Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - BEENDET

Hier könnt ihr eure Fanfictions und Gedichte zu Harry und seiner Welt vorstellen.

Moderator: Modis

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Bertram
KnuddelmuffKnuddelmuff
Beiträge: 82
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Beitrag von Bertram »

woooow
ich hab zwar kein kapitel gelesen (zu faul :engel: )
aber respekt für deine Schreibkunst und die ausdauer!*hut zieh*

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Muggelchen
EuleEule
Beiträge: 345
Registriert: 07.06.2008 22:29
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Beitrag von Muggelchen »

Liebe Leser,

die Gewinner des Fanfiction General Award wurden bekanntgegeben. Ich war ja schon erstaunt, dass ich überhaupt nominiert war. Dass ich in beiden Kategorien gewinne, hat mich aber doch überrascht. Warum? Weil in der kurzen Zeit kein Leser, der die Geschichte noch nicht kennt, die Zeit gehabt hätte, sie „mal eben“ für die Votingphase durchzulesen. Es können nur die Leser gewählt haben, die die Schatten-FF schon eine Weile verfolgen. Mein Dank geht an genau diese treuen Seelen, die die Geschichte nominiert und für sie gestimmt haben. Weil ich die anderen FFs nicht kannte und es verkehrt finde, für die eigene zu wählen, habe ich die Veranstaltung nur passiv verfolgt. John hingegen hat für zwei Geschichten bei den abgeschlossenen FFs gestimmt und die haben sogar beide gewonnen. An dieser Stelle möchten wir den Veranstaltern des FFGA für die viele Mühe danken und allen anderen Gewinnern unseren Glückwunsch zum gewonnenen Award aussprechen.

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Nun zu den Reviewantworten. :)

Hi Lily Luna,

da kann ich nur danke sagen. Ich frage ja immer gern nach, welche Handlung dem Leser am besten gefällt. Ich hoffe, du verrätst es mir :wink:

Hallo Rhea,

irgendjemand wird Remus schon den Kopf waschen. Wegen so einer dummen Bemerkung von Severus sollte man keine Verlobung lösen. In diesem Sinne brauchst du dir keine Sorgen zu machen, da wird bestimmt einer eingreifen :)
Snape wird Hermines Auszug vielleicht sogar persönlich nehmen, aber abwarten ...

Hallo Bertram,

kein Kapitel gelesen und doch eine positive Review? Ich weiß nicht recht, wie ich das auffassen soll. Ausdauer habe ich allerdings wirklich - in so ziemlich allen Lebenslagen, nur nicht beim Haushaltsputz. :wink:

Liebe Grüße und
viel Spaß beim Lesen,
Muggelchen







119 Größenwahn




Am nächsten Morgen meldete sich Wobbel bei Harry ab, weil er einen Termin im Ministerium hatte. Es war dem Hauself anzusehen, dass er Angst hatte, doch Harry beschwichtigte ihn und sagte: „Kingsley ist ein ganz Netter. Tu dir selbst den Gefallen und antworte auf seine Fragen ehrlich.“ Harry kniete sich vor Wobbel nieder und fügte hinzu, weil er das als Meister machen musste: „Meine Erlaubnis, ehrlich zu sein, hast du auf jeden Fall.“

Für seine Verabredung mit Kingsley wählte Wobbel den Anzug, den Harry ihm zusammen mit anderen Kleidungsstücken als Arbeitskleidung zur Verfügung stellte. Er hatte sich damals nicht zwischen den fünf von Hermine gezeichneten Entwürfen entscheiden können. Jede Kleidung hatte ihren Vor- und Nachteil. Während zum Arbeiten Stoffhose und Pullover bequem waren, hielt er für den heutigen Besuch den Anzug für angemessen, denn immerhin würde Wobbel in der Öffentlichkeit auch seinen Meister repräsentieren.

Mit einem flauen Gefühl im Magen apparierte Wobbel pünktlich vom Wohnzimmer direkt in Kingsleys Büro. Der große Mann erschrak, als der kleine Kerl vor ihm stand. Er schaute auf die Uhr und sagte lächelnd: „Sie sind äußerst pünktlich, Mr… ähm…“
„Nennen Sie mich einfach beim Namen, Sir. Ich heiße Wobbel“, erklärte der Hauself, während er verlegen mit seinen Fingern spielte.

Von oben bis unten blickte Kingsley seinen Gast an, bis er sagte: „Entschuldigen Sie, aber es ist äußerst selten, einen angekleideten Hauself zu sehen und dazu noch einen, mit einem so eleganten Stil.“ Kingsley lächelte Wobbel zu, deutete mit einer Hand auf eine Sitzecke und sagte: „Nehmen Sie doch bitte Platz. Etwas Tee?“

Wobbel fielen wegen der Nettigkeit des dunkelhäutigen Mannes fast die eh schon so großen Augen aus dem Kopf, doch er setzte sich auf das gemütliche Sofa und ließ sich einen Tee einschenken. Der Hauself war sehr aufgeragt, was Kingsley nicht verborgen blieb.

„Sie sind nicht zu einem Verhör hier, sondern als mein Gast. Entspannen Sie sich bitte. Ich habe nur einige Fragen, weil ich momentan in einer Sackgasse stecke“, sagte Kingsley mit seiner beruhigen Stimme und die schien auch auf Elfen zu wirken, denn Wobbel entspannte sich sichtlich.
„Sie benötigen meine Hilfe, Sir?“, fragte Wobbel vorsichtig nach.
„Ja, die benötige ich. Es gibt viele Ungerechtigkeiten, die die Zauberer den Hauselfen antun und daher bin ich dabei, das Gesetz für die Zusammenarbeit von Zauberern und Hexen mit Elfen gesetzlich zu regeln“, erklärte Kingsley gewissenhaft. „Haben Sie bereits einer anderen Familie gehört, bevor Sie in Harrys Dienste getreten sind?“
Wobbel war begeistert, dass sein Gastgeber ihn höflich siezte, ihm neben einem Platz auch noch Tee und Gebäck angeboten hatte und nun etwas Smalltalk führen wollte, so dass er ehrlich antwortete: „Nein, Sir. Mr. Potter ist mein erster richtiger Meister.“
„Darf ich fragen, wie alt Sie sind?“, wollte Kingsley bitten.
„Ich bin dreiunddreißig Jahre alt, Sir.“
„Sofern meine Informationen stimmen, werden Hauselfen, die das zwanzigste Lebensjahr vollendet haben, der Abteilung für die Neuzuteilung unterstellt. Haben Sie so lange darauf warten müssen, bis jemand Sie angefordert hat?“
Wobbel blickte auf seine Hände und sagte beschämt: „Ich war bei einigen Familien zur Probe, doch ich war nicht vermittelbar. Niemand war zufrieden mit mir.“
Diese Aussage erstaunte Kingsley, denn wenn es etwas an diesem Hauself auszusetzen gäbe, hätte Harry sich sicherlich dazu geäußert, so dass er wissen wollte: „Wieso war niemand mit Ihnen zufrieden?“
Der Elf seufzte, doch er hatte von seinem Meister die Erlaubnis bekommen, ehrlich antworten zu dürfen und so sagte er: „Ich habe zu vorausschauend gearbeitet, Sir. Das hat den Meistern nicht gefallen.“ Kingsley stutzte, so dass Wobbel ein Beispiel nennen wollte: „Ich habe Aufgaben erledigt, bevor meine Herren es mir aufgetragen haben und dann, als sie mir die Anweisung gegeben haben, habe ich gesagt, dass ich dies schon erledigt hätte. Das hat ihnen nicht gefallen, Sir. Ich war ihnen zu selbständig. Ich glaube, Sie haben gedacht, ich würde sie veralbern.“
„Wie empfinden Sie die Arbeit bei Harry?“
„Mr. Potter trägt mir ja so gut wie keine Arbeiten auf. Einzig morgens bis zum Unterrichtsende bin ich für das Kind verantwortlich, aber mehr habe ich nicht zu tun, Sir“, sagte Wobbel etwas traurig.
„Dann haben Sie viel Freizeit“, stellte Kingsley fest und Wobbel nickte zustimmend. „Darf ich fragen, ob Sie noch immer in Harrys Diensten stehen?“
„Warum fragen Sie das, Sir? Natürlich ist Mr. Potter mein Meister“, antwortete der Elf.
Kingsley lächelte amüsiert und erklärte: „Sie tragen Kleidung. Ich kenne nur den Elf Dobby, der Kleidung trägt, weil er als freier Elf für Professor Dumbledore arbeitet.“
„Ein freier Elf, Sir?“, fragte ungläubig Wobbel nach.
„Ja, er ist frei und verdient sein Geld, wie er es möchte. Warum tragen Sie Kleidung?“

Wobbel erinnerte sich an den Moment, als sein Meister ihm die Entwürfe gezeigt hatte, denn er hatte damals befürchtet, dass er sich erneut einen Fehltritt erlaubt haben musste, weswegen man ihn loswerden wollte.

„Mr. Potter ist der Ansicht, dass mein Auftreten als sein Hauself repräsentativ sein würde und er daher nicht möchte, dass ich in Lumpen gehüllt bin. Er hat mir aus diesem Grund Arbeitskleidung gestellt, Sir“, erwiderte Wobbel.
„Gefällt Ihnen die Kleidung?“, wollte Kingsley wissen.
Einen Moment überlegte Wobbel, ob dies in irgendeiner Hinsicht eine Fangfrage sein könnte, doch sein Gastgeber war so nett, wie sein Meister es versichert hatte und daher antwortete er: „Ja, Sir. Es lässt sich besser arbeiten, wenn man nicht ständig mit seinem Leinenhemd irgendwo hängen bleibt oder darüber stolpert. Es ist angenehm zu tragen.“
„Würden Sie denken, dass andere Hauselfen ebenfalls Gefallen an normaler Kleidung finden würden?“
Freudig stellten sich Wobbels Ohren auf, bevor er lächelnd erwiderte: „Ich bin mir ganz sicher, Sir, dass jeder Elf Kleidung mögen würde. Aber nur Arbeitskleidung, denn sonst…“ Sonst würde der Elf aus den Diensten entlassen werden, sollte man ihm eigene Kleidung schenken.

Verständnisvoll nickte Kingsley, bevor er dem Elf einen Teller mit Keksen unter die Nase hielt. Wobbel griff zu und aß einen Keks mit Haselnüssen, während er der tiefen Stimme seines Gastgebers lauschte, der sagte: „Was würden Sie davon halten, Wobbel, wenn jeder Hauself nicht nur eigene Kleidung tragen, sondern für seine Arbeit auch entlohnt werden würde.“

Sofort wollte Wobbel widersprechen, denn das würde ja bedeuten, jeder Hauself wäre frei. Er holte Luft, doch anstatt mit einem Gegenargument aufzuwarten, verschluckte sich der Elf an einem Krümel. Dem hustenden Elf half Kingsley mit einem Zauberspruch, den die Speiseröhre von Fremdkörpern befreite, so dass Wobbel wieder sprechen konnte.

„Aber Sir? Das wäre nicht gut! Dann hätte kein Elf mehr einen Meistern, sondern nur einen Arbeitgeber. Die innige Bindung wäre nicht mehr da; die familiäre Symbiose, auf der die Kultur der Hauselfen aufbaut. Das geht nicht! Sie dürfen per Gesetz nicht alle Hauselfen zu freien Elfen machen. Wir sind da, um zu helfen!“
„Sie sprechen von einer familiären Symbiose, doch das würde bedeuten, dass nicht nur der Mensch vom Elf profitiert, sondern auch umgekehrt. Momentan sind die Menschen die Nutznießer dieser Verbindung und die Elfen sind deren Sklaven“, erklärte Kingsley es dem Gast aus seiner Sicht.
„Aber es ist ja bestimmt nicht bei allen Elfen so oder? Es soll doch ein Geben und Nehmen sein. Die Menschen geben uns ein Zuhause und im Gegenzug lassen wir sie an unserer Magie teilhaben. So sollte es sein“, sagte Wobbel ein wenig wütend, denn er befürchtete, die Menschen würden Gesetze schaffen, die den Elfen von Nachteil sein könnten.
„Ist es denn auch so, wie Sie es beschrieben haben, Wobbel?“, fragte Kingsley, der genau wusste, dass Wobbel diese Frage nicht bejahen konnte und tatsächlich äußerte sich der Elf nicht dazu. Beruhigend fügte Kingsley hinzu: „Machen Sie sich keine Sorgen. Das Ministerium wird nichts tun, das dem Willen der Elfen nicht entsprechen würde. Das ist der Grund, warum Sie heute bei mir sind. Meine Familie hatte nie einen eigenen Hauself, aber von anderen Familien weiß ich, dass Elfen meistens schlecht behandelt werden. Natürlich können Sie das nicht wissen, weil Harry ihr erster Meister ist und der…“

Plötzlich erschien ein anderer Elf in Kingsleys Büro. Kingsley erhob sich und grüßte den anderen: „Hallo Dobby, du bist etwas zu früh, aber nimm ruhig schon Platz.“
„Guten Tag, Mr. Kingsley, Sir. Dobby hatte gedacht, er könnte schon etwas früher kommen, aber wenn Dobby stören sollte…?“
„Nein, setz dich ruhig“, sagte Kingsley, so dass Dobby auf einem Sofa Platz nahm.

Die beiden Elfen blickten sich neugierig an. Dobby hatte den anderen Elf erkannt, denn das war der, der in der Küche gewesen war, um die verschwundenen Pergamentrollen zu suchen.

Kingsley stellte die beiden vor: „Wobbel, das ist Dobby. Ein freier Hauself, der in Hogwarts arbeitet.“ Dobby war vor Stolz die Brust angeschwollen, als er eben ein „freier Hauself“ genannt worden war. „Dobby, das ist Wobbel. Er ist der Elf von Harry.“
Mit großen Augen fragte Dobby nach: „Harry Potter? Oh, Harry Potter ist ein so großzügiger Mensch. Wenn Dobby einen Meister haben wollte, dann nur ihn, ganz gewiss.“

Während Kingsley das Gespräch mit beiden Elfen gleichzeitig führte, was dafür sorgte, dass die beiden sich wegen der verschiedenen Meinung über freie Elfen ein wenig in die Haare bekamen, saß in einem anderen Büro des Ministeriums Rosalind über der Akte Malfoy. Der Termin war nun auf den zwölften Januar festgelegt, aber schon jetzt machte sie sich Sorgen. Sie hoffte, dass Malfoy vorher tot umfallen würde, denn sollte er den Termin wahrnehmen, dann müsste sie ihm gegen ihren Willen die Daumen drücken, weil ihr Familienleben bis zum Ende der Verhandlung am seidenen Faden hängen würde. Sollte das Ergebnis der Verhandlung nicht seinen Wünschen entsprechen, würde er einige Menschen von ihren gesellschaftlich hohen Podesten stoßen und – so schätze sie ihn ein – noch ein wenig auf ihnen herumtreten.

In wieder einer anderen Ecke des Ministeriums nahm eine ältere Mitarbeiterin eine Akte zur Hand, auf welcher ebenfalls der Name „Malfoy“ zu lesen war. Sie blätterte die letzte Korrespondenz durch, las einige Abschnitte und begann dann, ihrer magischen Feder zu diktieren.


„Sehr geehrte Mrs. Malfoy,

als Bestätigung zu unserem letzten Schreiben vom September dieses Jahres übersenden wir Ihnen die Besitzurkunden Ihrer Grundstücke und der darauf befindlichen Gebäude.

Die Berechtigung, unten aufgelistete Anwesen betreten zu dürfen, ist ab dem 21. November dieses Jahres gegeben. Bitte sehen Sie aufgrund der ministeriumseigenen Schutzzauber davon ab, die Immobilien vorzeitig aufzusuchen. Bei Zuwiderhandlung haftet das Ministerium nicht für möglicherweise auftretende Schäden.

Das beiliegende Bestätigungsformular für den Erhalt der Unterlagen senden Sie bitte umgehend ausgefüllt an uns zurück.

Mit freundlichen Grüßen,
Svetlana Benim
-Sachbearbeiterin-“


Die Mappe mit den Unterlagen wurde zusammen mit dem Schreiben in einen Umschlag gesteckt, bevor er zur Postabteilung des Ministeriums gesandt wurde, wo man ihn per Eule verschicken würde.

Es war nicht nur eine Eule, die sich durch Schneeböen den Weg nach Hogwarts erkämpfte, denn kurz vorm Frühstück kamen die Posteulen durchs Dach geflogen. Montags brachten sie immer mehr Post als an den restlichen Wochentagen.

Am heutigen Morgen war Harry mit dem Hund draußen gewesen, weswegen Hermine Severus erst am Lehrertisch traf. Kaum einer nahm es wegen der vielen Eulen wahr, doch zumindest Harry war Severus’ untypisches Verhalten aufgefallen. Bei Hermines Erscheinen hatte sich sein Kollege von seinem Platz erhoben, um seiner Schülerin den Stuhl vom Tisch zu ziehen. Gesellschaftliche Umgangsformen waren an sich nicht Severus’ Stärke. Hermine stutzte, nahm jedoch mit einem knappen „Dankeschön“ Platz.

Eine Eule landete direkt vor Hermine, so dass sie gleich den Brief entnahm und der Eule ein wenig Toastbrot gab. Severus beäugte den Umschlag unauffällig aus den Augenwinkeln, konnte jedoch zu wenig erkennen. Es war auch Harry nicht entgangen, dass seine Freundin einen Brief erhalten hatte, weswegen er ungeniert fragte: „Von wem ist der?“
Sie blickte auf den Umschlag und antwortete lächelnd: „Von Viktor.“ Severus äußerte sich nicht dazu und schenkte Hermine ungefragt etwas Tee ein, was sie mit einzig mit einem Kopfnicken dankte.
„Was schreibt er?“, wollte Harry wissen.
„Dazu muss ich den Brief erst einmal lesen, Harry“, sagte sie schelmisch.

Nachdem Hermine den Brief gelesen hatte, sagte sie Severus ignorierend zu Harry: „Er ist wieder Vater geworden, schreibt er. Diesmal Zwillinge.“
„Zwillinge?“, wiederholte Harry erstaunt. „Wie viele hat er denn jetzt?“
„Mit den beiden neuen jetzt sechs“, antwortete sie schmunzelnd.
Endlich meldete sich Severus zu Wort, denn er sagte amüsiert: „Ich hätte nicht gedacht, dass ein Profispieler die Zeit für so eine große Familie aufbringen könnte.“
Harry blickte seinen Kollegen an und fragte verwundert: „Haben Sie davon gar nichts in den Zeitungen gelesen als Sie… ähm… unterwegs waren?“ Er wollte nicht das Wort „Flucht“ in den Mund nehmen, doch Severus verstand, auf welchen Abschnitt seines Lebens angespielt worden war.
„Nein, was gibt es da Besonderes zu wissen?“
Wieder war es Harry, der erklärte: „Voldemort dachte, er hätte in Durmstrang leichtes Spiel, weil die dort auch schwarze Magie auf dem Lehrplan stehen haben, aber als ein paar Todesser die Schule aufgesucht hatten, um die Schüler für ihre Sache zu begeistern, da kam es zu Auseinandersetzungen. Die Schulleiterin ist getötet worden und da sind die Schüler zusammen gegen die sechs Männer angetreten. Keiner der Todesser hat das Gebäude lebendig verlassen! Kaum ein Schüler ist verletzt worden, weil sie sich mit schwarzer Magie verteidigt hatten, aber Viktor hat es böse erwischt. Er hat gerade den letzten Eindringling auf dem Dach überwältigt, da wird er doch noch von einem Fluch des sterbenden Todessers getroffen und fällt vier Stockwerke nach unten zu Boden. Seine Hüfte ist seitdem im Eimer und er kann sich nicht mehr auf einem Besen halten.“
„Und welcher Beschäftigung geht Mr. Krum jetzt nach?“, wollte Severus wissen.
Mit einem Schalk im Nacken antwortete Harry: „Na, das hat Hermine doch eben vorgelesen.“
„Harry!“, sagte Hermine vorwurfsvoll. An Severus gerichtet erklärte sie: „Devlin Whitehorn ist vor einigen Jahren an Viktor herangetreten und seitdem arbeitet er als Berater für die Firma ’Nimbus Rennbesen’, was nicht gerade schlecht bezahlt wird. Dass Harry seine Finger da mit im Spiel hatte, muss Viktor nicht wissen.“
Severus grinste hämisch und fragte seinen Kollegen spottend: „Seit wann frönen Sie einer so manipulativen Beschäftigung?“
„Na ja, ich hatte ja den besten Lehrer in dieser Angelegenheit“, antwortete Harry und blickte demonstrativ zu Albus hinüber. Hermine und Severus folgten seinem Blick.

Albus bemerkte die drei Augenpaare auf sich, wandte sich ihnen mit einem strahlenden Lächeln zu und winkte fröhlich, bevor er sich wieder einem Gespräch mit Minerva widmete.

„Verstehe“, murmelte Severus. „Aber lassen Sie es sich gesagt sein, dass ich sehr unangenehm werden kann, sollten Sie Ihre Spielchen mit mir…“
„Um Himmels Willen, nein! Da hätte ich viel zu viel Hemmungen, Severus“, versicherte Harry. Weil Severus die Stirn runzelte, erklärte Harry: „Wenn Sie erst einmal in die Luft gehen… Nein danke, ich weiß, wie Sie sein können. Mit Ihnen möchte ich wirklich nicht aneinander geraten wie es anderen schon passiert ist.“
Seinen Tischnachbarn anblickend sprach Severus das Einzige an, was er mit Harrys Aussage in Verbindung brachte, denn er versicherte: „Das mit Lupin lag nicht in meiner Absicht. Ich habe mir lediglich einen Kommentar erlaubt; für Lupins Handeln bin ich nicht verantwortlich.“
Diesmal runzelte Harry die Stirn und weil Severus keine Erklärung gab, sagte Hermine, die alles gehört hatte, mit wütend zischender Stimme: „Remus hat sich von Tonks getrennt, weil Severus ihm suggeriert hat, er könnte ihrem Kinderwunsch nicht entsprechen.“
Harry fielen fast die Augen aus dem Kopf, bevor er Severus fragte: „Ist das wahr?“
„So kann man es nicht...“
Severus wurde von Harry unterbrochen, der Hermine nochmals fragte: „Ist das wahr?“
„Ja, leider. Hat Remus mir gestern erzählt“, antwortete sie traurig.

Man konnte spüren, wie sich direkt über Harry eine dicke Wolke aus Zorn bildete, die nun schwer auf der Stimmung am Lehrertisch lag. Die Wut über seinen Kollegen kochte fast über. Severus wusste nicht, wie er mit Harry umgehen sollte, der zwar nichts mehr sagte, ihn jedoch mit eng zusammengekniffenen Augen anblickte, als wollte er ihm an die Gurgel gehen. Harry wandte sich wenige Minuten später von Severus ab und versuchte, sich seinem Frühstück zu widmen, doch er spielte nur mit dem Omelett, bevor er die Gabel auf den Teller legte und merklich verstimmt den Lehrertisch verließ, ohne auch nur ein Wort zu sagen.

Die schlechte Laune ihres Freundes hatte Hermine registriert, aber sie blickte Harry nicht hinterher. Severus hingegen drehte den Kopf und sah Harry gerade noch durch die Tür verschwinden. Um die eigentlich sehr unangenehme Situation als Lappalie darzustellen, sagte er gleichgültig klingend: „Es kann mir egal sein, was andere von mir denken.“
Jetzt legte Hermine ihre Gabel auf den Tisch und fragte zickig: „Ist es Ihnen egal?“ Severus antwortete nicht, so dass auch sie das gemeinsame Frühstück ebenfalls verfrüht verließ.
Bevor sie gehen konnte, sagte er: „Ich werde Ihnen nachher in der großen Pause ein Buch bringen, welches Sie lesen sollen. Ich werde Sie doch antreffen?“
„Ja sicher, aber Sie müssen sich schon die Mühe machen, in den vierten Stock zu gehen, denn ich wohne seit gestern Abend im Westflügel. Sie wissen schon: Die freistehenden Räumlichkeiten in der Nähe der Bibliothek.“ Mit diesen Worten verließ sie einen vor den Kopf gestoßenen Severus, der die Welt nicht mehr zu verstehen schien.

Im vierten Stock angelangt betrachtete Hermine das erste Mal bei Tageslicht ihre neuen Räume, die sie bisher nur ganz kurz gestern Abend und heute Morgen vor dem Frühstück beäugt hatte. Ihrem Bonsai-Bäumchen hatte sie einen Platz auf einem Tisch in der Nähe des Fensters gegeben, so dass er regelmäßig Sonne abbekommen würde. Ihr Kniesel wetzte gerade die Krallen seiner Vorderpfoten an einen Kratzbaum, den sie der Höhe wegen nicht in den Kerkern hatte aufstellen können. Sie ging zum Fenster hinüber und atmete erleichtert ein und aus. Von hier oben hatte sie, weil ihre Räume über Eck gingen, einen wunderschönen Ausblick auf den südlich liegenden großen See. Einen Moment lang stand Hermine an der gläsernen Tür und schaute den Schneeflocken dabei zu, wie sie sich auf dem Balkon niederließen, bevor sie den Rest des Buches las, welches Severus nachher bestimmt abholen würde.

Nach der Unterrichtsstunde, aber noch vor dem Mittagessen suchte Severus den vierten Stock auf. Er war sich nicht ganz sicher, welche Räume Hermine nun bewohnen würde und noch weniger wusste er mit Sicherheit, warum sie von gestern auf heute umgezogen war. Er betrat einen hellen Gang, den Schüler so gut wie nie aufsuchten und klopfte in der Hoffnung, die richtige erwischt zu haben, zaghaft an eine Tür.

Seine Schülerin öffnete und bat ihn herein. Ihre Herzlichkeit ihm gegenüber hatte sie noch immer nicht wiedergefunden, doch er mied es, sie daraufhin anzusprechen, weil es für ihn sicherlich ein unerfreuliches Gespräch werden würde. Er hatte Lupin mit Absicht einen Stich versetzt, doch er hatte nicht daran gedacht, dass er damit auch anderen zusetzen würde. Für Lupins Handeln, dachte Severus, war er wirklich nicht verantwortlich. Wer hätte schon geahnt, welche Konsequenzen Lupin aus einer bloßen Boshaftigkeit ziehen würde?

„Wo ist das Buch?“, fragte Hermine, denn sie konnte keines sehen.
Aus seinem Umhang fischte er eine dunkelbraune Lederschwarte per Levitation hervor, bevor er sagte: „Holen Sie das Buch über die Handhabe der schwarzmagischen Bücher.“

Mit einem Aufrufezauber holte Hermine das Buch herbei. Severus legte das braune Buch auf den Tisch und empfahl: „Schlagen Sie bei dem Titel nach und lesen Sie, was Sie tun müssen, damit das Buch seine Gefährlichkeit verliert.“

Der Titel des Buches, welches Severus mitgebracht hatte, lautete schlichtweg „Geistreiches“. Hermine blätterte in dem anderen Buch und fand den Titel, bevor sie laut vorlas: „Ein einfacher, über das Buch gelegter ’Protego’ reicht aus, um es gefahrlos öffnen zu können.“ Sie schaute Severus an und bemerkte: „Scheint ein eher harmloses Buch zu sein oder?“
„Wie man es nimmt“, antwortete er knapp, während er langsam seinen Kopf drehte, um ihre neuen Räume zu betrachten. Er blickte sie an und fragte mit gefühlskalter Stimme: „Warum der schnelle Umzug?“
Sie zog eine Augenbraue in die Höhe und erklärte aufrichtig: „Harry hatte damals schon gesagt, dass ich es nicht lange in den Kerkern aushalten würde und er hatte Recht. Es bekommt mir einfach nicht. Harry und Albus haben gesagt, ich wäre blass.“ Severus äußerte sich nicht, sondern wartete geduldig, bis sie noch anfügte: „Ich verstehe nicht, wie Sie die ganze Zeit da unten… Ich meine, so ganz ohne Sonnenlicht.“
„Es hat mich nie gestört“, konterte er kühl.
„Es könnte Ihnen aber gut tun“, sagte sie leise.
„Das bezweifle ich“, widersprach er.
„Zumindest würden Sie einen gesünderen Eindruck machen“, sagte sie genervt.
Er kniff seine Augen zusammen und fragte bedrohlich leise: „Wie soll ich das jetzt verstehen?“
Sie beschwichtigte ihn mit einer Geste ihrer Hand, bevor sie sagte: „Vitamin D meine ich damit.“
Durch die Zähne zischend antwortete er: „Ich kann Sonnenlicht in Reagenzgläsern herstellen, also ersparen Sie mir Ihre Belehrungen.“
„Ja natürlich“, sagte sie enttäuscht klingend. „Lieber alles komplizierter machen, als…“
„Wir sehen uns später“, waren seine letzten Worte, bevor er ihr Zimmer verließ.

Hermine seufzte. Sie hatte es nur gut gemeint, doch Severus war jetzt wieder sauer auf sie, dabei war sie es, die allen Grund dazu hatte, wütend auf ihn zu sein. Er war ja nicht derjenige gewesen, der gestern noch über den Kamin einer völlig aufgelösten Tonks hatte Trost spenden müssen. Heute früh hatte Hermine eine Eule an Molly geschickt, die jetzt in einem ungenutzten Haus von Verwandten ganz in der Nähe von Hogsmeade wohnte, weil der Fuchsbau noch immer wegen potenzieller Anschläge verwaist war. Vielleicht könnte Molly mit Remus reden und ihn wieder zur Vernunft bringen. Einmal hatte sie es ja schon geschafft.

Das Buch „Geistreiches“ versprach allein aufgrund des Titels gar nichts, doch Hermine musste die Aufgabe erledigen, die Severus ihr aufgetragen hatte, also sprach sie einen Protego, bevor sie das Buch öffnete. Das Inhaltsverzeichnis ließ teils gute, teils schwarzmagische Tränke vermuten. Tränke, die den Geist noch kräftiger stärken würden als ein Gripsschärfungstrank. Tinkturen, die auf das sensorisches Sprachzentrum einwirken sollten und das Lernen von Fremdsprachen wesentlich erleichtern würden. Essenzen, die den Temporallappen stimulieren konnten, damit man komplexe nichträumliche auditorische und visuelle Reize besser verarbeiten können würde.

Der Titel des Buches bekam langsam einen Sinn, dachte Hermine, bevor sie die Inhalte der nächsten Kapitel überflog. Sie schmunzelte, denn nicht nur Tränke, die das Gehirn und seine Fähigkeiten betrafen, wurden in diesem Buch behandelt. Da gab es neben einem Zaubertrank, der einem ermöglichen würde, Träume jede Nacht bewusst erleben zu können auch einen Trank, der bestimmte Gefühle bewahren konnte. Ab Kapitel zehn würde sie darüber lesen, doch sie begann natürlich von Anfang an.

Hermine verließ das Inhaltsverzeichnis und machte sich daran, das erste Kapitel zu lesen.

Zur gleichen Zeit in Aberdeen stand Hopkins an seinem knisternden Kamin und fuhr sich durch die roten Haare, bevor er sich über den nicht sehr langen Vollbart strich. Er drehte sich um und betrachtete seinen engsten Verbündeten, Alejandro Abello – Pablos Vater. Neben Alejandro saßen zwei Herren in schwarzen Anzügen mit dunkelblauer Krawatte an dem großen Tisch aus Kirschbaumholz, denen man an ihrem selbstgefälligen Gesichtsausdruck ansehen konnte, wie teuer ein Gespräch mit ihnen war.

Durch vor Wut verzerrte Lippen keifte Hopkins zu den beiden Anzugträgern: „Unternehmen Sie etwas dagegen! Wofür bezahle ich Sie eigentlich? Das ist die zweite Steuerprüfung in nur eineinhalb Jahren. Das ist reine Schikane!“
Einer der Herren, der ältere von beiden Rechtsanwälten, beruhige Mr. Hopkins und erklärte: „Sie haben ja nichts zu befürchten, Mr. Hopkins. Bei der letzten Steuerprüfung hatte das Finanzamt Ihnen auch nichts vorwerfen können.“
„Ich weiß“, schrie Hopkins aufgebracht, „dass meine Bücher in Ordnung sind! Es geht mir darum, dass ich diesen Ärger nicht haben will, verdammt!“
„Man kann nicht von der Hand weisen“, sagte der Jüngere, „dass das Finanzamt ein Auge auf Sie geworfen hat, allerdings wohl eher aus Gründen, die in Wirklichkeit nichts mit Ihren Finanzen zu tun haben.“
Mr. Hopkins kniff gereizt die Augen zusammen und fragte: „Auf was spielen Sie damit an?“
Der ältere Rechtsanwalt erklärte gelassen: „Ihre anderen ’Aktivitäten’ sind der Regierung ein Dorn im Auge, Mr. Hopkins. Möglicherweise haben wir es nicht mit der Denunziation eines Dritten zu tun, sondern mit von der Regierung selbst in Auftrag gegebenen Steuerprüfungen.“
„Meine anderen Aktivitäten?“, wiederholte Hopkins bedrohlich leise.
„Ihr kleiner ’Verein’. Wir haben zwar alle bisherigen Klagen soweit abschmettern können, aber vielleicht sollten Sie…“
Den älteren Anwalt unterbrechend befahl Hopkins: „Hinaus! Kümmern Sie sich um die Steuerprüfung und wagen Sie es nicht noch einmal, andere Belange anzusprechen, die Sie überhaupt nichts angehen!“

Von ihrem Klienten nicht im Geringsten eingeschüchtert erhoben sich die beiden Anwälte, verabschiedeten sich und verließen den Raum. Alejandro hatte den beiden nachgeschaut, bis sie die Tür von außen geschlossen hatten. Hopkins hatte sich derweil dem Tisch genähert und schaute sich nacheinander verschiedenste Briefe an wie den vom Finanzamt, das erneut eine Offenlegung seiner Gelder und Besitztümer verlangte. Auch ein Schreiben vom Gericht war darunter, welches ihm nach mehreren Abmahnungen nun per Entscheid verbot, für seinen „Verein“ zu werben. Der Versuch, mit Flugblättern auf eine seiner Meinung nach drohende Gefahr aufmerksam machen zu wollen, war sowieso gescheitert, da keiner das Märchen von der verborgenen Zauberergesellschaft geglaubt hatte. Die Internetseite, die nicht mehr als 2000 Klicks seit der Publikation erhalten hatte, musste ebenfalls unzugänglich gemacht werden. Selbst Haustürgespräche waren nicht mehr gestattet, doch auch damit hatte er niemanden für sich und seine Sache gewinnen können. Hopkins seufzte.

Enttäuscht fragte er seinen einzigen Freund: „Sieht das denn niemand?“ Alejandro schaute ihn fragend an, so dass Hopkins deutlicher wurde: „Sieht denn niemand die Gefahr, die diese andere Welt mit sich bringt?“ Alejandro wagte es nicht zu antworten, denn Hopkins war momentan in einer sehr schlechten Stimmung, die ihn schnell gefährlich werden lassen konnte. „Will es niemand sehen?“, murmelte Hopkins, bevor er aufstand, um sich an einem kleinen Tisch ein Glas Scotch einzuschenken; für seinen Freund ebenfalls.

Endlich fand Alejandro den Mut, sich zum Thema zu äußern, denn er sagte beschwichtigen: „Wir machen allein weiter. Wir brauchen keine weiteren Anhänger, um erfolgreich gegen die Zaubererwelt vorzugehen.“
Mit rotem Gesicht zeterte Hopkins: „Von über zweihundert Anhängern sind nur noch um die dreißig übrig! Sie glauben nicht mehr an das, was ich sage. Sie zweifeln!“ Hopkins raufte sich die Haare, bevor er zugab: „Ich würde auch Zweifeln, wenn es keine Beweise gäbe. Es reicht ihnen nicht, wenn ich ihnen versichere, dass wir wieder einen Zauberer oder eine Hexe gefangen haben. Sie könnten es glauben, wenn wir es ihnen zeigen würden.“
„Was zeigen?“
„Dass diese Menschen zaubern können!“, sagte Hopkins aufgebracht, bevor er seinen Scotch zur Hälfte leerte.
„Das können wir nicht tun! Sobald die ihren Stab in der Hand halten, würden sie uns angreifen. Ich denke nicht, dass einer von unseren ’Gästen’“, Alejandro verwendete das Synonym „Gefangene“, „freiwillig seinen Zauberstab schwingen würde, nur um den Zweifelnden zu beweisen, dass sie sich der Hexerei schuldig gemacht haben.“
„Wir müssen sie irgendwie gefügig machen, mit Drogen ruhig stellen oder sie erpressen, damit sie ein kleines Kunststückchen vorführen. Dann würde man mir wieder glauben und ich hätte großen Zulauf“, schwärmte Hopkins.
„Robert? Meinst du, dass die Steuerprüfung nur wegen des Vereins stattfindet und dass die Regierung davon weiß?“, fragte Alejandro zaghaft.

Hopkins schien einen Moment gedankenverloren, während er an seinem Scotch nippte. Er blickte Alejandro eindringlich an, bevor er sagte: „Dass man Arnold ganz unverhofft wegen Drogenbesitz festgenommen hat, ist sehr auffällig. Alex hatte neulich geäußert, dass er befürchten würde, der Minister der Zaubererwelt würde mit unserem zusammenarbeiten. Sollte das wahr sein, dann weiß ich, wem ich bei der nächsten Wahl nicht meine Stimme geben werde. Wie kommen wir denn dazu, mit ’denen’ zu kooperieren? Was unsere Minister da macht, wäre Verrat an der Menschheit.“
„Wenn die Zaubererwelt so genau über uns Bescheid wüsste, dann hätten die längst etwas unternommen, meinst du nicht?“, warf Alejandro ein.
„Vielleicht dürfen sie nicht? Oder wir sind denen nicht gefährlich genug. Die sollen ruhig kommen, mein Freund. Ich habe keine Angst vor denen!“, behauptete Hopkins.
„Die müssen von uns wissen. Das Haus vom Zaubereiminister steht seit mehreren Wochen leer. Das ist ein Zeichen dafür, dass sie Angst haben oder denkst du, das ist nur Zufall?“, fragte Alejandro mit hochgezogener Augenbraue.
„Zufall…“, wiederholte Hopkins ungläubig. „Ich glaube nicht an ’Zufälle’. Was für ein merkwürdiger Zufall soll das sein, dass gerade du Wärter in dem Gefängnis bist, in welchem nicht nur dein eigener Sohn, sondern auch Tyler und Arnold untergebracht sind? Nein, es gibt keine Zufälle. Das ist ein Zeichen, Alejandro. Ein Wink des Schicksals!“
„Ich habe den Job damals nur bekommen, weil ich in diesem Land mit falschem Ausweis unterwegs bin. Niemand macht sich die Mühe, meine Referenzen zu überprüfen.“
„Und gerade damit will das Schicksal uns etwas sagen“, philosophierte Hopkins. Weil Alejandro nicht zu verstehen schien, erklärte er: „Es wäre ein Leichtes für dich, eine Flucht vorzubereiten. Hole unsere Männer da raus und dann werden wir den Magiern mal zeigen, zu was wir wirklich fähig sind!“
„Du wirst lachen, aber ich habe mir bereits Gedanken darüber gemacht, wie ich die drei ohne große Umstände befreien könnte und ich hätte auch schon einen Plan“, erklärte Alejandro lächelnd.
Nickend hieß Hopkins diese Aussage gut, bevor er fies grinsend offenbarte: „Dann hole sie raus! Wir werden uns danach alle zurückziehen, um etwas Großes vorzubereiten und dann schlagen wir zu! Wir werden ein für allemal ein Exempel statuieren und denen zeigen, was wir von ihnen halten.“
„Ein Exempel?“, fragte Alejandro verdutzt nach.
„Ja, ein Exempel! Wir werden den Zauberern zeigen, mit wem sie es zu tun haben und dass sie uns keine Angst einjagen! Wir benötigen jemand Bekannten…“ Hopkins schien angestrengt nachzudenken, bevor er hinzufügte: „Ich denke, in der Festung sind wir gegen Angriffe gefeit. Wir werden uns nicht mehr verstecken und voll in die Offensive gehen!“

Wie schon einige Male in der Vergangenheit kam es Alejandro aus diesmal so vor, als hätte Hopkins momentan den Bezug zur Realität verloren. Es war eine Sache, im geheimen gegen Zauberer und Hexen anzugehen und sie vereinzelt zur Strecke zu bringen, doch sich dem Feind zu offenbaren war Alejandros Meinung nach ein großer Fehler. Sie wussten ja nicht einmal, wie viele es von denen gab.

„Ich halte das für keine gute Idee. Wenn die sich zusammentun sollten, dann hat unser letztes Stündlein geschlagen, Robert. Das können wir doch nicht riskieren! Egal, wie viele es von denen gibt: Es sind mit Sicherheit viel mehr als wir! Die legen die Festung in Schutt und Asche!“, warf Alejandro besorgt ein.
„Die werden uns nicht angreifen, wenn wir jemanden aus ihrer Reihe in unserer Gewalt haben. Jemand Bekanntes muss es sein, dem sie kein Leid zufügen wollen! Wir benötigen ein Druckmittel, das ihnen die Hände fesseln wird“, suggerierte Hopkins. Überlegen lächelnd befahl er: „Schick die Späher raus. Ich will wissen, wo diese Schule liegt.“
„Die Späher sind schon unterwegs. An einer bestimmten Stelle haben sie immer wieder das Gefühl, umkehren zu müssen. Alex meint, das wäre in der Nähe von Hogwarts und es wären die Schutzzauber, die die Späher daran hindern, näher heranzugehen“, erklärte Alejandro.
„Sie sollen es weiter versuchen, verdammt! Es muss doch irgendwie möglich sein, gegen diese Zauber anzugehen. Ich will zu dieser Schule!“
„Aber warum?“, wollte Alejandro wissen.
„Ich sagte doch, dass wir eine bekannte Persönlichkeit benötigen. Es stand ja ganz groß im Tagespropheten, dass dieser Potter dort Lehrer ist“, antwortete Hopkins belustigt.

Spätestens jetzt war Alejandro klar, dass Hopkins die Gefahr nicht sehen konnte, weil er rational nicht mehr zugänglich schien. Die wenigen Menschen, die sich ihm angeschlossen hatten und geblieben waren, hatten in ihrem Leben allesamt schlechte Erfahrungen mit Zauberern und Hexen gemacht, wie auch Alejandro selbst. Hopkins hingegen war anfänglich nur ein Sektenführer gewesen, der der Überzeugung war, die Welt vor imaginären Magiern retten zu müssen, obwohl er nicht einmal von deren Existenz gewusst hatte. Es war ein reiner „Zufall“, dass Alejandro auf ihn getroffen war und dass kurz darauf die Brüder Alex und Arnold auf die Sekte aufmerksam geworden waren. Die Erfahrungsberichte von Betroffenen, die tatsächlich mit der magischen Welt in Berührung gekommen waren und die Schilderungen der beiden verstoßenen Squibs hatten dafür gesorgt, dass Hopkins’ Größenwahn nur noch geschürt worden war. Die restlichen Anhänger, die der Zaubererwelt Schaden zufügen wollten, hießen Hopkins’ Vorgehensweisen trotzdem gut, auch wenn der keinen persönlichen Grund hatte, Rache auszuüben. Hopkins war nie ein Opfer von Zauberern gewesen, die aus Spaß Menschen gequält hatten. Er hatte keinen Menschen durch einen Zauberspruch verloren und er ist auch niemals auf andere Art und Weise von einer Hexe gedemütigt worden wie seine Anhänger.

Vorsichtig erklärte Alejandro seine Bedenken: „Potter ist der Mächtigste von denen, wenn man der Zeitung Glauben schenken darf.“
„Pah“, machte Hopkins. „Wenn der so mächtig ist, warum ist er dann Lehrer? Ich denke, seine Person wurde von den Medien einfach nur aufgebauscht. Die Späher sollen die Gegend weiträumig erkunden, Alejandro. Irgendwann muss Potter auch mal die Schule verlassen. Gegen einen überraschenden Überfall und ein mit Chloroform getränktes Taschentuch vor der Nase wird auch er nichts unternehmen können!“
„Das kann nicht dein Ernst sein!“, sagte Alejandro, der es mittlerweile mit der Angst zu tun bekam.
„Mein voller Ernst!“, bestätigte Hopkins. „Nun geh schon und richte den Spähern die neue Aufgabe aus.“ Bevor Alejandro mit einem mulmigen Gefühl das Zimmer verlassen konnte, fügte Hopkins noch amüsiert hinzu: „Ach ja, und sage den anderen, dass sie schon einmal etwas Reisig zusammentragen sollen.“
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Three Characters in Search of an Exit - eine Satire mit Harry, Hermine und Severus
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120 Regenbogen




Die Tage vergingen und Severus’ neue Leidenschaft war die tägliche Frage: „Bei welchem Kapitel sind Sie gestern Abend angelangt?“ Hermine antwortete natürlich immer ehrlich auf seine Frage, welches Kapitel sie bereits beendet hatte, woraufhin er stets nickte, sich jedoch nicht weiter dazu äußerte. Pro Tag schaffte sie nur eines, weil die Kapitel richtig lang waren und darüber hinaus von so fortgeschrittener Thematik, dass das Lesen ihre volle Aufmerksamkeit forderte.

Erst zehn Tage nach der Verlobungsauflösung ihrer engsten Freunde erwärmte sich das Verhältnis zwischen Severus und Hermine wieder ein wenig. Von Molly hatte sie morgens erfahren, dass sie es vollbracht hatte, Remus so dermaßen den Kopf zu waschen, dass er reumütig zu einer erleichterten Tonks zurückgekehrt war, weswegen Hermine ein Stein vom Herzen gefallen war. Nicht nur die Trennung der beiden hatte sie sehr mitgenommen, sondern auch die Beobachtung, dass Severus sich wieder zurückgezogen hatte und zudem zu leiden schien, was er natürlich niemals zugeben würde. Für Hermine hatte es so ausgesehen, als würde er den kleinen Bruch mit Harry und ihr einfach hinnehmen wollen, auch wenn es ihn sehr beschäftigte. Als Hermine nach der guten Nachricht von Molly heute während ihrer Arbeit mit Severus plötzlich wieder zu reden begann und über dieses und jenes sprach, da wurde er mit einem Male wieder munter und schien sehr erleichtert, während er ihr lauschte oder Fragen stellte. Manchmal zeigte er selbst Interesse an Themen, von denen sie wusste, dass sie ihn gar nicht interessierten, weil er das im Laufe der Zeit einmal erwähnt hatte. Das hielt ihr wiederum vor Augen, dass ihm die Kommunikation mit ihr nicht unwichtig war.

Nach einer Weile fragte er wie jeden Tag: „Bei welchem Kapitel sind Sie gestern Abend angelangt?“
„Gestern habe ich Kapitel neun gelesen. Es war zwar das kürzeste bisher, aber ich musste es zweimal lesen. Das ist alles sehr kompliziert“, erwiderte sie, ohne sich dabei zu schämen, dass sie sich so sehr anstrengen musste, um dem Inhalt des Buches folgen zu können. Severus erstarrte für einen Moment, nickte jedoch wie üblich und widmete sich wieder einem Brief, den er anscheinend heute früh erhalten hatte.
„Hermine, wenn Sie das hier unterschreiben würden?“, sagte er, während er ihr das Pergament entgegenhielt und Tintenfass und Feder in Reichweite rückte.
„Was ist das?“, fragte sie erstaunt, denn das Logo des Ministeriums war ihr nicht entgangen.
„Ich habe mir gestattet, das Patent für Ihren Farbtrank zu sichern; natürlich auf Ihren Namen. Sie müssen es nur noch unterzeichnen“, erklärte er. Hermine fielen beinahe die Augen aus dem Kopf.
„Aber der ist doch noch gar nicht vollständig getestet worden!“, sagte sie mit einem flauen Gefühl in der Magengegend.
Er beruhigte sie und sagte: „Das ist auch nicht notwendig. Die Hauptsache ist, dass niemand Ihnen die Arbeit wegnehmen kann. Unterschreiben Sie!“ Es klang wie ein Befehl.
„Aber…“
Er unterbrach und wiederholte: „Unterschreiben Sie! Einen vollständigen Testbericht können Sie später immer noch nachreichen, aber es geht in erster Linie um Ihre Erfindung und die sollten Sie sich sichern. Also…“

Er wedelte mit der Feder vor ihrer Nase hin und her und streifte sie versehentlich, so dass sie mit Daumen und Zeigefinger das kitzelnde Gefühl vertreiben wollte und ihre Nase rieb.

Sie nahm die Feder und setzte ihre Unterschrift auf das Pergament, bevor sie sagte: „So, zufrieden?“
Grinsend nickte Severus und sagte kurz darauf: „Sie sollten Tests mit drei erwachsenen Zauberern beziehungsweise Hexen durchführen, drei mit Squibs und von mir aus auch drei mit Muggeln, damit sie etwas Stoff haben, den Sie in Ihrem Elaborat verarbeiten können.“
„Sie meinen, ich soll es an Muggeln testen?“, fragte sie stutzend.
Er blickte ihr lange in die Augen, bevor er sagte: „Haben Sie plötzlich Bedenken, wo Sie vor einigen Wochen noch einem Muggel einen Zauberstab in die Hand drücken wollten, um zu prüfen, ob er magisch verborgene Orte sehen kann? Ich sehe keinen Grund, warum Ihr Trank nicht auch an einem Muggel getestet werden soll. Sie könnten es sogar einem Hauself verabreichen. Die Magie von Hauselfen ist ja bekanntermaßen anders als die unsere. Nur zu, Hermine. Der Trank ist nicht schädlich. Es wäre sogar interessant zu erfahren, welche Resultate er bei magischen Tieren hervorbringen könnte.“
„Das meinen Sie ernst?“
„Scherzen liegt mir nicht besonders“, antwortete er amüsiert.
„Und wann wollen wir mit den Tests beginnen?“, wollte sie wissen.
Severus schürzte die Lippen, bevor er sagte: „Meinen Sie, Harry könnte sich für eine halbe Stunde die Zeit nehmen?“
Erstaunt zog sie eine Augenbraue hinauf, bevor sie sagte: „Ich werde ihn fragen!“

Im Erdgeschoss saßen Harry und Ginny mit Nicholas im Arm auf der Couch. Zusammen schauten sie sich die Urlaubsfotos von Ginny an, als sie mit Hermine in Frankreich gewesen war.

„Um Gottes Willen, ist das hier Gabrielle? Ist die vielleicht gewachsen“, sagte Harry erstaunt. Einige Fotos weiter sah er Hermine, die auf den Stufen des Geschäfts eines Korbflechters saß und so dreinschaute, als wäre sie todunglücklich.
Ginny bemerkte das Foto und erklärte: „Kurz vorher ist jemand aus dem Laden gekommen, der ihr auf den Fuß getreten ist. Sie sieht so traurig aus, aber eigentlich war sie wütend.“
Harry bemerkte, wie Ginny ihm die Bilder aus der Hand nehmen wollte, doch er schlug ihr spielerisch auf die Finger und sagte: „Die Restlichen will ich auch sehen!“

Er lächelte, während ihr das Lächeln längst vergangen war, denn sie kannte die Bildreihenfolge. Schon beim Anblick des nächsten Fotos verstand er, warum Ginny so betrübt schien. Ein junger Mann war zu sehen, der Ginny von hinten umarmte. Er war einen Kopf größer als sie, hatte schwarze zerzauste Haare und grüne Augen.

Es hatte sich ein Kloß in Harrys Hals geformt, bevor er fragen konnte: „Das ist Pablo?“ Sie nickte nur, blickte ihn jedoch nicht an. Nochmals blickte Harry auf das Foto, um sich den ehemaligen Freund seiner Verlobten, Vater von Nicholas, genauer anzusehen. Er hatte tatsächlich Ähnlichkeit mit ihm selbst, dachte Harry. Er schluckte kräftig und fragte kurz darauf: „War er nett zu dir? Ich meine, zumindest anfangs.“
„Harry bitte… Ich will ihn einfach nur vergessen“, sagte sie mit müder Stimme.

Harry vergaß all seine Fragen wegen Pablo, denn es klopfte und Hermine trat herein.

„Ginny, Harry! Wie geht’s?“, fragte sie lächelnd, bis ihr Blick auf das Foto fiel, welches Harry in der Hand hielt. „Oh, ich komme wohl ungelegen. Ich gehe besser…“
„Nein“, sagte Harry. „Komm rein, wir haben nur Fotos von eurem Urlaub angeschaut.“
„Gott, da ist doch nicht etwas das blöde Bild bei, wo ich so einen belämmerten Gesichtsausdruck mache? Der Typ ist mir voll auf den großen Zeh getreten und hat sich nicht einmal deswegen entschuldigt!“, rechtfertigte sich Hermine.
Ginny lachte kurz auf und sagte: „Ich kann es ja wegwerfen, zusammen mit ein paar anderen.“ Sie wollte sich von Pablo vollends lossagen und hielt es für besser, die Fotos zu vernichten.
„Weswegen bist du hier, Hermine? Du hast doch nicht etwa schon wieder Stress mit Severus oder?“, fragte Harry vorsichtig.
„Nein, alles in Ordnung. Ach, das hast du noch gar nicht gehört, Harry: Molly hat Remus dazu gebracht, zu Tonks zurückzugehen!“, erklärte sie freudestrahlend.
„Gut! Sonst hätte ich mit Severus mal ein Wörtchen reden müssen“, murmelte er.
„Wieso mit Severus?“, wollte Ginny wissen.
„Weil er… Ach, schon gut. Es ist ja alles wieder in Ordnung.“ Harry legte die Bilder auf den Tisch und streckte sich ein wenig.
„Ich wollte dich fragen“, sagte Hermine an Harry gerichtet, „ob du vielleicht eine halbe Stunde Zeit hättest?“ Bevor er fragen konnte, erklärte sie: „Ich wollte meinen Trank testen. Severus hat ihn für mich patentieren lassen und ich muss eine Arbeit drüber schreiben.“
„Du hattest mich doch schon als Testperson“, sagte Harry.
„Ja schon, aber nicht mit dem verbesserten Trank, aber wenn du nicht möchtest…“
„Doch, ich möchte!“ Er blickte zu Ginny und fragte: „Hast du was dagegen, wenn ich…“
„Wieso sollte ich? Aber Hermine: Ich möchte später das Zeug auch mal trinken! Ich möchte auch meine Farben kennen“, warf Ginny ein, denn sie durfte ihn nicht einnehmen, weil sie noch stillte.

Mit Harry im Schlepptau betrat Hermine das Labor.

„Ah, haben Sie es doch geschafft, sich eine Testperson zu suchen. Nun dann, es ist alles vorbereitet“, sagte Severus, der tatsächlich alle Vorkehrungen getroffen hatte, denn eine Ampulle mit dem Trank stand bereits auf dem Tisch; genau neben den Pergamenten, auf denen Hermine und Severus ihre Beobachtungen notieren wollten. Hermine war erstaunt.

Sich dem Tisch nähernd nahm Harry den Trank in die Hand, den er neugierig beäugte, während er fragte: „Und der wird eine halbe Stunde andauern?“
„Ungefähr, ja“, bestätigte Hermine, die sich ihre Uhr vom Handgelenkt nahm, um die Zeit stoppen zu können.
„Ihr sagt, wann ich trinken soll“, sagte Harry enthusiastisch.
Severus nahm Platz und sagte: „Von mir aus kann das Experiment losgehen.“
„Sie haben Harrys Farbe noch gar nicht gesehen oder?“, fragte Hermine, woraufhin Severus den Kopf schüttelte. „Also gut, Harry, dann auf Ex!“

Harry entkorkte die kleine Flasche und sagte „Prost“, bevor er alles auf einmal nahm. Gleich danach betätigte Hermine die Stoppuhrfunktion ihrer Uhr.

Nach nur wenigen Sekunden erstrahlte Harry im hellsten Goldton und Severus hielt sich eine Hand vor das Gesicht, ganz so, als wollte er sich vor Sonnenlicht schützen.

„Sie hätten mir sagen können, dass wir die getönten Schutzbrillen benötigen würden“, sagte er mit fehlendem Spott in der Stimme, denn Harrys Anblick hatte ihn überwältigt.
„WOW“, rief die sonnengoldene Figur in der Mitte des Labors. Zum ersten Mal konnte Harry seine eigene Farbe sehen. „Das ist ja umwerfend! Ich hatte es mir gar nicht vorstellen können, aber… wow!“
„Sagen Sie Ihrem Testobjekt, es soll weniger plaudern; das lenkt mich davon ab, Notizen zu machen“, sagte Severus trocken, während er Uhrzeit, Farbe und die Intensität dieser auf seinem Pergament niederschrieb.
„Lassen Sie ihm den Spaß. Er hat bisher nur Rons Farben gesehen und die waren wie meine etwas dezenter“, erklärte Hermine. „Levitation, Harry“, war Hermines knappe Anweisung und Harry gehorchte.

Er richtete seinen Zauberstab auf einen Hocker und ließ ihn schweben. In diesem Moment konzentrierte sich Harrys Magie so sehr in seinem rechten Arm, dass man für einen Moment unter dem hellen Schein sein lächelndes Gesicht sehen konnte. Nach Aufforderung von Hermine führte er noch andere Zaubersprüche aus, bis Severus plötzlich seine Feder niederlegte und Harry anblickte, bevor er sagte: „Wenden Sie den Imperius an mir an.“

Gleichzeitig rissen Harry und Hermine schockiert ihre Münder auf. Harry war der Erste, der sich erbost sträubte und sagte: „Das werde ich nicht! Dafür wird man mich noch einsperren. Nein…“
„Sein Sie nicht so kindisch! Es wird unter uns bleiben, also machen Sie schon. Sie brauchen gar nicht zu glauben, dass Sie mich damit wirklich unterwerfen können. Nur zu…“, forderte Severus.
Hermine stutzte und fragte: „Was für eine Vermutung haben Sie, Severus?“
Er blickte seine Schülerin an und erklärte: „Dass seine Farben dunkler werden könnten, wenn er einen schwarzen Fluch benutzt.“ Hermine nickte, denn sie verstand sein Anliegen, doch sie wollte nicht, dass Harry einen Unverzeihlichen anwenden würde.

Während Harry noch zwei, drei Sätze erboster Zurechweisung in Richtung Severus warf, stand Hermine auf und nahm eine leere Flasche aus einem Schrank, die sie auf den Tisch stellte. Mit einem Zauberspruch verwandelte sie die Flasche in einen Blumentopf mit einem wunderschön rot blühenden Weihnachtsstern.

„Hier, Harry“, sie deutete auf die Pflanze, „wende einen der Flüche an, die wir damals kennen gelernt haben. Nimm das ’Spinnenfeuer’.“

Man konnte es wegen der goldenen Farbe nicht sehen, aber Harry blinzelte mehrmals, denn dieser Fluch war einer der gemeinsten, die es gab. In null Komma nichts fraß sich der Fluch durch alles, was mit ihm in Berührung gekommen war und er hinterließ ein Muster ähnlich einem Spinnennetz. Dieser Fluch verbrannte all jene Flächen, die von ihm getroffen worden waren, wie auch damals Hermines rechte Wade, die noch heute ein spinnennetzförmiges rotes Narbengewebe aufwies. Überlebt hatte Hermine diesen Todesserangriff nur wegen Lunas vorausschauendem Handeln.

„Aber…“ Harry verstummte, als Hermine ihm einen fordernden Blick zuwarf. „Na gut“, sagte er seufzend, bevor er sich der Pflanze zuwandte. Er richtete mit zittrigem Arm den Stab auf die wunderschöne Pflanze, aber er wandte den Spruch wortlos an, um die Erinnerung an Hermines schlimme Narbe nicht noch präsenter zu machen als sie schon war.

Ein ockergelber Fluch näherte sich dem Weihnachtsstern und in dem Moment, als er die Pflanze berührte, legten sich kleine feuerrote Ärmchen um die zarten Blätter, um den Blumentopf und sogar auf die Tischplatte. Diese wurzelartigen Auswüchse des Fluches trieben immer mehr aus und fraßen mit ihrem Feuer alles, was sich ihnen in den Weg stellte. Der Anblick dieses erst durch einen Gegenzauber zu beendenden Fluches war faszinierend und entsetzend zugleich. Harry beendete das Spinnenfeuer und blickte zu Hermine und Severus, die beide wie wild auf ihre Pergamente kritzelten.

„Und? Irgendwas Interessantes passiert? Mein Arm sah für einen Moment ein wenig komisch aus“, sagte Harry.

Während des Spinnenfeuers war ein leichter grauer Schimmer an Harrys Arm zu sehen gewesen, der jedoch gleich nach Beendigung des Zaubers von der goldenen Farbe wieder verschlungen worden war; so jedenfalls hatten es Severus und Hermine erklärt. Harry betrachtete die verbrannte Pflanze und ging zu ihr hinüber, um ihre nun schwarzen Blütenblätter zu berühren. In dem Moment, als seine Finger ein verkohltes Blatt streiften, schwappte etwas goldene Farbe auf die Überreste des Weihnachtssterns und Hermine war sprachlos. Eine Idee formte sich in ihrem Kopf.

„Severus? Würden Sie den Trank auch mal nehmen?“, fragte sie voller Hoffnung.
„Träumen Sie weiter“, entgegnete er gnatzig.
„Ich möchte mal sehen, was mit der Magie passiert, wenn zwei Zauberer aufeinander treffen“, erklärte sie.
„Dann müssen Sie sich ein anderes Testobjekt suchen, Hermine“, machte er ihr klar. Er wollte genau wie sie nur hier sitzen und seine Beobachtungen niederschreiben.

In Windeseile stand Hermine auf und huschte so überstürzt zur Tür hinaus, dass weder Harry noch Severus fragen konnten, wo sie hingehen wollte. Nach fünf Minuten kam sie zurück, jedoch nicht allein. Es war Draco, der ihr folgte und der blieb wie angewurzelt stehen, als er den leuchtenden Harry bemerkte.

„Ach du meine Güte!“, sagte er überrascht. „Das ist der Trank? Der Trank, der Magie sichtbar macht?“, wollte der Blonde wissen, der Harry von oben bis unten betrachtete. Hermine nickte und hielt ihm bereits eine Ampulle vor die Nase, die er wortlos entgegennahm. Mit großen Augen starrte er auf den Goldball, den Harry darstellte und es bildete sich von ihm selbst unbemerkt ein Lächeln auf seinen Lippen.
„Mr. Malfoy, wenn Sie die Güte hätten“, sagte Severus, der wollte, dass Draco den Trank sofort einnehmen sollte.
„Wenn du mich Draco nennst“, sagte der junge Mann, der seinem Patenonkel einen vorwurfsvollen Blick zuwarf.
„Dann eben ’Draco’. Nimm den Trank ein, damit ihr noch zwanzig Minuten zusammen der Wirkung ausgesetzt seid“, erklärte Severus, der sich bereits ein neues Blatt Pergament zur Hand nahm, auf dem er die neuen Beobachtungen festhalten wollte.

Draco trank den Inhalt der Ampulle und Hermine, die ihre Uhr per Zauberspruch verdoppelt hatte, nahm auch bei ihm die Zeit. Die beiden Testpersonen standen im Abstand von vielleicht zwei Metern im Labor. Auch bei Draco dauerte es nur wenige Sekunden, bis das Farbenspiel begann. Mit offen stehendem Mund und einem stetigen, milden Lächeln betrachtete Draco seine Arme, die nun in ein klares helles Rot gehüllt waren und dort, wo sich sein Herz befand, leuchtete dieses Rot am stärksten. An sich hinunterblickend bemerkte Draco den Rest seines Torsos, der in Dunkelblau getaucht war. Dieses Dunkelblau zog sich bis hinunter zu seinen Beinen, doch an den Waden vermischte es sich mit einem saftigen Grünton. Immer wieder blitzte überall ganz kurz ein blendend helles Gelb auf.

„Und was heißt das jetzt?“, wollte Draco wissen, der weiterhin seine Arme und Beine betrachtete.
Hermine hatte bereits die ganze Zeit in einem Buch geblättert und erklärte: „Die überwiegende Farbe ist ein helles Rot und das steht für“, sie nahm ihren Finger zu Hilfe und legte ihn auf die Zeile in ihrem Notizbuch, „’Aktivität’, ‚’Tat- und Lebenskraft’ und für ’Lebensfreude’. Durchweg positiv.“ Sie blickte auf und sagte: „Das dunkle Blau bezeichnet den vorhandenen ’Arbeitsgeist’“, Severus schnaufte amüsiert, „darüber hinaus steht es für einen willensbetonten Charakter und seinem Wunsch nach Fortschritt.“ Draco schien die Bedeutung seiner Magiefarben zu gefallen und er lauschte, als Hermine vorlas: „Sollte die Farbe der Aura an den Beinen eine andere sein, so bedeutet dies, dass diese Eigenschaften zwar vorhanden, aber nicht ausgeprägt sind.“
„Moment“, warf Draco ein. „Was haben die Farben der Aura mit den Farben der Magie zu tun?“
„Ähm…“ Hermine war um eine Antwort verlegen.
Severus schritt helfend ein und erklärte: „Da dies ein völlig neuer Trank ist, Draco, wird es wohl kaum ein Buch über die Farben der Magie geben. Hermine und ich denken jedoch, dass es sich nur um kleine Abweichungen bei der Deutung der Farben handeln könnte. Es wird lange dauern, bis wir die korrekten Bedeutungen entschlüsselt haben, weswegen wir erst einmal auf die Farberklärung einer Aura zurückgreifen müssen.“
„Okay und was bedeuten die anderen Farben?“, fragte Draco, der sich nicht wirklich für Severus’ Erklärung interessiert hatte.
Hermine blätterte in ihrem Notizbuch, in welchem sie aus verschiedenen Büchern über Farbdeutungen Auszüge niedergeschrieben hatte und las: „Grün vermischt mit einem kräftigen Blau steht für Mut und Opfergeist.“
„Wahnsinn“, murmelte Draco.
Severus warf ein: „Vergiss nicht, dass die eben erwähnte Deutung sich auf vorhandene, aber nicht ausgeprägte Eigenschaften bezieht.“

Seinem Patenonkel warf er einen bösen Blick zu, den man durchaus noch durch die ganzen Farben hindurch erkennen konnte, denn er leuchtete nicht so hell wie Harry.

„Das immer wieder und überall am Körper aufblitzende Gelb steht für ’Geist’ und ’Intellekt’“, erklärte Hermine.
Draco lachte auf, bevor er sagte: „Ich bin nicht umsonst ein Slytherin. Ich wette, Severus ist von oben bis unten in Gelb gehüllt.“

Eine unangenehme Stille machte sich für einen Moment breit.

„Was?“, fragte Draco vorwurfsvoll.
Severus lenkte vom Thema ab und befahl: „Richte deinen Stab auf Harry und benutze einen Zauberspruch.“
„Aber was für einen?“, wollte Draco wissen.
„Nimm einen Aufmunterungszauber“, schlug Severus vor.
Harry schaltete sich ein und sagte: „Ich brauche keinen Aufmunterungszauber. Wie wär’s mit einem Desillusionierungszauber?“
Von dieser Idee war Hermine begeistert, denn sie sagte: „Ja, dann können wir sehen, ob die Magie auch unsichtbar wird.“

Draco wandte einen Desillusionierungszauber an Harry an. Die rote Farbe sammelte sich in seinem Arm, doch auch das Blau, Grün und Gelb wanderte hinauf in Richtung Zauberstab, weswegen Hermine sich notierte, dass für einen Zauberspruch anscheinend alle Magiefarben gemeinsam genutzt werden würden. Der Desillusionierungszauber ließ Harry verschwinden, doch die Farben, wenn auch nur etwas schwächer, waren weiterhin zu sehen. Draco beendete den Zauber wieder und wartete auf weitere Anweisungen.

„Draco, entwaffne Harry mal“, sagte Hermine enthusiastisch.
Draco wandte sich der goldgelben Lichtgestalt zu und sagte: „Ich hoffe, ich treffe seinen Zauberstab, ich kann ihn nämlich gar nicht sehen.“ Er hob seinen eigenen Stab und sagte: „Expelliarmus.“
Harrys Zauberstab flog von ihm weg und prallte gegen einen Schrank.
„Haben Sie das gesehen, Severus?“, fragte Hermine.
Severus machte gerade Notizen und blickte nicht auf, als er seine Beobachtung schilderte und sagte: „Grün und Blau sind nicht durch den Zauberstab gegangen.“
Draco zog die Augenbrauen nach oben und fragte: „Und das bedeutet?“
Die Schultern einmal hebend und wieder senkend antwortete Hermine: „Keine Ahnung, das wollen wir ja gerade herausfinden.
„Harry, ich möchte, dass Sie den nächsten Fluch von Draco abwehren“, sagte Severus an die goldfarbene Lichtgestalt gerichtet. Gleich danach blickte er Draco an und sagte im Befehlston: „Benutzte das ’Spinnenfeuer’ gegen Harry.“
Fast zeitgleich fragte Harry, Draco und Hermine ungläubig: „Was?“
„’Spinnenfeuer’! Ich bin mir sicher, dass Draco den Fluch kennt und dass Harry ihn mit Leichtigkeit abwehren kann“, erklärte Severus gelassen.
Draco schüttelte den Kopf: „Nein, das möchte ich nicht. Das ist viel zu…“
„Viel zu was?“, fragte Severus spottend. „Zu gefährlich? Harry ist nicht gerade unbeholfen, was die Abwehr von Flüchen betrifft. Er kann sich sogar gegen den Imperius zur Wehr setzen, da wird er wohl einen einfachen Fluch fernhalten können.“
„Ich möchte das nicht, Severus. Ich…“
Draco wurde unterbrochen, als Severus zeterte: „Bei Merlin, wo liegt das Problem? Wir führen hier ein Experiment durch und ich möchte eine Vermutung bestätigt wissen.“
Aus dieses Mal wollte Hermine wissen: „Was haben Sie jetzt wieder für eine Vermutung?“
Ehrlich antwortete er: „Dass Flüche, die dem Gegenüber Schaden zufügen können, nicht von der gesamten Magie eines Zauberers unterstützt werden. Das würde eventuell erklären, warum nicht jeder dazu in der Lage wäre, einen Cruciatus anzuwenden oder gar den Todesfluch.“
Hermine stutzte und dachte laut: „Das würde dann aber auch bedeuten, dass die innere Einstellung sehr von der eigenen Magie abhängig ist.“
„Oder umgekehrt: Dass die Magie von der inneren Einstellung abhängig ist. Harrys Farbe spiegelt seine innere Einstellung wider genau wie bei Draco“, sagte Severus.

Hermine verkniff sich zu fragen „Und wie bei Ihnen?“. Stattdessen überlegte sie einen Moment und sagte kurz darauf zu Harry und Draco: „Wenn ihr beide kein Problem damit habt?“
Es war Harry, der beteuerte: „Nein, habe ich nicht. Das Spinnenfeuer kann ich leicht abwehren, besonders wenn ich es erwarte. Nur zu, Draco.“
„Ich weiß wirklich nicht… Was, wenn etwas schiefgeht?“, fragte er besorgt.
Die goldene Lichtgestalt, unter der sich Harry verbarg, sagte: „Da wird nichts schiefgehen. Vertrau mir einfach.“

Er haderte mich sich selbst, doch er kam der Aufforderung nach und sprach den Fluch sehr langsam und deutlich, damit Harry genügend Zeit haben würde, den Schutzzauber anzuwenden. Der ockerfarbene Fluch hatte nicht einmal die Hälfte der Strecke zurückgelegt, da hatte Harry ihn auch schon neutralisiert.

„Wie ich es mir gedacht habe“, murmelte Severus über seinem Stück Pergament, auf welchem er Notizen machte. Hermine beugte sich zu ihm und las in Gedanken mit: ’Magie verhält sich ambivalent, nur circa zehn Prozent der blauen Magiefarbe (Arbeitsgeist) wurde für den Fluch durch den Zauberstab gelenkt. Erstmals neue Farben aufgetreten: Gelb vermischt mit Rostrot und Dunkelgrau.’

„Hermine, wenn Sie die Güte hätte, bei den beiden neuen Farben nachzuschlagen?“, fragte er, dem nicht entgangen war, dass sie seine Aufzeichnungen mitgelesen hatte.
Sie blätterte und blätterte, musste dann aber zu einem anderen Notizbuch greifen, in welchem sie einige Seiten des Buches über Aura-Farben kopiert hatte und dort fand sie die Bedeutung, die sie auch gleich vorlas: „Gelb zusammen mit Rostrot und Dunkelgrau deutet auf Wankelmut hin.“
„Damit hätten wir einen Beleg, dass die Magie auf die innere Einstellung zurückgreift, denn Draco wollte Harry gar nicht angreifen und war daher unentschlossen. Die Magiefarben sind also höchstens im Normalzustand dieselben, ändern sich jedoch durch verschiedenste Einflüsse emotionaler Art“, erklärte Severus trocken. Er nickte Draco zu und verlangte: „Verwende den Imperius an Harry und befiehl ihm, auf dich zuzugehen und Sie, Harry, werden natürlich alles versuchen, um dem Fluch zu widerstehen.“
„Nein, das mache ich nicht!“, sagte Draco erbost. „Das Experiment geht definitiv zu weit, Onkel! Ich werde nichts tun, weswegen man mich nach Askaban schicken könnte.“
Auch Hermine redete dagegen an und äußerte sich zu Dracos Bedenken, indem sie sagte: „Das ist nicht notwendig. Wir wissen ja jetzt, dass schlimme Flüche die Magiefarben beeinflussen können.“
„Was ist schon dabei?“, fragte Severus gelassen. „Wir besprechen das doch im Vorfeld und Harry wird bestimmt nichts dagegen haben, sein Können unter Beweis zu stellen oder?“ Harry sagte kein Wort, so dass Severus versuchte zu erklären: „Womöglich bestätigt die Farbveränderung der Magie, dass bösartige Flüche nur halbherzig oder gar nicht ausgeführt werden können, weil der Zauberer ihn entgegen seiner Überzeugung ausführt. Die vermehrte Anwendung bösartiger Flüche oder gar dunkler Künste könnte jedoch dafür verantwortlich sein, dass die Magiefarben langfristig verändert werden könnten.“
„Was wir aber nicht testen werden, weil das bedeuten würde, dass eine Testperson regelmäßig schlimme oder verbotene Flüche anwenden müsste, um Ihre Vermutung zu bestätigen“, warf Hermine aufgebracht ein. „Ich habe den Trank in erster Linie entwickelt, um Harrys Gabe sichtbar zu machen. Später wird man damit vielleicht einmal Zauberern und Hexen helfen können. Deswegen möchte ich einem Squib den Trank verabreichen, um zu sehen, ob man einen Magiestau oder so etwas erkennen kann; eine Abnormität, die verhindert, dass die Magie durch den Arm in den Zauberstab gelangt. Ich werde meine Testpersonen auf keinen Fall dazu anhalten, mehrmals am Tag einen Unverzeihlichen anzuwenden, nur zu überprüfen, ob sich ihre Magiefarben negativ verändern oder gar komplett verdunkeln! Ich will keine Monster heranzüchten.“

Harry und Draco blickten die beiden schweigend an, während sie der hitzigen Diskussion von Severus und Hermine lauschten. Die beiden führten ein Streitgespräch wie es weder Harry noch Draco jemals erlebt hatten, denn Severus und Hermine wurden auch mal lauter, gifteten sich an und verspotteten die Ansicht des anderen mit beißendem Sarkasmus, den Hermine mittlerweile genauso gut beherrschte wie ihr Lehrer. Jeden Moment würden sie sich an die Gurgeln gehen, dachten die beiden jungen Männer, aber nichts dergleichen geschah.

Während die beiden noch diskutierten, näherte sich Draco seinem goldenen Gegenüber und fragte leise: „Sind die beiden häufig so ungehalten?“
„Keine Ahnung, ich erlebe so ein ’Gespräch’ zum ersten Mal. Ich denke aber, wir müssen uns keine Sorgen machen; immerhin hat keiner von beiden den Zauberstab gezogen“, erwiderte Harry teils belustigt, teils unsicher.

Die Diskussion über Sinn und Unsinn einiger Testverfahren verstummte plötzlich, als Hermine und Severus zeitgleich zu Harry und Draco hinüberblickten. Die beiden jungen Männer standen so dicht beieinander, dass sich ihre Farben leicht berührten.

Harry wunderte sich, weil Hermine und Severus ihn so anstarrten, weswegen er an sich hinunterschaute. Erst da wurde ihm bewusst, warum seine beste Freundin und sein Kollege so fassungslos waren, denn seine Magie schien die nähere Umgebung mit kleinen goldenen Fäden abzutasten, die sich wie die Fühler eines Insekts von seinem Körper streckten. Severus fing sich als Erster und kritzelte etwas auf sein Pergament, während Hermine mit offen stehendem Mund auf die beiden Lichtgestalten blickte.

Als Hermine wieder fähig war, ein Wort hervorzubringen, bat sie: „Haltet euch mal an den Händen.“
„Sonst geht es dir aber gut, Mine?“, fragte Harry herablassend.
„Nun macht schon“, drängte sie.
Harry gab nach und hielt Draco seine Hand entgegen, doch bevor der Blonde zugriff, fragte er: „Das wird aber nicht in dem Bericht stehen oder?“
„Nun ziert euch nicht sondern gebt euch einfach die Hand, Herrgott!“

Ohne weitere Widerworte griff Draco zu und in dem Moment, als sich ihre Hände berührten, gingen ihre Farben ineinander über. Harrys goldener Farbton kroch langsam an Dracos Unterarm hinauf, während Dracos Rot und Blau sich mit dem Gold vermengte. Als die beiden sich wieder losließen, behielt jeder ein wenig Farbe vom anderen bei sich, welche sich mit der eigenen vermengte, bis die fremden Farben nicht mehr zu sehen waren. Gleich darauf flackerte Harrys Farbe kurz auf und verschwand dann komplett, so dass er aufgeregt sagte: „Was ist denn jetzt los? Meine Farbe ist weg!“
Beruhigend antwortete Hermine: „Die halbe Stunde ist bei dir schon um, Harry.“ Draco, der den Trank später eingenommen hatte, leuchtete weiterhin in seinen Magiefarben.

Sich von seinem Tisch erhebend ging Severus auf Harry zu und fragte: „Haben Sie irgendetwas Besonderes gefühlt?“ Harry schüttelte den Kopf, denn er hatte nur Dracos Hand gespürt, wie bei einem normalen Handschlag, aber sonst nichts.
„Severus!“, sagte Hermine plötzlich laut und nachdem er sich zu ihr umgedreht hatte, zeigte sie auf Draco, der seitlich hinter ihm stand.

Er wandte sich seinem Patensohn zu und erstarrte zur Salzsäule. Kleine sich schlängelnde Fäden von smaragdgrüner Farbe hatten sich um Severus’ Arme gelegt und diese Fäden stammten von Draco, der nichts anderes tat als einfach nur dazustehen und wie gebannt auf seine Magie zu schauen, die sich unabhängig von seinem Willen selbstständig gemacht hatte. Severus winkelte seine Unterarme an und betrachtete die an ihnen heraufkriechende Farbe. Hermine näherte sich dem Schauspiel und stellte sich dicht neben Severus und Harry machte es ihr gleich. Während alle vier dem unglaublichen Anblick ihre volle Aufmerksamkeit schenkten, legte Harry eine Hand auf Hermines Schulter. Ohne es zu bemerken, hatte sich einer dieser Magietentakel an Hermines Hand herangetastet und umfasste sie.

„Hermine, sieh mal. Deine Hand“, sagte Harry fasziniert.

Sie hob ihre Hand und blickte auf die kleinen grünlichen Verzweigungen, die sich um ihre Finger gelegt hatten. Harry legte eine Hand auf die ihre und in diesem Moment wurde auch seine Hand von den magischen Fühlern erst zaghaft betastet, dann umschlungen.

„Ich komme mir vor wie ein Krake“, nörgelte Draco, der noch immer bewegungslos vor den dreien stand.

Hermine beobachtete, wie Severus eine Hand auf die grüne Farbe auf seinem linken Unterarm legte, fast so, als wollte er Dracos Magie fühlen wollen, aber es war nichts zu fühlen. Es war nicht einmal spürbar wärmer geworden, wo die Magie einen berührte.

„Warum stand das nicht in Ihren ersten Aufzeichnungen?“, fragte Severus mit einer ruhigen Stimme, in welcher unmerklich ein Hauch Verzauberung mitschwang.
„Wir standen das erste Mal nicht so dicht aneinander. Das, was hier gerade passiert, ist beim ersten Mal nicht geschehen“, erwiderte sie mit ebenso verzückter Stimmlage.

Der Trank bei Draco verlor bald seine Wirkung und die beiden Testpersonen wurden entlassen, weil sich Hermine und Severus nun daran machten, ihre Beobachtungen nicht nur zu notieren, sondern auch zu diskutieren.

„Harry, Draco!“, sagte Severus verabschiedend, bevor er die Tür hinter ihnen schloss.
Draco zog eine Augenbraue in die Höhe und sagte nicht sehr ernst: „Da stellt man sich freiwillig als Laborratte zur Verfügung und dann wird am Ende lieblos hinausgeworfen.“

Harry musste auflachen, bevor Draco und er zusammen ein wenig den Gang hinuntergingen, denn Dracos Räume lagen ganz in der Nähe.

„Es macht mir ein wenig Sorgen, was wir eben erlebt haben“, sagte Harry leise und nachdenklich.
Natürlich war Draco hellhörig geworden, weswegen er fragte: „Was genau meinst du?“
„Na, dass die Magie auf andere Menschen übergehen kann“, erklärte er, doch Draco zuckte nur mit den Schultern.
„Warum sollte es dir Sorgen machen? Es ist doch nichts geschehen. Und so, wie ich es verstanden habe, geschieht das tagtäglich mit jeder Person, der man näher kommt, nur dass man es mit dem Trank das erste Mal sehen konnte.“ Draco verstand wirklich nicht, warum er sich sorgte.
Seufzend machte Harry deutlich: „Aber was, wenn jemand ’schlechte’ Magiefarben hat und man mit dieser Person sehr viel Zeit verbringt? Meinst du nicht, das könnte irgendwann einmal Auswirkungen haben?“

Natürlich wusste Harry von Hermine, dass Severus’ Magiefarbe Grau war und dies nichts Gutes verkündete.

Draco spitzte die Lippen und dachte einen Moment nach, bevor er selbstsicher antwortete: „Du vergisst, dass es andersherum genauso ist.“
„Was?“ Harry verstand nicht ganz, auf was Draco hinaus wollte.
„Überleg doch mal: Wenn du davon ausgehst, dass ’schlechte’ Farben Einfluss auf jemanden haben könnten, dann werden ganz sicherlich ’gute’ Farben auch Einfluss auf ’schlechte’ haben. Alles im Leben gleicht sich irgendwie wieder aus.“ Draco stutzte einen Moment, weil ihm ein Gedanke durch den Kopf schoss, bevor er fragte: „Hat das mit den ’schlechten’ Farben irgendeinen Bezug auf etwas, das mich interessieren könnte?“ Er war nicht auf den Kopf gefallen und ging davon aus, dass Severus und Hermine den neuen Trank anfangs gegenseitig an sich selbst getestet haben mussten. „Was ist bei Severus nicht in Ordnung, Harry?“, fragte Draco diesmal genauer. Harry blieb stehen, blickte Draco verdattert an und grübelte darüber nach, ob Draco schon etwas von Hermine erfahren haben könnte. „Harry! Was sind Severus’ Farben und was bedeuten Sie?“
„Da fragst du besser Hermine“, antwortete er salopp, doch damit wollte sich Draco nicht zufrieden geben.
„Weich mir nicht aus! Hat sie dir erzählt, was mit ihm geschehen ist, als ich neulich mit ihm geredet hatte? Ich habe gesehen, dass seine Augenfarbe sich verändert hat und ich weiß, dass ihr beide irgendwas macht, um ihm zu helfen. Ich möchte wissen, was ihm fehlt, Harry!“, sagte Draco mit Nachdruck.
Nochmals musste Harry seufzen, bevor er zugab: „Wir wissen nicht, was ihm fehlt, aber wir glauben zu wissen, DASS ihm etwas fehlt. Es ist schwer zu erklären.“
Draco stieß Luft durch die Nase aus, was ihn für einen Moment sehr arrogant erscheinen ließ, doch dann klopfte er Harry zweimal auf die Schulter, bevor er sagte: „Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir drei uns mal zusammensetzen!“ Gleich drauf verabschiedete sich Draco und ließ einen verdutzten Harry zurück.
Zuletzt geändert von Muggelchen am 02.02.2011 00:33, insgesamt 2-mal geändert.
Three Characters in Search of an Exit - eine Satire mit Harry, Hermine und Severus
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Lily Luna
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Beitrag von Lily Luna »

Naja, ich muss mir noch ein paar kapitel durchlesen, also kann es mit meiner nächsten Review noch etwas dauern.. erst mal die letzten 10 Kapitel... und dann ,mal weiter, en ;)
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Set von nath.


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Rhea
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Beitrag von Rhea »

die "Krake" ist cool, Muggelchen.

Rhea

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Muggelchen
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Beitrag von Muggelchen »

Hi Lily Luna,

na, bei welchem Kapitel bist du jetzt angelangt? Lass hören, was dir gefällt oder nicht gefällt. Wenn du schon so weit bist, muss ja irgendwas gefessel haben :wink:

Hallo Rhea,

mit "Krake" konnte ich am besten beschreiben, wie das mit der Magie aussieht. Die Fäden, die wie die Tentakel eines Krake umherfühlen. Freut mich, dass dir das gefallen hat :D

Lieben Gruß,
Muggelchen




121 Schützende Hände




In der letzen Novemberwoche stapfte Remus mit einem Lumos an der Stabspitze durch den wadenhohen Schnee, um weitere Schutzzauber im gesamten Gebiet rund um Hogwarts zu legen. Seine Arbeit bei Rosmerta war für heute getan und jetzt kümmerte er sich wieder um die Aufgabe, die ihn ursprünglich hierher nach Hogsmeade verschlagen hatte: Hogwarts sichern. Bisher war keiner der Schutzzauber aktiviert worden, denn dann hätte sein Zauberstab laut geschrillt. An Findlingen, Bäumen und Sträuchern legte er weitere Schutzzauber aus, die ihm jeden Muggel melden würden, der die von ihm gelegte Grenze überschreiten würde. Der Wind pfiff ihm um die Ohren und war so kalt, dass Remus sich auf seinem gedanklichen Merkzettel notierte, dass er unbedingt einen dickeren Mantel brauchen würde, den er sich aufgrund seines Gehalts endlich aus eigener Tasche leisten konnte, als er plötzlich stutzte und stehen blieb. Vor ihm, im Schein der Zauberstabspitze, entdeckte er eine rotweiße Getränkedose, die auf dem neu gefallenen Schnee lag. Vorsichtig beäugte er den blechernen Gegenstand, bevor es ihm eiskalt den Rücken hinunterlief, jedoch nicht, weil es so frostig war. Jemand musste hier gewesen sein und zwar heute, denn eingeschneit war der Gegenstand nicht. Mit einem Zauberspruch untersuchte Remus die Dose, bevor er sie verkleinerte und in die Jackentasche steckte. Obwohl er bitterlich fror, ging er weiter, denn ganz in der Nähe der Dose hatte er Fußspuren im Schnee entdeckt.

Eineinhalb Stunden später war er zurück im Pub. Remus verabschiedete sich von Rosmerta, ging auf sein Zimmer und kniete sich sofort an den Kamin, um Albus anzuflohen.

„Albus?“, fragte er und nachdem der Direktor sich gemeldet hatte, atmete er erleichtert aus. „Albus, ich habe einen Muggelgegenstand gefunden, der kurz vor meiner errichteten Schutzbarriere lag. Heute muss ein Muggel hier gewesen sein und ehrlich gesagt ist mir das ein wenig zu nahe an der Schule.“
„Hast du jemanden gesehen?“, wollte Albus wissen.
„Nein, nur ein paar Fußspuren, die ich nicht weiter verfolgen konnte“, antwortete Remus gewissenhaft, denn nachdem die Abdrücke im Schnee in der Nähe eines Flusses nicht mehr zu erkennen gewesen waren, war er umgekehrt.
Mit warmer Stimme sagte Albus: „Wenn die Fußspuren nicht nach, sondern von Hogwarts wegführten, denke ich nicht, dass wir etwas zu befürchten haben, aber es ist gut, dass du mich gleich unterrichtet hast, Remus.“ Er nickte dem Schuldirektor zu und verabschiedete sich.

Mit einem Male kam Remus sich ein wenig dämlich vor, weil er scheinbar überreagiert hatte. Es war nur eine Dose gewesen und die Fußspuren hatten tatsächlich von Hogwarts weggeführt, was jedoch auch bedeutete, dass jemand erst bis zu dieser Stelle gegangen war. Aufgrund dieser Erfahrung konnte er ein bedrohliches Gefühl in seiner Magengegend ausmachen, denn diese Sache war ihm nicht geheuer. Es gab hier weit und breit kein Muggeldorf, sondern nur Hogsmeade und vereinzelte Häuser in der näheren Umgebung wie das der Sabberhexe, die noch zum Dorf gehörten. Möglicherweise stammte die Büchse nur von einem muggelgeborenen Zauberer, redete sich Remus ein, doch er wollte trotzdem auf der Hut bleiben.

In einem heißen Bad wärmte sich Remus wieder ein wenig auf und er hoffte innig, keine Erkältung zu bekommen, denn für einen Erkältungstrank müsste er einige Galleonen hinlegen.

Zur gleichen Zeit brauten Severus und Hermine an diesem Abend die letzten beiden Kessel mit je einem Trank gegen Erkältungen, denn Poppy hatte die beiden gebeten, ihr bei der Arbeit etwas unter die Arme zu greifen.

„Bittet Poppy Sie eigentlich oft darum, Tränke für sie zu brauen?“, fragte Hermine nebenbei, während sie ihren Trank weiterhin behutsam umrührte.
„Es kommt gelegentlich vor. Vor Schulbeginn hatte ich ihr mit dem ’Trank der lebenden Toten’ etwas ausgeholfen. Ich habe damit gerechnet, dass sie mich zur passenden Jahreszeit um Erkältungstränke bitten würde“, erwiderte er ruhig, ohne seine Augen vom Kessel abzuwenden.
Lächelnd nahm Hermine zur Kenntnis, dass es ihm zu gefallen schien, Poppy auf diese Weise nützlich sein zu können, bevor sie fragte: „Sie kennen Sie schon sehr lange oder?“
Erst jetzt hob er seinen Kopf und blickte sie mit undefinierbarem Gesichtsausdruck an, ehe er erklärte: „Sie war schon in Hogwarts angestellt und führte die Krankenstation…“
Hermine unterbrach: „Als Sie hier zur Schule gingen.“ Nickend stimmte Severus ihr zu und beließ es dabei, doch Hermine war neugierig. „Kennen Sie sie gut oder ist sie nur eine Kollegin für Sie?“
Mit gelangweiltem Gesichtsausdruck antwortete Severus: „Sie war eine Freundin meiner Mutter.“
„Oh…“, war das Einzige, das Hermine herausbringen konnte. Diesmal trieb sie die Neugierde an seiner Person dazu an, vorsichtig nachzufragen: „Lebt Ihre Mutter noch?“
„Nein“, war die knappe Antwort und Hermine hielt sich zurück, ihn über seine Familie auszufragen, auch wenn es sie sehr interessierte.

In der letzten Woche war Hermine aufgefallen, dass Severus aufgehört hatte zu fragen, bei welchem Kapitel des Buches „Geistreiches“ sie angelangt war. Nach getaner Arbeit grübelte sie in ihrem Zimmer im vierten Stock eine ganze Weile darüber nach, doch sie kam einfach nicht darauf, was sein abruptes Desinteresse an den von ihr bereits gelesenen Kapiteln herbeigeführt haben könnte. Sie nahm eine Dusche und wusch sehr grünlich den öligen Balsam aus ihrem Haar, bevor es ihr plötzlich wieder einfiel. Als sie gesagt hatte, sie hätte Kapitel neun gelesen, war er für einen kurzen Moment erstarrt ganz so, als würde er ihre Reaktion zum nächsten Kapitel befürchten und nachdem sie ihm am nächsten Tag gesagt hatte, dass sie Kapitel zehn komplett hinter sich gebracht hatte, hatte seine Fragerei aufgehört. Das war wirklich sehr seltsam, dachte sie, während sie sich abtrocknete. Möglicherweise befand sich im zehnten Kapitel etwas, das ihr hätte auffallen müssen, fragte sie sich still. Es musste einen Grund geben, warum er erstarrt war.

Es ließ ihr keine Ruhe, weswegen sie nicht ins Bett ging, sondern sich auf ihre Couch setzte, um das zehnte Kapitel nochmals zu lesen. Der Titel lautete „Schützende Hände“, worunter sie sich beim ersten Mal gar nichts hatte vorstellen können, doch sehr bald hatte der Titel einen Sinn bekommen.

Von vorn begann Hermine den Abschnitt über Tränke und Kombinationszauber zu lesen, die allesamt nur einem Zweck dienten, nämlich etwas zu behüten. Es gab Tränke, die den Intellekt bewahren würden und gegen Senilität schützten. Eine Tinktur sorgte für die Aufrechterhaltung der vorhandenen Liebe zu einem Menschen und eine anderer würde den Geist behutsam einschließen, so dass man nie dem Wahnsinn verfallen würde, sollte man beispielsweise ungeschützt dem verführerischen Gesang eines Fwuupers ausgesetzt sein. Alles in allem behandelte das Kapitel „Schützende Hände“ verschiedene Schutztränke für einzelne Bereiche des Geistes und des Herzens. Wenn Severus jedoch etwas verloren hatte, was er finden und in seinen Ursprungszustand zurückversetzen wollte, warum war Kapitel zehn scheinbar so wichtig?

In dieser Nacht, in welcher Hermine das Kapitel wieder und wieder von vorn las, ereignete sich ein Zwischenfall in der Nähe von London. Der bärtige Wärter einer kleinen Strafanstalt drehte gewissenhaft seine Runden, bevor er einen Abstecher in den Keller machte. Dort öffnete er, wie schon vor Tagen, als er seine Pläne das erste Mal durchgegangen war, den Sicherungskasten mit einem Schlüssel. Anstelle von Kabeln befanden sich hier jede Menge blinkender Leuchten, Knöpfe und Schalter wie auch eine Anzeigetafel mit einem schwarzen, hin und her vibrierenden Pfeil, der sich im grünen Bereich befand. Mit seinen behandschuhten Fingern drückte der Bärtige zielstrebig drei Knöpfe: die beiden grünen rechts oben und den roten gleich daneben. Danach ließ er zwei Schalter nach unten schnappen. Der Pfeil in der Anzeige schoss nach links; ein Zeichen dafür, dass kein Strom mehr durch dieses Gebäude führte.

In null Komma nichts war der Bärtige wieder nach oben geeilt. Er lief einen Gang entlang, bis die Tür fand, die er suchte. Mit einem altmodischen Schlüssel öffnete er die Tür und wurde gleich mit den Worten empfangen: „Gott sei Dank!“
Der Bärtige grinste, bevor er zu dem Gefangenen sagte: „Pablo und Arnold müssten gleich kommen. Die Türen in deren Trakt werden nur elektronisch gesichert und nicht noch per Hand abgeschlossen. Wenn sie hier sind, verschwinden wir.“

Die beiden Männer verhielten sich ruhig, während sie die Stufen hinunter in den Keller gingen. Sie warteten in der Nähe des Sicherungskastens, als Tyler ihn leise fragte: „Was ist mit deinem Kollegen? Ihr seid doch nachts immer zu zweit.“
Der Bärtige zog eine Augenbraue in die Höhe und erklärte: „Er hatte einen kleinen ’Unfall’ in der Küche. Wenn er Glück hat, wird er wieder aufwachen und wenn nicht…“ Er zuckte gleichgültig mit den Schultern und wollte gerade noch etwas sagen, da ließ ihn ein Geräusch verstummen. Vorsichtshalber suchten beide Männer Schutz in einer dunklen Nische.
Eine leise Stimme durchbrach die Stille: „Dad?“
„Pablo“, erwiderte der Bärtige, als er sein schattiges Versteck verließ, doch er erstarrte zur Salzsäule. Neben Pablo stand noch ein anderer junger Mann. „Wer ist das?“, fragte er seinen Sohn erzürnt. Er konnte nicht zulassen, dass sein Fluchtplan zunichte gemacht werden würde.
„Ich teile ein Zimmer mit ihm, Dad. Er ist wach geworden, als ich die Tür geöffnet habe und er wollte mitkommen“, antwortete Pablo, der innig hoffte, dass man Rasim einfach mit in die Freiheit nehmen würde, denn der würde sofort bei seinen Freunden untertauchen.

Das Gesicht seines Vaters verzog sich vor lauter Wut zu einer Grimasse, doch dann nickte er. Der Zimmergenosse seines Sohnes schien nicht einmal volljährig zu sein, denn Pablo selbst war wie auch Arnold, weil beide niemals zuvor polizeilich auffällig geworden waren, wegen ihres jungen Alters in den Trakt der anliegenden Jugendhaftanstalt gesteckt worden.

Der Bärtige hielt Pablo einen Schlüssel entgegen und sagte: „Du weißt, wo es lang geht! Den Gang entlang, an der Küche links und da ist die Garage für die Wachen. Wirf meinen Wagen schon mal an, Junge.“ In diesem Moment hörte man eine Stimme sagen: „Aber ihr wollt doch nicht ohne mich fahren?“ Arnold hatte den Weg aus seinem Trakt in den Keller gefunden.
„Arnold, geh gleich mit Pablo mit“, befahl Pablos Vater und der junge Mann gehorchte.

Den Schlüssel entgegennehmend nickte Pablo, bevor er mit Arnold in Richtung Garage ging. Rasim wollte den beiden folgen.

„Moment mal, junger Mann“, sagte Pablos Vater. „Wohin so eilig?“
„Ich will hier raus“, antwortete Rasim ehrlich.
„Nicht so schnell, ich brauch dich noch.“ Mit seinem Kopf nickte er zum Sicherungskasten. „Mach ihn auf und drück die beiden grünen Knöpfe rechts und dann den roten daneben.“

Zögerlich kam Rasim der Aufforderung nach. Er öffnete den Kasten und drückte die entsprechenden Knöpfe, aber nichts geschah. Tyler sah gerade noch, wie Pablo und Arnold am Ende des Ganges bereits den Keller verlassen hatten, da wurde er von einem ihm wohlbekannten gedämpften Knall aufgeschreckt. Als er seinen Kopf zu Rasim drehte, sah er nur noch, wie der junge Mann sich den blutenden Hals hielt und zu Boden ging.

„War das notwendig?“, fragte Tyler, der den noch qualmenden Lauf der schallgedämpften Waffe in der Hand von Alejandro beäugte.
„Ich kann kein Risiko eingehen! Und außerdem sind jetzt seine Fingerabdrücke auf den Knöpfen; das stiftet bestimmt ein wenig Verwirrung“, sagte er und wandte sich ab, um seinem Sohn zu folgen. „Komm schon, jetzt geht’s in die Freiheit.“

In der Garage startete Pablo den Wagen, nachdem er gesehen hatte, wie die Tür zur Garage geöffnet worden war. Sein Vater und Tyler näherte sich; von Rasim keine Spur, doch Pablo fragte nicht nach ihm, befürchtete aber Schlimmstes. Fahren durfte Pablo den Wagen nicht, weswegen er ausstieg und hinten bei Arnold in dem geräumigen Fahrzeug Platz nahm. Die Flucht aus der kleinen Strafanstalt, in welcher noch nicht verurteilte Straftäter auf ihre Verhandlung warteten, war leichter als gedacht. Sämtliche Überwachungskameras waren durch den Stromausfall nicht mehr in Betrieb wie auch die hölzerne Schranke, der sie sich näherten. Alejandro bremste, stellte den Wählhebel auf „Parken“ und ließ den Motor laufen, als er ausstieg. Pablo, Arnold und Tyler beobachten, wie Alejandro etwas aus dem Kofferraum holte und damit zur Schranke ging. Tyler begann zu lachen, als er den Gegenstand erkannte.

„Dein Vater hat immer alles Wichtige dabei, nicht wahr?“, fragte Tyler noch immer lachend.

Mit einer Kettensäge hatte Alejandro innerhalb weniger Sekunden die Schranke zersägt, bevor er den Kofferraum erneut öffnete und das Werkzeug wieder verstaute.

Nachdem er sich in den Wagen gesetzt hatte, sagte Alejandro schmunzelnd: „Ich werde den schicken Wagen doch nicht zerbeulen.“
„Wo fahren wir jetzt hin?“, wollte Pablo wissen.
„Wir fahren erst einmal zu einer Tankstelle außerhalb Londons, tanken voll, entleeren im Gegenzug unsere Blasen und kaufen uns noch etwas Verpflegung, denn der Weg wird lang. Wir fahren zu Hopkins“, erklärte ihm sein Vater.
Pablo runzelte die Stirn und fragte: „Nach Aberdeen?“
„Nein, zur Festung.“
„Wo ist Alex?“, fragte Arnold, der sich nach seiner Festnahme sehr um seinen jüngeren Bruder gesorgt hatte.
„Der ist bei Hopkins in Sicherheit“, antwortete Tyler, ohne einen Blick nach hinten zur Rückbank zu werfen, denn dann hätten die beiden jungen Männer wahrscheinlich bemerkt, dass er gelogen hatte.

Am nächsten Morgen wurde Harry von einer Eule überrascht, die ihm ein Päckchen brachte. Fred und George schickten ihm manchmal einen Prototyp von ihren Ideen und von Harry wollten sie die Meinung wissen. Er staunte nicht schlecht, als sein Blick auf ein feuerrotes Auto fiel. Es handelte sich um einen Jeep, der so groß war, dass man ihn nur mit beiden Händen packen konnte. Dazu gab es eine Fernbedienung und anhand des Schreibens der Zwillinge erfuhr er, dass es eine magische Steuervorrichtung war. Als Ginny sein kindisches Grinsen wahrnahm, musste sie nur den Kopf schütteln.

„Ich…“, begann Harry. „Ich, ähm, teste vor dem Frühstück nur mal eben den neuen potenziellen Verkaufsschlager auf dem Gang, ja?“, sagte Harry vorgetäuscht ernst und gleich darauf war er auch schon mit Auto und der Fernbedienung zur Tür hinaus. Harry stellte das Auto auf den Boden, tippte einmal mit seinem Zauberstab die Fernbedienung an und schon konnte er mit dem Wagen losdüsen. Es gab nur einen großen Unterschied zu normalen Muggel-Modellen, denn dieses hier konnte atemberaubende Stunts vollführen, die auf magische Weise ermöglicht wurden. Er ließ das Auto manchmal auf nur zwei Rädern fahren, sorgte dafür, dass es „Rampen“ hinauffuhr und sich gleich darauf mehrmals überschlug und derweil rannte er dem roten Wagen wie ein begeistertes Kind bis in die Eingangshalle hinterher, die er um diese Zeit noch für sich allein hatte.

Das Surren des Antriebs und das Quietschen der Räder ließen Harrys Augen fröhlich funkeln, bis das Auto an einen schwarzen Schuh prallte, dessen Besitzer daraufhin auch noch anfing zu zetern: „Können Sie nicht aufpassen? Was ist das überhaupt?“
„Tut mir Leid, Severus. Das ist ein ferngesteuertes Auto von den Zwillingen. Sie wollen es auf den Markt bringen, aber vorher wollen sie meine fachkundige Meinung einholen“, sagte Harry übertrieben stolz, während er zur gleichen Zeit mit den Hebeln den Rückwärtsgang des Modellautos betätigte, um sich vor Severus’ Füßen in Acht zu nehmen, falls die nach dem Wagen treten sollten.

Severus gesellte sich zu Harry und betrachtete wortlos eine Weile, wie Harry vergnügt den Wagen lenkte; merkte sich dabei, wie Harry mit der Steuerung umging, bis er sagte: „Da! Da vorn ist Mrs. Norris.“
„Und was wollen Sie mir damit sagen, Severus?“, fragte Harry ahnungslos, der sich nicht vorstellen konnte, dass sich sein Kollege Sorgen wegen eines Rüffels von Filch machen könnte, selbst wenn an den Stellen, an denen er das Auto mit quietschenden Reifen hatte wenden lassen, schwarze Spuren auf dem Marmorboden zu sehen waren. Severus antwortete nicht, sondern nahm seinem Kollegen einfach die Fernbedienung aus der Hand. Ein paar Mal fuhr er hin und her, bis er mit der Steuerung einigermaßen vertraut war und dann, zu Harrys Erstaunen, lenkte er den Wagen in Richtung Mrs. Norris, die beim Anblick des roten Flitzers erschreckte und sofort davonsprintete – Severus mit dem Wagen hinterher.

Fassungslos und mit weit aufgerissenen Augen betrachtete Harry den Wagen und er musste lachen, als die Katze einen Satz nach oben machte, über das Auto hinweg, und in die entgegengesetzte Richtung lief. Severus wendete den Wagen laut quietschend und fuhr ihr erneut hinterher. Mrs. Norris mauzte laut, bevor die Stimme von Filch zu hören war, der hinter einer Ecke auftauchte und das Tier in seine Arme nahm. Severus drückte die Fernbedienung an Harrys Brust und ließ einfach los, so dass Harry sie aus reinem Reflex festhielt. Filch blickte sich in der Eingangshalle um und erblickte Harry mit der Fernbedienung. Danach betrachtete er das nun bewegungslose Auto auf dem Boden, welches Mrs. Norris gejagt hatte. Wutentbrannt kam Filch mit Mrs. Norris im Arm auf Harry zu; Severus würdigte er keines Blickes.

„Professor Potter! Wie können Sie es wagen, das arme alte Tier so zu hetzen? Als Lehrkraft hätte ich vermutete, Sie wären langsam Herr über Ihr kindisches Verhalten, aber offensichtlich habe ich mich da geirrt!“ Harry öffnete den Mund, um sich zu rechtfertigen, doch Filch ließ ihn nicht zu Wort kommen, sondern drohte: „Das wird ein Nachspiel haben, Professor Potter. Ich werde mich beim Direktor über Ihre Späßchen beschweren und ich werde verlangen, dass Sie dafür bestraft werden!“

Mit großen Augen hatte Harry die Rüge über sich ergehen lassen, auch wenn es gar nicht sein Verschulden gewesen war. Severus hätte diesen Ranzer abbekommen müssen, aber doch nicht er. Endlich fand Harry seine Stimme wieder und er sagte aufgeregt: „Hören Sie, Mrs. Filch hat doch gar keinen Schaden davongetragen.“
Filchs Augen formten sich zu kleinen Schlitzen, bevor er mit vor Zorn verzerrtem Mund und mit sehr feuchter Aussprache leise, aber dennoch erbost tadelte: „Und dass Sie es dann auch noch wagen, mich so zu beleidigen, Professor Potter.“

Erst in diesem Moment fiel Harry der Fauxpas auf, denn er hatte die Katze „Mrs. Filch“ genannt. Peinlich berührt kniff er die Lippen zusammen und überlegte, ob eine sofortige Entschuldigung die Situation vor einer Eskalation bewahren könnte, doch es war bereits zu spät. Filch war stinksauer und verließ die beiden, während er Mrs. Norris an sich drückte und ihr gut zuredete, um sie zu beruhigen.

Nachdem Filch die Eingangshalle verlassen hatte, hörte Harry ein brummendes Geräusch und als er neben sich blickte, sah er Severus leise lachen.

„Sie können außerordentlich niederträchtig sein, wenn Sie möchten, Harry“, sagte sein Kollege mit einem frechen Funkeln in den braunen Augen.
„ICH? Sie meinen wohl sich selbst! Sie haben seine Katze gejagt und ich bekomme dafür den Anschiss“, sagte Harry fassungslos.
„Achten Sie auf Ihre Aussprache“, schalt ihn Severus.
Völlig verdattert blickte Harry seinen Kollegen an, bevor es aus ihm heraussprudelte: „Wenn einer von uns beiden niederträchtig ist, dann sind das ja wohl Sie! Ich dachte, Sie wären mein Freund.“
Beruhigend versicherte Severus: „Ach, Sie werden schon mit so einer Situation fertig werden, Harry. Ich möchte mich bei Ihnen auf jeden Fall für dieses sehr amüsante Intermezzo bedanken. Jeder Tag sollte so beginnen, meinen Sie nicht?“ Severus grinste noch immer und zog belustigt eine Augenbraue hinauf, während er Harry in die Augen blickte. Einen Moment später drehte er sich und ging in Richtung große Halle, wo er mit Sicherheit als einer der Ersten das Frühstück genießen würde. „Kommen Sie auch frühstücken?“, fragte Severus mit freundlicher Stimme.
„Ich bringe lieber erst das Auto weg“, erwiderte Harry etwas betreten.

Den ganzen Tag über, wenn Harry während der Pausen auf dem Hof oder in der großen Halle auf Filch getroffen war, hatte er dessen verachtende Blicke auf sich gespürt, die Harry jedes Mal beschämt das Haupt hatten senken lassen. Er wollte wirklich nicht das suggerieren, was er mit seinem Ausrutscher gesagt hatte.

Am Anfang der letzten Unterrichtsstunde kam eine Schülerin an sein Pult und überreichte ihm eine Nachricht. Mit zittrigen Händen öffnete er den Zettel, um die ihm vertraute Handschrift von Albus zu lesen, der da schrieb:


„Lieber Harry,

komm doch heute bitte nach Unterrichtsschluss in mein Büro.

Liebe Grüße,
Albus“


Er fühlte sich momentan wie ein Schüler, der mit dem Schlimmsten rechnen müsste, aber das Gemeine daran war, dass ihn nicht einmal die Schuld traf. Dafür würde er es Severus irgendwie heimzahlen, dachte sich Harry. Natürlich nicht so bösartig, dass sein Kollege einen Schaden erleiden würde, aber irgendwie würde er sich schon zu revanchieren wissen.

Das Gespräch mit Albus war, wie er es eigentlich hätte erwarten müssen, sehr entspannt verlaufen. Harry hatte für die gesamte Situation mit Filch Reue gezeigt und versichert, dass „Mrs. Filch“ ihm unbeabsichtigt und ohne bösen Hintergedanken einfach herausgerutscht sei, weil er es seit seiner Schulzeit nicht mehr gewohnt war, vom Hausmeister so grob angesprochen zu werden und ihn das verwirrt hatte. Die „Strafe“, die Harry bekommen hatte, bestand lediglich daraus, an diesem Wochenende die Schüler nach Hogsmeade begleiten zu müssen, was in Harrys Augen nicht wirklich eine Strafe war und da kam ihm plötzlich die Idee, wie er sich an Severus rächen könnte und so teilte er Albus seinen Vorschlag mit.

In den Kerkern war Severus bereits mit Hermine dabei, ein Testkonzept für ihren Farbtrank zu erstellen, als es an der Tür klopfte.

„Herein“, sagte Severus laut.
Nachdem die Tür sich geöffnet hatte, trat Harry ein und er rückte gleich mit der Sprache raus: „Ich bin wegen heute Früh zu Albus zitiert worden.“
„Und?“, wollte Severus mit einem nur schwerlich unterdrückten Lächeln wissen.
„Ich muss am Samstag mit nach Hogsmeade gehen“, erklärte Harry.
Etwas verdutzt warf Hermine ein: „Aber darauf freust du dich doch schon die ganze Zeit, endlich mit Ginny zusammen…“
Unterbrechend stellte Harry richtig: „Ja schon, aber das wusste Albus ja nicht.“ An Severus gewandt sagte er: „Ein weiterer Lehrer fehlt ihm für den Ausflug übrigens noch, weil die meisten sich wohl nicht gerade drum reißen. Wir sind erst drei.“
Belustigt erklärte Severus: „Es ist viel leichter, einen Sack Flöhe zu hüten! Die Schüler, wenn sie erst einmal den Honigtopf hinter sich gebracht und sie Mengen an Zucker verschlungen haben, sind so dermaßen überdreht, dass kein Lehrer sich dem freiwillig aussetzen möchte.“
„Ist das so? Na ja, ich habe Albus auf jeden Fall gesagt, dass es Ihnen sicherlich eine Freude wäre, mit mir zusammen an diesem Samstag den Hogsmeade-Ausflug zu betreuen“, sagte Harry, bevor sich ein teuflisches Grinsen auf seinem Gesicht abzeichnete.
„Sie haben was?“
„Sie haben richtig gehört! Albus hat Sie auf mein Anraten hin für Samstag in den Plan eingetragen und wissen Sie was, Severus? Ich freue mich schon richtig drauf!“, sagte Harry hämisch lächelnd. „Wir sehen uns. Viel Spaß noch!“

Eine ganze Weile starrte Severus noch auf die Tür, die Harry von außen geschlossen hatte, als er neben sich die sanfte Stimme seiner Schülerin hörte, die ihn fragte: „Habe ich da irgendwas verpasst?“
Von der nicht erwarteten Retourkutsche noch ganz baff drehte sich Severus zu Hermine und erklärte: „Wie es aussieht, erhalte ich nur eine gerechte Strafe.“ Er seufzte, bevor er noch anfügte: „Und wie Sie eben gehört haben, werden wir am Samstag erst spät am Nachmittag mit der Arbeit beginnen können, weil mein Vormittag anderweitig verplant worden ist.“ Seine Papiere zusammensuchend suggerierte er: „Wir sollten unsere Arbeit in mein Büro verlegen. Es handelt sich momentan ja nur um Schreibkram.“

In seinem Büro winkte er sie unerwartet an sein Schreibpult hinüber, bevor er mit einem Aufrufezauber auch einen Stuhl herbeirief. Sie setzte sich und betrachtete die Dinge auf seiner Arbeitsfläche. Es war aufgeräumt, auch wenn so viel auf dem Pult herumlag. Da waren noch nicht korrigierte Aufgaben der Schüler an der rechten Ecke gestapelt, während links, ganz ihn ihrer Nähe, persönlichere Schreiben und Arbeiten auf einem Haufen lagen. Darunter auch, das konnte sie erkennen, ein Brief vom Ministerium und unter dem einer, der von Linda sein musste, denn sie konnte die Hälfte der Adresse in Lindas Handschrift erkennen.

Den Brief vom Ministerium nahm Severus unverhofft vom Stapel, womit er Lindas Brief freilegte. Er zog ein Blatt Pergament hinaus und hielt es Hermine vor die Nase.

„Ihre Bestätigung für das Patent. Bewahren Sie es gut, Hermine“, sagte er mit warmer Stimme.
„Und was muss ich deswegen noch machen?“, wollte sie wissen.
Mit Hilfe des zweiten Blatts Pergament, das der Bestätigung beilag, beantwortete er ihre Frage: „Hier ist eine Auflistung vom Ministerium für die geforderte Wirkungsbestätigung Ihres Trankes. Man fordert eine genaue Auflistung der Zutaten und der Zubereitungsart, darüber hinaus die Ergebnisse von mindestens drei Tests. Hier steht beschrieben, was noch beachtet werden muss.“
„Wie lange haben wir dafür Zeit?“, fragte sie besorgt, denn möglicherweise müsste sie sich sputen, um ihre Ziele bewältigen zu können.
„Ein Jahr! Das sollte vollkommen ausreichen, um mit Resultaten imponieren zu können“, antwortete er schmunzelnd.
Sie riss die Augen auf. „Ein Jahr? Das ist viel Zeit.“
„Ich würde sagen, wir kümmern uns jetzt überwiegend um Ihren Trank, damit Sie bald von Ihrem Erfolg profitieren können“, schlug er vor.
Hermine stutzte und fragte verdattert: „Und was wird aus meiner Ausbildung bei Ihnen?“
„Was wollen Sie denn noch lernen?“
„Ich habe nicht einmal ein Jahr bei Ihnen rum. Der Vertrag geht für drei Jahre“, hielt sie ihm vor Augen.
Er nickte verständnisvoll, erklärte jedoch: „Alles, was vom Ministerium für die Prüfung zur Zaubertränkemeisterin verlangt wird, beherrschen Sie.“
„Das ging ein wenig schnell, finden Sie nicht? Haben Sie die Richtlinien vom Ministerium zur Hand? Ich würde gern mal nachschauen“, sagte sie.
„Wenn es unbedingt sein muss? Sie sind in meinen privaten Räumen unter Verschluss. Ich werde Sie gern holen“, bot er an und sie nickte, woraufhin er sich erhob und sein Büro verließ.

Auf einmal sah sich Hermine mit der Möglichkeit konfrontiert, einen Blick in Lindas Brief werfen zu können. Sie war neugierig darauf, wie ein Briefwechsel mit Severus aussehen könnte. Das Schreiben lag genau vor ihr; sie brauchte nur den Arm ausstrecken und schon würde sie ihn in der Hand halten.

Um der Versuchung zu widerstehen stand Hermine auf und ging ein paar Schritte um den Pult herum, an den sie sich mit ihrem Gesäß anlehnte. Mit verschränkten Armen wartete sie mit zur Tür gerichtetem Blick auf Severus, der gerade mal ein paar Sekunden weg war oder war schon eine Minute umgegangen? Zeit genug hätte sie, einen Blick hineinzuwerfen, dachte sie und dann, sie konnte es gar nicht aufhalten, drehte sie sich um und griff nach dem Brief. In Windeseile hatte sie das Schreiben entfaltet und las die Zeilen, die in sauberer Handschrift verfasst worden waren.

’Lieber Severus’, las Hermine in Gedanken und sie fragte sich, wie innig das Verhältnis der beiden aufgrund dieser Anrede wohl noch – oder wieder – sein würde. Wortlos las sie für sich selbst weiter: ’Es ist schade, dass du keine Zeit findest. Ich würde mich gern mal mit dir treffen, aber ich verstehe, dass dein Terminplan überfüllt sein muss. Immerhin bist du Lehrer und hast zudem noch eine private Schülerin, die auch etwas lernen möchte. Desto mehr freue ich mich, dass du einem Briefkontakt zugestimmt hast. Ich habe…’

Innehaltend konzentrierte sich Hermine auf das plötzliche Gefühl, beobachtet zu werden und sie schloss reuevoll die Augen, weil sie ahnte, dass Severus hinter ihr stehen musste.

„Sie genießen jede freie Minute, um Ihre Nase in meine privaten Angelegenheiten zu stecken, nicht wahr?“, hörte sie seine leise Stimme fragen. Er stand direkt hinter ihr, wie sie es vermutet hatte.

Seufzend atmete sie aus. Mit leicht zittrigen Fingern faltete sie den Brief und steckte ihn ordentlich wieder in den Umschlag, bevor sie ihn auf den Stapel zurücklegte. Ihr Blick fiel auf ein Lineal, das auf seinem Pult lag. Sie nahm es, drehte sich zu ihm um und reichte es ihm. Etwas verblüfft nahm er es entgegen, war jedoch offensichtlich unsicher, was er damit anstellen sollte. Mit schuldgeplagtem Gesichtsausdruck schaute sie ihm in die Augen, bevor sie ihre Unterarme anwinkelte und sie ihm die Hände mit der Handfläche nach unten präsentierte. Erst jetzt verstand er, was sie ihm zu verstehen geben wollte. Er brachte sich in Position, indem er sich im rechten Winkel neben sie stellte und mit dem langen Lineal ihre Finger berührte.

„Ich würde zu gern“, sagte er schmunzelnd, „doch Albus hat mir erst vor Kurzem zu verstehen gegeben, dass er körperliche Züchtigung nicht duldet. Es könnte mich meine Stelle kosten.“ Er legte das Lineal wieder an seinen Platz und hielt Hermine das Schreiben vom Ministerium entgegen.
„Sind Sie nicht wütend?“, fragte sie unsicher, denn er schien sehr ausgeglichen.
„Wütend? Weil Sie in einen Brief angelesen haben, der oberflächlicher und inhaltsarmer kaum noch sein kann? Nein, warum sollte ich? Ich hoffe, der Briefverkehr beschränkt sich irgendwann auf einen Brief pro Monat, was ich noch verkraften könnte“, erklärte er gelassen. „Außerdem hätte ich Vorkehrungen getroffen, wenn mir daran gelegen hätte, den Brief vor Ihren Augen zu verbergen.“
Er schmunzelte, weswegen sie nur ein wenig erbost sagte: „Sie haben damit gerechnet, dass ich…“
„Sie können auch berechenbar sein, Hermine“, unterbrach er sie amüsiert. „Aber nun zurück zur Arbeit. Lesen Sie die Anforderungen des Ministeriums und sagen Sie mir, ob es etwas gibt, bei dem Sie noch unsicher fühlen.“

Die Richtlinien des Ministeriums umfassten bestimmte Fertigkeiten, die ein Schüler vorweisen musste, bevor er offiziell geprüft werden würde und alle genannten wies sie bereits auf.

„Warum ist der Vertrag denn für drei Jahre, wenn ich in einigen Monaten schon alles gelernt habe?“, fragte sie naiv.
„Sie, Hermine, haben bei mir nur Dinge gelernt, mit denen Sie zuvor nie in Berührung gekommen waren. Ihre Ausbildung im Mungos umfasste ebenfalls das Fach Zaubertränke, in welchem Sie etliche Verfahrensweisen im Umgang mit Zutaten bereits erlernt haben und Ihren Noten zufolge waren Sie die Klassenbeste. Ich gehe zudem davon aus, dass Sie während der Zeit des Krieges nicht vom Brauen abzuhalten waren. Demnach waren viele Ihre Kenntnisse schon gefestigt, bevor Sie die Stelle bei mir angenommen haben.“
„Aber warum musste ich einen Vertrag für drei Jahre unterzeichnen?“, wollte sie wissen.
„Weil man nur mit so einem Vertrag vom Ministerium geprüft werden kann. Sie können da nicht einfach hingehen und behaupten, sie wüssten genug, um eine Prüfung abzulegen. Wäre das so leicht, hätte ich längst meine Prüfung als Legilimentiker in der Tasche. Sie müssen bei einem Meister eine Lehre absolvieren. Das ging mir nicht anders, als ich bei Professor Slughorn meinen Meister gemacht hatte. Nach einem halben Jahr konnte er mir nichts mehr beibringen und ich habe bereits hier die Stelle als Lehrer für Zaubertränke angenommen, während der Vertrag mit Slughorn noch lief. Frühestens eineinhalb Jahr vor dem eigentlichen Vertragsende können Sie Ihre Prüfung beim Ministerium beantragen. Unter bestimmten Voraussetzungen sogar noch früher – natürlich nur mit meiner Einwilligung. Solange werden Sie weiterhin offiziell meine Schülerin sein, selbst wenn wir kaum oder gar nicht mehr zusammen arbeiten sollten“, erklärte er gewissenhaft.
„Würden Sie einwilligen?“
„Wir werden sehen“, sagte er, während er sich an seinen Platz setzte.

Sie folgte ihm um den Tisch herum und nahm neben ihm Platz, bevor sie sich nochmals die Richtlinien für ihre Ausbildung bei Severus vor Augen hielt.

„Ein paar Dinge würde ich schon noch gern wiederholen“, murmelte sie.
„Machen Sie eine Liste und wir gehen alles nochmals durch, worin Sie Ihre Kenntnisse optimieren möchten“, versprach er. Wortlos legte er ihr ein leeres Blatt Pergament vor die Nase, bevor er vorschlug: „Schreiben Sie jetzt aber erst mögliche Kandidaten auf, die sich für einen Test Ihres Trankes zur Verfügung stellen würden. Drei Zauberer, drei Muggel, drei Squibs, wie Sie es bereits einmal erwähnt hatten. Vielleicht auch andere magische Wesen wie Elfen. Für die drei Zauberer können wir auch die bisherigen Ergebnisse von Harry, Draco und Mr. Weasley nehmen.“

Zur gleichen Zeit, in welcher Hermine mit ihren Notizen begann, machte sich auch Tyler während der Fahrt eine Notiz, jedoch auf seinem Handy, um nicht zu vergessen, was er Hopkins alles mitteilen wollte. Mit einigen Zwischenstopps hatten die Gruppe von Flüchtigen die gut 480 Meilen von London nach Schottland bis zu Hopkins’ Festung endlich hinter sich gebracht. Vor dem für eine Festung recht zierlich wirkendem Gebäude hielt Alejandro an, bevor er zu Tyler sagte: „Ruf ihn an, dass man uns aufmachen soll!“. Tyler folgte der nach einem Befehl klingenden Bitte. Nach einem kurzen Gespräch wurde ein schweres Tor geöffnet, so dass Alejandro einfahren konnte.

In dem alten Gemäuer, welches sicherlich viele interessante Geschichten zu erzählen hatte, war Pablo noch nie gewesen; er kannte es nur vom Hörensagen. Es war ausgesprochen kühl, so dass er es kaum erwarten konnte, nach der langen Fahrt ein heißes Bad zu nehmen. Sein Vater zeigte ihm ein Zimmer und es war sehr ernüchternd, dass hier nur eine Ofenheizung vorhanden war.

„Dort findest du Feuerholz“, sagte sein Vater, während er neben dem riesigen Ofen auf die gestapelten Scheite deutete. „Du wirst das Zimmer selbst heizen müssen, wenn du es warm haben möchtest. Genauso sieht es auch mit dem Wasser aus. Kümmer’ dich drum; ich muss jetzt zu Robert.“

Pablo nickte, während er sich mit den Händen die Oberarme rieb, denn es war so kalt in diesem Zimmer, dass er seinen eigenen Atem sehen konnte. Nachdem sein Vater gegangen war, machte er sich gleich daran, den Ofen zu befeuern und er musste sich anfangs wegen des beißenden Rauchs nicht nur die Nase zuhalten, sondern sich auch die Augen schützen und trotz der bitteren Kälte das Fenster öffnen, bis er endlich einen Hebel am Rohr gefunden hatte, damit der Qualm vom Ofen über den Schornstein abziehen konnte. Als er sich heißes Wasser einlaufen lassen wollte, fand er einen alten Badeofen vor, den er auch per Hand beheizen musste, bevor er in den Genuss von heißem Wasser kommen konnte. Pablo seufzte und fragte sich, wo das alles noch enden würde.

Alejandro war derweil an Roberts Büro angekommen und klopfte, doch er erhielt keine Antwort, obwohl er von ihm erwartet wurde. Nachdem er mehrmals geklopft hatte, öffnete er einfach die Tür und erschrak sofort, als er einen umgestoßenen Stuhl bemerkte. Hinter dem Stuhl lag Robert auf dem Boden.

„Robert?“, fragte Alejandro aufgebracht, während er zu ihm hinüberlief und sich neben ihn kniete. Es war ein wenig Blut zu sehen, welches aus der Nase gelaufen sein musste. Er berührte den am Boden liegenden an der Schulter und in diesen Moment erlangte dieser das Bewusstsein wieder. Robert schien verwirrt und fragte, wo er sich befinden würde, bis seine Gedanken sich geordnet hatten.

„Was ist geschehen?“, fragte Alejandro und half derweil dem Geschwächten vom Boden auf.
Mit einer Hand wischte sich Robert das Blut von der Oberlippe und starrte das Rot auf seinem zitternden Handrücken an, bevor er leise murmelte: „Das sind die! Sie quälen mich mit ihrem Schadenszauber!“
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122 Rätselhafte Gabe




Der Samstag war näher gerückt und schon morgens stand Severus mit schlechter Laune auf, behielt diese schlechte Laune auch beim Frühstück bei und wurde noch miesepetriger, als er mit Harry zusammen draußen vor der Eingangshalle auf die Schüler wartete, die er nach Hogsmeade begleiten musste. Es war kalt, der Schnee lag knöchelhoch und am liebsten hätte Severus trotz seines dicken Winterumhangs kehrt gemacht, doch er musste sich seinem Schicksal ergeben. Unerwartet trat Albus an Severus und Harry heran.

„Guten Morgen, ihr beide“, sagte er fröhlich. Er griff in eine Tasche seines fliederfarbenen Umhangs, zog zwei Galleonen hervor und sagte Severus anblickend: „Sei so lieb und bring mir Zitronenbrausebonbons mit, Severus.“ Sein Mund öffnete sich, um die Bitte auszuschlagen und den Auftrag an Harry weiterzugeben, doch Albus drückte ihm bereits das Geld in die Hand und flüsterte ihm zu: „Die extra sauren!“ Resignierend steckte Severus die Galleonen in die Tasche, während Albus beiden einen schönen Ausflug wünschte und wieder verschwand.

„Alleine geht Albus wohl nie in den Honigtopf, um sich welche zu kaufen oder?“, fragte Harry grinsend.
„Es wäre unverantwortlich, einem Süchtigen seine Schwäche so leicht zugänglich zu machen“, antwortete Severus trocken, woraufhin Harry lachen musste. „Außerdem gibt mir Albus’ kleiner Auftrag die Möglichkeit, mir den ganzen Ausflug über in meiner Fantasie ausmalen zu können, wie ich die Bonbons mit einem fiesen Trank versetze.“ Amüsiert formte sich ein schmales Lächeln auf Severus’ Lippen.

Bei Filch gaben die Jugendlichen die schriftliche Erlaubnis der Erziehungsberechtigten ab und jedes Mal, wenn Harry zum Hausmeister hinüberschaute, versuchte der ihn mit einem grimmigen Blick zu töten. Die Viertklässler warteten geduldig und schwatzend darauf, bis es endlich losgehen würde. Einige formten Schneebälle und bewarfen sich gegenseitig. Bei dem Gekreische der vergnügten Schüler schloss Severus einmal genervt die Augen.

Minerva und Valentinus, die anderen beiden, die heute die Aufsicht übernehmen würden, kamen gemächlich und in ein Gespräch vertieft durch die Tür hinaus, wobei es offensichtlich war, dass Valentinus erzählte und erzählte und Minerva sich sehr anstrengen musste, die ganze Zeit über interessiert zu wirken. Beim Anblick von Valentinus rollten Severus und Harry, ohne voneinander zu wissen, jeweils mit den Augen. Vereinzelt fanden sich einige Siebtklässler ein, die aufgrund ihres Alters ohne eine schriftliche Erlaubnis mitgehen durften; darunter befand sich auch Ginny.

„Guten Morgen, Professor Snape“, sagte sie freudestrahlend, als sie sich den beiden näherte. „Man kann Ihnen ansehen, wie sehr Sie sich auf den Ausflug freuen“, fügte sie frech hinzu, was er lediglich mit zusammengekniffenen Augenlidern kommentierte.
Harry begrüßte Ginny anstandshalber nur mit einem Kuss auf die Wange, bevor er sagte: „Hermine hat gesagt, sie will auch mitkommen. Sie sollte sich beeilen. Wir sind fast vollständig.“
Kaum hatte er seinen Satz beendet, hörte man Hermine hinter den dreien sagen: „Zum Glück bin ich nicht zu spät. Fellini hat mich aufgehalten. Ich hab ihn rausgelassen, damit er ein wenig streunen kann.“
„Ah, Sie kommen auch mit? Dann können Sie ja ein wenig auf die Schüler achten“, schlug Severus vor.
„Nichts da! Das ist Ihre Aufgabe. Ich habe einen freien Vormittag“, sagte sie fröhlich, während sie sich noch ihren Schal um den Hals warf.
Minerva zählte die Schüler und verkündete gleich drauf: „Wir sind vollständig. Dann kann es losgehen. Auf zu den Kutschen.“

Durch den Schnee stapfend bildeten Harry und Ginny den Anfang der Gruppe. Zwischen den Schülern liefen Valentinus und Minerva, während Hermine und Severus das Schlusslicht bildeten.

„Sie können auch vorn bei Harry laufen. Sie brauchen nicht…“
Sie unterbrach ihn und erklärte: „Ich werde jetzt nicht die lange Schlange überholen, um das fünfte Rad am Wagen zu spielen.“ Sie blickte verträumt nach oben und vermutete laut: „Es fängt bestimmt bald an zu schneien.“

Ebenfalls nach oben blickend betrachtete Severus einen Moment lang die grauen Wolken, die ihn sehr an sich selbst erinnerten.

Bei den Kutschen waren Harry und Ginny zusammen mit ein paar Schülern diejenigen, die als Erste losfuhren. Valentinus fuhr ebenfalls mit einigen Schülern mit, wie auch Minerva, die ganz offensichtlich froh darüber war, nicht auch noch den ganzen Weg lang in der Kutsche von ihrem Kollegen mit belanglosem Geplauder belästigt zu werden.

Es waren nur zwei Schüler, die bisher keinen Platz in den anderen Kutschen gefunden hatten, so dass Meredith und Gordian zusammen mit Hermine und Severus in die letzte stiegen. Anfangs herrschte eine unbehagliche Stille, die Severus unterbrach, als er die Schülerin, die ihm gegenüber saß, vorwurfsvoll fragte: „Was tun Sie eigentlich hier? Sie sind nicht in der vierten Klasse!“
Ihre Wangen nahmen an roter Farbe zu, bevor sie leise antwortete: „Professor Sprout hat mich ermutigt, heute mitzugehen.“ Nach dem Tod von Meredith’ Familie hatte Pomona alles getan, damit die Schülerin sich wohl fühlen würde.
„Und Sie, Mr. Foster? Sie mögen in der siebten Klasse sein, aber Sie sind nicht volljährig. Der heutige Tag ist für die Viertklässler gedacht. Mit wessen Erlaubnis sind Sie hier?“, wollte Severus wissen.

Hermine kam es fast so vor, als würde Severus seine an ein Verhör erinnernde Fragerei als völlig normale Konversation betreiben.

„Pomona hat…“ Gordian hielt schnell inne, als die Augenbrauen seines Hauslehrers wegen des mangelnden Respekts in die Höhe schossen und verbesserte sofort: „Professor Sprout hat mich gebeten, Miss Beerbaum zu begleiten. Eine Erlaubnis meiner Eltern für den Ausflug liegt vor.“

Endlich schien Severus zufrieden zu sein, denn er suchte nicht mehr nach Gründen, Punkte abziehen zu können, obwohl er sich bei Gordian sowieso zurückgehalten hätte, weil der ein Slytherin war.

Nur zaghaft tat Meredith während der Fahrt ihre Vorfreude kund, denn sie erzählte Gordian, was sie alles im Honigtopf kaufen wollte. Als zig verschiedene Süßigkeiten bei ihren skurrilen Namen genannt wurden, schloss Severus erneut die Augen, denn die kindische Schwäche für Zuckerzeug konnte er nicht nachvollziehen. Als sich auch noch Hermine enthusiastisch an dem Gespräch beteiligte, seufzte Severus. Er könnte jetzt über einem Kessel hocken – im Warmen – und exotische Tränke brauen, aber nein; sein Schicksal hatte etwas anderes mit ihm vor.

Endlich hielten die Kutschen neben dem Bahnhof von Hogsmeade auf einer großen Fläche, ähnlich einem Muggelparkplatz. Die meisten Schüler hatten die Kutschen schon verlassen und waren bereits mit den Lehrern auf dem Weg ins Dorf. Gordian war der Erste, der ausstieg, damit er Meredith galant mit ausgestreckter Hand aus dem Wagen helfen konnte. Gleich darauf verließ Severus die Kutsche und als Hermine ausstieg, hielt Gordian auch ihr die Hand hin.

„Sie hatten bereits das Vergnügen, Mr. Foster“, ermahnte Severus, so dass Gordian sich zu Meredith gesellte und mit ihr schon einmal vorging, während Severus nun Hermine die Hand entgegenhielt, die sie dankend ergriff.
„Verdammt glatt, das Trittbrett“, sagte sie leise, während sie seine Hand hielt und vorsichtig ausstieg.

In Hogsmeade dauerte es gar nicht lang und die Schüler waren in die verschiedensten Läden verschwunden. Zonkos und der Honigtopf wurden als Erstes gestürmt.

„Ich würde gern zu ’Derwisch und Banges’ reingehen. Möchten Sie mitkommen, Severus?“, fragte Hermine, die den Weg schon einmal eingeschlagen hatte. Er folgte ihr wortlos über die Straße hinüber und in den Laden für Zauberutensilien hinein. Sie stöberte nur kurz, so dass er nicht ungeduldig werden würde. Etwas Interessantes gefunden hatte sie nicht.

Zurück auf der Straße wechselten die Schüler zwischen Zonkos und dem Honigtopf hin und her.

„Würden Sie mich kurz in den Honigtopf begleiten?“, fragte Severus mit ruhiger Stimme.
Stutzend sagte sie: „Ich dachte, Sie könnten mit Süßigkeiten nichts anfangen.“
„Ich besorge ja auch nichts für mich“, erklärte er.

Im Honigtopf drängte sich Severus an den Schülern vorbei bis zur Theke, bevor er den gestresst wirkenden Angestellten anblickte, die zwei Galleonen von Albus auf den Tisch legte und mit Abscheu in der Stimme verlangte: „Zitronenbrausebonbons – die extra sauren.“ Hermine biss sich von innen auf die Unterlippe, um sich ein Schmunzeln zu verkneifen.
Der Angestellte mit seiner bunten Schürze lächelte breit und vermutete laut: „Ah, der Direktor braucht mal wieder Nachschub.“

Die Antwort des von oben bis unten in schwarz gekleideten Kunden bestand aus einem bösen Blick, so dass dem jungen Mann das breite Lächeln schnell verging und er ohne weiteren Kommentar aus einem großen, bauchigen Glas die gelben Bonbons mit einem kleinen Schäufelchen in eine riesige Tüte füllte und als die bis zum Rand voll war, nahm er eine weitere Tüte, um diese ebenfalls aufzufüllen. Für zwei Galleonen bekam man eine Menge Süßigkeiten. Die großen Tüten verkleinerte Severus mit seinem Zauberstab, bevor er sie in den Untiefen seines dicken Winterumhangs verstaute und mit Hermine wieder nach draußen ging.

Beide liefen ziellos auf der Straße umher und Severus hatte immer ein waches Auge auf die Schüler, als plötzlich die Stimme von Valentinus zu hören war, der sich ihnen von hinten näherte.

„Hermine, es ist schön, Sie wieder einmal zu sehen. Ich dachte mir, wir könnten nachher vielleicht zusammen einen Kaffee einnehmen?“, fragte er mit einem strahlenden Lächeln, welches seine blendend weißen Zähne zeigte.
Da Hermine aufgrund der Einladung an Madam Puddifoot’s kitschiges Café denken musste und ihr der Gedanke nicht gefiel, entgegnete sie: „Tut mir Leid, dafür werde ich keine Zeit haben.“
Valentinus ließ Severus völlig außen vor, während er ihr schilderte: „Oh, das ist aber schade. Ich hatte gehofft, Sie als eine Leserin gewinnen zu können, denn wissen Sie: Ich habe ein Buch geschrieben!“ Als sie die Augen aufriss, versicherte er: „Ja, wirklich! Ein Buch über Kniesel.“
Nichts hielt ihn mehr und so sagte Severus nüchtern: „Ah, ein Buch. Dann wäre es unverantwortlich, für die Arbeit an Ihrem Werk auf die Mithilfe eines begabten Verstandes zu verzichten.“
„Nein, nein, ich möchte nur im Vorfeld eine Meinung einholen, werter Kollege. Mithilfe von Dritten benötige ich bei meinem beeindruckenden Fachwissen über Kniesel und deren Züchtung ganz sicher nicht. Mein Buch wird auch so ganz oben auf der Bestsellerliste landen.“
Eine seiner schwarzen Augenbrauen wanderte in Zeitlupe nach oben, bevor Severus mit netter Stimme klarstellte: „Bitte verzeihen Sie mir vielmals, Professor Svelte, mir ist wohl für einen Moment entfallen, was Sie von sich halten.“ Mit einem Kopfnicken verabschiedete er sich und steuerte auf die Drei Besen zu.
„Es geht wirklich nicht“, sagte Hermine zu Valentinus, den sie nicht mehr mit Vornamen ansprechen wollte und daher eine Anrede völlig wegließ. „Ich habe so viel zu tun und muss viele Bücher lesen… Ich werde nicht dazu kommen, aber es ist nett, dass Sie an mich gedacht haben.“ Sie ahmte Severus nach und verabschiedete sich mit einem Kopfnicken, bevor auch sie in Richtung Pub ging.

Nur wenige Schüler hatten sich hier angefunden, denn die meisten – davon ging Hermine aus – würden sich beim Madam Puddifoot’s einen romantischen Vormittag gestalten und ganz sicherlich hatte es Minerva auch dorthin verschlagen, um ein Auge auf die Schüler zu haben, aber besonders wohl, um ihre Ohren vor Valentinus’ Stimme zu schützen. In einer Ecke in den Drei Besen sah sie Severus sitzen, der die Karte studierte. Ohne zu fragen setzte sie sich ihm einfach gegenüber.

Er blickte erstaunt auf und fragte: „Was denn? Sie haben die Einladung von dem großartigen Nachwuchsautor nicht doch noch angenommen?“
Ganz ruhig und nicht vorwurfsvoll fragte Hermine: „Warum müssen Sie den Menschen eigentlich immer direkt ins Gesicht sagen, was Sie von ihnen halten?“
Die Karte legte Severus auf den Tisch zurück, bevor er antwortete: „Sie dürfen davon ausgehen, Hermine, dass Professor Svelte nicht einmal verstanden hat, was ich ihm eigentlich sagen wollte. Insofern hat es niemandem geschadet.“
„Dann erkennt nur der die Wahrheit, der in der Lage ist, Ihren Sarkasmus zu verstehen“, stellte sie fest, bevor sie selbst zur Karte griff.

In diesem Moment kam Remus an den Tisch. Er grüßte freundlich und fragte: „Was kann ich euch bringen?“

Beide gaben eine kleine Bestellung auf und vertrieben sich die Zeit mit Diskussionen über Trankzutaten und andere Zaubertränkemeister.

Auch Pablo war gerade dabei, etwas zu sich zu nehmen. Die Snacks, die sie während ihrer langen Fahrt von Tankstellen gekauft hatten, waren seiner Meinung nach bekömmlicher gewesen als das, was er von Hopkins’ Männern serviert bekam, denn die konnten nicht kochen und schon gar nicht auf einem Herd, den man von Hand befeuern musste. Noch beim letzten Happen fragte er sich, ob es sich bei den hellen Stückchen in der Pampe, die man ihm als Suppe angedreht hatte, womöglich um Hühnchen handelte. Strom – das hatte Pablo gestern feststellen müssen – gab es in dieser Festung gar nicht. Wollte man Licht haben, musste man mit Kerzen oder Taschenlampen vorlieb nehmen. Einen Kühlschrank gab es daher auch nicht, doch es war in dem gesamten Gebäude so kalt, dass einiges ohne Zutun gefror. Die meiste Zeit über blieb er in seinem geheizten Zimmer und immer wieder legte er Scheite nach, damit der Ofen nicht ausgehen würde, doch die Langeweile trieb ihn dazu an, das Gebäude zu erkundschaften.

Während seiner Wanderung stieß Pablo auf ein weibliches Mitglied von Hopkins’ kleiner Anhängerschaft. Die Frau war bereits über sechzig Jahre alt und wollte sich noch immer an der Zaubererwelt dafür rächen, dass ihr ehemaliger Liebhaber ihr vor über vierzig Jahren das gemeinsame Kind entrissen hatte, als er sie im Stich ließ.

„Hallo Eleanor, wo sind denn alle hin?“, fragte Pablo die ältere Frau.
Der Gram der vielen Jahrzehnte hatte sich in ihrem Gesicht niedergeschlagen und die tiefen Falten ließen sie stets traurig erscheinen. Sie antwortete – zu einem Lächeln nicht fähig – mit sehr schleppender Stimme: „Sie sind bei Mr. Hopkins. Ich hoffe, sie planen gut. Mich verlässt langsam die Kraft…“ Sie sprach nicht weiter. Möglicherweise, so dachte Pablo, war sie mit Hopkins’ Erfolgen nicht zufrieden.

Während seines Spazierganges über einen der eingeschneiten Höfe blieb er kurz stehen, um sich den unüberdachten Schlossteil näher zu betrachten. In der Mitte dieses großen Hofes befand sich ein erhöhter Podest, auf dem sich Pablo in Gedanken einen Marktschreier vorstellte. Vereinzelt waren Abdeckplanen an der steinernen Wand zu sehen und ein Blick unter eine dieser vor dem Schnee schützenden Planen fand Pablo Holzkisten, deren Inhalt ihm fremd war. Diese weiträumige Fläche erinnerte an einen burginternen Marktplatz aus dem Mittelalter. Weiter hinten befand sich ein hoher Turm, von dem aus man sicherlich eine gute Aussicht über die Gegend haben würde und so stapfte Pablo durch den Schnee an dem Podest vorbei. In der Absicht, den Turm zu besteigen, überquerte er den großen Platz im Freien, nur um feststellen zu müssen, dass die Tür zum Turm verschlossen war. Nichtsdestotrotz betätigte er die eiserne Klinke mehrmals mit viel Körperkraft, weil er die alte Tür morsch hoffte, doch sie gab nicht nach.

„Hey, was tust du da?“, hörte Pablo plötzlich Tyler fragen, der gerade um den Turm herumgekommen war.
„Ich wollte mal hochgehen, wegen der Aussicht“, erwiderte Pablo ehrlich. Tyler anzulügen wäre ein Fehler, denn der Mann war ein abgebrühter Mörder, der einen schlechten Einfluss auf seinen Vater ausgeübt hatte.
„Da gibt es nichts zu sehen und jetzt verschwinde“, wies Tyler ihn unwirsch an.
Tyler wandte sich bereits zum Gehen um, da fragte Pablo: „Wo sind Alex und Arnold?“ Die beiden Squibs waren die einzigen Personen, die ungefähr in seinem Alter waren. Vielleicht konnte er sich mit denen die Zeit vertreiben, hoffte Pablo.
„Die sind nicht da“, war die knappe Antwort.
„Ein Auftrag?“, wollte Pablo wissen.
Mit emotionsloser Miene entgegnete Tyler: „Ja, ganz richtig.“

Pablo wurde das Gefühl nicht los, dass Tyler log, doch natürlich würde er ihn daraufhin nicht ansprechen. Auf seinem Weg zurück in sein Zimmer rieb Pablo sich die Finger, die er kaum noch spürte und die er an seinem Ofen wärmen wollte, da traf er vor seinem Raum auf seinen Vater, der ihn hineinbegleitete.

„Wo sind Arnold und Alex?“, fragte er diesmal seinen Vater, während er selbst zum Ofen hinüberging, um die Hände auf die Fliesen zu legen, doch der Ofen war viel zu heiß, so dass er sie schnell wieder zurückzog. Sein Vater antwortete ihm nicht und Pablo unterließ es, ihn nochmals auf die beiden anzusprechen. „Was ist mit Rasim geschehen?“, wollte Pablo wissen, obwohl er die Antwort zu kennen glaubte.
Sein Vater log ganz offensichtlich, als er antwortete: „Der hat kalte Füße bekommen und ist dort geblieben.“ Natürlich glaubte er ihm nicht, weswegen er enttäuscht den Kopf schüttelte. Sein Vater hatte nach der langen Zeit bereits die Kaltblütigkeit von Tyler angenommen. Er beließ es dabei und fragte nicht mehr nach den drei Personen, die er nun tot glaubte. Stattdessen wollte er wissen: „Kann ich nicht zu Mutter?“ Weil sein Vater einen fragenden Gesichtsausdruck an den Tag legte, verbesserte Pablo: „Ich meine Stiefmutter. Dad, ich möchte hier nicht bleiben. Kann ich nicht zurück nach Spanien?“
Vorwurfsvoll hielt sein Vater ihm vor: „Endlich haben wir eine Möglichkeit gefunden, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die Schuld am Tod deiner Mutter sind und dann willst du einfach gehen?“ Verachtend stieß sein Vater Luft durch die Nase aus, bevor er sich in Rage redete: „Die Schmach, die diese Zauberer ihr angetan haben, war der alleinige Grund dafür, dass deine Mutter eine Sünde begangen hat.“ Lauter werden stellte der aufgebrachte Mann klar: „Selbst wenn wir beide sterben würden, Pablo, würden wir sie nie wieder sehen, verstehst du denn nicht?“
„Ach“, sagte Pablo sarkastisch. „Ist das etwa der Grund, warum du alles tust, damit wir beide auch in die Hölle kommen?“

Sein Vater kam auf ihn zugestürmt und gab ihm eine kräftige Ohrfeige, durch die Pablo eine Schritte zurückstolperte. Sich die Wange reibend sagte Pablo zornig: „Ich möchte nachhause!“
„Du wirst gesucht, du Idiot. Was glaubst du wohl würde man für ’Versuchte Brandstiftung’ bekommen?“ Pablo wollte gerade den Mund öffnen und kontern, dass er sich liebend gern der Justiz stellen würde, da wetterte sein Vater: „Du wirst auch von ’denen’ gesucht und nachdem, was Arnold und Alex über dieses Askaban erzählt haben, würde ein Aufenthalt dort mit Sicherheit deinen Tod bedeuten! Willst du das?“

Aus Furcht vor einer weiteren Ohrfeige und dem gesammelten Zorn seines Vaters schüttelte Pablo nur den Kopf.

Sein Vater atmete seufzend aus, bevor er etwas ruhiger erklärte: „Wir haben beschlossen, erst wieder etwas zu unternehmen, wenn der Schnee geschmolzen ist. Vorher…“
Entrüstet warf Pablo ein: „Was? Wenn der Schnee geschmolzen ist? Ich will hier keine drei, vier Monate verbringen. Der eine Tag hängt mir schon zum Hals raus. Warum gibt es hier nicht einmal einen Stromgenerator. Hopkins hat doch das Geld dafür.“
„Geld, das er anderweitig anlegt. Du wirst in den Monaten, die wir hier verbringen, mit den anderen zusammen ein paar Schießübungen machen. Wir wollen doch vorbereitet sein oder?“

’Schießübungen?’, wiederholte Pablo in Gedanken. Sein Vater verließ das Zimmer und Pablo setzte sich gleich darauf auf sein Bett und zog den letzten Schokoriegel von einer Tankstelle aus der Tasche, um sich davon wieder eine bessere Laune zu versprechen. Das Papier warf er in den Ofen, bevor er noch einige Scheite nachlegte.

Nachdem auch Hermine und Severus mit dem Essen fertig waren und sie sich derweil mit einem interessanten Gespräch die Zeit verkürzt hatten, trat Remus erneut an den Tisch heran und er sagte: „Severus, ich würde dich gern mal einen Moment unter vier Augen sprechen.“

Es schien, als würde Severus diesen Augenblick verfluchen, denn er dachte das Gleiche wie Hermine, nämlich dass Remus ihn auf seine beleidigenden Worte ansprechen wollte. Seufzend erhob sich Severus von der Sitzbank. Hermine warf ihm einen flehenden Blick zu, den er sich zu Herzen nehmen wollte.

Von Remus wurde er durch die Küche nach draußen an den Hintereingang geführt, doch bevor der Werwolf irgendetwas sagen konnte, giftete Severus ihn an: „Hören Sie gut zu, Lupin, denn das werden Sie nur ein einziges Mal von mir hören: Sie sind ein Dummkopf, wenn Sie einer stichelnden Bemerkung erlauben, Ihr Leben Kopf zu stellen und Entscheidungen zu treffen, die Sie bereuen werden!“
Verdutzt blinzelte Remus mehrmals, bevor er grinste und mit milder Stimme sagte: „Ich habe wirklich noch niemals im Leben eine Bitte um Entschuldigung erhalten, die als Standpauke getarnt war!“ Wütend kniff Severus die Lippen zusammen, während er überlegte, ob er sich auf andere Art und Weise für seine Beleidigung reumütig zeigen sollte, doch sein Gegenüber machte ihm die Sache einfach, denn Remus sagte lächelnd: „Es wird dich wahrscheinlich gar nicht interessieren, aber Tonks und ich haben uns ausgesprochen. Wir sind wieder zusammen.“
Ein Stein fiel ihm vom Herzen, denn das bedeutete, dass Hermine und Harry wieder zufrieden sein mussten, doch er zeigte seine Erleichterung nicht offen, sondern stellte lediglich klar: „Sie haben Recht: Es interessiert mich nicht.“ Es war für Severus nicht nachvollziehbar, warum sein Gegenüber noch immer lächelte.

„Ich wollte wegen etwas anderem mit dir sprechen. Ich hatte es Albus schon gesagt, aber er macht sich da keine Gedanken. Ich…“ Remus suchte nach Worten.
„Spucken Sie es schon aus“, drängelte Severus.
„Bei meinem letzten Kontrollgang habe ich einen Muggelgegenstand im Schnee gefunden, sehr nahe an der magischen Grenze zu Hogwarts und ich bin Fußspuren gefolgt, die zu einem Fluss geführt haben. Vielleicht mache ich mir nur wie immer viel zu viele Gedanken, aber ich dachte, du könntest mir Tipps geben, welche Zauber ich noch anwenden könnte.“

Drinnen in den Drei Besen leerte Hermine gerade ihr Butterbierglas, als ein aufgeregt wirkender Gordian hereingestürmt kam. Er blickte sich um und da Hermine gerade aufstand, um zu ihm zu gehen, fiel sie ihm ins Auge und er kam gleich stürmisch auf sie zugelaufen.

„Miss Granger, kommen Sie!“, forderte er eindringlich.
„Was ist denn nur…?“
Er ließ sie nicht aussprechen und erklärte, während er sie am Arm packte: „Mit Professor Potter ist irgendetwas. Er ist irgendwie…“ Er suchte nach einem Wort und fand es letztendlich: „Abwesend!“
„Abwesend?“, fragte sie ungläubig nach, ließ sich jedoch von Gordian nach draußen führen.

Ein paar Schritte weiter, gleich neben dem Pub in einer unübersichtlichen und mit Kisten voll gestellten Gasse, stand Meredith mit besorgtem Gesichtsausdruck direkt vor ihrem Professor, doch Harry schien niemanden zu beachten. Er blickte sich verschreckt um und atmete aufgeregt, während er ab und an seine wirren Haare raufte. Auf Meredith’ beruhigenden Worte reagierte er gar nicht. Hermine kam auf ihn zu und berührte ihn am Arm, doch er wich erschrocken zurück. Sie versuchte nochmals, sich ihm zu nähern, doch berührte sie diesmal nur zaghaft seine Finger mit den ihren.

„Ginny?“, fragte er leise und verunsichert.
„Nein“, antwortete Hermine, doch er schien sie nicht zu hören. „Harry?“ Nein, er hörte sie wirklich nicht, als ergriff sie seine Hand, um sie an ihren Kopf zu führen.
Nachdem seine Hand ihre Haare ertastet hatte, sagte er erleichtert, fast wimmernd: „Hermine.“ Er zitterte am ganzen Körper. „Hermine, ich kann niemanden sehen!“ Sie hatte sich so etwas gedacht, nachdem er nicht auf ihre Stimme reagiert hatte. „Ich kann niemanden sehen“, wiederholte er, „bis auf die beiden Männer da drüben am Schaufenster.“
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Rhea
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Beitrag von Rhea »

Irgendwie hab ich den Verdacht, dass Hogwarts und der komische "Stützpunkt" so einiges miteinander zu tun haben... sehe ich das richtig??

LG
Rhea

P.S.: Ich bin richtig gespannt, wie es weitergeht..

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Muggelchen
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Beitrag von Muggelchen »

Hallo Rhea,

indirekt möchte ich dir Recht geben, dass der komische Stützpunkt etwas mit Hogwarts zu tun haben könnte. Die gesamten Zusammenhänge werden nach und nach aufgedeckt.

Viel Spaß beim Lesen,
Muggelchen




123 Des Pudels Kern




In der Gasse neben den Drei Besen waren sie vor neugierigen Blicken geschützt, so dass zum Glück niemandem auffiel, wie es momentan um Harry stand. Nur die beiden Schüler, die miterlebt hatten, wie ihr Professor plötzlich mit sorgenvoller Miene und Entsetzen in den Augen in die Gasse gestolpert war, um sich an die Wand zu lehnen, hatten von der Aufregung etwas mitbekommen. Meredith und Gordian hatten ihn beruhigen wollen, bis ihnen aufgefallen war, dass er sie weder zu hören noch zu sehen schien. Gordian hatte sofort reagiert und nach einem Lehrer Ausschau gehalten, doch im Pub hatte er nur die private Schülerin von Professor Snape entdeckt. Natürlich war ihm bekannt, dass sie mit Professor Potter sehr gut befreundet war und so hatte er die Möglichkeit wahrgenommen, die Verantwortung für ihn in ihre Hände zu legen.

An Gordian gerichtet fragte Hermine, während sie weiterhin Harrys Hand hielt: „Wo ist Ginny?“
Meredith nickte hinüber zur anderen Straßenseite, bevor sie erklärte: „Sie ist bei Besenknechts Sonntagsstaat, um sich Kataloge über Brautkleider zu besorgen.“

Es war genau das Schaufenster dieser Boutique, vor dem die beiden Männer sich aufhielten, die Harry als Einzige sehen konnte und deswegen bekam Hermine es mit der Angst zu tun.

„Wo ist Professor McGonagall?“, wollte sie wissen und die Schüler antworteten, dass sie bei Madam Puddifoots sein würde, um auf die Schüler zu achten. „Bleibt ihr beide bei ihm, ich werde Professor Snape holen!“

Zurück im Pub fragte sie Rosmerta, wo Remus mit Severus hingegangen wäre. Gleich nach der erhaltenen Antwort rannte sie durch die Küche nach draußen und schreckte die beiden Männer auf. Severus wollte sich gerade erbost zu ihrem plötzlichen Auftauchen äußern, doch sie versagte ihm jegliche Möglichkeit, den Mund zu öffnen und erklärte sofort: „Harry hat wieder sein ’kleines Problem’! Er kann niemanden sehen, außer zwei Männern und die stehen genau vor dem Laden, in dem Ginny sich gerade aufhält!“

Ohne nachzufragen folgten beide Hermine in die Gasse neben dem Pub, nur um zu sehen, wie Ginny in Harrys Armen lag und sie ihn beruhigte.

„Harry?“, fragte Hermine.
Er blickte auf und machte damit deutlich, dass er wieder sehen konnte, bevor er sagte: „Die Männer sind gegangen, kurz bevor Ginny aus dem Geschäft gekommen ist.“
„Wohin gegangen? Und wie sahen sie aus?“, wollte Severus wissen.
Harry hob und senkte die Schultern und antwortete: „Ich denke, die beiden haben das Dorf verlassen. Und wie sie aussahen? Wie Zauberer eben. Braune Umhänge, schwarze Spitzhüte… Nichts Auffälliges, falls Sie das meinen. Ich weiß nicht, warum ich nur diese beiden noch sehen konnte.“
An die beiden Schüler gewandt befahl Severus: „Gehen Sie und holen Sie Professor McGonagall. Teilen Sie ihr mit, dass der Ausflug sofort abgebrochen wird.“ An Professor Svelte dachte in diesen Moment niemand.
Die beiden rannten los, so dass Severus sein eigentliches Anliegen preisgeben konnte, denn er verlangte: „Zeigen Sie mir die Erinnerung an die beiden Männer!“

Einmal tief ein und aus atmend nickte Harry, bevor er sich an die beiden Fremden erinnerte und Severus derweil in die braunen Augen sah, bevor der Legilimentik anwandte. Severus sah die Männer so, wie Harry sie beschrieben hatte. Es waren unauffällige Gesellen, doch es musste ja einen Grund gegeben haben, warum sein junger Kollege nur noch diese beiden hatte wahrnehmen können.

„Sie drei werden mit den Schülern zurück zum Schloss gehen, während Lupin und ich die beiden Herren suchen werden“, sagte Severus im Befehlston. Ginny nickte lediglich, Harry ließ ein „Okay“ verlauten, doch Hermine wollte gerade Widerspruch einlegen, da machte Severus ihr mit einem einzigen Blick klar, dass sie seiner Aufforderung Folge leisten sollte.

„Kommen Sie, Lupin“, sagte Severus, bevor er sich bereits umwandte, um die Straße zu betreten.
„Ihr tut besser, was er sagt. Wir vermuten, dass sich in der Nähe Leute aufhalten, die hier nicht hergehören“, sagte Remus zu den dreien, bevor er Severus folgte.

Während die Lehrer mit den Schülern per Kutsche wieder nach Hogwarts fuhren, wateten Remus und Severus gemeinsam durch den Schnee aus dem Dorf hinaus und folgten den Fußspuren, die von den beiden Fremden stammen mussten.

Nach einer Weile sagte Remus ein wenig außer Atem: „Da vorn… Wir sind gleich an der Stelle, wo ich diese Büchse gefunden hatte.“ Remus legte sofort einige von den neuen Schutzzaubern, die Severus ihm vorhin während ihres Gesprächs empfohlen hatte.
„Die Spuren führen dort hinten an den Rand des Verbotenen Waldes“, stellte Severus fest, der sich sofort daranmachte, ihnen zu folgen.
„Sie werden sicherlich wieder bis zum Fluss führen und dort werden wir sie verlieren“, vermutete Remus laut, denn so war es ihm das letzte Mal ergangen, als er den Fußspuren gefolgt war.

Während Minerva sofort, nachdem die Schüler wieder heil zurückgebracht worden waren, Albus aufsuchte und ihm das mitteilte, was sie von Harry und Hermine erfahren hatte, folgte Hermine ihren beiden Freunden bis ins Wohnzimmer.

„Harry, zeig mir die Erinnerung an die beiden Männer! Ich möchte das auch sehen“, forderte sie und er wagte es nicht dagegenzusprechen, denn auch Ginny bestand darauf, einen Blick auf die beiden werfen zu können.

Mit seinem Zauberstab zog sich Harry die silberfarbene Erinnerung aus der Schläfe hinaus, bevor er sie ins Denkarium fallen ließ. Die drei stellten sich um das Becken herum und tauchten ein. Kurz darauf war die Erinnerung auch schon wieder vorüber und Hermine meckerte unbefriedigt: „Man konnte sie ja kaum erkennen.“
„Was erwartest du? Ich stand etliche Meter von denen entfernt. Ich habe auch keinen Drang verspürt hinüberzugehen und zu fragen, wer sie wären“, rechtfertigte sich Harry.
Von einer ganz anderen Seite betrachtete Ginny die Szene, denn sie sagte lediglich: „Ich fand es ganz schön gruselig, Hogsmeade so ausgestorben zu erleben, besonders wo ich ja weiß, dass es voller Menschen gewesen war.“
„Ich hätte zu gern gesehen, was mein Trank bei dir gezeigt hätte“, murmelte Hermine.
Den Kopf schüttelnd widersprach Harry, denn er sagte: „Ganz ehrlich, Hermine: Wenn so etwas noch einmal passieren sollte, dann möchte ich nicht auch noch für jedermann auffällig leuchten. Du solltest dir lieber Gedanken darüber machen, warum ich plötzlich zwei Menschen sehen konnte, wo doch alle anderen nicht mehr da waren.“
„Vielleicht war’s eine Warnung?“, warf Ginny ein.
„Eine Warnung?“, wiederholte Harry.
„Ja natürlich! Wenn du schon so eine Gabe hast, dann muss sie ja zu etwas nütze sein. Was, wenn deine Gabe dich absichtlich auf Menschen aufmerksam macht, die…“
Hier verließen Ginny die Ideen, doch Hermine beendete den Satz: „…die dir gefährlich werden könnten! So ähnlich, wie ein flaues Gefühl in der Magengegend, wenn du ahnst, dass etwas nicht stimmt, nur eben durch deine Gabe um einiges deutlicher!“

Am Fluss, wie Remus es vorausgesagt hatte, konnten sie den Fußspuren nicht mehr folgen, so dass sie sich noch eine Weile umsahen, bevor sie wieder nach Hogsmeade gingen, während sie auf ihrem Rückweg gemeinsam weitere Schutzzauber anbrachten. Severus folgte Remus unaufgefordert in den Pub und gleich darauf auf dessen Zimmer über der Gastwirtschaft. Mit emotionsloser Miene schaute sich Severus in dem Zimmer um, welches zu neunzig Prozent aus Holz zu bestehen schien: Holzfußboden, Möbel aus Holz, selbst die Wände waren holzverkleidet. In gewisser Weise fand Severus das Zimmer durch die warmen Braun- und Beigefarbtöne gemütlich, wenn ihm der Raum an sich auch viel zu klein war.

„Danke, dass du mitgekommen bist, Severus“, sagte Remus, während er einem Schrank zwei Gläser entnahm, um ihm ein nichtalkoholisches Getränk anzubieten.
Auf die dankenden Worte ging Severus nicht ein, stattdessen fragte er: „Wo liegt diese so genannte ’Festung’ von Hopkins? Es wurde einmal erwähnt, sie läge in der Nähe des Verbotenen Birkenwaldes, aber auf dem Treffen hatte Arthur nur den Grundriss des Gebäudes herumgezeigt.“
„Soweit ich weiß, liegt sie nordwestlich von Clova direkt am Wald, aber genau weiß ich es nicht“, antwortete Remus.
Diese Information musste Severus einen Moment lang verarbeiten, bevor er verdutzt äußerte: „So nahe an Hogwarts?“
„Na ja, ’nahe’ ist relativ, meinst du nicht? Für uns ist es per Apparation ohne Anstrengung schnell zu erreichen, aber für Muggel ist es eine ganz schöne Strecke. Es liegen immerhin einige Bergschluchten zwischen Hogwarts und Clova, von den ganzen Flüssen mal abgesehen.“
„Die Strecke vom Verbotenen Birkenwald aus ist mit einem Muggelfahrzeug leicht zu bewältigen: Die A9 und ein paar Pässe und schon…“
„Du weißt, wie man auf Muggelart zu uns kommen kann? Das erstaunt mich ein wenig“, warf Remus ein.
„Im Gegensatz zu anderen habe ich mich sehr wohl damit befasst, welche Wege Muggel einschlagen könnten, um sich uns zu nähern“, entgegnete Severus vorwurfsvoll.

In sich gehend rief Remus sich ins Gedächtnis, dass sich tatsächlich niemand bisher Gedanken über die möglichen Anfahrtswege von Muggeln gemacht hatte.

„Nehmen Sie es nicht persönlich, Lupin, aber ich kann nicht verstehen, warum man Sie allein mit der Aufgabe betraut hat, sich um die Sicherheit Hogwarts zu kümmern. Warum keine Auroren? An einem einzigen Tag wäre Hogwarts sicher, wenn nur zehn Auroren sich darum kümmern würden“, sagte Severus.
Nickend stimmte ihm Remus zu, der gleich darauf versuchte zu erklären: „Dann wäre es aber eine offizielle Angelegenheit und es wäre nur noch eine Frage der Zeit, bis die Medien davon Wind bekommen würden. Sollte es an die Öffentlichkeit gelangen, dass Muggel – wenn auch nur wenige – eine Bedrohung für uns darstellen, dann möchte ich nicht wissen, wie die Zaubererwelt darauf reagieren würde. Es würde die Fronten verschärfen und das möchte weder Arthur noch Albus.“
„Die Situation ist völlig verfahren“, sagte Severus genervt. „Die paar Muggel, die sich in den Kopf gesetzt haben, Zauberer zu beseitigen, gehören nach Askaban! Ich verstehe nicht, warum in dieser Hinsicht noch nichts geschehen ist.“
„Weil wir in dieser Angelegenheit nicht mehr allein operieren. Der Premierminister der Muggel hat da auch noch ein Wörtchen mitzureden“, erklärte Remus mit milder Stimme.
Severus schien zu verstehen, denn er hatte sich leicht beruhigt, aber trotzdem konnte er sich nicht verkneifen zu sagen: „Wenn einer dieser Narren mir zu nahe kommen sollte, dann sind mir die Gesetze zum Schutze der Muggel gleichgültig!“

Es fand noch eine erstaunlich sachliche und ruhige Unterhaltung über die letzten Geschehnisse statt, auch über Harrys „Problem“, bevor Severus sich mit den Worten verabschiedete: „Am achten Dezember ist Vollmond. Wir sehen uns die Tage zuvor.“
„Ähm“, machte Remus, so dass Severus sich an der Tür noch einmal zu ihm umdrehte. „Weiß du, Severus“, begann Remus verlegen. „Ich wollte eigentlich nächsten Monat einen anderen Zaubertränkemeister aufsuchen.“
Durch verengte Augenlider starrte Severus sein Gegenüber an, bevor er ihm spöttisch vorhielt: „Warum zu einem anderen gehen, wenn Sie es kostenlos hinterhergeworfen bekommen? Sie sind dümmer als ich dachte.“
Nickend und innerlich bis fünf zählend, denn er beruhigte sich meist sehr schnell, erklärte Remus trocken: „Genau solche Aussagen sind der Grund, warum es mir schwerfällt, weiterhin nach Hogwarts zu kommen, um die Tränke abzuholen. Dass ich sie kostenlos bekomme, wofür ich übrigens sehr dankbar bin, Severus, ist kein Freibrief dafür, mich auf diese Weise behandeln zu dürfen.“ Sehr leise und ehrlich fügte er hinzu: „Ich möchte das nicht mehr.“
„Eigentlich dachte ich, ein Werwolf hätte von Hause aus ein dickes Fell… Sie werden am sechsten Dezember pünktlich in meinem Labor erscheinen oder ich mache ganz allein Sie für mein Unwohlsein verantwortlich!“, befahl Severus.
Stutzend wollte Remus wissen: „Was denn für ein Unwohlsein?“
„Miss Granger“, sagte Severus sehr lang gezogen und schmierig. „Sie würde mich dafür zur Rechenschaft ziehen, sollten Sie nicht mehr kommen und diese Machtspielchen gönne ich ihr nicht. Ich würde es nicht begrüßen, wenn ich nach einem ermüdenden Unterrichtstag nur mit unausweichlicher Verbissenheit dem darauf folgenden Privatunterricht entgegensehen kann.“
„Was hat denn Hermine damit zu tun?“, wollte Remus wissen.
„Sie denkt, mich mit Ignoranz strafen zu müssen, weil Sie, Lupin, so verblendet sind und eine sarkastische Bemerkung gleich als Beleidigung sehen und – was noch viel schlimmer ist – aus einer für mich nicht nachvollziehbaren Logik heraus glauben, diese Bemerkung auch noch auf Ihr Leben einwirken lassen zu müssen“, stellte Severus erbost klar.
Remus blinzelte mehrmals, bevor er zugab: „Ich glaube, ich kann nicht mehr ganz folgen…“
„Das müssen Sie auch nicht. Kommen Sie einfach zum vereinbarten Termin und alle sind zufrieden“, forderte Severus und Remus hütete sich dagegenzuhalten.

Er ging nicht sofort, sondern blickte Lupin noch einen Moment lang an, um sich davon zu überzeugen, dass sein Gegenüber es doch verstanden hatte.

„Darf ich dich was fragen?“, sagte Remus ruhig und vorsichtig.
„Sie dürfen alles fragen. Ob Sie eine Antwort erhalten werden, ist eine völlig andere Sache.“
Sich ein Grinsen verkneifend fragte Remus: „Wenn dir die Arbeit als Lehrer so sehr gegen den Strich geht, warum machst du das überhaupt noch?“ Perplex über diese sehr private Frage konnte Severus nichts erwidern, so dass Remus seine Gedankengänge erklärte: „Du bist frei, hast einen Merlin bekommen und ein nicht gerade geringes Preisgeld. Du könntest…“
Jetzt fuhr ihm Severus über den Mund, denn er fragte spöttisch: „Ich könnte was? Mich mit dem Geld zur Ruhe setzen oder gar ein Geschäft für Zaubertränke eröffnen?“ Er schüttelte kurz den Kopf, bevor er ruhiger hinzufügte: „Albus hat sein Preisgeld einem Kinderheim zugutekommen lassen. Harry, soweit ich unterrichtet bin, hat Ihnen die 25.000 Galleonen angeboten, die Sie ganz offensichtlich ausgeschlagen haben, was ich beim besten Willen nicht verstehen kann.“
Es war Remus unangenehm, dass Severus den Gesprächsinhalt jetzt auf ihn gelenkt hatte, weshalb er sich rechtfertigte: „Ich kann so ein Geschenk doch nicht annehmen.“
„Herrgott, warum denn nicht? Mit Ihrer falschen Bescheidenheit stoßen Sie Ihren Freunden doch nur vor den Kopf“, warf Severus ihm vor.
„Ich möchte nicht bemitleidet werden…“
„Sie möchten nicht bemitleidet werden?“, wiederholte Severus lauter. „Verzeihen Sie, wenn ich so offen bin, aber es handelt sich eher um Ihren momentanen Zustand, der Sie so bemitleidenswert macht! Sie könnten etwas aus sich machen, wenn Sie nur die Hilfsbereitschaft annehmen würden, die man Ihnen verzweifelt anzubieten versucht und da wagen Sie es auch noch, mich auf meine Lebenslage hinzuweisen?“
„Severus, ich…“ Es tat Remus Leid, denn er hatte nicht damit gerechnet, dass Severus seine Anmerkung auf diese Art und Weise auffassen würde.
„Und jetzt bemitleiden Sie wohl mich? Sie können sich gar nicht vorstellen, Lupin, was ich alles aus freien Stücken gegeben hätte, wenn ich damit das Schicksal einer bestimmten Person hätte abwenden können. Ich…“ Severus drosselte sich, denn seine Stimme hatte viel mehr Leidenschaft inne als er bereit war zu zeigen, doch Remus hatte verstanden. Er hatte begriffen, wen Severus damit gemeint hatte.
Mit milder Stimme pflichtete er seinem Gast bei, indem er sagte: „Ich vermisse sie auch, Severus.“

Die Muskeln in Severus’ Unterkiefer spannten und entspannten sich mehrmals hintereinander und Remus konnte erkennen, dass sein Gegenüber kräftig schlucken musste. Den Blickkontakt unterbrach Severus abrupt, bevor er ohne zu fragen zum Kamin hinüberging und mit einer Hand bereits das Flohpulver aus der Schale nahm.

„Severus? Vielleicht können wir irgendwann einmal darüber reden?“, bot Remus ihm an.
Er drehte sie so schnell zu Remus herum, so dass der schwarze Umhang noch einen Moment nachschwang, während er bereits mit bedrohlich leiser Stimme klarstellte: „Da gibt es nichts, worüber wir reden könnten!“
„Ich dachte nur…“
Er wurde unterbrochen, als Severus leise schimpfte: „Das haben Sie ganz offensichtlich nicht getan! Worüber könnten wir schon reden? Oder wollten Sie einfach nur die Gunst der Stunde nutzen, um mir vorzuhalten, dass ich für ihren Tod verantwortlich bin?“
„Das habe ich nie behauptet!“, versicherte Remus entrüstet.
„Aber es ist so und der ganze Orden weiß es!“, hielt Severus aufgebracht dagegen. Leise entwich ihm noch: „Harry weiß es.“

Da war er plötzlich wieder, dieser Druck auf seiner Brust und Severus’ Gesicht verzerrte sich vor Schmerz, was Remus nicht entgangen war.

„Severus? Setzt dich doch bitte. Du siehst gar nicht gut aus“, bot Remus an, doch Severus, der heftig zu atmen begonnen hatte, schüttelte stur den Kopf.

Das, was der ehemalige Todesser eben gesagt hatte, hatte Remus zutiefst erschüttert, denn es wusste doch jeder – einschließlich Harry – dass Pettigrew der Verräter gewesen war, der es Voldemort ermöglicht hatte, Godric’s Hollow trotz Fidelius-Zauber zu betreten, um James und Lily zu ermorden.

„Glaubst du, ich mache mir keine Vorwürfe? Peter war einer meiner besten Freunde und ich habe nicht einmal gemerkt, dass er ein Todesser geworden war, obwohl er bei mir ständig ein und aus ging. Ich hätte nie zulassen dürfen, dass er der Geheimniswahrer wird“, erklärte Remus mit Reue in der Stimme.
„Zumindest sind Sie nicht dafür verantwortlich, Voldemort auf die Potters aufmerksam gemacht zu haben“, erklärte Severus mit hörbarer Wehmut.
Sanft den Kopf schüttelnd erklärte Remus mit ruhiger Stimme: „Jeder fühlt sich mitschuldig, Severus, selbst Albus.“

Diese Unterhaltung wollte Severus nicht fortführen und er wandte sich deswegen wieder dem Kamin zu, da fühlte er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter. Berührungen hatte Severus immer gemieden und der zusätzliche Gedanke an Hermines Farbtrank und das Wissen, wie Magie sich verhalten würde, veranlassten ihn dazu, sich erschrocken umzudrehen. Er packte Remus am Kragen, damit der es nie wieder wagen würde, ihn zu berühren. Entsetzt über Severus’ Verhalten blickte Remus ihm in die Augen und für einen Moment kam es ihm so vor, als würde er den Severus sehen, den er früher in der Schule gekannt hatte, doch es wollte sich ihm einfach nicht eröffnen, was dieses Gefühl ausgelöst haben könnte. Möglicherweise war es Severus’ Miene, die momentan die gleiche Verwundbarkeit aufwies, die auch er damals als Schüler aufgewiesen hatte.

„Ich hatte bereits gesagt, dass es nichts gibt, über das wir reden könnten, Lupin“, stellte Severus mit ungewollt zerbrechlicher Stimme klar, bevor er ihn losließ. Remus’ Kleidung war ganz und gar mit Flohpulver beschmutzt, welches Severus noch in der Hand gehalten hatte. Erneut griff Severus in das Schälchen neben dem Kamin, bevor er in sein privates Büro flohte.

Nicht einmal eine Minute hatte er für sich allein, da klopfte es bereits an seine Tür. Niedergeschlagen und missgelaunt öffnete Severus, um seiner Schülerin gleich sagen zu können, dass sie den Rest des Tages nach ihrem eigenen Ermessen verbringen durfte, doch er blickte nicht in zarte braune Augen, sondern in zwinkernde blaue.

„Albus, das ist nicht der richtige Zeitpunkt, um…“
Der Direktor unterbracht ihn und benutzte seine eigenen Worte, die er damals auf Lupins Verlobungsfeier verwendet hatte, denn er widersprach: „Doch, Severus, das ist genau der richtige Zeitpunkt!“

Genervt ließ Severus seinen alten Freund eintreten, doch er bemühte sich, keinen Blickkontakt zu dem alten Zauberer aufzubauen.

„Minerva hat mich darüber informiert, was heute in Hogsmeade geschehen ist und ich wollte fragen, ob du die Männer finden konntest“, sagte der Direktor.
Mit seinen Gedanken war Severus immer noch bei dem Gespräch, das er mit Lupin geführt hatte und von dem war er noch ganz aufgewühlt, als er mit zittriger Stimme erklärte: „Wir sind Fußspuren gefolgt, aber am Fluss haben wir sie verloren. Keine Spur von ihnen. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest? Ich möchte einen Moment…“
„Nur noch eine Sache, Severus. Ich habe lange darüber nachgedacht und ich habe mich letztendlich dazu entschlossen, den Spiegel Nerhegeb wieder in Hogwarts unterzubringen.“
„Und was habe ich damit zu tun? Du kannst mit deinem Spiegel machen, was du möchtest, Albus“, sagte Severus gereizt.
Über die schlechte Laune seines engsten Vertrauten sah Albus hinweg, als er erklärte: „Es tat mir im Herzen weh, den Spiegel damals zur Aufbewahrung wegzugeben, aber ich denke, auf dem Dachboden wird kein Schüler versehentlich über ihn stolpern. Ich werde trotzdem Schutzzauber anbringen und – weswegen ich eigentlich hier bin – ich wollte dich im gleichen Atemzug darum bitten, bei deinen nächtlichen Rundgängen ab und an ein Auge auf den Spiegel zu werfen.“
Erbost flüsterte Severus: „Das ist ein Scherz oder?“
„Oh nein, ich scherze nicht, mein Guter“, sagte Albus, der sich ungefragt auf einen Stuhl setzte und sich einen Bonbon aus einer der vielen Taschen seinen Umhangs suchte, den er aus dem glitzernden Papier auswickelte und sich in den Mund steckte.

Dieser Anblick erinnerte Severus an etwas, so dass er in seinen Umhang griff, zwei Tüten herauszog und diese ungalant auf den Tisch warf, an welchem Albus Platz genommen hatte. Mit einem Zauberspruch vergrößerte Severus die Gegenstände, bevor er herablassend sagte: „Das nächste Mal frag jemand anderen.“
„Oh, vielen Dank, Severus. Möchtest du einen?“, fragte Albus weiterhin gut gelaunt.
Die Ruhe, die sein alter Freund an den Tag legte, brachte Severus nur noch mehr in Rage, bevor er erneut bat: „Wenn du mich jetzt bitte endlich allein lassen würdest?“
„Sicher, mein Freund. Tu mir nur einen Gefallen: Gehe auf den Dachboden im Westflügel und überzeuge dich davon, dass der Spiegel noch intakt ist. Ich hoffe sehr, er ist nicht durch den Transport beschädigt worden“, sagte Albus, bevor er sich erhob.
Stutzend und ein wenig unsicher fragte Severus: „Der Spiegel ist schon hier?“
„Ja, das ist er. Ich würde ja selbst nachsehen, denn es ist ja nichts Neues, dass beschädigte magische Objekte eine zerstörerische Kraft innehaben können, nur habe ich heute Abend leider keine Zeit, ihn zu begutachten.“
„Warum nicht?“, wollte Severus wissen. Die Antwort formte sich bereits in seinem Kopf, so dass er gleich noch sarkastisch anfügte: „Heute ist doch nicht wieder ein Ordenstreffen oder? Warte, ich gebe dir meine Bridge-Karten mit, damit es heute nicht ganz so einschläfernd abläuft wie beim letzten Mal!“
Albus seufzte, bevor er zugab: „Mir ist nicht entgangen, Severus, dass du dir von dem Treffen viel mehr erhofft hattest. Und ich werde ehrlich zu dir sein: Der Phönixorden trifft sich heute zum letzten Mal.“
Mit hochgezogener Augenbraue ließ Severus diese Information zunächst sacken, bevor er erstaunt nachfragte: „Zum letzten Mal?“
Nickend bestätigte Albus und erklärte anschließend: „Deine Vermutungen waren ganz richtig, Severus. Allein Arthurs Wissen über den Orden macht uns handlungsunfähig, selbst wenn er kein Mitglied mehr sein sollte.“
„Was ist mit den Hexenjägern? Die dürfen sich dann wohl wieder frei bewegen, weil weder unser noch der Minister der Muggel dazu fähig ist, denen das Handwerk zu legen. Wenn die nicht bald einen gewaltigen Dämpfer bekommen, Albus, dann sehe ich schwarz!“, gab Severus seine Meinung zum besten.
„Du siehst doch schon seit viel zu langer Zeit schwarz, Severus“, warf Albus mit ruhiger Stimme ein, an der Severus erkannte, dass er nur Tatsachen ansprechen wollte, ohne ihn provozieren zu wollen.
„Albus, bitte“, flehte Severus. Er war jetzt wirklich nicht mehr in der Stimmung, dieses Gespräch fortzusetzen.
„Sieh dir den Spiegel nachher an, besonders den Rahmen. Ich befürchte…“
„Ich befürchte“, unterbrach Severus wütend, „dass du mich wieder manipulierst!“
„Nein, Severus. Du befürchtest etwas ganz anderes als das, nicht wahr? Du hattest den Spiegel schon einmal zu Rate gezogen, um zu erfahren, wie dein größter Wunsch aussehen würde“, sagte Albus mit warmer Stimme, um Severus seine Zuneigung bekunden.

Als er sich ins Gedächtnis zurückrief, was er einst in dem Spiegel Nerhegeb gesehen hatte, sorgte dafür, dass all die verdrängten Erinnerungen wieder in ihm aufkeimten, die damals dazu geführt hatten, die wohl wichtigste Entscheidung seines Lebens zu treffen.

Mit kaum vernehmbarer Stimme sagte Severus gedankenverloren: „Zumindest ist mein größter Wunsch in Erfüllung gegangen.“
Bestätigend nickte Albus, bevor er sanft und doch zugleich mit Nachdruck fragte: „Und du möchtest nicht wissen, was jetzt, nach Voldemorts Tod, diese Stellung eingenommen hat?“

In Gedanken fragte sich Severus selbst, ob er es wissen wollte und er hatte keine Antwort darauf parat. Vor einem Jahr hätte er noch die Kraft aufgebracht, alles ertragen zu können, was der Spiegel ihm gezeigt hätte, doch es war fraglich, ob der Spiegel ihm vor einem Jahr überhaupt etwas hätte zeigen können.

„Es wird so oder so mit ’Tod’ zu tun haben, Albus“, antwortete Severus niedergeschlagen.
Seufzend steckte Albus die beiden Tüten mit Zitronenbonbons in seine Taschen und empfahl einen Augenblick später resignierend: „Dann sieh nicht hinein, aber überprüfe bitte, ob der Spiegel unversehrt ist. Ich wäre dir sehr dankbar dafür.“

Der Direktor wandte sich zum Gehen ab und hatte bereits die Tür geöffnet, da fragte Severus flüsternd in den Raum hinein: „Was hast du eingenommen, um zu überleben, Albus?“

Severus hörte, wie die Tür zu schlug und ging davon aus, dass Albus seine Frage nicht einmal vernommen hatte. Umso mehr erschrak er, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte, doch anders als bei Lupin war diese Hand willkommen. Albus beließ die Hand auf dieser Stelle, während er sich genau vor ihn stellte und mit aufrichtiger Miene erklärte: „Ein Elixier, welches vermag, über die schlimmsten Erkrankungen Herr zu werden, Severus. Ein Elixier, das sogar den Tod als Krankheit sieht, die mit Leichtigkeit geheilt werden kann.“
Diese Hinweise waren genug für seinen hellen Verstand, so dass Severus sofort begriff und verdutzt fragte: "Aber du hast ihn doch zerstört?"
Die Hand an seiner Schulter drückte einmal zu und die Augen des Direktors schlossen sich einen Moment, bevor er sie wieder öffnete und ehrlich schilderte: „Flamel hatte mir nur auferlegt, den Stein zu zerstören.“
Es war nur für einen Moment ein wenig Enttäuschung in Severus braunen Augen zu sehen, doch dann sagte er: „Und du hast es nicht getan. Hattest du denn keine Angst, dass Voldemort davon hätte erfahren können?“
Den Kopf schüttelnd erläuterte Albus: „Niemand außer mir wusste davon und ich habe mich gehütet, Harry zu nahe zu kommen, damit Voldemort nicht durch ihn die Chance bekommen würde, dieses Geheimnis in meinen Gedanken zu erspähen.“

Die Hand wanderte an Severus Oberarm hinunter und drückte in freundschaftlicher Geste zu. Albus erinnerte sich an seine damalige Verzweiflung und die Befürchtung, Voldemort würde es auf den einzigen Verwandten seines ärgsten Feindes abgesehen haben, um seinen Widersacher kampflos in die Finger zu bekommen. Damals war Harry durch Voldemort noch leicht beeinflussbar gewesen und Harrys Befreiungsaktion im Ministerium hatte Albus vor Augen gehalten, wie richtig er mit seinen Befürchtungen gelegen hatte. Dass Harry nicht als Voldemorts Gefangener geendet war, war einzig den Freunden an seiner Seite zu verdanken gewesen, die ihn nicht alleine haben ziehen lassen. Um Harry und dessen Patenonkel gleichzeitig zu beschützen, musste er Sirius das Elixier des Lebens gegeben, welches dieser blind vertrauend geschluckt hatte, bevor der Weg ins Ministerium eingeschlagen wurde. Albus war sich sicher gewesen, dass man es bei einem Kampf besonders auf Sirius absehen würde und er hatte gewusst, dass – jedoch nicht wie – Sirius in jener Nacht nicht mit dem Leben davonkommen sollte. Doch nicht einmal Albus hatte erahnen können, dass Sirius durch den mysteriösen Schleier fallen würde und es war purer Zufall gewesen, dass er ihn über das Verschwindekabinett tatsächlich wieder hatte zurückholen können.

Mit dieser damals gefühlten Verzweiflung in der Stimme erklärte Albus: „Ich musste Sirius von der Bildfläche verschwinden lassen, um Harry wenigstens einen Verwandten zu bewahren, der ihm so viel bedeutete.“
„Du hast Black das gleiche Elixier verabreicht, obwohl du nicht einmal gewusst hattest, was ihn hinter dem Vorhang erwarten würde? Was hättest du getan, wenn er mit völlig wirrem Verstand wieder aufgetaucht wäre?“

Albus antwortete nicht. Er blickte ihn nur stumm an und Severus wurde in diesem Moment von einem seltsam unguten Gefühl ergriffen, als er eine Antwort auf seine eigene Frage zu finden hoffte. Einige Male hatte Albus bereits vermeintlich hartherzig gehandelt, wenn es darum gegangen war, die Siegeschancen für die gute Seite zu verbessern. Das hatte er bereits am eigenen Leib erfahren müssen, selbst wenn Severus damals geglaubt hatte, für seine Entscheidung selbst verantwortlich zu sein. Letztendlich war es immer Albus gewesen, der die Fäden in der Hand gehalten hatte und die hatte er selbst noch nach seinem vorgetäuschten Tod nicht abgeben wollen.

„Du hast Black verschwinden lassen, um ihn gegen Harry als Druckmittel einzusetzen, falls der sich nach dem Sieg über Voldemort plötzlich von einer anderen Seite gezeigt hätte. Andererseits hattest du mit Blacks Wiederauferstehung einen Trumpf im Ärmel, der dir nicht nur Harrys ewige Dankbarkeit, sondern auch die Anerkennung der gesamten Zauberergemeinschaft gesichert hätte“, kombinierte Severus mit monotoner Stimme.
„So wie du es ausdrückst, Severus, hört es sich sehr hinterlistig an, aber glaube mir, wenn ich sage, dass meine Absichten immer die besten waren“, rechtfertigte sich Albus.
„Auch bei mir? Ich bezweifle das langsam, Albus. Ich bezweifle, dass meine Entscheidung die richtige gewesen war. Mein Leben hätte mit Voldemorts Tod ebenfalls enden müssen. Ich bin doch nur noch ein Schatten, der verzweifelt versucht, ein Leben zu imitieren“, offenbarte Severus das erste Mal in Worten gegenüber einer anderen Person.
„Oh Severus, so darfst du nicht denken“, flehte Albus, dem anzuhören war, dass die Worte seines jungen Freundes ihm sehr nahe gegangen waren. "Was du suchst, mein lieber Freund, findest du nicht in der Vergangenheit.“
„Ich bin Vergangenheit, Albus“, sagte Severus hoffnungslos. „Die wenigen, glücklichen Erinnerungen, die ich bewahren konnte, um noch einen Patronus erschaffen zu können, die stammen aus längst vergangenen Tagen“, erklärte er erschüttert, bevor er den Kopf hängen ließ.
Three Characters in Search of an Exit - eine Satire mit Harry, Hermine und Severus
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124 Nerhegeb




Es war schon spät und wegen der überschrittenen Sperrstunde traf Severus auf seinem Weg zum Dachboden keinen einzigen Schüler an oder er sah nur niemanden, weil er gedankenverloren und mit gesenktem Blick durch die Gänge wandelte. Im Westflügel des vierten Stocks erschrak er, als plötzlich eine Tür aufgerissen wurde. Auch Hermine hatte sich erschrocken.

„Huch, entschuldigen Sie bitte! Ich wollte nur Fellini rauslassen“, sagte sie. Sie bemerkte sofort, dass etwas mit ihm nicht zu stimmen schien. „Alles in Ordnung, Severus?“
Er riss sich zusammen und erwiderte mit angeschlagener Stimme: „Ja, danke der Nachfrage. Wenn Sie mich entschuldigen würden? Ich möchte meinen Rundgang fortführen.“

Ohne auf eine Antwort zu warten ging er weiter und Hermine überlegte derweil, warum er gerade diesen Weg einschlug, wo der Astronomieturm – sein bevorzugtes Ziel – von hier aus doch so schlecht zu erreichen war. Fellini war bereits durch die Tür hinausgegangen, um wie Severus seinen abendlichen Rundgang zu beginnen, nur dass er weniger auf Schüler achten würde als eher auf krauchendes Getier und Mäuse, mit denen er sich die Zeit vertreiben wollte.

Dem schwarzen Schatten ihres Professors schaute Hermine noch eine Weile nach, bis sie ihn nicht mehr sehen konnte und erst dann schloss sie die Tür. Wie jeden Abend machte sie sich erneut daran, Kapitel zehn häppchenweise durchzugehen, bis sich ihr vielleicht endlich etwas offenbaren würde. Es hatten sich bereits verschiedene Theorien in ihrem Kopf gebildet. Die wahrscheinlichste war ihrer Meinung nach jene, dass Severus magisch etwas bewahrt hatte, was er nun finden wollte, doch sie hatte einfach zu wenige Informationen, um effektiv arbeiten zu können. Sie wusste nicht einmal, ob es möglich sein würde, die im Buch angesprochenen Dinge außerhalb des Körpers zu bewahren; verkorkt in einem Fläschchen. Immer wieder dachte sie darüber nach, wer ihr bei des Rätsels Lösung wohl helfen könnte, doch Harry, so mächtig er auch sein mochte, wäre ihr sicherlich keine große Hilfe. Sie benötigte einen genauso klugen Verstand wie den ihren und mit einem Male fiel ihr eine Person ein, die sogar mit Leichtigkeit zu kontaktieren war.

In seinem Schlafzimmer saß Draco an einem Tisch, um neben der Hauptbeschäftigung, Gummischlangen zu verzehren, auch noch nebenbei die Hausaufgaben des Tages zu erledigen, was er als Last empfand. Hätte er sich damals rechtzeitig für die Schule angemeldet, hätte er mit Sicherheit zu der kleinen Gruppe Schüler gezählt, die ihren UTZ außerhalb der Reihe beim Ministerium hatten ablegen dürfen. Er seufzte, als er die fertige Arbeit für Professor Flitwick auf den Stapel der erledigten Hausaufgaben legte, bevor er sich das Heft für Zaubertränke vornahm. Es juckte ihn in den Fingern, nicht die gestellten Fragen zu beantworten, sondern einfach zu schreiben „Du weißt doch, dass ich alles beherrsche!“. Allerdings hatte Draco mit seinem Todesserkostüm bereits 170 Hauspunkte verloren, weswegen er sich dazu zwang, auch diese Hausaufgaben gewissenhaft zu erledigen. Vielleicht konnte er sogar Bonuspunkte erhaschen, wenn er sehr ausführlich arbeiten würde, hoffte er.

Es klopfte und die Ablenkung hieß er willkommen, so dass er fröhlich „Herein!“ rief. Für einen Moment schaute er seinen Gast verdutzt an, denn es handelte sich dabei um Hermine.

„Was kann ich für dich tun?“, fragte er höflich, während er mit einer Hand auf den leeren Stuhl neben sich deutete, damit sie Platz nehmen konnte. Das dicke Buch unter ihrem Arm war ihm natürlich nicht entgangen, so dass er gleich fragte: „Was ist das?“
Sie legte das Buch auf den Tisch, setzte sich und erklärte: „Ich denke, das hat mit Severus zu tun.“ Sie schlug ein bestimmtes Kapitel auf, schob es vorbei an der Tüte Gummischlangen zu ihm hinüber und gab offen zu: „Aber ich komme nicht allein dahinter. Ich brauche Hilfe.“

Endlich war Severus an der Tür zum Dachboden des Westflügels angelangt. Diesen Weg hatte er selten benutzt, weil es hier keine Räume oder kuschelige Nischen gab, die Schüler für ihre hormonell bedingten, nächtlichen Ausflüge nutzen könnten. Seufzend griff er in seine Innentasche und tastete gleich neben seinem Herzen nach dem Zauberstab, mit dem er die Tür öffnen wollte. Albus hatte ihm die Schutzzauber genannt, die es zu überwinden galt, um den Dachboden betreten zu können.

Nach einigem Wutschen und Wedeln öffnete sich die Tür laut quietschend und er machte sich nicht die Mühe, sie hinter sich wieder zu schließen, damit zumindest ein wenig Licht vom Gang hereinscheinen konnte, doch das half leider wenig. Drinnen war es stockfinster, so dass Severus einen Lumos anwenden musste. Die ersten Schritte nahm er problemlos, doch sehr bald stieß er an verschiedene Gegenstände, die bereits seit vielen Jahrzehnten hier untergebracht waren. Es handelte sich um Bänke, Stühle, Tafeln, Unmengen an Büchern, ausrangierte Schulbesen und einige Gegenstände, die ehemalige Lehrer einfach zurückgelassen hatten und die Albus nicht wegwerfen wollte. Hier oben hatte Minerva, die es dem Direktor gleichgemacht hatte, nach dem sechsten Schuljahr auch das persönliche Hab und Gut von Draco und ihm aufbewahrt. Mit hin und her schwingendem Zauberstab schuf Severus sich einen begehbaren Pfad, bis er an eine weitere Tür auf dem Dachboden stieß, hinter welcher sich der Spiegel Nerhegeb befinden sollte.

Albus hatte gründlich gearbeitet, denn auch diese Tür war mit einem Schutzzauber versehen, die Severus jedoch, weil sie ihm bekannt waren, ohne Mühe überwinden konnte. In diesem Raum befanden sich Fackeln an den Wänden, die er mit einem Incendio entflammte. Zunächst ließ Severus seinen Blick durch den Raum schweifen, bis er ihn in der Mitte auf dem verhüllten Gegenstand ruhen ließ. Hier war neben dem durch ein burgunderfarbenes Tuch bedeckten Spiegel nichts anderes untergebracht. Einmal tief durchatmend näherte sich Severus dem verhüllten Gegenstand. Er stellte sich seitlich davor, bevor er das Tuch mit dem Stab nach oben hinweg entfernte und es in der Luft hängen ließ. Mit zögerlichem Blick betrachtete er den hölzernen, kunstvoll verzierten Rahmen des Spiegels, bevor er sich dazu entschloss, zunächst die Rückseite nach Schäden abzusuchen, doch die Fläche war, bis auf die normale Holzmaserung, ebenmäßig glatt. Keine Risse waren zu erkennen, so dass Severus wieder um den Spiegel herumging, sich jedoch nicht direkt vor ihn stellte, denn dann würde Nerhegeb ihm seinen größten Wunsch zeigen. Mit Hilfe seiner Hände tastete er auffällig aussehende Stellen ab, die sich jedoch allesamt als nicht beschädigt herausstellten. Der Spiegel war völlig intakt.

Bewegungslos verharrte Severus seitlich neben dem Spiegel und er dachte darüber nach, was er wohl sehen würde, sollte er sich direkt vor ihn stellen. So wie ein Patronus sich ändern konnte oder gar der eigene Irrwicht, so konnte sich im Laufe des Lebens natürlich auch der größte Wunsch einer Person ändern. Severus ging fest davon aus, dass der Spiegel ihm etwas anderes zeigen würde als vor zwanzig Jahren. Dieser einstige Wunsch hatte sich bereits dank Harry erfüllt, denn er hatte sich damals nichts mehr ersehnt als den Dunklen Lord ein für alle Mal tot zu sehen. Severus fand nicht den Mut, um selbst in den Spiegel zu blicken. Stattdessen überlegte er, was andere Menschen in ihm sehen könnten. Lupin würde sicherlich sich selbst in einem schicken schwarzen Anzug neben Tonks vor dem Traualtar stehen sehen, während Albus Minerva an seiner Seite erblicken würde oder sogar nichts außer sich selbst. Und Linda? Sie würde vielleicht ihren verstorbenen Mann neben sich sehen. Bei Molly war Severus sich ziemlich sicher, dass sie Bilder einer pompösen Hochzeit von Harry und ihrer Tochter erspähen könnte, die zudem ganz ohne Patzer ablaufen würde. Severus fragte sich ernsthaft, was Hermine erblicken könnte. Womöglich die Anerkennung der magischen Gesellschaft und eine Willkommensfeier, die die großen Zaubertränkemeister aus aller Welt für sie geben würden. Und Harry? Der würde die junge Miss Weasley sehen, vermutete Severus, aber es war auch wahrscheinlich, dass sich Harrys und sein eigener größter Wunsch sehr ähnlich sein könnten.

Mit einem Zauberspruch bedeckte Severus den Spiegel wieder, bevor er alle möglichen Schutzzauber erneut anwandte und den Dachboden kurz darauf niedergeschlagen verließ.

Zur gleichen Zeit knisterte bei Harry und Ginny der Kamin und es kündigte sich kein Geringerer an als Ron.

„Hey, Leute! Kann ich vorbeikommen?“, wollte der Rothaarige wissen. Er war willkommen und im Nu war er durch den Kamin ins Wohnzimmer seiner Schwester und seines besten Freundes gelangt.
„Ron, was für eine Überraschung!“, sagte Harry begeistert, bevor er ihn stürmisch begrüßte. „Ohne Angelina?“, wollte Harry wissen.
„Die ist mit Freundinnen unterwegs. Ich wollte mal vorbeischauen, weil wir doch in den Wintermonaten mit dem Training aufhören und weil jetzt schon so viel Schnee liegt…“ Er ließ sich auf das Sofa plumpsen und erklärte: „Na ja, ab und an werden wir noch trainieren, aber momentan habe ich sehr viel Freizeit.“ Er betrachtete den Tisch vor sich und sagte danach schmunzelnd: „Wisst ihr, was hier fehlt? Ein Schälchen mit Süßigkeiten!“
Harry lachte, zauberte ihm jedoch den gewünschten Gegenstand herbei, so dass Ron über die Schokofrösche herfiel und mit vollem Mund nörgelte: „Die haben jetzt die Karten wieder mit neuen Zauberern aufgestockt. Das heißt, mir fehlen wieder 23 Karten anstatt nur drei.“
„Ich werde alle aufheben“, versicherte Harry, der sich nun neben Ron setzte.
Ginny ließ sich ebenfalls neben ihrem Bruder nieder, weshalb er sich ihr zuwandte und grinsend fragte: „Wie geht’s meinem Neffen?“
„Der schläft“, antwortete sie knapp.
„Mensch, kann der nicht mal wach sein, wenn sein Lieblingsonkel zu Besuch kommt?“
Sie musste herzlich lachen, bevor sie sagte: „Das wird sich erst noch herausstellen, ob du sein Lieblingsonkel sein wirst.“
„Oh, das werde ich sein“, sagte Ron, der plötzlich etwas aus seiner Hemdtasche zog und es Ginny überreichte. „Das ist ein Geschenk für Nicholas“, fügte er hinzu, bevor er dem Gegenstand mit seinem Zauberstab die normale Größe wiedergab. Es handelte sich um eine weiße Stoffeule. „Als ich die gesehen habe, musste ich gleich an Hedwig denken.“

Als die neben dem Fenster auf ihrer Stange dösende Eule ihren Namen vernahm, drehte sie ihren Kopf.

„Aber das Schönste ist…“ Ron tippte die flauschige Stoffeule mit seinem Stab an und sie begann mit sanften Flügelschlägen in der Luft zu schweben. „Versuch mal, nach ihr zu greifen!“, forderte Ron.

Ginny streckte ihre Hand aus und da stieß die Eule ein wohlig klingendes „Schuhu“ aus.

Die Eule betrachtend sagte Harry: „Du hättest mir auch eine mitbringen können.“
Sein Freund giggelte und erklärte: „Du hast das Original, mein Guter.“ Ginny brachte das neue Spielzeug ins Schlafzimmer und als sie unter vier Augen waren, fragte Ron: „Ist Hermine noch bei Snape oder…“
„Ich kann sie mal anflohen, ob sie oben ist“, bot Harry an, während er sich schon zum Kamin begab.
„Oben? Ich dachte, sie wohnt in den Kerkern.“
„Sie ist nach oben gezogen. Es war ihr wohl doch zu dunkel da unten. Jetzt wohnt sie im vierten Stock bei der Bibliothek und sie hat sogar einen Balkon!“, sagte Harry stolz, denn er hatte es befürwortet, dass die blasse Hermine wieder etwas Tageslicht sehen würde.
„Dann floh sie an! Sie soll runterkommen, wenn ich schon einmal hier bin“, sagte Ron mit Vorfreude in der Stimme, denn er hatte sie lange nicht mehr gesehen.

Während Harry am Kamin nach Hermine rief, versank Ron in Gedanken. Harry hatte ihm von dem Vorfall mit den Dunklen Künsten erzählt und dass Hermine es vermissen würde, wie früher mit ihren engsten Freunden zusammen zu sein. Das war unter anderem der Grund, warum Ron heute hier war. Er wollte Hermine sehen. Andererseits hatte er heute sowieso Zeit, denn Angelina unternahm kaum etwas mit ihm zusammen, sondern suchte die Abwechslung bei ihren Freundinnen.

„Sie ist nicht da“, sagte Harry verwundert, womit er Ron aus seinen Gedanken riss.
Ron blickte auf die Uhr an der Wand und fragte: „Sie wird doch um diese Zeit wohl nicht mehr bei Snape sitzen? Nimmt er sie zu hart ran? Hermine braucht auch mal etwas Zeit für sich!“
Mit gespitzten Lippen schüttelte Harry den Kopf, bevor er sagte: „Kann ich mir nicht vorstellen, aber ich kann mal in sein Büro anflohen.“

Nach weniger als einer Minute kehrte Harry vom Kamin zurück.

„Es geht keiner ran“, sagte er nachdenklich.
Die Sorge in Harrys Stimme war Ron nicht entgangen, weswegen er wissen wollte: „Es wird doch hoffentlich nichts passiert sein?“
„Keine Ahnung, aber vielleicht stellen sie wieder irgendwas an?“
Rons Augen wurden ganz groß, bevor er fragte: „Inwiefern?“
Lachend setzte sich Harry wieder neben ihn und erklärte: „Die waren neulich mal am See bei Albus’ Grab und wollten es öffnen.“
„Spinnen die beiden? Das ist ’Störung der Totenruhe’!“ Ron stutzte über seine eigenen Worte. „Na ja, es wäre… Ich meine, Dumbledore läuft ja munter hier im Schloss herum. Haben sie was gefunden?“
„Sie haben herausgefunden, dass es sich bei dem Grab um einen massiven Marmorklotz handelt. Da ist keine Leiche weit und breit!“, schilderte Harry.
Beide Augenbrauen wanderten bis zum Haaransatz hinauf, bevor Ron schelmisch sagte: „Da hat der alte Knabe uns ganz schön an der Nase herumgeführt.“
„Vor allem finde ich geschmacklos, dass das Grab noch immer existiert“, sagte Harry mit gekräuselter Nase.
„Geschmacklos ist das gar nicht mal“, wiegelte Ron ab, „aber hast du eine Ahnung, wie viele Aschenbecher man daraus meißeln könnte?“

Harry lachte über Rons Bemerkung, bis Ginny ins Zimmer zurückkam: Mit Nicholas auf dem Arm.

„Hier, Ron. Dein Neffe ist wach. Bei dem Gegacker hier im Wohnzimmer hätte ich auch nicht schlafen können“, sagte sie, während sie ihm den Jungen reichte.
Nebenbei mit seinem Neffen schmusend fragte Ron: „Habt ihr beide den Tagespropheten verfolgt?“
Ein wenig erbost erklärte Harry: „Den lese ich aufgrund persönlicher Abneigung sehr selten.“
„Dann habt ihr nicht mitbekommen, dass Lucius Malfoy ein Verfahren mit ’Veritaserum Plus’ angestrebt hat?“ Da Harry und Ginny den Kopf schüttelten, erzählte Ron: „Dad sagt dazu kaum etwas, weil er als Minister die Hintergrundinformationen nicht einfach so weitererzählen darf, aber ich habe nicht nur den Tagespropheten verfolgt, sondern mich auch nebenbei schlau gemacht.“ Es erstaunte Harry ein wenig, dass Ron eine Eigenart an den Tag gelegt haben soll, die man eigentlich nur Hermine zuschreiben würde. „Der Verhandlungstermin ist der zwölfte Januar.“
„Schon?“, fragte Harry überrascht nach.
Ron nickte und fuhr gleich darauf fort: „’Veritaserum Plus’ ist ein ziemlich übles Zeug; hat mir Tonks erzählt. Du antwortest nicht nur wahrheitsgemäß auf eine Frage, sondern schilderst auch alles andere, was zu diesem Zeitpunkt und an diesem Ort geschehen war. Wenn ich dich fragen würde, ob du heute früh in der Großen Halle gefrühstückt hast, Harry, dann würdest du nicht nur mit Ja antworten, sondern mir auch haarklein erzählen, was du gegessen hast, womit du vielleicht geliebäugelt, aber nicht angerührt hast, wer noch alles in der Großen Halle zu diesem Zeitpunkt anwesend war, in welcher Anordnung die anderen an den Tischen gesessen haben, was sie getragen haben…“
„Ich verstehen schon, Ron“, sagte Harry mit einer stoppenden Geste seiner Hand.
„Das ist das, was Lucius Malfoy angefordert hat, Harry. Er will so eine Verhandlung und wenn ich ehrlich sein darf: Das wird mit Sicherheit eine richtig interessante Verhandlung werden!“
Skeptisch kniff Harry die Augen zusammen, bevor er wissen wollte: „Und warum sagst du mir das?“
Ginny bekundete ihre Vermutung: „Ich hoffe nicht, Ron, dass du die Verhandlung besuchen möchtest.“
„Doch, natürlich! Das will ich mir anhören, was der fiese Kerl alles zu sagen hat. Ich könnte wetten, dass er auch uns alle erwähnen wird, denn immerhin wird man ihn wegen des Vorfalls im Ministerium während unseres fünften Schuljahres verhören“, sagte Ron enthusiastisch.
Den Kopf schüttelnd sagte Harry: „Ohne mich, Ron. Ich werde da nicht hingehen. Mir ist egal, was Malfoy senior zu berichten hat. Er wird für seine Taten hoffentlich nach Askaban gehen.“ Für einen Moment musste er an Draco denken und er bereute seine Aussage.
„Bei deinem Glück, Ron“, begann Ginny, „findet die Verhandlung sowieso unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.“

Beleidigt verzog Ron das Gesicht, während er seinen kleinen Finger von Nicholas ergreifen ließ.

„Wollen wir Hermine suchen gehen? Sie kann ja nicht weit sein: Bibliothek, Labor oder auf einem der entsprechenden Gänge“, schlug Harry vor.
„Suchen gehen? Warum schaust du nicht auf der Karte der Rumtreiber nach?“, suggerierte Ron.
„Nein, das möchte ich nicht. Ich habe das Gefühl, dass es zu sehr in die Privatsphäre eindringt. Außerdem gibt es Dinge, die möchte man einfach nicht wissen“, erwiderte Harry.
Mit hochgezogener Augenbraue fragte Ron: „Was denn für Dinge?“
„Na ja, einmal spät abends, da habe ich nach Hermine auf der Karte gesucht. Sie war gerade auf dem Weg in ihr Zimmer im vierten Stock. Gleich in der Nähe ist ja die Bibliothek und da habe ich die Namen von Filch und Pince gelesen und die beiden standen sehr, sehr dicht beieinander! Das sind Informationen, auf die ich wirklich verzichten kann“, schilderte Harry.
Ginny kicherte, bevor sie sagte: „Ich hab es früher schon immer geahnt!“
Den Jungen gab Ron an Ginny ab, bevor er zu Harry sagte: „Dann mal los: Suchen wir Hermine. Wenn ich schon hier bin, dann soll sie auch was davon haben.“

Ginny wartete, während Ron und Harry sich auf den Weg machten. Im vierten Stock trafen sie niemanden in der Bibliothek an, glücklicherweise auch nicht Madam Pince und Mr. Filch. In ihrem Zimmer war Hermine auch nicht, so dass der nächste Weg nach ganz unten in die Kerker führte, um in Severus’ privatem Labor nachzusehen.

Auf der Treppen in den Kerker erzählte Ron: „Neulich habe ich überraschend bei meiner Mum vorbeigeschaut. Du weißt ja, dass sie in einem Haus von Verwandten ganz hier in der Nähe wohnt. Na ja, ich bin also leise rein und wollte sie überraschen...“
Harry unterbrach und verbesserte schelmisch grinsend, weil er seinen Freund gut kannte: „Du wolltest sie erschrecken.“
„Ist doch egal! Ich gehe also rein und da höre ich, wie sie mit jemandem schimpft. Ich habe durch den Spalt der Tür geschaut und sehe Remus, wie er kreidebleich die Schimpftirade über sich ergehen lässt. Junge, war ich vielleicht froh, dass mal jemand anderes außer mir zur Minna gemacht worden war. Es ging wohl um Tonks und ihn, weil er sich von ihr…“
„Ja, das habe ich mitbekommen. Jetzt ist aber alles wieder in Ordnung“, fügte Harry unterbrechend ein.
„Meiner Mum zu widersprechen würde auch nicht viel bringen, glaube ich. Remus hat mir richtig Leid getan, aber es war offensichtlich notwendig, ihn mal so hart anzupacken. Warum hat er sich eigentlich von Tonks getrennt?“, wollte Ron wissen.
„Ich glaube, er hat sich etwas viel zu sehr zu Herzen genommen was Severus ihm gesagt…“

Harry verstummte, denn in dem Moment sahen sie Severus etliche Meter weiter ganz vorn um die Ecke kommen. Auch der hatte die beiden gesehen, blieb kurz stehen, führte dann jedoch seinen Weg fort und kam auf die beiden zu.

„Ich habe eigentlich gehofft, ihm heute nicht über den Weg zu laufen“, flüsterte Ron und er sagte gar nichts mehr, als er seinem ehemaligen Zaubertränkelehrer leibhaftig gegenüberstand. Es mag daran gelegen haben, dachte Ron, dass er Snape so lange nicht mehr gesehen hatte, aber der Mann wirkte heute irgendwie kränklich, zumindest kränklicher als sonst.
„Mr. Weasley“, grüßte der Zaubertränkemeister mit einem Kopfnicken, welches Ron nonverbal als Gruß zurückgab.
Weil sie sich am Tage schon gesehen hatten, grüßten Harry und Severus sich nicht, doch Harry fragte natürlich: „Wissen Sie, wo Hermine steckt? Wir suchen sie nämlich.“
„Wenn Sie nicht in ihren Räumlichkeiten und auch nicht in der Bibliothek anzutreffen ist, dann kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen“, erklärte Severus mit matter Stimme.

Auch Harry war aufgefallen, dass Severus sehr angeschlagen wirkte, doch im Beisein von Ron wollte er nicht fragen, ob ihm etwas fehlen würde.

„Danke, dann werden wir einfach noch ein wenig suchen“, sagte Harry freundlich und mit einem Lächeln auf den Lippen, welches Severus nur noch mehr zu verletzen schien.
„Gute Nacht, Mr. Weasley, Harry“, sagte Severus verabschiedend, bevor er sich in sein Zimmer zurückzog.

„Was ist denn mit dem los?“, wollte Ron wissen, doch Harry hatte keine Antwort darauf. Die beiden wendeten sich gerade zum Gehen, da hörten sie, wie sich eine Tür weiter hinten öffnete.

Harry wusste, zu welchen Räumen diese Tür gehörte und es verwunderte ihn, dass es Hermine war, die Dracos Zimmer verließ; unter ihrem linken Arm ein dicken Buch geklemmt.

Sie erkannte die beiden sofort und ein fröhliches Lächeln machte sich in ihrem Gesicht breit, bevor sie rief: „Ron! Was machst du denn hier?“ Sie stürmte auf ihn zu und umarmte ihn, rammte ihm derweil versehentlich das dicke Buch zwischen die Rippen, was Ron ein Geräusch entlockte, dass sie wie „Umpf“ anhörte.
Sich übertrieben leidend die Seite haltend erwiderte Ron: „Nicht so stürmisch! Wir haben dich gesucht, hast du ein wenig Zeit?“
Man konnte ihr ansehen, dass ihr momentan andere Dinge durch den Kopf gingen, doch trotzdem sagte sie wie selbstverständlich: „Ja, sicher!“

Zurück bei Ginny machten es sich die Freunde um den Tisch herum gemütlich. Ron hatte viel zu erzählen und Hermine wurde sich bewusst, auch wenn sie es früher häufig gestört hatte, wie sehr sie die Berichte über die teaminternen Quidditch-Angelegenheiten vermisste.

„Unser größter Sponsor überlegt abzuspringen, obwohl Pfützensee ihm nur Gutes gebracht hat“, sagte er betrübt.
Schelmisch tröstete Ginny: „Ach, es wird sich schon jemand finden und wenn nicht, dann kann Harry ja mal überlegen, ob er sich als Sponsor betätigen möchte.“

Eine ganze Weile unterhielten sich die vier über dieses und jenes, während Ron und Hermine sich manchmal aus reiner Gewohnheit an den Händen hielten, um die Nähe des anderen zu spüren.

Nachdem Ginny sich nach Angelinas Befinden erkundigt hatte, fragte Harry unverblümt: „Wie läuft es mit ihr so?“
Zunächst zögerte Ron, doch letztendlich schilderte er ehrlich: „Ich bin froh, dass ich mal ohne sie bin. Nicht, dass ihr das falsch versteht, aber wir sehen uns 24 Stunden am Tag und das wird langsam zu viel des Guten. Das ist der Grund, warum sie abends lieber mit Freundinnen weggeht und ich…“

Und er hier bei seinen Freunden saß.

„Das verstehe ich“, versicherte Hermine. „Das wird sich jetzt hoffentlich ändern, wo ihr nicht mehr so viel Training habt.“
Nickend stimmte Ron ihr zu, bevor er wissen wollte: „Und wie geht es dir und deiner Ausbildung?“
„Gut! Nein, besser als nur ’gut’. Ich denke, dass ich sogar viel früher meine Prüfung machen kann. Möglich wäre es jedenfalls, nur müsste Severus seine Einwilligung dazu geben.“
„Was denn“, staunte Ron, „schon fertig? Das ging ja fix!“
„Es gab nicht mehr viel, was ich für die Prüfung beim Ministerium lernen musste. Man muss aber erst bei einem Meister sein Können zeigen. Ich nehme an, das Ministerium will sich einfach nicht die Arbeit aufhalsen, jemanden im Vorfeld auf seine Fähigkeiten zu prüfen – das soll ein Meister machen und wenn der sein Okay gibt, dann geht’s ab zur Prüfung“, schilderte Hermine.

Während Ron und Ginny ihr versicherten, ihr die Daumen zu drücken, blickte Hermine zu Harry hinüber und der hatte seine Augen starr auf das Buch gerichtet, welches sie dort abgelegt hatte. Er schien ihre Augen auf sich zu spüren, denn er hob seinen Blick und schaute sie direkt an. Wortlos schien er zu fragen „Hast du etwas rausbekommen?“, doch Hermine wollte noch nicht über das berichten, was Draco ihr erzählt hatte. Die geistige Verbundenheit von Harry und Hermine teilte Ron trotz seiner nicht mehr stetigen Präsenz noch immer, so dass er im gleichen Augenblicke auf das Buch deutete und fragte: „Hat das da etwas mit Snape zu tun?“

Noch einmal blickte Hermine zu Harry hinüber und der schien nur noch darauf zu warten, bis sie loslegen würde.

„Wir glauben ja“, sagte Hermine.
„Wir?“, fragte Harry nach und nachdem Ron klar geworden war, dass mit „wir“ nicht Harry gemeint sein konnte, blickte auch er sie fragend an.
„Ich habe Hilfe gebraucht. Ich lese das eine Kapitel schon zum x-ten Mal, aber ich bin noch nicht weitergekommen“, erklärte sie.
Sich nach vorn lehnend betrachtete Harry das Buch von nahem, bevor er feststellte: „Das ist schwarzmagisch!“
Erstaunt wollte Hermine wissen: „Woher weißt du das?“
„Ich fühle es“, war die knappe Antwort.
„Mit einem Protego belegt ist es ungefährlich, Harry. Du kannst es ruhig anfassen“, versicherte sie ihm, doch es war nicht Harry, sondern Ron, der neugierig zugriff.

Während Ron in dem Buch blätterte, erzählte Hermine: „Wir sind uns ja einig, dass Severus etwas fehlt, das er sucht und das er ’reparieren’ möchte. Er hat mich auf Kapitel zehn aufmerksam gemacht, aber dort wird erklärt, wie man Dinge bewahrt. Da habe ich mich gefragt, ob er womöglich etwas in einem Behälter aufbewahrt hat und dass er den jetzt finden möchte.“
Dem Gespräch nicht folgend sagte Ron in dem Buch lesend: „Das ist übel: Ein Trank, der die Liebe von Kindern zu den eigenen Eltern bewahrt und zwar für immer.“
„Was ist daran übel?“, fragte Ginny.
Ihr Bruder blickte sie an und erklärte: „Für immer! Das heißt, völlig egal, was passiert; egal, was die mit ihren Kindern machen! Ich denke nicht, dass dieses Buch als Leitfaden für liebevolle Eltern verstanden wird. Es gibt auch Eltern von einem ganz anderen Schlag. Außerdem ist es doch viel schöner, wenn die Kinder ihre Eltern aus freien Stücken lieben, weil die immer gut zu ihnen waren.“ Direkt an Hermine gewandt fragte Ron: „Warum hat er dir das zu lesen gegeben, wo es doch schwarzmagisch ist?“
Mit zwei kleinen, roten Flecken auf der Wange erklärte Hermine: „Ich hatte ja ein Gespräch mit Albus über die Dunklen Künste und ich…“ Sie stockte, denn sie hatte weder Harry noch Ginny, geschweige denn Ron erzählt, dass sie ab und an gern schwarzmagische Bücher lesen wollte, um etwas aus ihnen zu lernen.

„Du liest das, weil du es interessant findest“, stellte Harry mit monotoner Stimme klar.
Nickend bejahte Hermine, bevor sie verteidigend sagte: „Albus hat gesagt, man könnte die Dunklen Künste nur effektiv bekämpfen, wenn man sie verstehen würde. Er selbst hat sich auch damit auseinander gesetzt. Es gibt hier wohl noch eine Lehrkraft, die schwarzmagische Bücher lesen soll.“
„Snape“, stellte Ron wie aus der Pistole geschossen fest.
„Außer ihm meine ich.“
Das, was Ginny zu sagen hatte, erstaunte alle, denn sie offenbarte: „Sprout! Sie liest schwarzmagische Bücher über gefährliche Pflanzen.“ Bevor den dreien die Augen aus dem Kopf fallen würden, erklärte sie: „Hat mir Neville neulich erzählt. Sie geht ganz vorsichtig damit um und hat ihm sogar angeboten, auch mal einen Blick hineinwerfen zu dürfen. Wenn man weiß, wie man mit den Büchern umzugehen hat, dann verderben sie einen auch nicht.“
„Sprout?“, wiederholte Ron mit offen stehendem Mund. „Unsere Professor Sprout? Das hätte ich wirklich nicht gedacht!“
„Nicht jeder, der solche Bücher liest“, begann Hermine, „führt auch etwas Böses im Schilde. Es gibt noch viel gemeinere Pflanzen als die Teufelsschlinge und die kann ja schon tödlich sein. Wie soll man sich gegen andere Pflanzen wehren, wenn man deren Tücken gar nicht kennt? Pomona liebt ihr Fach genauso wie Severus seines und beide wollen alles auf ihrem Gebiet in Erfahrung bringen.“
„Und du jetzt auch, wie es aussieht“, warf Ron verständnisvoll ein. „Dass du mir nur ja aufpasst, Hermine!“
Ein wenig erbost versicherte sie: „Natürlich passe ich auf!“
„Nun reg dich mal nicht so auf, Hermine“, beruhigte Ginny. „Wir alle kennen mindestens noch eine Person, die haufenweise schwarze Bücher gelesen hat!“
Völlig aufgebracht wimmerte Ron: „Sag jetzt bitte nicht so etwas wie ’unsere Mutter’.“
Ginny lachte auf und erklärte: „Nein, Mum liest viel Schlimmeres als das: Sie liest Kitschromane!“

Keiner konnte sich ein Lachen verkneifen und nachdem sie sich wieder gefangen hatten, sagte Ginny: „Ich meine Alastor. Er hat so ziemlich jedes Buch verschlungen, das er in die Hände bekommen hat. Er war gegen jeden Fluch eines Todesser gewappnet und selbst, wenn die Gegner in der Überzahl gewesen waren, hat er einen Kampf nie mit seinem Leben bezahlen müssen und zwar nur aus dem Grund, weil er sich im Vorfeld mit der Taktik des Feindes vertraut gemacht hat.“
„Er mag sein Leben nicht verloren haben“, warf Ron ein, „aber hier und da mal einen Unterschenkel oder ein Auge.“ Er verzog das Gesicht bei dem Gedanken daran, ihm hätte so eine Verletzung widerfahren können.
Mit ernster Stimme stellte Ginny klar: „Sein Lebensziel war – und ist es noch -, alle Todesser dingfest zu machen. Er war immer bereit, einen Preis zu zahlen. Habt ihr ihn auch nur einmal jammern hören? Hat er sich je selbst bemitleidet?“

Alastor hatte nie genörgelt. Er hatte höchstens einmal während des Abendessens auf einem Ordenstreffen erwähnt, dass die Narbe an seinem Bein wie verrückt jucken würde und seiner Meinung nach hatte das zu bedeuten, dass bald Schnee fallen würde. Um Voldemort und seine Meute zu besiegen war er bereit gewesen, ehrgeizig für sein Ziel zu kämpfen und Verluste einfach hinzunehmen.

In Kapitel zehn blätternd fragte Ron: „Und wie soll dieses Kapitel jetzt mit Snape in Zusammenhang stehen? Ich meine, was hat er bewahrt und wie? Steht da etwa irgendwo in seinem Vorratsschrank ein Schälchen herum, indem er all seine Güte und Warmherzigkeit abgelegt hat?“
„Du bist echt gemein, Ron“, warf Hermine ihm vor, doch Ron gackerte nur kindisch, bis er sich vor Augen hielt, wie Snape vorhin gewirkt hatte; so wehmütig. Sein Lachen versiegte.
Mit ernsterer Miene sagte er: „Er sah heute ziemlich fertig aus, als wir ihn getroffen hatten.“ Bevor sie fragen konnte, erklärte er: „Harry und ich haben ihn unten auf dem Gang getroffen, kurz bevor du gekommen bist. Ich hatte sogar etwas Mitleid mit ihm.“ Er zeigte mit Daumen und Zeigefinger einen Abstand von weniger als einem Zentimeter und versicherte: „Aber nur so viel, nicht mehr.“
„Ich habe ihn vorhin kurz getroffen“, schilderte Hermine, „als er seinen Rundgang gestartet hat. Er ist im Westflügel nach oben gegangen.“
„Wieso denn im Westflügel? Da ist doch nichts“, fragte Harry skeptisch.
Die Schultern hebend und senkend sagte Hermine: „Er hat nur gesagt, er macht seinen Rundgang.“

Es war Ginny, die wieder das Thema wechselte und Hermine fragte: „Du warst also bei Draco gewesen?“
Sie nickte und erzählte: „Draco hat sich wohl selten mit ihm über private Dinge unterhalten können, aber eines weiß er noch ganz genau. Einmal hat er Severus wohl gefragt, warum Voldemort ihn nie als Spion entlarven konnte.“
„Und was hat Severus geantwortet?“, wollte Harry wissen.
Sie blickte ihn an und gab wider: „Severus hätte geantwortet, dass Voldemort sehr stark auf die Emotionen seiner Leute reagiert hätte. Das war wohl eine Eigenschaft von ihm, mit der er ganz schnell Verräter ausfindig machen konnte. So hat er die Furcht von Pettigrew gespürt, den Ehrgeiz von Malfoy und die blinde Hingabe von Bellatrix, aber bei Severus… da hatte Voldemort nie etwas fühlen können.“
Three Characters in Search of an Exit - eine Satire mit Harry, Hermine und Severus
~ Muggelchen.net ~

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