Kapitel 9
Rustle Oaks war ein kleines Dorf und wahrscheinlich der einzige Ort in England in dem Muggel und Zauberer einträchtig nebeneinander lebten, wobei die Muggel von der Existenz der Zauberer wussten.
Raven war begeistert. Die kleinen Läden faszinierten sie. Aufgeregt betrat sie an Lupins Seite das Bekleidungsgeschäft in einer kleinen Nebenstraße. Über dem Eingang hing ein Schild, darauf stand „Pumpkin’s Alltagsroben“. Die kleine Bimmel über der Tür schepperte. Gegenüber vom Eingang war eine Theke und eine junge Frau mit schwarzen Locken lugte durch eine schmale Tür daneben. Diese führte in den hinteren Teil des Ladens.
„Hallo. Es dauert nur einen Moment. Ich helfe noch meiner Kundin in ihr Kleid.“
Der Kopf der Frau verschwand aus der Tür. Verblüfft sah die junge Frau sich um. Der Verkaufsraum war klein. In den hohen Wandregalen rechts stapelten sich Stoffballen. Die Regale auf der linken Seite waren vollgestopft mit Unterwäsche sowie Socken in allen Farben und Größen. Kleider aus verschiedenen Epochen hingen im Regal neben der Eingangstür. Fragend blickte sie ihren Begleiter an, der lässig gegen ein Regal gelehnt mit ihr wartete.
„Das ist ein…magisches Geschäft, oder?“
Er lächelte.
„Ja. Aber sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Es gibt hier auch Kleider wie ihre.“
Nervös blickte Raven auf die Tür neben der Theke. War die Frau eine Hexe? Ganz sicher war sie das. Der Gedanke war sehr merkwürdig. Es würde sicher noch eine Weile dauern, bis sie sich daran gewöhnt hatte. Eine Stimme erklang gedämpft aus dem hinteren Teil des Ladens. Die schwarzhaarige Frau sprach wohl mit ihrer Kundin. Unwillkürlich musste Raven lächeln. Diese Situation kam ihr irgendwie bekannt vor. Es war ein tröstliches Gefühl. Begann sie sich zu erinnern? Arbeitete sie vielleicht in einem Kaufhaus? Einige Sekunden grübelte sie darüber nach, kam aber zu keinem Ergebnis. Schritte näherten sich. Die schwarzhaarige Hexe trat aus dem hinteren Teil in den Verkaufsraum. Über dem Arm hatte sie ein dunkelblaues, langes Kleid. Ihr folgte eine Frau mit langen, blonden Haaren. Sie hatte ein hübsches Gesicht, mit sehr weichen Zügen und einer kleinen spitzen Nase. Lächelnd wandte sich nun die schwarzhaarige Hexe an die junge Frau.
„Verzeihen sie, ich hatte mich ja auch noch nicht vorgestellt. Elfa Pumpkin. Nennen sie mich Elfa. Ich bin gleich bei ihnen.“
Zusammen mit der Blondine ging die schwarzhaarige Hexe zur Theke. Dabei nickte sie Lupin freundlich zu.
„Ich packe es für sie ein, Miss Bubbles. Kommen sie nachher noch mal vorbei oder soll ich es ihnen nach Hause schicken?“
„Nein. Ich komme noch mal.“
„Fein. Dann bis später.“
Miss Bubbles nickte. Bevor sie den Laden verließ lächelte sie Raven kurz zu.
„So, und jetzt wollen wir mal sehen, was wir für sie tun können.“
Elfa wuselte nach hinten. Mit einem Korb voller Wäsche, einem Zauberstab und einem Maßband kam sie zurück. Hosen, Oberteile, Nachthemden, sogar ein Bademantel fand sich. Die nette Art der Hexe vertrieb nach kurzer Zeit die Nervosität. Einige von den Sachen probierte die junge Frau an, hatte etwas später auch Verschiedenes gefunden. Alles, was zu groß oder zu klein war, wurde auf magische Weise geändert, während Raven sich Unterwäsche und Socken aussuchte. Fasziniert beobachtete sie, wie vier Nähnadeln gleichzeitig, völlig eigenständig und in atemberaubender Geschwindigkeiten, eine Hose umschneiderten. Elfa begann bereits die Sachen einzupacken, da entdeckte die junge Frau in dem Korb einen wunderschönen, roten Pullover. Er hatte ihre Größe. Sich den Pullover vor den Oberkörper haltend, trat sie vor den Spiegel. Was er wohl kostete? Vor Schreck erstarrte sie. Sie hatte gar kein Geld bei sich. Wie sollte sie denn die ganzen Sachen bezahlen. Verlegen wandte sie sich zu der schwarzhaarigen Hexe um. Warum hatte sie nicht schon eher daran gedacht? In diesem Moment kehrte Miss Bubbles in den Laden zurück. Elfa griff in eine Schublade hinter sich, zog das eingepackte Kleid hervor.
„So, Miss Bubbles. Das macht vierundzwanzig Galleonen, acht Sickel und dreizehn Knuts.“
Während die Blondine das Geld abzählte, schlenderte Lupin zu Raven hinüber. Still hatte er in einer Ecke des Ladens gestanden und ihre Begeisterung beobachtet. Nun war ihm ihr verzweifelter Gesichtsausdruck aufgefallen.
„Stimmt etwas nicht?“
Mr. Lupin
Trocken schluckte sie. Ihre Stimme war ein Flüstern.
„Mr. Lupin, ich fürchte, wir sind umsonst gekommen. Ich habe kein Geld dabei und Galleonen besitze ich gar nicht.“
Der Werwolf schürzte die Lippen, beugte sich etwas zu ihr herunter.
„Mmmhhh. Ich denke, dann werden wir die Sachen einfach stehlen müssen.“
Mit großen Augen blickte sie ihm ins Gesicht. Das meinte er doch nicht ernst? Lupin nahm ihr den Pullover aus den Händen, gab ihn an Elfa weiter. Diese packte ihn zu den anderen Sachen. Die Päckchen legte sie auf der Theke ab. Er griff danach, fasste mit der Rechten nach Ravens Hand und zog sie zum Ausgang. Erschrocken ließ sie sich mitziehen, sah ihn jedoch völlig schockiert an. Es kostete ihn einige Anstrengung ein ernstes Gesicht zu machen. An der Tür drehte er sich um.
„Miss Pumpkin. Professor Dumbledore bittet sie, die Rechnung für die Sachen einfach nach Hogwarts zu schicken.“
„Ja, natürlich. Mr. Lupin.“
Die junge Frau atmete erleichtert aus.
„Auf Wiedersehen.“
„Auf Wiedersehen. Kommen sie bald mal wieder, Raven.“
Beim Verlassen des Ladens grinste Lupin sie an. Dafür erntete er einen erbosten Blick.
„Das war nicht nett. Ich dachte, sie marschieren wirklich einfach so raus.“
„Ja, sie haben Recht. Aber wissen sie was? Ihr Gesicht war unbezahlbar.“
Einen Moment war sie zu verblüfft, um etwas zu erwidern. Dann begann sie zu lachen. Er stimmte mit ein. Immer noch kichernd, betraten sie ein kleines Wirtshaus. Der Wirt des „pfeifenden Ponys“ winkte ihnen freundlich zu, bedeutete ihnen an einem Tisch am Fenster Platz zu nehmen. Kurze Zeit später, stellte er zwei Butterbiere vor ihnen ab. Ein wenig vorsichtig nippte Raven daran.
„Und?“
Lupin sah sie erwartungsvoll an.
„Ja, doch schmeckt gut. Sie haben nicht zu viel versprochen.“
„Das heißt, sie verzeihen mir?“
„Oh, das muss ich mir noch überlegen.“
Raven blickte sich in der Wirtsstube um. Einige Jungendliche saßen an einem großen Runden Tisch und unterhielten sich angeregt. War sie früher auch mit Freunden aus gewesen? Kannte sie heute noch jemanden aus ihrer Schulzeit oder war sie jemand, den eigentlich keiner mochte? War sie ganz allein?
„Was ist mit ihnen?“
Erneut spiegelte Besorgnis sich auf dem Gesicht von Lupin. Sie brachte ein schwaches Lächeln zustande.
„Alles in Ordnung. Es ist nur ein sehr beängstigendes Gefühl nicht zu wissen, wer man ist.“
Der Mann ihr gegenüber fasste beruhigend nach ihrer Hand.
„Sie brauchen sich nicht zu fürchten. Ich denke, in ein paar Tagen, werden sie sich wieder an alles erinnern können.“
Raven nickte.
„Sicher haben sie Recht. Danke, Mr. Lupin.“
Er hob sein Glas.
„Remus. Ich heiße Remus.“
Lächelnd griff sie nach ihrem Butterbier und stieß mit ihm auf das du an. Danach entspann sich eine nette Unterhaltung. Raven fragte ihn weiter über Magie aus. Auch zum Alltag von Hexen und Zauberern hatte sie viele Fragen. Geduldig versuchte er ihr alles zu beantworten. Später lauschte sie begeistert seinen Erzählungen aus seiner Schulzeit auf Hogwarts. Remus beobachtete sie dabei. Ihr Alter schätzte er auf Anfang dreißig. Das passte auch zu ihren Ansichten und ihrer Einstellung zum Leben. Sie schien ihm ein sehr fröhlicher, warmherziger Mensch zu sein, der gern lachte. Er fühlte sich wohl in ihrer Gesellschaft. Die Vorstellung, sie könnte ein Spion sein, wurde für ihn immer unwahrscheinlicher. Sie aßen im Wirtshaus zu Mittag. Den Nachmittag verbrachten sie im Süßwarenladen „Udellely’s Leckereien“ und einem Cafe namens „Madame Potty’s, bevor Remus sie zur Heimkehr aufforderte.
Müde, zufrieden und voll bepackt kamen sie gegen fünf Uhr ins Herrenhaus zurück. Die junge Frau eilte in ihr Zimmer hinauf. Es war ein herrlicher Tag gewesen. Remus hatte viel mit ihr gelacht. Er war so anders, als Professor Snape. Unwillkürlich musste sie wieder an die Begegnung mit ihm in der Eingangshalle denken. Einsam hatte er auf sie gewirkt. Nun mit seiner kühlen, abweisenden Haltung anderen gegenüber machte er sich auch nicht gerade Freunde. Aber aus irgendeinem Grund konnte sie das Mitgefühl ihm gegenüber, das in ihr aufgekeimte, nicht abschütteln. Keiner war gern allein. Als sie die Kleider auspackte, nahm sie sich vor, netter zu ihm zu sein. Nachdenklich blickte sie auf die Sachen hinunter. Wie konnte sie sich bei Professor Dumbledore dafür bedanken?
Vermutlich hatte sie den älteren Mann heute ein Vermögen gekostet. Galleonen. Sie hatte Miss Bubbles beim Zahlen beobachtet. Das waren Goldmünzen gewesen. Leicht schüttelte sie den Kopf. Selbst wenn ihre Kleider nur die Hälfte von dem kosteten, was die Blondine auf die Theke gelegt hatte, würde sie sicherlich ziemlich lange hier putzen müssen. Vielleicht sollte sie Remus fragen, ob Professor Dumbledore auch Ratenzahlungen in normaler Währung akzeptierte. Zwar konnte sie sich immer noch an nichts erinnern, aber sie fühlte, dass sie Schulden nicht mochte. Mit knurrendem Magen machte sich die junge Frau schließlich auf den Weg nach unten.
In der Tür zum Esszimmer blieb sie staunend stehen. Überall im Raum verteilt, schwebten Kerzen in der Luft. Raven brauchte einen Moment, um sich von diesem überraschenden Anblick zu erholen. Es war einfach unglaublich. Nun fiel ihr ein, was sie vergessen hatte, Remus zu fragen. Die Sache mit dem Strom. Seine Antwort, es gäbe in keinem Zaubererhaushalt Strom, weil sie sich sonst den Nichtmagiern zu erkennen geben müsste, um sich an das Netz anschließen zu lassen, erschien ihr einerseits logisch, doch nicht sehr zufriedenstellend. Beim Essen blickte sie zu dem dunkelhaarigen Mann hinüber. Während sie ihn betrachtete, wurde ihr bewusst, dass dort ebenfalls ein Zauberer saß. Offenbar hatte er ihren Blick gespürt. Er hob den Kopf. Sekundenlang sahen sie sich in den Augen. Die junge Frau schenkte ihm ein Lächeln. Kurz schien seine linke Augenbraue zu zucken. Ansonsten war sein Gesicht reglos. Severus musste sich beinah zwingen auf den Teller vor sich zu sehen. Ihr Anblick hatte wieder dieses gute Gefühl in ihm ausgelöst. Es verwirrte ihn. Die restliche Zeit, bis er sich vom Tisch erhob, vermied er es sie anzusehen. Einige Minuten nach ihm, verließ sie ebenfalls das Esszimmer. Der Besuch in Rustle Oaks hatte sie müde gemacht.
Fanfiction - Der Rabe 1
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Hey Poison :)
hab grad deine 9 Kapitel gelesen. Ich mag deinen Schreibstil und bin wirklich gespannt, wie's weiter geht=) Eine schöne Geschichte und ich liebe Snape ;)
Und nen kleinen Hinweis.. Du scheribst die Anrede von den Professoren immer "sie" in Plural, aber es ist "Sie" wegen der höflichen Anrede :)
Ich warte gespannt auf den nächsten Teil :-)
Lg, Fabi
hab grad deine 9 Kapitel gelesen. Ich mag deinen Schreibstil und bin wirklich gespannt, wie's weiter geht=) Eine schöne Geschichte und ich liebe Snape ;)
Und nen kleinen Hinweis.. Du scheribst die Anrede von den Professoren immer "sie" in Plural, aber es ist "Sie" wegen der höflichen Anrede :)
Ich warte gespannt auf den nächsten Teil :-)
Lg, Fabi
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Danke an Nathalie Haid =)
Danke an Nathalie Haid =)