erreicht. Harry und Hermine folgten ihr dicht auf den Versen und sie hatten sogar Ron im Schlepptau.
"Alles in Ordnung?", fragte meine beste Freundin mich mit besorgtem Blick, als sie vor mir zum Stehen kam.
Ich sah sie verwirrt an, während auch die anderen drei hinter ihr hielten. "Huh?", gab ich verwirrt von mir, bevor mir klar wurde, dass die Szene für sie etwas anders gewirkt haben musste, wie sie tatsächlich gewesen war. So wie es schien hatten sie mich ja gefunden, als ich mitten auf einem Gang stand und auf einen unbestimmten Fleck gestarrt hatte. Sie wussten ja nicht, dass dort eben noch Draco Malfoy verschwunden war. Ich musste auf sie wohl etwas geistesabwesend gewirkt haben und das war – um ehrlich zu sein – nicht unbedingt ein Zeichen dafür, dass es mir gut ging. Außerdem war ich eben wirklich etwas geistesabwesend gewesen und überhaupt in einer seltsamen Stimmung.
"Du bist einfach so abgehauen", sagte Hermine und holte mich damit in die Gegenwart zurück. Erst jetzt fiel mir wieder ein, warum ich überhaupt hier auf dem Gang war und die Verwirrung darüber, dass alle vier mir offensichtlich nachgelaufen waren, sah man mir wohl an.
"Was ist denn los?", fragte Harry mich, doch ich schüttelte nur langsam den Kopf, um zu bedeuten, dass ich es selbst nicht sagen konnte. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich die vier mit offenem Mund anstarrt, aber ich konnte ihn nicht schließen.
Harry blickte mich aufgrund meines Schweigens etwas hilflos an, Ron stand sowieso nur dabei und wirkte etwas fehl am Platz und in Hermines Gesichtsausdruck lag immer noch Besorgnis. Nur Ginny schien nicht mit der Situation überfordert zu sein. Sie trat noch ein Stück auf mich zu und nahm mich einfach in den Arm, was mich zunächst noch mehr verwirrte. Dann schaffte ich es aber, den Mund zu schließen und meine Arme ebenfalls um sie zu legen. Es tat einfach nur gut und es sagte noch viel mehr aus als tausend Worte. Ich wusste jetzt, dass Ginny mich nicht im Stich lassen würde. Ich musste mich beherrschen, um nicht augenblicklich in Tränen auszubrechen.
"Du bist immer noch meine beste Freundin", sagte sie zu mir, als ob sie von all meinen Ängsten wüsste, obwohl ich sie nicht zur Sprache gebracht hatte. Jetzt überwältigte es mich und ich schluchzte in ihre Schulter. Hermine trat hinter mich und legte die Hände freundschaftlich auf meine Schultern. Dann kam auch Harry und umarmte uns, weswegen Ginny sich etwas anspannte. Ich konnte nicht anders. Ich musste lächeln. Wurden mir doch Ginnys Gefühle für Harry wieder bewusst. Schließlich kam sogar Ron, klopfte mir auf die Schulter und grummelte: "Das wird schon."
Jetzt musste ich wirklich lachen. Die Tränen rannen immer noch aus meinen Augen, aber trotzdem war ich glücklich.
Zuletzt geändert von Phoeliz am 01.05.2011 02:54, insgesamt 1-mal geändert.
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