Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - BEENDET

Hier könnt ihr eure Fanfictions und Gedichte zu Harry und seiner Welt vorstellen.

Moderator: Modis

Antworten
Benutzeravatar
Muggelchen
EuleEule
Beiträge: 345
Registriert: 07.06.2008 22:29
Wohnort: Gemälde im 1. Stock

Beitrag von Muggelchen »

086 Steigerungszauber




Von den verdorbenen Tränken hatte Susan sich schnell erholt. Es ging ihr wesentlich besser als die Tage zuvor, doch noch immer war ihr morgens übel, was der Heiler auf ihre Schwangerschaft zurückführte. Natürlich hatte Draco gleich seiner Mutter davon berichtet und ihr auch von seinem Vorhaben erzählt, um Susans Hand anhalten zu wollen, was Narzissa überaus glücklich machte.
„Mein Junge gründet eine eigene Familie“, hatte sie verzückt gesagt, bevor sie Draco an sich gedrückt hatte.

Eher gelassen schien hingegen Severus, als Draco ihm mitteilte, dass er Vater werden würde und er Susan heiraten wollte, doch auch er gratulierte ihm zu seinem Familienglück. Es mag nur ein unterschwelliges Gefühl gewesen sein, was Draco so denken ließ, doch es kam ihm so vor, als wäre sein Patenonkel ein wenig neiderfüllt, weswegen er all seinen Mut zusammennahm und Severus fragte: „Sag mal, meinst du nicht, dass du dich jetzt, wo Frieden eingekehrt ist, auch mal etwas umsehen könntest?“
„Was genau meinst du mit ’umsehen’, Draco?“, fragte Severus ungewohnt grantig zurück, was ihm offenbarte, dass sein Patenonkel sehr wohl wusste, was er gemeint hatte.
„Ich meinte, dass du die Augen etwas aufhalten könntest, um vielleicht eine Lebenspartnerin…“
„Du, Draco, bist in dieser Angelegenheit nicht meine erste Wahl als Gesprächspartner!“, zischelte Severus rügend, so dass Draco das Thema fallen ließ.

Mit Susan machte Draco sich in der dritten Septemberwoche auf zu ihren Eltern, denn dort waren sie zum Essen eingeladen. Diesen Anlass wollte Draco nutzen, um heute bei Mr. Bones um ihre Hand anzuhalten, obwohl sie ihm mehrmals versichert hatte, dass diese formelle Tradition nicht notwendig wäre.

Nach dem Essen und einer anfänglich sehr angespannten Unterhaltung mit einem ihrer Cousins, einem Muggel, fand Draco die Gelegenheit, Susans Vater in dessen Arbeitszimmer aufzusuchen, aus welchem er eigentlich nur eine Schachtel mit Zigarren holen wollte, um so die Schwangerschaft seiner Tochter zu feiern.

„Mr. Bones, Sir, hätten Sie einen Moment Zeit für mich?“, fragte Draco höflich, nachdem er an die offene Tür geklopft hatte. Mr. Bones, ein mittelgroßer Mann, durch dessen teuren Anzug man den Ansatz eines kleinen Bauches erahnen konnte, hielt wie versteinert inne, entspannte sich jedoch wieder und bot Draco an, auf einem kakaofarbenen Ledersessel Platz zu nehmen.
„Was kann ich für Sie tun, Mr. Malfoy?“, fragte Mr. Bones mit ernster Miene.
Draco schluckte, fragte dann jedoch sehr ernst und mit Bestimmtheit: „Ich möchte um die Hand Ihrer Tochter anhalten, Mr. Bones.“

Susans Vater sagte lange Zeit nichts, sondern ging hinüber zu einem Schrank, um zwei Gläser Scotch einzuschenken. Eines davon reichte er Draco, der es mit zittriger Hand entgegennahm, obwohl er diese einladende Geste positiv werten konnte.

Beide nahmen einen Schluck, bevor Mr. Bones sagte: „Sie wissen, dass Susans Mutter ein Muggel ist.“
Innerlich bereitete Draco sich auf ein schwieriges Gespräch vor, bevor er lediglich antwortete: „Ja, Sir.“
Mr. Bones kam einige Schritte auf Draco zu und forderte: „Entblößen Sie bitte Ihren linken Unterarm, Mr. Malfoy.“

Schwer atmend kam Draco der Aufforderung nur zögerlich nach. Er stellte das Glas Scotch ab und legte beschämt das dunkle Mal frei. Mr. Bones starrte die hellen Konturen auf dem weißen Unterarm an, bevor er kurz mit dem Zeigerfinger der Hand, die sein Glas hielt, drauf deutete und sagte: „Können Sie sich vorstellen, was meine Familie von sämtlichen Bekannten und Geschäftsfreunden zu erwarten hat, wenn es offiziell werden würde, dass jemand wie Sie sich in die Familie einheiraten möchte?“ Gesenkten Hauptes nickte Draco, bevor er auf das dunkle Mal blickte und sich von Herzen wünschte, es nie angenommen zu haben. Mr. Bones nahm einen weiteren Schluck Scotch und erklärte mit ruhiger, aber bewegter Stimme: „Meine Schwester wurde genau von dem Mann brutal ermordet, von dem Sie sich freiwillig dieses Zeichen in die Haut haben brennen lassen, Mr. Malfoy.“ Dracos Unterlippe begann zu zittern, weil er befürchtete, Mr. Bones würde sein Ersuchen ablehnen. Voller Hoffnung blickte er auf, um Susans Vater in die Augen zu sehen.

Das leere Glas stellte Mr. Bones auf einem Tablett ab, bevor er seufzte, sich erneut dem jungen Mann zuwandte, von dem Susan so viel schwärmte, und sagte: „Meine Tochter hat Ihnen sicherlich gesagt, dass es nicht von Nöten ist, bei mir konventionell um ihre Hand anzuhalten. Sie kann heiraten, wen sie möchte und doch rechne ich es Ihnen, Mr. Malfoy, hoch an, dass sie den Mut gefunden haben, einer Tradition zu folgen, die die Familienbande schon im Vorfeld stärkt.“ Er hielt kurz inne, bevor er Draco ein sanftes Lächeln schenkte und mit warmer Stimme empfahl: „Beginnen Sie einen neuen Anfang an der Seite meiner Tochter und machen Sie mich stolz, Mr. Malfoy!“

Die Vergebung, die ihm Mr. Bones zukommen ließ, berührte ihn zutiefst, doch Tränen wollte er nicht aufkommen lassen, weswegen er, um sich abzulenken, das Wort an seinen Schwiegervater in spe richtete, um sich bei ihm und seiner Herzlichkeit zu bedanken.

Was außerhalb des Hauses der Familie Bones geschah, davon bekam niemand etwas mit.

Das St. Mungos wurde von Reinblütern überrannt, die sich alle einer Untersuchung unterziehen lassen wollten. Viele hatten sich aus verschiedenen Gründen erst sehr spät dazu entschlossen, sich auf Gendefekte testen zu lassen. Sogar einige Patienten aus dem Gunhilda-von-Gorsemoor-Sanatorium kamen ins Mungos, um von den fortgeschrittenen Behandlungsmethoden zu profitieren. Erstaunlich viele Squibs wollten erfahren, ob es doch eine Möglichkeit zur Heilung gäbe, denn wenn auch viele von ihnen seit Jahrzehnten von Kind an auf Magie hatten verzichten müssen, weil sie sich ihnen einfach verwehrt hatte, so hatte die Nachricht, das Fortbleiben der Zauberkräfte könnte womöglich auf eine magische Mutationen zurückzuführen sein, die behandelbar wäre, einen winzigen Funken Hoffnung geweckt. Ihre Sehnsucht war groß, der magischen Gesellschaft gleichberechtigt anzugehören. Bei vielen Squibs spielte die Aussicht auf eine Wiedervereinigung mit ihren Familien, von denen sie früher verstoßen worden waren, eine ausschlaggebende Rolle. Genauso groß war bei einigen der Wunsch, damals durchgesetzte Enterbungen rückgängig zu machen und dann gab es auch Menschen, deren einfache Motivation auf Rache beruhte.

Als Squib nach einer Behandlung doch über Magie verfügen zu können, würde vielen die Türen in der Zauberergesellschaft weit öffnen, aber umso enttäuschter waren diese Menschen, nachdem man ihnen mitgeteilt hatte, dass keine Krankheit vorliegen würde. Viele desillusionierte Squibs wurden wieder nachhause geschickt, ohne dass die Chance, eines Tages doch einmal zaubern zu können, in greifbare Nähe gekommen wäre.

So wurde auch ein Mann, dessen eh schon stets mürrisches Auftreten das von Professor Snape seit jeher übertroffen hatte, nach den Untersuchungen aus dem Krankenhaus entlassen. Der Sohn einer reichen, angesehenen Reinblüterfamilie, der als Squib geboren und nur aus diesem Grunde aus seinem Elternhaus verstoßen worden war, war niemand anderes als Argus Filch, der griesgrämige Hausmeister von Hogwarts.

Auf dem Weg in die Bibliothek traf Hermine auf einen miesepetrigen Hausmeister, den sie trotz seines grantigen Gesichtsausdrucks freundlich grüßte, doch er schnitt lediglich eine Grimasse, mit der er ihr seine ganze Verachtung entgegenbringen wollte. Für sein geringschätziges Verhalten konnte es Hermines Meinung nach nur eine Erklärung geben, nämlich die, dass Mr. Filch ganz und gar nicht davon angetan war, eine ehemalige Schülerin nun in einer höheren Position zu sehen als er sie innehatte.

Nachdem sie Filch passiert hatte, dachte Hermine über Snape nach, denn der schien heute früh auf gewisse Art und Weise niedergeschlagen zu sein, nur hatte sie noch nicht den Grund ausfindig machen können. Bei Madam Pince am Pult gab Hermine das Buch „Oneirologie“ ab, denn die Traumdeutung für Professor Snape war längst abgeschlossen.

„Was ist mit ’Die Seelen der Farben’, Miss Granger?“, fragte Madam Pince unwirsch.
„Das brauche ich noch oder hat vielleicht jemand danach gefragt?“, fragte sie nach. Madam Pince schüttelte nur den Kopf und Hermine glaubte in diesem Moment zu wissen, dass die Bibliothekarin nur prüfen wollte, ob sie das zweite Buch womöglich nur vergessen hatte. „Ich kann es selbst ins Regal zurückstellen! Ich wollte sowieso nach einem anderen Buch suchen“, schlug Hermine vor, doch Nettigkeit war bei Madam Pince heute nicht angebracht.

Während Hermines Abwesenheit suchte Harry Severus auf und er fand ihn in dessen Büro. Auch er bemerkte, dass Severus bedrückt zu sein schien, weshalb er offen fragte: „Ist irgendwas geschehen?“
Severus blickte ihn fragend an und erwiderte mürrisch: „Was soll geschehen sein?“
Andere Menschen hätten an dieser Stelle ein Gespräch aufgegeben, aber nicht Harry, denn er erklärte: „Sie wirken etwas“, er suchte ein einfaches, aber treffendes Wort, „traurig!“ Severus machte ein Gesicht, als hätte man ihm Flubberwürmer in den Tee getan, doch er erwiderte nichts. „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, wollte Harry wissen.
Genervt fragte Severus zurück: „Sehe ich etwa so aus, als würde ich jeden Moment zusammenbrechen oder warum die Sorge?“

’Ich will doch nur helfen’, dachte Harry, aber er sagte es nicht, weil er es für eindeutig hielt.
Severus seufzte, bevor er monoton schilderte: „Mr. Malfoy und Miss Bones werden den Bund der Ehe eingehen und wie es aussieht, ist die Familienplanung bereits in Phase zwei. Darüber hinaus hat Mrs. Malfoy mir mitgeteilt, dass das Ministerium den Grundbesitz ihrer Familie zum 21. November dieses Jahres freigeben will und es ist absehbar, dass sie Hogwarts zu diesem Termin verlassen wird.“
Eigentlich wollte Harry es nur denken, aber er sagte es versehentlich laut: „Dann sind Sie traurig, weil Ihre engsten Freunde Sie bald verlassen werden.“ Für Harry war das der einzig triftige Grund, doch Severus schnaufte nur.
„Wer sagt, dass ich darüber ’traurig’ bin?“, fragte er, als wäre es nicht möglich für ihn, sich so einem Gefühl hinzugeben.
Harry hob und senkte einmal die Schultern und erwiderte: „Das brauchen Sie nicht zu sagen.“ Damit Severus ihn nicht missverstehen würde, erklärte er: „Ich wäre traurig drüber, wenn ich an Ihrer Stelle wäre. Ich bin auch ganz froh, dass Hermine hier lebt und ich sie wieder häufiger sehe. Am liebsten wäre es mir, wenn Ron auch hier wohnen würde.“
Hier spitzte Severus die Ohren und er sagte: „Ich habe nie verstanden, warum Miss Granger ihren langjährigen Verlobten – denn Sie hatten mir ja erzählt, dass die beiden sich gleich nach ihrer Volljährigkeit ein Heiratsversprechen gegeben hatten – in der gemeinsamen Wohnung zurücklässt und hier in Hogwarts lebt.“

Langsam wanderte eine von Harrys Augenbrauen in die Höhe und er fragte sich, ob es tatsächlich möglich wäre, dass Severus diese klitzekleine Information über die Trennung von Hermine und Ron entgangen sein könnte. Dann fiel ihm der Tag ein, an welchem er Ginny einen Heiratsantrag gemacht hatte und dass Ron gleich darauf zusammen mit Angelina in Ginnys Krankenzimmer gegangen war. Könnte es sein, dachte Harry, dass Severus das einfach nur nicht bemerkt hatte? Er wollte prüfen, inwiefern Severus womöglich nur den Unwissenden spielte.

„Hermine ist ja auch nicht mit ins Zimmer gekommen, um Ginny und das Baby zu besuchen“, warf er Severus als Informationsbrocken zu.
Der entgegnete daraufhin: „Was mich ebenfalls verwundert hat, wenn ich ehrlich bin. Selbst Mr. Weasley“, aufgrund der Verwechslungsgefahr der ganzen Weasleys verbesserte er, „Fred Weasley meine ich, hat seine Verlobte mit zu seiner Schwester genommen.“
’Okay’, dachte Harry, ’es handelte sich um ein kleines Missverständnis, welches es zu klären gäbe, aber stünde mir das überhaupt zu, Licht ins Dunkel zu bringen?’
„Angelina ist nicht Freds Verlobte“, stellte Harry kurz und knapp klar.

Würde das Kombinieren von Fakten Geräusche erzeugen, dachte Harry, würde wahrscheinlich ein Heidenlärm in den Kerkern herrschen, doch dann begann Severus zögerlich, die Informationen laut wiederzugeben, denn er sagte: „Wenn Miss Johnson nicht die Zukünftige von Mr. Fred Weasley ist…“
„Angelina und Ron sind verlobt“, machte Harry seinem Kollegen unmissverständlich klar, der daraufhin erstaunt beide Augenbrauen hob.
Etwas verwundert über diese Information fragte Severus: „Und seit wann bitte?“
„Ähm, so ganz genau… Puh, keine Ahnung. Ich glaube, das war an dem Abend vor der Verlobungsfeier von Remus und Tonks.“

Mit zusammengekniffenen Augen rief Severus sich sämtliche Erinnerungen ins Gedächtnis zurück, die um diesen Zeitpunkt herum stattgefunden hatten. Miss Granger war am Tag der Verlobungsfeier von dem Werwolf und der Aurorin fast zwei Stunden zu spät bei ihm eingetroffen, was ihn wütend gemacht hatte. Er erinnerte sich aber auch sehr genau an ihr Erscheinungsbild: die verweinten Augen und die geplatzten Äderchen in ihnen und an den zwar vertrauten, aber nicht leidenschaftlichen Begrüßungskuss zwischen Miss Granger und Mr. Weasley auf der Feier selbst. Und dann fragte er sich, warum er all diese Dinge überhaupt noch wusste.

An jenem Tag hatte er sich nichts dabei gedacht, mit Miss Granger gemeinsam zu dieser Feier zu gehen, doch im Nachhinein wurde er sich bewusst darüber, dass er mit einer jungen, ungebundenen Frau an seiner Seite dort aufgetaucht war. Ungebunden! Nur für einen Moment ärgerte er sich darüber, dass er von diesem Detail im Vorfeld keine Kenntnis gehabt hatte, doch andererseits war es gut so, denn sehr wahrscheinlich hätte er sonst davon Abstand genommen, Miss Granger zu begleiten. Das letzte Stelldichein mit einer Frau, die ihm etwas bedeutet hatte, war damals vereitelt worden…

„Severus?“, fragte Harry, denn ihm war nicht entgangen, dass sein Kollege in Gedanken versunken schien.
Abrupt wechselte Severus das Thema und fragte: „Sind Sie aus einem bestimmten Grund hier?“
Den Kopf schüttelnd sagte Harry belustigt: „Hören Sie doch auf immer zu fragen, ob ich wegen einer bestimmten Angelegenheit hier bin. Gewöhnen Sie sich dran, dass ich ab und an einfach mal so vorbei komme – ohne Grund.“
„Ah, dann sind Sie also nur hier, um mich von meiner Arbeit abzuhalten?“, fragte Severus ihn mit einem Schmunzeln.
„Haben Sie denn gerade an etwas gearbeitet? Was haben Sie denn gemacht?“ Harry blickte sich um, konnte aber keine angefangenen Arbeiten entdecken.
„Ich habe lediglich auf Miss Granger gewartet und mache dies noch immer“, erwiderte Severus ehrlich, woraufhin Harry lachen musste.
„Na, dann warte ich mit Ihnen auf sie. Ich wollte Hermine sowieso etwas fragen.“

Einen Augenblick später trat Hermine ins Büro ein. Sie betrachtete ihre freien Unterarme und strich abwechselnd vorsichtig mit ihren Fingern über sie. Als sie aufblickte, formte sich ein Lächeln in ihrem Gesicht, nachdem sie Harry bemerkt hatte. Mit ihrer schweren Umhängetasche über die Schulter geworfen kam sie flink auf ihn zugestürmt.

„Harry!“, sagte sie freudig, bevor sie ihn herzlich umarmte. Gleich darauf fragte sie: „Bist du wegen etwas Bestimmten hier?“
Harry verzog aufgrund ihrer Frage das Gesicht und er blickte zu Severus hinüber, der sich mit einem unterdrückten Grinsen abwenden musste.
„Warum glaubt eigentlich immer jeder, ich würde nur kommen, wenn ich etwas möchte?“, fragte er gespielt enttäuscht. Als sein Blick auf ihre hochgekrempelten Ärmel fiel, die ihre zerkratzten und blutenden Unterarme freilegte, fragte er besorgt: „Herrje, hat sich dieses kleine Monster immer noch nicht bei dir eingewöhnt?“
„Nein, leider nicht. Und ich vermute auch nicht, dass er das noch wird. Du weißt ja, dass Kniesel recht eigenwillig sind und sich nicht jedem anschließen. Ich bin ganz offensichtlich nicht sein Traumfrauchen“, sagte sie schweren Herzens. „Ich habe schon mit Valentinus gesprochen und er nimmt den Kleinen zurück. Er würde mir ja einen anderen schenken, aber alle anderen aus dem letzten Wurf sind schon vergeben.“

Harry beobachtete, wie Severus ihr wortlos eine kleine Dose reichte, die sie mit einem Dank zeigenden Lächeln und einem kurzen Nicken wortlos entgegennahm, bevor sie sie öffnete und den cremigen Inhalt auf den Kratzern verteilte, die sich gleich darauf schlossen. Selbst die Rötungen gingen auf der Stelle zurück. Während Hermine noch redete, bemerkte Harry, wie Severus scheinbar sinnlos einen bestimmten Stuhl etwas vom Tisch wegrückte, bevor er etwas in eine Vitrine stellte. Hermine erzählte und erzählte und ging derweil um den Tisch herum, um ihre Tasche genau auf dem Stuhl abzustellen, den Severus eben wie selbstverständlich bewegt hatte. Er konnte es kaum glauben, aber Severus und Hermine kommunizierten wortlos miteinander, als wären sie ein eingespieltes Team – und das waren sie auch, doch keiner von beiden schien das bewusst wahrzunehmen.

„Frühstücken Sie mit uns zusammen, Harry?“, fragte Severus.
„Oh ja gern!“, erwiderte Harry heiter. In Gedanken fügte er hinzu: ’Dann kann ich euch noch etwas beobachten.’

Mit der Zuckerdose in der Hand fragte Hermine nebenbei: „Was für einen Tee gibt’s heute?“
Severus atmete den Duft aus der Kanne ein und antwortete kurz und knapp: „Schwarzen!“
Aufgrund der Antwort füllte sie gewohnheitsmäßig je einen Löffel Zucker in ihre und Severus’ Tasse, bevor sie Harry fragte: „Du bist doch morgens eher der Kaffeetrinker?“ Harry nickte, so dass Severus ihm aus der Kaffeekanne einschenkte. „Zwei Löffel Zucker, Harry?“, fragte sie, um sich zu vergewissern, ob ihr Gedächtnis sie nicht im Stich gelassen hatte. Er hob zwei Finger, woraufhin Hermine ihm die Menge Zucker in die Tasse tat.

Wie bei der Arbeit waren Hermine und Severus offensichtlich auch beim Frühstück auf das Wohlbefinden des anderen bedacht, dachte Harry. Beide gingen auf die Vorlieben des anderen ein und sie teilten sich die Aufgaben, auch wenn es sich nur um so etwas Alltägliches wie Frühstück handelte.

Hermine schob Severus wortlos den Käse in Reichweite, bevor er an Harry gerichtet sagte: „Sie wollten doch Miss Granger etwas fragen.“
Seine Freundin blickte auf und wartete gespannt, so dass Harry seine Frage stellte. „Sag mal, feierst du eigentlich diesen Freitag deinen Geburtstag? Ich habe einige Anfragen bekommen, was man dir schenken könnte, aber niemand hat bisher eine Einladung erhalten.“
„Oh“, machte sie. Verlegen nahm sie einen Schluck Tee und erklärte gleich darauf: „Eigentlich hatte ich nicht vor zu feiern. Vierundzwanzig ist nicht wirklich ein Alter, dass man feiern muss oder?“ Sie lächelte zaghaft und widmete sich dann voller Aufmerksamkeit ihrem Frühstück, während Harry sie nur verdutzt anstarrte.

In den beiden Jahren, in denen er mit Ron, ihr und einigen anderen aus der DA in der Wildnis umhergestreift war, um die restlichen Horkruxe zu finden, hatte jeder seinen Geburtstag wie einen normalen Tag verleben müssen. All ihre Freunde freuten sich nun darauf, Hermine endlich mal wieder feiern zu können und jetzt wollte sie nicht?

„Hermine“, er klang vorwurfsvoll, „alle gehen davon aus, dass du am Freitag eine Party schmeißen wirst! Die, die samstags normalerweise arbeiten müssen, haben sich den Tag nach deinem Geburtstag extra freigenommen, damit sie lange bleiben können. Du möchtest wirklich nicht feiern?“
Ihren Bissen spülte sie mit etwas Tee hinunter, bevor sie sich rechtfertigte: „Ich arbeite hier bis 22 Uhr und auch samstags. Wir haben ein Projekt für Freitag und ich…“
Severus unterbrach sie und sagte: „Wenn Sie Ihren Geburtstag nicht festlich begehen, werden Ihre Bekannten mich dafür verantwortlich machen, Miss Granger, was mir, wenn ich es genauer betrachte, völlig egal sein könnte. Unser Vorhaben an diesem Wochenende können wir auf nächste Woche verschieben, denn es rennt uns ja nicht weg.“
„Aber…“, sie verstummte, als Severus sie kurz anschaute und sich jegliches Widerwort verbat.

Für einen kurzen Moment starrte sie auf ihren Teller und gleich darauf traf ihr Blick den von Harry. Mit einem Male erkannte er, warum sie nicht feiern wollte. Jedem würde auffallen, dass Ron und sie nicht mehr zusammen wären; dass Ron sich mit Angelina liiert hatte und dass Hermine allein war. Sie müsste die verletzenden Fragen beantworten, die man ihr sicherlich stellen würde. Fragen wie „Wann habt ihr euch denn getrennt?“ oder „Warum hat es nicht mit euch geklappt?“.

Seine Freundin versuchte, sich herauszuwinden und erklärte: „Ich wüsste nicht, wo ich feiern könnte. Mein Quartier ist zu klein, um alle…“
„Albus hätte sicherlich nichts dagegen, Ihnen Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, sollten Sie hier in der Schule zelebrieren wollen. An Räumlichkeiten mangelt es Hogwarts nun wirklich nicht“, sagte Severus gefühlskalt, bevor er einen Schluck Tee nahm.

In diesem Moment hätte Harry seinem Kollegen gern einen leichten Schlag auf den Hinterkopf gegeben und gefragt, ob er überhaupt noch etwas merken würde, aber stattdessen versuchte er, die Situation zu retten, indem er etwas betreten zu Hermine sagte: „Na ja, wenn du nicht möchtest, dann feiere halt nicht. Es wäre aber sehr schade, Hermine. Es haben schon so viele nachgefragt, ob ich etwas wüsste und jeder freut sich schon auf deine Geburtstagsfeier.“
Sie rang sich ein Lächeln ab, bevor sie neugierig fragte: „Wer denn alles?“
Nun auch wieder lächelnd entgegnete Harry: „Natürlich die Weasleys“, ihr Gesicht verzog sich, „aber auch Seamus und Dean, Neville, Luna, Remus und Tonks, Lee, selbst die Parvati-Schwestern und die Creevey-Brüder, Hagrid und Olympe und auch Madame Rosmerta!“
„Die alle haben angefragt?“, fragte Hermine mit einem fröhlichen Glitzern in den Augen.
„Ja sicher! Ich brauche langsam eine Wunschliste von dir, Hermine. So viele Sachen fallen mir auf Anhieb nicht ein, die man dir schenken könnte“, erwiderte Harry grinsend.

Erleichtert beobachtete Harry, wie seine beste Freundin wieder zuversichtlicher wurde, doch noch immer war ihr Frohmut etwas getrübt.

„Ich könnte ein magisches Messer gebrauchen, das alles schneidet. Und vielleicht einen Kniesel, der nicht so eine Kratzbürste ist wie der von Valentinus“, zählte sie auf und gab indirekt zu verstehen, dass sie nun doch feiern würde, wenn schon so viele Menschen fest damit rechneten. Sie nannte noch ein paar Wünsche: „Mir fehlt das ’Weiße Album’ von den Beatles und auch die CD von ’Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band’.“ Nachdem sie letzteren Titel noch einmal bewusst in Gedanken wiederholt hatte, verschwand ihr bisschen Freude mit einem Mal aus ihrem Gesicht.
„Ich sag dir was, Hermine, ich schenke dir die Party! Du brauchst dich um gar nichts zu kümmern. Ich lade die Leute ein und sorge für die Getränke und ein Buffet und du kannst dich gelassen zurücklehnen und dich am Freitag beschenken und feiern lassen! Ist das was?“, fragte Harry aufmunternd.
Ihr Lächeln kam nur zaghaft wieder, bis sie plötzlich frech grinste und sagte: „Wenn ich nicht wüsste, dass du einen kompetenten Hauself an deiner Seite hättest, dann würde ich meinen, dass du das gar nicht hinbekommen würdest.“

Die ganze Zeit über hatte Severus dem Gespräch der beiden Freunde gelauscht, während er nebenbei seelenruhig sein Frühstück verzehrte. Harry schnaufte aufgrund von Hermines Aussage und sagte unverhofft zu seiner besten Freundin: „Du bist ganz schön frech, Hermine!“ Gleich im Anschluss fragte er Severus aus Spaß: „Sagen Sie, ist sie manchmal auch so frech zu Ihnen?“
Severus blickte mit emotionsloser Miene Harry an und entgegnete todernst: „Gelegentlich.“
Fassungslos und mit offen stehendem Mund starrte Hermine ihren Professor an, bevor sie amüsiert fragte: „Wie bitte?“ Harry hingegen konnte es sich nicht verkneifen, herzhaft zu lachen.

Seinen Unterricht ging Harry nach diesem Frühstück sehr gelassen und heiter an. Er unterrichtete heute die Schüler der siebten Klasse und zwar die Gryffindors und Slytherins, wobei die Slytherins deutlich in der Unterzahl waren. Draco saß neben einem Siebzehnjährigen und sah etwas gelangweilt aus, dabei hatte der Unterricht noch nicht einmal begonnen.

„Heute wollen wir etwas genauer auf die Unverzeihlichen eingehen. Wer nennt sie mir?“, fragte Harry mit einem Lächeln auf den Lippen. Nur wenige Arme fanden den Weg nach oben und er wählte Draco, der alle Flüche richtig benannte, die Harry auch gleich an die Tafel schrieb.
Link s hinter sich hörte Harry einen Gryffindor abschätzig sagen: „Dass der das weiß ist ja wohl klar!“
„Mr. Smith, haben Sie der Klasse etwas zu sagen?“, fragte Harry, der von den Schülern noch immer abgewandt an der Tafel stand, um noch den letzten der drei Flüche zu notieren. Mr. Smith verneinte, so dass Harry mit dem Unterricht fortfuhr.

„Was ist das Besondere an dem Imperius?“, fragte Harry. Als er sich umdrehte, hatte nur Draco den Arm in der Luft. „Niemand sonst? Gut, dann Mr. Malfoy.“
Draco erklärte: „Wenn man in der Lage ist sich zu konzentrieren, kann man sich gegen den Imperius zur Wehr setzen. Eine andere Besonderheit ist, dass man im Nachhinein nur sehr schwer feststellen kann, ob jemand eine Tat unter dem Einfluss des Fluchs begangen hat oder nicht.“
„Kann man es wirklich nur schwer nachweisen?“, fragte Harry in den Raum hinein.
Gordian, mit seinen vierzehn Jahren der Jüngste in der Klasse, hob die Hand und wurde von Harry dazu aufgefordert zu antworten, was der auch tat: „Es gibt nur die Möglichkeit, Wahrheitsserum für eine Befragung einzusetzen, aber nur ’Veritaserum Plus’, sonst sind die Aussagen nicht eindeutig.“

Nickend stimmte Harry zu, bevor er fragte: „Kann man sich gegen einen Cruciatus zur Wehr setzen?“ In seiner ersten Unterrichtsstunde mit den Erstklässlern, als er den Schutzzauber „Protego“ besprochen hatte, hatte ein Schüler ein Beispiel genannt, was seine Frage bejaht hatte. Die Siebtklässler waren in dieser Angelegenheit offensichtlich unbeleckt. Nicht einmal der Schlaukopf Gordian meldete sich und Draco, der es wissen musste, hielt seine Hände ebenfalls auf dem Tisch.

„Niemand?“, fragte Harry nochmals, doch Draco meldete sich nicht. Sollte Harry ihn aufrufen und nach dessen richtiger Antwort Punkte vergeben, würde es die Gryffindors wahrscheinlich noch mehr gegen die Slytherins aufhetzen.

„Miss Stuart vielleicht?“, fragte er eine schüchterne Gryffindor.
Sie überlegte und antwortete recht leise: „Vielleicht mit einem Schildzauber?“ Harry nickte erleichtert. Seine Schüler wussten vieles, aber wenn sie sich nicht sicher waren, meldeten sie sich einfach nicht, wie er selbst es auch nie getan hatte.
„Welcher Schildzauber wäre stark genug?“, fragte Harry.
Die Hände gingen nur zögerlich nach oben, so dass Harry nacheinander die paar Schüler aufrief.
Mr. Grief aus Gryffindor antwortete: „Vielleicht ein ’Pluteos’?“ Harry fragte Mr. Grief, was ein „Pluteos“ wäre, so dass die anderen Schüler es sich im Hinterkopf merken könnten. „Das ist eine magische Schutzwand, aber ich glaube, die würde nur einen Fluch abhalten können.“ Diese Aussage bestätigte Harry.
Nach Aufforderung sprach Mr. Smith: „Ein ’Defensor’ könnte mehr abhalten!“ Wieder nickte Harry, erklärte jedoch, dass ein Defensor, ähnlich einem Patronus, nur solange Aufrecht erhalten werden könnte, wie man sich auf ihn konzentrieren konnte, was bei einem Angriff, bei dem ein Cruciatus mit ihm Spiel wäre, ein schwieriges Unterfangen darstellte.

Die Schüler überlegten und Harry wartete einen Moment, bevor er einen Tipp gab: „Welche Schildzauber gehören zu den ’Steigerungszaubern’?“
Hier schossen alle Hände in die Luft und Miss Benedict aus Slytherin beantwortete ganz richtig: „Der Protego!“
„Sir?“, fragte Gordian, um auf sich aufmerksam zu machen, während er sich trotzdem artig meldete. Nachdem er aufgerufen worden war, fragte der Gordian: „Kann man eigentlich aus allen Zaubersprüchen einen Steigerungszauber machen? Nur rein theoretisch, meine ich.“
„Eine gute Frage, Mr. Foster. Der erste Steigerungszauber, den Sie wahrscheinlich alle schon als Kind beherrscht haben, ist ’Lumos’, der Ihnen etwas Licht an der Spitze Ihres Zauberstabes verschafft. ’Lumos Solem’ hingegen macht das Licht heller; so hell wie Tageslicht. Theoretisch ist es möglich, jeden Zauber zu steigern oder auszuweiten. Es gibt viele Zauberer und Hexen, die noch immer neue Zaubersprüche erfinden, was auch eine gefährliche Angelegenheit sein kann, wenn man sich nicht ganz sicher ist, was ein neuer Spruch tatsächlich bewirken kann.“

Harry hielt inne und blickte zu Draco hinüber und zu seinem Erstauen blickte der ihm direkt in die Augen, denn unvermeidbar dachten beide an den Vorfall auf der Mädchentoilette, als Harry den Zauberspruch „Sectumsempra“ benutzt hatte, den er im Buch des Halbblutprinzen entdeckt hatte.

Nachdem Harry einmal schlucken musste, erklärte er: „Einige der geläufigen Zaubersprüche sind, sagen wir, im Alltag nicht von großem Nutzen: Der ’Kitzelfluch’ ist ein gutes Beispiel. Dem kann man nur den reinen Zweck der Unterhaltung zusprechen, aber nicht mehr. Wozu sollte man den Kitzelfluch auch steigern wollen?“ Einige Schüler kicherten, denn sie kannten ganz offensichtlich den Spruch, den Harry als Exempel angeführt hatte. Unbeirrt erklärte Harry weiter: „Bei anderen Sprüchen, wie zum Beispiel dem ’Bombarda’, sollte man im Vorfeld genau überlegen, ob man tatsächlich ein ’Maxima’ hinten dranhängen möchte, denn ohne Steigerung ist der Spruch schon äußerst kraftvoll und zerstörerisch. In dieser Hinsicht sei Ihnen gesagt, dass es nicht gestattet ist, derartige Sprüche innerhalb Hogwarts anzuwenden und auch nicht außerhalb der Schule, wenn Sie noch nicht volljährig sind!“

Gordian verzog enttäuscht das Gesicht.

„Manchmal ist es unumgänglich, altbewährte Zaubersprüche leicht abzuwandeln, um beispielsweise ein Ziel genauer anzuvisieren oder Gegenstände deutlicher zu betiteln. Hat dafür jemand ein Beispiel?“, fragte Harry die Klasse.
Dracos Hand flog nach oben, doch alle anderen blieben unten, so dass Harry ihn aufforderte zu antworten: „’Evanesco’ könnte man abwandeln, um nur bestimmte Dinge oder Gegenstände verschwinden zu lassen. Es wird in diesem Sinne erst der Gegenstand genannt, der verschwinden soll und danach der Befehl ’Evanesca’.“
„Ganz richtig, Mr. Malfoy“, lobte Harry, der sich daran erinnerte, wie Severus’ mit so einem Spruch während seines zweiten Schuljahres die Schlange hatte verschwinden lassen, die von Draco herbeigezaubert worden war.

Viele Schüler machten sich Notizen, bis auf Draco, was Harry gut verstand. Er selbst würde sich auch nichts notieren müssen. Dann kam Harry zum eigentlichen Thema zurück: „Der letzte Unverzeihliche: der Todesfluch. Welchen Schutz gibt es dafür?“
Hier meldete sich Gordian, der nach der Aufforderung antwortete: „Ich würde sagen, auch der Protego, aber einer wird nicht ausreichen, weil der Todesfluch viel zu stark ist und nicht ausweichen würde.“ Harry stimmte nickend zu, doch Gordian hatte noch mehr zu sagen: „Aber weil der Protego Flüche zurückwerfen kann, sollte man darauf achten, dass niemand außer dem Angreifer ist der Nähe ist, damit kein anderer den Fluch nach dem Blocken abbekommt. Die anderen Schildzauber wären zu schwach oder würden nur für eine Abwehr ausreichen.“
Wieder stimmte Harry zu, erklärte jedoch: „Ein Todesfluch ist ein äußerst starker Zauber. Es bleibt trotz eines Protego ein großes Risiko, dass der Schutzschild von ihm durchbrochen wird. Gegen einen Todesfluch gibt es keinen definitiven Schutz!“

Die Schüler schienen es nicht sehr gut zu verkraften, dass der Todesfluch weiterhin eine wirkliche Gefahr blieb, die man nicht hunderprozentig bannen könnte.

„Wer wäre imstande, einen Todesfluch anzuwenden?“, fragte Harry mit ernster Miene, doch niemand schien eine Antwort parat zu haben. Zögerlich meldete sich Draco, den Harry auch dankend zum Reden aufforderte.
„Man muss es wollen, wie beim Cruciatus, denn sonst haben beide Flüche keine Wirkung oder nur eine sehr geringe“, erklärte Draco selbstsicher.
Severus musste ihm das beigebracht haben, dachte Harry, als er unverhofft aus der gleichen Ecke wie schon vorhin einen Schüler flüstern hörte: „Der spricht bestimmt aus Erfahrung!“
Zornig richtete Harry das Wort an den Schüler und sagte: „Mr. Smith, da Sie zum zweiten Mal meinen Unterricht mit unangemessenen Kommentaren stören, verlieren Sie fünf Punkte. Ich bitte Sie, Ihre Vorurteile für sich zu behalten!“
„Wieso? Was hat er gesagt?“, wollte Draco wissen.
Harry wollte das Thema für erledigt erklären, doch Mr. Smith drehte sich einfach auf seinem Stuhl um und blickte nach hinten zu Draco, bevor er laut und deutlich, damit es jeder hören konnte, wiederholte: „Ich sagte, du sprichst bestimmt aus Erfahrung!“
Verärgert konterte Draco: „Was soll der Blödsinn? Was fällt dir ein?“
„Meine Herren…“
Harry wurde unterbrochen, als Mr. Smith angewidert klarstellte: „Dass du ein Todesser bist, weiß doch jeder! Ich verstehe nicht, dass man dich überhaupt in Hogwarts…“
Mit lauter Stimme unterbrach Harry: „Es ist genug! Sie, Mr. Smith, werden sich keine Freunde in Ihrem eigenen Haus machen, wenn Sie noch mehr Punkte verlieren, denn zehn ziehe ich Ihnen für die Frechheit ab, meinen Unterricht trotz Ermahnung erneut zu stören und zehn weitere, weil Sie es gewagt haben, einen Mitschüler vor der gesamten Klasse zu diffamieren.“ Mr. Smith schaute betreten drein, als würde er seine Frechheit bereuen, doch er bereute viel mehr den Punkteabzug und nicht den Rufmord Draco gegenüber. Höhnisch fragte Harry: „Mr. Smith? Haben Sie schon einmal Bekanntschaft mit Mr. Filch gemacht?“ Der Schüler schüttelte den Kopf, so dass Harry anfügte: „Mr. Filch wird sich freuen, dass Sie ihm heute nach dem Abendessen beim Wischen helfen werden und zwar auf Muggelart!“

Nach Unterrichtsschluss bummelte Draco absichtlich und er verstaute gerade eines seiner Bücher in der Tasche, als der letzte Schüler die Klasse verließ, so dass er ungestört mit Harry sprechen konnte.

Als Harry ihn bemerkte, fragte er stockend: „Ja Draco, ähm, Mr. Malfoy?“
Grinsend stellte Draco klar: „Draco, wenn wir allein sind und Mr. Malfoy, wenn ein anderer Schüler dabei ist, oder?“ Harry nickte und hörte danach genau zu, was Draco zu sagen hatte, als der sprach: „Es ist nicht notwendig, mich so zu verteidigen.“
Etwas perplex erklärte Harry: „Das… nein, nein… Das hat nichts mit dir zu tun. Das hätte ich bei jedem Schüler gemacht, wirklich!“
Draco nickte verständnisvoll, zuckte dann jedoch mit den Schultern und sagte gelangweilt: „Ich gehöre hier sowieso nicht her. Ich werde bald der einzige Schüler sein, der verheiratet ist und dessen Frau ein Kind erwartet.“
„Du wirst Vater?“, fragte Harry mit einem Funkeln in den Augen, so dass Draco offenherzig lächeln musste und bestätigend nickte. „Herzlichen Glückwunsch zur bevorstehenden Hochzeit und zum Nachwuchs! Das ist großartig, Draco. Das freut mich wirklich.“ Kurz darauf schmunzelte er und fragte: „Susan?“ Er war sich nicht ganz sicher. Immerhin hatte er die beiden nach der Verlobungsfeier von Remus und Tonks nicht mehr zusammen gesehen.
„Ja, Susan! Ein Slytherin und eine Hufflepuff; nicht auszudenken“, bemerkte Draco zufrieden lächelnd. Im Anschluss sagte er: „Habe gehört, du und Ginny…“
„Ja, wenn das Schutzgesetz außer Kraft getreten ist, dann werden wir auch heiraten“, bestätigte Harry, ohne dass Draco seinen Satz hatte beenden müssen.
Draco streckte seine Hand aus, die Harry sofort ergriff, bevor der Blonde sagte: „Na dann, dir oder besser euch beiden auch einen herzlichen Glückwunsch.“
„Danke! Bestell Susan unsere Glückwünsche, ja? Vielleicht könnte man sich ja mal zusammen treffen?“, suggerierte Harry freundlich.
„Mal sehen“, entgegnete Draco eher skeptisch, denn er wusste nicht, ob das Angebot nur höflichkeitshalber gemacht worden war oder ob Harry es ernst meinte.

Bevor Draco das Klassenzimmer verließ, sagte Harry: „Ist doch schade, dass jeder irgendwie jemanden gefunden hat, außer deinem Patenonkel.“
Draco stutzte, weil er genau daran neulich gedacht hatte. Er blieb an der Tür stehen, bevor er sie von innen schloss, um ungestört zu erwidern: „Solange ich ihn kenne, hatte er nie jemanden. Warum sollte sich das jetzt ändern?“
Ein wenig Neugierde schwang in Dracos Frage mit, was Harry heraushören konnte. Ehrlich interessiert fragte Harry ihn: „Hatte er nicht ein einziges Mal in der Schule jemanden?“
Draco schob ein wenig seine Unterlippe vor, bevor er sagte: „Keine Ahnung, haben wir nie drüber geredet.“

Verständnisvoll nickte Harry, denn er wusste zu gut, dass man mit Severus nicht so leicht über private Anliegen reden konnte.

„Er hat niemals etwas Persönliches erzählt oder? Ich meine, in den fünf Jahren, die ihr zusammen…“
Harry hielt inne, als er bemerkte, dass er womöglich zu weit gegangen war, doch Draco schien das anders zu sehen, denn er erklärte: „Meist gibt er nur ehrliche Antworten, wenn man selbst auch etwas von sich preisgibt. Mit ihm über solche Dinge wie“, er suchte ein angemessenes Wort, „eine Partnerin zu reden fällt mir sehr schwer. Ich bin da nie zu ihm durchgedrungen.“ Draco verweilte einen Moment an der Tür und blickte zu Boden, als würde er eine Idee verfolgen und dann, ganz plötzlich, sagte er: „Ich kann ja mal meine Mutter fragen. Vielleicht weiß sie da mehr. Sind immerhin zusammen zur Schule gegangen.“

Gleich darauf öffnete Draco die Tür, verabschiedete sich freundlich und ging zur nächsten Unterrichtsstunde, während Harry das Gefühl nicht loswurde, Draco würde in dieser Angelegenheit etwas von ihm als Gegenleistung erwarten, denn er konnte sich nicht erklären, warum Draco sonst Erkundigungen einholen wollen würde, die er offensichtlich mit ihm teilen wollte.
Zuletzt geändert von Muggelchen am 23.01.2011 18:39, insgesamt 1-mal geändert.
Three Characters in Search of an Exit - eine Satire mit Harry, Hermine und Severus
~ Muggelchen.net ~

Benutzeravatar
CaRo94
FeeFee
Beiträge: 567
Registriert: 14.01.2009 17:55

Beitrag von CaRo94 »

Wieder einmal super, Muggelchen. :)
Ich finde es toll, dass du auch Harrys Unterrichtsstunde mit eingebracht hast. :) Ich bin mal gespannt, was Draco in Erfahrung bringen kann, zum Thema Severus und eine Partnerin. :D:D Ich freue mich auf Hermines Geburtstag. :wink:
Freu mich auf die Fortsetzung. :)
Bis dann und liebe Grüße
Caro. :)

Benutzeravatar
Muggelchen
EuleEule
Beiträge: 345
Registriert: 07.06.2008 22:29
Wohnort: Gemälde im 1. Stock

Beitrag von Muggelchen »

Hallo Caro,

ein wenig Berufsalltag muss auch mal sein. Harrys Leben ist momentan einigermaßen ausgeglichen. Über Severus und eine mögliche Partnerin wird vielleicht jemand ganz anderes etwas wissen können ;)
Hermines Geburtstag wird ein langes Kapitel, muss ich bestimmt aufteilen, aber es lohnt sich ganz bestimmt.

Liebe Grüße,
Muggelchen




087 Hermines Geburtstag




„Susan! Kommen Sie rein, kommen Sie rein. Schön, dass es Ihnen wieder gut geht“, sagte Arthur fröhlich, als er Susan in seinem Büro empfing.
„Guten Tag, Arthur. Tut mir Leid, dass ich ein paar Tage ausgefallen bin. Ich muss Ihnen auch gleich ein Geständnis machen. Ich habe es schon der Personalabteilung mitgeteilt. Ich…“ Sie grinste, während Arthur gespannt wartete. „Ich bin schwanger.“
„Oh, das ist ja fantastisch!“, sagte Arthur, während er sich erhob und auf Susan zuging. „Glauben Sie mir: Es gibt nichts Schöneres – wirklich nichts Schöneres – als sich um ein Kind kümmern zu dürfen“, sagte er fröhlich, während er ihre Hand ergriff und ihr herzlich gratulierte. Danach sagte er etwas traurig klingend: „Dann werden Sie uns in ein paar Monaten verlassen.“
„Ja schon, aber bis dahin ist noch Zeit“, sagte sie, um ihn ein wenig aufzumuntern.

„Gut, dann kann ich Ihnen jetzt ein paar Neuigkeiten nennen. Es gibt da sehr interessante Informationen über einen bestimmten Muggel, den wir für den Mord an Hexen und Zauberern verantwortlich machen können. Wir haben über Mr. Malfoy herausbekommen, dass er Robert Hopkins heißt“, erklärte Arthur zufrieden.
„Mr. Malfoy hat Ihnen freiwillig so eine gewichtige Information gegeben?“, fragte sie ungläubig.

Arthur antwortete nicht, sondern er nahm seine Brille von der Nase und putzte die Gläser und auf einen Schlag wurde ihr bewusst, dass man Mr. Malfoy Veritaserum untergemischt haben musste.

„Aber Arthur, was nur, wenn Mr. Malfoy jetzt die Zusammenarbeit vollständig verweigert? Wie viele Jahre müsste er sitzen? Maximal noch sieben, wenn es nach Ihnen ginge? Das ist nicht viel. Er könnte sich damit zufrieden geben und wir…“
Arthur hob beide Hände, um Susan zu unterbrechen. „Das war nicht die feine englische Art, das gebe ich zu, aber anders...? Er spielt einfach viel zu hoch, Susan, da kann ich nicht mehr mithalten. Wenn er nur verständiger wäre, aber nein, er will am liebsten gleich nach seiner Behandlung als freier Mann aus dem Krankenhaus spazieren. Das kann ich nicht zulassen. Die Medien werden mich und meine Entscheidung in der Luft zerreißen, wenn ich einen verurteilten Todesser…“
Dieses Mal unterbrach Susan und sagte: „Sie vergessen, Arthur, dass alle Gefangenen aufgrund der voreiligen Verurteilungen durch Fudge und Scrimgeour nochmals eine Verhandlung bekommen. Alle Gefangenen, die als Todesser oder Sympathisanten nach Askaban geschickt worden waren, werden ’speziell’ befragt werden. Sie wissen, dass ich damit ’Veritaserum Plus’ meine und auch Mr. Malfoy wird so eine spezielle Befragung zustehen, wenn er aus dem Mungos zurück ist. Wir können nicht einmal ahnen, welche Verbrechen Malfoy tatsächlich aus eigenem Antrieb verübt hatte oder ob er, wie viele andere, auch einige der echten Todesser, unter dem Imperius gestanden hat.“

Susan erhob sich und ging auf und ab, während sie weiter ausführte: „Malfoy hat noch gar keine neue Verhandlung gehabt. Durch seinen Aufenthalt im Mungos hat sich das alles verzögert und letztendlich wurde ein Verhandlungstermin vor Gericht erst einmal auf Eis gelegt. Was, wenn die spezielle Befragung unerwartet einen Freispruch bei ihm hervorbringen würde, wie bei den beiden jungen Mulcibers? Sie wissen schon, ich meine Sohn und Tochter, die nach dem Angriff auf die Tierwesen-Veranstaltung fliehen konnten und später festgenommen wurden. Die beiden wurden von ihrem eigenen Vater unter Imperius gestellt, Arthur! Mulciber senior selbst hat unter Veritaserum ausgesagt, dass zweifelnde oder nicht vertrauenswürdige Todesser von Voldemort gelenkt worden waren. Ich bin da ganz ehrlich und ich nehme auch kein Blatt vor den Mund, wenn ich sage, dass Mr. Malfoy senior zwar ein arrogantes Ar…“, sie entschied sich doch noch schnell für ein anderes Wort, „ein Armleuchter ist, er aber möglicherweise schon lange per Imperius zu Taten gezwungen worden war; möglicherweise sogar schon während des Vorfalls in der Mysteriumsabteilung, für den man ihn zuletzt verurteilt hatte. Wenn bei einer Verhandlung rauskommen sollte, dass Mr. Malfoy unter Imperius gestanden haben sollte – und so unwahrscheinlich ist das gar nicht – dann hätten Sie überhaupt nichts mehr von seinen Aussagen, denn die würde er gar nicht mehr machen, ist er erst wieder auf freien Fuß.“

Er seufzte und bot Susan zunächst einen Platz an. „Etwas Tee?“, fragte er höflich, nachdem sie sich gesetzt hatte, doch sie verneinte. „Sie halten ihn für unschuldig?“, fragte er kleinlaut.
Sie summte einmal, bevor sie sagte: „Nicht für völlig unschuldig, das auf keinen Fall. Ich schätze, er würde offiziell zwei, höchstens drei Jahre bekommen für die Taten, die er aus freien Stücken fabriziert hat, aber die schwerwiegenden Verbrechen, Arthur, da glaube ich wirklich, dass er damit schon lange nichts mehr am Hut gehabt hat.“ Nochmals seufzte Arthur und er hörte aufmerksam zu, als sie fragte: „Weiß er denn, dass jedem Gefangenen eine neue Verhandlung zusteht?“ Wie sie es vermutet hatte, verneinte er wortlos. „Er braucht es auch noch nicht zu wissen“, sagte sie leise, so dass Arthur sich nicht mehr ganz so schlecht vorkam, weil er mit Mr. Malfoy genauso hinterlistig umgegangen war wie der sonst mit allen anderen.

„Sie wollten mir von den Muggeln erzählen?“, fragte sie im Anschluss.
„Ja, Susan. Wir wissen, wo Robert Hopkins wohnt. Kingsley und ich sind der Meinung, wir sollten Muggelgeborene als Späher hinschicken, um sich das mal anzusehen. Wir überlegen, ob wir Miss Granger fragen sollten, aber vorher wollten wir Sie noch fragen. Können Sie jemanden vorschlagen, der sich gut in der Muggelwelt auskennt und diese Aufgabe übernehmen könnte?“

Nachdem auch Susan niemand eingefallen war, den man mit einem Überwachungsauftrag in die Muggelwelt schicken könnte, ging sie zurück in ihr Büro. Die Akten hatten sich in ihrer Abwesenheit bis zur Decke gestapelt, obwohl einige Kollegen ihre Arbeit übernommen hatten. Susan suchte einen bestimmten Brief, den Beschwerdebrief von Anne Adair, doch den fand sie nicht und so beauftragte sie ihre Vorzimmerdame Mrs. Dainty damit herauszufinden, welcher ihrer Kolleginnen oder Kollegen diesen Fall womöglich bearbeitet hatte, denn es lag ihr daran, sich persönlich um diese ungewöhnliche Angelegenheit zu kümmern.

Bevor sie sich in ihre Arbeit stürzte, nahm Susan aus ihrer Handtasche eine Glückwunschkarte, die sie schnell Zuhause aus einer Schublade entnommen hatte, um sie während der Arbeit zu schreiben. Sie verfasste ein paar nette Zeilen für Hermine und gab die Glückwunschkarte mit der Hauspost an die ministeriumseigene Eulerei weiter, damit sie so schnell wie möglich abgeschickt werden würde.

Die Eule mit der Glückwunschkarte flog nach Hogwarts und müsste voraussichtlich in weniger als einer Stunde dort ankommen.

Zu ihrem Geburtstag erhielt Hermine morgens zu allererst eine Glückwunschkarte von Mr. Bloom, dem Vorsitzenden der Initiative, der sich nochmals schriftlich dafür entschuldigte, dass sie auf einer seiner Veranstaltungen von einem Vampir gebissen worden war. Besonders heute wollte sie daran nicht erinnert werden, weswegen ihr diese Karte schon den frühen Morgen vermieste.

Missgelaunt wartete sie auf Valentinus, der heute die Kratzbürste abholen wollte. Der Kniesel hatte sie vorhin, wie jeden Morgen, wieder angefallen, als sie ihm etwas zu Fressen gegeben hatte. Nachher müsste sie sich bei Snape erneut die Salbe auftun, damit die tiefen Kratzer schnell verheilen würden.

Das Frühstück hatten die Hauselfen der Küche heute zu ihrem Ehrentag extra aufmerksam gestaltet, mit einer Kerze auf dem Tablett, der Blüte einer Osterglocke und einem lächelnden Gesicht aus gebratenen Eiern mit zwei Eigelb als Augen und einigen Scheiben Speck als Mund. Zweifelsohne war das eine Idee von Albus, aber anstatt sich daran zu erfreuen, machte sie es zornig. Wieso, fragte sie sich selbst, war einem Gesicht aus Lebensmitteln zum Lächeln zumute, während sie sich heute am liebsten verkrauchen würde?

Valentinus tauchte endlich auf, um den Kniesel abzuholen. Er bedauerte es, dass das Tier sich nicht mit Hermine anfreunden wollte und er entschuldigte sich vielmals für die Unannehmlichkeiten, doch Hermine beteuerte, dass es ja nicht seine Schuld wäre. Nebenbei fragte sie: „Hat Harry Sie auch für heute eingeladen?“
„Harry?“, fragte er begeistert. „Nein, für was hätte er mich einladen sollen?“

Während ihres Dinners letzter Woche Samstag war Hermine nicht entgangen, dass Valentinus näheren Kontakt zu Harry gesucht hatte. In ihren Augen wollte er Freundschaft mit ihren Freunden schließen und Harry als ihr bester Freund und ihre Begleitung sollte den Anfang machen, auch wenn der darüber nicht sehr glücklich gewesen zu sein schien.

„Harry wollte eine Geburtstagsparty für mich organisieren, heute Abend!“, erklärte sie dem Lehrer freudestrahlend, dem daraufhin jedoch das Lächeln entweichen wollte.
„Oh, das tut mir Leid. Heute Abend habe ich leider keine Zeit, Hermine. Vielleicht findet sich nochmals eine andere Gelegenheit? Wann hatten Sie denn Geburtstag?“, fragte er.

Hermine stutzte, denn als er ihr den Kniesel gebracht hatte, hatte sie erwähnt, wann ihr Geburtstag wäre, weil sie im ersten Moment gedacht hatte, das Tier wäre ein verfrühtes Geburtstagsgeschenk von Valentinus.

Enttäuscht sagte sie: „Nicht ’hatte’, ich habe heute.“
„Oh, heute! Dann herzlichen Glückwunsch“, sagte Valentinus erfreut. Er kam mit dem Kniesel auf dem Arm einen Schritt auf sie zu und ergriff ihre Hand, doch in diesem Augenblick schlug das reinrassige Haustier mit ausgefahrenen Krallen zu und erwischte Hermine wieder am Unterarm. „Das tut mir so Leid, Hermine! Ich glaube es wäre besser, wenn ich jetzt gehe. Ich wünsche Ihnen heute Abend eine schöne Party“, sagte Valentinus, der gleich darauf verschwand, während Hermine die letzte Wunde, die ihr von diesem dämlichen Kniesel beigebracht worden war, mit einer Hand bedeckte. Ihr war zum Heulen zumute.

Hermine ärgerte sich, dass nicht einmal Valentinus zu ihrer Feier kommen würde, denn mit dem hätte sie den Abend über gern geflirtet, um den anderen Gästen zu zeigen, dass sie trotz der Trennung von Ron jetzt nicht einsam war. Andererseits müsste sie niemandem irgendetwas beweisen, dachte sie wütend.

Ihr Weg führte sie zunächst zu Harry, der gerade beim Kamin kniete und entweder jemanden anflohen wollte oder gerade damit fertig war.

„Herzlichen Glückwunsch, Geburtstagskind!“, sagte er freudestrahlend, doch ihr Gesicht blieb ernst. „Was ist dir denn über die Leber gelaufen?“, fragte er daraufhin ein wenig besorgt. Er hatte sie auf dem falschen Bein erwischt.
„Was soll schon los sein? Du hast nicht mal Valentinus eingeladen oder? Du hättest das gestern schon machen können, aber ihn hast du vergessen, obwohl du weißt, dass ich ihn mag!“, meckerte sie.
„Ich hab’s gar nicht vergessen. Er meinte gestern, dass er keine Zeit hätte“, erwiderte er entmutigt.
„Hör mal, Harry. Ich hätte gern eine kleine Party, wenn es möglich wäre. Bloß nichts Großes! Dazu bin ich wirklich nicht in der Stimmung“, sagte sie niedergeschlagen, aber dennoch bestimmend.
„Ähm, ich glaube, dafür ist es schon zu spät, Mine. Ich habe bereits alle eingeladen und ehrlich gesagt bin ich noch dabei.“ Als sie ihn durch verengte Augenlider anblickte, versicherte er: „Sind alles Leute, die du magst, ehrlich. Das wird heute lustig werden. Vertrau mir einfach, ja?“
Sie seufzte, bevor sie sich aufs Sofa plumpsen ließ und fragte: „Warum hab ich mich nur dazu überreden lassen?“
Einmal schnaufte Harry, bevor er sagte: „Du kannst mir nicht erzählen, dass du keine Party haben willst! Du hast dich doch sonst immer gefreut, mit all deinen Freunden reden zu können. Und als wir damals unsere Geburtstage nicht feiern konnten, da hat dir das von uns dreien doch am meisten gefehlt, falls du dich daran noch erinnern kannst. Jetzt sei nicht so und lass dich überraschen! Ich habe mir für dich so viel Mühe gegeben.“

Am Ende war Harry etwas aufbrausend gewesen, doch als er Hermines trauriges Gesicht erblickte, wurde ihm das Herz ganz schwer.

Direkt neben Hermine setzte sich Harry auf die Couch, bevor er ihre Hand nahm und fragte: „Was hast du denn nur?“
Sie drückte einmal zu, bevor sie weinerlich offenbarte: „Sie werden alle fragen, richtig? Alle werden sehen, dass Ron und ich nicht mehr zusammen sind und dann werden die Fragen kommen. Ich will nicht, dass die…“
“Hermine, jetzt ist aber mal gut. Du hast doch keine taktlosen Freunde oder? Bestimmt kann jeder selbst ein Lied davon singen wie es ist, sich von jemandem getrennt zu haben. Glaubst du, auch nur einer möchte, dass du dich auf deinem eigenen Geburtstag schlecht fühlst?“, fragte er mit warmer Stimme.
„Aber jeder wird es sehen und dann werden sie über mich reden…“, sagte Hermine innehaltend.
„Na und? Dann sieht es eben jeder, ist doch völlig egal. Und natürlich wird man darüber reden, aber niemand wird lästern oder tratschen, Hermine. Sie werden es schade finden, dir aber alles Glück der Welt wünschen. Es ist nun einmal so, dass ihr nicht mehr zusammen seid. Was soll man da vertuschen wollen? Ich bin doch da, Hermine. Wenn dir irgendwas nicht passt, dann sagst du mir einfach Bescheid, ja?“, sagte Harry, der nochmals ihre Hand drückte, so dass sie resignierend nickte.

Einen Moment später fragte sie noch: „Wen hast du denn alles eingeladen?“
„Na die, die ich gestern schon genannt hatte, dann ein paar Lehrer und alte Schulfreunde, die ich gestern vergessen habe. Und zwei von deinen Kollegen aus dem Mungos, mit denen du gut ausgekommen bist. Selbst dein ehemaliger Prof hat Zeit!“, zählte er stolz auf.
„Ein paar Lehrer von hier? Etwa auch Snape?“, fragte sie mit großen Augen.

Natürlich hatte er auch Severus eingeladen, obwohl der sich vorbehalten hatte, nicht fest zuzusagen, sondern – wenn überhaupt – spontan hinzuzustoßen, wenn es seine Zeit erlauben würde. So gut wie Hermine und Severus miteinander auskamen, auch wenn beide das sicherlich nicht zugeben würden, hatte er ihn einfach einladen müssen. Sollte Severus heute Abend kommen, wäre für Harry nämlich eines klar und zwar, dass Severus in Hermine mehr als nur eine Schülerin sehen würde.

„Ja, auch Snape“, sagte er vorsichtig.
„Wieso?“, fragte sie entgeistert, doch er unterbrach.
„Er hat sowieso gesagt, dass er nicht fest zusagen kann. Steht fünfzig zu fünfzig, ob er kommt oder nicht“, beruhigte er sie.
„Natürlich wird er nicht kommen. Ist halt nicht sein Ding, so eine Party“, sagte sie plötzlich enttäuscht, obwohl sie sich vorher noch drüber aufgeregt hatte, dass Harry es überhaupt gewagt hatte, ihn einzuladen.

„Ach ja, ich hab dir doch neulich gesagt, dass dieser Werbeflyer von der Sekte recht aufschlussreich gewesen war?“, fragte sie und er nickte. „Ich habe etwas über diese Sekte herausgefunden. Mit ’Heiliger Matthew’ ist ein Hexenjäger gemeint, der um 1645 herum lebte und Matthew Hopkins hieß. Natürlich ist das kein Heiliger im christlichen Sinne. Dieser Robert Hopkins, wie der Name erahnen lässt, muss ein Nachkomme von dem Hexenjäger sein, der sich die Idee in den Kopf gesetzt hat, die Menschheit von Hexen und Zauberern zu befreien. Üble Geschichte, was?“, fragte sie bedrückt klingend.
„Hört sich nicht gut an. Fragt sich nur, wie viel Einfluss der Mann hat“, entgegnete Harry.
„Snape hat gesagt, Robert Hopkins wäre für den Tod der Beerbaums und für das Attentat auf Meredith verantwortlich“, fügte sie noch an.
„Mmh, vielleicht sollte ich dem Herrn mal einen Besuch abstatten? Hoffentlich kann Arthur da etwas mit ’dem anderen Minister’ vereinbaren, denn es ist ja ein Muggel, der die Zaubererwelt in Atem hält“, sagte er leise.

Wie üblich ging Hermine zu halb eins in Snapes Büro, nur um einen Zettel vorzufinden, auf dem er in seiner winzigen, engen Handschrift, die ihr schon seit ihrer Schulzeit sehr vertraut war, mitteilte, dass er sie heute nicht benötigen würde.

„Na toll, jetzt darf ich sehen, wie ich mir bis heute Abend die Zeit vertreiben kann“, meckerte Hermine leise, als sie sein Büro wieder verließ.

Nachdem sie sich in ihre Räume zurückgezogen hatte, um ein Buch zu lesen, verließen verwirrte Schüler das Klassenzimmer von Professor Snape, der eine ganze Stunde früher den Unterricht mit der Auflage beendet hatte, die nächsten zwei Kapitel im Buch zu lesen und eine kurze Zusammenfassung darüber zu schreiben, die sie Montag abgeben sollten.

Severus hatte sich beim Direktor abgemeldet und Bescheid gegeben, dass er für ein oder zwei Stunden Hogwarts verlassen würde, was Albus mit frech funkelnden Augen zur Kenntnis genommen hatte. In seinem Wohnzimmer hinterließ er eine Notiz für Harry, in der stand, dass er mit dem Hund ausgegangen wäre, bevor er mit Harry an der Leine vor die Tore von Hogwarts lief. Mit einem Zauberspruch verwandelte Severus seinen Umhang in einen schwarzen Mantel. Seine Schuhe und die am Bein geknöpften Hosen beließ er in ihrem Zustand. Nachdem er seinen Zauberstab im linken Ärmel hatte verschwinden lassen, beugte er sich hinunter, um Harry auf den Arm zu nehmen, damit er mit dem Tier zusammen apparieren konnte.

Sein Ziel war eine steinerne Treppe, die außerhalb eines Gebäudes im Magnolienring lag und in einen Keller führte. Mit einem lauten Plop materialisierte er sich ungesehen auf dem untersten Treppenabsatz, so dass er die Stufen hinaufgehen konnte und es für jeden Muggel so aussehen würde, als hätte er gerade eben den Keller verlassen.

Auf einen Freitagmittag war im Magnolienring viel los, jedenfalls viel für so eine kleine Stadt wie Little Whinging. Mit seinem langen, schwarzen Mantel hatte er die perfekte Tarnung gewählt, denn die meisten Herren, die er hier antraf, trugen etwas Ähnliches. Durch seinen Hund konnte er langsam gehen und derweil die Leute beobachten, ohne deren Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, während Harry neugierig die Bäume beschnupperte und hier und da seine persönliche Nachricht an die Vierbeiner der Stadt hinterließ.

Sein Weg führte ihn zu einer kleinen Verbindungsstraße zwischen Magnolienring und Glyzinienweg. An einem Eckladen für Tierzubehör vorbeischlendernd marschierte er nun etwas schneller auf ein bestimmtest Haus zu. Einige Katzen tummelten sich im Vorgarten des erreichten Zieles und ließen sich nicht einmal von der Anwesenheit eines Hundes verscheuchen. Nachdem Severus das kleine Tor geöffnet hatte und hindurchgegangen war, klingelte er an der Haustür und wartete geduldig.

Einen Moment später wurde ihm von einer schrulligen Frau geöffnet. „Severus, treten Sie doch ein!“, sagte die alte Frau lächelnd.
„Guten Tag, Arabella. Wie ich sehe, hat meine Eule Sie frühzeitig erreicht“, grüßte er.
„Ja, hat sie, hat sie. Kommen Sie doch mit ins Wohnzimmer und nehmen Sie Platz! Etwas Tee?“, fragte sie sehr heiter. Es war offensichtlich, dass Mrs. Figg nicht sehr viel Besuch bekam und wenn, dann überwiegend von Käufern.
„Eine Tasse Tee könnte nicht schaden, danke“, erwiderte er sachlich.

Wie erwartet musste Severus sich zunächst einem oberflächlichen Gespräch beugen, denn Arabella wollte einige Neuigkeiten aus der magischen Welt erfahren, die er ihr nur widerwillig gab, denn Unterhaltungen lagen ihm nicht, aber er nahm die Langeweile in Kauf, denn immerhin wollte er etwas von ihr. Arabella tätschelte ab und an seinen Hund und sprach mit ihm, als wäre er ein Kleinkind, doch Harry schien das zu lieben, denn er hörte aufmerksam zu und wedelte mit dem Schwanz.

Nach einer halben Stunde lenkte sie das Gespräch zu Severus’ Erleichterung auf das bevorstehende Geschäft, indem sie fragte: „Sie möchten also einen Knieselmischling kaufen, ja?“
Er verkniff es sich mit den Augen zu rollen, denn genau das waren die Worte gewesen, die er ihr bereits in dem Schreiben mitgeteilt hatte. Höflich erwiderte er: „Ja, das möchte ich. Er oder sie soll ein Geschenk sein.“
Sie summte nachdenklich, bevor sie sagte: „Sie wissen sicherlich, dass es immer am besten wäre, wenn der zukünftige Besitzer sich selbst vom Tier auswählen lässt. Meine Mischlinge sind zwar nicht ganz so wählerisch wie ein reinrassiger Kniesel, aber auch sie schließen sich nicht jedem an. Wer soll es denn sein? Beschreiben Sie mir doch bitte die Person, der Sie das Tier schenken möchte und ich könnte aus der Persönlichkeit einen passenden Kniesel aussuchen.“
Severus wurde neugierig und wollte wissen, nach welchen Aspekten die Kompatibilität zwischen Tier und Mensch abhängig gemacht werden würde und ging kurz in sich, bevor er fragte: „Was müssen Sie denn wissen?“
„Na ja, zunächst einmal, ob es ein Mann oder eine Frau ist.“
„Eine Frau“, warf Severus ein.
„Gut, dann wäre es wichtig zu wissen, ob die Dame quirliger Natur ist oder eher ein ausgeglichener Mensch. Ist sie viel unterwegs oder kann sie sich Zeit für das Tier nehmen? Ist sie eher nett oder unausstehlich?“, fragte Arabella, die offensichtlich genau wusste, nach welchen Aspekten ein Tier auszusuchen wäre, doch ihr kam wohl nicht in den Sinn, dass er einer unausstehlichen Frau höchstwahrscheinlich kein Geschenk machen würde.
„Nun“, begann Severus schmunzelnd, „ich würde sagen, Sie kennen Miss Granger und können sich daher selbst ein Bild machen.“

Durch Schilderungen seines jungen Kollegen wusste Severus, dass Harry damals den alten Orden des Phönix mit Teilen von „Dumbledores Armee“ vereint hatte und sich Miss Granger und Arabella ganz offensichtlich gut leiden konnten, was an der geteilten Liebe zu Knieseln liegen mochte.

„Oh, die liebe Hermine ist es also! Ich wusste, sie würde nach dem Tod von Krummbein irgendwann wieder einen Knieselmischling haben wollen. Sie werden es nicht glauben, aber im letzten Wurf war ein Tierchen mit dabei, bei dem ich immer wieder gedacht habe, dass nur Hermine das richtige Frauchen wäre! Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Kätzchen. Es ist ein Männchen“, sagte Arabella fröhlich.

Den Hund durfte er unbeaufsichtigt im Wohnzimmer lassen, so dass er Arabella ein Stock höher folgen konnte. In einem Zimmer, in welchem ausschließlich Katzen, Kniesel und deren Würfe anzutreffen waren, steuerte Arabella auf ein für sein junges Alter recht großes Tier zu. Es war schwarz, hatte aber vier weiße Pfoten und wirkte wegen des langen, üppigen Fels noch viel größer als es eigentlich war.

Bevor Arabella etwas sagen konnte, fragte Severus: „Wie alt ist der Mischling?“
„Der ist erst drei Monate alt, Severus“, antwortete sie gewissenhaft.
„Drei Monate? Der ist riesig!“, sagte er verblüfft.
„Die Mutter ist eine Norwegische Waldkatze“, sagte Arabella, während sie auf einen Kratzbaum zeigte, auf dem entsprechendes Muttertier gerade schlief. „Der Vater ist der Kniesel dort.“ Ein schwarzes Tier mit weißen Tupfen und ebenfalls weißen Pfoten fraß gemächlich aus einem Napf. „Der hier“, sie hielt das junge Tier auf ihrem Arm Severus entgegen, „ist der Richtige für Hermine! Glauben Sie mir.“
„Ich vertraue Ihrer Einschätzung, Arabella. Wie viel soll das Tier kosten?“, fragte er entschlossen, während er bereits seinen Geldbeutel zückte.
„Fünfundachtzig Pfund“, erwiderte Arabella.
Ungläubig wiederholte Severus: „Fünfundachtzig? Dafür bekomme ich woanders vier Kniesel!“
Ihr war nicht entgangen, dass er erbost geklungen hatte, doch sie beruhigte ihn und erklärte: „Norwegische Waldkatzen sind nicht preiswert, Severus. Die kosten zwischen 250 und 800 Pfund. Für diesen Mischling könnte ich eigentlich viel mehr nehmen, aber fünfundachtzig Pfund ist schon der Freundschaftspreis.“ Severus verzog das Gesicht, so dass Arabella beteuernd anfügte: „Ein sehr, sehr guter Freundschaftspreis, Severus.“

Er überlegte einen Moment, während er abwechselnd auf das Jungtier schaute und dessen Eltern begutachtete, die beide sehr friedvoll wirkten, bevor er letztendlich seufzte und resignierend fragte: „Ich habe nicht so viel in Pfund dabei. Nehmen Sie auch Galleonen?“

Glücklicherweise war ein Katzenkorb im Preis inbegriffen, so dass Severus das Tier gleich mitnehmen konnte. Arabella hatte ihm noch den Ratschlag gegeben, Zubehör in dem Eckgeschäft kaufen zu können, bevor Severus sich mit der Leine in einer Hand und dem Katzenkorb in der anderen wieder auf den Rückweg machte. Er kam wieder an dem Eckladen vorbei und hielt am Schaufenster inne. Kratzbäume, Spielzeug, Decken, Kuschelecken und etliche andere Dinge sorgten für eine leichte Reizüberflutung bei Severus und er entschloss, dass Miss Granger das Zubehör für das Tier selbst erwerben müsste, denn fünfundachtzig Pfund für den Knieselmischling waren mehr als genug an Ausgaben. Erneut seufzte Severus und er hoffte innig, dass dieser Kniesel seine Krallen an anderen Dingen wetzen würde und nicht an Miss Grangers Unterarmen.

Während er noch am Schaufenster stand und ins Innere des Ladens schaute, hörte er hinter sich die laute Stimme einer jetzt schon aufdringlich wirkenden Frau, obwohl sie noch etliche Meter entfernt war. Ein Blick über seine Schulter riskierend erkannte er eine sehr voluminöse Frau mit einem kleinen, hässlichen Hund an der Leine, der so sehr daran zog, dass ihre Schritte sehr holprig wirkten und sie jeden Moment vornüber zu fallen drohte. Der knielange Rock legte die dicken Waden frei, woraufhin Severus sein Gesicht verzog. Er hatte nichts gegen vollschlanke Frauen, aber diese hier schien sehr bedrohlich. Er schätzte sie um die sechzig Jahre, genau wie ihren Begleiter, der der Dame in nichts nachstand. Er schien aufgrund seines Übergewichts sogar mehr Oberweite zu besitzen als die Frau selbst. Dann drangen die ersten verständlichen Worte an seine Ohren, so dass er sich wieder dem Schaufenster zuwandte und dem Gespräche lauschte.

„…dass man hier nie einen Parkplatz vor der Tür bekommt. Das können die doch nicht machen!“, meckerte die Frau.
Der Mann beruhigte sie. „Wie stehen doch nur fünfzehn Meter entfernt, meine Gute.“
„Das kostet uns nur wieder Zeit. Ich möchte zum Kampf von meinem Neffen nicht zu spät kommen, Bruderherz“, sagte die Frau angestrengt atmend, während sie bereits auf den Eckladen zusteuerte, an dem Severus stand.
„Wir kommen nicht zu spät! Wir werden wie immer viel zu früh da sein. Jetzt beruhig dich erst einmal und kauf deine Hundekuchen“, erwiderte der Mann leicht genervt und derweil schwer schnaufend, denn die fünfzehn Meter vom Auto bis hierher schienen bereits an seinen Kräften gezehrt zu haben.

Severus wollte den Moment abwarten, bis die beiden die drei Stufen zum Laden hinaufgehen würden, um sich währenddessen unauffällig umdrehen zu können, damit er dieses seltsame Pärchen einmal kurz von Nahem betrachten konnte, doch manchmal kam es anders als man dachte.

Ihr kleiner Hund fing an zu kläffen, als er seinen Harry bemerkte, so dass Severus sich schon früher umdrehen musste. Jetzt konnte er die beiden genauer sehen. Der Mann war nicht nur übergewichtig, sondern eindeutig fettsüchtig. Seine Beine schienen das Körpergewicht gerade mal noch halten zu können und einen Hals hatte der Mann wohl schon sein einigen Jahren nicht mehr, dafür aber anstelle eines Kinns gleich drei. Die Frau mit der aufdringlichen Stimme zog einmal kräftig an der Leine ihrer Bulldogge, die vom Gesicht her wegen des gedrungenen Erscheinungsbildes eine große Ähnlichkeit mit ihrem Frauchen hatte.

Auf einen Schlag fiel ihm seine erste, längere Unterhaltung mit Harry ein, der damals von seiner Tante erzählt hatte, die mit ihren Bulldoggen von einer Hundeshow zur nächsten tingeln würde und er hatte das seltsame Gefühl, als würde er genau dieser Frau nun gegenüberstehen.

Anstatt ihrem Hund das Bellen zu verbieten, blaffte sie Severus an: „Können Sie mit Ihrem Köter nicht woanders langgehen? Sie sehen doch, dass mein Schätzchen Angst vor Ihrem Vieh hat!“
Amüsiert zog Severus eine Augenbraue in die Höhe, während er sich dazu entschloss, die Situation nicht eskalieren zu lassen, sondern einfach zu gehen.

Als sein Blick erneut auf die fetten Waden der Frau fiel, bemerkte er ein paar dürre Beine dahinter. Severus schaute im Vorbeigehen genauer hin und tatsächlich sah er seitlich hinter den beiden kräftigen Gestalten eine zierliche, ruhige Frau, der die Situation peinlich zu sein schien, doch nichts dagegen unternahm. Als die dürre Blonde sich kurz umschaute, um zu sehen, ob jemand diese Situation beobachten würde, traf ihr Blick den von Severus und mit einem Male blieb sie wie versteinert stehen. Severus stand Petunia Dursley gegenüber und er schien, wie sie, in diesem Moment gefangen zu sein.

In den Kerkern räumte Hermine das Chaos auf, welches die Kratzbürste hinterlassen hatte. Todtraurig war sie darüber, dass ihr Bonsai-Bäumchen so sehr gelitten hatte. Ein winziger Ast war abgebrochen, aber der kleine Baum würde das schon überleben, hoffte sie. Richtig wütend wurde sie, als sie feuchte Stellen auf dem Teppich ausmachte, in die sie mit ihren nur mit Socken bekleideten Füßen gelaufen war und sie fand auch Katzenkot in einer Ecke, obwohl sie Krummbeins alte Katzentoilette aufgestellt hatte. Angewidert sprach sie die stärksten Reinigungszauber und gleich noch hinterher ein paar Zauber zum Desinfizieren, die sie im Mungos während ihrer Ausbildung erlernt hatte. Ihre Stimmung war schon seit heute morgen nicht die beste, aber jetzt am Nachmittag war sie noch immer nicht heller. Sie hoffte nur, sie würde den heutigen Abend gut überstehen, denn mittlerweile hatte sie keine Ambitionen mehr, ihre eigene Party aufsuchen zu wollen.

Harry hatte sich richtig ins Zeug gelegt und nicht nur in den Unterrichtspausen die Gäste mündlich über den Kamin eingeladen, sondern auch in der Küche mit den Elfen gesprochen, um ein paar Kleinigkeiten für heute Abend klarzumachen. Besonders Dobby freute sich darüber, für Hermines Geburtstagsfeier einige Vorbereitungen treffen zu dürfen.

Nach seinem Unterricht ging Harry abermals in die Küche und die Elfen versprachen, dass seine Wünsche alle erfüllt werden würden. Oben in der großen Halle, in der gefeiert werden sollte, trafen sich die Schüler langsam zum Abendessen. Professor Dumbledore unterrichtete alle Anwesenden darüber, dass die große Halle heute Abend ab zwanzig Uhr den Schülern wegen einer privaten Veranstaltung nicht mehr zur Verfügung stehen würde, doch zu dieser Zeit wären die meisten sowieso in ihren Gemeinschaftsräumen geblieben.

An seiner Seite saß wie immer Severus, der gedankenverloren in seinem Essen stocherte. Hermine war nicht hier, weshalb Harry mutig fragte: „Wissen Sie schon, ob Sie nachher kommen werden?“ Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Severus etwas Wichtigeres zu tun hatte.
Sein Kollege blickte auf und erwiderte: „Wie ich Ihnen schon mitgeteilt habe, werde ich nicht fest zusagen können. Sie werden ja sehen, ob ich auftauche oder nicht!“
„Verstehe! Sie wollen Ihren großen Auftritt haben“, witzelte Harry.
Sein Kollege schnaufte verächtlich, bevor er entgegnete: „Wollen Sie mir etwa charakterliche Ähnlichkeiten mit Slughorn unterstellen?“
„Um Gottes Willen, nein!“, versicherte Harry kopfschüttelnd.
„Gut, dann muss ich Sie auch nicht verhexen“, sagte Severus trocken.

Harry bemerkte, dass Severus nicht ganz bei der Sache zu sein schien, weshalb er besorgt, aber leise, damit es niemand hören würde, fragte: „Ist irgendetwas passiert, Severus?“
Sein Kollege seufzte, bevor er die Gabel weglegte und ebenso leise erwiderte: „Sie können ja mal raten, wen ich heute getroffen habe.“
„Na ja, kommt drauf an, wo Sie waren. Ich habe von meinen Schülern gehört, dass Sie heute früher Schluss gemacht hätten, was schon eigenartig genug…“ Severus war ihm einen bösen Blick zu, weswegen Harry seinen Satz unbeendet ließ.
„Ich habe Arabella besucht“, offenbarte Severus.

Mit Bestimmtheit konnte Harry jetzt sagen, was Severus Hermine schenken würde, doch er sprach das nicht an und fragte stattdessen: „Sie haben Arabella getroffen und dann?“
„Nein, Sie verstehen nicht ganz. Mit Arabella war ich verabredet gewesen, aber ich habe heute noch jemand anderen…“ Innehaltend griff Severus zu seinem Glas Wasser, von dem er einen großen Schluck nahm, bevor er kurz und knapp erklärte: „Ich habe Ihre Verwandten getroffen!“

Das klingende Geräusch einer Gabel, die zu Boden gefallen war, hallte einen Moment in der großen Halle nach und bescherte Harry einige verwirrte Blicke von Schülern und Kollegen, so dass er sich entschuldigte und die Gabel stab- und wortlos wieder in seine Hand zauberte. Heftig atmend war es nun Harry, der verlegen zu seinem Glas griff, etwas Kürbissaft trank und sich beinahe daran verschluckte, so dass sein Husten nochmals für ein wenig Aufsehen sorgte.

„Sie haben nicht mit Ihnen gesprochen oder?“, wollte Harry wissen, nachdem er mit einer Serviette seinen Mund getrocknet hatte.
„Nein, aber ich wurde angesprochen und zwar von Ihrer Tante, der Hundeliebhaberin, von der Sie mir zu Beginn unserer“, Severus fand nur ein passendes Wort, „Freundschaft erzählt hatten.“

Gegen das Lächeln, welches sich nach dem Wort „Freundschaft“ in seinem Gesicht widerspiegelte, konnte und wollte Harry nichts unternehmen, aber trotzdem sein Mund ein Lächeln geformt hatte, entging seinem Kollegen offensichtlich nicht, dass ihm eher zum Weinen zumute war.

„Diese Tante hat mich angeblafft und gesagt, ich sollte weggehen, weil mein Hund ihrer Bulldogge Angst einflössen würde“, schilderte Severus, der gleich darauf versuchte, Harrys Augen auszumachen, doch der starrte nur auf seinen halbvollen Teller und lauschte. „Ihr Onkel war auch dabei. Jedenfalls gehe ich davon aus, dass es Ihr Onkel gewesen war, denn nach der Beschreibung, die Sie mir einmal von ihm gegeben hatten… Er muss es gewesen sein. Und mittendrin – sie war von den beiden massigen Körpern fast komplett verdeckt – habe ich Petunia gesehen und sie hat mich auch…“
Aufgrund von Harrys abrupter Bewegung, denn er hatte seinen Kopf umgerissen, um Severus anzusehen, hatte er den Satz nicht beendet. Sein junger Kollege fragte daraufhin: „Hat sie Sie erkannt?“
Severus spitze die Lippen, als er sich die Erinnerung ins Gedächtnis zurückrief und erwiderte dann: „Ich glaube nicht. Das ist zu lange her, als wir uns das letzte Mal gesehen haben.“

Zu Severus’ Erstaunen fragte Harry ihn über die kurze Begegnung neugierig aus. Er wollte wissen, wie die drei ausgesehen hatten, was sie gesagt oder gemacht hätten, aber viel konnte Severus nicht erzählen.

„Ich verstehe Ihr großes Interesse nicht, Harry. Sie hatten mir erzählt, dass Sie von Ihren Verwandten nicht viel halten würden“, sagte Severus irritiert.
Um eine Antwort verlegen versuchte Harry zu erklären: „Na ja, ich kann Sie zwar nicht leiden, aber sie sind immerhin ein bisschen Familie, das ich habe; die Schwester meiner Mutter. Auch wenn ich sie nicht unbedingt nochmals sehen möchte, so sind sie doch…“ Harry brachte den letzten Satz nicht zu Ende.

Severus und Harry ließen das Thema und die Erinnerungen, die es in Harry weckte, ruhen.

Um kurz vor acht Uhr abends klopfte es bei Hermine. Sie wusste, dass es Harry sein musste, aber sie wollte im ersten Moment nicht öffnen. Die Tür öffnete sich jedoch von allein und da fiel ihr ein, dass er ja ihr Passwort kannte.

Sein Blick fiel auf seine beste Freundin, die zusammengekauert auf der Couch saß und keine Hose trug.

„Hermine?“, fragte er vorsichtig. Sie blickte ihn mit kummererfüllten Augen an, antwortete jedoch nicht, so dass er eintrat und die Tür schloss, um sich neben sie auf die Couch zu setzen. Eine ganze Weile blieb er einfach nur in ihrer Nähe, damit sie sich nicht allein fühlen würde, doch dann, weil die Gäste warteten, sagte er: „Ich weiß, dass du keine Lust hast, aber glaub mir; das wird eine Abwechslung sein, die du dringend brauchst. Sieh dich doch nur an und sag mir ins Gesicht, dass du keine Unterhaltung benötigst und ich blase die ganze Party ab.“

Wer wartete sehr geduldig auf eine Antwort. Hermine holte tief Luft, sagte jedoch nichts, so dass Harry wieder das Wort ergriff. „Soll ich dir eine Hose aussuchen?“
Plötzlich schnaufte sie verächtlich und erwiderte gereizt: „Das habe ich die letzte halbe Stunde versucht, Harry. Ich habe nur noch zwei Jeans, die passen!“ Scheu blickte sie ihn an und Harry vermutete, sie würde von ihm nochmals erwarten, wie damals in „Die Drei Besen“, eine Standpauke zu halten, weil sie zugenommen hatte, doch er hielt den Mund. Sie hingegen kniff sauer die Lippen zusammen und schimpfte mit sich selbst: „Du hast Recht gehabt, ich habe zugenommen! So sehr, dass meine Hosen nicht mehr zugehen.“ Sie schämte sich und hielt eine Hand vor ihre Augen, bevor sie sagte: „Selbst wenn mich heute niemand auf meine Trennung von Ron ansprechen wird, dann werden sich einige sicherlich nicht verkneifen können mir ins Gesicht zu sagen, dass ich fett geworden…“
„Hermine, du bist nicht ’fett’. Du magst zugenommen haben, aber du bist nicht unansehnlich oder so. Herrgott, was habt ihr Weiber immer mit eurem Gewicht? Ich bin sicher, dass niemandem die paar Kilo…“
Sie fuhr ihm aufgebracht über den Mund und sagte: „Zwölf! Ganze zwölf Kilo, Harry! Zwölf sind definitiv zu viel!“
Er schüttelte entnervt den Kopf und sagte: „Du liegst damit immer noch im Bereich des Normalgewichts, also reg dich bitte ab. Das ist echt nicht viel.“

Sie stand auf, ging ein paar Schritte zurück und ergriff mit beiden Händen einen ihrer unbekleideten Oberschenkel. Sie drückte zu und sagte: „Das ist alles wabbelig!“
Harry sah dort überhaupt keine Veränderung, denn er hatte Hermine während ihrer Suche nach den Horkruxen oftmals mit nackten Beinen gesehen, wenn sie beispielsweise in einem See gebadet hatten. Jetzt war kein Unterschied zu damals zu sehen. Was er sah war ein ganz normal geformtes Frauenbein.
„Da wabbelt gar nichts“, nuschelte Harry unverständlich, als gleich darauf beide von einem Plop aufgeschreckt wurden.
Wobbel fragte: „Sie haben gerufen, Mr. Potter?“

Das kleine Missverständnis war schnell bereinigt und Wobbel verschwand wieder, so dass Harry zu Hermine hinübergehen konnte, um sie einfach mal zu umarmen. Sie beruhigte sich, als er sie tröstete und sagte letztendlich: „Dann ziehe ich eben eine von den alten Jeans an und dann können wir gehen, ja?“ Er nickte ihr zu und lächelte aufmunternd. Aus Spaß murmelte sie noch vor sich hin: „Ich hätte mir Hosen zum Geburtstag wünschen sollen.“

Mit betretener Miene ließ sie sich von Harry, der sie an die Hand genommen hatte, zur großen Halle führen. Vor der Flügeltür blieb er stehen und blickte sie mit lebendig funkelnden Augen an, bevor sie mit einem Nicken ihre Bereitschaft kundtat. Harry öffnete die Tür und zog sie hinter sich hinein, bevor er die Tür gleich wieder schloss und noch immer ihre Hand hielt.

„Harry, es ist stockdunkel hier!“, bemerkte sie ganz richtig. Man konnte nicht einmal die Hand vor Augen sehen, aber der Duft von leckerem Essen stieg ihr bereits in die Nase.
„Warte ab, Hermine“, beruhigte er und dann ging es auch schon los.

Sie sah zwei kleine Lichter weiter hinten in der Nähe, wo der Lehrertisch stehen musste und gleich darauf stiegen diese beiden Lichter in die Höhe und explodierten lautstark und zischend. Andere Lichter folgten, doch die ersten beiden waren die Einzigen, die Worte in die Finsternis schrieben und sie las leise mit:

„Herzlichen Glückwunsch, liebste Hermine!“

Die anderen Lichter explodierten und formten Blumen, Sterne und Herzen in den verschiedensten Farben um den Schriftzug herum, bevor die ersten Lichter den Text änderten und Hermine flüsternd vorlas:

„Du bist alles…“

Harry konnte Hermines Gesicht in dem Zwielicht nicht sehr gut erkennen, aber er sah trotzdem das Glitzern in ihren Augen, als sie die Glückwünsche las. Und er wandte seinen Blick nicht von ihr ab, als sie die bunten Worte in der Luft rezitierte:

„…was eine Freundin ausmacht!“

Weitere Raketen, die definitiv aus dem Repertoire „Feuerwerkskörper für geschlossene Räume“ der Weasley-Zwillinge stammten, wurden gezündet und die Dunkelheit in der großen Halle wurde mit beweglichen Figuren erfüllt. Eine Gestalt stellte Krummbein dar, der mit einem Wollknäuel spielte, eine andere Figur war ein fliegendes Buch, hinter das Krummbein gleich herjagte, bevor ein neuer Schriftzug erschien und Hermine wiedergab:

„Jeder von uns beschreibt dich anders…“

Mit einem zufriedenen Lächeln beobachtete Harry seine beste Freundin, die von dem Spektakel, das er hatte organisieren können, völlig fasziniert war und er blickte nicht zum Feuerwerk, sondern nur auf sie, weil ihr Anblick viel faszinierender war und er lauschte ihrer Stimme:

„…aber du vereinst das alles!“

Jetzt sollten die Worte kommen, mit dem jeder der geladenen Gäste Hermine so treffend wie nur möglich hatte beschreiben sollen. Als Harry diese Idee mit Fred und George besprochen hatte war natürlich klar, dass die Zeit davonlief, aber nichtsdestotrotz hatten die Zwillinge alle genannten Eigenschaften in ihren Raketen unterbringen können, so dass die sich nun als brutzelnde Worte in der Luft abzeichneten. Weil sich die vielen, kleinen, gezündeten Raketen nun so schnell abwechselten, wechselte auch ständig die Farbe in Hermines Gesicht. Trotz des Tempos wollte sie, so gut es ging, alles mitlesen und sie las:

„Wir lieben dich, wie du bist und so beschreiben wir dich:

treu

gutmütig“

Ein breites Lächeln formte sich auf Hermines Gesicht, als sie weiter las:

„freundlich

clever

unerschütterlich“

Sie drückte Harrys Hand ganz fest, als wollte sie sich noch während des Spektakels bei ihm bedanken. Die Worte blitzten immer schneller auf und wenn ein neues Wort erschien, dann blieb es noch einen Moment stehen, um sich nur langsam wieder aufzulösen, während bereits die neuen Worte folgten. Hermine konnte nicht mehr mit dem Vorlesen mithalten, doch einige Begriffe, die ihr besonders gefielen, sagte sie laut:

„charmant

mutig

reizend

gebildet

nachsichtig

wunderschön“

Harry konnte eine Träne sehen, die sich über ihr lächelndes Gesicht einen Weg zu ihrem Kinn bahnte. Er konnte seinen Blick gar nicht mehr von ihr abwenden und er hörte ihrer bewegten Stimme zu, nachdem sie kurz die Nase hochgezogen hatte und am Ende der ganzen Wörterkette rezitierte:

„Alles in allem bist du die klügste junge Hexe, die wir kennen!“

Der Satz stammte definitiv von Sirius, was Hermine natürlich registrierte und dann war es einen kurzen Moment lang dunkeln, bevor ein neuer Text aufblitzte:

„Und nur gelegentlich bist du etwas frech…“

In der großen Halle konnte jeder Hermines amüsiertes helles Lachen hören, doch sie hielt inne, als der Schlusssatz erschien.

„Wir lieben dich, wie du bist und deshalb sollst du auch so bleiben, wie du bist!“

Die in der Luft schwebenden Kerzen erhellten allmählich den Saal, an den Wänden entzündeten sich die Feuerschalen und unzählige Gäste mit Partyhüten auf dem Kopf und Luftschlangen um den Hals klatschten, grölten, pfiffen und stimmten dann das sogar in der Zaubererwelt bekannte Lied „Happy Birthday“ an, während Hermine völlig überwältig da stand, Harrys Hand hielt und sich mächtig freute.

Während das fröhliche Lied gesungen wurde, hielt sie sich eine Hand vor den Mund und unauffällig wischte sie ihre Freudentränen weg, was Harry jedoch nicht verborgen blieb. Sie lachte herzlich und fasste sich ans Herz, weil ihre Freunde es geschafft hatten, ihr Stimmungsbarometer von einem Moment auf den anderen in die Höhe zu treiben. So etwas konnten nur Freunde schaffen; so etwas konnte nur Harry fertigbringen.

Nachdem das Lied ausgeklungen war und die Menschenmenge ihr wieder zujubelte und „Alles Gute“ oder „Happy Birthday“ rief, drehte sie sich zu Harry und umarmte ihn ganz fest, während sie überglücklich flüsterte: „Danke, Harry!“

Danach versiegten ihre Worte und sie lagen sich noch einen Moment in den Armen.

Es schien, als würde Hermine gar nicht wirklich hier sein, denn sie konnte sich im Nachhinein nicht mehr vergegenwärtigen, von wem sie bereits umarmt worden war und Glückwünsche und Geschenke entgegengenommen hatte. Lediglich an Filius konnte sie sich bewusst erinnern, der extra wegen ihr auf einen Stuhl gestiegen war, um sie drücken zu können und an Hagrid, für den sie selbst auf einen Stuhl gestiegen war, um sich von ihm drücken zu lassen.

Hermine fiel aus allen Wolken, als Harry ihr mitteilte, dass bereits über eineinhalb Stunden vergangen waren, bis jeder der Gäste sie einmal persönlich aufgesucht hatte, um ihr zu gratulieren, aber sie erwiderte nur lächelnd: „Wie die Zeit verflogen ist… Das ist wohl auch der Grund, warum mir meine Füße jetzt so wehtun.“
„DIR tun die Füße weh? Hast du eine Ahnung, wie viele Kilometer ich gestern und heute hin und her gelaufen bin, um das hier auf die Beine zu stellen?“, fragte er gespielt vorwurfsvoll, so dass sie einfach lachen musste und ihn umarmte, um sich nochmals zu bedanken.

Die Gäste hatten sich in kleinen Grüppchen zusammengefunden, nachdem sie ihre Teller am Buffet gefüllt hatten. Viele setzten sich nacheinander für einen Moment an Hermines Tisch, um eine kleine Unterhaltung zu führen, doch niemand beanspruchte sie komplett für sich, damit sie auch ein wenig Ruhe haben würde. Nur Harry war immer bei ihr, besorgte ihr etwas zu Trinken und zu Essen und bewirtete sie wie in einem Fünf-Sterne-Hotel.

„Harry, jetzt setzt dich doch auch mal hin. Das kann ich ja gar nicht mit ansehen!“, sagte sie im Befehlston, nachdem er ihr etwas vom Dessert gebracht hatte und sofort fragte, ob sie noch etwas benötigen würde.
Laut stöhnend nahm er neben ihr Platz, so dass er mit ihr zusammen die Meute beobachten konnte. Belustigt stellte er fest: „Schau mal, Alastor steht wie üblich mit dem Rücken zur Wand und trinkt sein eigenes Zeug.“
Lachend erwiderte sie: „Manche Dinge werden sich nie ändern, richtig? Aber dass du es sogar geschafft hast meine Eltern einzuladen... Respekt, Harry!“
„Ach, war nicht wirklich schwer gewesen. Das habe ich Arthur überlassen. Ich weiß ja, dass sie prima miteinander auskommen. Schade nur, dass sie nicht lange bleiben konnten“, sagte Harry am Ende hin bedauernd, doch Hermine schüttelte den Kopf.
„Sie waren doch über zwei Stunden hier. Ansonsten machen sie sich beide immer sehr rar, was solche großen Feiern betrifft. Ich hatte mit einer kleinen Party gerechnet, aber das hier“, sie zeigte mit beiden Händen in den Raum, „hätte ich nicht erwartet. Das ist wirklich eine große Überraschung, Harry.“
„Wenn du mir jetzt noch einmal dankst, dann gehe ich!“, drohte er schelmisch.
Sie lachte kurz auf, doch dann blickte sie auf ihr Glas und sagte: „Schade nur, dass Valentinus keine Zeit hat.“
„Sei mir nicht böse, Mine, aber wenn Svelte Interesse hätte, dann wäre er jetzt hier“, sagte Harry vorsichtig.
„Glaubst du, er hat kein Interesse? Warum dann der Kniesel und das Date?“, fragte sie ehrlich interessiert.
„’Date’? Ein Date, wozu er auch mich eingeladen hat und die meiste Zeit mit mir geredet hat? Ich halte ihn wirklich nicht für so altmodisch, dass er mit einer ungebundenen Frau anstandshalber nicht allein ausgehen möchte. Ich weiß nicht, was er für ein Spielchen spielt, aber ich möchte dich nur wissen lassen, dass ich ihn ’suspekt’ finde“, erklärte Harry ernst.
„Aber warum der Kniesel, wenn…“, sie hielt inne, weil sie zur Flügeltür schaute und dort jemanden eintreten sah. „Du hast Malfoy eingeladen?“
Mit großen Augen blickte Harry zur Tür hinüber und bemerkte, wie Draco Susans Hand ergriff und um seinen Arm schlang, bevor beide in die große Halle hineingingen.
Erklärend sagte Harry: „Ich habe Susan eingeladen, aber ich kann ihr ja schlecht verbieten, ihren Lebensgefährten mitzubringen oder?“
„Die sind echt zusammen? Dachte eigentlich, das wäre nichts Ernstes“, sagte sie verwundert.

Susan und Draco steuerten geradewegs auf Hermine zu und gratulierten ihr. Es war erstaunlich, wie höflich und freundlich Draco sein konnte und Hermine fragte sich, ob sein Wesenswandel womöglich endgültig durch Susan stattgefunden hatte. Die beiden schenkten ihr ein magisches Messer der besten Qualität, welches, wie Draco erklärte, alles schneiden würde, bis auf lebendige Dinge.

„Sie können demzufolge damit keine lebenden Flubberwürmer schneiden, Miss Granger, aber durch einen Bezoar geht die Klinge hindurch wie durch weiche Butter. Ich bin mir sicher, dass Ihnen das Messer nützlich sein wird, besonders während Ihrer Arbeit mit meinem Patenonkel“, sagte Draco formell. Susan hingegen duzte sie und Hermine nahm das als Anlass, Draco das Du anzubieten. Er zögerte nicht, nahm ihr Angebot an und bot im Gegenzug dasselbe.

Nachts um halb zwei war die Party noch immer voll im Gange und nicht einmal die betagten Gäste wie Albus oder Minerva wollten sich zur Ruhe begeben. Kaum jemand hatte sich zurückgezogen, bis auf Hermines Eltern, deren voller Terminkalender es nicht erlaubte, bis in die Puppen feiern zu können. Remus und Tonks gesellten sich zu Hermine und unterhielten sich mit ihr und Harry ein wenig, bevor Remus Tonks an die Hand nahm und er sagte: „Wir beide gehen draußen ein wenig frische Luft schnappen. Wie es aussieht, ist deine Party noch lange nicht vorüber.“

Grinsend verabschiedeten sich die beiden, so dass Hermine und Harry noch in Gesellschaft von Luna und Neville sowie George an einem Tisch saßen. Verwundert schaute Hermine zu George hinüber und fragte: „Sag mal, nur ein Zwilling hier am Tisch? Euch sieht man doch sonst auch nicht getrennt.“
Grinsend entgegnete George: „Fred hat seine Schnecke mitgebracht.“ Er nickte in die Richtung, in welcher Fred mit seiner langjährigen Freundin zu sehen war.
„’Schnecke’“, wiederholte Hermine abwertend. „Warum fallen Männern immer so seltsame Bezeichnungen für das Wort ’Freundin’ ein?“

An der frischen Luft stehend und sich umarmend sagte Tonks: „Wir sollten wieder reingehen. Keiner wird glauben, dass wir so lange nur ’etwas frische Luft schnappen’.“
Remus drückte sie an sich und flüsterte ihr ins Ohr: „Oh nein, wie ich Sirius kenne, geht er längst davon aus, dass wir uns eine Mund-zu-Mund-Beatmung geben.“ Dann beugte er sich etwas hinunter und küsste sie auf den Mund.
Als sie den Kuss langsam beendeten, hauchte Tonks: „Eher das Gegenteil, Remus. Du nimmst mir den Atem.“ Die beiden tuschelten und kicherten noch eine Weile wie Viertklässler, bevor sie sich an die Hand nahmen, um wieder nach drinnen zu gehen.

Kurz nach zwei Uhr wagte es Severus, sich auf den Weg in die große Halle zu machen. Er ging davon aus, dass nur noch wenige Personen anwesend sein würden, wenn die Feier überhaupt noch im Gange wäre. Die laute Musik schreckte ihn nicht ab, denn er wusste von Schülern, dass auch kleiner Kreis von drei, vier Leuten so einen Radau machen konnte, also öffnete er die Flügeltür zur großen Halle einen winzigen Spalt, um hineinspähen zu können. ’Weit gefehlt’, dachte er. Der Raum war voll und er schätzte die Anzahl der Gäste grob auf sechzig. Für Severus waren es auf jeden Fall zu viele Menschen, weswegen er die Tür leise wieder schloss und sich zum Gehen umdrehte.

„Severus!“, rief ihm Lupin zu, der mit Tonks im Schlepptau von draußen zu kommen schien.
Mit erkennbar aufgesetztem Lächeln grüßte er zurück: „Lupin, Tonks! Gerade wieder dabei, sich in die Menge zu stürzen?“
Als Lupin bei ihm angekommen war, klopfte er ihm unverhofft auf die Schulter und fragte lächelnd: „Kommst du gerade oder gehst du schon?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, schob Lupin ihn durch die Flügeltür hindurch, während er ihm im Telegrammstil einige Informationen gab: „Habe dich heute noch gar nicht hier gesehen. Du musst das Buffet probieren – tolle Meeresfrüchte! Draco ist übrigens auch hier. Hermine sitzt da drüben.“

Severus folgte dem Fingerzeig des Werwolfs und da hinten sah er sie. Miss Granger saß mit Harry, Miss Lovegood, Mr. Longbottom und einem der Zwillinge – auseinander halten konnte er sie nie – an einem Tisch und lauschte den Erzählungen ihrer Freunde. Zwischen seinen Schulterblättern fühlte Severus die Hand von Lupin, die ein wenig Druck ausübte, um ihn zum Gehen zu bewegen. Zusammen steuerten sie auf den Tisch von Miss Granger und ihren Freunden zu. Nachdem sie ihn erreicht hatten, blickte als Erste Miss Lovegood auf und sie grüßte freundlich: „Hallo, Professor Snape.“ Severus hatte das Gefühl, dass sie ihn nur laut gegrüßt hatte, damit ihre Freunde über seine Anwesenheit informiert wurden. Die anderen am Tisch grüßten ihn ebenfalls äußerst höflich, was er normalerweise nicht gewohnt war. Über eine Person, die sich ihm näherte, konnte er sich weniger freuen. Es war Black.

Für Harry war nun sicher, dass Severus über seinen Schatten gesprungen war, um Hermine eine Freude zu bereiten, auch wenn es so aussah, als könnte Severus nicht glauben, dass er mit seinem Erscheinen jemanden erfreuen konnte. Harrys Patenonkel hatte Severus erblickt und ließ Anne kurzerhand in der Obhut von Molly und Arthur, bevor er sich Severus und Remus näherte.

„Was denn, was denn? Severus hat den Weg hierher tatsächlich gefunden und ganz ohne Karte?“, fragte Sirius mit einem schelmischen Lächeln.
Remus erklärte freudestrahlend: „Ja, hat er, wie du siehst. Und du schuldest mir was, Sirius!“
Severus hob beide Augenbrauen, bevor er fragte: „Sie haben gewettet, ob ich komme oder nicht?“ Als wären sie alte Kumpel klopfte Remus ihm auf die Schulter, während er kräftig nickend bestätigte. „Dürfte ich in diesem Sinne erfahren, wer gewonnen hat und wie hoch der Einsatz war?“, fragte Severus mit ernster Miene.
Grummelnd erwiderte Sirius: „Zwanzig Galleonen und Remus hat gewonnen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass du kommen würdest.“
„Nun, so oder so hätte einer von Ihnen beiden heute Abend zwanzig Galleonen verloren und wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, bin ich gewissermaßen erfreut darüber, dass Mr. Lupin heute der Glückspilz ist, auch wenn er etwas nachgeholfen hat, indem er mich durch die Tür schob“, entgegnete Severus leicht amüsiert.
Sirius hingegen machte große Augen, als er nachfragte: „Geschoben?“ An Remus gerichtet beschwerte er sich spitzbübisch: „Das ist Schiebung, Remus. Im wahrsten Sinne des Wortes! Das kann man nicht gelten lassen.“
„Er ist hier und ich bekomme zwanzig Galleonen, basta!“, konterte Remus grinsend und Sirius gab nach.

Harry beobachtete, wie Severus um den Tisch herum auf Hermine zusteuerte. „Miss Granger, Sie haben zwar, wenn man es mit der Uhrzeit sehr genau nehmen würde, heute nicht mehr Geburtstag, doch dessen ungeachtet möchte ich Ihnen herzlich zum neuen Lebensjahr gratulieren.“ Severus streckte seine Hand aus, die Hermine ohne Umschweife ergriff. Während er ihre Hand schüttelte, sagte er ernst: „Ich wünsche Ihnen, dass Sie all Ihre Ziele im Leben ohne große Strapazen erreichen werden und ich hoffe weiterhin auf eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Ihnen.“
„Danke, Professor Snape. Setzen Sie sich doch bitte“, sagte sie, während sie den Stuhl zu ihrer linken berührte. „Möchten Sie etwas trinken?“

Hermine war schon sprungbereit, doch Harry war schneller, stand auf und fragte sehr aufdringlich: „Was kann ich Ihnen bringen? Feuerwhisky, schätze ich! Oder doch lieber was vom Buffet?“
An Severus gerichtet sagte Hermine schmunzelnd: „Das macht er schon den ganzen Abend! Er hätte Kellner werden sollen…“
Mit erstaunlich freundlichem Sarkasmus fragte Severus ihn: „Sie ’bringen’ die Getränke? Ich meine, mit den Händen? Was haben Sie bitteschön die ganzen Jahre über hier in Hogwarts gelernt, Harry?“
„Es ist viel persönlicher, wenn man jemandem etwas an den Tisch bringt, anstatt einen Aufrufezauber zu benutzen“, entgegnete Harry vorgetäuscht schmollend.
„Na dann, einen Feuerwhisky für mich, wie Sie schon richtig vorhergesagt haben. Und Mr. Lupin sagte vorhin etwas von Meeresfrüchten?“, wollte Severus wissen.
Remus schaltete sich ein, legte eine Hand auf Harrys Schulter und sagte: „Wir beide machen das. Sonst noch jemand einen Wunsch?“ Doch die anderen am Tisch waren wunschlos glücklich.

Am Buffet sorgte Harry für Severus’ Getränk, während Remus einen Teller mit Köstlichkeiten aus dem Mittelmeer zusammenstellte. Doch bevor sie zurück an den Tisch gingen, hielt Remus ihn auf und fragte leise mit einem verschmitzten Lächeln: „Was läuft zwischen den beiden?“
„Zwischen wem?“, wollte Harry wissen, doch gleich darauf ahnte er, was Remus meinte.
„Ich meine zwischen Severus und Hermine“, machte Remus deutlicher.
Harry grinste, erwiderte jedoch: „Ich weiß nicht, ob da überhaupt was läuft. Hermine ist offensichtlich in Svelte verknallt, zumindest glaubt sie das, aber der ist mir ehrlich gesagt nicht geheuer.“
„Wer ist Svelte? Ach ja, der neue Professor für die Pflege magischer Geschöpfe, richtig?“ Harry nickte, so dass Remus fortfuhr: „Wenn dieser Svelte heute nicht hier ist, dann hat er damit ein sehr deutliches Zeichen gesetzt, Harry. Ich hoffe, Hermine wird das erkennen und auch verkraften. Was ich aber eigentlich meine, ist Severus. Er ist irgendwie… Ich weiß nicht genau. Er ist anders. Locker!“
Harry traute seinen Ohren nicht und wiederholte skeptisch: „Locker?“
„Ja, na ja… für seine Verhältnisse. Er macht Scherze und das sogar in Sirius’ Gegenwart. Dass er überhaupt gekommen ist, ist schon ein Wunder“, sagte Remus am Ende hin immer leiser werdend.
„Aber du hast doch mit Sirius gewettet, dass er kommen wird und jetzt sagst du, es wäre ein Wunder? Du musst doch etwas geahnt haben oder liege ich da falsch?“, fragte Harry, der noch Eiswürfel in den Whisky tat, die den Drink jedoch nur kühlen und nicht verwässern würden.
„Ich weiß nicht genau, Harry. Ich war ja schon den zweiten Monat wegen des Trankes bei den beiden. Es ist irgendwie seltsam. Nach außen hin scheint er sie völlig normal zu behandeln, vielleicht sogar etwas grob, aber eigentlich… Ich kann es nicht erklären. Es sind Kleinigkeiten; die Dinge, die er tut, die stehen im Gegensatz zu dem, was er von sich gibt, verstehst du?“, fragte Remus, bevor sich beiden entschlossen, wieder zum Tisch zurückzugehen.

Dankend nahm Severus den Teller und den Whisky entgegen, während Luna gerade mit je einem Teller für sich und Neville vom Buffet zurückkam. Seinen Teller bestaunte Severus für einen Moment, bevor er an Harry gewandt sagte: „Langusten, Kalmare, Jakobsmuscheln… Das haben Sie organisiert?“
„Ja, ich war in der Nacht von Donnerstag zu Freitag um vier Uhr in der Früh auf einem Fischmarkt in Italien und habe das gekauft“, erwiderte er stolz.
Hermine fielen fast die Augen aus dem Kopf, bevor sie sagte: „Ich dachte, du hättest die Hauselfen das alles machen lassen.“
„Nein, ich habe doch gesagt, ’ich’ kümmere mich um die Party, das Essen und die Getränke! Die Hauselfen haben nur etwas geschmückt und sich um das Geschirr, Besteck und die Gläser und so weiter gekümmert. Zum Glück gibt es das Flohnetzwerk und die Möglichkeit der Apparation, denn sonst…“
Severus unterbrach: „Dann sind das frische Fangprodukte und keine aus der Zucht? Ich bin beeindruckt!“
„Oh, das ist aber nicht alles! Für die Weine war ich morgens um sieben in Frankreich. Olympe konnte mir da einige Adressen von erstklassigen Weinkellereien gegeben. Das ’harte Zeug’“, Harry zeigte auf Severus Whisky, „stammt aus zwei exzellenten Destillerien aus Irland – das war nicht ganz so weit weg. Alles in allem könnt ihr euch gar nicht vorstellen, was ich in dieser kurzen Zeit alles über die Fischbestände des Mittelmeeres, die Herstellung von Whisky oder die Qualität von Weinen gelernt habe! Die Qualität von dem Weißen, den Neville gerade trink“, Neville setzte sein Glas sofort wieder ab, als ihn alle anstarrten, „die erkennt man daran, dass die ’Schwebeteilchen’ langsam zu Boden gleiten.“
„Und was heißt das?“, wollte Luna wissen.
Schulterzuckend antwortete er: „Irgendwas, dass der Wein nicht trüb wird und der Mann hat etwas von ’Depots’ gefaselt. Während seiner Ausführungen über ’Filtration’ konnte ich ihm nicht mehr ganz folgen. Keine Ahnung, was es genau heißt, aber es ist ein Zeichen dafür, dass der Wein gut ist.“ George brach wegen der Erklärung in Gelächter aus, zollte Harry jedoch gleichzeitig seinen Respekt und klopfte ihm auf den Rücken.

Neville, George, Luna und Remus verließen den Tisch sehr bald wieder und mischten sich unter die anderen Gäste, um ein Schwätzchen mit denen zu halten, die sie lange nicht gesehen hatten, während Harry und Severus weiterhin bei Hermine sitzen blieben. Es ärgerte Harry, dass irgendwie nicht die rechte Stimmung aufkommen wollte und so überlegte er, was er machen konnte. Aus lauter Verzweiflung wollte er nochmals Remus aufsuchen, um über die „Kleinigkeiten“ zu sprechen, die ihm aufgefallen wären, so dass Harry fragte: „Kann ich Ihnen noch einen Whisky mitbringen? Ich hole mir auch einen.“ Severus nickte, so dass Harry sein Glas nahm und verschwand.

Wortlos saßen Hermine und ihr Professor an dem Tisch, an den sich niemand – vermutlich aufgrund seiner Anwesenheit – sonst mehr zu setzen wagte. Die Stille wurde unerträglich. Hermine wollte irgendetwas sagen, um diesen unangenehmen Moment zu vertreiben und es war völlig egal, was, doch ihr fiel absolut nichts ein. Zum Glück machte Snape den Anfang.

„War Professor Svelte schon hier oder…?“
„Er sagte, er hätte keine Zeit“, unterbrach sie schroff und Severus bemerkte, dass ihre barsche Art nicht ihm galt, sondern Professor Svelte.
„Ich wollte Sie wirklich nicht verstimmen, Miss Granger“, sagte er mit ein wenig Reue in der Stimme, so dass sie aufblickte, weil sie das bisher selten bei ihm erlebt hatte.
Nachdem sie geseufzt hatte, erklärte sie: „Der Tag fing schon irgendwie miserabel an. Eigentlich hatte ich gar keine Lust mehr auf eine Party, aber ich bin froh, dass ich doch gekommen bin.“
„Mit welchen unerfreulichen Ereignissen hatte denn Ihr Tag begonnen?“, fragte er interessiert nach, was sie etwas erstaunte. Sie hatte sich zwar eine Unterhaltung mit ihm gewünscht, weil die Stille so peinlich gewesen war, doch dass tatsächliche eine stattfinden könnte, hätte sie nicht für möglich gehalten.

„Das fing schon beim Frühstück an…“
„Lassen Sie mich raten“, unterbrach er, „ein Frühstück, das sie angegrinst hat?“
Sie lachte auf und blickte ihn, noch immer lachend, an und nur für einen kurzen Moment war sie überrascht, ihn ebenfalls lächeln zu sehen. Sie hätte nicht damit gerechnet, das einmal erleben zu dürfen.

Harry beobachtete Hermine, während Remus ihm erzählte: „Mit den kleinen Dingen meine ich, dass er sich ihr gegenüber sehr zuvorkommend verhält. Wenn er ihr Tee einschenkt, dann weiß er, wie viele Löffel Zucker sie nimmt. Er lobt sie mittlerweile, obwohl er anfangs in meiner Gegenwart ihre Arbeit niedergemacht hat. Das meine ich mit Kleinigkeiten, Harry.“
„Ja, so etwas habe ich auch gestern früh beim Frühstück bemerkt“, schilderte Harry, dem nicht entgangen war, dass Hermine und Severus gerade gemeinsam lachten. „Colin, psst!“, sagte Harry nicht allzu laut und Colin hörte es zum Glück.
„Was ist, Harry? Ein Foto gefälligst?“, fragte er und zückte schon die Kamera, da hielt Harry ihn auf.
„Geh mal mit Dennis unauffällig etwas näher an Hermine ran und schieß ein paar Fotos von den beiden. Gute Fotos, wo sie zusammen lachen, ja?“, bat er und schon war Colin mit seinem Auftrag unterwegs.

Von dem Anblick eines lächelnden Zaubertränkemeisters war sie so abgelenkt, dass sie nur am Rande einen Blitz wahrnahm, was sie vermuten ließ, dass die Creevey-Brüder in der Menge wieder mit ihren Fotoapparaten unterwegs sein mussten. Harry hatte vorhin erzählt, dass er die beiden nicht nur als Gäste eingeladen, sondern auch als Fotografen engagiert hatte.

„Ja, dieses dümmliche Gesicht aus gebratenen Eiern mit Augen aus Eigelb und das schiefe Grinsen aus Speckscheiben. Ich hätte am liebsten zugeschlagen!“, sagte sie noch immer lachend.
Ein nur sehr kurzes, tiefes Lachen mit einem brummenden Echo, welches direkt aus seiner Kehle zu kommen schien, frischte ihr eigenes Lächeln wieder auf und sie hörte belustigt zu, wie er schilderte: „Infantile Geburtstagsüberraschungen dieser Art habe ich zum Glück unterbinden können.“
„Wie?“, fragte sie strahlend.

Die selten beanspruchten Muskeln seiner Mundparttie zogen beide Mundwinkel in die Höhe, doch auch eine Augenbraue wanderte nach oben. Er erklärte so sachlich wie nur möglich: „Zu einer Zeit, in der unter den Schülern wieder einmal das Gerücht aktuell war, ich wäre ein Vampir, da haben sich dreiste Hauselfen einen Spaß gemacht und zu meinem Geburtstag das Frühstück, wie Sie es heute bedauerlicherweise kennen lernen mussten, noch mit Vampirzähnen ausgestattet.“
Three Characters in Search of an Exit - eine Satire mit Harry, Hermine und Severus
~ Muggelchen.net ~

Benutzeravatar
Muggelchen
EuleEule
Beiträge: 345
Registriert: 07.06.2008 22:29
Wohnort: Gemälde im 1. Stock

Beitrag von Muggelchen »

Obwohl die Geschichte noch nicht zu Ende war, musste Hermine bereits herzlich lachen, als sie sich ein Gesicht aus Eiern und Speck vorstellte, welches zusätzlich noch zwei spitze Zähne verpasst bekommen hatte. Wieder bemerkte Hermine, dass der Blitz einer Kamera kurz den Saal erhellte, bevor sie Snape aufforderte zu offenbaren: „Und was haben Sie dann gemacht?“
„Ich habe den Hauselfen das Frühstückstablett hinterhergeworfen. Seitdem bekomme ich zu meinem Geburtstag stets gesichtslose Mahlzeiten aus der Küche“, entgegnete Severus recht trocken, obwohl ein amüsiertes Funkeln in seinen Augen zu erkennen war und dann sah Hermine etwas genauer hin, während sie weiterhin lachte und seine Geschichte kommentierte, denn seine Augen waren braun geworden. Wie er sie so anlächelte und sich sichtlich daran erfreute, sie zum Lachen gebracht zu haben, da spürte sie plötzlich ein undefinierbares Kribbeln und sie glaubte, die Meeresfrüchte seien ihr womöglich nicht bekommen. Sie könnte jetzt etwas Alkohol vertragen, dachte sie, wovon sie normalerweise Abstand nehmen würde, doch ein Schnäpschen würde sicherlich ihren Magen wieder aufräumen.

„Wo ist denn Harry mit Ihrem Whisky?“, fragte Hermine und blickte sich im Raum um. Als Erstes fielen ihr Colin und dessen jüngerer Bruder Dennis auf, die beide an ihren Fotoapparaten herumfummelten. Weiter hinten standen Harry und Remus beieinander und sie unterhielten sich, während Harry zu Hermine hinüber blickte.

„Habe ich mir fast gedacht. Harry ist aufgehalten worden. Ich würde ja Ihren Whisky holen, aber ich befürchte, dass ich auf dem Weg dorthin von mindestens fünf oder sechs Gästen aufgehalten werden würde und…“
Snape zog seinen Stab und fragte: „Was hätten Sie gern?“
„Einen Schnaps!“, sagte sie einmal nickend.
„Etwas Bestimmtes oder ist Ihnen der Geschmack egal?“, wollte er wissen, weshalb sie kurz überlegte. Sie hatte bisher selten Schnaps getrunken, nur einmal einen mit Anisgeschmack und einen mit Kümmel.
„Anis, wenn es welchen gibt!“

Ohne Umstände zauberte Professor Snape zwei Gläser und eine Flasche Brand mit Anisgeschmack herbei, den er sogleich einschenkte und ihr eines der kleinen Gläser reichte. Nachdem er seines genommen hatte, stieß er mit ihr an und sagte: „Auf Ihr Wohl, Miss Granger!“

Die beiden vertrieben sich mit einigen lustigen Geschichten die Zeit, während Harry jeden anderen Gast unauffällig davon abhielt, sich noch einmal zu Hermine zu setzen. Ab und an kamen Gäste am Tisch des Geburtstagskindes vorbei, um sich kurz mit einem Winken zu verabschieden.

Die vorangeschrittene Stunde wollte die etwas beschwipste Pomona nutzen, um sich durch die Menge zu kämpfen, damit sie den „Heimweg“ in ihre Räume antreten konnte. Im Vorbeigehen verabschiedete sie sich von allen, auf die sie traf, so auch von Harry und Remus. Auf ihrem Weg erblickte sie Hermine und Severus an dem Tisch sitzend, an dem auch sie vorhin kurz gesessen hatte, um ein paar Worte mit ihrer ehemaligen Schülerin zu wechseln.

„Was denn, eine ganze Flasche für nur zwei Personen? So geht das aber nicht!“, sagte die rundliche Lehrerin für Kräuterkunde breit grinsend und merklich angeheitert, bevor sie sich dazu entschloss, sich zu den beiden an den Tisch zu setzen, um noch einen Abschiedstrunk zu nehmen. Sie verwandelte eines der leeren Gläser, die von anderen Gästen auf dem Tisch zurückgelassen worden waren, in ein sauberes Schnapsglas, so dass Severus verschmitzt lächelnd zur Flasche griff und seiner Kollegin etwas einschenkte.

Sich zuprostend tranken sie den Schnaps, als Neville sich plötzlich näherte, um mit seiner Ausbilderin zu sprechen.

„Remus, ich gehe mal zu den beiden“, sagte Harry und nickte in Richtung Hermine, bevor er hinüberging. Er hörte, wie Neville sagte: „Pomona?“ Als sie sich zu ihm drehte, fragte er: „Wir sehen uns dann ’morgen’?“
Pomona blickte auf ihre kleine Uhr und sagte erschrocken: „Bei Merlin, nach fünf Uhr in der Früh? Ich glaube, Neville, dass wir einfach nur ausschlafen sollten. Wir sehen uns dann erst am Montag, ja?“
Neville atmete erleichtert aus, denn er hatte offensichtlich gehofft, nicht in vier Stunden in Gewächshaus drei stehen zu müssen. Neville und Luna, die ihm langsam gefolgt war, bedankten sich für die tolle Party und verabschiedeten sich. Pomona blieb noch sitzen und Harry gesellte sich einfach dazu.

„Nach fünf Uhr schon?“, fragte Severus verdutzt. Die Zeit war für ihn wie im Fluge vergangen. „Dann möchte ich mich auch langsam verabschieden, Miss Granger.“
Pomona horchte auf: „Sie nennen Ihre Schülerin beim Nachnamen, Severus? Albus hat doch gesagt, dass die privaten Schüler der Lehrkräfte ebenfalls zum Kollegium zählen und daher…“
„Wenn Miss Granger es wünscht, werde ich sie beim Vornamen nennen“, unterbrach er mit ruhiger Stimme.
Es auf die Spitze treibend sagte Pomona leicht besäuselt: „Was auch bedeutet, dass sie…“
„Und Miss Granger darf natürlich auch mich beim Vornamen nennen.“

Es schien, als hätte man Harry am Ende des Tisches bisher gar nicht wahrgenommen und so beobachtete er still, wie Severus sich zu Hermine umdrehte und sagte: „Wie Sie eben aus der Unterhaltung herausgehört haben, wäre es dem Umständen entsprechend angemessen, wenn wir uns mit dem Vornamen anreden würden, wenn Sie nichts dagegen haben.“
Hermine zog eine Augenbraue in die Höhe und Harry registrierte, dass sie damit erneut eine von Severus’ Eigenarten imitierte, bevor sie lächelnd entgegnete: „Nur wenn Sie auch nichts dagegen haben.“
„Habe ich nicht“, sagte er kurz und knapp. An Pomona gerichtet versicherte er: „Dann wäre das geklärt. Haben Sie vielleicht noch irgendwelche belehrenden Hinweise für einen langjährigen Kollegen parat?“ Pomona kicherte in sich hinein, so dass auch Harry lachen musste. Seine ehemalige Kräuterkundelehrerin hatte er noch nie angetrunken erlebt. Seamus, der vor einer halben Stunde gegangen war, hatte auch reichlich Alkohol zu sich genommen und als Harry meinte, er könnte ja kaum noch laufen, da sagte Seamus doch tatsächlich, er müsste ja nicht laufen, denn er wäre ja mit dem Besen hier. Zum Glück fand sich in Dean ein Begleiter, der Seamus auf dem Rückweg begleiten wollte, denn ansonsten hätte Harry seinen Freund über Nacht in Hogwarts untergebracht.

„Ach, bevor ich gehe, Miss Granger…“ Ein vorwurfsvoller Blick von Pomona ließ ihn seufzen und verbessern: „Hermine.“ Er hielt kurz inne, denn dieser Name war ihm noch nie über die Lippen gekommen. Selbst damals, als sie noch eine normale Schülerin gewesen war, hatte er sie immer beim Nachnamen genannt, selbst wenn er im Lehrerzimmer über ihre guten Leistungen berichtet hatte.

Er begann von vorn: „Hermine, ich habe ein Geschenk für Sie.“
„Ja? Wo?“, fragte sie aufgebracht wie ein kleines Kind.
Sie blickte sich um, doch er versicherte: „Nicht hier! Es ist in meinem Wohnzimmer. Sie könnten es jetzt gleich“, er entschied sich um, „oder vielleicht besser, nachdem Sie etwas Schlaf gefunden haben?“

Hermine blickte sich in der großen Halle um und war erstaunt, dass nur noch Lehrer anwesend waren, die eh den kürzesten Weg „nachhause“ hätten. Neben den Lehrern standen nur noch Remus und Tonks hinten am Buffet bei Sirius und Anne. Die Gäste waren alle schon gegangen und sie hatte nicht einmal bewusst wahrgenommen, dass sich auch jeder bei ihr verabschiedet hatte.

„Oh“, sagte sie erstaunt, „die Party ist wohl eh vorbei. Dann kann ich das Geschenk auch gleich abholen.“
Pomona hatte ihr Glas ausgetrunken und stand mit den anderen zusammen auf. Hermine verabschiedete sich noch bei den verbleibenden Gästen und den Organisator ihrer Geburtstagsparty drückte sie zum Ende noch einmal ganz fest, bevor sie Severus nach unten folgte.

Ihr war etwas kalt, als sie von der wohligen Wärme der aufgeheizten Halle in die kühlen Kerker kam, so dass sie beide Arme vor der Brust verschränkte.

„Es fröstelt Sie? Dabei haben wir erst September“, sagte Severus wohlweislich, denn in den Wintermonaten war es selbst ihm manchmal zu eisig.
„Das wird nur der Alkohol sein, der hat mich etwas aufgewärmt und hier unten ist es eh immer etwas kühler“, erwiderte sie.

Salazar öffnete die Tür kommentarlos und Severus ließ seine Schülerin herein. Vorsorglich hatte er Feuer im Kamin gemacht, denn Ende September wurden die Nächte bereits recht kühl, wie Hermine es eben schon bemerkt hatte.

„Oh, hier bei Ihnen ist es schön warm. Ich hätte einen Elf damit beauftragen sollen, meinen Kamin um Mitternacht zu entzünden. Vermutlich sind meine Räume mehr als nur etwas ’frisch’, wenn ich nachher…“, sagte sie innehaltend, als Severus sich völlig unverhofft bückte, um etwas aufzuheben. Sie konnte nicht erkennen, was es war, aber plötzlich konnte sie es hören, denn sie vernahm sehr deutlich ein wohliges Schnurren, welches noch viel lauter war als das Knistern des Kaminfeuers.

„Was…?“, fragte sie, doch es verschlug ihr die Sprache, als Severus sich ihr mit einem nicht sehr kleinen, schwarzen Tier mit weißen Pfoten auf dem Arm näherte.

Er hielt ihr das Fellknäuel entgegen und Hermine streckte ihre Hände aus. Sie ergriff den Kniesel und durch das wuschelige Fell hindurch strich sie über Severus’ Finger und seinen Handrücken. Aus reinem Instinkt, damit sie das Tierchen nicht versehendlich fallenlassen würde, griff Hermine fester zu, bis sie es an ihre Brust drücken konnte, während Severus seine Finger aus ihrer Umarmung vorsichtig befreite.

Als sie das schnurrende Tierchen bereits an sich drückte und kraulte, blickte Severus sie mit braunen Augen an und sagte er mit warmer Stimme: „Ein Knieselmischling, männlich, drei Monate alt. Die Mutter ist eine Norwegische Waldkatze, der Vater ein schwarzer Kniesel mit weißen Tupfen und weißen Pfoten. Nach einem fachmännischen Gespräch mit der Züchterin kam nur dieses Tier für Sie in Frage, Miss… ähm, Hermine.“

Hermine öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch ihre Stimme versagte. Der kleine Halbkniesel streckte sich in ihren Armen und krabbelte ein wenig an ihr hoch, damit er seine kleine Nase an ihrem Kinn reiben konnte. Sie lächelte und stupste mit ihrer Nase zurück. Dieses Tier war vom Charakter her das genaue Gegenteil der kleinen Kratzbürste, die Valentinus ihr geschenkt hatte und erst heute früh wieder zurückgenommen hatte.

Scheu lächelnd blickte sie Severus an und hauchte zaghaft: „Danke!“
„Gern geschehen! Wie ich sehe, akzeptiert dieses Tier Sie. Ich wäre auch enttäuscht gewesen, hätte es sich ähnlich verhalten wie sein Vorgänger“, sagte Severus, dem beinahe herausgerutscht wäre, dass er für fünfundachtzig Pfund auch erwarten könnte, dass die Beratung der Züchterin etwas taugen würde.
„Hat er schon einen Namen?“, fragte sie selig lächelnd, obwohl sie ahnte, dass die Namensgebung ihr überlassen bleiben würde.
„Nein, hat er nicht. Aber eine Bitte bezüglich des Namens hätte ich“, sagte er, so dass sie gespannt auf seine Forderung wartete. „Nennen Sie ihn nicht Valentinus!“
Three Characters in Search of an Exit - eine Satire mit Harry, Hermine und Severus
~ Muggelchen.net ~

Benutzeravatar
CaRo94
FeeFee
Beiträge: 567
Registriert: 14.01.2009 17:55

Beitrag von CaRo94 »

Huii, das war aber lang. ^^
Aber das war es wert. Wirklich, dieses mal hast du dich selbst übertroffen, Muggelchen!! :)
Ich hätte nie gedacht, dass Severus die Dursley treffen würde!! Klasse. Und diese Veränderung von ihm wurde an diesem Kapitel wunderbar deutlich gemacht!! :)
Der letzte Satz hat mich zum Lachen gebracht. ^^
Wirklich ein gaaaaaaaaanz großes Lob!!!
Mit lieben Grüßen
Caro
"Sonst noch was?"
"Meinen Namen hast du auch genannt.",
"Oft?"
"Wie oft genau ist >oft<?"

Benutzeravatar
Muggelchen
EuleEule
Beiträge: 345
Registriert: 07.06.2008 22:29
Wohnort: Gemälde im 1. Stock

Beitrag von Muggelchen »

Hallo Caro,

ja, das war etwas länger, aber Geburtstage können schon mal dauern ;) Vielen Dank! Es freut mich, dass es dir gefallen hat.
Severus und die Dursleys. Man fragt sich glatt, ob Petunia ihn erkannt hat. Recht hast du auch, dass Severus' Veränderung hier sehr deutlich geworden ist. Er ist über seinen Schatten gesprungen. Der letzte Satz musste sein. Severus hasst Valentinus und - wie man später erfahren wird - zurecht.

Liebe Grüße,
Muggelchen




088 Annäherungen




Obwohl er hätte todmüde sein müssen, fühlte Harry sich nach der Party und nur zweieinhalb Stunden Schlaf wie ein neuer Mensch mit aufgefrischten Lebensenergien, die ihn beschwingt aufstehen ließen. Nur kurz erinnerte er sich daran, wie Severus ihm gestern beim Abendessen davon erzählt hatte, er hätte Tante Petunia, Tante Magda und Onkel Vernon getroffen, doch diesen stimmungstrübenden Gedanken verdrängte Harry gleich wieder und ersetzte ihn mit Erinnerungen an die Highlights der gestrigen Party. Hermine hatte ihren Spaß gehabt und das war das Einzige gewesen, was er hatte erreichen wollen.

Es war halb neun morgens, als er durch die Gänge wanderte, um den Hund für den morgendlichen Spaziergang abzuholen. Bei Salazar angelangt öffnete ihm das Portrait wortlos, so dass Harry eintreten konnte.

Der Anblick, der sich ihm bot, ließ ihn wünschen, er hätte Colins Kamera dabei, denn Severus, der es gestern offensichtlich nicht mehr ins Bett geschafft hatte, lag auf der Couch und auf ihm drauf, halb auf dem Bauch, halb auf den Oberschenkeln, hatte sich der weiße Hund niedergelassen, der verschlafen seinen Kopf hob, um Harry anzublicken.

Mit einem Schmunzeln auf den Lippen näherte sich Harry langsam, so dass der Hund freudig erregt aufsprang, weil er sich auf seinen Spaziergang freute, doch dabei verlagerte er sein Gewicht so unglücklich, dass die Vorderpfoten in Severus’ Magen drückten, so dass der ein Geräusch machte, welches man am ehesten mit „Umpf“ beschreiben könnte. So rabiat aus seinem Schlaf gerissen blickte Severus sich nur einen Moment lang desorientiert um, bevor er seinen jungen Kollegen bemerkte.

„Wie spät ist es?“, fragte Severus mit rauer, verschlafener Stimme.
„Halb neun“, erwiderte Harry grinsend. Danach fragte er frech: „Sie haben aber nicht mit Hermine hier noch weitergefeiert oder?“ Ein tiefes Brummen war die Antwort, bevor Severus eine Armbeuge über seine Augen legte.
Während Harry den Hund anleinte, hörte er Severus leise murmeln: „Sie haben mich meiner warmen Decke beraubt.“ Harry grinste, besorgte jedoch per Levitation eine Decke aus dem Schlafzimmer, doch als Severus das bemerkte, schwang er sich in eine aufrechte Position und sagte: „Schon gut, ich werde jetzt besser den Tag beginnen, damit mein Rhythmus nicht vollends durcheinander kommt.“

Nach dem Spaziergang war Severus nicht im Wohnzimmer, aber offensichtlich im Badezimmer, was das Geräusch von fließendem Wasser vermuten ließ, so dass Harry sich vornahm, nebenan bei Hermine vorbeizuschauen, falls sie auch schon wach sein sollte.

Mit dem Passwort ’scientia’ verschaffte er sich Einlass bei dem wortkargen Portrait, welches eine blasse, junge Frau darstellte. Das Wohnzimmer war ruhig und die Tür zum Schlafzimmer stand offen. Leise näherte er sich der offen stehenden Tür, um einen Blick hineinzuwerfen, da kam ihm plötzlich ein Samtpfötchen mit hochgestelltem, am oberen Ende geknicktem und an der Spitze sehr flauschigem Schwanz entgegengelaufen.

„Ja, wer bist du denn?“, fragte Harry breit lächelnd und das Tier antwortete mit einem Maunzen. „Du hast Hunger oder?“, fragte er lächelnd, während er in die Knie ging. Die kleine schwarze Katze mit der buschigen Quaste am Schwanzende, der ihn als Knieselmischling enttarnte, schnurrte laut und strich um seinen Körper herum. Harry hatte mit seiner Vermutung richtig gelegen, denn warum sonst hätte Severus sich auf den Weg in die Muggelwelt gemacht, um Arabella zu besuchen, dachte er. Bestimmt nicht, um mit ihr einen Tee zu trinken, denn Arabella Figg war in erster Linie bekannt für ihre Kreuzungen zwischen Knieseln und Katzen.

Durch die offene Tür hörte er Hermine wohlig stöhnen. Das Geräusch kannte er nur zu gut, denn es kündigte an, dass sie soeben erwachte.
„Hermine?“, sagte er vorsichtig, während er an die Tür klopfte, die dabei noch weiter aufschwang.
„Harry? Komm rein“, sagte sie, bevor sie sich im Bett liegend streckte.
Er kannte zwar die Antwort, aber er wollte es von ihr hören, weshalb er fragte: „Woher ist denn der niedliche Kniesel?“
Sie begann breit zu lächeln, bevor sie offenbarte: „Das glaubst du bestimmt nicht! Den hat mir Snape nach der Party geschenkt! Ich meine, Severus.“
„Doch, das glaube ich dir! Habe ich mir fast gedacht“, entgegnete Harry, der ihr daraufhin erzählte, dass Severus seine Verwandten in der Muggelwelt getroffen hatte. „Wollen wir in der großen Halle frühstücken?“, fragte Harry gleich darauf, denn er wollte ein tieferes Gespräch über die Dursleys vermeiden.

Hermine nickte, so dass sie sich flugs im Badezimmer zurechtmachte und sich ankleidete, bevor beide auf den Flur gingen. Als sie an Severus’ Räumen vorbeigingen, sagte sie: „Fragen wir ihn doch, ob er mitkommen möchte. Ist er schon wach?“ Sie ahnte, dass Harry heute schon wegen dem Hund bei ihm gewesen sein muss und nickend bestätigte er ihre Vermutung. Vorsichtig klopfte sie an, obwohl Salazar ihr anbot, die Tür einfach zu öffnen, weil Harry ja bei ihr war und der sowieso Zutritt hätte. Severus öffnete und Harry bemerkte, dass dessen Haare noch etwas feucht vom Duschen waren und nicht fettig wie sonst. Er war bereits komplett angekleidet.

„Guten Morgen“, sie stockte beim Namen, „Severus. Kommen Sie mit in die große Halle frühstücken?“
Zögernd antwortete Severus: „Ich, ähm, ja, warum nicht…“

Wortlos folgte Severus den beiden, die sich aufgeregt unterhielten. Ihm fiel auf, dass Miss Granger – in Gedanken verbesserte er die Anrede und nannte sie beim Vornamen – dass Hermine heute wesentlich ausgeglichener wirkte als die letzten Wochen. Sie schien wieder fröhlich zu sein und insgeheim hoffte er, dass sein Geburtstagsgeschenk zumindest einer der Auslöser für ihre nun heitere Stimmung gewesen war. Wo er gerade an den Knieselmischling dachte, nutzte er eine Sprechpause von Harry und Hermine, um zu fragen: „Wie geht es dem Tier? Ich hoffe, die erste Nacht war nicht allzu chaotisch.“

Hermine drehte sich nicht nur um, sondern wartete, bis er ein paar Schritte aufgeholt hatte, so dass sie neben ihm laufen konnte, als sie ihm schilderte, dass der Kniesel bei ihr im Bett geschlafen und sich dabei ganz friedlich verhalten hatte.

„Zumindest hat er mir nicht in die Zehen gebissen wie die Kratzbürste vorher“, sagte sie in abwertenden Tonfall und es war ihm eine Genugtuung zu hören, dass sein Kniesel mit ihr verträglich war.
„Das freut mich, Hermine. Ich bin allerdings erstaunt darüber, dass jemand, der von sich behauptet, er würde jahrelang Kniesel züchten, es nicht fertig gebracht hatte, ein Tier mit solchen Wesenzügen zu finden, damit es zu Ihnen passt“, sagte er in Bezug auf Valentinus und er schalt sich dafür, dass er derweil so arrogant geklungen hatte, doch zu seinem Erstaunen stimmte sie ihm zu.

Die große Halle war voll mit Schülern, die sich während ihres Frühstücks lautstark unterhielten. Severus schlängelte sich zwischen den Schülern hindurch, die noch nicht Platz genommen hatten und Hermine und Harry folgten ihm bis nach vorn zum Lehrertisch, an dem bereits Minerva, Albus und Filius saßen. Pomona, so dachte zumindest Severus, würde heute sicherlich mit einem leichten Kater zu kämpfen haben.

„Guten Morgen, ihr drei“, grüßte Filius freundlich und die anderen beiden machten es ihm gleich. Sie nahmen in ihrer üblichen Sitzreihenfolge Platz, so dass Severus zwischen Harry und Hermine saß. Kaum hatte Harry allen eine Tasse Kaffee eingeschenkt, kamen auch schon die Posteulen.

Vor Severus landete eine braune Eule mit schwarz gemustertem Gefieder, die eine kleine Pergamentrolle am Bein trug. Das Tier hob das Bein und erst, als Hermine ihn aufforderte, die Rolle vom Bein zu lösen, erwachte er aus seiner Starre. Er bekam in der Regel keine Post, weswegen die Eule ihn verdutzt hatte. Nachdem er die Rolle gelöst hatte, gab Hermine dem Tier ein Stückchen Frühstücksspeck, bevor die Eule wieder davonflog.

Harry staunte nicht schlecht, als ihm ein Päckchen an den Lehrertisch geliefert wurde, denn für gewöhnlich prüften die Hauselfen im Vorfeld, ob eine Gefahr von Harrys Post ausging.
„Warum zögern Sie, Harry? Öffnen Sie es schon“, sagte Severus beschwingt. Nach einem Blick auf den Absender atmete Harry erleichtert aus.
„Das müssen die Bilder von gestern sein. Das Päckchen ist von Colin und Dennis“, erwiderte Harry. Gleich darauf fügte er hinzu: „Ich habe eigentlich nur mit einem kleinen Umschlag gerechnet.“
Hermine beugte sich nach vorn und kam Severus etwas näher, als sie an ihm vorbei zu Harry sagte: „Wenn du die beiden als Fotografen engagiert hast, dann werden sie ihren Job ernst genommen haben. Das heißt, mindestens ein Portraitfoto von jedem Gast ist gewährleistet und bei etwas über sechzig Gästen… Das hätte nie in einen kleinen Umschlag gepasst, Harry.“

Als Erstes fiel Harrys Blick auf die Rechnung, die die Brüder ihm aufgelistet hatten. Trotzdem hier und da ein Nachlass gewährt worden war, war der Preis für 314 Bilder…

„Dreihundertundvierzehn Bilder? Gott, was haben die denn alles fotografiert?“, fragte Harry erstaunt. Der Preis kam ihm jedoch angemessen vor.
„Wie viel nehmen die eigentlich so?“, wollte Hermine wissen und griff an Severus’ Brust vorbei, um die Rechnung zu entreißen, da haute Harry ihr leicht auf die Finger.
„Nichts da! Das zählt zu meinem Geschenk an dich. Der Preis ist geheim“, sagte Harry schmunzelnd, als er bereits die Bilder im Schnelldurchlauf anschaute. Er suchte ein ganz Bestimmtes und fand es ziemlich weit hinten. Er nahm es heraus und hielt es grinsend und wortlos Severus vor die Nase, der gleich einen Blick drauf warf.

„Wann war denn das?“, hörte Harry Hermine fragen, die ebenfalls auf das Bild starrte.
Severus erklärte ihr amüsiert: „Das war während unseres Gesprächs über Frühstückskombinationen mit Gesichtern.“
„Ach ja“, sagte Hermine lächelnd und nahm Harry das Bild ab, damit sie es sich mit Severus zusammen ansehen konnte.
„Über was habt ihr da gesprochen?“, wollte Harry nochmals wissen, so dass Severus es ihm erklärte.
„Ach so“, sagte Harry, „die Gesichter auf dem Frühstück, die man zum Geburtstag bekommt. Die finde ich immer witzig!“
Mit seiner Aussage erntete er ungläubige Blicke von Severus und Hermine.

Plötzlich erschien Wobbel und er hielt Harry einen Tagespropheten mit den Worten unter die Nase: „Mr. Ron Weasley bestellt einen wunderschönen guten Morgen und lässt ausrichten, dass Mr. Potter und Miss Granger sich an einem Artikel, den er gekennzeichnet hat, erfreuen sollten, um den heutigen Tag gut gelaunt beginnen zu können.“

Harry gab die Kiste mit den Bildern an Hermine weiter, so dass sie sie durchsehen konnte, während er selbst den Tagespropheten aufschlug. Der Artikel, den Ron ihm nahe legte, befand sich auf der dritten Seite. Harry las ihn still und begann mit einem Male herzlich zu lachen, so dass er Hermines Aufmerksamkeit auf sich zog.

„Was ist los, Harry? Dichtet man dir wieder eine Affäre an? Wer ist es diesmal? Rita Kimmkorn persönlich?“, fragte Hermine eher gelangweilt klingend.
„Nein, viel besser! Soll ich vorlesen?“, fragte Harry, der keine Antwort abwartete, sondern es einfach tat.

„In den frühen Morgenstunden des heutigen Tages sah sich die ehemalige Untersekretärin des Zaubereiministeriums Dolores J. Umbridge mit einem Attentat der außergewöhnlichen Art konfrontiert. Seamus F., ehemaliger Schüler aus Hogwarts, entschloss sich nach einer offensichtlich feuchtfröhlichen Feier noch während seines Heimfluges mit dem Besen, seiner Blase Erleichterung zu verschaffen. Kurzerhand urinierte er noch im Fluge und traf damit Mrs. Umbridge. Völlig außer sich hielt sie den Attentäter fest, bis die von ihr persönlich gerufene Magische Polizeibrigade angerückt war. Die stellten nicht nur fest, dass Mrs. Umbridge nebst Gatten gerade das Land verlassen wollte, sondern auch, dass ein Haftbefehl gegen sie und Mr. Umbridge vorlag, so dass beide auf der Stelle festgenommen wurden. Seamus F. wurde lediglich mit einer Geldstrafe wegen ’öffentlichen Urinierens’ und ’dem Fliegen auf einem Besen unter Alkoholeinfluss’ belegt. Er äußerte sich wie folgt dazu: ’Na, wenn ich dafür keinen Merlin verdient habe?’ Mrs. und Mr. Umbridge wurden sofort nach Askaban gebracht und warten nun auf ihren Strafprozess, weil ihnen vorgeworfen wird, ’du-weißt-schon-wen’, beziehungsweise dessen Anhänger damals nicht nur finanziell unterstützt, sondern darüber hinaus mit Informationen aus dem Ministerium versorgt zu haben.“

Harry hatte nicht bemerkt, dass Minerva aufgestanden war und sich hinter ihn gestellt hatte, damit sie lauschen konnte. Nachdem er mit dem Lesen fertig war, sagte sie in kühlem Tonfall, der jedoch etwas Zufriedenheit mitschwingen ließ: „Dann werde ich Mr. Finnigan heute nicht nur ein Dankesschreiben zukommen lassen, sondern auch liebend gern sein Bußgeld übernehmen.“

Dass besonders Minerva ihre ehemalige Kollegin Dolores abgrundtief verachtete, hatte sie niemals zugeben müssen, denn es waren stets ihre Bemerkungen gewesen, die vom Sarkasmus her sehr denen von Severus glichen, die ihre Abneigungen offen gelegt hatten. Minerva setzte sich wieder neben Albus und die beiden steckten die Köpfe zusammen und flüsterten, bevor Albus in herzliches Gelächter ausbrach.

Seine Post hatte Severus erst jetzt entrollt und er las eine Nachricht von Arthur, während Hermine sich nahe zu ihm beugte und offensichtlich mitlas.

„Hermine, glauben Sie, es entspräche der Wahrheit, wenn man Sie neugierig nennen würde?“, fragte Severus amüsiert.
„Neugierig? Ich doch nicht…“, beteuerte sie kopfschüttelnd, doch ihre Augen wandte sie nicht von Severus’ Schreiben ab. „Da steht mein Name drin!“, bemerkte sie, während sie mit dem Finger drauf deutete.
„Damit haben Sie sich selbst verraten. Es schickt sich nicht, in Briefen mitzulesen, die an andere gerichtet sind“, sagte er weniger ernst.
„Warum steht da mein Name drin? Von wem ist der Brief? Die Handschrift sieht nach Arthur aus…“, sagte sie überzeugt.
„Nicht neugierig, wie? Nun, dann werde ich Sie gern erleuchten. Arthur lädt uns beide heute in den Fuchsbau ein. Er möchte etwas mit uns besprechen“, erklärte er ihr.
„Meinen Sie, es ist wegen…“, sie verstummte, denn sie konnte schlecht vor Albus und allen anderen ansprechen, dass Severus und sie selbst dem Gespräch zwischen Arthur, Kingsley und Minerva gelauscht hatten.
„Ich vermute genau das. Wir können um 17 Uhr gemeinsam hinflohen, wenn Sie möchten“, schlug Severus vor und Hermine stimmte ihm wortlos zu.
Von der anderen Seite fragte Harry schmollend: „Warum werde ich nicht eingeladen?“

Da sie beide am späten Nachmittag zu den Weasleys eingeladen waren, konnten sie heute keine Projekte verfolgen, die ihre ungeteilte Aufmerksamkeit fordern würden und so kam es, dass Hermine in Severus’ Büro an dem kleineren Pult sitzend in einem Buch las, während er selbst Arbeiten seiner Schüler korrigierte, doch irgendwann war ihr das Lesen zu langweilig.

„Haben Sie eine Vermutung, was Arthur genau von uns möchte?“, fragte sie.
Den Blick nicht von seinen Korrekturen abwendend antwortete er: „Ich vermute, er möchte entweder nur Sie oder sogar uns beide bitten, nach Aberdeen zu reisen, um Informationen über einen gewissen Herrn zu erhalten.“

Hermine seufzte und schlug ihr Buch zu, bevor sie aufstand und sich ihrem Professor näherte. Severus bearbeitete gerade die Aufgaben der Erstklässler mit roter Tinte und als Hermines Blick auf eines der Pergamente fiel, nahm sie es in die Hand und fragte: „Okay, Severus, wo ist die Leiche?“
Geschockt blickte er sie an, doch er erkannte sofort an ihrem unterdrückten Lächeln, dass sie einen Scherz gemacht hatte.
„Was bitte meinen Sie?“, fragte er verwirrt.
Sie hielt ihm ein Pergament unter die Nase, welches er schon korrigiert hatte und erklärte: „Das sieht aus, als wäre jemand darüber verblutet!“ Er riss ihr das Pergament aus der Hand und legte es zu den anderen, die er ebenfalls schon mit roter Tinte durchgegangen war. „Sie wissen schon, dass es besonders Erstklässler demotivieren kann, wenn die Kinder solche Arbeiten zurückbekommen? Ich meine, rein psychologisch gesehen ist die Farbe Rot eine Signalfarbe, die meist mit Blut in Verbindung gebracht wird. Das Gehirn reagiert auf diese Farbe aufmerksamer als auf andere.“ Er hörte ihr zu, während er weiterhin mit seiner Feder über die Aufgaben ging und Randbemerkungen schrieb. „Auf den ersten Blick wirkt so eine korrigierte Arbeit wegen der ganzen roten Farbe negativ; es suggeriert Fehler. Vielleicht sollten Sie blau oder schwarz für Ihre Randbemerkungen verwenden und Rot nur für die wirklichen Fehler oder…“
„Miss Granger“, wütend benutzte er ihren Nachnamen, „möchten Sie mir etwa meine Arbeit erklären?“
Sie verteidigte sich zaghaft und versicherte: „Ich meine es doch nicht böse. Ich weiß nur noch, wie es mir und anderen Schülern ergangen war. Irgendwann habe ich natürlich begriffen, dass so viel Rot nicht immer bedeutet, dass alles falsch wäre. Bei mir haben Sie irgendwann nur noch Randbemerkungen – positive Bemerkungen – angefügt, aber trotzdem sah es immer aus, als… Ach, ist schon gut.“
“Haben Sie nicht irgendetwas zu erledigen?“, fragte er ein wenig missgelaunt.
Ohne auf seine Frage einzugehen fragte sie mutig: „Warum möchten Sie meinen Farbtrank nicht nehmen?“
„Warum möchten Sie, dass ich ihn nehme?“, stellte er wirsch als Gegenfrage.
„Weil mich das Ergebnis interessiert“, sagte sie ehrlich.

Severus steckte seine Feder in eine Halterung und die noch nicht korrigierten Aufgaben zurück auf einen Stapel, bevor er seine Schülerin eindringlich anblickte. Unter seinem Blick fühlte sie sich sichtlich unwohl, doch sie ging nicht zurück an ihren Platz, sondern wartete auf eine Äußerung seinerseits.

„Sie haben meinen Irrwicht gesehen, das muss reichen!“, sagte er mit bedrohlich leiser Stimme.
„Ihr Irrwicht wirft mehr Fragen auf…“, sie hielt inne, doch Severus wurde neugierig.
Fies grinsend fragte er: „Was ist es denn, das Sie so dringend über mich in Erfahrung bringen möchten?“
Hermines Herz raste und sie fragte sich, ob jetzt vielleicht der Zeitpunkt gekommen wäre, an dem sie ihm all die Fragen stellen durfte, auf die sie eine Antwort erhoffte, so dass sie kleinlaut erwiderte: „Na, zum Beispiel, warum sich“, sie stockte, „Ihre Augenfarbe“, sie stockte nochmals, weil er seine Augen zusammenkniff, „ändert.“ Plötzlich wandte er den Blick von ihr ab, doch er sagte nichts, so dass sie noch leise anfügte: „Selbst Ihr Irrwicht hatte braune Augen.“ Er schenkte ihr einen finsteren Blick und sie glaubte, er würde sich jeden Moment auf sie stürzen, um sie zum Schweigen zu bringen, doch er schaute sie nur warnend an. „Und warum sind Sie mir in die Bibliothek gefolgt?“, wollte sie auf einmal wissen.

Nach dieser Frage entspannten sich seine Augen wieder. Nach kurzem Zögern gab er leise zu: „Das weiß ich nicht.“
„Waren Sie derjenige, der mir zwei Stärkungstränke an dem Abend gegeben hat, als der Vampir…?“
„Ja“, gab er murmelnd zu.
„Warum?“, fragte sie leise.
In normaler Lautstärke erklärte Severus gereizt: „Weil ich durch Zufall dort gewesen bin! Ich bin Ihnen nicht gefolgt, falls Sie mir das unterstellen möchten. Hätte ich Sie denn dort liegenlassen sollen oder Sie einfach in die Arme von Macnair laufen lassen? Ich mag ein nicht gerade leicht zu handhabender Zeitgenosse sein, aber ich bin kein…“ Er hielt inne und seufzte.
„Haben Sie gehört, wie ich in der Bibliothek geflucht habe?“, fragte sie peinlich berührt, als sie sich daran erinnerte, wie sie die Kalorienanzeige von dem Eisbecher gelesen und daraufhin Worte benutzt hatte, die sie normalerweise mied. Severus grinste nur verstohlen, was ihr Antwort genug war.
Ohne damit zu rechnen drehte Severus den Spieß um und fragte: „Warum essen Sie in letzter Zeit so viel Süßes?“

Es schien, als würde jemand ihr Herz zerquetschen wollen, denn die Frage tat weh, beziehungsweise die Antwort darauf, die sie ihm nur widerwillig gab und auch nur, weil sie es für fair hielt, auch etwas von sich preiszugeben. So sagte sie ganz leise, fast flüsternd: „Ich verkrafte die Trennung von Ron nur sehr schwer.“ Als er sie fragend anblickte, weil er nicht zu verstehen schien, erklärte sie lehrerhaft und objektiv, um sich von ihrem inneren Schmerz distanzieren zu wollen: „Süßigkeiten, besonders Kakao, regen den Körper zur Bildung von Botenstoffen an, was einem“, sie konnte ihre Maske nicht aufrecht erhalten und wurde leiser, „ein Wohlgefühl vermittelt, deswegen.“
So leise, als wollte er es am liebsten gar nicht in ihrer Gegenwart von sich geben, sagte er: „Vielleicht sollte ich auch mehr Süßes essen.“
Hellhörig geworden fragte sie mitfühlend: „Sind Sie denn traurig?“ Er antwortete nicht, sondern starrte nur auf die Oberfläche seines Pults, so dass sie wissen wollte: „Fehlt Ihnen etwas? Sind Sie niedergeschlagen?“ Da er nicht verneinte, denn das hätte er getan, würde ihre Vermutung nicht der Wahrheit entsprechen, fragte sie noch: „Vielleicht kann ich Ihnen helfen?“
Als er aufblickte und die Ehrlichkeit in ihren Augen erkannte, erwiderte er: „Sie können mir nicht helfen.“
„Wenn ich wüsste, was Sie haben, dann würde ich alles versuchen!“, versicherte sie ihm aufrichtig, doch mit einem Male wurde Severus skeptisch. Harry hatte eines Tages etwas Ähnliches zu ihm gesagt und zwar an dem Tag, als die Babydecke ihn aus dem Gleichgewicht gebracht hatte.

„Sagen Sie, reden Sie etwa mit Harry über mich?“, wollte er wissen und er klang verletzt und enttäuscht.
Unverholen gab sie zu: „Ja.“
Darüber sichtlich erbost fragte er grantig: „Und warum, wenn ich fragen darf?“
„Weil wir Ihnen helfen wollen“, erwiderte sie ruhig.

Ohne dieses Gespräch fortzuführen, fragte er unerwartet: „Wie spät ist es?“
„Kurz vor vier, warum?“, fragte sie zurück, während sie bedauerte, dass Severus wieder einmal seinen Schutzwall hochgezogen hatte, an dem sie gerade erst zaghaft zu kratzen begonnen hatte.
„Flohen Sie doch bitte Arthur an und fragen Sie ihn, ob wir jetzt schon vorbeikommen könnten.“

Natürlich freuten sich Molly und Arthur darüber, dass Severus und Hermine früher kommen wollten. Als sie durch den Kamin in die Küche des Fuchsbaus traten, wurden sie besonders von Molly herzlich begrüßt. Ihr schien es nicht wichtig zu sein, ob Hermine die Verlobte einer ihrer Söhne war oder nicht, denn sie mochte die junge Frau als Freundin und Vertraute sehr.

„Setzt euch doch! Ihr könnt mit uns essen. Wir wollten eigentlich erst essen, bevor ihr kommt, weil wir wissen, dass du, Severus, nicht gern Mahlzeiten außer Haus zu dir nimmst“, sagte Molly lächelnd und zu ihrem Erstaunen sagte Severus zu, einen Teller vom Lamm zu nehmen, denn er hatte ihr nie offenbart, dass es lediglich ihre Eintöpfe gewesen waren, vor denen er früher Reißaus genommen hatte.

Während des Essens wurde die zuvor etwas gedrückte Stimmung zwischen Hermine und Severus wieder lockerer. Arthur erzählte stolz, dass man Dolores Umbridge und ihren Ehemann heute in der Früh hatte festnehmen können, bevor die beiden die Möglichkeit hatten, das Land zu verlassen. Molly hingegen regte sich im ersten Moment sehr über Mr. Finnigans unsittliches Verhalten auf, musste am Ende aber doch über die groteske Situation, die im Tagespropheten geschilderte worden war, herzlich lachen.

Nachdem man das Dessert verputzt hatte, kam Arthur zur Sache. An Hermine gerichtet sagte er: „Ich weiß nicht, inwiefern du unterrichtet bist, daher trage ich erst meine Bitte vor und danach werde ich auf all deine Fragen antworten, Hermine.“ Sie nickte und Arthur begann. „Ich würde dich gern, weil du dich in der Muggelwelt bestens auskennst, nach Aberdeen schicken, um dort jemanden auszukundschaften.“
Verdutzt entgegnete Hermine: „Das Auskundschaften ist doch eher sein Gebiet.“ Sie nickte zu Severus hinüber, der aufgrund ihres Kommentars die Lippen zusammenpresste.
„Ja, deswegen habe ich ihn heute auch eingeladen. Severus, wir haben Neuigkeiten über den Rothaarigen“, erklärte Arthur.
„Wir auch!“, konterte Severus, so dass Arthur die Augen weitete und auf Informationen wartete. „Hermine, haben Sie die Informationen dabei, die Sie besorgen konnten?“, fragte Severus, so dass Hermine gleich in ihrer Tasche wühlte und die Ausdrucke von der Internetseite an Arthur weitergab.

Es dauerte einen Moment, bis Arthur alles gelesen hatte, doch am Ende sagte er Respekt zollend: „Sapperlot, das nenne ich ausführlich! In diesem Sinne ist es keine Neuigkeit, wenn ich euch mitteile, dass wir den Namen ’Robert Hopkins’ von Mr. Malfoy senior erhalten haben wie auch die Adresse eines seiner Wohnsitze. Das ist auch der Grund, warum ich Hermine bitten möchte, in Aberdeen mal Augen und Ohren aufzuhalten.“
Hermine stimmte zu, doch Severus sagte: „Nein, Arthur. Sie geht nicht allein!“
„Aber ich weiß nicht, wen ich mitgehen lassen kann. Die Späher dürfen in der Muggelwelt nicht auffallen, denn diese Leute scheinen über Hexen und Zauberer viel zu wissen. Sie könnten unbeholfene Zauberer erkennen. Welchen Muggelgeborenen könnte man denn mit Hermine zusammen losschicken?“, fragte Arthur, doch Severus hatte keine Antwort parat und er wusste nicht, was es für ein Licht auf ihn werfen würde, sollte er sich selbst vorschlagen.
„Ist schon gut, ich schaffe das allein“, sagte Hermine selbstsicher, doch Severus konterte.
„Das kommt gar nicht in Frage, Hermine. Sie setzen sich keiner unbekannten Gefahr aus“, sagte er im Befehlston.
„Sie können es mir nicht verbieten!“, protestierte Hermine aufgebracht.
Mit ruhiger Stimme erklärte er: „Tut mir Leid Ihnen widersprechen zu müssen, aber ich kann! Vielleicht möchten Sie den Vertrag über Ihre Schülerschaft bei mir doch gelegentlich einmal aufmerksam lesen?“
Arthur horchte auf und fragte Severus: „Formular A?“ Nachdem Severus genickt hatte, sagte Arthur: „Oh, na dann. Severus, würdest du deine Zustimmung geben, wenn Hermine nicht allein gehen würde?“
Säuerlich warf Hermine ein: „Ich bin erwachsen und brauche keinen Vormund. Wenn ich gehen möchte, dann mach ich das auch!“
„Hermine“, sagte Arthur beruhigend, „Severus ist für deine Sicherheit verantwortlich und…“
Unterbrechend sagte sie: „Aber er kann nicht einfach in meine persönlichen Entscheidungen eingreifen, wie es ihm passt!“
„Doch“, konterte Severus, „wenn es Ihre Sicherheit betrifft. Der Vertrag mag recht altmodisch sein und sich nicht nur auf die arbeitsrechtliche Sicherheit beziehen, aber Sie haben ihn immerhin unterschrieben.“
„Ich glaub’s einfach nicht! Wenn wir zurück sind, möchte ich den Vertrag sofort lesen!“, forderte sie und Severus nickte lediglich.

Molly hatten jedem einen Schluck Wein eingeschenkt, bevor Arthur fragte: „Severus? Du hast doch einige Zeit unter Muggeln gelebt und…“
„Nicht sehr lange, Arthur. Meine Eltern sind in die Zaubererwelt gezogen, da war ich drei oder vier Jahre alt. Als ich sechs war, sind wir zurück in die Muggelwelt gezogen und vier Jahre später sind wir erneut in die magische Welt zurückgegangen. Ich verfüge aus meiner Kindheit lediglich über vier Jahre trüber Erinnerungen an die Muggelwelt. Wenn ich in den Ferien in Spinner’s End gewesen bin, habe ich das Haus nie verlassen“, erläuterte Severus und Hermine hatte ganz aufmerksam zugehört, denn bis dato hatte sie nichts Persönliches aus Severus’ früher Kindheit erfahren. Bei so einem Hin und Her, dachte Hermine, war es für ein Kind sicherlich schwierig, Freundschaften schließen zu können.

„Würdest du es dir zutrauen mitzugehen?“, wollte Arthur wissen.
„Ich würde es mir zutrauen, Arthur“, erklärte Severus gelassen.
„Harry fällt aus?“, fragte Hermine und Arthur erklärte daraufhin, dass Harry bekannt wie ein bunter Hund wäre, wahrscheinlich sogar für diese radikale Gruppierung. Hermine zögerte nicht sehr lang und schlug vor: „Ich könnte Anne fragen!“
Um seine Vermutung bestätigt zu wissen, fragte Arthur: „Du meinst Sirius’ Anne? Na ja, sie ist ein Muggel. Könnte nicht schaden, wenn ihr beide das macht, das heißt, wenn sie sich bereit erklären sollte.“
„Ich muss mein Veto offensichtlich deutlicher machen. Hermine wäre dann zwar nicht allein, aber zwei junge Frauen, beide unerfahren in der Kunst der Observation und somit auch noch leichte Beute für…“
Gereizt unterbrach Hermine ihren Professor und schimpfte: „Sie glauben also, ich wäre eine leichte Beute? Halten Sie mich für so schwach?“
„Wenn Sie nicht zaubern dürfen, dann halte ich Sie durchaus für anfällig, Hermine. Seien Sie doch vernünftig“, bat Severus, doch seine Schülerin wollte sich das nicht bieten lassen.
„Wie wäre es denn, wenn wir uns als Touristen tarnen und gemeinsam einen Ausflug nach Aberdeen machen? Sie, Anne und ich. Vielleicht sogar noch ein oder zwei Personen? Wäre Ihnen dann wohler?“, meckerte Hermine, die noch immer nicht glauben konnte, dass ihr Privatleben durch den Vertrag bei Severus eingeschränkt zu sein schien. An Arthur gerichtet sagte sie: „Die ’Granitstadt’ an sich ist schon sehenswert und dann die Universität mit ihren beeindruckenden Bauten! Außerdem wäre da noch die bekannte Union Street und ganz in der Nähe liegen Balmoral Castle und Dunnottar Castle. Ich denke, mit diesen Zielen würde man uns das Touristen-Dasein abkaufen! Ich schlage vor, Harry kommt auf jeden Fall mit – dann soll er sich einen Zauber aufs Gesicht legen, damit man ihn nicht erkennt; wäre für ihn nicht das erste Mal. Und Anne wird Sirius mitnehmen wollen, der ja in der Muggelwelt auch nicht ganz so unbeholfen ist. Das ist doch mal ein Vorschlag oder? Wie sieht’s aus?“

Arthur überdachte den Vorschlag und sagte letztendlich: „Also, von mir aus wäre das in Ordnung. Ihr könntet auf Muggelart reisen, mit dem Auto! Anne hat eines, wie ich weiß. Nehmt euch Zimmer in einem Hotel und spielt Touristen.“
„Also, ich weiß nicht…“, sagte Severus.
Hermine kniff die Augen zusammen und fragte: „Warum nicht? Drei Männer und zwei Frauen, davon vier, die sich bei den Muggeln gut auskennen, wenn ich Sie jetzt nicht mitzähle. Bei Ihnen müsste ich wohl ein wenig Acht geben oder?“
Sie grinste keck, so dass er ein wenig erbost erwiderte: „Sie brauchen nicht auf mich Acht zu geben. Ich habe die letzten Jahre mehrmals unter Muggeln gelebt und bin nicht aufgefallen.“

Dass er sich während seiner Flucht mit Draco im Schlepptau vor allen verkrochen hatte, erwähnte Severus nicht, aber auch ihm waren verschiedene Verhüllungszauber für Äußerlichkeiten vertraut, denn er hatte Draco damit versehen, bevor er ihn nach draußen geschickt hatte, um Zeitungen besorgen zu können.

„Na dann! Arthur?“, fragte sie, denn sie wollte eine Antwort.
„Ich sagte ja, dass sich das gut anhören würde. Natürlich müssten wir uns treffen, um mit den anderen die Angelegenheit zu bereden. Das Treffen sollte natürlich an einem Wochenende stattfinden, denn ihr seid ja alle, bis auf Sirius, berufstätig“, entgegnete Arthur, so dass Hermine erleichtert lächelte.

Arthurs Lächeln verblasste und offensichtlich rang er mit sich, ob er einige Information preisgeben sollte oder nicht, so dass Severus fragte: „Was noch, Arthur?“
„Na ja, es geht um Pablo. Ich möchte nicht, dass ihr das Ginny erzählt. Er ist offensichtlich einer von denen und man hatte ihn in Spanien festgenommen, als er einen Anschlag auf einen reinblütigen Zauberer verüben wollte. Man hält ihn fern von Muggelgesetzen dort fest, um ihn zur Aussage zu bewegen. Ich überlege, ob ich ihn nach Schottland bringen lasse, damit ich ein Wörtchen mit ihm reden kann. Er ist immerhin der Vater von…“ Arthur verstummte, doch was er sagen wollte, lag auf der Hand.

In ihrem Zimmer im Krankenflügel lag Ginny auf dem Bett und holte den Stoff des Unterrichts nach. Für die Hausaufgaben benötigte sie nicht lange, denn alles ging ihr leicht von der Hand. Nachdem sie fertig war, legte sie alle Hefte und Pergamente mit den Hausaufgaben auf ihren Nachttisch, damit Harry sie bei seinem nächsten Besuch mitnehmen und an die Lehrer verteilen könnte. Ihr Blick fiel auf die Mappe mit den Bildern, die ebenfalls auf dem Nachttisch lagen und die Harry auf ihren Wunsch hin von Hermine geholt hatte. Es waren die Urlaubsfotos, die Ginny unbedingt haben wollte, um sich von der Langeweile in ihrem Krankenzimmer etwas abzulenken und so nahm sie die bewegten Fotos aus der Mappe und schaute sie sich an.

Das erste Ziel ihrer Reise im letzten Jahr war Frankreich gewesen und sie hatten Fleur und Bill bei ihren Eltern besucht. Ginny grinste, weil sie kein einziges Foto fand, auf dem Fleur oder ihr Bruder allein zu sehen war, denn die beiden hingen wie Kletten aneinander. Mit Fleurs nicht mehr ganz so kleiner Schwester Gabrielle waren Hermine und Ginny nach Beauxbatons gereist, denn besonders Hermine wollte sich mal eine andere Zauberschule von innen ansehen. Olympe und Hagrid, der zu dieser Zeit selbst in Frankreich Urlaub gemacht hatte, hatten die drei herzlich begrüßt und herumgeführt. Beauxbatons war nicht so groß wie Hogwarts, aber teilweise sehr viel schöner, fast schon romantisch. Es hatte Ähnlichkeit mit Schloss Versailles wegen der hohen Bogenfenster und der wunderschön gestalteten Gartenfassade. Schloss und Garten waren im typisch klassizistischen Barock dekoriert.

Nach den Fotos aus Beauxbatons folgten jene vom Besuch eines französischen Marktes. Ginny musste Lachen, als sie ein bestimmtes Foto mit Hermine betrachtete. Von dem Laden eines alten Korbflechters war Hermine ganz angetan gewesen. Sie hatte unbedingt auf den Stufen des Ladens Platz nehmen wollen, damit Ginny ein Foto von ihr mit dem Namen des Geschäfts und der von Hand gefertigten Ware rechts und links von ihr machen konnte. Ein paar Sekunden, bevor Ginny auf den Auslöser gedrückt hatte, war jemand Hermine beim Verlassen des Geschäfts auf den Fuß getreten, doch auf dem Foto konnte man nur sehen, dass Hermine ein ganz trauriges, enttäuschtes Gesicht machte. Natürlich hatte Ginny von ihrer Freundin noch ein zweites Bild gemacht und das war ganz prima geworden.

Von Frankreich aus hatte die nächste Tour nach Spanien geführt und als das erste Foto von Pablo, den sie dort kennen gelernt hatte, auftauchte, stopfte Ginny die Fotos zurück in die Mappe und legte sie wieder auf ihren Nachttisch, bevor sie den quengelnden Nicholas aus dem Bettchen holte, um ihn zu stillen.
Three Characters in Search of an Exit - eine Satire mit Harry, Hermine und Severus
~ Muggelchen.net ~

Benutzeravatar
CaRo94
FeeFee
Beiträge: 567
Registriert: 14.01.2009 17:55

Beitrag von CaRo94 »

Weiter, Weiter, Weiteeeeeer schreiben, bitte. =)
Jaah, dass mit Severus und Hermine hab ich mir schon gedacht. ^^
Mal gucken, wie es da weitergeht, vor allem wo sie doch jetzt zusammen auf Reisen gehen. :wink:

Jaah auf die Reise freu ich mich schon. Das wird bestimmt spannend. =)

Liebe Grüße
Caro
"Sonst noch was?"
"Meinen Namen hast du auch genannt.",
"Oft?"
"Wie oft genau ist >oft<?"

Grunrabur

Wow

Beitrag von Grunrabur »

ich schreib auch Bücher aber die sind nicht so gut wie deine du schreibst wundervoll weiter so

dein Grundrabur

Benutzeravatar
Muggelchen
EuleEule
Beiträge: 345
Registriert: 07.06.2008 22:29
Wohnort: Gemälde im 1. Stock

Beitrag von Muggelchen »

Hi Caro,

wie jetzt? Was hast du dir mit Severus und Hermine schon gedacht? Da ist doch gar nichts *hüstel* :-))) :wink:

Na ja, mit Severus ist da so eine Sache. Der Mann ist nicht gerade gesellschaftlich verträglich. Mit ihm verreisen? Da könnte es einen schütteln, aber mal sehen, was sie herausbekommen. Das Kapitel wird wieder mal etwas länger, aber ich glaube nicht, dass du was dagegen haben wirst.

Hallo Grundrabur,

danke für die netten Worte. :smile: Mich interessiert sehr, was dir am besten gefällt. Ob es eine Handlung ist oder bestimmte Charaktere.

Liebe Grüße,
Muggelchen




089 Aberdeen




Am Tag darauf, einem Sonntag, hatten Arthur und Molly fünf Gäste zum Mittag. Sirius war etwas verdutzt darüber, dass sogar Severus eingeladen war, aber er verdrängte jeglichen Anflug von Gehässigkeit und schoss auf sein Gegenüber nur verbal zurück, wenn eine sarkastische Bemerkung des Zaubertränkemeisters in seinen Augen zu verletzend war.

Harry ahnte, dass er heute wegen etwas Besonderem eingeladen war, denn er wusste ja, dass Hermine und Severus schon gestern bei Arthur zu Gast gewesen waren, während Anne und Sirius lediglich davon ausgingen, Molly würde sie bekochen wollen.

Arthur schenkte zum Hühnchen, welches es nachher geben würde, schon etwas weißen Wein ein und danach reinen, indem er sagte: „Ich habe euch alle eingeladen, um etwas mit euch zu diskutieren. Severus und Hermine wissen es bereits, aber wir denken, dass ihr drei“, er blickte Sirius, Anne und Harry einmal in die Augen, „uns sehr behilflich sein könnt.“
„Es ist nichts Schlimmes passiert oder?“, fragte Harry besorgt, doch Arthur konnte ihn gleich beruhigen.
„Nein, Harry. Es ist eher eine Mission, für die wir euch in Betracht ziehen“, erklärte Arthur. Aufgrund der fragenden Blicke, die ihm drei seiner fünf Gäste zuwarfen, fügte er hinzu: „Als Minister habe ich momentan eine Plage am Hals, der ich Herr werden will. Dazu benötige ich die Hilfe von Menschen, denen ich erstens vollstes Vertrauen schenken kann und zweitens, die sich in der Muggelwelt auskennen. Ihr alle, selbst Severus, habt Erfahrung in der Muggelwelt gesammelt. Ihr würdet zurechtkommen und nicht auffallen, weil ihr euch seltsam verhaltet.“
Neugierig fragte Anne: „Um was für eine Mission geht es denn?“
„Nun“, Arthur überlegte, „die ’Plage’, von der ich sprach, ist eine so genannte ’Sekte’, das hat Hermine zumindest herausfinden können. Wir haben Beweise dafür, dass diese Leute für die Folter von Hexen und Zauberern verantwortlich sind und…“
Aufgeregt unterbrach Harry: „Was? Eine Muggelsekte hat es auf uns abgesehen?“
Hier schaltete sich Hermine ein und gab einige Informationen wider, die sie zusammengetragen hatte, indem sie sagte: „Es geht um ’Hexenjäger’, wenn man das in unserer heutigen Zeit überhaupt so nennen kann, Harry. Es ist eine Gruppe von Muggeln, die von der magischen Welt weiß und offensichtlich sind wir denen ein Dorn im Auge.“

Plötzlich fiel Anne aus allen Wolken und aufgeregt schilderte sie: „Die waren neulich an meiner Tür! Das sind die doch, von denen ihr sprecht, oder?“ Arthur und Hermine nickten.

Während Molly die Teller mit der Vorspeise verteilte, einer duftenden Tomatensuppe, und Salz und Pfeffer zum Tisch brachte, fragte Sirius: „Was genau soll diese ’Mission’ beinhalten? Ich meine, sollen wir jemanden umlegen oder was?“ Sirius hatte es nicht ernst gemeint und schmunzelte verstohlen.
Mit weit aufgerissenen Augen entgegnete Arthur: „Bei Merlins Bart, nein! Ich möchte eigentlich nur einen Wohnsitz überprüfen lassen – eine Adresse, die ich habe. Es gibt noch einen anderen Ort, aber die Beschreibung ist sehr ungenau. Ein weiteres Haus soll nämlich ganz in der Nähe des Verbotenen Birkenwaldes liegen, westlich von Aberdeen. Wenn ihr alle tatsächlich reisen solltet, dann muss Harry unbedingt einen Verhüllungszauber auf sein Gesicht legen, falls er dort kein Unbekannter sein sollte.“
Sirius lachte und fragte: „Es geht um Spionage? Warum schickst du nicht nur Severus? Der wird das schon alleine…“
Arthur unterbrach: „Nein, denn wenn derjenige, den ich suche, dort angetroffen werden sollte, möchte ich, dass ihr vielleicht sogar Kontakt aufnehmt und ich will nicht, dass sich jemand dieser Gefahr aussetzt, ohne dass Verstärkung in der Nähe ist. Natürlich sollen nicht alle auf einmal den Mann ansprechen. Ich… Ach, ich weiß auch nicht. Ich muss dringend etwas über diesen Mann erfahren. Vor allem muss ich wissen, ob die Information über den Wohnsitz überhaupt stimmt. Findet es heraus und wenn ihr den Mann dort antreffen solltet, dann haltet Augen und Ohren offen. Ich möchte herausfinden, ob man ihm etwas vorwerfen kann, für das wir ihn offiziell festnehmen können!“

Es herrschte einen Moment betretene Stille, bis Anne sagte: „Wenn ich mich dazu äußern dürfte?“ Nach einem Nicken von Arthur sagte sie: „Vorhin haben Sie gesagt, Harry müsse einen Zauber tragen, der ihn unkenntlich macht.“
„Ja“, betätigte Arthur, „weil ich davon ausgehen muss, dass die möglicherweise sogar den Tagespropheten kennen und daher auch Informationen aus unserer Welt haben. Harry ist eine prominente Persönlichkeit.“
Harry verzog nur beschämt das Gesicht und blickte auf seinen Teller Tomatensuppe, doch Anne warf noch ein: „Na ja, wenn diese Verbrecher den Tagespropheten lesen sollten, dann werden sie nicht nur Harry kennen.“ Erstaunt zog Arthur beide Augenbrauen in die Höhe, hörte aber weiterhin aufmerksam zu, als Anne erklärte: „Sie werden in der Zeitung auch Sirius gesehen haben und Mr. Snape, über den ja noch wochenlang nach der Preisverleihung berichtet worden war. Selbst Miss Granger…“ Hermine unterbrach und bot ihr gleich das Du und die Verwendung ihres Vornamens an, so dass Anne sofort freudig davon Gebrauch machte, als sie sagte: „Selbst Hermine war mehrmals im Tagespropheten abgebildet. Ich habe den nämlich auch immer gelesen, seit ich Sirius kenne, und obwohl ich Hermine und Mr. Snape persönlich nicht sehr gut kenne, habe ich mir ihre Gesichter aufgrund der vielen Artikel eingeprägt. Bis auf mich sind alle vier in den Augen der Sektenmitglieder möglicherweise keine fremden Personen.“

Was Anne gesagt hatte, hatte Arthur völlig aus der Bahn geworfen. Seine ganze Idee war mit einem Schlag zunichte gemacht worden. Jetzt würde er niemanden nach Aberdeen schicken, denn er wollte seine Freunde nicht ins offene Messer laufen lassen.

„Dann tragen wir vier eben einen Verhüllungszauber auf dem Gesicht“, schlug Sirius vor, doch Arthur schüttelte den Kopf.
„Nein, ich… Ich habe das alles gar nicht bedacht. Es tut mir Leid. Es ist keine gute Idee, Zivilisten nach Aberdeen zu schicken. Es war nur ein Geistesblitz gewesen. Ich…“ Arthur seufzte und fügte leise an: „Nein, nicht in meinem Auftrag. Dafür will ich nicht verantwortlich sein.“

Während des Essens blockte Arthur weitere Vorschläge, wie man in Aberdeen Informationen beschaffen könnte, rigoros ab. Er wollte keinen seiner Freunde in Gefahr bringen. So ein Verhüllungszauber auf dem Gesicht konnte nämlich nachlassen, ohne dass man es sofort bemerken würde. Bei Harry und seinen magischen Fähigkeiten machte sich Arthur keine Sorgen. Würde Harry sein Gesicht magisch verändern, würde es so lange halten, bis er selbst den Zauber wieder aufheben würde. Bei Severus wäre das womöglich genauso, aber was war mit Hermine und Sirius?

Nach dem Essen verabschiedeten sich die fünf und gingen nach draußen. Hermine war es, die zu allen sagte: „Ich würde gern noch darüber reden. Wir könnten jetzt doch noch irgendwo hingehen?“
„Wir könnten zu mir gehen“, schlug Anne kurz und knapp vor.
Severus verzog erst das Gesicht, bevor er sagte: „Zu diesem Thema habe ich nichts mehr zu sagen. Ich verabschiede mich dann…“
„Moment, Severus. Sie werden dazu etwas zu sagen haben, denn ich habe mich entschlossen, auf jeden Fall nach Aberdeen zu gehen!“, konterte Hermine.
„Sie haben gestern erst Ihren Vertrag gelesen und…“
Sie unterbrach ihn und erklärte besserwisserisch: „Dort steht, dass Sie für meine Sicherheit verantwortlich sind, nicht aber, dass Sie meine Freiheiten einschränken dürfen. Sie können mir kein Verbot erteilen, was bedeutet, dass Sie wohl oder übel mit mir kommen müssen, wenn Sie sich solche Sorgen um mich machen sollten!“
Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen und er starrte sie so eindringlich an, dass ihr eine Gänsehaut den Rücken hinunterlief, bevor er gefährlich leise zischelte: „Wie dumm sind Sie eigentlich, dass Sie sich wissentlich in Gefahr begeben wollen?“
Keck erwiderte Hermine: „Oh, wenn ich gehe, dann werden Sie ja mitkommen – da fühle ich mich doch gleich um einiges sicherer!“ Mutig klopfte sie ihm zweimal auf die Schulter und Severus ließ resignierend den Kopf hängen.
Harry schaltete sich ein und fragte: „Wollen wir nicht doch noch zu Anne, um darüber zu reden?“

Die fünf apparierten in eine leere Gasse in London, die nicht weit entfernt von Annes Wohnung lag. Im Wohnzimmer befanden sich ein Dreisitzer und ein Sessel. Auf letzteren ließ sich Sirius fallen, wie er es wohl oft tat, nachdem er die Wohnung betreten hatte.

„Setzt euch doch“, sagte Anne und deutete auf die Couch. Hermine und Harry nahmen als Erste Platz und zwar jeweils an den Armlehnen, so dass nur noch der Platz zwischen den beiden frei war.
„Miss Adair, setzen Sie sich doch bitte. Ich fühle mich wohler, wenn ich stehe“, sagte Severus mit schmieriger Stimme. Es war ihm anzumerken, dass Hermines Vorschlag ihm gegen den Strich ging.

Einen kurzen Augenblick herrschte Ruhe, bis Anne Platz genommen hatte. Sie schlug sich einmal selbst auf die Schenkel und sagte gleich darauf: „Ich gehe mit nach Aberdeen!“
„Ja super“, sprudelte es aus Hermine heraus, „dann sind wir schon zu zweit!“
„Nein, Hermine! Die Option, dass Sie mit Miss Adair allein fahren, haben wir gestern bereits verworfen. Das kommt nicht in Frage!“, erwiderte Severus bestimmend.
„Dann kommen Sie mit, Severus! Ich kann meinen Verhüllungszauber über mehrere Tage aufrechterhalten. Harry hat mir Übungen beigebracht, mit denen es ganz einfach ist. Okklumentik-Übungen, die eigentlich zur Konzentration und zur Leerung des Geistes…“
„Nein, wenn Severus mitgeht, dann gehe ich auch mit! Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass Anne und er...“, Sirius verstummte.
Severus blickte Sirius hämisch an, bevor er überheblich klingend fragte: „Wie sieht es mit Ihrer Konzentrationsfähigkeit aus? Können Sie ohne Ihren Zauberstab einen Verhüllungszauber herbeirufen und bewahren?“ Sirius konnte es nicht, weswegen er nichts erwiderte, so dass Severus einmal schnaufte, bevor er leise sagte: „Dachte ich’s mir.“
Das wollte Sirius nicht auf sich sitzen lassen und so konterte er: „Ich kann meine Animagusform über viele Monate halten, ohne mich auch nur einmal zurückverwandeln zu müssen!“
„Ich werde nicht mit einem Tier reisen!“, blaffte Severus ihn an.
Hermine bekundete jedoch ihren Gefallen an dieser Idee und sagte: „Warum eigentlich nicht? Viele nehmen ihr Haustier in den Urlaub mit. Damit hätten wir womöglich einen Trumpf im Ärmel. Sirius könnte auf diese Weise nahe an Menschen herankommen und deren Gespräche belauschen, ohne dass er verdächtig wirkt. Ich finde die Idee wirklich gut!“

Hierzu hatte Severus letztendlich sein Einverständnis gegeben, nur Anne hatte ihre Stirn in Falten gelegt, so dass Hermine fragte: „Findest du die Idee nicht gut?“
Sie zuckte mit den Schultern, bevor sie entgegnete: „Wenn ich ehrlich bin, weiß ich momentan überhaupt nicht, wovon ihr sprecht.“
Mit einer elegant gehobenen Augenbraue fragte Severus: „Er hat Ihnen nie seine…“
„Ich werde ihr schon noch zeigen, was damit gemeint ist“, unterbrach Sirius, der Anne bisher nicht einmal davon erzählt hatte, dass er sich in einen großen schwarzen Hund verwandeln konnte, weil er geglaubt hatte, das könnte sie womöglich erschrecken.

Bisher hatte sich Harry nicht zu der Idee geäußert, auf eigene Faust nach Aberdeen zu fahren, so dass Hermine sich genötigt fühlte, auch ihn zu fragen. „Harry, du kommst doch auch mit?“
Harry konnte noch immer nichts sagen, aber er nickte zustimmend, bevor sie alle zusammen noch einige Pläne schmiedeten.

Noch vier Tage lang hatte Severus versucht, seine Schülerin wieder von ihrer Reiselust abzubringen, doch letztendlich hatten sie sich am Freitag, den 26. September, mit ihrem Gepäck und in Muggelkleidung gehüllt in London bei Anne eingefunden. Harry war schon früher angekommen und trug, wie Hermine und Severus selbst, nur eine unauffällige Tasche mit dem Notwendigsten. Sirius hingegen schleppte einen großen Koffer, so dass Severus es sich nicht verkneifen konnte, mit einem fiesen Grinsen zu fragen: „Was haben Sie denn da drin? Ist der bis zum Rand voll mit Hundekuchen?“
Bevor Sirius zurückfeuern konnte, erklärte Anne völlig gelassen: „Ich habe nur diesen einen Koffer und keine einzige Tasche mehr.“ Sie wühlte in einer Schublade zog etwas heraus, bevor sie erfreut sagte: „Zum Glück, hier ist mein Ausweis! Hatte ihn verlegt.“
Hermine schlug eine Hand vor den Mund. „Du meine Güte, da habe ich gar nicht dran gedacht. Harry, hast du noch einen Ausweis aus der Muggelwelt?“, fragte Hermine.
„Ja schon, aber der ist abgelaufen, glaube ich. Habe ihn sowieso nicht bei mir“, antwortete Harry verstummend, denn jetzt begriff er, dass man ohne Ausweis weder ein Auto, noch ein Hotelzimmer mieten konnte. Gut, das könnte Anne besorgen, dachte Hermine, aber was, wenn sie in eine Polizeikontrolle geraten würden?

„Keine Sorge“, warf Sirius ein, „ich habe mir von Mundungus fünf falsche Ausweise besorgen lassen. Niemand hier wird mit seiner echten Identität reisen müssen.“
Anne blickte ihn fassungslos an, bevor sie erklärte: „Ich kann aber nicht mit falschem Ausweis reisen! Meine ganzen Kreditkarten laufen auf Anne Adair und nicht auf… Wie heiße ich auf dem anderen Ausweis?“ Sirius zuckte mit den Schultern und gab jedem seinen falschen Ausweis. „Oh nein, ich bleibe Anne Adair und werde nicht zu ’Deirdre Bladder’. Niemals! Außerdem hast du zwar einen falschen Ausweis besorgt, aber was ist mit einem Führerschein für mich?“, fragte Anne.
„Ich habe mir die Namen nicht ausgesucht, aber du hast Recht – an einen Führerschein habe ich nicht gedacht. Dann fährst du eben als du selbst. Dich kennt man ja eh nicht“, bestätigte Sirius.

Harry, Hermine und Severus hatten sich ihre eigenen, falschen Namen eingeprägt, bevor sie ihre Ausweise in die Jackentasche steckten und sich daran machten, nach Inverness zu apparieren, um dort ein Auto zu mieten. Es wäre unauffälliger, wenn sie einen kurzen Weg mit dem Wagen zurücklegen würden, um damit auch direkt vor einem Hotel zu parken, anstatt zu Fuß und mit Taschen und Koffern in der Hand aus einer dunklen Gasse zu kommen. Die Fahrt würde, wenn sie die A96 nehmen würden, weniger als drei Stunden dauern.

In Inverness waren sie lautlos und unbeachtet unter einer Brücke, die über den Ness River führte, angekommen und Severus befahl sofort, die Verhüllungszauber anzuwenden. An Sirius gerichtet sagte er: „Seien Sie so nett, Black, und werden Sie zum guten Hündchen.“

Ein letzter böser Blick würde für dieses Wochenende hoffentlich das Letzte sein, dachte Severus, was er von Black sehen würde, bevor er sich mit einem Köter herumschlagen müsste.

Erst gestern hatte Sirius, nachdem er die Tage zuvor mit ihr lediglich darüber geredet hatte, seiner Verlobten letztendlich auch gezeigt, wie er als Hund aussehen würde und es hatte sie tatsächlich ein wenig erschreckt, doch jetzt nahm sie wie selbstverständlich Halsband und Leine aus ihrer Handtasche und leinte Tatze an, was Severus wieder dazu veranlasste, eine spitze Bemerkung zu machen, die zum Glück nur Hermine hören konnte.

Harry, Hermine und Severus legten wort- und stablos ihren Verhüllungszauber auf das Gesicht, der sie völlig anders aussehen ließ. Augen- und Haarfarben waren nun eine andere, selbst die Frisuren waren fremd. Sie verließen den Platz unter der Brücke und gingen die Stufen hinauf, die in die Stadt führten.

Die Autovermietung betrat nur Anne und sie hatte einen Wagen besorgt, der glücklicherweise groß genug war, damit jeder etwas Beinfreiheit haben würde. Die Fahrt nach Aberdeen, obwohl es nicht mehr so weit war, musste jedoch unterbrochen werden. Tatze hatte so jämmerlich gewinselt, dass Anne angehalten hatte, damit Harry die Schiebetür des Wagens öffnen konnte. Draußen hatte sich der Hund übergeben und es hatte eine Viertelstunde gedauert, bevor er mit viel gutem Zureden wieder ins Auto gestiegen war. Man hatte die Plätze getauscht und Tatze vorn sitzen lassen, so dass Severus hinten zwischen Hermine und Harry Platz genommen hatte. Etwas später musste die Fahrt erneut unterbrochen werden.

„Miss Adair, wenn Sie die Güte hätten, noch einmal anzuhalten? Ich glaube, der Geruch von Erbrochenem, der weiterhin aus der Schnauze dieser Flohschleuder dort vorn strömt, schlägt auch mir auf den Magen“, konnte Severus trotz aller Übelkeit noch höflich von sich geben.
Hermine war Severus auf eine Wiese gefolgt und hielt ihm eine Flasche Wasser hin, die er dankend entgegennahm. Dann entnahm sie einer kleinen Dose eine Pille und sagte: „Hier, nehmen Sie die. Ist gegen Reiseübelkeit.“ Auch dafür bedankte er sich.

Die kurze Reise im Auto war Tatze und Severus nicht sehr gut bekommen, so dass sie sich beide in einem kleinen, gemütlichen Hotel mit nur zwei Stockwerken zunächst im Wartebereich niederließen. Sie überließen den anderen die Aufgabe, die Zimmer zu besorgen, weswegen Severus Hermine seinen Ausweis überreichte. Die Frau an der Rezeption setzte ihr geübtes, strahlendes Lächeln auf, als Harry, Anne und Hermine sich ihr näherten.

„Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“, fragte die Dame, auf deren Schildchen über der Brust Mrs. Becker stand. Eine andere Frau hinter ihr, die an einem Computer saß, lächelte die potenziellen Gäste ebenfalls freundlich an und nickte grüßend.
„Wir hätten gern Zimmer und…“
Anne wurde unterbrochen, als die Hotelangestellte fragte: „Haben Sie reserviert?“
„Nein, haben wir nicht. Sie haben doch Zimmer frei oder?“, wollte Anne wissen.
„Einen Moment bitte“, bat die Dame höflich und wandte sich ihrem PC zu. Sie tippte hier und da, machte dabei ein angestrengtes Gesicht und seufzte zum Ende einmal, bevor sie an Anne gerichtet sagte: „Es sind leider keine Zimmer frei. Wir sind nur ein kleiner Familienbetrieb und meist ausgebucht.“
Entmutigt blickte Anne zunächst Harry und dann Hermine an, bevor Hermine eine Idee hatte und fragte: „Checkt heute vielleicht jemand aus?“ Die Hotelangestellte zog beide Augenbrauen hoch, bevor sie sich erneut dem Monitor zuwandte und sich die Prozedur an der Tastatur wiederholte.
„Ja, Sie haben Glück. Es werden heute zwei Zimmer frei und die sind im Anschluss noch nicht vergeben! Wie lange möchten Sie denn bleiben?“, fragte sie breit lächelnd. Sie fügte noch schnell an: „Für Ende nächster Woche sind diese Zimmer nämlich gebucht.“
„Wir wollen nur bis maximal Sonntag bleiben. Die Zimmer würden wir gern nehmen“, entgegnete Hermine erleichtert.
„Gut, Ihre Ausweise hätte ich dann gern“, forderte die Dame freundlich, während sie ein Formular zu Anne hinüber schob. „Wenn Sie das hier bitte ausfüllen würden?“

Hermine nahm Anne und Harry den Ausweis ab und legte ihren und den von Severus hinzu, bevor sie sie der Dame reichte. Anne war mit dem Formular fertig und reichte ihn ebenfalls hinüber. Die Dame tippte und prüfte und tippte und sagte letztendlich, nachdem sie fertig war: „Sie müssten sich bis zwölf Uhr noch ein wenig die Zeit vertreiben, bis die Hausmädchen die Zimmer hergerichtet haben. Die Codekarten, mit denen Sie später die Zimmer öffnen können, können Sie um zwölf hier an der Rezeption abholen. Ihr Gepäck können Sie in der Zwischenzeit mir zur Verwahrung geben. Das Restaurant zu Ihrer Rechten hat geöffnet, falls Sie dort warten möchten.“

In einer Dreiviertelstunde konnte man nicht allzu viel erledigen und da sich Severus sowieso darüber beschwerte, dass die Tablette gegen Übelkeit ihn schläfrig gemacht hätte, entschloss man sich dazu, sich ins Restaurant zu setzen, in welchem sich nur zwei junge Pärchen und ein reiferes Paar mit zwei Kindern befand. Tatze nahm unter dem Tisch Platz, denn Hunde waren hier zum Glück nicht verboten.

„Womit fangen wir an? Gehen wir nachher mal ’mit dem Hund spazieren’ und das auch noch zufällig in der Langdykes Road?“, fragte Hermine.
„Ich fände es auffällig, wenn vier Personen hinter einem Vierbeiner herliefen, Hermine“, erwiderte Severus leise.
Harry schlug vor: „Wir essen erst einmal was, checken dann in die Zimmer ein und treffen uns danach in einem der Zimmer, um in Ruhe drüber zu reden. Ich habe jetzt erst einmal Hunger!“

Nach einem Blick in die Menükarte entschloss sich Harry für ein Thunfisch-Sandwich, Anne für einen Hawaii-Toast und Severus für den Salat mit Krabben, doch Hermine konnte sich nicht entscheiden. Unauffällig reichte Severus ihr die Karte mit den Desserts und dort wurde sie tatsächlich fündig.

Später an der Rezeption mussten sie kurz warten, doch dann rief die Dame, bei der sie vorhin schon gewesen waren: „Mr. Paris? Mr. Ervine?“ Severus und Harry horchten bei ihren falschen Nachnamen auf und gingen nach vorn. Hermine stutzte ebenfalls, denn eigentlich war einer der Nachnamen auch ihr falscher Name. Zusammen mit Anne folgte sie den beiden, da sagte die Dame an der Rezeption plötzlich freudestrahlend an Hermine gerichtet: „Mrs. Paris, kommen Sie doch bitte einen Schritt näher heran.“ Hermine fielen fast die Augen aus dem Kopf, als ihre Gehirnzellen die Tatsachen kombiniert hatten, dass sie und Snape den gleichen Nachnamen trugen, doch ließ sich nichts anmerken und trat näher an die Theke heran. Die Dame reichte ihr einen kleinen Präsentkorb mit einer kleinen Flasche Sekt und ein paar Pralinen mit den Worten: „Für Sie und Ihren Gatten als Entschuldigung für die Wartezeit.“

Wie in Trance nahm Hermine den Korb entgegen, während sie immer wieder die Worte von Mrs. Becker im Kopf wiederholte.

Anne anblickend sagte die Dame: „Für Sie, Miss Adair, auch ein kleines Präsent.“ Und auch Anne bekam ihren Präsentkorb und gleich darauf die Codekarte für das Zimmer.
„Mr. Paris?“, sagte die Dame und hielt auch Severus die Codekarte vor die Nase, doch er griff nicht zu, sondern schien genauso erstarrt zu sein wie Hermine. „Dann vielleicht Ihre Frau?“, sagte Mrs. Becker etwas zögerlicher und winkte mit der Codekarte in Richtung Hermine. Harry trat Hermine sanft auf den Fuß, was sie aus ihrer Starre löste.
„Oh ja, danke. Ich trage den Namen noch nicht so lange, wissen Sie. Es ist seltsam, so angesprochen zu werden“, versuchte Hermine sich herauszureden, womit sie bei Mrs. Becker auf Verständnis traf.
„Ja, so ging es mir auch nach der Hochzeit“, sagte sie lächelnd. „Ihr Gepäck ist schon auf Ihren Zimmern. Beide Zimmer sind im zweiten Stock, gleich links, wenn Sie aus dem Fahrstuhl treten.“
„Danke“, war das Einzige, was Hermine gerade mal entgegnen konnte.

Im Fahrstuhl sagte keiner ein Wort. Nicht einmal Tatze gab einen Laut von sich. Mit einem „Bing“ öffnete sich die Fahrstuhltür im zweiten Stock. Der Fahrstuhl war so schleichend langsam gefahren, dass jedem die Melodie von „The Girl from Ipanema“ für etliche Minuten im Ohr nachklang, selbst noch, als sie ihre Zimmer, die sich gegenüber lagen, längst erreicht hatten. Anne und Hermine steckten je ihre Codekarte in den Schlitz, was Severus genau beobachtete, bevor die kleine rote Lampe grün leuchtete und die Tür sich öffnen ließ.

„Wir kommen gleich zu euch rüber“, sagte Hermine, bevor sie die Tür weit öffnete und hineinging. Severus folgte ihr und öffnete auf seinem Weg neugierig die erste Tür, die sich noch im Flur befand. Ein Badezimmer – klein, aber schick – verbarg sich dahinter. Nachdem er das Bad kurz inspiziert hatte, ging er über den Flur weiter nach vorn und bemerkte, dass Hermine regungslos etwas Bestimmtes betrachtete. Er stellte sich neben sie und folgte ihrem Blick und dann, als er es sah, lief ihm eine Gänsehaut den Rücken hinunter.

Hermine schluckte beim Anblick des Doppelbettes. Sicherlich ließe sich die Zimmerbelegung noch ändern, hoffte sie. Sie fühlte, wie ein unbekanntes Kribbeln sich in ihr breit machte und sie deutete es als Beklemmung. Heimlich warf sie einen Blick zur Seite und sie war betroffen, als sie Severus’ erblickte, denn in seinem Gesicht hatte sich der blanke Horror abgezeichnet.

Mit einem Male schaute er sich zügig im Zimmer um, bevor er sagte: „Ähm, Hermine, ich würde ja den Vorschlag machen, auf der Couch zu nächtigen, aber…“ Er verstummte, als Hermine sich im Zimmer umsah und selbst bemerkte, dass sich im Zimmer neben einem Schränkchen nur noch ein Tisch und zwei Stühle befanden.
„Es wäre unachtsam, für die Nacht einen Gegenstand in ein Bett zu verwandeln, falls es einen Notfall geben sollte und jemand Fremdes ins Zimmer kommen würde“, sagte sie mit schwacher Stimme.
Severus fügte hinzu: „Außerdem sollten wir nicht zu viel zaubern, damit Arthur nicht in irgendeiner Art und Weise auf uns aufmerksam wird. Sie wissen ja, dass jede magische Bewegung, die von einem Zauberstab herrührt, im Ministerium registriert wird.“
Sie nickte und fragte besorgt: „Vielleicht können wir das Schlafarrangement noch mit den anderen besprechen?“
„Das müssen wir wohl“, erklärte er mit zittriger Stimme, als sein Blick wieder auf das Doppelbett fiel. Er räusperte sich, bevor er empfahl: „Gehen wir rüber!“

Auf dem Flur trafen sie auf Harry, der auch eben rüberkommen wollte. „Harry, wegen der Zimmerbelegung…“
Severus konnte nicht aussprechen, denn eine Angestellte, die vorhin schon unten an der Rezeption zu sehen war, kam gerade aus einem anderen Zimmer heraus, hatte ihn gehört und fragte besorgt: „Oh, Mr. Paris. Gefällt Ihnen und Ihrer Frau das Zimmer nicht?“

Das Hotel war offensichtlich so klein, dass die Angestellten ihre Gäste sofort beim Namen kannten.

Hermine schaltete sich ein und erklärte: „Nein, wir wollte nur mal das andere Zimmer sehen, falls wir tauschen möchten.“
Die Dame nickte und sagte, bevor sie die Gäste allein ließ: „Kein Problem, wenn Sie tauschen möchten. Sagen Sie nur Bescheid, damit dann die Näpfe für den Hund ins richtige Zimmer gebracht werden können.“

„Reden wir erst einmal“, sagte Harry und bat Hermine und Severus zu sich hinein. Die Zimmertür war nun verschlossen und die Vorhänge zugezogen, so dass Tatze sich zurückverwandeln konnte.
Sirius schlug gleich vor: „Harry und Severus können zusammen ein Zimmer nehmen.“
Dagegen haltend sagte Hermine: „Und ich mit dir in einem? Nein, kommt nicht in Frage!“
„Ich werde nicht mit Severus ein Zimmer teilen und…“
Harry unterbrach seinen Patenonkel und erklärte: „Wir haben nur zwei Zimmer mit je zwei Doppelbetten, Sirius. Du wirst am besten als Tatze übernachten und zwar am Fußende!“
„Nicht bei Severus im Zimmer!“, verlangte Sirius.

Hermine fasste sich an die Stirn und es schien, als hätte sie Kopfschmerzen bekommen. Neben sich vernahm sie zudem ein leichtes Knurren und es kam von Severus, der mit so einer Reiberei anscheinend gerechnet hatte.

Erneut versuchte es Harry mit dem einzig vernünftigen Vorschlag: „Anne und Hermine in ein Zimmer und wir drei…“
Dieses Mal unterbrach Severus und schlug vor: „Ich kann im Auto schlafen!“
Mit großen Augen blickte Hermine ihn an und fragte: „Damit die Hotelangestellten glauben, wir hätten unseren ersten Ehekrach gehabt? Kommt gar nicht in Frage! Das ist viel zu auffällig und wir wollten unauffällig sein. Außerdem ist es jetzt nachts nicht mehr so warm, dass Sie im Auto schlafen könnten.“
Sich mit einer Hand durch die wirren Haare fahrend warf Harry ein: „Das können wir doch noch später diskutieren. Wir sind wegen anderer Sachen hier. Vielleicht sollten wir überlegen, wie wir Mr. Hopkins über den Weg laufen könnten?“

Man entschloss sich für einen kleinen Spaziergang in der Stadt. Die Langdykes Road war ganz in der Nähe und so nahm Anne Tatze an die Leine und lief neben Harry die Straße entlang, während Severus und Hermine schon einige Schritte vorangegangen waren.

„Es muss hier gleich in der Nähe sein“, flüsterte Hermine.
Severus blickte sich während des Gehens um und beobachtete unauffällig die Menschen. Niemand beachtete sie. Höchstens einen flüchtigen Blick warf man ihnen zu, bevor die Passanten ihrer Wege gingen. „Da vorn beginnt die Langdykes Road!“, sagte Hermine aufgeregt, aber leise.

Kaum waren sie um die Ecke gebogen, da blieb Severus stehen und hinderte Hermine am Weitergehen, indem er sie am Oberarm ergriff. Sie folgte seinem Blick, bis sie einen rothaarigen, elegant gekleideten Herrn ein Gartentor schließen sah, bevor er sich mit einem frisch gebürsteten Langhaar Collie auf den Weg über die Straße machte. Severus blickte über den Asphalt, bemerkte das Schild über dem Eingang zu einem Park und sagte: „Ich habe eine Idee!“

Mittlerweile hatten Anne, Harry und Tatze die beiden eingeholt und Harry fragte leise: „Was ist?“
„Ich habe unseren Mann gesehen: Robert Hopkins. Er hat eben sein Haus verlassen und ich vermute, er geht in den Park, um seinen Hund auszuführen.“ An Anne gewandt sagte er: „Geben Sie mir bitte die Leine, Miss Adair.“ Er hielt ihr die Hand entgegen, doch Tatze knurrte, so dass Anne zögerte. „Es ist keine Zeit für Spielchen, Mr. Black. Sie werden für die nächste Zeit ’mein’ Hund sein. Spielen Sie etwas mit dem Collie von Mr. Hopkins, so dass ich einen Grund habe, ein Gespräch mit dem Herrn beginnen zu können.“ Severus grinste fies, als er Tatze anstarrte und fragte: „Oder möchten Sie, dass Miss Adair sich einem Mann nähert, der nicht davor zurückschreckt, Hexen und Zauberer zu Tode zu quälen?“

Ohne auf eine Reaktion von Tatze zu warten übergab Anne sehr hastig die Leine an Severus, der gleich daraufhin empfahl: „Harry, Sie bleiben mit Miss Adair unauffällig in unserer Nähe, während ich mit Hermine an meiner Seite den Hund in den Park führe.“ Alle nickten, bevor Hermine und Severus zusammen mit Tatze vorab über die Straße gingen.

Der Park war überwältigend groß und eine wahre Augenweide. Einige Bäume trugen Laubkleider aus den schönsten Herbstfarben: Gelb, Braun, Orange, Rot. Und wenn ein Windchen wehte, dann glitten einige Blätter tänzelnd und kreiselnd zu Boden. Durch die Farbenpracht der Blätter wurde Severus für einen Moment an Hermines Magiefarben erinnert.

Die Gartenanlage war für Hunde freigegeben, wie man an den ganzen Schildern erkennen konnte. Severus hatte sein Ziel sehr schnell wiedergefunden. Er bemerkte, wie Mr. Hopkins sich bückte, um seinen Collie von der Leine zu lassen. Severus ahmte ihn nach und ließ Tatze ebenfalls von der Leine. „Sie wissen, was Sie zu tun haben, Black. Und tun Sie uns allen den Gefallen und bleiben Sie ein artiger Hund!“

Tatze erwiderte nichts, sondern rannte schwanzwedelnd auf die Grünfläche, auf der sich neben dem Collie noch zwei andere Hunde tollten. Hermine schaute ihm nach und spürte plötzlich eine Hand zwischen ihren Schulterblättern. „Gehen wir ein Stück spazieren, Hermine.“

Hermine und Severus schlenderten den Weg an der Wiese entlang und blickten immer wieder auf Tatze, der sich mit dem Collie anfreundete und abwechselnd auf Mr. Hopkins, der offensichtlich versuchte, den Besitzer von dem großen schwarzen Hund ausfindig zu machen. Dann hatte Hopkins sie endlich gesehen. Davon unbeirrt bewegten sich die beiden langsam weiter auf Hopkins zu. Hermine schaute einmal verträumt nach oben in die Baumkronen und drehte ihren Kopf langsam nach rechts, bevor sie unauffällig hinter sich schaute, um sich davon zu überzeugen, dass Anne und Harry folgten. Die beiden schlenderten ebenfalls gemächlich durch den Park und hatten ihren Blick auf Tatze gerichtet.

„Da, der Collie geht zu Mr. Hopkins und Tatze folgt ihm“, sagte Hermine.
Plötzlich kam ein anderer Mann auf Mr. Hopkins zu, dessen kleiner Jack Russel den Collie aufgeregt beschnupperte und auch Tatze wurde von dem anderen Hund erst einmal eingehend inspiziert; wie Hunde das eben so machten. Mr. Hopkins und der andere Mann begrüßten sich per Handschlag, während Tatze sich längst bei den beiden aufhielt und ihnen hoffentlich aufmerksam zuhörte, während er weiter vorgab, mit anderen beiden Hunden zu spielen.

„Lassen wir die beiden Herren einen Moment reden, Hermine. Setzen wir uns auf die Bank hier“, schlug Severus vor. Mit der Hand fegte Severus zuvorkommend einige trockene Blätter fort, bevor Hermine Platz nahm. Sie schauten nur noch selten zu Tatze hinüber, damit die Männer sich nicht beobachtet fühlen würden. Als Harry und Anne sich der Bank näherten, flüsterte Severus leise über seine Schulter zu ihnen hinüber: „Gehen Sie über den Rasen hinüber zur anderen Seite, damit Hopkins während des Gesprächs nicht gestört wird.“ Anne und Harry liefen noch einige Meter an der Bank vorbei, bevor sie die Grünfläche betraten, um Severus’ Ratschlag zu beherzigen.

Erst eine Viertelstunde später gingen Mr. Hopkins und sein Begleiter weiter. Hermine pfiff Tatze zu sich und zusammen gingen sie noch einige Schritte, bevor Sie bemerkten, dass Mr. Hopkins den Park verließ und mit seinem Collie zu dem anderen Herrn ins Auto stieg und davonfuhr.

Tatze verwandelte sich hinter einem Busch gleich zurück in Sirius und aufgebracht erzählte er: „Verdammt, die sind wirklich abartig! Der andere Mann hieß Richardson und der hat gesagt, dass ihnen langsam die Informationen ausgehen würden, weil sie lange Zeit keine Hexen mehr in die Finger bekommen hätten, die sie über uns ausquetschen könnten. Die wollen alles über die Zaubererwelt in Erfahrung bringen. Hopkins weiß, dass wir einen Minister haben! Er weiß, dass unsere Gesellschaft organisiert ist und er kennt sogar ein paar Berufe von uns. Er weiß von Fluchbrechern, Besenmachern, Quidditch-Spielern und sogar von Auroren!“
„Haben Sie jetzt völlig den Verstand verloren?“, fluchte Severus. „Nehmen Sie auf der Stelle wieder Ihre Animagusform an und erzählen Sie uns später alles in Ruhe – im Hotel!“, forderte er mit bösartig säuselnder Stimme.

Zurück in einem der beiden Hotelzimmer setzte sich Sirius auf einen Stuhl und bat um eine Flasche Wasser, die Severus daraufhin der Minibar entnahm. Bevor er ihm die Flasche reichte, fragte er mit ernster Miene: „Soll ich das Wasser in ein Näpfchen füllen oder…“

Sirius entriss ihm die kleine Flasche und setzte an, um sie in kürzester Zeit zu leeren. Das Herumtollen mit den anderen Hunden hatte ihn viel Kraft gekostet. Danach holte er tief Luft und schilderte: „Hopkins hat zugegeben, dass er nicht weiß, wie viele es von uns gibt. Er geht davon aus, dass es nicht allzu viele sein können. Wenn seine Männer einen von uns erwischen konnten, haben sie denjenigen erst nach einem Zauberstab abgesucht. Wenn die einen dabei hatten, war ihr Schicksal besiegelt! Die haben sich eben im Park über zwei Zauberer lustig gemacht, die sie zuletzt in einem ’Hexenturm’ gefangen gehalten hätten. Hopkins sagte, jeder Zauberer und jede Hexe wäre ohne einen Stab ein ganz normaler, schwächlicher Mensch. Sie haben von all ihren Gefangenen Namen, Adressen und weitere Informationen über unsere Gesellschaft verlangt. Ich will gar nicht wissen, wie viel sie schon zusammentragen konnten. Hopkins hat davon gesprochen, dass sie dem ’Bösen’ den Garaus machen wollen und sie haben dabei offensichtlich Hilfe aus unserer Welt!“

Es klopfte und Sirius verwandelte sich sofort in Tatze, noch bevor „Herein“ gesagt werden konnte. „Herein!“, rief Anne.
Die junge Dame von vorhin öffnete die Tür und fragte: „Entschuldigen Sie die Störung. Sie waren vorhin nicht da. Ich wollte eigentlich nur fragen, in welches Zimmer wir die Näpfe für Ihren Hund unterbringen sollen?“
„Hier“, sagte Harry und die Dame stellte zwei große, gefüllte Näpfe in eine Nische neben dem Schreibtisch.
„Unsere Küche kocht für die Haustiere, Mr. Ervine. Falls es Ihrem Hund trotzdem nicht munden sollte, haben wir eine große Auswahl an gängigem Fertigfutter“, sagte die Dame sehr freundlich, bevor Harry nickte, sich bedankte und die Frau das Zimmer wieder verließ.

Nachdem er sich zurückverwandelt hatte, blickte Sirius auf den Napf, verzog das Gesicht und sagte: „Einer von euch kann mir bitte ein Steak besorgen.“
„Wollen wir Essen aufs Zimmer bestellen?“, fragte Anne, die schon eine Menükarte vom Schreibtisch genommen hatte und darin blätterte.

Telefonisch bestellte man sich an der Rezeption etwas zu Essen. Hermine hatte für sich zwei Menüs ausgewählt, weswegen Harry sie mit einem vorwurfsvollen Blick bedacht hatte, der ihr nahe legen sollte, es nicht zu übertreiben, doch das machte sie nur bockig. Anne hatte auch zwei Menüs bestellt, aber eines davon beinhaltete das Steak, welches sich Sirius gewünscht hatte. Vorsichtshalber blieb er in Tatze verwandelt, bis das Essen geliefert werden würde. Die Menüs hatte man in ein Zimmer bringen lassen, aber der Tisch war viel zu klein für alle vier, so dass die Dame fragte: „Soll ich Ihnen einen weiteren Tisch und zwei Stühle besorgen?“ Severus verneinte und sagte, er würde mit seiner Frau gleich ins eigene Zimmer hinübergehen.

Kaum hatte die Frau die Tür geschlossen, führte Severus mit einer Handbewegung einen Zauber aus, der den Tisch und die Stühle verdoppelte. Sirius verdoppelte nochmals einen der Stühle, so dass alle fünf gemütlich Platz nehmen konnten.

„Harry, wie kannst du nur eine Pizza bestellen? Das hier ist ein Vier-Sterne-Hotel!“, warf Hermine ihm vor.
Er lachte nur und sagte dann: „Das ist die teuerste Pizza meines Lebens, Hermine! Ich hoffe, es wird auch die beste sein. Hast du unten den alten Steinofen gesehen?“

Während des Essens unterhielten sie sich über weitere Schritte bezüglich Mr. Hopkins. Sirius schlug vor: „Wir wissen ja, wo er wohnt. Wie wäre es, wenn man sich mit einem Desillusionierungszauber auf sein Grundstück wagt? Der wird uns nicht sehen können.“
Hermine schüttelte den Kopf und hielt dagegen: „Nein, man wird zwar unsichtbar, aber die Alarmanlagen würden trotzdem losgehen – das gilt auch für das Innere des Hauses, weswegen wir auch nicht einfach hineinapparieren können. Habt ihr nicht seine Luxusvilla gesehen? Der Knabe strotzt vor Geld. Der wird möglicherweise Wärmesensoren in seiner Überwachungstechnik integriert haben.“
Zusammenhanglos fragte Harry plötzlich: „Ob wir ohne Verhüllungszauber sein können, wenn wir wie jetzt allein sind oder wenn wir schlafen?“
„Nein, besser nicht, denn falls es einen Notfall geben sollte, dann darf dein Gesicht nicht dein echtes sein“, erwiderte Hermine. Gleich im Anschluss fügte sie schelmisch grinsend an: „Außerdem möchte ich dich noch eine Weile mit hellbraunen Haaren und blauen Augen genießen können!“
Er schnaufte und stichelte: „Du siehst aber auch nett aus. Zumindest hast du jetzt eine anständige Kurzhaarfrisur und keine langen buschigen Haare.“
Sie blickte ihn böse an, doch bevor sie kontern konnte, beteiligte Severus sich gelassen an dem amüsanten Gespräch und sagte, während er etwas Rotbarsch auf seine Gabel schob: „An Hermines Schopf ist absolut nichts auszusetzen; weder jetzt noch sonst.“

Von diesem Kompliment ganz verzückt streckte Hermine stolz den Rücken, lächelte zu Harry hinüber und streckte ihm übermütig die Zunge raus, während Sirius nur kicherte und Anne schmunzelte. Das Thema schien eigentlich abgehakt zu sein, doch Sirius verkniff es sich nicht zu sagen: „Ich finde, Severus sollte seinen Verhüllungszauber immer tragen. Steht ihm jedenfalls besser als…“
Jetzt schritt Hermine ein und revanchierte sich, indem sie Sirius unterbrach und versicherte: „Er muss gar nichts an sich ändern, aber du solltest öfter mal ein Hund sein! Zumindest wirkst du dann viel wohlerzogener.“
Sirius schaute Hermine böse durch zusammengekniffene Augen an, doch Anne lenkte ihn von seinem geübten „Nimm-das-zurück-Blick“ ab, weil sie plötzlich in herzhaftes Gelächter ausbrach und nur mühsam – ständig durch ihr eigenes Lachen sich selbst unterbrechend – zugab: „Genau das habe ich ihm vorhin auch gesagt!“ Harry lachte mit Anne mit, aber eher, weil sie selbst so sehr lachen musste.
Zu ihrer Linken hörte Hermine ein Schnaufen und sie bemerkte, dass Severus nur mit viel Mühe verhindern konnte, in das Gelächter einzustimmen.

„Wir sollten morgen Früh auf jeden Fall nochmal in den Park gehen, so wie heute“, schlug Severus vor, nachdem sie mit dem Essen fertig waren und alle stimmten ihm zu.

Den ganzen Abend über hatten sie darüber nachgedacht, ob man das Haus von Hopkins betreten sollte und wenn ja, wie sie das anstellen könnten. Nebenbei fragte Harry: „Wie sind eigentlich eure falschen Vornamen?“
Severus murmelte selbstverachtend: „Daran hätte ich früher denken müssen.“
Sofort griff Sirius das Gemurmel auf und fragte schelmisch provozierend: „Wir lassen ja in unserem Zweitjob ganz schön nach, nicht wahr?“
„Warum hätte gerade ICH daran denken müssen, dass jeder von uns den Namen des anderen kennen sollte, Black? Wollen Sie mich zum Leiter dieses kleinen Spionage-Unternehmens machen? Hüten Sie sich bloß, denn wenn ich hier das Sagen hätte, dann würden Sie als Hund draußen vor dem Hotel angekettet übernachten!“ Anne und Hermine konnten die Situation zum Glück sehr schnell wieder entspannen.

„Also, wie heißt ihr beide?“, fragte Harry an Severus und Hermine gerichtet. Er fügte für alle noch schnell an: „In meinem Ausweis steht Milton Ervine.“
„Milton?“, fragte Hermine ungläubig, bevor sie lachen musste. „Du siehst überhaupt nicht wie ein ’Milton’ aus.“
Harry blickte Severus fragend an und der erklärte mit Abscheu in der Stimme: „Mein falscher Vorname musste ausgerechnet ’Peter’ sein.“
Mit den Schultern zuckend erklärte Harry: „Peter Paris hört sich doch aber gut an.“ An Hermine gewandt wollte er ihren Namen hören, doch sie schien diesen Moment ein wenig hinauszögern zu wollen. Was konnte an einem falschen Vornamen schon schlimm sein, fragte sich Harry, bevor Hermine endlich antwortete.
Mit leiser Stimme offenbarte sie: „Der Vorname auf meinem falschen Ausweis lautet Brenda.“

Hermine machte gute Miene zum bösen Spiel und Harry machte es ihr gleich, denn keiner durfte wissen, dass sie den Namen Brenda in Bezug auf die Vergangenheit von Sirius und Severus kannten. Beide bemerkten jedoch, dass der Name Severus tief getroffen haben musste, denn der wurde still und beteiligte sich nicht mehr am Gespräch. Für nur einen Moment überlegte Harry, ob Sirius das böswillig gemacht haben konnte, doch der erklärte plötzlich für alle, während er sein Glas Cola anstarrte: „Ich konnte mir keine Namen für uns aussuchen. Es lag allein in Mundungus’ Händen, die Ausweise zu besorgen und mit unseren Bildern zu versehen.“

Es wurde immer später und niemand schien müde zu werden, bis Anne jedoch sagte: „Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich möchte langsam zu Bett gehen.“
Sirius schnaufte und begann sich erneut zu sträuben: „Ich werde nicht mit Severus…“
„Mr. Black“, unterbrach Severus ihn nach langer Zeit des Schweigens, „wir alle kennen bereits Ihre Meinung zu diesem Thema. Wenn Sie also keinen Vorschlag bezüglich der Bettenbelegung haben, dann sollten Sie in Erwägung ziehen, diese Entscheidung den restlichen Betroffenen zu überlassen.“

Nach langem Hin und Her hatte Hermine, bei der nun ebenfalls der Bettzipfel zog, die Nase gestrichen voll. Sie erhob sich und fragte: „Severus?“ Als er sie anblickte, erklärte sie: „Ich bin müde. Lassen Sie uns in unser Zimmer gehen. Ich denke, wir sind erwachsen genug, um gemeinsam in einem Bett übernachten zu können.“ Sirius blinzelte mit großen Augen, denn er hätte es niemals für möglich gehalten, dass jemand freiwillig mit Severus ein Zimmer teilen wollte.

Ohne zu Murren, aber auch ohne ein Wort zu verlieren, folgte Severus ihr hinüber in das andere Zimmer. Sie machte Licht und er beobachtete aufmerksam, welchen der Schalter man dazu betätigen musste. Der andere schien für den Ventilator zu sein, dachte er. Am Bett angelangt überkam ihn die gleiche Starre wie zuvor, doch Hermines Frage brachte ihn in die Realität zurück.

„Auf welcher Seite schlafen Sie in der Regel?“, fragte sie unbefangen. Ohne ihm Zeit für eine Antwort zu lassen suggerierte sie: „Ich schlafe gern näher an der… ähm… Toilette.“
„Das trifft sich gut. Ich nächtige gern in der Nähe des Fensters“, erwiderte er, woraufhin sie ihm einem fragenden Gesichtsausdruck zuwarf.
„Am Fenster? In den Kerkern haben Sie doch auch keine“, sagte sie verwirrt und er konnte keinen klaren Gedanken fassen, um etwas Intelligentes zu erwidern.

Hermine entledigte sich ihrer Schuhe und atmete danach erleichtert aus. „Was dagegen, wenn ich zuerst ins Bad gehe?“, fragte sie, ohne zu bemerken, dass sie derweil etwas errötet war.
„Nein, ähm, machen Sie nur, wie Sie möchten“, antwortete er, ohne ihr in die Augen zu blicken.

Er registrierte, wie sie einige Dinge aus ihrer Tasche entnahm, bevor sie im Bad verschwand. Kurz darauf hörte er schon das laufende Wasser.

Im Badezimmer ließ Hermine schon das Wasser in die Wanne laufen, bevor sie damit begann, sich zu entkleiden. Der Raum war voller Spiegel und in einem konnte man sich von oben bis unten betrachten. Schon nachdem sie ihre Jeans ausgezogen hatte, warf sie ihrem Spiegelbild einen sehr kritischen Blick zu, denn ihre Beine fand sie viel zu kräftig. Nachdem auch alle anderen Kleidungsstücke auf dem Boden gelandet waren, betrachtete sie sich ganz im Spiegel und dachte erschrocken: ’Oh Gott, ich habe einen Bauch!’
Der logische Teil ihres Gehirns konterte schnippisch: ’Der war schon immer da, du Dummchen! Er ist nur ein wenig üppiger als früher.’

Harry hatte Recht behalten. Sie hatte in den letzten Wochen zugenommen und wenn das Vollstopfen nicht langsam aufhören würde, wäre die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie die Kontrolle verlieren könnte. Ein prüfender Blick zur Wanne verriet, dass sie erst halbvoll war, so dass sie nochmals ihren Blick auf den Spiegel richtete. Sie versuchte angestrengt, sich objektiv zu betrachten, so als wäre die Frau im Spiegel nicht sie selbst und da dachte sie dann plötzlich: ’Sieht gar nicht so schlimm aus! Nicht gertenschlank, aber auch nicht zu drall. Eigentlich sogar hübsch.’

Ihre Erscheinung war kurviger als früher, wie sie zugeben musste. Sie drehte sich um 45 Grad und konnte bei dem Seitenanblick auch nicht meckern. Spielerisch haute sie sich selbst mit einer Hand auf den Hintern, nur um kurz darauf die andere Hand erschrocken vor den Mund zu halten und mit weit aufgerissenen Augen zur Badezimmertür zu blicken, weil das erzeugte Geräusch recht laut gewesen war.

Auf dem Bett sitzend suchte sich Severus aus seiner Tasche ein Nachthemd heraus, doch er zögerte und überlegte, ob er es nicht lieber in einen Pyjama verwandeln sollte, da hörte er plötzlich ein Geräusch aus dem Badezimmer, das sich wie ein Klatschen angehört hatte; wie ein Schlag mit der flachen Hand auf die Wange. ’Was zum Teufel macht sie nur im Badezimmer?’, fragte er sich still und schüttelte dabei gedankenverloren den Kopf.

Nach dem entspannenden Bad, welches sie wegen ihrer Müdigkeit nicht allzu lange genossen hatte, trocknete sie sich ab und kleidete sich in Harrys Bärchen-Pyjama, den er ihr geliehen hatte, weil ihre eigenen Schlafanzüge zu eng geworden waren. Einige ihrer Hygiene-Artikel platzierte sie in der Nähe des Waschbeckens, bevor sie sich noch schnell die Zähne putzte, um kurz darauf die Wanne auszuspülen und mit einem kleinen Handtuch zu trocknen, so dass Severus ein sauberes Bad vorfinden würde. Auch nasse Stellen am Boden beseitigte sie auf Muggelart, bevor sie mit der zusammengeknüllten Kleidung des Tages unter den Arm geklemmt das Badezimmer verließ.

Als sich die Tür öffnete, drehte Severus sich nicht um, horchte aber auf, als er Hermines Stimme hörte, die verlegen sagte: „Das Bad ist jetzt frei.“ Kurz darauf bewegte sich die Matratze und er wusste, dass sie sich aufs Bett gesetzt haben musste. Mit einer Hand griff er sich sein Nachthemd, doch dann hielt inne. Er konnte sich einfach nicht dazu überwinden, später nur mit einem Nachthemd bekleidet neben Hermine in einem Bett zu liegen. „Könnten Sie das Licht schon ausmachen? Ich bin hundemüde. Ich werde wahrscheinlich auf der Stelle einschlafen“, sagte sie bittend.
„Ja, sicher“, bestätigte er erleichtert. In der Hoffnung, sie würde längst schlafen, wenn er aus dem Bad kommen würde, griff er sich sein Nachthemd und einige andere Dinge, löschte das Licht und schloss die Badezimmertür von innen.

Zunächst inspizierte er das Badezimmer viel gründlicher als heute Mittag. Eine Badewanne war ihm natürlich vertraut wie auch die Hähne für warmes und kaltes Wasser; beides gab es auch in der Zaubererwelt. Die vielen Spiegel stachen sofort ins Auge und sie missfielen ihm. Er ließ sich das Badewasser ein, bevor er damit begann, sich zu entkleiden. Noch bevor er in die Wanne stieg, erblickte er seine dürre Gestalt im Spiegel, was ihn dazu veranlasste, sich selbst einen angewiderten Blick zuzuwerfen.

Eine ganze Weile, viel länger als Hermine, lag Severus bewegungslos und mit nachdenklicher Miene im Bad, bevor er wieder ausstieg. Schon während er sich abtrocknete, fiel sein Blick auf einige Gegenstände, die sie hier im Badezimmer zurückgelassen hatte. Nachdem er sich das Nachthemd übergezogen hatte, trat er an die Gegenstände heran und begutachtete sie. Eine kleine Dose in die Hand nehmend las er die winzige Schrift darauf: Feuchtigkeitscreme. Auf einem größeren Gegenstand las er mit innerer Stimme: ’Pflege-Shampoo – glättet widerspenstiges Haar.’ Severus bemerkte erst, dass ihn der Gedanke an Hermines Haare zum Lächeln gebracht hatte, als er sich wieder aufrichtete und sein plötzlich so befremdlich wirkendes Gesicht im Spiegelbild erblickte.

Er ließ sich viel Zeit im Bad und wie erhofft schlief Hermine bereits, als er sich neben sie ins Bett legte. Nachdem er unter die Decke geschlüpft war, blickte er einen Moment lang Hermine an, deren ruhige Atmung er vernehmen konnte. Kurz darauf blickte er zum Fenster hinaus, von dem aus er ein paar Sterne am Nachthimmel sehen konnte. Er ließ seinen Gedanken freien Lauf und er konnte es nicht verhindern, an Brenda zu denken.

Mitten in der Nacht wurde Hermine wach und der Grund dafür war schnell gefunden. Neben ihr hatte Severus einen äußerst unruhigen Schlaf. Er schien zu träumen und das auch noch so lebhaft, dass er sie ans Schienbein getreten hatte. Einen Moment lang überlegte sie, ob es besser wäre, ihren Professor ganz zu wecken oder vielleicht nur anzustoßen, damit er sich umdrehen und weiterschlafen würde. Sie hielt es für richtig, ihn nicht weiter leiden zu lassen und so riss sie sich zusammen und legte eine Hand auf seine Schulter, um ihn ein wenig zu schütteln.

„Severus?“, fragte sie leise in den dunklen Raum hinein.
Sie war erschrocken, als er blitzschnell nach ihrer Hand griff und schmerzvoll ihre Finger zusammendrückte. Er flüsterte immer wieder etwas Unverständliches, doch Hermine war damit beschäftigt, ihre Finger zu befreien. Vorsicht war nicht mehr geboten und so riss und zerrte sie an ihrer Hand, damit er endlich erwachte.
Im Dunkeln bemerkte sie, wie sich seine Augen geöffnet haben mussten, denn es glitzerte leicht an der Stelle, wo sie sich befinden mussten. Das Wort, welches er zuvor geflüstert hatte, warf er ihr jetzt in normaler Lautstärke an den Kopf, denn er sagte verachtend: „Schickse!“

Ihr Professor war nun erwacht. Er ließ ihre Hand los und schien darüber nachzudenken, ob er das eben wirklich gesagt oder nur geträumt hatte, doch Hermine nahm ihm die Aufgabe ab, nach einer Antwort zu suchen und sagte vorgetäuscht beleidigt: „Schickse? Na, hören Sie mal…“
„Ich…“, Severus hielt inne, aber atmete schwer.
Sie war nicht böse auf ihn. Er hatte einen Traum gehabt und das Schimpfwort musste einer Person aus ihm gegolten haben, weswegen sie ihm, um die Atmosphäre zu enteisen, nicht ernst gemeint und übertrieben schmollend vorwarf: „Erst treten Sie mir gegen das Schienbein und dann nennen Sie mich Schickse. Also wirklich…“
„Nicht doch Sie! Ich meinte doch nicht… Es war nur…“, versuchte Severus sich zu rechtfertigen, doch er konnte keinen klaren Gedanken fassen.
„Ich weiß schon, Sie hatten einen Traum. Das war auch der Grund, warum ich Sie geweckt habe“, erklärte sie beruhigend mit warmer Stimme.

Er rutschte etwas nach oben, um sich im Bett leicht aufzusetzen. Hermine bemerkte, dass der Traum ihn sehr mitgenommen haben musste, denn er führte eine zittrige Hand an seine Stirn.

„Was haben Sie denn geträumt?“, fragte sie freiheraus.
„Von“, er räusperte sich, „einer Bekannten.“

Sie erinnerte sich daran, wie offensichtlich Severus am vergangenen Abend auf den Namen „Brenda“ reagiert hatte. Natürlich kannte sie aus dem Tagebuch von Remus die Geschichte, die dahinter steckte, aber das wusste er nicht und es wäre besser, wenn das auch so bleiben würde.

„Hat das was mit einer ’Brenda’ zu tun?“, fragte sie geradeheraus. Er wandte seinen Kopf in ihre Richtung und sie ging davon aus, auch wenn sie es in der Dunkelheit nicht sehen konnte, dass er sie böse anblicken musste, weshalb sie erklärte: „Ich bin nicht blind, wissen Sie? Ich habe gemerkt, dass mein falscher Vorname Ihnen auf den Magen geschlagen ist. Handelte Ihr Traum von dieser Brenda?“
Nur leise gab er zu: „Ja.“
„Möchten Sie drüber reden?“
Wie aus der Pistole geschossen antwortete er barsch: „Nein!“

Langsam rutschte er wieder im Bett hinunter, um auf dem Rücken zu liegen und sie machte es ihm gleich. Beide starrten zur Decke hinauf, die nur wenig durch das spärliche Licht von draußen erhellt wurde.

„Wie spät ist es?“, fragte Hermine.
Sie hörte, wie Severus an seinem Schreibtisch herumkramte, bevor er antwortete: „Kurz vor fünf.“
„Ich kann nicht mehr schlafen“, nörgelte sie.
Severus fühlte sich dafür verantwortlich und sagte: „Verzeihen Sie, dass ich Sie geweckt habe.“

Nachdem sie sich einen Moment angeschwiegen hatte, fragte Hermine: „Vielleicht sollten wir einfach bei Mr. Hopkins an die Tür klopfen und Interesse an seiner Sekte vortäuschen?“
„Nein“, antwortete er augenblicklich. Sie wollte gerade etwas sagen, da fuhr er ihr über den Mund und erklärte: „Bedenken Sie die Möglichkeit, dass Mr. Hopkins Nachforschungen über Sie anstellen könnte, sollte er durch eine Fügungen des Schicksals dazu in der Lage sein, Ihre Identität festzustellen. Was, wenn er tatsächlich Zauberer unter seinen Anhängern hat? Die könnten Ihre Tarnung völlig unbemerkt von Ihnen mit Legilimentik aufdecken, Hermine. Mr. Hopkins hätte dann die Möglichkeit, die Menschen zu bedrohen, an denen Ihnen etwas liegt; Ihre Eltern.“ Severus seufzte, bevor er noch anfügte: „Man muss stets die Auswirkungen seines Handelns bis ins kleinste Detail bedenken, denn sonst…“ Er hielt inne.
„Mussten Sie so etwas schon einmal erleben? Ich meine, dass Sie unachtsam gewesen waren und jemand sein Leben lassen musste, weil Sie nicht alle möglichen Konsequenzen bedacht hatten?“, fragte sie mutig.

Sie rechnete schon gar nicht mehr mit einer Antwort. Es waren mindestens drei Minuten vergangen, da erwiderte Severus plötzlich schuldbewusst und schweren Herzens: „Dieser Fehler ist mir ein einziges Mal unterlaufen.“

Eine ganze Weile lagen sie still nebeneinander und starrten weiterhin zur Decke, bevor sie fragte: „An was denken Sie gerade?“
Sie vermutete, dass er an Brenda denken könnte, womöglich aber auch an seinen Traum mit ihr oder sogar an diesen schlimmen Fehler, den er in seinem Leben begangen hatte und der noch immer so schwer auf ihm zu lasten schien.
Entgegen ihrer Annahme erwiderte er jedoch leise: „Ich denke an meinen Hund.“
„Vermissen Sie ihn?“
„Ja.“

Nach einer kurzen Sprechpause offenbarte Hermine kindlich weinerlich: „Ich vermisse meinen Kniesel!“ Gleich im Anschluss wollte sie wissen: „Wo schläft Ihr Hund nachts eigentlich?“
„In meinem Bett, am Fußende. Er legt sich immer auf meine Füße und wärmt sie“, erklärte er mit leiser Stimme und gleich darauf dachte er, dass er diese Information eigentlich gar nicht hatte preisgeben wollen. Er war erleichtert, als er bemerkte, dass sie sich nicht über ihn lustig machte.
„Mein Kniesel legt sich immer auf meinen Bauch“, erzählte sie lächelnd.
„Haben Sie dem Kniesel schon einen Namen gegeben?“, fragte er interessiert.
„Nein, aber ich weiß jetzt, dass ich ihn weder Valentinus noch Brenda nennen werde“, erwiderte sie.
Severus schnaufte und sagte zynisch: „Oh, wie nett von Ihnen!“
Über seinen Tonfall nicht verärgert entgegnete sie fröhlich: „Tja, so bin ich nun mal.“

Die beiden unterhielten sich noch eine ganze Weile. Hermine drängelte nicht auf Antworten und Severus blockte daher nicht ab, so dass jeder zufrieden sein konnte. Als es langsam hell wurde, machten sie sich für den Tag startklar.

Am gemeinsamen Frühstückstisch war die Stimmung zwischen den fünfen anfangs gelassen, bis das Gespräch auf die Nacht gelenkt wurde, denn offensichtlich hatte auch Anne einen bösen Traum gehabt, der sie noch immer sehr aufwühlte und Harry hatte nicht schlafen können, weil drei Personen in einem Doppelbett definitiv zu viel gewesen waren, denn Sirius hatte sich kurzfristig dazu entschlossen, nicht in seiner Hundegestalt schlafen zu wollen.

„Wegen dir bin ich einmal aus dem Bett gefallen!“, meckerte Harry mit unterdrücktem Lächeln, doch Sirius grinste nur verschmitzt.
„Dafür hat Anne mir ins Gesicht geschlagen und…“
Anne unterbrach ihn und verteidigte sich: „Das war kein Vorsatz! Ich habe geschlafen und schlecht geträumt.“
An Hermine gewandt fragte Harry: „Hast du wenigstens gut geschlafen?“
Ohne Severus anzublicken, denn dann hätte sie gesehen, dass er ihre Antwort jetzt schon verteufelte, erzählte sie lächelnd: „Severus hat mir im Schlaf ans Schienbein getreten und mich beleidigt.“
„Beleidigt?“, fragte Harry neugierig nach.
Severus versuchte, sein Handeln zu erklären und gestand: „Ich habe von jemandem geträumt, dem ich nicht gerade freundlich gesinnt bin.“
Scherzend fragte Sirius: „Du hast aber nicht von mir geträumt oder?“
Severus schnaufte, blickte ihn böse an und schilderte ein fiktives Szenario: „Nein, habe ich nicht, denn wäre mir Ihr Gesicht untergekommen, Black, dann hätte ich Hermine im Schlaf sehr wahrscheinlich erwürgt.“ Hermine legte eine Hand an ihren Hals und blickte Severus ungläubig an, bevor sie lachen musste.
Harry lenkte von Severus’ Ernst gemeinter Bemerkung ab und fragte Hermine: „Wieso beleidigt? Was hat er gesagt?“
„Etwas, Harry, das ich niemals im wachen Zustand zu ihr sagen würde“, antwortete Severus an ihrer statt.
„Schon klar, aber was haben Sie gesagt?“, wollte Harry unbedingt wissen.
Hermine gab ihm endlich die Antwort und sagte: „Er hat die Person im Traum ’Schickse’ genannt.“

Harry lachte und sagte: „Hermine, du bist alles andere an das.“
Im gleichen Moment murmelte Sirius in sich hinein: „Kann mir schon denken, wer gemeint war…“
Sirius hatte nicht damit gerechnet, dass Severus ihn verstehen würde, doch das hatte er, so dass er fragte angriffslustig: „Haben Sie etwas zu sagen, Black?“ Sirius blickte auf und bemerkte, dass alle Augenpaare auf ihn gerichtet waren.
Er zuckte gelassen mit den Schultern und wiederholte: „Ich sagte nur ’Kann mir schon denken, wer gemeint war.’ Wegen der Ausweise musste ich auch an sie denken.“
„An wen?“, fragte Anne skeptisch, bis ihr Hermines falscher Vorname einfiel. „Brenda?“ Sirius verzog den Mund und antwortete nicht, so dass Anne anfing zu bohren: „Wer ist Brenda? Muss ich mir da jetzt Gedanken machen?“
Severus schnaufte wütend, blickte Anne an und sagte schief grinsend: „Möglicherweise?“
„Blödsinn, Severus. Hör auf mit dem Unfug!“, schimpfte Sirius zurück, damit Anne nicht verunsichert wäre.

Harry und Hermine versuchten gleichzeitig, mit netten Worten die Situation zu schlichten, aber niemand wollte sie hören, denn Sirius und Severus bekamen sich verbal in die Haare.

Um dem Streit ein Ende zu bereiten, sagte Sirius aufgebracht in Bezug auf Brenda: „Was regst du dich darüber überhaupt noch so auf? Sie war doch sowieso nur ein Flittchen!“
Severus stand so schnell von seinem Stuhl auf, dass der rücklings zu Boden fiel, bevor er zischelnd erwiderte: „Das war sie, aber erst, nachdem Sie mit ihr fertig waren!“ Dann verließ er das Zimmer, warf die Tür jedoch nicht ins Schloss, sondern zog sie leise zu.

Hermine blickte noch einen Moment zur geschlossenen Tür, bevor sie Sirius böse anstarrte, der seine Augen jedoch auf den Frühstücksteller gerichtet hatte.

„Toll, Sirius. Wirklich prima gemacht. Du bist echt ein Kindskopf, weißt du das? Werd’ endlich erwachsen!“ Dann verließ auch Hermine das Zimmer, doch sie warf die Tür aufgebracht hinter sich zu.

In ihrem gemeinsamen Zimmer traf sie Severus nicht an, weswegen sie nach unten in die Halle lief und gleich darauf nach draußen. Sie eilte in Richtung Park, den von gestern schon kannte und dort fand sie ihn tatsächlich. Er hatte mit gesenktem Haupt und mit hinter dem Rücken sich haltenden Händen einen kleinen Weg eingeschlagen. Sie holte ihn flugs ein und lief neben ihm her. Einen Moment lang glaubte er, sie würde mit ihm reden wollen, aber sie sagte kein Wort, sondern ging nur an seiner Seite und genoss das Herbstwetter und die frische Luft.
Zuletzt geändert von Muggelchen am 10.03.2009 19:50, insgesamt 1-mal geändert.
Three Characters in Search of an Exit - eine Satire mit Harry, Hermine und Severus
~ Muggelchen.net ~

Benutzeravatar
Muggelchen
EuleEule
Beiträge: 345
Registriert: 07.06.2008 22:29
Wohnort: Gemälde im 1. Stock

Beitrag von Muggelchen »

Im Hotelzimmer hatte sich Anne mächtig über Sirius aufgeregt, aber am meisten interessierte sie wohl, wer die genannte Dame gewesen war und was es mit ihr auf sich hatte, doch Sirius hielt den Mund, so dass Anne stinksauer ihre Jacke nahm und grantig sagte: „Ich brauche dringend frische Luft!“

Als man die Tür zuschlagen hörte, blickte Sirius auf und er bemerkte, dass Harry ihn mit enttäuschter Miene anschaute. „Ich geh ihr besser nach oder?“, fragte Sirius mit schwacher Stimme, die ahnen ließ, dass er die Situation wahrlich bereute.
„Nein, Sirius. Du bist als Tatze hier. Du kannst nicht einfach…“
„Wozu bin ich ein Zauberer, Harry?“, fragte Sirius, der sich gleich darauf erhob und mit einem lauten Plop verschwand.
„Prima“, sagte Harry zu sich selbst, bevor er seufzte. „Jetzt ist zumindest bewiesen, dass unsere Mission den Bach runter ist!“

Obwohl er es nicht tun musste, stellte er die Teller des verzehrten Frühstücks auf ein großes Tablett, damit die Tische frei geräumt waren, wovon er einen gleich per stab- und wortlosen Zauber verschwinden ließ sowie auch die drei Stühle, die nicht ins Zimmer gehörten.

Als er das volle Tablett in der Hand hielt, um es draußen auf den Flur zu stellen, da hörte er hinter sich, wie die Tür öffnete wurde. Harry wusste nicht, wer von den vieren als Erster zurückkommen würde und so schaute er gespannt auf die Tür, die mit einem Male weit aufgestoßen wurde.

Das Blut gefror ihm in den Adern und er ließ vor lauter Furcht das Tablett fallen, welches laut klirrend auf den Boden aufschlug. Die Person näherte sich ihm und hielt beide Hände in beschwichtigender Geste nach oben, doch die Angst wurde ihm damit nicht genommen. Allein beim Anblick der Gestalt begann Harry aufgeregt zu atmen.

Dann sprach die Person zu ihm: „Ihr müsst sofort abreisen, Harry, hörst du? Wenn sie zurückkommen, dann müsst ihr auf der Stelle aus Aberdeen verschwinden, denn sonst geschieht etwas ganz Fürchterliches!“

Die Person hatte sehr ruhig gesprochen, doch der Inhalt der Worte war beängstigend gewesen. Harrys ganzer Körper zitterte und er überlegte, ob er fragen sollte, wie das überhaupt möglich sein konnte, doch als hätte sein unheimlicher Besucher die in Gedanken gestellte Frage gehört, antwortete er: „Zeitumkehrer, Harry! Ich dachte eigentlich, nach dem kleinen Erlebnis in der dritten Klasse würde ich nicht so erschrocken reagieren, wenn ich mich mal selbst sehen würde, aber du wirst das schon verkraften. Packst du das, Harry?“ Harry blickte seinen Doppelgänger an und nickte heftig. „Gut! Dann hör mir jetzt genau zu: Ihr fünf verschwindet von hier! Morgen besorgst du dir eine Ausgabe der ’Muggelpost’ und du wirst eventuell erfahren, was hier geschehen ist.“

Endlich konnte Harry den Mut fassen, seinem zweiten Ich eine Frage zu stellen, wenn auch nur mit kaum vernehmbarer Stimme: „Was wird hier passieren?“
„Nein, das werde ich dir nicht sagen. Möglicherweise verläuft nämlich alles anders, wenn ihr nicht hier seid. Vielleicht geschieht dann auch rein gar nichts, aber wer weiß das schon?“

Harrys Doppelgänger setzte sich aufs Bett, um weniger einschüchternd zu wirken, bevor er mit ruhiger Stimme erklärte: „Hermine hatte mal gesagt, dass Zauberern, die mit der Zeit spielen, schlimme Dinge passieren würden und Albus hatte einmal erwähnt, dass man von niemandem gesehen werden dürfte.“ Harry erinnerte sich an diese Momente und sein zweites Ich erkannte das und schilderte gleich darauf: „Ich hatte sehr viel Zeit, um darüber nachzudenken und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass diese Ansichten völliger Blödsinn sind. Es wäre von Hermine doch ziemlich gewagt gewesen, ständig zeitgleich in zwei Klassen aufzutauchen, denn so etwas muss doch irgendwann herauskommen; und das war auch noch vom Ministerium genehmigt! Schüler reden doch miteinander über ihren Unterricht und neben wem sie gesessen haben. Hermine war als Schülerin immer sehr aktiv gewesen und hatte sich mit ihrer Fragerei sehr präsent verhalten. Nicht nur Ron und mir war in dieser Hinsicht aufgefallen, dass Hermine im dritten Schuljahr ganz plötzlich irgendwo aufgetaucht war. Und warum sollte man sich nicht selbst begegnen dürfen? Ich weiß ja, dass du seit der dritten Klasse häufig überlegt hast, wie du reagieren würdest, stünde eines Tages dein zukünftiges Ich vor dir. Ich weiß es, denn ich bin ja du! Und außerdem vertraue ich mir in dieser Angelegenheit am meisten.“ Der Harry aus der Zukunft warf Harry ein sanftes Lächeln entgegen.
„Warum“, Harry musste kräftig schlucken, „hast du dich für eine Zeitreise entschieden?“

Das Gesicht seines Ebenbildes verzog sich mit einem Male vor Schmerz, bevor er schweren Herzens antworten konnte: „Weil Anne und ich als Einzige… als Einzige…“ Er konnte den Satz nicht zu Ende bringen.
„Aus welcher Zeit kommst du?“, fragte Harry neugierig, denn sehr viel älter sah der andere Harry nicht aus.
Hier antwortete sein zukünftiges Ich sehr viel sicherer: „Ein Jahr und zwei Monate nach dem heutigen Tag.“
„Warum hast du dich so spät dazu entschlossen herzukommen?“, wollte Harry wissen.
„Weil ich erst so spät aus dem Mungos entlassen werden konnte. Ihr müsst gehen, Harry, verändere meine Zukunft, bitte!“, flehte sein älteres Selbst.
„Aber wenn wir heute abreisen und wir damit die Zukunft ändern und du zurück in deine Gegenwart gehst, dann sind die Dinge um dich herum doch nicht mehr die gleichen und du wirst nicht wissen, was sich alles verändert…“
Harry wurde von seinem Doppelgänger unterbrochen, der kurz auflachte und erklärte: „Glaub mir, ich habe mich zur Genüge mit diesem Thema auseinandergesetzt. Zeitreisen sind völlig unlogisch! Sie erzeugen Paradoxa und Endloszeitschleifen, aber das Ding hier“, Zukunfts-Harry zog einen Zeitumkehrer aus seiner Tasche und ließ ihn an der Kette hin und her baumeln, „ermöglicht magische Zeitreisen. Die sind noch viel, viel unlogischer, aber wesentlich besser zu handhaben. Es wird keine Endloszeitschleife entstehen, die dich zwingen wird, in einem Jahr und zwei Monaten eine Reise zu unternehmen, um dich selbst zu warnen, wie ich es jetzt gerade mache. Verstehst du?“

Harry verstand überhaupt nichts und schüttelte daher den Kopf. Er wusste lediglich, dass er selbst in der Zukunft eine Zeitreise gemacht haben musste, um sich heute davon zu überzeugen, aus Aberdeen abzureisen. Noch immer war er im Unklaren darüber gelassen worden, was geschehen würde, wenn sie hier bleiben sollten.

„Was, wenn du gar nicht ich bist?“, fragte Harry unsicher, denn es war nicht auszuschließen, dass sich jemand mit Vielsafttrank einen Scherz erlaubte, doch wenn ja, wer sollte das sein?
„Frag mich was!“, forderte sein zukünftiges Ich.

Harry überlegte sehr lange und nutzte derweil seine Fähigkeiten in Okklumentik, damit er seine Gedanken vor Angriffen schützen konnte. Er überlegte, was er fragen könnte, das nur wenige oder gar nur er selbst wusste. Dann fiel ihm plötzlich etwas ein und er fragte: „Was hat Ginny vor unserer ersten Nacht zu mir gesagt, als ich ihr mein Herz geschenkt habe?“
Der andere Harry lächelte verträumt, als würde er sich selbst daran erinnern können und wie es schien, tat er das auch, denn er antwortete ganz richtig: „Sie sagte ’Dann nimm meines; was soll ich mit zweien anfangen?’ und dabei hat sie so süß gelächelt.“
’Oh ja’, dachte Harry, ’wenn er sogar das Lächeln erwähnte, dann war die Person vor ihm er selbst.’

Sein Doppelgänger unterbrach die romantischen Erinnerungen und sagte: „Ich weiß nicht, ob ich später vielleicht nochmal kommen werde. Erstrangig müsst ihr hier weg! Hermine und Severus sind im Park und werden als Erste zurückkommen. Anne und Sirius kommen gegen halb zwei – da solltet ihr schon alle Sachen gepackt haben, damit ihr unverzüglich abreisen könnt. Erzähl ihnen irgendwas vom Pferd, aber bloß nicht, dass du eine Zeitreise gemacht hast, um dich selbst zu warnen!“

Das Einzige, was Harry herausbringen konnte, war: „Okay!“
Three Characters in Search of an Exit - eine Satire mit Harry, Hermine und Severus
~ Muggelchen.net ~

Antworten